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Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für eine Grundstückszufahrt
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 00. März 2024 verpflichtet, über den Antrag der Kläger vom 00. Mai 2021 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für eine Grundstückszufahrt zum Grundstück J. I. 00 in E. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu je 25 % und die Beklagte zu 50 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks J. I. 00 in E. (Gemarkung E. , Flur 000, Flurstück 00).
3Die Straße J. I. ist eine unbeschränkt gewidmete Gemeindestraße mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Sie kann von beiden Seiten befahren werden. Das klägerische Grundstück befindet sich an einem ca. 100 m langen Abschnitt der Straße Im I. zwischen den Straßen J. T. und J. I1. , dessen anliegende Grundstücke sämtlich mit Einfamilien(reihen)häusern bebaut sind. Auch der restliche Verlauf der Straße J. I. und die unmittelbar angrenzenden Straßen sind geprägt durch reine Wohnbebauung abgesehen von einer am Anfang der Straße J. I. belegenen Kindertagesstätte (Hausnummer 00), welche sich in gut 100 m Abstand zum klägerischen Grundstück befindet.
4Das klägerische Grundstück ist mit einem Reihenmittelhaus bebaut, welches Bestandteil einer von der Hausnummer 00 bis zur Hausnummer 00 reichenden Reihenhauszeile ist. Während die mit den beiden Reihenendhäusern bebauten Grundstücke mit den Hausnummern 00 und 00 über Garagen neben den Häusern mit zugehörigen Zufahrten verfügen, verfügt (bislang) keines der dazwischenliegenden, mit den Reihenmittelhäusern bebauten Grundstücke über einen Kfz-Stellplatz. Auf gesamter Länge zwischen den beiden Garagenzufahrten ist, gekennzeichnet durch Zeichen 315 der Anlage 3 (zu § 42 Absatz 2) StVO und entsprechende Markierungen, das sog. halbhüftige Parken auf Gehwegen erlaubt. Dabei weisen der Gehweg eine Breite von 2,00 m zuzüglich Bordsteinkante und die Fahrbahn eine Breite von ca. 5,30 m auf. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite dieses Abschnittes der Straße J. I. befinden sich auf einer Länge von gut 40 Metern mehrere nebeneinanderliegende Grundstücke, welche sämtlich über Stellplätze verfügen. Für die Grundstückszufahrten ist auf der gesamten Länge dieser Grundstücke der Bordstein zwischen Fahrbahn und Gehweg abgesenkt mit der Folge eines Parkverbots gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO.
5Unter dem 00. Mai 2021 stellten die Kläger bei der Beklagten einen „Antrag auf Herstellung einer Grundstückszufahrt“ für ihr Grundstück, in dem sie ausführten, ein Elektroauto anschaffen zu wollen und für das Laden eine Stellfläche auf ihrem Grundstück zu benötigen. Ein Elektrofachbetrieb habe bestätigt, dass sie auf ihrem Grundstück eine Wallbox für den Ladestrom installieren lassen könnten. Auf der gewünschten Grundstückszufahrt befänden sich keine Bäume, Laternen, Schächte oder Hydranten. Beigefügt war dem Antrag eine nicht maßstäbliche Skizze, auf der ein zwischen Haus und Gehweg der Straße senkrecht zur Straße angeordneter Stellplatz eingezeichnet war, auf der einen – bei Sicht auf das Haus von der Straße aus rechten – Seite begrenzt durch die Außentreppe zum Haus, auf der anderen – bei Sicht auf das Haus von der Straße aus linken – Seite begrenzt durch einen Grünstreifen mit der Angabe „ca. 100“ – gemeint offensichtlich „ca. 100 cm“. Zur Breite der beantragten Grundstückszufahrt enthielt die Skizze die Angabe „ca. 530“ – gemeint offensichtlich „ca. 530 cm“ entsprechend der gesamten Grundstücksbreite – mit der Erläuterung „Absenkung; z.Zt. Gehwegplatten, ohne Straßeneinrichtungen“.
6Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 00. Mai 2021 ab mit folgender Begründung: Private Stellplätze würden üblicherweise mit einer Regelbreite von 3,00 m (Standardzufahrt) rechtwinklig zum Gehweg angelegt. Dies sei im vorliegenden Fall nicht möglich. Die Überfahrt zum An- und Abfahren könne hier jeweils nur schräg mit Rangierfahrten bei der vorliegenden Grundstücksbreite von ca. 5,40 m inklusive Hauseingang erfolgen. Hierdurch würden die Sichtverhältnisse negativ beeinflusst, was die Verkehrssicherheit für Fußgänger beschränke. Von besonderer Bedeutung sei dies vor allem auch für Rad fahrende Kinder, die bis zum Alter von acht Jahren gemäß den Regelungen der Straßenverkehrsordnung auf dem Gehweg fahren müssten bzw. diesen bis zum Alter von 10 Jahren benutzen dürften. Aus diesem Grunde würden besondere Anforderungen an ausreichende Sichtverhältnisse gestellt, um Gefährdungen im Rahmen des Möglichen zu vermeiden. In den maßgeblichen Planungsregelwerken für Verkehrsanlagen (Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt), Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR)) sei für das Abstellen von Pkw in sog. „Senkrechtaufstellung“, d.h. rechtwinklig zur Fahrbahn, ein Maß von 5,00 m (4,30 Tiefe der Abstellfläche zzgl. 0,70 m Fahrzeugüberhang) anzusetzen. Übertragen auf private Kfz-Abstellflächen bedeute dies, dass auch hier zur Beurteilung ein Maß von 5,00 m rechtwinklig zum öffentlichen Raum anzusetzen sei, um zu vermeiden, dass wesentliche Teile in den öffentlichen Raum hineinragten und hier insbesondere den Fußgängerverkehr behinderten bzw. gefährdeten. Da die vor dem klägerischen Gebäude befindliche Stellplatzfläche lediglich eine Tiefe von ca. 3,80 m aufweise, könne dem Antrag daher auch unter diesem Aspekt nicht entsprochen werden.
7Am 21. Mai 2021 haben die Kläger Klage erhoben.
8Zur Begründung haben sie insbesondere ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten sei nicht etwa ein schräg zum Gehweg angeordneter Stellplatz geplant, sondern, wie sich auch der dem Antrag beigefügten Skizze entnehmen lasse, ein senkrecht zum Gehweg angeordneter Stellplatz. Der Hinweis der Beklagten auf die Planungswerke für Verkehrsanlagen (RASt und EAR) sei nicht einschlägig, weil sich diese Planungswerke nur auf den öffentlichen Raum bezögen. Die von ihnen – den Klägern – favorisierten Fahrzeuge hätten sämtlich eine Länge von unter 3,65 m, die Fläche vor ihrem Haus zugleich eine Länge von 4,00 m, so dass die Forderung der Beklagten erfüllt sei, dass ein Fahrzeug nicht in den öffentlichen Raum hineinragen darf; weder sei hier eine Stellplatzlänge von 5,00 m noch eine Stellplatzbreite von 3,00 m erforderlich. Eine Beeinträchtigung oder gar Gefährdung der Verkehrssicherheit durch die beantragte Grundstückszufahrt sei nicht zu befürchten, insbesondere sei eine Einfahrt in das Grundstück ohne Weiteres ohne größeren Rangieraufwand möglich und durch die geplante Stellplatzanordnung verschlechterten sich auch nicht die Sichtverhältnisse, so dass die Beklagte insoweit von falschen Voraussetzungen ausgehe. Die Antragsablehnung verstoße daher gegen ihre Anliegerrechte aus Art. 14 GG. Desweiteren führe die Antragsablehnung zu einer Einschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches beinhalte, sich nach eigenen Möglichkeiten und Vorlieben ein E-Auto zuzulegen. Ihre Immobilie biete nur diese einzige Möglichkeit, ein E-Auto abzustellen und zu laden. Auch allgemeinpolitisch lasse sich die Entscheidung der Beklagten nicht nachvollziehen, da die Energiewende politisch gewünscht sei und mittels Subventionen unterstützt werde und die Abkehr vom Verbrennungsmotor ein Baustein im Rahmen der Energiewende sei. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite in großer Zahl Grundstückszufahren mit abgesenkten Bordsteinen bestünden. Auch habe die Beklagte – wie sich durch beigefügte Fotos belegen lasse – in dem klägerischen Fall vergleichbaren Konstellationen Grundstückszufahrten genehmigt.
9Die dem ursprünglichen Antrag beigefügte nicht maßstäbliche Skizze haben die Kläger u.a. durch folgende Maßangaben – wobei keine Maßeinheit angegeben war, aber offensichtlich die Maßeinheit cm gemeint war – ergänzt: Für den Stellplatz seien zwei mit Rasensteinen gepflasterte Spuren mit einer Breite von jeweils 50 geplant zuzüglich eines Zwischenraums von 105 – so dass sich eine Gesamtbreite von 205 cm ergibt. Zuzüglich der Breite des Grünstreifens von 100 auf der einen und einer Teilbreite des Hauszugangs von 110 wurde die gesamte Gehwegabsenkungsbreite gekennzeichnet – in der Summe 415 cm. Zu der Resthauszugangsbreite von 115 wurde angemerkt: „evtl. mit absenken“.
10Die Beklagte ist der Klage unter Wiederholung und Vertiefung der Bescheidbegründung entgegengetreten. Dabei hat sie ihre Bescheidannahmen dahin konkretisiert, dass aufgrund der geringen Breite des klägerischen Grundstücks von 5,40 m inklusive Hauseingang ein Stellplatz mit einer Regelbreite von 3,00 m nicht rechtwinklig zur Fahrbahn angelegt werden könne und deshalb der von den Klägern geplante Stellplatz nicht ohne mehrfaches Rangieren auf dem Gehweg angefahren und verlassen werden könne, wobei beim Verlassen aufgrund der Notwendigkeit des Rückwärtsfahrens die erheblich beeinträchtigte Sicht auf den Gehweg hinzukomme. Ergänzend hat die Beklagte ausgeführt, dass selbst eine Stellplatztiefe von 4,00 m angesichts der nach den maßgeblichen Planungswerken für Verkehrsanlagen erforderlichen Grundstückstiefe von 5,00 m bei Weitem nicht ausreichen würde, die begehrte Genehmigung zu erteilen, dass die Stellplätze auf den Grundstücken, welche sich auf der dem klägerischen Grundstück gegenüberliegenden Straßenseite befinden, sämtlich über die erforderliche Tiefe verfügten und dass im Falle der Antragsstattgabe öffentlicher Parkraum entfallen würde.
11Unter dem 19. Juli 2022 hat die Beklagte ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften in Form der „Bewertungskriterien für die Entscheidung zur Genehmigung/Ablehnung einer durch (private) Dritte beantragten Herstellung einer Grundstückszufahrt“ (im Folgenden: „Bewertungskriterien“) erlassen. Der enthaltene Prüfungskatalog wird einleitend ausdrücklich als nicht abschließend bezeichnet; die abschließende Genehmigung oder Ablehnung eines Antrages werde zudem stets im Rahmen einer Einzelfallentscheidung getroffen und unterliege einem Abwägungsprozess auf Grundlage der aktuellen baulichen und verkehrlichen Situation. Herzustellende Grundstückszufahrten in der Folge von Baugenehmigungen gemäß Landesbauordnung NRW seien hiervon nicht betroffen. Nicht relevant für das Ergebnis der Prüfung sei die Antriebsart eines Kraftfahrzeugs (z.B. Fahrzeuge mit ausschließlichem oder unterstützendem Elektroantrieb), da zum einen jederzeit das Kfz gewechselt werden könne und zum anderen die in den Anträgen des Öfteren formulierte „geplante Anschaffung“ eines E-Fahrzeugs nicht geprüft und nachverfolgt werden könne. Als insbesondere Prüf- und Bewertungskriterien werden benannt:
12 Prüfung, inwieweit der Antrag durch die/den Grundstückseigentümer/in gestellt wird,
13 Prüfung, inwieweit die beantragte Grundstückszufahrt für einen neu anzulegenden Stellplatz auf privater Grundstücksfläche in dem Plangebiet eines rechtskräftigen Bebauungsplanes, einer Denkmalbereichssatzung, o.ä. liegen, die ggf. solche Anlagen ausschließen,
14 Prüfung, inwieweit die als privater Stellplatz vorgesehene Fläche die Voraussetzung zur Aufnahme eines Kraftfahrzeuges erfüllt; insoweit heißt es konkret: „Ein Stellplatz muss die Mindestmaße der in den einschlägigen Regelwerken der Verkehrsplanung genannten Werte erfüllen, um ein Kfz aufnehmen zu können, ohne dass mit negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsraum z.B. dadurch, dass Fahrzeugteile auf den Geh- oder Radweg ragen, zu rechnen ist. Zugrunde gelegt wird die Richtlinie für die Anlage von Straßen (RASt 06, Kapitel 4.4). Das aktuell vorhandene Kraftfahrzeug (z.B. „Kleinwagen") der/des Antragstellerin/s ist für die Bewertung nicht relevant, da jederzeit das vorhandene Fahrzeug durch ein anderes, größeres Fahrzeug ersetzt werden kann. Das zu gewährleistende Regelmaß beträgt gem. RASt 06 in der Breite 2,50 m und in der Länge 5,00 m (4,30 m Radstand zzgl. 0,70 m Fahrzeugüberhang). Ein Mindestmaß von 2,30 m Breite und 4,75 m Länge ist im Einzelfall möglich, wenn keine sonstigen Prüf- bzw. Bewertungskriterien einer Genehmigung entgegenstehen. Sind diese Mindestmaße gegeben, ist die Genehmigung einer Grundstückszufahrt in der Standardbreite von 3,00 m möglich.“,
15 Prüfung, inwieweit sichergestellt ist, dass die Zu- und Abfahrt zu einem privaten Stellplatz von der Fahrbahn des öffentlichen Straßenraumes aus rechtwinklig erfolgen kann,
16 Prüfung, inwieweit bereits eine Zufahrt zum betroffenen Grundstück bzw. einer diesem Grundstück zugeordneten Garage vorhanden ist; insoweit heißt es konkret: „Die Genehmigung einer zweiten Grundstückszufahrt hängt davon ab, wie sich die allgemeine Parkraumsituation im engeren und weiteren Umfeld gestaltet. Der Stadt fällt die Aufgabe zu, in adäquatem Maße und entsprechend der verkehrsrechtlichen Widmung der Straße Parkplätze im öffentlichen Verkehrsraum für Jedermann zur Verfügung zu stellen. Hiermit wird nicht zuletzt den allgemeinen Parkplatzerfordernissen der Lieferdienste, Besucher, Pflegedienste, usw. und insbesondere auch der Anwohner, die über keine/n private/n Stellplatz/Garage verfügen, entsprochen. Jede Grundstückszufahrt führt – je nach genauer örtlicher Lage – dazu, dass ein bis zwei Parkplätze im öffentlichen Raum dauerhaft entfallen. Hierdurch werden die v. g. Parkplatzerfordernisse weiter eingeschränkt. Je nachdem wie hoch sich die Parkraumnachfrage im Zuge einer oder mehrerer Inaugenscheinnahmen vor Ort bzw. im umliegenden Wohnquartier darstellt, wird aus v. g. Gründen eine weitere Grundstückszufahrt abgelehnt. Detaillierte Parkraumerhebungen als Bewertungsgrundlage zur Erfassung der Parkraumsituation werden angesichts des hiermit verbundenen Personal- und Zeitaufwandes dabei nicht durchgeführt.“,
17 Prüfung der Genehmigung einer Zufahrt, die insbesondere auch durch Schwerlastverkehr genutzt werden soll.
18Wegen der weiteren Einzelheiten der Bewertungskriterien wird auf Bl. 39 - 40 der Gerichtsakte Bezug genommen.
19Am 00. Februar 2023 fand ein Ortstermin unter der Anschrift der Kläger statt. In diesem wurden durch Messung eine Tiefe des vorderen Teils des klägerischen Grundstücks zwischen Gehweggrenze und Haus von 4,00 m und eine Breite zwischen Außentreppe des Hauseingangs und – bei Sicht aus das Haus von der Straße aus – linker Grundstücksgrenze von 2,86 m ermittelt. Die Kläger haben in dem Ortstermin erklärt, die Stromausbeute der in ihrem Garten befindlichen Photovoltaikanlage mit einer Kollektorfläche von ca. 3 m² für das Laden des E-Autos, welches sie anzuschaffen gedenken würden, nutzen zu möchten. Wegen der weiteren Feststellungen und Erklärungen im Ortstermin wird auf das Terminsprotokoll vom 00. Februar 2023 Bezug genommen.
20Unter dem 00. Februar 2024 hat das Gericht die Beklagte schriftlich darauf hingewiesen, dass die getroffene Ablehnungsentscheidung einer rechtlichen Überprüfung am Maßstab des § 114 VwGO nicht standhalten dürfte und die Kläger einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung über den gestellten Sondernutzungserlaubnisantrag haben dürften.
21Daraufhin hat die Beklagte durch Bescheid vom 00. März 2024 den Bescheid vom 00. Mai 2021 aufgehoben und den Antrag der Kläger auf Herstellung einer Grundstückszufahrt vom 00. Mai 2024 erneut abgelehnt. Zur Begründung hat die Beklagte nunmehr im Kern ausgeführt: Die für den auf dem klägerischen Grundstück geplanten Stellplatz verfügbare größtmögliche Fläche mit einer Länge von 4,00 m entspreche nicht den für den öffentlichen Raum gültigen Richtlinien in Form der RASt und EAR, welche nicht direkt für private Flächen anwendbar seien, jedoch zur Beurteilung der erforderlichen Abmessungen eines privaten Stellplatzes ebenso hilfsweise herangezogen werden könnten wie die Regelungen der Sonderbauverordnung (SBauVO); zwar handele es sich vorliegend nicht um einen notwendigen Einstellplatz, jedoch seien keine Gründe erkennbar, weshalb die in der SBauVO geforderten Abmessungen gänzlich unbeachtlich seien. Aus all diesen Vorgaben ergebe sich eine erforderliche Stellplatztiefe von 5,00 m, um zu vermeiden, dass wesentliche Fahrzeugteile in den öffentlichen Raum hineinragten und hier insbesondere den Fußgängerverkehr behinderten bzw. gefährdeten. Die aktualisierte EAR aus August 2023 korrigiere den Richtwert sogar auf 5,20 m Länge; darin werde der Trend der Autoindustrie zu größeren Fahrzeugabmessungen berücksichtigt und der Stellplatzflächenbedarf vergrößert. Diese Vorgaben zeigten, dass eine Stellplatzlänge von effektiv unter 4,00 m deutlich von den Standardwerten abweiche und somit der mögliche Raum zum Abstellen eines handelsüblichen Pkw zu gering sei; so wiesen z.B. zahlreiche Modelle der sog. Kleinwagen bereits eine Länge von ca. 4 m auf. Auch wenn die Kläger den Erwerb eines Fahrzeugs anstrebten, welches unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabstandes zur Hauswand maximal 3,90 m betragen könne, bzw. über ein solches Fahrzeug bereits verfügten, so befände sich dieses mit dem Heck oder der Front unmittelbar an der Grenze des öffentlichen Gehweges. Bei dem erforderlichen rückwärtigen Ein- oder Ausfahren, bei dem – zusätzlich erschwert durch eine „heckenähnliche Bepflanzung mit z.T. lebensgroßen Bäumen/Heckenpflanzen in den angrenzenden Nachbarvorgärten“ – keine gute Sichtbeziehung zum Gehwegnutzer und fließenden Verkehr aufgebaut werden könne, sei aufgrund der Straßenverhältnisse und schmalen Stellplatzsituation ein Rangiervorgang auf der Straße und mitunter auch auf dem Gehweg hinreichend wahrscheinlich. Da zwischen öffentlichem Gehweg und der Ausfahrt kein bzw. sehr wenig Abstand herrsche, stoße das Fahrzeug direkt in den Gehweg hinein. Dies bedeute eine deutliche Gefährdung von Fußgängern, insbesondere von Kindern, welche bis zur Vollendung des achten Lebensjahres mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fahren sollten und dies darüber hinaus bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres dürften. Da die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Rad fahrenden Kindes i.d.R. über der durchschnittlichen Gehgeschwindigkeit liege, sei das abstrakte Gefährdungspotential hier deutlich erhöht. Im Verhältnis zum klägerischen Grundstück seien die Vorgärten der Grundstücke auf der gegenüberliegenden Straßenseite, für die Grundstückszufahrten genehmigt worden seien, deutlich größer und Rangiervorgänge würden auf die Privatgrundstücke verlagert; auch die Abstände zwischen Fahrzeug und Gehweggrenze seien entsprechend vorhanden, so dass die Fahrzeuge i.d.R. nicht sofort auf den Gehweg führen. Hinzu komme, dass bei einer Zufahrt zum klägerischen Grundstück ein Stellplatz im öffentlichen Raum entfalle, wodurch sich der Parkdruck in der Straße erhöhe; bei einer Ortsbesichtigung am 00. Februar 2024 um 7:40 Uhr seien alle Parkplätze des halbhüftigen Parkens in diesem Straßenabschnitt belegt vorgefunden worden. Soweit die Kläger das Ziel verfolgten, ein E-Auto mit eigenem, mittels Photovoltaikanlage produziertem Strom zu beladen, sei eine solche Möglichkeit nicht geeignet, dem Ziel des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2023) entscheidend Vorschub zu leisten, denn bei dem in § 2 Satz 1 EEG 2023 kodifizierten überragenden öffentlichen Interesse gehe es um solche Vorhaben, welche zur Versorgung der Bevölkerung insgesamt beitragen könnten und nicht etwa um Maßnahmen zur Selbstversorgung von Privatpersonen. Deshalb beeinflusse dieses private Interesse die Abwägung nicht erheblich. Zudem sei die Nutzung des selbstproduzierten Stroms auch ohne den in Rede stehenden Pkw-Stellplatz möglich, indem die Kläger die Möglichkeit hätten, diese „Betankung“ während des Parkens am Straßenrand vor dem Haus vorzunehmen. Voraussetzung hierfür sie die Stellung eines entsprechenden Antrages auf Sondernutzung im Vorfeld, woraufhin die „Betankung“ mittels eines temporären Kabels, das verkehrssicher auf dem Gehweg verlegt werden müsse, erfolgen könne, wobei bei einer entsprechenden Erlaubnis kein expliziter Stellplatz im öffentlichen Bereich ausgewiesen werden könne.
22Nach Ergehen dieses Bescheides haben die Kläger an ihrem Klagebegehren festgehalten. Von der beantragten Sondernutzung gehe keinerlei Gefährdung für den allgemeinen Straßenverkehr aus. Das Erfordernis einer bestimmten Stellplatzgröße lasse sich aus keiner der von der Beklagten herangezogenen Quellen ableiten. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass durch die Sondernutzungserlaubnis ein Stellplatz im öffentlichen Raum entfalle, möge dies annähernd zutreffen, jedoch würde gleichzeitig die Notwendigkeit entfallen, dass die Kläger ihr Fahrzeug im öffentlichen Raum parken müssten.
23Die Kläger beantragen sinngemäß,
24die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 00. März 2024 – soweit bei der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung wörtlich vom 00. März 2024 die Rede gewesen ist, hat es sich angesichts des vom 003. März 2024 datierenden Übersendungsschreibens zum Bescheid vom 00. März 2024 um einen offensichtlichen Bezugsfehler gehandelt – zu verpflichten, die beantragte Sondernutzungserlaubnis in Form einer Grundstückszufahrt für das Grundstück J. I. 00 in E. zu erteilen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Der Kläger zu 2. hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass die geplante Anschaffung eines Elektrokleinwagens zwischenzeitlich erfolgt ist und dass dieses eine Länge von 3,60 m hat sowie über eine Rückfahrkamera verfügt.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage hat in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg.
31Sie ist zulässig, dabei als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, weil das Begehren der Kläger auf die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts, nämlich einer Sondernutzungserlaubnis, gerichtet ist.
32Sie ist nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
33Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO für eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der von den Klägern beantragten Sondernutzungserlaubnis durch das Gericht liegen nicht vollständig vor, weil die Ablehnung dieser Erteilung zwar rechtswidrig ist und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt sind, die Sache jedoch nicht spruchreif ist. Daraus folgt aber zugleich, dass die Voraussetzungen des § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO für die ausgesprochene – als Minus zur Erteilungsverpflichtung vom Klagebegehren mitumfasste – Verpflichtung der Beklagten, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, vorliegen.
34Die fehlende Spruchreife, d.h. die für das Gericht fehlende rechtliche Möglichkeit zu einer abschließenden Entscheidung über die Erteilung des von den Klägern begehrten Verwaltungsakts, beruht darauf, dass dem Beklagten hinsichtlich der Frage, ob den Klägern die begehrte Sondernutzungserlaubnis zu erteilen ist oder nicht, ein Ermessensspielraum zusteht, der nicht soweit reduziert ist, dass die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis als einzig rechtmäßige Möglichkeit verbliebe.
35Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW). Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Erteilung der Erlaubnis liegt im Ermessen der Behörde (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW).
36Die von den Klägern beantragte Herstellung einer Grundstückszufahrt ist eine Sondernutzung, denn weder gehört die Anlage einer Zufahrt von einem Anliegergrundstück zu einer Gemeindestraße innerhalb der Ortsdurchfahrt zum straßenrechtlichen Gemeingebrauch im Sinne des § 14 Abs. 1 StrWG NRW noch wird eine solche Anlage, wenn zur Herstellung der Grundstückszufahrt ein Eingriff in den Straßenkörper erforderlich ist – wenn hier in Form der Absenkung des innerhalb des Straßenkörpers zwischen Grundstück und Fahrbahn befindlichen Hochbord-Gehweges –,vom Straßenanliegergebrauch gemäß § 14a Abs. 1 StrWG umfasst.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2014 – 11 A 1097/12 –, NVwZ-RR 2014, 796 ff. = NWVBl 2015, 73 ff. = juris, Rn. 38 ff.
38Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der Behörde. Als Ermessensentscheidung ist die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur einer eingeschränkten richterlichen Überprüfung zugänglich. Das Gericht prüft ausschließlich, ob die Ablehnung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Von der Prüfung umfasst ist damit insbesondere, ob die Behörde in der Erkenntnis des ihr eingeräumten Ermessens alle zu berücksichtigenden Belange in ihre Erwägung eingestellt hat, dabei von richtigen und vollständigen Tatsachen ausgegangen ist, die Gewichtung dieser Belange der Sache angemessen erfolgt ist und das Abwägungsergebnis vertretbar ist, insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.
39Durch das Erlaubnisverfahren soll sichergestellt werden, dass die für die Ordnung der Benutzung der Straßen zuständigen Behörden von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in zumutbaren Grenzen halten und bei Kollision gleichwertiger Rechtsgüter verschiedener Rechtsträger einen Interessenausgleich schaffen können,
40vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 1987 - 23 B 878/87 -, NVwZ 1988, 269 ff., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 7. Juni 1978 - 7 C 5.78 -, NJW 1978, 1933 f.
41Um den gebotenen Interessenausgleich ermessensgerecht vornehmen zu können, ist eine Abwägung der wechselseitig betroffenen Belange geboten, deren Ergebnis ausschlaggebend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und hierbei insbesondere von dem Maß der Beeinträchtigung der gegenläufigen Rechte und Interessen abhängt. In die Abwägung einzustellen ist auf der einen Seite das Interesse des Sondernutzers an der Durchführung seines Vorhabens mit dem diesem Interesse objektiv beizumessenden Gewicht. Auf der anderen Seite sind die Belange von Bedeutung, deren Schutz der Fürsorge der für die Ordnung der Benutzung der Straßen zuständigen Straßenbaubehörden anvertraut ist. Der Sondernutzung gegenläufig sind in erster Linie verkehrliche Gesichtspunkte; denn bei der Ermessensentscheidung der Straßenbaubehörden geht es vornehmlich darum, Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auszuschließen oder doch in erheblichem Maße zu mindern.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 1987 - 23 B 878/87 -, NVwZ 1988, 269, 270.
43Sind damit als öffentliche Interessen primär verkehrliche Gesichtspunkte von Bedeutung, sind daneben auch sonstige in einem sachlichen Zusammenhang zu der Straße stehende Ordnungsgesichtspunkte berücksichtigungsfähig.
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juli 1994 - 23 A 2163/93 -, und Beschluss vom 8. Juni 2012 – 11 B 694/12 –, NVwZ 2012, 1054 f = NWVBl 2012, 435 f. = juris, Rn. 5.
45Denkbar erscheint, dass entgegen der bislang wohl herrschenden Meinung über öffentliche Belange, die einen sachlichen Bezug der Straße aufweisen, hinaus auch aus der Staatszielbestimmung des Art. 20a Grundgesetz (GG) abgeleitete öffentliche Belange berücksichtigungsfähig sind.
46Eine derartige Berücksichtigungsfähigkeit bejahend Becker, Die Berücksichtigung des Staatsziels Umweltschutz beim Gesetzesvollzug, DVBl 1995, 713; offenlassend unter Referierung des bisherigen Meinungsstandes VG München, Beschluss vom 20. Oktober 2022 – M 28 S 22.3648 –, juris, Rn. 38.
47Ferner können dem Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis im Sinne fehlenden Sachbescheidungsinteresses auch sonstige tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegengehalten werden, wenn feststeht, dass der Antragsteller aus solchen Gründen mit Sicherheit von der Sondernutzungserlaubnis keinen Gebrauch wird machen können.
48Vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl., § 8 Rn. 384, m.w.N.
49In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich keiner der von der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid dem privaten Interesse der Kläger an der Herstellung einer Grundstückszufahrt entgegengehaltenen öffentlichen Belange als gemessen an § 114 Satz 1 VwGO rechtlich tragfähig.
50Der Sondernutzungserlaubnisantrag der Kläger scheitert nicht an fehlendem Sachbescheidungsinteresse.
51Namentlich handelt es sich bei der von der Beklagten als Ablehnungsgrund herangezogenen Erwägung, dass die auf dem klägerischen Grundstück zur Herstellung eines Pkw-Stellplatzes zur Verfügung stehende Fläche von 4,00 m Länge und 2,86 m Breite nicht den Vorgaben des § 125 Abs. 1 Verordnung über Bau und Betrieb von Sonderbauten (Sonderbauverordnung – SBauVO) sowie den Vorgaben der maßgeblichen Planungsregelwerke für Verkehrsanlagen in Form der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt) und der Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR) entspreche, nicht um eine solche, von der anzunehmen wäre, dass die Kläger ihretwegen von der beantragten Sondernutzungserlaubnis mit Sicherheit keinen Gebrauch machen könnten.
52Ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse könnte nur dann angenommen werden, wenn aus den von der Beklagten angeführten Vorschriften bzw. Regelwerken abzuleiten wäre, dass die Errichtung des von den Klägern auf ihrem Grundstück geplanten (privaten) Pkw-Stellplatzes aus baurechtlichen Gründen nicht möglich wäre und die Herstellung einer Grundstückszufahrt demzufolge für sie nutzlos wäre. Dies ist jedoch nicht anzunehmen.
53§ 125 Abs. 1 SBauVO steht der Errichtung des von den Klägern auf ihrem Grundstück geplanten Stellplatz nicht entgegen. Dabei sind Stellplätze gemäß § 2 Abs. 8 Satz 1 BauO NRW Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen dienen. Nur notwendige Stellplätze im Sinne der §§ 48 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, 2 Abs. 1 Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder (StellplatzVO NRW), also aufgrund der Stellplatzpflicht herzustellende Stellplätze, für die gem. § 2 Abs. 8 BauO NRW i.V.m. § 121 SBauVO die Vorschriften des Teils 5 der SBauVO gelten, müssen gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 SBauVO eine Mindestlänge von 5,00 m und darüber hinaus eine bestimmte Mindestbreite haben. Auf andere als notwendige Stellplätze sind die Vorschriften der SBauVO über Mindestmaße von Stellplätzen hingegen nicht anzuwenden; für sie gelten keine gesetzlichen Mindestmaße,
54vgl. VG Köln, Urteil vom 27. September 2017 – 23 K 6034/15 –, juris, Rn. 20.
55Solche Mindestmaße lassen sich auch nicht aus den im Bescheid angeführten sog. Planungsregelwerken für Verkehrsanlagen herleiten.
56Die angeführten Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) betreffen bereits vom Ausgangspunkt her keine Stellplätze im Sinne des § 2 Abs. 8 Satz 1 BauO NRW, denn sie behandeln gemäß den dortigen Ausführungen unter „0 Geltungsbereich und Aufbau“ nicht Abstellflächen für Fahrzeuge außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen, sondern ausschließlich „den Entwurf und die Gestaltung von Erschließungsstraßen sowie angebauter Hauptverkehrsstraßen und anbaufreier Hauptverkehrsstraßen mit plangleichen Knotenpunkten“.
57Die außerdem angeführten Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs existieren seit September 2023 in Form der Ausgabe 2023 (EAR 23), welche die Ausgabe 2005 (EAR 05) abgelöst hat. Sowohl die EAR 23 als auch bereits die EAR 05 behandeln gemäß den dortigen jeweiligen Ausführungen unter „1. Einleitung“ zwar sämtliche Anlagen des ruhenden Verkehrs unter Einschluss solcher Anlagen auf privaten Flächen, die dem Abstellen von Fahrzeugen dienen, jedoch beinhalten sie nicht normative Vorgaben, sondern es handelt sich dabei um (bloße) sachverständige Empfehlungen. Zu ihrem Selbstverständnis heißt es in den EAR 23 wörtlich (und hieß es bereits in den EAR 05 ähnlich lautend): „Die „Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs" (EAR) unterstützen alle am Planungs- und Umsetzungsprozess beteiligten Personen, Institutionen, Behörden sowie politische Gremien Parkflächen benutzungsfreundlich zu planen, zu entwerfen und zu betreiben. Sie gehen deshalb an ausgewählten Stellen über die Mindestanforderungen der Garagenverordnungen der Länder hinaus. (…) Aufgrund regional oder örtlich unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen, verkehrsplanerischer oder städtebaulicher Zielsetzungen und Komplexität erhalten die EAR nicht Antworten auf alle in der Praxis auftretenden Fragen. Konkrete Einzelfälle sind von Fachleuten auf Basis dieser Empfehlung, eigener Sachkenntnis und Erfahrung eigenständig zu bearbeiten. Es ist dabei auf die aktuell gültigen Regelungen und gesetzlichen Vorgaben zu achten.“ Von ihrem Selbstverständnis handelt es sich bei den EAR also gerade nicht um unterschiedslos für sämtliche Fallgestaltungen anzuwendende sachverständige Empfehlungen, sondern sie lassen Raum für abweichende Vorgehensweisen in Abhängigkeit von den konkreten Einzelfallumständen. Auch sie bieten deshalb keine Grundlage für normativ verbindliche Mindestmaße für Stellplätze im Sinne des § 2 Abs. 8 Satz 1 BauO NRW, bei denen es sich nicht zugleich um notwendige Stellplätze im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW handelt. Den Vorgaben der EAR normatives Gewicht im Sinne von baurechtlich verbindlich einzuhaltenden Mindestmaßen für unterschiedslos alle Arten von Stellplätzen beizumessen hieße nämlich, die vom Gesetzgeber geschaffene Differenzierung zwischen notwendigen Stellplätzen und sonstigen Stellplätzen zu ignorieren.
58Dies zeigt gerade auch die durch Veröffentlichung der EAR 23 erfolgte Fortschreibung der EAR im Hinblick auf die Bemessungsfahrzeuge und die von diesen abgeleiteten Parkstandsmaße. Dabei entsprechen die Bemessungsfahrzeuge innerhalb der einzelnen Gruppen in ihren Abmessungen annähernd einem „85 %-Fahrzeug“, um zu gewährleisten, dass durch die Auswahl dieser Fahrzeuge Anlagen für den ruhenden Verkehr durch die weit überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge befahren werden können, hingegen nicht für ein selten auftretendes Maximalfahrzeug bemessen werden. Während das Bemessungsfahrzeug der Gruppe „Personenkraftwagen“ in den EAR 05 noch eine Länge von 4,74 m aufwies, woraus sich unter Berücksichtigung von Schutzabständen von zusammen 0,30 m vor und hinter dem Fahrzeug die Länge eines Senkrechtparkstandes von (gerundet) 5,00 m ableitete, setzen die EAR 23 – der durchschnittlichen Größenentwicklung des Pkw-Bestandes Rechnung tragend – für das Bemessungsfahrzeug dieser Gruppe nunmehr einen Länge von 4,88 m und für den entsprechenden Senkrechtparkstand eine Länge von 5,20 m an. Die Vorgaben der EAR als verbindlich anzusehen, hieße, für Senkrechtparkstände mit Stand der Veröffentlichung der EAR 23 eine Länge von 5,20 m zu fordern. Eine derartige Vorgabe gilt jedoch nicht einmal für notwendige Stellplätze, sondern auch für diese bleibt es gerade dem Normgeber vorbehalten, ob er zukünftig den sachverständigen Empfehlungen der EAR 23 folgt, indem er § 125 Abs. 1 Satz 1 SBauVO dahin ändert, für Stellplätze in Sonderbauten einschließlich notwendiger Stellplätze eine Länge von 5,20 m zu fordern, oder ob er diese Vorschrift trotz der veränderten sachverständigen Empfehlungen unverändert lässt.
59Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht für das Niedersächsische Landesrecht davon ausgeht, dass auch für nicht notwendige Stellplätze dann den Mindestmaßen für notwendige Stellplätze entsprechende Mindestmaße zu fordern sind, wenn der fragliche Einstellplatz erstens faktisch die Funktion eines notwendigen Einstellplatzes erfülle – nämlich den einzigen Einstellplatz am Wohngebäude darstelle – und zweitens auf dem Grundstück räumlich so angeordnet ist, dass seine unzureichende Länge auf Dauer praktisch zwingend zur Inanspruchnahme benachbarten Verkehrsraums führe, weil es dabei angesichts dessen, dass der für den Fußgängerverkehr gewidmete Bürgersteig regelmäßig nicht durch angrenzende Nutzungen mit in Anspruch genommen werden darf, um eine Frage der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 2 Niedersächsische Bauordnung gehe,
60vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1. Dezember 2011 – 1 LA 79/11 –, BRS 78 Nr. 145 = juris, Rn. 14,
61folgt das Gericht dem für das nordrhein-westfälische Landesrecht nicht. Zwar existiert auch im nordrhein-westfälischen Landesrecht mit § 16 Abs. 2 BauO NRW eine Vorschrift, wonach die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch Anlagen oder deren Nutzung nicht gefährdet werden darf. Mindestgrößen für andere Stellplätze als notwendige Stellplätze lassen sich hieraus zur Überzeugung des Gerichts aber nicht ableiten. Sinn und Zweck der Stellplatzpflicht für notwendige Stellplätze ist die Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums von ruhendem Verkehr; der Eigentümer eines Grundstücks soll nicht die öffentlichen Straßen mit dem Abstellen von Kraftfahrzeugen der Bewohner und Benutzer seines Grundstücks belasten und sie insoweit dem fließenden Verkehr zeitweise entziehen,
62vgl. Henke, in Spannowsky/Saurenhaus, BeckOK Bauordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, 17. Edition Stand 1. Februar 2024, § 48 Rn. 22; Johlen in Gädtke, BauO NRW, 14. Aufl., § 48 Rn. 7.
63Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die entsprechenden Pkw-Stellplätze von ihren Maßen her abstrakt geeignet sind, den Großteil am Markt verfügbarer Pkw aufzunehmen, denn soweit die Stellplätze im Einzelfall zu klein sind, können sie nicht benutzt werden und das Ziel der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums von ruhendem Verkehr kann nicht erreicht werden. Besteht hingegen keine gesetzliche Pflicht zur Herstellung eines Stellplatzes, ist kein Bedürfnis erkennbar, durch eine bestimmte Stellplatzgröße abstrakt für den Großteil am Markt verfügbarer Pkw sicherzustellen, dass der öffentliche Verkehrsraum von ruhendem Verkehr entlastet wird. Für einen solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, einem Eigentümer die Errichtung eines kleineren Stellplatzes, der von den Maßen her auch nur für die Aufnahme eines kleineren Pkw geeignet ist, zu untersagen,
64vgl. VG Köln, Urteil vom 27. September 2017 – 23 K 6034/15 –, juris, Rn. 22.
65Selbst wenn es um den einzigen – nicht notwendigen – Stellplatz auf einem Grundstück geht, bindet sich der Eigentümer im Falle der Errichtung eines kleineren Stellplatzes dahin selbst, diesen nur für ein entsprechend kleines Auto nutzen zu können. Der Annahme des Niedersächsisches OVG, dass die geringe Länge eines solchen Stellplatzes auf Dauer praktisch zwingend zur Inanspruchnahme benachbarten – öffentlichen – Verkehrsraums führe, folgt das Gericht nicht, denn es ist keinesfalls zwingend, dass ein Eigentümer, der sich bewusst für die Anschaffung eines entsprechend kleinen Pkw entscheidet, auf Dauer einen größeren Pkw anschafft, sondern die Stellplatzgröße kann gerade auch eine selbstdisziplinierende Wirkung dahin entfalten, sich auf einen Pkw der Größe zu beschränken, die auf den vorhandenen Stellplatz passt, ohne dass – was rechtlich unzulässig wäre – benachbarter öffentlicher Straßenraum mit in Anspruch genommen wird. Ein rechtswidriges Verhalten in Form der Nutzung eines kleinen Stellplatzes durch ein Auto, das so groß ist, dass es auf dem Stellplatz allein keinen Platz findet, sondern in den öffentlichen Straßenraum hineinragt, darf nicht grundlos unterstellt werden, zumal eine derartige theoretische Gefahr selbst im Falle von notwendigen Stellplätzen mit einer Mindestlänge von 5,00 m besteht, denn solche Stellplätze sind zwar für die Aufnahme eines Großteils von Pkw-Fahrzeugtypen geeignet, nicht jedoch für sämtliche Fahrzeugtypen: Waren es bei Veröffentlichung der EAR 05 noch etwa 85 % aller Pkw-Fahrzeugtypen, folgt seit Veröffentlichung der EAR 23 aus der Verlängerung des Bemessungsfahrzeugs des Typs Personenkraftwagen von 4,74 m auf 4,88 m, dass auf einem 5,00 m langen Stellplatz zwischenzeitlich nur noch weniger als 85 % aller am Markt verfügbaren Pkw-Fahrzeugtypen Platz finden. Besonders lange Pkw fanden jedoch von Anfang an auf einem 5,00 m langen Stellplatz keinen Platz bzw. würden – verbotenerweise – in den öffentlichen Straßenraum hineinragen, wenn sie dennoch abgestellt würden. Das Restrisiko der Benutzung des Stellplatzes durch zu lange Pkw besteht also auch bei 5,00 m langen Stellplätzen und betraf bei Veröffentlichung der EAR 05 immerhin bereits 15 % (also 3 von 20) der am Markt verfügbaren Pkw-Typen, inzwischen – durch die mit Veröffentlichung der EAR 23 erfolgte Verlängerung der Länge des Bemessungsfahrzeugs des Typs Personenkraftwagen von 4,74 m auf 4,88 m – sogar noch einen großeren Anteil der am Markt verfügbaren Pkw-Typen. Unabhängig davon, ob ein Stellplatz 5,00 m lang oder kürzer ist, zwingt er seinen Benutzer also zu einer Benutzung mit einem Pkw, der dort Platz findet, ohne in den öffentlichen Straßenraum hineinzuragen.
66Die von der Beklagten als Ablehnungsgrund herangezogene Erwägung, dass der auf dem klägerischen Grundstück verfügbare Raum zum Abstellen eines handelsüblichen Pkw zu gering sei, erweist sich auch nicht aus in einem sachlichen Zusammenhang zu der Straße stehenden Ordnungsgesichtspunkten als gemessen an § 114 Satz 1 VwGO tragfähig.
67Begründet der Ablehnungsgrund, dass die auf dem klägerischen Grundstück zur Herstellung eines Pkw-Stellplatzes zur Verfügung stehende Fläche von 4,00 m Länge und 2,86 m Breite nicht den Vorgaben des § 125 Abs. 1 SBauVO sowie den Vorgaben der maßgeblichen Planungsregelwerke für Verkehrsanlagen in Form der RASt und der EAR entspreche, – wie ausgeführt – kein fehlendes Sachbescheidungsinteresse der Kläger, hat die Beklagte durch dessen Heranziehung jedenfalls zugleich auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten in Form eines Verstoßes gegen das Übermaßverbot.
68Laut den Bewertungskriterien der Beklagten handelt es sich bei dem vorgegebenen Regelmaß für einen Stellplatz von 5,00 m Länge und 2,50 m Breite um einen öffentlichen Belang, dessen Nichterfüllung generell zur Ablehnung eines Sondernutzungsantrages führt. Es wird zwar eine Unterschreitung dieser Maße für im Einzelfall möglich erklärt, allerdings nur bis zum einer absoluten Untergrenze von 4,75 m in der Länge und 2,30 m in der Breite.
69Aus den Bewertungskriterien der Beklagten ergibt sich dabei, dass Ziel der Vorgabe der Mindestmaße gemäß den sog. einschlägigen Regelwerken der Verkehrsplanung für einen Stellplatz die Vermeidung von negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsraum ist z.B. dadurch, dass Fahrzeugteile auf den Geh- oder Radweg ragen. Wie oben dargelegt, besteht das (Rest-)Risiko des Eintritts von negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsraum durch das Hineinragen von Fahrzeugteilen auf den Geh- oder Radweg jedoch auch im Falle von Stellplätzen, die dem vorgegebenen Regelmaß gerrecht werden. Umgekehrt kann die Gefahr der weitverbreiteten Verwirklichung dieses (Rest-)Risikos jedoch gerade nicht angenommen werden, weil damit grundlos ein rechtswidriges Verhalten unterstellt würde. Sollte im konkreten Einzelfall die Befürchtung bestehen, dass das Verbot, ein Fahrzeug von einem privaten Stellplatz in den öffentlichen Straßenraum hineinragen zu lassen, missachtet wird, ließe sich dem durch eine mit einer Sondernutzungserlaubnis verbundene – gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW ausdrücklich zulässige – Auflage, von dieser nur durch ein Fahrzeug mit einer bestimmten Maximallänge Gebrauch machen zu dürfen, begegnen. Bei einer solchen Auflage handelt es sich um ein gegenüber der Vorgabe von Stellplatzmindestmaßen, deren Nichterfüllung zur Ablehnung eines Sondernutzungserlaubnisantrages führt, milderes Mittel zur Zielerreichung. Soweit nicht erkennbar ist, dass es sich bei einer solchen Auflage um ein zur Zielerreichung ungeeignetes Mittel handeln könnte, erweist sich die Ablehnung eines Sondernutzungserlaubnisantrages wegen Nichterfüllung von Stellplatzmindestmaßen als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Denkbar mag die Annahme der Ungeeignetheit einer entsprechenden Auflage etwa erscheinen, wenn Erkenntnisse bestehen, aus denen sich prognostisch ableiten lässt, dass seitens des Sondernutzungserlaubnisantragstellers die konkrete Absicht besteht, den zur Errichtung beabsichtigten Stellplatz mit einem Fahrzeug zu nutzen, das so lang ist, dass es in den öffentlichen Straßenraum hineinragen würde. Dies ist im Falle der Kläger, die von Anfang an konkret angegeben hatten, die Anschaffung eines Kleinwagens mit einer Länge von maximal 3,65 m zu beabsichtigten, und bei denen laut ihren Angaben inzwischen die Anschaffung mit einer sogar noch etwas geringeren Länge von 3,60 m erfolgt ist, jedoch erkennbar nicht der Fall. Angesichts dessen, dass der von den Klägern zur Errichtung beabsichtigte Stellplatz eine Länge von 4,00 m aufweisen soll, verbleiben auf dem Stellplatz gemessen an einem 3,65 m langen Fahrzeug 0,35 m und gemessen an einem 3,60 m langen Fahrzeug sogar 0,40 m, die zusammen vor und hinter dem Fahrzeug als Abstand zur Hauswand einerseits und zum öffentlichen Straßenraum andererseits zur Verfügung stehen. Dies ist sogar mehr als das Maß von 0,26 m, welches von den EAR 05 ausgehend von einer Bemessungsfahrzeuglänge von 4,74 m und einer Parkstandslänge von 5,00 m für Schutzabstände vor und hinter dem Fahrzeug zugrundegelegt wurde. Würde den Klägern im Falle der Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis zur Auflage gemacht, diese nur mit einem Fahrzeug von maximal 3,65 m zu nutzen, könnte damit in einer die Kläger weniger als eine Ablehnung des Sondernutzungserlaubnisantrages belastenden Art und Weise dem von der Beklagten geltend gemachten Risiko des Eintritts von negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsraum durch das Hineinragen von Fahrzeugteilen auf den Gehweg begegnet werden.
70An diesem Ergebnis ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid als zusätzliches – vermeintlich einzelfallbezogendes – Argument, ins Feld führt, bei Annahme eines Sicherheitsabstandes zwischen Haus und Fahrzeug von 0,10 m verringere sich die nutzbare Stellplatzfläche auf 3,90 m, so dass sich, wenn die Kläger den Erwerb eines Fahrzeuges mit entsprechenden Abmessungen anstrebten bzw. über ein solches bereits verfügten, das Fahrzeug mit dem Heck bzw. mit der Front unmittelbar an der Grenze des öffentlichen Gehweges befände und somit das Fahrzeug beim Ausfahren direkt in den Gehweg hineinstoße, wodurch keine gute Sichtbeziehung zum Gehwegnutzer und fließenden Verkehr aufgebaut werden könne, was eine deutliche Gefährdung des Fußgängers, insbesondere von ggf. auf dem Gehweg radfahrenden Kindern, bedeute. Hierdurch unterscheide sich die Situation auf dem klägerischen Grundstück von den Gegebenheiten auf den Grundstücken auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo die Vorgärten deutlich größer seien, so dass die Fahrzeuge i.d.R. nicht sofort auf den Gehweg führen.
71Zum einen geht die Beklagte insoweit von unrichtigen Tatsachen aus, indem sie die Benutzung des Stellplatzes mit einem 3,90 m langen Fahrzeug und damit das unmittelbare Angrenzen des Fahrzeuges an den öffentlichen Straßenraum während des Parkens auf dem privaten Stellplatz unterstellt, wofür angesichts der von Anfang an geplanten Anschaffung eines Fahrzeugs von maximal 3,65 m Länge und der nunmehr nach eigenen Angaben realisierten Anschaffung eines Fahrzeugs von 3,60 m Länge jedoch keine Veranlassung besteht.
72Gänzlich ungeachtet dessen ist aber viel entscheidender, dass für das Gericht nicht nachvollziehbar ist, welche sicherheitsrelevante Auswirkung die Länge des Stellplatzes auf die Sichtverhältnisse und damit auf die Verkehrssicherheit insbesondere von Fußgängern und Radfahrern auf dem Gehweg im Zuge des rückwärtigen Ausparkvorgangs von einem unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Stellplatz überhaupt haben soll. Eine mögliche Geährdung von Verkehrsteilnehmern im öffentlichen Verkehrsraum realisiert sich (erst) im Moment des Ausfahrens vom Privatgrundstück in den öffentlichen Verkehrsraum. In diesem Moment des rückwärtigen Ausfahrens in den öffentlichen Straßenraum hat der Pkw-Fahrer demnach allerhöchste Sorgfalt walten zu lassen, insbesondere nötigenfalls anzuhalten, um sich dessen zu vergewissern, dass keine Fußgänger oder Radfahrer gefährdet werden. Dass die Frage, eine wie lange Wegstrecke der Pkw-Fahrer bis zu diesem entscheidenden Moment, in dem nötigenfalls anzuhalten ist, bereits rückwärts auf dem Privatgrundstück zurückgelegt hat, auf diese Gefährdungssituation einen Einfluss haben könnte, erschließt sich dem Gericht nicht. Vielmehr kommt es aus gerichtlicher Sicht entscheidend darauf an, ob in diesem entscheidenden Moment des Ausfahrens unabhängig davon, ob das Fahrzeug zuvor bereits unmittelbar an den öffentlichen Straßenraum angrenzend geparkt war oder ob bis zum Erreichen der Grenze zum öffentlichen Straßenraum zunächst eine wie auch immer lange Wegstrecke zurückzulegen war, aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mögliche Sichtbehinderungen für den Fahrer in Richtung öffentlichen Straßenraum bestehen. Das Gericht geht deshalb beim Abstellen auf die Stellplatzlänge für die von der Beklagten vorgenommene Beurteilung möglicher Verkehrsgefährdungen im öffentlichen Straßenraum von einem sachwidrigen und damit ermessensfehlerhaften Kriterium aus.
73Soweit die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid sinngemäß als weiteres Argument dafür, dass im Zuge des rückwärtigen Ausparkvorgangs vom klägerischen Grundstück die Sicherheit des Verkehrs im öffentlichen Verkehrsraum dadurch gefährdet wird, dass keine gute Sichtbeziehung zum Gehwegnutzer und fließenden Verkehr aufgebaut werden kann, anführt, dass die angrenzenden Nachbarvorgärten eine heckenähnliche Bepflanzung mit z.T. lebensgroßen Bäumen/Heckenpflanzen aufwiesen, handelt es sich um ein solches Argument, welches das Gericht nach dem soeben Ausgeführten für im Sinne des Abstellens auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten vom Ansatz her jedenfalls nicht sachwidrig für die Beurteilung der möglichen Gefährdung der Sicherheit des öffentlichen Verkehrs hält. Allerdings leidet die Ermessensausübung der Beklagten insofern in einem zur Rechtswidrigkeit führenden Maße an einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung bzw. Sachverhaltsbetrachtung, was dazu führt, dass das Ausmaß des möglichen Gefährdungspotentials sowie die Frage, ob auch insoweit die Versagung der beantragten Sondernutzungserlaubnis gegen das Übermaßverbot verstößt, nicht beurteilt werden können.
74Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Herstellung einer Grundstückszufahrt denklogisch in jedem Fall mit einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs verbunden ist. Dies gilt insbesondere für den Verkehr auf Gehwegen, und zwar sowohl den Fußgängerverkehr als auch den (erlaubten) Radfahrerverkehr. Die Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs insbesondere auf Gehwegen gänzlich vermeiden zu wollen, würde bedeuten, keine einzige Sondernutzungserlaubnis für eine Grundstückszufahrt, für die es einer Gehwegüberfahrt bedarf, genehmigen zu dürfen. Dies entspricht erkennbar nicht der Realität, so dass es darauf ankommen muss, das spezifische Gefahrenpotential im Einzelfall und damit das diesem zukommende Gewicht zu ermitteln, um dieses mit den privaten Belangen des Sondernutzungserlaubnisantragstellers abhängig von dem diesen wiederum zukommenden Gewicht abwägen zu können.
75Hieran fehlt es im streitgegenständlichen Bescheid, indem zwar die vorhandene Bepflanzung als mögliches die Sichtverhältnisse beeinträchtigendes Sicherheitsrisiko identifiziert, aber nicht spezifiziert wird.
76Das Gericht geht davon aus, dass nach den Gesetzen der Geometrie im entscheidenden Moment des rückwärtigen Ausfahrens vom Privatgrundstück in den öffentlichen Verkehrsraum die Gefährdung von im Straßenraum befindlichen Verkehrsteilnehmern um so geringer ist, je größer auf beiden Seiten das Sichtdreieck vom Fahrzeugführer nach hinten hin ist. Umgekehrt betrachtet ist also die abstrakte Gefährdungslage umso größer, je kleiner auf beiden Seiten das Sichtdreieck ist. Naheliegend ist aus gerichtlicher Sicht daher die behördliche Feststellung der konkreten Größen der vorhandenen beiden Sichtdreiecke, um hieraus das konkret vorhandene abstrakte Gefährdungspotential abzuleiten.
77Vgl. zu Unfallsituationen des Rad- und Fußverkehrs an Grundstückszufahrten auch Schüller/Plesker/ Bärwolff/Schreiber, Unfallrisiko Parken für schwächere Verkehrsteilnehmer (Forschungsbericht Nr. 66 des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.), S. 185 f.
78Unabhängig davon, ob man diesem Ansatz folgt oder nicht, fehlt es im streitgegenständlichen Bescheid jedenfalls an einer nachvollziehbaren, den konkreten örtlichen Gegebenheiten Rechnung tragenden Spezifizierung des sich durch die Sichtverhältnisse ergebenden Gefährdungspotentials. Soweit in dem Bescheid davon die Rede ist, dass „die angrenzenden Nachbarvorgärten eine heckenähnliche Bepflanzung mit z.T. lebensgroßen Bäumen/Heckenpflanzen aufweisen“, ist bereits die Relevanz dessen für die bei Sicht von der Straße auf das klägerische Haus rechten Seite des geplanten Stellplatzes nicht ersichtlich, denn diese Seite grenzt weder unmittelbar an ein Nachbargrundstück noch wird sie von Bepflanzung begrenzt, sondern von der Außentreppe zum Haus. Ob durch diese vom Stellplatz aus eine Sichtbeeinträchtigung in Richtung Straße ausgeht und wenn ja in welchem Maße, wurde im Bescheid nicht gewürdigt. Für die andere – bei Sicht auf das klägerische Haus von der Straße aus linke – Seite des geplanten Stellplatzes trifft der Bescheidbefund zwar zu, dass sich dort Baum- bzw. Heckenbepflanzung befindet. Es fehlen jedoch im Bescheid Feststellungen zum Abstand zum geplanten Stellplatz, aus dem sich sodann die Größe des anzunehmenden Sichtdreiecks ergibt. Von letzterem dürfte das anzunehmende Gefährdungspotential für den öffentlichen Verkehrsraum abhängen. Da nicht anzunehmen ist, dass die Beklagte ausschließlich Sondernutzungserlaubnisse für Grundstückszufahrten erteilt, in denen gänzlich uneingeschränkte Sichtverhältnisse bestehen, dürfte die Beklagte insoweit im Rahmen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung darzulegen haben, welches Gefährdungspotential sie in vergleichbaren Fällen in Kauf nimmt bzw. ab welchem Punkt der Verengung des Sichtdreiecks sie eine kritische Grenze für überschritten ansieht. Sollte bei den im konkreten Fall der Kläger bestehenden Sichtverhältnissen eine solche kritische Grenze überschritten sein, dürfte sich wiederum die Frage stellen, ob gegenüber einer Antragsablehnung nicht ein milderes, zur Zielerreichung in gleicher Weise geeignetes Mittel in Frage kommt. Auch hier lässt sich wieder an das Mittel der Verbindung der Sondernutzungserlaubnis mit einer Auflage denken. In Betracht kommen könnte die Auflage, Sichtdreiecke mit bestimmten Maßen von Bebauung und Bepflanzung zu befreien und dauerhaft frei zu halten und dies erforderlichenfalls, sollte hiefür die (Mit-)Inanspruchnahme eines Nachbargrundstücks erforderlich sein, durch eine Grunddienstbarkeit gemäß § 1018 BGB dinglich absichern zu lassen. Auch an die Auflage, von der Sondernutzungserlaubnis nur mit einem Fahrzeug, welches über eine Rückfahrkamera verfügt, Gebrauch machen zu dürfen, könnte je nach Umständen des Falles zu denken sein.
79Soweit im streitgegenständlichen Bescheid sinngemäß ein weiteres Sicherheitsrisiko darin gesehen wird, dass aufgrund der Straßenverhältnisse und schmalen Stellplatzsituation bei den Ein- und Ausfahrmanövern ein Rangiervorgang auf der Straße und mitunter auch auf dem Gehweg hinreichend wahrscheinlich erscheine, ist dies für das Gericht angesichts einer Fahrbahnbreite von ca. 5,30 m und einer Gehwegbreite von ca. 2,00 m zuzüglich Bordsteinkante nicht nachvollziehbar. Angesichts des Erfordernisses eines durchschnittlichen halben Pkw-Wendekreises von 5,50 m,
80vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2019 – 3 C 7/17 –, BVerwGE 164, 253 ff. = juris, Rn. 29; Figgener in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 12 StVO Rn. 47,
81zum Einfahren in und Ausfahren aus einer Grundstückszufahrt, der hier fast schon auf der Fahrbahn allein zur Verfügung steht, zumal auf der dem klägerischen Grundstück gegenüberliegenden Straßenseite wegen der dort vorhandenen Grundstückszufahrten und Bordsteinabsenkungen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 bzw. Nr. 5 StVO das Parken verboten ist, und demnach allenfalls eine geringfügige zusätzliche Inanspruchnahme des Gehweges für das Einbiegemanöver erforderlich ist,
82vgl. zur Einbeziehung der für ein Ein- und Ausfahren nutzbaren Fläche eines vor der Grundstückszufahrt verlaufenden Gehwegs in die Bewertung BVerwG a.a.O., Rn. 32,
83sieht das Gericht für die Wahrscheinlichkeit von gefahrerhöhenden Rangiervorgängen keine plausible Grundlage. Im Übrigen dürfte angesichts der Rechtsprechung, nach der ein mäßiges Rangieren zur Erreichung eines Grundstücks mit Blick auf die zunehmende Parkraumnot als zumutbar erachtet wird, ein „schwieriges Rangieren“ hingegen nicht mehr,
84vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 27, m.w.N.,
85aus dem Erfordernis eines mäßigen Rangierens zur Erreichung eines Grundstücks kein erhebliches Gefährdungspotential für andere Verkehrsteilnehmer abzuleiten sein können.
86Auch durch die Heranziehung des öffentlichen Belangs des Entfallens eines Stellplatzes im öffentlichen Raum für den Fall der Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis im streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, weil sie hierdurch in gleichheitswidriger Weise gegen die Vorgaben in ihren Bewertungskriterien verstoßen hat. In den ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften in Form ihrer Bewertungskriterien macht die Beklagte die Genehmigung einer Grundstückszufahrt nämlich nur dann von der Parkraumsituation im engeren und weiteren Umfeld abhängig, wenn es sich um eine „zweite“ bzw. eine „weitere“ Grundstückszufahrt handelt. Damit ist aus den Bewertungskriterien der Umkehrschluss abzuleiten, dass für die Frage der Genehmigung einer ersten Grundstückszufahrt die Parkraumsituation im engeren oder weiteren Umfeld gerade keine Rolle spielt. Dies hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid gänzlich unberücksichtigt gelassen. Selbst wenn ihre Verwaltungspraxis dahin gehen sollte, dass im Einzelfall auch im Falle einer ersten Grundstückzufahrt ausnahmsweise die Parkraumsituation berücksichtigt werden kann, hätte es jedenfalls diesbezüglicher Darlegungen zur Ermessensausübung unter Begründung der die Ausnahme begründenden Umstände bedurft, woran es im Bescheid fehlt. Darüber hinaus erscheint die Feststellung eines erhöhten Parkdrucks in der Straße J. I. unsubstantiiert. Soweit davon die Rede ist, dass bei einer Ortsbesichtigung am 00. Februar 2024 um 7:40 Uhr alle Parkplätze des halbhüftigen Parkens in dem Straßenabschnitt, in dem das klägerischen Grundstück liegt, belegt vorgefunden worden seien, dürfte zu berücksichtigen sein, dass es sich um eine Uhrzeit handelt, zu der typischerweise eine Belegung der Parkstände überwiegend oder ausschließlich durch Anwohner zu erwarten sein dürfte, es sei denn, die Beklagte hätte konkrete Erkenntnisse dazu, dass auf dem entsprechenden Straßenabschnitt zu dieser Uhrzeit auch (bereits) auswärtiger Parksuchverkehr herrscht, etwa verursacht durch die am Anfang der Straße befindliche Kindertagesstätte. Sollten entsprechende Erkenntnisse nicht bestehen und auch im weiteren Laufe des Tages kein erhöhter Parkdruck durch auswärtigen Parksuchverkehr feststellbar sein, dürfte zumindest zu würdigen sein, dass durch die Herstellung eines privaten Stellplatzes auf dem klägerischen Grundstück zwar ein Stellplatz im öffentlichen Straßenraum entfallen würde, zugleich aber auch der bisherige Bedarf der Kläger für einen solchen Stellplatz entfallen würde.
87Hat die Beklagte also bereits im Rahmen sämtlicher von ihr herangezogenen öffentlichen Belange, die sie dem privaten Interesse der Kläger an der Herstellung einer Grundstückszufahrt entgegengehaltenen hat, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, kommt noch hinzu und führt darüber hinaus zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides, dass die Beklagte das private Interesse der Kläger an der Durchführung ihres Vorhabens nicht mit dem diesem objektiv beizumessenden Gewicht in die Abwägung eingestellt hat.
88Das spezifische private Interesse der Kläger an der Herstellung einer Grundstückszufahrt ist im vorliegenden Fall dadurch geprägt, dass diese Grundstückszufahrt zur Erreichung eines privaten Stellplatzes dienen soll, der nicht allein den Zweck hat, den Pkw auf dem Privatgrundstück abstellen zu können – was dem Normalfall entsprechen dürfte –, sondern den zusätzlichen Zweck hat, dass dort die Batterie des Pkw, bei dem es sich um ein E-Auto handelt, mit elektrischem Strom geladen werden soll. Es lassen sich damit zwei spezifische private, über den Normalfall hinausgehende und damit als mit besonderem Gewicht versehen zu würdigende Interessen ausmachen: Zum ersten das Interesse an einem gesichert zur Verfügung stehenden Ladeplatz für das E-Auto, was im Falle des Angewiesenseins auf eine öffentliche Ladestelle gerade nicht gegeben ist. Zum zweiten das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung des eigenen Haushaltsstroms zum Laden, womit gegenüber dem Angewiesensein auf eine öffentliche Ladestelle ein erheblicher Kostenvorteil verbunden ist, der sich im Falle der Verfügbarkeit von selbst erzeugtem und selbst genutztem Photovoltaikstrom – wie im Falle der Kläger – noch einmal erhöht. Es dürfte u.U. für die Wirtschaftlichkeit der Nutzung eines E-Autos entscheidend sein, ob privater Haushaltsstrom oder sogar selbsterzeugter Photovoltaikstrom zum Laden zur Verfügung steht, oder ob eine Angewiesenheit auf demgegenüber in der Regel deutlich teureren Strom von öffentlichen Ladestellen besteht. Dieses spezifische private Interesse der Kläger hat die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung erst gar nicht erkannt, so dass sie es auch nicht in eine Abwägung mit entgegenstehenden öffentlichen Belangen einstellen konnte. Stattdessen hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid die Frage aufgeworfen und im Ergebnis verneint, ob das Interesse der Kläger, ihr Auto mit mittels Photovoltaikanlage selbst produziertem Strom zu beladen, gemessen an § 2 EEG 2023 im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung besonders zu gewichten ist. Abgesehen von der Frage der tatbestandlichen Anwendbarkeit des § 2 Satz 1 EEG 2023 begründet diese Vorschrift aber gerade kein privates Interesse, um das es hier allein geht, sondern ein (überragendes) öffentliches Interesse, welches gemäß Satz 2 der Vorschrft als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden soll. Auch die dem gesamten EEG 2023 zugrundeliegende Verfassungsnorm des Art. 20a Grundgesetz (GG), nach der der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung schützt, begründet keine subjektiven Rechte,
89vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18 u.a.–, BVerfGE 157, 30 ff., Rn. 112.
90In der Sache hat die Beklagte damit in das private Interesse der Kläger, das sie im Rahmen der Abwägungsentscheidung zwingend hätte würdigen müssen, ein mögliches öffentliches Interesse hineingelesen und im Kern nur Letzteres abgewogen. Das tatsächlich bestehende, mit seinem Bedeutungsgehalt oben umschriebene besondere private Interesse der Kläger an der Herstellung der Grundstückszufahrt hat sie hingegen weitgehend verkannt. Lediglich im letzten Absatz des streitgegenständlichen Bescheides hat die Beklagte das spezifisch private Interesse der Kläger an einem E-Auto-Ladeplatz auf ihrem Grundstück mit Zugriff auf selbsproduzierten Photovoltaik-Strom zumindest gestreift und dabei als Alternative zur Beladung auf dem eigenen Stellplatz die Möglichkeit der Beladung durch Parken des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenraum am Straßenrand vor dem Haus mittels eines verkehrssicher auf dem Gehweg verlegten Kabels, wobei hierfür eine eigenständige Sondernutzungserlaubnis erfoderlich sei, im Rahmen derer jedoch kein expliziter Stellplatz im öffentlichen Bereich ausgewiesen werden könne, aufgezeigt. Damit greift die Beklagte ein Argument auf, das bereits das OVG NRW als eines von mehreren zur Verneinung eines Anspruchs auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis angeführt hatte,
91vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2017 – 11 A 2758/15 –, NVwZ-RR 2018, 296 ff. = juris, Rn. 21.
92Aus der Verneinung eines Anspruchs auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnnis folgt jedoch nicht, dass ein bestehender (besonderer) privater Belang erst gar nicht mit dem ihm objektiv zukommenden Gewicht in die durchzuführende Abwägungsentscheidung einzustellen wäre. Es bleibt also der im Einzelfall vorzunehmenden Abwägungsentscheidung vorbehalten, ob der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für eine Grundstückszufahrt entgegenstehende öffentliche Belange bestehen, die derart gewichtig sind, dass sie das (besondere) priate Interesse an der Schaffung eines privaten Stellplatzes, auf dem die gesicherte Möglichkeit der Beladung mit gegenüber einem öffentlichen Ladeplatz kostengünstigeren Strom besteht, überwiegt. Dabei darf nicht übersehen werden und ist entsprechend zu würdigen, dass die gesicherte Verfügbarkeit eines Ladeplatzes bei der von der Beklagten aufgezeigte Alternative, wie von ihr selbst betont, nicht bestehen würde. Auch erscheint fraglich, ob insbesondere angesichts der Vorgabe des § 18 Abs. 1 Satz 4 StrWG NRW, wonach eine Erlaubnis nicht erteilt werden soll, wenn Menschen mit Behinderung durch die Sondernutzung in der Ausübung des Gemeingebrauchs erheblich beeinträchtigt werden, für die Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für die Verlegung eines Ladekabels über den Gehweg überhaupt rechtssicher zu erlangen ist,
93vgl. zu diesem Aspekt VG Frankfurt, Urteil vom 18. Februar 2022 – 12 K 540/21.F –, juris.
94In der Folge wird die Beklagte im Rahmen einer zu treffenden Neuentscheidung über den klägerischen Sondernutzungserlaubnisantrag zunächst das mit seinem Bedeutungsgehalt oben umschriebene besondere private Interesse der Kläger an der Herstellung der Grundstückszufahrt überhaupt in die Ermessensentscheidung einzustellen haben. Sollte sie diesem öffentliche Belange entgegenhalten wollen, wird sie diese zunächst rechtsfehlerfrei zu identifizieren und alle hierzu ggf. erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen haben. Letzteres gilt insbesondere für mögliche Sicherheitsbedenken bezogen auf das rückwärtige Ausfahren vom klägerischen Grundstück in den öffentlichen Verkehrsraum. Bei sämtlichen denkbaren öffentlichen Belangen wird die Beklagte zu erwägen haben, ob gegenüber der Erlaubnisversagung nicht ein milderes, gleichfalls zur Zweckerreichung geeignetes Mittel zur Verfügung steht, namentlich in Form von Nebenbestimmungen nach § 18 Abs. 2 Satz 2 StrWG NRW.
95Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Dabei geht Gericht davon aus, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des klägerischen Antrages auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis einem hälftigen Klageerfolg gegenüber der beantragten Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis entspricht.
96Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
97Rechtsmittelbelehrung:
98Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
99Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
100Die Berufung ist nur zuzulassen,
1011. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1022. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1033. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1044. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1055. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
106Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
107Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
108Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
109Beschluss:
110Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
111Rechtsmittelbelehrung:
112Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
113Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
114Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
115Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt.
116War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.