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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 K 3322/24

Datum:
25.09.2024
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil
Aktenzeichen:
18 K 3322/24
ECLI:
ECLI:DE:VGD:2024:0925.18K3322.24.00
 
Schlagworte:
versammlungsrechtliche Beschränkung, Parole "Vom Fluss bis zum Meer" bzw. "From the river to the sea (Palestine will be free)", Gefahrenprogrose, Umstände des Einzelfalls, Kennzeichenbegriff, Parole als Kennzeichen der Terrororganisation HAMAS und der vollziehbar verbotenen Vereinigung Samidoun, Zuordnung der Parole "From the river to the sea" zur HAMAS und zu Samidoun, keine ausnahmsweise zulässige Verwendung der Parole im Einzelfall, Staatsschutzdelikt/abstraktes Gefährdungsdelikt, pro-palästinensisch, Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Terrororganisation, EU-Terrorliste, HAMAS, Samidoun
Normen:
VersG NRW § 13 Abs. 1 S. 1; GG Art. 5, Art. 8; StGB §§ 86a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 86 Abs. 1, Abs. 2; StGB §§ 86a Abs. 3 i.V.m. 86 Abs. 4; VereinsG §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. 9 Abs. 1, Abs. 2; VereinsG §§ 20 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. 9 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:

1. Das Verwenden der Parole "From the river to the sea [Palestine will be free]" ist nicht per se strafbar.2. Im konkreten Einzelfall lagen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass im Rahmen der angemeldeten Versammlung mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die Strafnormen des §§ 86a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 86 Abs. 1, Abs. 2 StGB bzw. gegen das vereinsrechtliche Kennzeichenverbot des § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG verstoßen und damit Straftaten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG, sämtlich Staatsschutzdelikte/abstrakte Gefährdungsdelikte, begangen würden.3. Die Parole "From the river to the sea [Palestine will be free]" stellt ein verbotenes Kennzeichen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG (i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG) der Vereinigung Samidoun dar.4. Die Parole "From the river to the sea [Palestine will be free]" stellt ein Kennzeichen der Terrororganisation HAMAS nach § 86a Abs. 2 StGB dar.5. Für eine ausnahmsweise zulässige Verwendung der Parole nach § 20 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 2 VereinsG bzw. § 86a Abs. 3 StGB i.V.m. § 86 Abs. 4 StGB kommt es einzig darauf an, ob für einen unbefangenen Beobachter eindeutig und unmissverständlich zu erkennen ist, dass die Klägerin oder der zu erwartende Teilnehmerkreis die Parole nicht als Kennzeichen von Samidoun und/oder HAMAS verwenden und diese - genau umgekehrt - in einem nachdrücklich ablehnenden Sinne gebrauchen würden (hier verneint)6. Die Klägerin und der zu erwartende Teilnehmerkreis standen sowohl ideologisch als auch persönlich der mit Verfügung des BMI vom 2. November 2023 in Deutschland vollziehbar verbotenen Vereinigung Samidoun derart nahe, dass eine ausnahmsweise zulässige Verwendung der Parole fernliegt.7. Auch angesichts der mit der öffentlich bekannt gemachten und seit dem 7. Oktober 2023 medial breit aufgearbeiteten Zuordnung der fraglichen Parole zu HAMAS muss bei lebensnaher Betrachtung damit gerechnet werden, dass außenstehende Beobachter - selbst wenn ihnen die Parole vor dem Überfall der HAMAS unbekannt gewesen sein sollte - das Rufen dieser Parole zu einem erheblichen Teil als Aktion zugunsten der Terrororganisation HAMAS auffassen würden.

 
Tenor:

Auf das Anerkenntnis des Beklagten hin wird festgestellt, dass die in dem Bescheid des Polizeipräsidiums C. vom 9. April 2024 enthaltenen Beschränkungen für die Versammlung „Infostand zu Palästina“ am 10. April 2024 rechtswidrig gewesen sind, soweit die Ausrufe „Yallah Intifada“ und „Kindermörder Israel“ untersagt worden sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 
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