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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vorläufig vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der Hündin der Kläger „Xxxxxxxxxxxx“ (im Folgenden: F. ) von einer Hundeausstellung.
3Die Kläger züchten unter dem Zwingernamen „Xxxxxxx“ im Internationalen Klub für Französische Bulldoggen e.V. (IKFB), der seinerseits Mitglied im Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. (VDH) ist, Hunde der Rasse Französische Bulldogge.
4Anlässlich der Hundeausstellung T. & E. des W. am 00. und 00. Juli 2022 in der Stadt O. mit mehr als 3.800 angemeldeten Hunden wollten die Kläger ihre Hündin F. ausstellen. Im Vorfeld der Veranstaltung wurde in Bezug auf die Neuregelung des Ausstellungsverbots in der seit dem 1. Januar 2022 gültigen Fassung des § 10 Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) ein Konzept seitens des W. beim Beklagten vorgelegt, das im Vorfeld mit dem Veterinäramt der Stadt E1. , dem Landesumweltministerium NRW und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) abgestimmt worden war und insbesondere eine tierärztliche allgemeine Untersuchung der auszustellenden Hunde und bei bestimmten Hunderassen – unter anderem der Französischen Bulldogge – weitere Untersuchungen auf verdeckte Qualzuchtmerkmale verlangte. Unter anderem war in die vor der Ausstellung durchzuführende tierärztliche Allgemeinuntersuchung aufgenommen worden und war von den untersuchenden Tierärzten zu dokumentieren, ob die Rute bei stummelschwänzigen Hunden die Afterregion bzw. bei Hündinnen auch das Genitale bedeckt. Durch das Veterinäramt des Beklagten erfolgten sowohl am 00. als auch am 00. Juli 2022 stichprobenweise Eingangskontrollen und Überprüfungen der Hunde auf dem Gelände und an den Ausstellungsringen. Neben verschiedenen anderen Hunderassen (z.B. Boxer, Basset Hound, Shar Pei, Pekinese) wurden auch die Französischen Bulldoggen in Augenschein genommen. Von den 14 angemeldeten Französischen Bulldoggen wurden vom Beklagten nach seinen Angaben acht klinisch überprüft und auf Grund der seitens der vor Ort anwesenden amtlichen Tierärztin des Beklagten als Träger von Qualzuchtmerkmalen eingeschätzt und von der Ausstellung ausgeschlossen. Ein Teil der Teilnehmer verweigerte die Untersuchung ihrer Tiere und wurde wegen der sichtlich verkürzten Rutenlänge und fehlenden Einhaltung von Duldungs- und Mitwirkungspflichten von der Ausstellung ausgeschlossen. Vor Ort kam es zwischen dem W. sowie den Teilnehmern und den anwesenden Amtsveterinärinnen des Beklagten zu Differenzen bezüglich der Einordnung der festgestellten Merkmale.
5Bei der im Vorfeld durchgeführten allgemeinen tierärztlichen Untersuchung, deren Ergebnis wie auch die weiteren geforderten Bescheinigungen seitens der Kläger absprachegemäß vorgelegt wurden, war durch die untersuchende Tierärztin festgestellt worden, dass die Rute der Hündin F. nicht beweglich sei und auf Grund der fehlenden Länge und Unbeweglichkeit nicht die Afterregion und auch nicht das Genitale bedecke. Das Vorliegen sonstiger krankhafter Veränderungen wurde auf dem Bogen der klinischen Untersuchung verneint. Der vom W. geforderte Belastungstest war erfolgreich absolviert worden. Als Ergebnis der Untersuchung wurde durch die im Vorfeld beurteilende Tierarztpraxis vermerkt, dass keine Hinweise auf relevante Erkrankungen vorlägen, die im Sinne des § 10 TierSchHuV zu werten seien.
6Die bei der streitgegenständlichen Ausstellung anwesende Amtstierärztin des Beklagten schloss die Hündin F. ausweislich der Bescheinigung über den Ausstellungsausschluss am 00. Juli 2022 im Ergebnis mit der Begründung von der Ausstellung aus, dass die Rute der Hündin (knöcherner Anteil) nicht die Afterregion bedecke. Ausweislich des amtstierärztlichen Untersuchungsbogens wurde bei der Hündin ebenfalls eine leichte Stenose der Nasenlöcher festgestellt, die auch zunächst als Ausschlusskriterium auf der Bescheinigung des Ausstellungsausschlusses des Beklagten vermerkt war, jedoch – nach den Angaben der Kläger – bereits durch die Amtsveterinärin vor Ort gestrichen worden sei. Im Übrigen wurden bei der klinischen Untersuchung der Hündin F. durch die Amtstierärztinnen keine Entzündungsreaktionen, keine Atemgeräusche, keine heraushängende Zunge, keine veränderten Schleimhäute aufgrund von Sauerstoffmangel, kein Exophthalmus und eine klare Hornhaut bescheinigt.
7Die Kläger haben am 00. Oktober 2022 Klage erhoben, die sie wie folgt begründen: Die Klage sei zunächst zulässig, da sich der im Ausschluss von der Veranstaltung liegende belastende Verwaltungsakt bereits vor der Klageerhebung erledigt habe und allein eine analoge Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Betracht komme. An einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit hätten die Kläger aufgrund einer konkreten Wiederholungsgefahr auch ein berechtigtes Interesse, da sie auch in den kommenden Jahren an der gleichen Veranstaltung und vergleichbaren Veranstaltungen teilnehmen wollten und wiederum mit einem Ausschluss rechnen müssten.
8Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen von § 10 TierSchHuV nicht vor. Die Rute der Hündin sei zwar kurz jedoch nicht kupiert und die Haare der Rute bedeckten auch die Afterregion. Demnach fehle weder die Rute noch sei sie untauglich oder umgestaltet. Es gehe vorliegend um eine Differenz von ca. drei cm ohne klinische Symptome. Darüber hinaus erleide die Hündin hierdurch keine Schmerzen, Leiden oder Schäden. Die kurze, aber vorhandene Rute könne schon aus dem Grund kein Qualzuchtmerkmal sein, da bei Jagdhunden unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b) Tierschutzgesetz (TierSchG) sogar das vollständige Kupieren zulässig sei.
9Im Rahmen der streitgegenständlichen Hundeausstellung seien 13 von 14 gemeldeten Hunden erschienen und zwölf seitens der vor Ort anwesenden Amtsveterinärin ausgeschlossen worden. Der 13. Hund sei ihrer Aufmerksamkeit entgangen. Die Behauptung, es seien Hunde widerrechtlich trotz Ausschluss gerichtet worden, sei unzutreffend. Seitens des Beklagten würden Angaben dazu fehlen, welche Hunde ein Entropium gehabt hätten bzw. an Exophtalmus gelitten hätten. Überdies hätte Herr Dr. med. vet. K. -Q. C. , Fachreferent für Tierschutz und Tiergesundheit des W. , einige der vom Veterinäramt ausgeschlossenen Hunde selbst untersucht und einige Diagnosen zum Beispiel in Bezug auf festgestellte Atemgeräusche nicht bestätigen können. Lediglich vier Hunde seien vor dem Ausstellen vom Veterinäramt tatsächlich untersucht worden, während alle anderen aus dem Ausstellungsring geholt und nach optischer Betrachtung ausgeschlossen worden seien. Die nähere Untersuchung von vier Hunden sei nach dem Ausstellungsausschluss geschehen. Bei den Untersuchungen seien seitens der Teilnehmer Hygienemängel beklagt worden. Im Ergebnis seien die im Vorfeld der Ausstellung erfolgten Untersuchungen irrelevant gewesen, da sie von den Amtstierärztinnen nicht beachtet worden seien. Trotz des aufgrund der für die Teilnehmer nicht nachvollziehbaren Vorgehensweise der Amtstierärztinnen bestehenden Unmuts unter den Teilnehmern sei das Hinzurufen der Polizei seitens der Amtstierärztinnen nicht erforderlich gewesen.
10Darüber hinaus seien die aufgrund der neuen Verwaltungspraxis geforderten umfassenden und teilweise kostspieligen veterinärmedizinischen Untersuchungen im Vorfeld von Hundeausstellungen nicht von den Vorgaben des § 10 TierSchHuV gedeckt. Das Ausstellungsverbot gemäß § 10 TierSchHuV sei eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt und kein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im Verwaltungsrecht gelte der Amtsermittlungs- und Untersuchungsgrundsatz, sodass der Beklagte seine Pflicht zur Ermittlung und zum Nachweis der Voraussetzungen der Eingriffsnorm nicht auf die Kläger abwälzen dürfe. Unklarheiten oder Ungewissheiten gingen zulasten der Behörde.
11Der Hündin der Kläger dürften nicht ohne konkreten Nachweis generell mögliche gesundheitliche Probleme der Rasse Französische Bulldogge vorgeworfen werden. Der Zuchtverband, in dem die Kläger organisiert seien, verfolge strenge – auch medizinische Voruntersuchungen umfassende – Zuchtbestimmungen, sodass von (gesundheitlichen) Problemen in der nicht kontrollierten Hundezucht nicht auf die streng kontrollierte Zucht zu schließen sei. Die Zunahme etwaiger zuchtbedingter Defekte und Einschränkungen von Hunden mit bestimmten Rassemerkmalen lasse sich eher im Bereich der unkontrollierten Zucht finden und auf die ungeklärte Herkunft dieser Tiere zurückführen. Bei der Erstellung von Statistiken werde zu keinem Zeitpunkt erfasst, ob es sich bei erkrankten oder belasteten Hunden um Hunde aus dem W. oder aus sonstigen Quellen handele. Überdies sei der FCI-Standard Nr. 101 für die Französische Bulldogge relevant, wonach rutenlose Hunde und Hunde mit eingebetteter Rute ausdrücklich zu disqualifizieren seien. Auch dort gebe es die Auflage, Übertreibungen in der Auslegung des Standards zu vermeiden. Der IKFB, dem auch die Kläger angehörten, sei für die Zucht von durchschnittlich 200 bis 250 Welpen pro Jahr verantwortlich, was bei weitem nicht die bei U. e.V. – ein freiwilliges Melderegister – im Jahr 2020 registrierten 12.000 offensichtlich aus anderen Zuchten stammenden Hunde der Rasse Französische Bulldogge ausmache. Viele der mittlerweile in der Öffentlichkeit mit der Französischen Bulldogge assoziierten Rassekrankheiten seien bei den rein gezüchteten Hunden nicht bekannt. Ohnehin gehe es jedoch im Rahmen des Ausstellungsverbotes um den Ausschluss eines konkreten Tiers und nicht das Verbot der Zucht oder Ausstellung bestimmter Rassen.
12Zur weiteren Begründung stützt die Klägerin sich auf die Ausführungen von Dr. med. vet. C. . Danach sei die Tierart Hund wohl die Spezies mit der größten morphologischen Vielfalt aller Säugetierarten. Die Unterschiede in der Morphologie schlössen hierbei unter anderem auch eine unterschiedliche Ausbildung der Rute ein. Die starken phänotypischen Unterschiede zwischen verschiedenen Vertretern der Spezies Hund seien Folge der Domestikation des Hundes und zeichneten diese aus. Die genetischen und phänotypischen Unterschiede verschiedener Hunderassen seien natürlich auch verbunden mit einer unterschiedlichen Häufigkeit im Auftreten bestimmter Erkrankungen, wobei Hunde einer bestimmten Rasse in der Regel von manchen Krankheiten häufiger und anderen wiederum seltener betroffen seien. Es dürfe nicht dazu kommen, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse zwingend mit dem Auftreten gesundheitlicher Beschwerden verbunden sei. Dies sei bei einer kürzeren Rute nicht der Fall. Zur Rolle der Rute in der Kommunikation des Hundes gebe es in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedliche Ansichten. In verschiedenen Publikationen sei gezeigt worden, dass verschiedene Rutenpositionen mit verschiedenen emotionalen Zuständen des Hundes verbunden seien, ohne jedoch darauf einzugehen, ob die Morphologie der Rute tatsächlich einschränkend auf die Kommunikationsfähigkeit wirke. Von negativen Folgen einer eingeschränkten Kommunikation wie vermehrter Aggression unter Artgenossen seien brachycephale Hunde, die häufig eine kurze Rute hätten, nachweislich nicht betroffen. Sie seien nach den Erkenntnissen verschiedener Untersuchungen signifikant seltener in Beißvorfälle verwickelt und zeigten vermehrt positive Verhaltenseigenschaften bzw. seltener unerwünschte Verhaltensweisen als Hunde anderer Rassen. Speziell in Bezug auf die Hündin F. gebe es keine Hinweise auf das Vorliegen von Verhaltensstörungen und seien solche entsprechend auch nicht auf der Bescheinigung zum Ausstellungsausschluss vermerkt worden. Im Übrigen entbehrten die weiteren vom Beklagten geltend gemachten Folgen der kurzen Rute – eingeschränkte Kommunikation durch reduzierte Verteilung der Duftstoffe, eingeschränkte Abwehr aufdringlicher Rüden, Kotabsatz und Regulierung des Wärmehaushalts – jeder wissenschaftlichen Evidenz. Zu keinem dieser Punkte gebe es Belege in wissenschaftlichen Studien, dass Hunde mit kürzerer Rute in irgendeiner Form eingeschränkt seien im Vergleich zu Hunden mit einer längeren Rute. Die Hündin F. zeige zudem auch keinerlei Symptome, die auf eine eingeschränkte Kommunikation über Duftstoffe, einen gestörten Kotabsatz oder eine mangelhafte Thermoregulierung hinwiesen. Hinsichtlich der Bedeutung der Rute als Steuerungselement gebe es wissenschaftliche Erkenntnisse, die nahelegten, dass die Rute für den Hund keinerlei Bedeutung für Balance und Steuerung der Bewegung habe. Es bestünden überdies keine Erkenntnisse über das Vorliegen von Keilwirbeln und damit einhergehenden sonstigen Wirbelveränderungen bei der Hündin F. und diese habe bei der amtstierärztlichen Untersuchung keine Anzeichen von möglichen klinischen Symptomen einer Erkrankung der Wirbelsäule wie Lahmheit oder neurologische Defizite gezeigt. Überdies werde eine kurze Rute in einschlägigen Fachbüchern, die sich mit rassespezifischen Erkrankungen oder auch speziell mit gesundheitlichen Einschränkungen von Hunden brachycephaler Rassen befassten, abgesehen vom möglichen Zusammenhang zur Ausbildung von Keilwirbeln, überhaupt nicht als relevante Einschränkung aufgeführt. Entsprechend hätten die voruntersuchenden Tierärzte auf den Formularen die kurze Rute der Hunde zwar vermerkt, diese aber nicht als relevantes Merkmal nach § 10 TierSchHuV eingeordnet.
13Des Weiteren machen die Kläger geltend, dass die angeborene Kurzrute nicht mit der Amputation einer Rute gleichzusetzen sei. Eine Französische Bulldogge werde schon mit dieser Rute geboren und es bliebe dementsprechend beispielsweise kein schmerzender Stumpf zurück. Zudem sei gerade diese Rasse für ihren friedvollen Charakter bekannt und dafür, in wesentlich weniger Beißvorfälle verwickelt zu sein. Die bloße Abweichung von der Norm impliziere nicht automatisch einen Schaden. Behauptete Verhaltensveränderungen müssten bewiesen werden.
14Unstrittig sei, dass die Rute vielseitig eingesetzt werden könne, sie sei aber nur ein Ausdrucksmittel von vielen, welche der Hund besitze. Die Vielfalt der heute vorhandenen Hunderassen mache es mitunter für alle Hunde schwer miteinander zu kommunizieren. Ausgleichs- oder zusätzliche Ausdrucksmöglichkeiten würden daher von fremden, sich neu begegnenden Hunden automatisch angewendet. So sei es für einen Chihuahua aufgrund der Größenunterschiede schwierig, mit einer Dogge zu kommunizieren. Auch am Schädel langhaarige Hunde hätten eine für andere Hunde kaum wahrnehmbare Mimik. Hunde, die ihre Rute immer oberhalb des Rückens trügen und nicht absenken könnten, wirkten auf andere provokativ. Die Wichtigkeit der Rutenlänge als Kommunikationsmittel sei hiermit jedoch nicht erwiesen. Diesbezüglich sei auch auf die Masterarbeit von Sofie Rasmussen der Universität Kopenhagen zu verweisen, aus der sich ergebe, dass kurzrutige Hunde keinen Nachteil in Bezug auf ihre Kommunikationsfähigkeiten mit anderen Hunden hätten und es keine Hinweise darauf gebe, dass eine Korrelation zwischen der Länge der Rute und dem Vorkommen von Aggressionen bestehe. Probleme, die Mimik zu deuten, gebe es bei jedem Wechsel der Hunderasse, allerdings drücke ein Hund Schmerzempfindungen sowieso nicht durch die Mimik, sondern eher durch sein Gesamtverhalten aus.
15Es sei auch problematisch, was unter arttypischem Verhalten zu verstehen sei, da der Hundebesitzer in der Regel jeden seiner Hunde als Unikat ansehen werde, welcher einzigartige Eigenschaften und Angewohnheiten besitze.
16Die Verlängerung der Rute sei jedoch auch erklärtes Zuchtziel des IKFB, was zur Verbesserung der Rasse beitragen solle. Insofern könnten die Kläger nachweisen, dass in der Nachzucht der Hündin F. die meisten Hunde eine komplett den Anus bedeckende und bewegliche Rute aufwiesen und ebenso wie die Hündin F. keine Atemwegsprobleme hätten.
17In Bezug auf das mit dem Robinow-like Syndrom in Verbindung stehende DVL2 Gen seien die Kläger der Auffassung, dass es allgemein akzeptiert sei, dass verschiedene Arten sich unter äußerlichen und genetischen Gesichtspunkten unterschieden. Entsprechend sei ein Verweis auf äußerliche oder genetische Merkmale bei anderen Spezies – wie hier dem Robinow-Syndrom beim Menschen – nicht geeignet festzulegen, ob ein äußerliches oder genetisches Merkmal mit gesundheitlichen Auswirkungen verbunden sei. Entsprechend sollte die Bedeutung genetischer und äußerlicher Merkmale beim Menschen nicht analog auf die Tierart Hund angewandt werden. Überdies habe das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bereits dazu Stellung genommen, dass die Beurteilung, ob ein Ausstellungsverbot ausgesprochen werden sollte, nicht anhand von genetischen, sondern phänotypischen Faktoren getroffen werden müsse. Ein Hund, der einen Gendefekt trage, der bei ihm selbst nicht zu Schmerzen, Leiden oder Schäden oder einem anderen Krankheitsbild führe, könne daher ausgestellt werden.
18Für die Kläger gebe es keine Verfahrenssicherheit, da ihre Hündin F. auf anderen – auch nachfolgenden – Ausstellungen jede tierärztliche Untersuchung bestanden habe. Die Kläger gingen davon aus, dass die Amtsveterinärinnen nicht den einzelnen Hund betrachtet, sondern eine vorgefasste Meinung bezüglich der Rasse Französische Bulldogge gehabt hätten.
19Die Initiative „Xxxxx-Xxxxxx Netzwerk“ (R. ) sei nicht als objektiv einzuschätzen. Eine Abwägung der verschiedenen Faktoren finde nicht statt, da allein Befürworter von Zuchtverboten vieler Rassen abgebildet seien. Überdies sei zu keinem Zeitpunkt R. an den IKFB herangetreten.
20Es werde die Zulassung der Berufung angeregt.
21Die Kläger beantragen,
22festzustellen, dass der Ausschluss der Hündin Xxxxxxxxxxx F. (Chip-Nr. 000000000000000) auf der Hundeausstellung T. & E. in O. am 00. Juli 2022 in der Fassung der Bescheinigung vom selben Tag durch den Beklagten rechtswidrig gewesen ist.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Zur Begründung macht der Beklagte geltend: Im Rahmen der Zucht und Selektion von Hunden entsprechend dem äußeren Erscheinungsbild und Modeerscheinungen seien in den letzten Jahrzehnten Rassestandards entstanden, die zum Teil Extremformen angenommen hätten. Dazu zählten beispielsweise Zwergwuchs oder große, übergewichtige Hunde, Hunde mit einer extremen Faltenbildung oder Hunde ohne Fell, starke Kurzköpfigkeit (Brachycephalie) oder Hunde ohne Rute (Anurie). Bei vielen Hunden dieser Rassen sei das Auftreten extremer Rassestandards mit Leiden, Schmerzen oder Schäden verbunden.
26Der in § 10 TierSchHuV geregelte Veranstaltungsausschluss diene insbesondere dem Zweck, Anreize für die hierunter fallenden Züchtungen zu nehmen. Darüber hinaus spreche die Norm sowohl Veranstalter als auch ausstellende Hundehalter und Züchter an, die sich selbständig in Bezug auf Qualzuchtmerkmale zu informieren und an die im Gesetz angegebenen Vorgaben zu halten hätten.
27Vor der Ausstellung habe ein Austausch zwischen dem Veterinäramt und dem W. stattgefunden, in dessen Rahmen die Voraussetzungen zur Teilnahme von Hunden an der Ausstellung hinsichtlich der Qualzuchtmerkmale erörtert worden sei. Unter anderem sei dort der Ausschluss von Hunden ohne Rute (Anurie) oder mit verkürzten Ruten (Brachyurie) besprochen worden, wobei der W. die Ansicht vertreten habe, dass auch Hunde mit verkürzter Rute an der Ausstellung teilnehmen könnten unter der Voraussetzung, dass die Rute den After bzw. die Geschlechtsteile bedecke. Diese Mindestvoraussetzung sei in Absprache mit dem LANUV als Ausschlussmerkmal bzw. als Voraussetzung für die Teilnahme von Hunden an der Ausstellung vereinbart worden.
28Ausschlussgründe auf der Veranstaltung T. & E. seien bei den Französischen Bulldoggen zum Beispiel Exophtalmus, nasale Atemgeräusche in Ruhe und Bewegung, Entropium mit beidseitigen Tränenstraßen und Stummelruten gewesen. Da sich der W. nicht an die zuvor mit dem Landwirtschaftsministerium NRW, dem LANUV und dem Veterinäramt der Stadt E1. getroffenen Absprachen gehalten habe, sei vor Ort für die Hundehalter eine scheinbar unklare rechtliche Situation entstanden, die zu Konflikten und dem Hinzurufen der Polizei geführt habe, um drohende Übergriffe und weitere Beleidigungen und Drohungen gegenüber den Tierärztinnen des Veterinäramts zu verhindern.
29Die Hündin F. besitze keine funktionsfähige Rute. Der Hund habe in der Regel 20 bis 23 Schwanzwirbel, die bei der Hündin F. bis auf wenige – nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung ein bis zwei – Wirbel zurückgezüchtet worden seien. Die Rute sei demnach genetisch so stark verkürzt, dass weder das Genitale noch der After bedeckt werde („Stummelrute“) und es im Ergebnis einer fast vollständigen Amputation gleichkomme. Relevant sei insoweit allein der knöcherne Anteil der Rute als aktiv zu bewegendes Körperteil und Kommunikationsmittel.
30Der Hündin F. sei demnach bereits aufgrund des Fehlens einer funktionsfähigen Rute ein Schaden entstanden, da hierin im Sinne des Tierschutzgesetzes eine Veränderung zum Schlechteren, das heißt eine Abweichung vom typusgemäßen Normalzustand zu sehen sei, der eine Verschlechterung des körperlichen oder seelischen Zustands des Tieres bewirke. Unerheblich sei insoweit, ob Defizite durch andere Sinnesorgane oder Verhaltensweisen ausgeglichen werden könnten.
31Insoweit seien zunächst Schäden durch die Einschränkungen in der innerartlichen Kommunikation durch eingeschränkte Gestik und vorliegend zusätzlich eingeschränkte Mimik zu sehen. Um sich anderen Hunden und der Umgebung lautlos mitzuteilen, nutzten Hunde Gestik (Ausdrucksbewegungen der Gliedmaßen, auch Ohren, Schwanz etc. als Ausdruck einer charakteristischen inneren Haltung) und Mimik (sichtbare Bewegungen der Gesichtsoberfläche). Die Rute spiele dabei eine wesentliche Rolle im Verhaltensrepertoire eines Hundes. Durch das Fehlen der Rute entstünden erhebliche Einschränkungen im Sozialverhalten und die innerartliche Kommunikation sei gestört. Die Rute eines Hundes sende vielfältige Signale aus. Je nach Haltung und Stellung der Rute könne sie ein freundliches Wesen mit Entspannung darstellen, Angst oder Verunsicherung anzeigen oder auch Anspannung und Provokation ausdrücken. Die Möglichkeiten der Rutenposition als Teil des Ausdrucksverhaltens seien vielfältig und würden durch jeweils unterschiedliche Bewegungsintensitäten variiert. Diese Vielfalt zeige die fein ausdifferenzierten Artikulationsmöglichkeiten. Durch eine fehlende funktionsfähige Rute komme es zu einer zuchtbedingten Ausdrucksreduktion. Gestik und Mimik dienten bei Hunden vor allem dazu, Konflikten aus dem Weg zu gehen und ein friedliches Zusammenleben zuzulassen. Insbesondere bei überzüchteten Rassen mit einer eingeschränkten Mimik und Gestik komme es aufgrund des Sendens von weniger oder falschen Signalen durch eine fast fehlende Rute immer wieder zu Missverständnissen zwischen Hunden. Zwar komme es auch auf das Zusammenspiel verschiedener körpersprachlicher Signale an. Die hier betroffene Hündin F. zeige jedoch durch den verkürzten Gesichtsschädel, den verkürzten Oberkiefer, die Faltenbildung am Kopf sowie die dunkle Fellfarbe eine weitere Einschränkung in der Gesichtsmimik und im Verhaltensrepertoire. Die Hündin F. könne somit nicht artspezifisch kommunizieren. Beschwichtigungs- oder Meideverhalten könnten nur eingeschränkt gezeigt werden, um innerartlichen Konflikten zu entgehen. Der Kontakt und die Kommunikation mit Artgenossen sei jedoch ein Grundbedürfnis von Hunden als soziale Wesen. Die bloße fehlende Möglichkeit, artgemäßes Verhalten auszuüben sei nach tierärztlicher Einschätzung bereits als Leid zu klassifizieren. Eingeschränkte Kommunikation führe überdies zu Veränderungen im Verhalten und damit in der Regel auch zu Verhaltensstörungen, die Indikatoren für erhebliches Leiden seien. Dabei gehe es nicht nur um aktives Verhalten, sondern auch um Einschränkungen im natürlichen Kommunikations-, Spiel- oder Erkundungsverhalten. Diese Ausdrucksreduktion im Verhalten werde von Besitzern oftmals nicht erkannt oder als normal erachtet. Zwar seien Schmerzen beim Hund besonders durch einen veränderten Ausdruck im Gesicht und auch durch das Gesamtverhalten des Tieres zu erkennen (Mimik). Dies rechtfertige jedoch nicht, einzelne Körperteile weg zu züchten oder zu Stummelruten zu verändern.
32Die erhebliche Einschränkung des arteigenen Ausdrucks- und Kommunikationsverhaltens und die dadurch fehlende Möglichkeit, artgemäßes Verhalten auszuüben, sei nach tierärztlicher Einschätzung bereits als Leid zu werten und führe darüber hinaus zu Verhaltensveränderungen. Erfolgreiche Kommunikation zwischen Hunden als soziale Wesen finde dann statt, wenn Sender und Empfänger die gleiche Sprache sprächen mit allen ihnen dazu gegebenen Mitteln und Körperteilen. Einseitige Interaktionen führten zu einer gestörten Kommunikation und Irritation, die sich in Aggression, aber auch in Zurückhaltung äußern könnten. Insofern sei es unerheblich, ob dieses Defizit durch andere Verhaltensweisen kompensiert bzw. versucht werde, dies zu kompensieren. Artgerechte Kommunikation sei essentiell für soziale Kreaturen, insbesondere den Hund.
33Darüber hinaus sei durch die fehlende Rute auch die Kommunikation über Duftstoffe in hohem Maße beeinträchtigt, da die Rute auch dazu diene, die in den Analdrüsen oder durch das Genitale produzierten Duftstoffe durch Bewegung der Rute zu verteilen. Überdies seien insbesondere Hündinnen mit Brachyurie nicht in der Lage, ihr After oder Genitale zur Abwehr aufdringlicher Rüden bzw. zur Abwehr einer intensiven Geruchskontrolle mit der Rute abzudecken. Insofern könne die Hündin auch nicht signalisieren, dass sie zu einem Deckakt nicht oder noch nicht bereit ist.
34Des Weiteren unterstütze die Rute die Hunde beim Kotabsatz. Dabei werde die Rute während der Defäkation mehrfach abgesenkt, was für die Hündin F. nicht möglich sei. Die Rute werde darüber hinaus auch als Steuerungs- und Balanceelement eingesetzt. Sie sichere einen harmonischen, artgemäßen Bewegungsablauf. Die Rute stabilisiere dabei die Bewegungen im Sinne einer Verlängerung der Wirbelsäule. Sie werde insbesondere bei Richtungswechseln, beim Laufen auf unebenen Untergründen oder zur Unterstützung des Bewegungsablaufs beim Wechsel der Körperposition aus dem Liegen in den Stand eingesetzt. Mit einer Stummelrute wie bei der Hündin F. sei dies kaum möglich.
35Auch unterstütze die Rute durch ihre erweiterte Oberfläche den Hund bei der Regulierung seines Wärmehaushalts. Bei der Hündin F. sei die Thermoregulation durch den verkürzten Fang ohnehin stark eingeschränkt. Durch die Brachyurie werde die Problematik verstärkt. Die betroffenen Tiere würden vor allem bei hohen Umgebungstemperaturen leiden.
36Soweit die Kläger die Möglichkeit anführten, Jagdhunde zu kupieren, sei darauf hinzuweisen, dass dies unter strengen Voraussetzungen und allein zur Vermeidung von Verletzungen durchgeführt werden dürfe und auch die Resolution des Jagdgebrauchshundeverbandes vom 22. August 2022 ausführe, dass das Kürzen der Rute maximal bis zur Hälfte erfolgen dürfe, um die mit der Funktion der Rute verbundenen Leistungen, z.B. Kommunikationsmittel bei Caniden, zu erhalten. Darüber hinaus sei das grundsätzliche Amputationsverbot bei Tieren neben dem Interesse, Schmerzen im Zusammenhang mit der Operation zu vermeiden, auch gerade zur Bewahrung der Kommunikationsfähigkeit des Hundes erlassen worden.
37Die vorgenannten weiteren Einschränkungen bei artspezifischen Bedürfnissen seien für die Hündin ebenfalls als Leiden zu charakterisieren.
38Darüber hinaus seien Rutendeformationen in ihrer ontogenetischen Entwicklung oftmals mit anderen Wirbelsäulenveränderungen gekoppelt, die vor allem bei Hunderassen wie der Französischen oder Englischen Bulldogge in Erscheinung träten. Rutenverkürzungen wie im hiesigen Fall seien als Qualzuchtmerkmal einzuschätzen.
39Die Brachycephalie der Hündin F. sei überdies vor allem durch die Verkürzung des Gesichtsschädels mit einer Vielfalt an Schäden am Kopf gekoppelt. Durch die Verkürzung des Gesichtsschädels und den deutlich längeren Unterkiefer entstünden Veränderungen am Kiefer und Zahnfehlstellungen, die beispielsweise Schluckbeschwerden zur Folge haben könnten. Von der Brachycephalie betroffene Tiere zeigten aufgrund der extrem verkürzten Nase, der verengten Nasenlöcher und des deutlich zu kurzen Oberkiefers überdies Atembeschwerden und Probleme bei der Thermoregulation. Durch züchterische Einflüsse würden zwar die Knochen im Wachstum gebremst, die Weichteilstrukturen jedoch nicht. Diese müssten im verkürzten Gesichtsschädel jedoch weiterhin Platz finden und führten zu einer weiteren Verlegung der Atemwege. Die Folge seien Atemnot und Überhitzung. Häufig führe die Verkürzung des Schädels zu einer Faltenbildung des Fells, zu einer Verlegung des Tränen-Nasenkanals und zu Veränderungen im Innenohr mit Beeinträchtigungen der Hörfähigkeit. Weitere Defizite seien eine Disposition zur Hydrocephalie, Tumorbildung und Neigung zur Wehenschwäche mit Schwergeburten.
40Trotz der fehlenden Feststellung von akuten Auswirkungen der Gesichtsschädelveränderungen bei der Hündin F. lägen durch den deutlich verkürzten Gesichtsschädel, die verengten Nasenlöcher sowie die Augennasenfalte deutliche Veränderungen vor, die auf Einschränkungen abweichend von der Norm und auf züchterische Defizite bzw. Schäden hinwiesen. Das Ausstellungsverbot in § 10 TierSchHuV beziehe sich nicht nur auf sichtbare Qualzuchtmerkmale, sondern auch auf solche, die nicht sichtbar seien und gegebenenfalls erst durch aufwendigere Untersuchungen transparent gemacht werden könnten. Zwischen der verkürzten Kopfform und Erkrankungen des Auges, der Haut, der Ohren und des Gehirns, die beim Hund selbst und bei seinen Nachkommen zu Leiden, Schmerzen und Schäden führen könnten, bestehe eine hochsignifikante Assoziation. Vor diesem Hintergrund müsste auch bei der Hündin F. mit einer hohen Wahrscheinlichkeit im Sinne einer konkreten Gefahr davon ausgegangen werden, dass noch weitere Schäden vorhanden seien, auch wenn diese zum Zeitpunkt der Ausstellung klinisch nicht sichtbar gewesen seien. Zu beachten sei, dass die Symptome des Einzeltiers vom Ausprägungsgrad, dem Alter, dem Ernährungszustand und dem Vorkommen von weiteren Veränderungen und Lebensumständen oder entsprechenden Folgeerscheinungen abhängig seien. Halter von brachycephalen Hunden neigten dazu, die bestehenden gesundheitlichen Probleme ihrer eigenen Hunde zu negieren (kognitive Dissonanzen). Hinzu komme, dass diese Hunde bedingt durch züchterisch induzierte, morphologische Veränderungen selbst nicht in der Lage seien, Emotionen, Bedürfnisse oder Schmerzen ausreichend zu kommunizieren. Dabei spielten auch die durch die Brachycephalie verkürzten, verformten Gesichtsmuskeln eine entscheidende Rolle.
41Darüber hinaus bestehe aufgrund des Phänotyps der Hündin F. (breiter Schädel, abgeflachtes Gesicht, Veränderungen des Gaumens, verengte Nasenlöcher, verkürzte Rute) der Verdacht, dass sie von dem Robinow-like-Syndrom betroffen sei.
42Überdies legte der Beklagte neben Auszügen aus verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten eine Stellungnahme von Prof. Dr. B. H. – Geschäftsführender Direktor Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität C1. – vor, aus der sich im Wesentlichen ergibt: Viele der extremen anatomischen Varianten der Spezies Hund seien die Folgen von neuzeitlich-historischen Zuchtauswahlstrategien aus einer Epoche der letzten wenigen –zig bis hunderten von Jahren, in der man die ursächlichen Zusammenhänge zwischen bestimmten Wunschmerkmalen und dadurch als unerwünschte Nebenwirkungen mit Schmerzen, Leiden und Schäden entstandenen Folgen noch nicht habe verstehen können. Auch die Rasse der Französischen Bulldogge sei lediglich etwa 150 Jahre alt. Viele der für bestimmte Hunderassen typischen Extremmerkmale, etwa auch die kurzen Ruten und verkürzten Gesichter/Nasen/Köpfe der Französischen Bulldogge seien nach neuerer Erkenntnis erst durch die gezielte züchterische Auswahl von spontan aufgetretenen Defektmutanten und Missbildungen entstanden. Die bloße Domestikation des Hundes sei nicht die Ursache für den Großteil ihrer heutigen gesundheitlichen Probleme und phänotypischen Ausprägungen.
43Des Weiteren führt der Beklagte aus, dass Ziel seiner Maßnahmen nicht ein generelles Verbot der Hunderasse Französische Bulldogge gewesen sei. Es gebe jedoch Hunderassen, die in extremem Ausmaß mit Qualzuchtmerkmalen behaftet seien, sodass über einen Ausschluss diskutiert werde. Dass einzelne Hunderassen stärker von der Problematik von Qualzuchtmerkmalen betroffen seien als andere, ergebe sich aus der Summe an Qualzuchtmerkmalen, die an einem Tier festgestellt würden und welche durch die Zuchtprogramme der Zuchtverbände als Rassecharakteristika und Zuchtziele festgelegt worden seien. Die Hündin F. sei jedoch nicht aufgrund ihrer Rasse, sondern wegen der bei ihr festgestellten Brachyurie ausgeschlossen worden.
44Es könne schließlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Zunahme zuchtbedingter Defekte und Einschränkungen von Hunden mit bestimmten Rassemerkmalen nur auf den Bereich unkontrollierter Zuchten zurückgeführt werden könne, da Qualzuchtmerkmale auch in kontrollierten Zuchten zu finden seien, die sich an den – teilweise schon an sich problematischen – Rassestandards orientierten. Hervorzuheben sei insofern auch, dass die Rassestandards keinerlei rechtliche Bindung entfalteten.
45Sowohl die herangezogenen Merkblätter der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) als auch des R. seien als sachverständige Äußerungen zu werten, in denen gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zusammengefasst würden. Die Informationsdatenbank R. werde auch seitens des BMEL, der Bundetierärztekammer (BTK) und der Tierschutzbeauftragten der Bundesländer als Informationsgrundlage empfohlen. Darüber hinaus seien am 17. Oktober 2024 vom LANUV Leitlinien herausgegeben worden, die von der Arbeitsgemeinschaft Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (AGT) zum Vollzug von § 10 TierSchHuV erarbeitet worden seien, die die Einschätzung des Beklagten in Bezug auf den Ausstellungsausschluss der Hündin F. bestätigten.
46Der Ausschluss der Hündin F. sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht erfolgt.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
48Entscheidungsgründe:
49Das Gericht konnte durch die Einzelrichterin entscheiden, nachdem ihr der Rechtsstreit mit Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist, § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
50Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
51Die Klage ist zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob sie aufgrund der Erledigung des Ausstellungsausschlusses bereits vor Erhebung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig ist, da den Klägern in jedem Fall ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit zukommt. Denn es besteht gerade im Verhältnis der Beteiligten des hier anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens eine konkrete Wiederholungsgefahr des ergangenen Veranstaltungsausschlusses,
52vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 270 m.w.N, und Sodan, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 90,
53da die Kläger die Ausstellung ihrer Hündin F. auch im Zuständigkeitsbereich des Beklagten weiterhin beabsichtigen und mit einer gleichlautenden Ausschlussentscheidung des Beklagten zu rechnen ist.
54Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bzw. gemäß § 43 Abs. 1 VwGO, dass der aufgrund des Ausstellungsverbots in § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV erfolgte Ausschluss der Hündin F. von der streitgegenständlichen Veranstaltung rechtswidrig gewesen ist.
55Die Entscheidung des Beklagten, die Hündin F. gemäß § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV aufgrund ihrer verkürzten Rute von der Veranstaltung auszuschließen, war rechtmäßig und findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG i.V.m. § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde unter anderem die zur Beseitigung festgestellter Verstöße notwendigen Anordnungen. Der festgestellte Verstoß gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen ergibt sich vorliegend aus dem Verstoß gegen das Verbot von § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV. Danach ist es unter anderem verboten, Hunde auszustellen, bei denen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.
56Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bei der Hündin F. ist das Körperteil Rute erblich bedingt derart erheblich von grundsätzlich 20-23 umfassenden Wirbelkörpern auf ca. ein bis zwei Wirbelkörper verkürzt, dass sie für den artgemäßen Gebrauch als fehlend bzw. untauglich, jedenfalls jedoch als umgestaltet anzusehen ist. Die Erblichkeit der Rutenlänge wird seitens der Kläger nicht ernsthaft in Frage gestellt und entspricht auch sämtlichen dazu vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, den Ausführungen des Beklagten und den eigenen Zuchtbestimmungen des IKFB, dem die Kläger angehören, und nach denen stark kurzrutige Hunde nur mit einem Hund, mit einer den Anus verdeckenden Rute, verpaart werden dürfen, um die Ruten der Folgegeneration zu verlängern.
57Die Rute dient auch dem artgemäßen Gebrauch der Hündin. Zu diesem Gebrauch zählt insbesondere auch ihre seitens des Beklagten eindrücklich dargestellte Funktion als Kommunikationsmittel, was seitens der Kläger jedenfalls mit Blick auf die grundsätzliche Funktion der Rute nicht bestritten wird. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf Dr. med. vet. C. die sonstigen Funktionen der Rute in Frage stellen, kommt es hierauf zunächst nicht an. Denn für den artgemäßen Gebrauch untauglich oder umgestaltet sind Körperteile immer schon dann, wenn eine ihrer Funktionen infolge der züchterischen Einflussnahme nicht mehr ausreichend erfüllt oder ausgeführt werden kann. Dabei kommt es auf das der Tierart entsprechende physiologische Sein, also auf das Normale bzw. die Normalfunktion des Organs oder Körperteils an,
58vgl. Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, 4. Auflage 2023, § 10 TierSchHundeV – Ausstellungsverbot – Rn. 3 und TierSchG § 11b Rn. 4.
59Dies ist in Bezug auf die Rute der Hündin F. jedenfalls in Bezug auf ihre Funktionen im Rahmen der Kommunikation aufgrund ihrer im Verhältnis zur Normalfunktion und –länge der Rute bei der Tierart Hund fehlenden ausreichenden auch seitlichen Beweglichkeit und fehlenden Nutz- und Sichtbarkeit durch ihre Kürze erfüllt.
60Bei der Hündin F. sind hierdurch auch Schäden aufgetreten. Ein Schaden liegt vor, wenn der körperliche oder seelische Zustand, in welchem ein Tier sich befindet, vorübergehend oder dauernd zum Schlechteren hin verändert ist,
61vgl. VG Düsseldorf Beschluss vom 28. September 2016 – 23 L 2645/16 – juris,
62wobei völlig geringfügige Beeinträchtigungen außer Betracht bleiben. Gleichzeitiges Leiden oder Schmerzempfinden muss nicht gegeben sein. Ausreichend sind zum Beispiel das Fehlen eines Körperteils, wenn dadurch das artgerechte Leben nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird, zuchtbedingte geringfügige Gleichgewichts- oder Stoffwechselstörungen, erst recht natürlich Störungen beim Sehen oder Hören, bei der Fortbewegung, beim artgemäßen Nahrungserwerbs- oder Sozialverhalten,
63vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 4. April 2018 – 11 E 1067/18 –, juris Rn. 47.
64Der Sollzustand des Tieres beurteilt sich dabei an Tieren der gleichen Art,
65vgl. Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, 4. Auflage 2023, TierSchG § 1 Rn. 27.
66Etwaige Schadenskompensationen schließen das Verbot ebenso wenig aus, wie die fehlende Feststellung von Verhaltensauffälligkeiten,
67vgl. zur gleichlautenden Vorschrift in § 11b TierSchG: VG C1. Urteil vom 23. September 2015 – 24 K 202.14 –, juris Rn. 38–42; VG Hamburg Beschluss vom 4. April 2018 – 11 E 1067/18 –, juris; Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, 4. Auflage 2023, TierSchG § 11b Rn. 5.
68Ebenso wenig spricht gegen einen Schaden, dass sich die Rasse oder Population über längere Zeit als lebensfähig erwiesen hat,
69vgl. Metzger, in: Lorz/Metzger, 7. Auflage 2019, TierSchG § 11b Rn. 12.
70Auch allein das – ggf. auch durch Zucht erreichte rassetypische – „zufriedene“ Weiterleben des Hundes schließt das Vorliegen eines Schadens nicht aus.
71Als Schaden im Sinne von § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV genügt aber nicht schon das Fehlen eines Körperteils als solches. Vielmehr muss der Schaden gerade auf Grund des Defektes („hierdurch“) auftreten,
72vgl. zum gleichlautenden § 11b Abs. 1 TierSchG: Metzger, in: Lorz/Metzger, 7. Auflage 2019, TierSchG § 11b Rn. 7; VG Hamburg, Beschluss vom 4. April 2018 – 11 E 1067/18 –, Rn. 47, juris.
73Das bedeutet jedoch gerade nicht, dass der auf dem Fehlen, der Funktionslosigkeit oder der Umgestaltung beruhende Schaden vollständig losgelöst von der bereits festgestellten Einschränkung des artgemäßen Gebrauchs existieren muss. Der Wortlaut der Norm „hierdurch“ gibt gerade einen kausalen Zusammenhang vor, sodass § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV erfüllt ist, wenn aus dem Fehlen, der Funktionslosigkeit oder der Umgestaltung zum artgemäßen Gebrauch auch ein Schaden im Sinne einer nicht nur geringfügigen Schlechterstellung resultiert,
74vgl. auch zum Vorliegen eines Schadens beim Fehlen funktionsfähiger Tasthaare: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. August 2022 – 23 L 1501/22 – n.v.
75Dies ist vorliegend der Fall.
76Nach den überzeugenden aus wissenschaftlichen Abhandlungen und der eigenen fachlichen Expertise, der im Rahmen des Vollzugs des Tierschutzgesetzes und der zugehörigen Verordnungen besondere Bedeutung und eine vorrangige Beurteilungskompetenz beigemessen wird,
77vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. April 2014 – 3 B 62.13 –; BayVGH, Beschluss vom 23. Mai 2017 – 9 C 16.2602 –; OVG C1. -Brandenburg, Beschluss vom 17. Juni 2013 – OVG 5 S 27.12 –; OVG NRW, Urteil vom 25. September 1997 – 20 A 688/96 –; alle juris,
78gezogenen Darstellungen des Beklagten spielt die Rute eine wesentliche Rolle im Verhaltensrepertoire eines Hundes und entstehen durch das Fehlen der funktionstüchtigen, ausreichend beweglichen und langen Rute erhebliche Einschränkungen im arteigenen Ausdrucks- und Sozialverhalten und ist die innerartliche Kommunikation gestört. Im Bereich der Rute gibt es nach den überzeugenden – und von den Klägern hinsichtlich des vielfältig möglichen Einsatzes der Rute auch nicht bestrittenen – Darlegungen des Beklagten bei langrutigen Hunden über zehn unterschiedliche Stellungen mit Signalfunktion, die im Zusammenwirken mit allen anderen optischen Signalen maßgeblich an der Übermittlung von Stimmungen beteiligt sind. Durch eine fehlende funktionsfähige Rute kommt es zu einer zuchtbedingten Ausdrucksreduktion.
79Die getroffene Bewertung der Rute der Hündin F. findet ihre Bestätigung ebenso in den kürzlich veröffentlichten Leitlinien der AGT zur Auslegung und zum Vollzug des Ausstellungsverbots von § 10 TierSchHuV,
80Stand: Juli 2024.
81Danach stellt die Brachyurie (Stummelschwanz) grundsätzlich ein Qualzuchtmerkmal dar. Denn in der Frontalansicht sind auf Hundehöhe laterale und dorsale Rutenbewegungen nicht zu erkennen und ist das charakteristische Einziehen der Rute bei Angst/Unsicherheit dem Hund nicht möglich und kann von Hunden und unter Umständen auch von Menschen nicht erkannt werden. Als Schaden ist nach der fachlichen Einschätzung der AGT insofern zu werten, dass die Funktionsfähigkeit der Rute der betroffenen Hunde gemessen am tierartspezifischen Normalzustand als Kommunikationsorgan nicht oder nicht vollumfänglich gegeben ist, wodurch das Tier Einschränkungen oder Störungen im artgemäßen Explorations- und Sozialverhalten erfährt.
82Die Einschätzung des Beklagten wird ebenfalls durch die Bewertung der TVT gestützt, die als Zusammenfassung des gesicherten wissenschaftlichen Kenntnisstands gelten kann, sodass den relevanten Merkblättern (hier Merkblatt Nr. 141 – Qualzucht und Erbkrankheiten bei Heimtieren – Schwerpunkt Hunde) der Charakter einer sachverständigen Äußerung zukommt,
83vgl. BayVGH, Beschluss vom 23. Juli 2012 – 9 ZB 10.3169; OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. August 2009 – 11 ME 187/09; VG Mainz, Beschluss vom 13. Juni 2016 – 1 L 187/16.MZ; alle juris; Hirt, in: Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 2 Rn. 34.
84Auch nach der Einschätzung der TVT liegt bei einem Hund mit einer zu kurzen oder fehlenden Rute ein Merkmal nach § 11b TierSchG – in Bezug auf das Erfordernis des Schadens gleichlautend zu § 10 TierSchHuV – vor. Dieses Tier zeige zwar nicht zwingend offensichtliche Schmerzen oder Leiden, es sei ihm jedoch nicht möglich, artgerechte Verhaltensweisen vollständig auszuüben und die entsprechenden Funktionen des Körperteils einzusetzen (Schaden). Auch als Ausdrucksmittel des natürlichen und artgemäßen Verhaltensrepertoires könne eine bis auf wenige Glieder fehlende Rute kaum bzw. gar nicht mehr eingesetzt werden,
85vgl. TVT-Merkblatt NR. 141, Stand: Dezember 2023, S. 1 und 13.
86Dem steht nicht entgegen, dass auch die TVT weitere intensive Forschung zum Einfluss extremer Körpermerkmale auf das Verhalten der Tiere für wünschenswert erachtet,
87vgl. TVT-Merkblatt NR. 141, Stand: Dezember 2023, S. 1 und 13.
88Denn jedenfalls das Vorliegen eines Schadens durch die nicht unerhebliche Negativabweichung vom Normalzustand ist auch nach der zuvor zitierten Einschätzung der TVT gegeben, der sich das Gericht anschließt. Für das Vorliegen eines Schadens ist gerade der Nachweis von Verhaltensstörungen und weiteren Verhaltensauffälligkeiten nicht erforderlich.
89Auch ausweislich der Ausführungen von R. werden Hunde durch eine fehlende, funktionsuntüchtige oder stark verkürzte Rute in ihrem arteigenen Ausdrucksverhalten und ihrer Kommunikation stark eingeschränkt. Die visuelle Kommunikation und die für Tier und Mensch gut zu „lesenden", gleichzeitig komplexen, durch Haltung und Bewegung der Rute transportierten Signale, gehörten zu den wichtigsten lautlosen Bestandteilen der Hundesprache,
90https://qualzucht-datenbank.eu/merkblatt-hund-rute/, Abschnitt 6 – Symptomatik und Krankheitswert der oben genannten Defekte: Bedeutung/Auswirkungen des Defektes auf das physische/psychische Wohlbefinden des Einzeltieres und Einordnung in Belastungskategorie, abgerufen zuletzt am 4. November 2024.
91Nach der Einschätzung des Gerichts kann auch die Datenbank R. als sachverständige Stellungnahme herangezogen werden. Das R. entstand aus einer Initiative des Tierschutzausschusses der Berliner Tierärztekammer und besteht insbesondere aus ehrenamtlich engagierten Tierärzten, Rechtsanwälten und Biologen sowie einem wissenschaftlichen Beirat mit weiteren Fachtierärzten aus Wissenschaft und Praxis und einem Juristen,
92https://qualzucht-datenbank.eu/team/, zuletzt abgerufen am 4. November 2024,
93und umfasst daher eine breitgefächerte Expertise zur Auswertung und zur Verfügungstellung wissenschaftlicher und eigener Erkenntnisse und Erfahrungen. Das R. wird gefördert und als Quelle zur Auslegung von § 11b TierSchG und § 10 TierSchHuV empfohlen seitens des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Tierschutzbeauftragten der Bundesländer, des BMEL, der Bundestierärztekammer und der Österreichischen Tierschutzombudspersonen. Auch die TVT als in der Rechtsprechung weithin anerkannte sachverständige Informationsquelle schätzt das R. als wichtige Hilfestellung und Informationsquelle ein, da die dortige Datenbank fortlaufend aktualisiert und ergänzt werde und der aktuelle Stand der Forschung und wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einzelnen Qualzuchtmerkmalen inklusive Rassen gebündelt werde,
94vgl. TVT-Merkblatt NR. 141, Stand: Dezember 2023, S. 3.
95Die von Seiten der Kläger pauschal gerügte fehlende Objektivität ist seitens des Gerichts nicht hinreichend nachvollziehbar. Die Orientierung am und Priorisierung des Tierschutzes ist mit Blick auf die Zielsetzung des R. und die verfassungsrechtliche Wertentscheidung in Art. 20a GG nicht zu beanstanden und hat insbesondere hinter züchterischen – insbesondere an der Erhaltung eines Rassestandards aus optischen oder traditionellen Gründen bestehenden – Interessen nicht zurückzutreten. Dass gewichtige wissenschaftliche Erkenntnisse der Gegenmeinung ignoriert würden, ist nicht hinreichend ersichtlich. Bei der Einschätzung des R. als Quelle sachverständiger Stellungnahmen geht es um deren Ausführungen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und tiermedizinischen Einschätzung von Bedürfnissen und Verhalten von Tieren. Die rechtliche Bewertung der aus den Erkenntnissen zu folgernden Konsequenzen obliegt dabei weiterhin dem Gericht. Dementsprechend stünden auch seitens der Kläger als überzogen eingeschätzte Formular- und Auflagenvorschläge etwa der TVT und gegebenenfalls auch des R. nicht maßgeblich der sonstigen Einschätzung als wissenschaftlich fundierte Quelle entgegen.
96Der Einschätzung der Brachyurie und der daraus folgenden erheblichen Einschränkung als Kommunikationsmittel als Schaden stehen im Ergebnis auch weder das Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen) der Sachverständigengruppe Tierschutz und Heimtierzucht des BMEL vom 26. Oktober 2005 noch die vom Kläger vorgelegten Erkenntnisse entgegen.
97Ausweislich des Gutachtens des BMEL sind Knick- und Korkenzieherschwänze, aber auch Verkürzungen der Schwanzwirbelsäule als problematisches Zuchtziel einzustufen und häufig vergesellschaftet mit Missbildungen an weiteren Abschnitten der Wirbelsäule bis hin zu Spina bifida. Folge davon könnten Rückenmarksbeeinträchtigungen mit Störungen der Lokomotion der Hintergliedmaßen bis zu Paralysen sowie Harn- und Kotinkontinenz sein. Empfohlen wurde seitens des BMEL ein Zuchtverbot für Tiere, die neben einer Knick- und Korkenzieherrute bzw. Brachy- oder Anurie auch Wirbeldefekte an weiteren Abschnitten der Wirbelsäule aufweisen, weil bei den Nachkommen mit Schmerzen und Leiden gerechnet werden müsste. Diese Bewertung nimmt insbesondere die möglichen erheblichen physischen Gesundheitsfolgen der genannten Rutenveränderungen in den Blick, ohne dass – auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und des Fortschritts wissenschaftlicher Erkenntnisse – weitere Schäden als Folge einer Brachyurie ausgeschlossen wären. Vor dem Hintergrund der teilweise erheblichen Gesundheitsschäden bei brachycephalen und von Rutenveränderungen betroffenen Hunden erscheint der damals gewählte Fokus auf die erheblichen gesundheitlichen, klinisch vorgestellten Probleme wie etwa Atemnot, Wirbelsäulendeformationen und Bewegungsstörungen, die mit erheblichen Leiden – etwa durch Erstickungsangst oder wegen neurologischen Ausfällen – einhergehen, nachvollziehbar. Das steht jedoch weder einer Fortentwicklung der sachverständigen tierärztlichen Einschätzung von Qualzuchtmerkmalen noch der Erweiterung des Fokus auf weitere Qualzuchtmerkmale entgegen. Dementsprechend unterstützt, wie bereits dargelegt, auch das BMEL die Arbeit von R. , um aktuellen Erkenntnissen gerecht zu werden. Auch nach der Einschätzung der TVT sei das Gutachten des BMEL an vielen Stellen veraltet und bedürfe dringend einer Aktualisierung,
98vgl. TVT-Merkblatt NR. 141, Stand: Dezember 2023, S. 5.
99Auch die von den Klägern eingeführten Äußerungen von Dr. med. vet. C. führen im Ergebnis zu keiner anderen Einschätzung. Soweit dieser ausführt, dass es in Bezug auf die Rolle der Rute in der Kommunikation des Hundes in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedliche Ansichten gebe, ist weder ersichtlich, welche von der Einschätzung der Rute als wesentliches Kommunikationsmittel abweichende Ansichten dies sein sollen und worauf sich diese unterschiedlichen Ansichten genau beziehen. Ein wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass die Rute keine Funktion in der Kommunikation des Hundes hat, wird dadurch insbesondere nicht geliefert und erscheint auch mit Blick auf die übrigen sachverständigen Ausführungen und die eigene Einschätzung der Kläger fernliegend. Soweit Dr. med. vet. C. kritisiert, dass verschiedentlich gezeigt wurde, dass verschiedene Rutenpositionen mit verschiedenen emotionalen Zuständen verbunden seien, jedoch nicht darauf eingegangen worden sei, ob die Morphologie der Rute tatsächlich einschränkend auf die Kommunikationsfähigkeit wirke, geht er zunächst ersichtlich auch von dem verschiedentlichen Nachweis der Funktion der Rute innerhalb der Kommunikation aus. Ob im weiteren die Untersuchungen auf die Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit eingegangen sind, erscheint im Ergebnis nicht erheblich. Denn zum einen kommt es nicht darauf an, ob die Hunde mit einer Brachyurie das Fehlen der Rute durch andere Körperteile oder Ausdrucksmittel kompensieren können. Und zum anderen erscheint die formulierte Frage insoweit redundant als die Kommunikationsfähigkeit durch den vollständigen Wegfall eines Kommunikationsmittels offensichtlich eingeschränkt wird, selbst wenn diese Einschränkung in einem weiteren Schritt kompensiert werden sollte. Im Ergebnis spricht auch die aufgeführte Evidenz zum Fehlen von etwa vermehrter Aggression unter Artgenossen als negative Folge einer eingeschränkten Kommunikation nicht gegen die Annahme eines Schadens im Sinne von § 10 TierSchHuV. Ungeachtet des Umstands, dass das Vorhandensein von Verhaltensstörungen bereits keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Schadens ist, ist nach den sachverständigen Äußerungen der amtlichen Tierärztin des Beklagten davon auszugehen, dass sich die eingeschränkte bzw. gestörte Kommunikationsfähigkeit vielfältig und gerade nicht ausschließlich in aggressivem Verhalten, sondern beispielsweise auch in Zurückhaltung zeigen kann. Überdies erscheint der aus der fehlenden Aggression als Verhaltensmuster gezogene Rückschluss auf das (Nicht-)Vorliegen eines Schadens problematisch, wenn nach dem Rassestandard etwa der hier betroffenen Französischen Bulldogge (FCI-Standard Nr. 101, S. 7) Aggressivität einen ausschließenden Fehler aus der Rasse darstellt und demnach davon auszugehen ist, dass aufgrund der zielgerichteten Zucht der Französischen Bulldogge Aggressivität gerade nicht zu den zu erwartenden reaktiven Verhaltensmustern zählt. Überdies lässt sich kein klarer – über eine bloße Korrelation hinausgehender – Rückschluss aus dem in den Studien,
100vgl. beispielhaft: Dog Behavior Co-Varies with Height, Bodyweight and Skull Shape, Paul D. McGreevy et al, 2013,
101angenommenen Zusammenhang zwischen der Physiognomie und dem Verhalten des Hundes auf die fehlende Beeinträchtigung des Hundes durch die Rutenlänge ziehen, die soweit ersichtlich auch nicht untersucht wurde. Der vorgenannten Studie lässt sich überdies die Vermutung entnehmen, dass die brachycephale Kopfform ein mögliches Nebenprodukt der menschlichen Selektion der Hunde auf kindliche/jugendliche Verhaltenscharakteristika ist und dass die hochselektive Zucht von brachycephalen Rassen zu einer menschengemachten Veränderung in der Organisation des Gehirns des Hundes geführt hat. Dies lässt den klägerseits vorgebrachten Rückschluss vom Fehlen von – gerade weggezüchtetem – aggressiven/adulten Verhalten auf das Fehlen eines Schadens als Zirkelschluss erscheinen.
102Nicht zuletzt lässt sich die von Dr. med. vet. C. aufgestellte These nicht ohne jegliche Differenzierung sämtlichen der genannten wissenschaftlichen Publikationen entnehmen, da beispielhaft die Veröffentlichung „Associations between Domestic-Dog morphology and behaviour scores in the dog mentality assessment, 2016“,
103https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4771026/, zuletzt abgerufen am 30. Oktober 2024,
104unter anderem als Ergebnis festhält, dass brachycephale Hunde mehr Aggressionen gegenüber dem „Geist“ als Teststimulus gezeigt hätten und kleinere, schwerere Hunde häufiger aggressiv auf das plötzliche Erscheinen des „Testdummys“ reagiert hätten.
105Darüber hinaus gehen auch zwei weitere – teilweise in anderem Zusammenhang – von den Klägern angeführte Studien davon aus, dass die Funktion der Rute insbesondere als Kommunikationsmittel zu sehen ist. Insoweit äußert die zur fehlenden Funktion der Rute als Steuerungselement angeführte Studie,
106Rottier & Schulz et al. – Tail wags the dog is unsupported by biomechanical Modeling of Canidae Tails Use during Terrestrial Motion, 2022,
107dass gerade der Umstand, dass im Rahmen der Studie nicht nachgewiesen werden konnte, dass Hunde die Rute für ihre Agilität bei Bewegungsmanövern nutzen, dafürspricht, dass andere Zwecke der Rute – als wichtiges Kommunikationsmittel und zur Schädlingsabwehr – im Vordergrund stehen. Auch die seitens der Kläger vorgelegte Masterarbeit,
108Tail length’s effect on dog welfare – Association between the length of the tail and social behavior in dogs, Sofie Kaas Rasmussen, 2. April 2024, S. 6-7,
109geht im Grundsatz davon aus, dass Hunde durch die Bewegung der Rute wichtige soziale Hinweise übermitteln und stellt als Ziel der Untersuchung heraus, ob der Hund in der Lage ist, den Verlust der Rute durch die Nutzung anderer Kommunikationsmittel zu kompensieren. Wie bereits dargelegt, kommt es jedoch für die Feststellung eines Schadens gerade nicht auf die mögliche Kompensation an. Dementsprechend bedarf es keiner weiteren Erörterung, inwieweit die Masterarbeit mit Blick auf die Untersuchungsmethode (Fragebögen an Hundebesitzer), den aus ca. 92% langrutigen Hunden bestehenden Analysepool, die fehlende Differenzierung hinsichtlich des jeweiligen Interaktionspartners des eingeschätzten lang- oder kurzrutigen Hundes, die fehlende Berücksichtigung züchterisch hervorgebrachter Charaktereigenschaften bei der Bewertung der Prävalenz von Beißvorfällen und die insgesamt erhobenen Daten überhaupt geeignet ist, den von ihr gezogenen Schluss, dass kurzrutige Hunde in der sozialen Kommunikation nicht im Nachteil sind, zu stützen.
110Wie bereits dargelegt, kommt es nicht darauf an, ob die Hündin F. den vorgenannten Schaden durch andere Verhaltensweisen oder Ausdrucksmittel kompensieren kann. Insoweit ist jedoch hervorzuheben, dass nach den überzeugenden Ausführungen des Beklagten auch die Kompensationsmöglichkeiten der Hündin F. erheblich eingeschränkt sind, da die brachycephale Kopfform mit einem verkürzten Kopf, Fang und Faltenbildung im Gesicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Mimik führt. Dass nach den Angaben der Kläger hiervon auch andere Hunderassen etwa mit sehr langen Haaren, die das Gesicht vollständig verdecken, betroffen sind, stellt die Bewertung des Beklagten nicht in Frage. Vielmehr erscheinen auch solche Züchtungen in Bezug auf ihre Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt und insoweit problematisch. Diese Einschätzung entspricht der Wertung der TVT, nach der bei Vertretern der Rassen mit einer ausgeprägten Faltenbildung, Haarbüscheln am Kopf oder entsprechender Fellanomalie eine abgestufte und differenzierte Kommunikation nicht erfolgen könne. Diese Tiere seien im Ausdrucksverhalten mehr oder weniger stark eingeschränkt, was zu Unsicherheit und Fehlreaktionen führen könne,
111vgl. TVT-Merkblatt Nr. 141, Stand: November 2017, S. 15.
112Ebenso wenig spricht der von den Klägern vorgebrachte Umstand, dass es auch aus anderen Gründen – etwa aufgrund von Größenunterschieden oder nicht absenkbaren Ruten – zwischen verschiedenen Hunderassen zu Missverständnissen oder Kommunikationsproblemen kommen könne, gegen das Vorliegen eines Schadens. Denn dass auch andere – überwiegend züchterisch bedingte – morphologische Ausprägungen bei Hunden zu Kommunikationsproblemen führen können, entwertet gerade nicht deren Problematik und rechtfertigt auch keine weitere Einschränkung in der artgerechten Ausdrucksweise.
113Der Einschätzung als Schaden steht ebenso wenig die unter strengen Anforderungen bestehende Möglichkeit, die Rute bei jagdlich zu führenden Hunden nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. b) TierSchG zu kupieren entgegen. Denn zum einen zeigt bereits die Formulierung als Ausnahme vom Amputationsverbot, die nur unter strengen Voraussetzungen und zum Schutz des Hundes vor sonstigen Gefahren erfüllt ist, dass dem Hund gerade ein Schaden zugefügt wird, der jedoch ausnahmsweise als gerechtfertigt angesehen wird. Zum anderen erlaubt diese Vorschrift auch nur insoweit die Zulässigkeit der Amputation, wie sie unerlässlich ist. Wie der Beklagte ausgeführt hat, bedeutet dies auch im Rahmen der Jagd idealerweise, dass eine Rute weiterhin als Kommunikationsmittel eingesetzt werden kann.
114Darüber hinaus stellt der Verlust der Schutzfunktion der Rute und die daraus folgende nicht unerhebliche Negativabweichung vom Normalzustand einen Schaden dar. So ist es der Hündin F. nicht artgerecht möglich, Körperöffnungen (Anus und insbesondere das weibliche Genitale) zu erreichen oder mit der Rute zu bedecken und so zu schützen, um etwaige unerwünschte Geruchskontrollen oder Deckakte physiologisch abzuwehren,
115vgl. TVT-Merkblatt NR. 141, Stand: Dezember 2023, S. 1 und 13; https://qualzucht-datenbank.eu/merkblatt-hund-rasse-french-bulldog/ Abschnitt 5 – Wirbelkörpermalformationen und Ruten-Deformationen, zuletzt abgerufen am 4. November 2024; Anlage 2 zu Leitlinien der AGT – Skelett – Brachyurie/Stummelschwanz.
116Gemessen am tierartspezifischen Normalzustand ist die Funktionsfähigkeit der Rute als Schutzorgan vorliegend nicht gegeben, wodurch die Hündin Einschränkungen oder Störungen im artgemäßen Sozialverhalten erfährt,
117Anlage 2 zu Leitlinien der AGT – Skelett – Brachyurie/Stummelschwanz – Schäden.
118Dass insoweit ausschließlich der knöcherne Anteil der Rute entscheidend ist, ergibt sich aus den überzeugenden Darstellungen des Beklagten, da nur dieser Teil selbständig beweglich ist und einen adäquaten Schutz der Körperöffnungen zu bieten vermag. Die gegenteilige Auffassung der Kläger, es reiche, wenn die Haare den Anus bedeckten, überzeugt nicht. Zum einen behaupten sie insofern lediglich das Gegenteil, ohne damit die Einschätzung des Beklagten nachhaltig zu hinterfragen. Zum anderen erscheint es auch nicht naheliegend, dass Haare die Schutzfunktion einer knöchernen Rute vollständig erfüllen könnten. Darüber hinaus verbliebe bei der Hündin F. ohnehin der Umstand, dass sie nicht in der Lage ist, ihr Genitale zu bedecken und so vor aufdringlichen Rüden oder ungewollten Deckakten zu schützen. Soweit die Kläger sich auf die Ausführungen von Dr. med. vet. C. beziehen, laut dem sämtliche außerhalb der Kommunikation liegende Funktionen der Rute einer wissenschaftlichen Grundlage entbehrten, widerspricht er hiermit jedenfalls in Bezug auf die Schutzfunktion der Rute sämtlichen sonstigen vorliegenden fachtierärztlichen und wissenschaftlichen Einschätzungen, ohne diesen Standpunkt näher zu erläutern. Soweit er in der Folge angibt, es sei jedenfalls nicht untersucht, ob es zu Einschränkungen der Funktion durch die verkürzte Rute komme, scheint dies der Grundannahme der fehlenden Schutzfunktion der Rute bereits zu widersprechen. Überdies ist nicht ersichtlich, welche Sinnhaftigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung mit dem Ziel der Klärung der Frage, ob das Fehlen der Rute die Schutzfunktion der Rute einschränkt, zukäme. Denn dass die fehlende Möglichkeit, Anus und Genitale zu bedecken eine Einschränkung darstellt, liegt auf der Hand. Auch insoweit kommt es auf eine mögliche Kompensation nicht an.
119Das Gericht teilt im Ergebnis die Einschätzung des Beklagten, dass es sich bei den vorgenannten Funktionen der Rute um wesentliche Körperfunktionen handelt, deren Fehlen zu einer nicht unerheblichen Abweichung zum Schlechteren führt. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass die Hündin F. bereits mit einer Stummelrute geboren und nicht kupiert wurde. Denn für die Bewertung der Schlechterstellung kommt es gerade auf den Vergleich mit dem Normzustand innerhalb der Art und nicht der Rasse an. Insofern folgt das Gericht der sachverständigen Einschätzung des Beklagten, der Normzustand eines Hundes weise eine 20-23 Wirbelkörper umfassende bewegliche Rute auf und die erhebliche Diversität der morphologischen Erscheinungsbilder innerhalb der Hunde beruhe auf gezielten Züchtungen, was den vom Beklagten in das Verfahren eingeführten Ausführungen von Prof. Dr. B. H. – Institut für Tierpathologie, Geschäftsführender Direktor Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität C1. – entspricht,
120vgl. darüber hinaus nur beispielhaft zum fehlenden Vorhandensein von physischen Extremmerkmalen bei wilden bzw. wildlebenden Hunden: https://www.eurogroupforanimals.org/files/eurogroupforanimals/2023-11/2023_11_30_Extreme%20breeding%20in%20Europe%20-%20Mapping%20of%20legislation%20FINAL.pdf, Annex 1, S. 21 f., abgerufen am 4. November 2024.
121Dass der Mensch den Hund durch Züchtung morphologisch teilweise derart stark verändert hat, führt nicht zu einem neuen Normalzustand des Hundes. Diese Einschätzung lässt sich auch den gesetzgeberischen Entscheidungen, Qualzuchten nach § 11b TierSchG und Ausstellungen von Hunden mit Qualzuchtmerkmalen nach § 10 TierSchHuV zu verbieten, entnehmen. Merkmale, die bei Hunden zu beeinträchtigenden Negativabweichungen im Verhältnis zum Normalzustand führen, sollen gerade nicht normalisiert und ausgestellt werden, um Anreize für die Züchtung zu unterbinden,
122vgl. BT-Drucks. 394/21, S. 21.
123Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ausführungen kann dahinstehen, inwieweit die weiteren vom Beklagten angeführten Funktionen der kurzen Rute – etwa Verteilung von Duftstoffen, Steuerung und Thermoregulation – bestehen oder eingeschränkt sind und ebenfalls einen Schaden insbesondere hinsichtlich der Erheblichkeit der Negativabweichung darstellen. Ebenso kann dahinstehen, ob die sonstigen hervorgehobenen körperlichen Merkmale insbesondere auch der brachycephale Kopf der Hündin F. und seine Folgen wie (ggf. weiter zu überprüfende) Gebissveränderungen und unproportional große Weichteilstrukturen oder das mögliche Vorliegen des Robinow-like-Syndroms für sich bereits zu einem Ausstellungsausschluss hätten führen und insoweit die Begründung des Ausschlusses hätte ergänzt werden können. Ebenso wenig kommt es im Ergebnis darauf an, warum die ursprüngliche amtstierärztliche Einschätzung einer leichten Stenose bei der Hündin F. gestrichen wurde, wie es sich auch aus der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Dokumentation des Ausstellungsausschlusses ergibt.
124Der von den Klägern behauptete Ausschluss des Vorliegens weiterer Defekte allein aufgrund der besonderen Zuchtvorgaben und der Behauptung der Kläger – viele der mit Französischen Bulldoggen assoziierten Krankheiten seien bei den rein gezüchteten Hunden nicht bekannt – ist jedoch fernliegend. Denn die vom Beklagten angeführten Krankheiten beruhen zu großen Teilen auf physischen – dem Rassestandard entsprechenden – Merkmalen, die gerade auch bei den im Verband gezüchteten Hunden vorliegen, auch wenn die Zuchtvorgaben des IKFB mehr Augenmerk auf die Gesundheit der gezüchteten Hunde legen mögen. Die von den Klägern betonten Zuchtvorgaben oder Zuchtauswahlen wären jedoch spätestens ab der ersten Nachzuchtgeneration kaum noch nötig, wenn die Angaben der Kläger in Bezug auf das fehlende Vorliegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen im Rahmen der kontrollierten Zucht zuträfen. Die in diesem Zusammenhang seitens der Kläger angeführte Umfrage unter den Züchtern wurde zwar an das Veterinäramt der Stadt Erfurt weitergeleitet, von diesem jedoch nicht erstellt und auch als untauglich bewertet. Dennoch lässt sich selbst dieser Befragung das gehäufte Vorkommen von Problematiken entnehmen, wie im Rahmen des Geburtsvorgangs (Dystokie, erhöhte Kaiserschnittrate), bei bewegungseingeschränkten Ruten, verdrehten Backenzähnen oder dem Vorliegen von Hemivertebrae. Darüber hinaus hat auch die Präsidentin des IKFB in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass gerade die bei der eigenen Zucht gewonnene Erkenntnis, dass kurzrutige Hunde gehäuft weitere Probleme an der Wirbelsäule aufwiesen,
125vgl. hierzu auch: R. , https://qualzucht-datenbank.eu/merkblatt-hund-rute/, Abschnitt 5, zuletzt abgerufen am 4. November 2024, wonach Untersuchungen belegen, dass die Anzahl der Steißbeinwirbel negativ mit der Anzahl und dem Grad der Hemivertebrae korreliert,
126zu der Zuchtvorgabe geführt habe, dass mit stark kurzrutigen Hunden nur unter Auflagen bzw. nur zusammen mit längerrutigen Hunden gezüchtet werden dürfe. Dass Probleme in der Zucht in Teilen selbst erkannt und diesen entgegengewirkt werden soll, widerlegt nicht das grundsätzliche Vorhandensein von zuchtbedingten Problemen.
127Schließlich bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die erhebliche Einschränkung der artgemäßen Kommunikation neben der Begründung eines Schadens auch dazu führt, dass der Hündin F. Leiden entstehen. Zwar sprechen die sachverständigen Ausführungen der TVT, des R. und des Beklagten, nach denen es durch die erhebliche Einschränkung des arteigenen Ausdrucks- und Kommunikationsverhaltens zu – wenn auch nicht offensichtlichen oder erheblichen – Leiden komme,
128https://qualzucht-datenbank.eu/merkblatt-hund-rasse-french-bulldog/ Abschnitt 5. – Wirbelkörpermalformationen und Ruten-Deformationen, abgerufen zuletzt am 4. November 2024; https://qualzucht-datenbank.eu/merkblatt-hund-rute/ Abschnitt 10. – Allgemeine tierschutzrechtliche Bewertung –, abgerufen zuletzt am 4. November 2024; vgl. TVT-Merkblatt NR. 141, Stand: Dezember 2023, S. 3,
129und die Einschätzung der AGT, wonach es bei den betroffenen Hunden zu Leiden durch Überforderung komme, da die Kommunikation von Angst- und Meideverhalten durch die kurze Rute nicht möglich sei und von Hunden und gegebenenfalls Menschen nicht wahrgenommen werde,
130vgl. Anhang 2 der Leitlinien der AGT,
131zumindest dem Grunde nach erheblich – auch rasse- und tierübergreifend – für das Vorliegen von Leiden. Ob dieser Umstand jedoch ebenso bei der konkret bewerteten – auch in ihrer Verhaltensweise aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit auf bestimmte Charaktereigenschaften gezüchteten – Hündin nachzuweisen wäre oder ob der sachverständige Rückschluss aus den allgemeinen fachtierärztlichen Erkenntnissen insoweit ausreichen würde, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Lediglich ergänzend sei insoweit jedoch darauf hingewiesen, dass auch der Kläger grundsätzlich davon ausgeht, dass die fehlende Möglichkeit, arteigenem Verhalten nachzugehen, bei Hunden grundsätzlich Leid auslöst. So hat er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es für ihn besonders wichtig sei, dass seine Hündin F. arteigenem Verhalten nachgehen und insbesondere aufgrund einer ausreichend flexiblen Wirbelsäule selbständig After- und Genitalbereich reinigen könne. Warum dies jedoch gerade in Bezug auf die Einschränkung der Kommunikations- und Schutzmöglichkeiten des Hundes anders zu bewerten sein soll, erschließt sich nicht. Die reine optische Gewöhnung bzw. Bevorzugung einer (sehr) kurzen Rute stellt insoweit kein für den Hund maßgebliches Kriterium dar.
132Für die Bewertung des Vorliegens der Ausschlussvoraussetzungen erweisen sich im Ergebnis die Bewertung der im Vorfeld getroffenen oder nicht getroffenen Abreden oder die von den Klägern als überflüssig erachteten Untersuchungen als unerheblich. Denn weder binden etwaige in Bezug auf die Auslegung von § 10 TierSchHuV getroffene Vereinbarungen zwischen dem VDH und dem Beklagten das Gericht noch machen die Kläger etwaige Schadensersatzansprüche geltend. Darüber hinaus führen die Ausführungen der Kläger in Bezug auf die Beweislast, den Charakter der Verbotsnorm des § 10 TierSchHuV, und die Vorgehensweise des Beklagten jedenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Ausstellungsausschlusses, da dieser – wie bereits dargelegt – in Bezug auf die Brachyurie ausreichend begründet ist. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, wie sonstige, auf anderen physischen Merkmalen beruhende Ausstellungsausschlüsse unter Berücksichtigung der Adressierung von §10 TierSchHuV gerade auch an Aussteller und Veranstalter, der Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 16 Abs. 2 TierSchG und dem elastischen Gefahrenbegriff im Ordnungsrecht,
133vgl. zum Ausreichen der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Betroffenseins mit einem relevanten Defekt: Hirt, in: Maisack/Moritz/Felde/Hirt, 4. Auflage 2023, TierSchHundeV § 10 Rn. 4,
134zu begründen und nachzuweisen sind.
135Im Ergebnis war das Einschreiten des Beklagten nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG auch durch den Verstoß gegen § 10 Satz 1 Nr. 2 lit. a) TierSchHuV indiziert und erscheint als notwendige Anordnung im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG. Gründe für eine Unverhältnismäßigkeit der Entscheidung sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt weder eine den Beklagten an einer objektiven Entscheidung hindernde Voreingenommenheit zu Lasten der Rasse der Französischen Bulldogge noch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG vor.
136Zunächst ist keine Voreingenommenheit in dem Sinne ersichtlich, dass die Rasse und nicht ein konkretes – vom Beklagten – beanstandetes Merkmal, das bei der Rasse gerade gehäuft vorkommt, zum Ausschluss der Hündin von der Ausstellung geführt hat. Auch der vom Kläger zitierte Aktenvermerk des Beklagten zur Überwachung der W. -Ausstellung in O. , der die Problematik einer Zucht mit Hunden einer Rasse aufwirft, die nach der Auffassung des Beklagten überwiegend Qualzuchtmerkmale aufweist, lässt keine rechtswidrige Voreingenommenheit erkennen. Vielmehr spiegelt sie die Bewertung der körperlichen Merkmale der Französischen Bulldogge durch den Beklagten wider. Dass die Kläger insoweit einen anderen Standpunkt vertreten, führt nicht zu einer Voreingenommenheit des Beklagten, die eine rechtliche Überprüfung des Einzelfalls ausgeschlossen hätte. Der Vermerk zeigt darüber hinaus, dass der Beklagte gerade auch die Zuchtinteressen nicht aus dem Blick verloren hat, sondern die Folgen seiner Einschätzung reflektiert, auch wenn diese im Ergebnis nicht den Interessen der Kläger entsprechen. Die dort dokumentierte Einschätzung, dass keine Bewertung/Beurteilung erstellt werden könne, bezieht sich ersichtlich auf die Frage der Bewertung der Zuchttauglichkeit mit Blick auf die Ausstellungsverbote in § 10 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TierSchHuV, nicht auf die Frage, ob ein Amtstierarzt Qualzuchtmerkmale erkennen kann. Dass der Beklagte sich willkürlich etwaigen gegenläufigen wissenschaftlichen Erkenntnissen verschließt, ist seitens der Kläger nicht substantiiert geltend gemacht und auch im Übrigen nicht ersichtlich. Soweit er eine andere Auffassung vertritt als die Kläger oder andere fachtierärztliche Einschätzungen für überzeugender erachtet, stellt dies für sich keine Voreingenommenheit dar.
137Es ist auch keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich, die sich aus einer isolierten Herausnahme von im W. organisierten Züchtern ergeben könnte. Denn zum einen werden laut den Angaben des Beklagten je nach personeller Ausstattung und dem Vorhandensein sonstiger Ressourcen auch nicht vom W. organisierte Ausstellungen überprüft. Und zum anderen liegt der Fokus der Regelung in § 10 TierSchHuV gerade auf den Ausstellungen von Tieren und nicht auf – gegebenenfalls durch § 11b TierSchG zu begegnenden – sonstigen unorganisierten Züchtern, die ihre Tiere verkaufen, aber nicht ausstellen,
138vgl. zum Zuchtverbot mit brachycephalen und stummelrutigen Hunden: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25. Oktober 2022 – 11 ME 221/22 – n.V.
139Auch die seitens der Kläger gerügte unterschiedliche Bewertung ihrer Hündin auf anderen Ausstellungen stellt – ungeachtet der Frage, ob es dort zu amtlichen Überprüfungen gekommen ist – keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Denn eine Ungleichbehandlung liegt jedenfalls nur dann vor, wenn die Vergleichsfälle dem gleichen Träger öffentlicher Gewalt zuzurechnen sind,
140vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 18. Auflage 2024, Art. 3 GG Rn. 13.
141Dass der Beklagte hinsichtlich der Brachyurie in anderen Fällen zu einer gegenläufigen Einschätzung gekommen ist, ist nicht geltend gemacht und auch im Übrigen nicht ersichtlich.
142Darüber hinaus ergeben sich aus den teilweise gegenläufigen Schilderungen der Beteiligten zu den Abläufen am Tag des Ausstellungsausschlusses keine Anhaltspunkte für eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Hundehalter, sodass es nicht abschließend darauf ankommt, ob alle ausgeschlossenen Französischen Bulldoggen aufgrund der Kurzrutigkeit oder auch aufgrund anderer Symptome ausgeschlossen wurden. Im Übrigen bezieht sich der streitgegenständliche Ausschluss allein auf die Hündin F. und den Haltern sonstiger seitens des Beklagten – möglicherweise – fehldiagnostizierter Hunde hätte ebenfalls der Klageweg offen gestanden.
143Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung.
144Der Anregung der Kläger, die Berufung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, folgt das Gericht nicht. Rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat die Sache, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im Berufungsverfahren dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterbildung des Rechts zu fördern,
145vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider/, 45. EL Januar 2024, VwGO § 124 Rn. 30.
146Zwar dürften vorliegend grundsätzlich eine Vielzahl von Hunden im Rahmen von Ausstellungen im Sinne von § 10 TierSchHuV betroffen sein. Die Anwendung der streitgegenständlichen Norm bezieht sich jedoch vorliegend schwerpunktmäßig auf die Subsumtion im Einzelfall unter Anwendung der in der Rechtsprechung grundsätzlich geklärten Auslegungsmaßstäbe etwa in Bezug auf die Begrifflichkeit „Schaden“ und unter Rückgriff auf die hierzu bislang soweit ersichtlich einheitlich ergangene Rechtsprechung,
147vgl. jeweils in Bezug auf das Fehlen funktionsfähiger Tasthaare bei Nacktkatzen: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. August 2022 – 23 L 1501/22 – n.v. und nachgehend OVG NRW Beschluss vom 6. Dezember 2022 – 20 B 1039/22 – n.V.; VG C1. Urteil vom 23. September 2015 – 24 K 202.14 –, juris Rn. 38–42; VG Hamburg Beschluss vom 4. April 2018 – 11 E 1067/18 –, juris,
148und der mittlerweile ebenso vorliegenden Leitlinien der AGT, sodass vor diesem Hintergrund die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage im Sinne einer grundsätzlichen Bedeutung nicht hinreichend ersichtlich ist.
149Rechtsmittelbelehrung:
150Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
151Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
152Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
153Die Berufung ist nur zuzulassen,
1541. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1552. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1563. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1574. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1585. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
159Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
160Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
161Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
162Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
163Beschluss:
164Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
165Gründe:
166Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
167Rechtsmittelbelehrung:
168Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
169Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
170Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
171Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
172Die Beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
173War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.