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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Der am 00.0. 0000 geborene Kläger war Inhaber eines Jagdscheins (Register-Nr. N01), den der Beklagte ihm zuletzt für den Zeitraum vom 0. April 0000 bis zum 00. März 0000 verlängert hatte.
3Er wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts V. vom 00. Juli 0000 (000 Js 0000/20 00 Cs 000/20) gemäß §§ 53, 25, 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB, §§ 150, 369, 370 Abs. 1 Nr. 1, 180 AO, §§ 14c, 18 UStG, § 25 EStG zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
4Am 16. Februar 2022 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Verlängerung des Jagdscheins für den Zeitraum vom 0. April 0000 bis zum 00. März 0000. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 5. April 2022 unter Bezugnahme auf die Verurteilung darauf hin, dass er beabsichtige, die Erteilung des Jagdscheins zu versagen und gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.
5Mit Schreiben vom 21. Juli 2022 nahm der Kläger hierzu Stellung und machte im Wesentlichen geltend, dass die abgeurteilten Straftaten schon im Jahr 2011 begangen worden seien. Es gebe Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 WaffG, nach der sehr lange zurückliegende Taten keine Unzuverlässigkeit begründen würden, wenn sich der Betroffene seither straffrei geführt habe. Aus denselben Erwägungen sei es im Rahmen von § 5 Abs. 1 WaffG notwendig, sich über die absolute Unzuverlässigkeit für zehn Jahre ab der Rechtskraft der Verurteilung hinwegzusetzen. Denn nicht die Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung, sondern die Straftat gebe den Anlass für die in die Zukunft gerichtete Unzuverlässigkeitsprognose. Die aus Gründen der Gefahrenabwehr vermutete absolute Unzuverlässigkeit von 10 Jahren verliere ihren Sinn, wenn sie nicht zeitnah an die Straftat anknüpfe. Angesichts ausgedehnter strafrechtlicher Fristen für die absolute Verjährung und der langen Dauer von Ermittlungs- und Strafverfahren müsse man sich im Extremfall wegen einer im jungen Erwachsenenalter begangenen Straftat sein gesamtes Jägerleben hindurch vor den Folgen einer zehnjährigen Sperrfrist fürchten. Eine weit in der Vergangenheit liegende Straftat vermöge auch kaum noch von der waffen- und jagdrechtlichen Unzuverlässigkeit zu zeugen. Dies gelte insbesondere dann nicht, wenn der Jäger – wie hier – seit Tatbegehung ohne Grund zur Beanstandung weitergejagt habe und mit Waffen umgegangen sei. Er habe in den mehr als 11 Jahren seit Tatbegehung hinlänglich belegt, dass er nicht waffenrechtlich unzuverlässig sei.
6Mit Bescheid vom 22. September 2022 lehnte der Beklagte den Antrag auf Verlängerung des Jagdscheins ab.
7Hiergegen hat der Kläger hat 19. Oktober 2022 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf Verlängerung des Jagdscheins zu. Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, die jagd- bzw. waffenrechtlichen Vorschriften, nach denen er für die Dauer von zehn Jahren nach Rechtskraft seiner strafgerichtlichen Verurteilung zwingend als unzuverlässig anzusehen sei, würden die Allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG einschränken und dabei gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, weil sie keine Ausnahmen für Sonderfälle – insbesondere für weit in der Vergangenheit liegende Verfehlungen – vorsähen. Der Jagdscheinbewerber solle seine Charakterfestigkeit zehn Jahre lang beweisen. Wenn die Bewährungszeit jedoch bereits bei Rechtskraft des Strafurteils annähernd und zur Zeit der letzten Behördenentscheidung gänzlich beanstandungsfrei verstrichen sei, weil die Anlasstat schon (mehr als) zehn Jahre zurückliege, könne er nicht weitere zehn Jahre auf den Prüfstand gestellt werden. In seinem Fall habe Regelung zur Folge, dass seine Wohlverhaltenszeit erst im Jahr 2030 ende. Hiergegen könne man auch nicht überzeugend anführen, dass jeder Täter die Zeit bis zur Rechtskraft verkürzen könne, indem er die Strafbarkeit eingestehe oder gegen eine Verurteilung in der 1. Instanz nicht vorgehe; beides lasse die Rechte eines Angeklagten außer Acht. Im Übrigen könne sich nur derjenige wohlverhalten, der auch die Möglichkeit zum Verstoß habe. In den 11 Jahren, die zwischen der Begehung der Straftaten bis zur Versagung des Jagdscheins vergangen seien, habe er sich besonders überzeugend bewährt, denn er habe untadelig gewaidwerkt. Er verliere – über die Allgemeine Handlungsfreiheit hinaus – auch die Befugnis, Pächter eines Jagdreviers zu sein und darüber hinaus auch das Bedürfnis für seine Waffenbesitzkarten und damit sämtliche Waffen. Insofern werde auch sein Eigentumsrecht aus Art. 14 GG eingeschränkt.
8Der Kläger beantragt,
9den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22. September 2022 zu verpflichten, ihm mit sofortiger Wirkung einen bis zum 00. März 0000 befristeten Jagdschein zu erteilen.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er ist der Auffassung, der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der Erteilung des begehrten Jagdscheins stehe zwingend entgegen, dass die Unzuverlässigkeit des Klägers angesichts seiner strafgerichtlichen Verurteilung bis zum 25. August 2030 unwiderleglich vermutet werde.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet.
16Der Versagungsbescheid des Beklagten vom 22. September 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten; der geltend gemachte Anspruch auf Verlängerung seines Jagdscheins steht ihm nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bundesjagdgesetzes (BJagdG) in der Fassung der zuletzt durch Art. 291 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geänderten Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849) ist der Jagdschein solchen Personen zu versagen, die die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Fehlen dabei die Zuverlässigkeit oder die körperliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 des Waffengesetzes (WaffG) vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970), zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), darf gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nur ein Falknerjagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG erteilt werden.
18Gemessen daran war der Beklagte rechtlich gehindert, dem Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Jagdscheins zu entsprechen. Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung fehlte dem Kläger die für die Erteilung der Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 BJagdG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) WaffG.
19Nach diesen Bestimmungen besitzen Personen die notwendige jagdrechtliche Zuverlässigkeit nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind.
20Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Kläger wurde durch Strafbefehl durch das Amtsgericht V. verurteilt. Ein im schriftlichen Verfahren ergangener rechtskräftiger Strafbefehl steht einem aufgrund einer Hauptverhandlung ergangenen rechtskräftigen Urteil nämlich gleich (§ 410 Abs. 3 StPO). Die Verurteilung erfolgte wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen und damit einer Vorsatztat. Der Strafausspruch weist eine auf Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr auf und ist seit dem 25. August 2020 rechtskräftig. Bei Erlass des Versagungsbescheides vom 22. September 2022 war mithin die zehnjährige Frist des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) WaffG noch nicht verstrichen.
21Die Versagungsentscheidung des Beklagten vom 22. September 2022 konnte auch auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 BJagdG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) WaffG gestützt werden. Die gegen die Vorschriften geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Insbesondere verstoßen die Vorschriften nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
22Durch die in § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) WaffG enthaltene Versagungsregelung wird die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit nicht verletzt. Sie wird durch die Vorschriften formell und materiell wirksam eingeschränkt, ohne dass sie in ihrem Wesensgehalt im Sinne des Art. 19 Abs. 2 GG angetastet wäre. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist unbeschadet der Normierung einer unwiderleglichen Regelvermutung nicht zu erkennen.
23So auch OVG NRW, Beschluss vom 6. April 2005 – 20 B 155/05 –, juris, Rdnr. 14.
24Dem Gesetzgeber steht bei der Einschätzung von Gefahren, die der Allgemeinheit drohen, und bei der Beurteilung der Maßnahmen, die ihrer Verhütung und Bewältigung dienen sollen, ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, dessen Grenzen erst überschritten sind, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen mehr sein können.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 –, juris, Rdnr. 66; OVG NRW, Beschluss vom 6. April 2005 – 20 B 155/05 –, juris, Rdnr. 15.
26Der Normierung einer unwiderleglichen Vermutung der Unzuverlässigkeit in Fällen einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr liegt die Einschätzung zugrunde, wie das bei bereits strafrechtlich in Erscheinung getretenen Personen mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko für das Leben und die Gesundheit von Menschen zu bewerten ist. Ersichtlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit durchgreifende Bedenken gegen die Veranschlagung entsprechender Risiken - pauschal - als relativ hoch ergeben sich nicht.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. April 2005 – 20 B 155/05 –, juris, Rdnr. 21.
28Die Versagungstatbestände - auch - des Waffenrechts zielen darauf, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko für Leben und Gesundheit von Menschen möglichst gering zu halten. Es ist also darauf angelegt, die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eines jeden Einzelnen vor den Gefahren zu schützen, die aus dem Gebrauch von und dem Umgang mit Waffen resultieren. Dieser soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen dahin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Angesichts des bestehenden weiten Gestaltungs- und Prognosespielraums ist es rechtlich nicht von vornherein fragwürdig, dass der Gesetzgeber schon in den Fällen, in denen bereits das Strafmaß eine erhebliche Schwere der gezeigten strafrechtlichen Auffälligkeit zum Ausdruck bringt, wie bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit für die Dauer von zehn Jahren als unwiderleglich zerstört ansieht. Die aufgrund des ausgeworfenen Strafmaßes vorausgesetzte besondere Schwere der strafrechtlichen Verfehlung bietet hinreichend sachlichen Anhalt für die Befürchtung, dass dem Betreffenden die allgemeine persönliche Charakterstärke fehlt, gerade auch in kritischen Situationen und gegebenenfalls auch unter Hintanstellung eigener Interessen, auf die Rechte und Belange anderer Rücksicht zu nehmen.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1995 – 1 C 32.94 – juris, Rdnr. 12; OVG NRW, Beschluss vom 6. April 2005 – 20 B 155/05 –, juris, Rdnr. 22.
30Die streitigen Regelungen sind auch verhältnismäßig.
31Es ist nicht unverhältnismäßig, dass der Gesetzgeber die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ausnahmslos für einen Zeitraum von zehn Jahren ab Rechtskraft der letzten Verurteilung für unwiderleglich erschüttert hält unabhängig davon wie weit die Anlasstat in der Vergangenheit liegt.
32Es bestehen sachliche Gründe dafür, dass die in Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 Nr. 1 des § 5 WaffG getroffenen Regelungen das Verdikt der Unzuverlässigkeit des Straftäters an die Rechtskraft seiner Verurteilung wegen einer bestimmten Art der Tatbegehung (Vorsatz und Fahrlässigkeit) mit einem bestimmten Strafausspruch anknüpfen. Denn das strafwürdige Verhalten, das Grundlage für die Verurteilung, die die absolute Unzuverlässigkeit bedingt, ist, steht erst mit der Rechtskraft der Entscheidung fest und darf dem Verurteilten erst ab diesem Zeitpunkt vorgehalten werden.
33Bietet aber erst die Rechtskraft der abgeurteilten Verletzung der Rechtsordnung den Anlass für jagd- bzw. waffenrechtlichen Konsequenzen, folgt hieraus, dass jedenfalls nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Länge des zwischen der Tatbegehung und dem Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung liegenden Zeitraumes rechtlich unerheblich ist.
34Eine besondere Härtefallregelung namentlich für Fälle vorliegender Art, in denen die Verurteilung auf strafrechtliche Verfehlungen zurückgehen, die bereits mehr als zehn Jahre zurückliegen, war entbehrlich. Unter Einstellung der zu schützenden Rechtsgüter aus Art. 2 Abs. 2 GG und der der Schwere der von § 5 Abs. 1 WaffG erfassten Verfehlungen einerseits und der Grundrechtsbetroffenheit des Bewerbers um einen Jagdschein andererseits ist die Ausgestaltung eines Versagungstatbestands als unwiderlegliche Vermutung ein grundsätzlich angemessenes Mittel. Sie ist für Betroffene nicht mit unzumutbaren Belastungen verbunden, zumal einzustellen ist, dass der Bewerber um einen Jagdschein durch sein eigenes Fehlverhalten Anlass für die maßgebliche Befürchtung gesetzt hat, dass ihm die für den Umgang mit Waffen erforderliche allgemeine Charakterstärke fehlt, auch in kritischen Situationen verlässlich die Rechte und Sicherheitsbelange anderer zu berücksichtigen.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. April 2005 – 20 B 155/05 –, juris, Rdnr. 24.
36Dabei wird der Zeitablauf für erforderlich gehalten, um dem massiven Rechtsbruch die Stärke zu nehmen, die zur Unwiderlegbarkeit der Unzuverlässigkeitsvermutung geführt hatte.
37Vgl. Heinrich: in Steindorf, WaffG, 10. Aufl. 2015, § 5 Rdnr. 7.
38Auch in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts hat das Bundesverwaltungsgericht die Anknüpfung verwaltungsgerichtlicher Rechtsfolgen an rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen zu einer Mindeststrafe ohne Ausnahmeregelung für rechtmäßig gehalten. So ist etwa die zwingende Ausweisung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG (1990) verfassungsrechtlich unbedenklich,
39vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1993 – 1 B 185/93 –, juris,
40genauso wie der zwingende dauerhafte und endgültige Verlust des Beamtenstatus wegen einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung (heute gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG), § 29 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG NRW) i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG)).
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1961 – VI C 334.57 –, Urteil vom 29. Dezember 1969 – VI C 4.65 –, und Urteil vom 12. Oktober 1989 – 2 C 51/88 –, jeweils juris.
42Dies zeigt im Übrigen, welches Gewicht die Rechtsordnung einem solchen Strafmaß beimisst.
43Damit ist - anders als der Kläger meint – rechtlich unerheblich, dass Straftaten wie die von ihm begangene Steuerhinterziehung oft erst zeitlich weit nach der ersten Tathandlung geahndet werden.
44Die Versagung der Jagdscheinverlängerung belastet den Kläger angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles auch nicht ausnahmsweise unverhältnismäßig.
45Hier kann dahinstehen, ob die Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts zu der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit im Waffengesetz alter Fassung,
46Urteil vom 24. April 1990 – 1 C 56/89 –, juris und Beschluss vom 24. Juni 1992 –, 1 B 105/92 –, juris.
47trotz der zwingenden Rechtsfolge der § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) WaffG Anwendung finden müssen.
48Danach hätte der in damaligen Norm bestimmte Zeitraum von 5 Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils, innerhalb dessen der Verurteilte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b) WaffG a. F. in der Regel als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen war, "... in der Weise von Bedeutung sein (sc.: können), dass seit Begehung der Tat nicht mehr als nochmals fünf Jahre verstrichen sein dürfen ...", was im Ergebnis bedeutet haben würde, "... dass die Tat bei Erlass des Widerspruchsbescheides bereits zehn oder mehr Jahre zurückliegt ...". Gemessen an diesem den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis betreffenden gedanklichen Ansatz, käme die Qualifizierung der Versagung des Jagdscheins als unverhältnismäßig nach derzeit geltendem Recht hier allenfalls dann in Betracht, wenn zwischen Begehung der Tat und der letzten behördlichen Entscheidung über den Jagdscheinverlängerungsantrag zumindest das Doppelte der nach den § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) WaffG für die Annahme der absoluten Unzuverlässigkeit geltenden Frist von zehn Jahren verstrichen wäre. Schon an dieser notwendigen, allein aber nicht hinreichenden Bedingung fehlt es hier. Zwischen den abgeurteilten Taten des Klägers aus dem Jahr 2011 und dem Erlass des insoweit hier maßgeblichen Bescheides des Beklagten vom 22. September 2022 liegen weit weniger als zwanzig Jahre.
49Rechtlich unerheblich ist, dass der Kläger in den 11 Jahren zwischen der Begehung der Straftaten bis zur Versagung des Jagdscheins nach eigenem Vorbringen untadelig gewaidwerkt und damit seiner Auffassung nach besonders überzeugend bewährt hat. Sachgerechter Anknüpfungspunkt zwischen der Begehung einer Straftat und der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ist nämlich nach der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers – unbeschadet der sonstigen Lebensweise des Jagdscheininhabers – die sich aus der Begehung von Straftaten ergebende allgemeine Unzuverlässigkeit des Betroffenen, die bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen einer Vorsatztat unwiderleglich für zehn Jahre vermutet wird.
50Soweit der Kläger vorbringt, er verliere über die Allgemeine Handlungsfreiheit hinaus auch die Befugnis, Pächter eines Jagdreviers zu sein, ist damit weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass über die Allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG hinausgehend Grundrechte des Klägers betroffen sind.
51Auch das Eigentumsrecht des Klägers gemäß Art. 14 GG wird durch die Versagungsentscheidung nicht verletzt. Dabei kann dahinstehen, ob es hier überhaupt betroffen ist. Zwar entfällt mit der Versagungsentscheidung das waffenrechtliche Bedürfnis nach §§ 8, 13 WaffG. Allerdings ist die Waffenbesitzkarte gemäß § 45 Abs. 1 WaffG von der zuständigen Behörde in einem gesonderten Verwaltungsakt zurückzunehmen. Ungeachtet dessen stand die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über etwaige im Eigentum des Klägers stehende Waffen von vornherein unter den gesetzlichen Einschränkungen des Waffengesetzes. Darüber hinaus ist der Kläger in seinem Eigentumsrecht jedenfalls nicht betroffen.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
54Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO lagen nicht vor.
55Rechtsmittelbelehrung:
56Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
57Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
58Die Berufung ist nur zuzulassen,
591. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
602. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
613. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
624. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
635. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
64Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
65Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
66Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
67Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
68Beschluss:
69Der Streitwert wird auf 8.000,00 Euro festgesetzt.
70Gründe:
71Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und entspricht in der Höhe dem Betrag, der im Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit,
72Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht ‑ Beilage (NVwZ ‑ Beilage) 2/2013, S. 57 ff.,
73unter Ziffer 20.3 für Streitigkeiten um den Entzug eines Jagdscheines ausgewiesen ist.
74Rechtsmittelbelehrung:
75Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
76Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
77Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
78Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
79Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
80War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.