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Da im Rahmen des § 45 StVO kein qualififiziertes Interesse eines Anliegers dahingehend abwägungserheblich ist, dass eine Parkmöglichkeit unmittelbar bei seinem Grundstück eingerichtet wird oder erhalten bleibt, muss die ermessensfehlerfreie Einrichtung eines Schwerbehindertenparkplatzes hingenommen werden (Fortführung von VG Koblenz, Urteil vom 23.10.2013 - 6 K 569/13 und VG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2022 - 14 K 1860/21)
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Kläger wehren sich gegen die Errichtung eines Schwerbehindertenparkplatzes vor ihrem Hausgrundstück zugunsten des Beigeladenen.
3Der Beigeladene leidet unter der Lungenkrankheit COPD im Endstadium (Grad 4). Er hat einen Grad der Behinderung von 80 und ist Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „aG“ und eines blauen EU-einheitlichen Parkausweises für Behinderte (Nr. 912). Er wohnt in der Z.-straße 00 in N. in einer Mietwohnung. Mit E-Mail vom 10. Januar 2022 beantragte er die Einrichtung eines personengebundenen Schwerbehindertenparkplatzes und füllte ein entsprechendes Antragsformular aus.
4Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 14. März 2022 fand an diesem Tag ein Telefonat mit dem Antragsteller statt. Nach Besichtigung der Örtlichkeit ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 14. März 2022 die Einrichtung eines personengebundenen Schwerbehindertenparkplatzes am rechten Fahrbahnrand im O.-weg vor der Haus-Nr. 0 in N. gemäß einem beigefügtem Lageplan an. Eine Außendienstkraft der Beklagten beschilderte den Schwerbehindertenparkplatz daraufhin durch das Zeichen 314 (Parken) in Verbindung mit dem Zusatzzeichen 1020-11 “Parkausweis Nr. 912 frei“ und nahm eine entsprechende Bodenmarkierung vor.
5Unter dem 24. Mai 2022 legten die Kläger, die Eigentümer des Hausgrundstücks O.-weg 0 sind, „Widerspruch“ gegen die Einrichtung des Schwerbehindertenparkplatzes im öffentlichen Verkehrsraum ein. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor, eine Inanspruchnahme der Fläche vor ihrem Haus sei nicht verhältnismäßig. So würden immerhin 6 m der gesamten Frontfläche von 18 m genutzt. Es gäbe mildere und näherliegende Mittel, um das Problem des Beigeladenen zu lösen. So wäre es für diesen leichter, einen ebenerdig gelegenen Behindertenparkplatz unmittelbar vor dessen Haustür zu erreichen. Auch seien vor dem Haus Z.-straße 00 mehrere freie Garagen vorhanden, die angemietet werden könnten. Zum Erreichen des jetzigen Standorts hingegen müsse der Beigeladene mehrere Treppen steigen und einen längeren Fußweg zurücklegen.
6Die Beklagte wies den Antrag der Kläger mit „Widerspruchsbescheid“ vom 23. August 2022 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Standort gemeinsam mit dem Beigeladenen gewählt worden sei und für ihn die günstigste Lösung auf öffentlichem Grund darstelle. Die Resonanz des Beigeladenen sei bisher positiv; der Behindertenparkplatz stelle für diesen eine tägliche Erleichterung dar. Der Zugang zu den Grundstücken Z.-straße 00 und 00 sei am schnellsten über den O.-weg zu erreichen.
7Die Stellplätze und Garagen in unmittelbarer Nähe des Hauseingangs lägen auf Privatgrund. Da der Beigeladene keine Garage oder Stellplatz auf Privatgrund besitze bzw. angemietet habe, habe ein geeigneter Standort auf öffentlichem Grund gesucht werden müssen. Hierfür sei der ausgewählte Standort am besten geeignet, da die öffentlichen Parkmöglichkeiten auf der Z.-straße wesentlich weiter entfernt seien und deshalb keine Option darstellten.
8Die Beklagte könne dem Beigeladenen darüber hinaus nicht vorschreiben, kostenpflichtige Parkmöglichkeiten zu nutzen. Dies stelle keine Option bei der Ermessensentscheidung dar. Sofern die Kläger einwendeten, die Inanspruchnahme von 6 m der insgesamt 18 m langen Frontfläche ihres Hauses sei unverhältnismäßig, könnten diese noch mit zwei Autos vor ihrer Tür parken. Die Ausschlusskriterien der Verwaltungsvorschrift zu § 45 Abs. 1 bis 1 e Nr. IX 2.a StVO seien vorliegend nicht gegeben. In dem Stadtteil T. herrsche akuter Parkdruck. Öffentliche Parkmöglichkeiten seien teilweise mehrere Minuten von der Wohnung entfernt. Der Beigeladene habe keine Garage oder einen Stellplatz außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums. Das Parksonderrecht sei danach erforderlich. Nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts bestehe kein Anspruch der Kläger auf Entfernung bzw. Verlegung des eingerichteten Behindertenparkplatzes am O.-weg 0.
9Die Kläger haben am 12. September 2022 Klage erhoben.
10Zur Begründung wiederholen sie ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren und tragen ergänzend vor, dass die Beklagte die im Raum stehenden Interessen, nämlich die berechtigten Interessen des Beigeladenen an der Einrichtung des Behindertenparkplatzes und die berechtigten Interessen der Kläger in Bezug auf die Erreichbarkeit ihres Hauses dadurch nicht behindert zu werden, nicht ausreichend gegeneinander abgewogen habe.
11Es sei ein ebenso geeigneter Parkplatz deutlich näher an der Wohnung des Beigeladenen im Bereich der Hausbegrenzung O.-weg 0-0 vorhanden. Dieser Parkplatz würde unmittelbar gegenüber der Treppe, die von der Wohnung des Beigeladenen herabführt, liegen, sodass dieser nicht den gesamten O.-weg heruntergehen müsste. Der Parkplatz werde zudem ausschließlich von der Ehefrau des Beigeladenen genutzt, welche auch das dort abgestellte Fahrzeug vollständig allein nutze. Der Beigeladene, für den der Parkplatz eingerichtet wurde, sei nicht im Stande, selbstständig die Treppe, die von der Wohnung des Berechtigten zum O.-weg herabgeht, zu benutzen. Der direkt vor dem Hauseingang errichtete Behindertenparkplatz behindere die Kläger nicht nur beim Parken ihres Fahrzeugs vor ihrem eigenen Haus, sondern auch beim Be- und Entladen ihres Fahrzeugs. Die Beklagte müsse so maßvoll wie möglich in ihre Rechtsposition eingreifen und den Parkplatz wenigstens an die rechte oder linke Außenseite ihres Grundstücks verlegen. Die Klägerin leide zudem an Lumboischialgie, sodass auch sie keine weite Wegstrecke zurücklegen könne.
12Die Kläger beantragen,
13den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2022 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. August 2022 aufzuheben.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im „Widerspruchsbescheid“ und führt ergänzend aus, dass der von den Klägern vorgeschlagene alternative Standort an der Hausbegrenzung O.-weg 0 und 0 nicht deutlich näher zur Wohnung des Beigeladenen liege, sondern unmittelbar (5 m) neben dem festgelegten Standort. Eine derartige Verlegung des Schwerbehindertenparkplatzes sei mit Blick auf die damit verbundenen Arbeiten nicht verhältnismäßig. Bei einer Versetzung würden die Eigentümer des O.-wegs 0 analoge Argumente vorbringen, da diese nicht weniger eingeschränkt wären. Öffentlicher Parkraum stehe nicht nur dem Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks zu, sondern der Allgemeinheit, sodass auch ohne Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes keine Garantie auf Parkraum bestehe. Die Festlegung des Schwerbehindertenparkplatzes schränke die Kläger weder beim Parken noch beim Be- und Entladen der wöchentlichen Einkäufe ein, da weder der Gehweg noch die Zuwegung zum Hauseingang blockiert werde.
17Die Klägerin könne ebenfalls aufgrund ihrer Erkrankung einen Schwerbehindertenausweis beantragen und im Anschluss einen Antrag auf Parkerleichterung stellen. Inwieweit die Anmietung eines privaten Stellplatzes möglich gewesen wäre und ob ausschließlich der Beigeladene oder die Ehefrau in seiner Begleitung den Parkplatz nutze, könne seitens der Straßenverkehrsbehörde nicht überprüft werden. Für die Überwachung des ruhenden Verkehrs sei das Ordnungsamt zuständig.
18Mit Beschluss vom 23. Januar 2023 ist der begünstigte Nachbar, Herr G., Z.-straße 00, 00000 N., gemäß § 65 VwGO beigeladen worden. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
19Er hat schriftsätzlich dahingehend Stellung genommen, dass er gut in der Lage sei, sich selbstständig zu bewegen und den Behindertenparkplatz allein zu erreichen. Die Entfernung betrage lediglich 30 m. Das Treppensteigen bereite ihm zwar sehr große Probleme. Er könne die Treppen aber vorsichtig mit einem mobilen Sauerstoffgerät eigenständig heruntergehen. Eine Plattform in der Mitte des steilen Treppenkörpers erleichtere ihm das Hinabsteigen.
20Der Beigeladene gibt weiter an, seine Ehefrau nutze den Behindertenparkplatz nur wöchentlich für die Einkäufe. Für Arzt-, Apotheken- und Kliniktermine nutze kontinuierlich der Beigeladene den Sonderparkplatz. Hinsichtlich privater Stellplätze stehe der Beigeladene seit seinem Zuzug im August 2020 auf der Warteliste des Vermieters, ohne dass er bisher Erfolg gehabt habe.
21Mit Beschluss der Kammer vom 19. Januar 2023 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden.
22In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Beklagten ihre Ermessenserwägungen dahingehend ergänzt, dass ein Platz im öffentlichen Straßenraum vor der Garagenzufahrt nicht in Betracht gekommen sei, weil aus Sicht der Beklagten dann die Gefahr bestanden hätte, dass ein dort abgestelltes Fahrzeug die Zufahrt zum Garagenhof behindern würde. Von dem Standort rechts von dem jetzt eingerichteten Stellplatz habe die Beklagte Abstand genommen, weil es sich dort um den Einmündungsbereich der Z.-straße handele und für die Zukunft die Option offengelassen werden sollte, dass von den Eigentümern des angrenzenden Grundstückes eine weitere Absenkung des Bordsteins beantragt würde. Die Alternativstandorte an der Z.-straße wären von der Hauseingangstür des Beigeladenen weiter entfernt gelegen gewesen wären als der aktuelle Platz.
23Der Beigeladene war entschuldigt in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da die Verkehrszeichen, mit denen der Schwerbehindertenparkplatz eingerichtet wurde, Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen, § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW), darstellen.
28Verwaltungsakt-Charakter eines Verkehrszeichens: ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) seit Urteil vom 9. Juni 1967 – VII C 18.66 –, BVerwGE 27, 181 ff..
29Die Kläger sind auch klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Verkehrsteilnehmer sowie Anwohner und Anlieger können als eine Verletzung ihrer Rechte geltend machen, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch sie treffende Verkehrsbeschränkung nach einer der in § 45 StVO enthaltenen Ermächtigungen seien nicht gegeben. Hinsichtlich der behördlichen Ermessensausübung können sie allerdings nur verlangen, dass ihre eigenen Interessen ohne Rechtsfehler mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Verkehrsbeschränkung sprechen, abgewogen werden.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 – 2 C 35/92-, juris Rn. 14; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 9. August 1999 – 8 A 403/99-, j uris.
31Die Kläger sind als Verkehrsteilnehmer und Eigentümer des angrenzenden Hausgrundstücks O.-weg 0 von der Einrichtung des Schwerbehindertenparkplatzes durch Aufstellung des Verkehrszeichens und Anbringung der Bodenmarkierung betroffen.
32Die somit zulässige Klage ist allerdings unbegründet. Die Anordnung des Schwerbehindertenparkplatzes ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
33Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist § 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 b S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 9 StVO. Gemäß § 45 Abs. 3 S. 1, Abs. 9 StVO bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind. Sie treffen auch die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung (§ 45 Abs. 1 b S. 1 Nr. 2 StVO). Die Entscheidung über die Anbringung von Verkehrszeichen steht grundsätzlich im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde. Bei der Entscheidung sind alle relevanten Belange zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.
34Der objektive Tatbestand der Rechtsgrundlage liegt vor, da der Beigeladene die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Schwerbehindertenparkplatzes erfüllt. Auch hat die Beklagte in ihrer Entscheidung die Verwaltungsvorschrift zu § 45 StVO (Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen) in Abschnitt IX Nr. 2a VwV-StVO (Rn. 23 ff.) zu § 45 Absatz 1 bis e StVO beachtet, die vorsieht, dass Parkplätze für bestimmte schwerbehinderte Menschen, z. B. vor der Wohnung oder in der Nähe der Arbeitsstätte, eine Prüfung voraussetzen, ob ein Parksonderrecht erforderlich ist, was z. B. nicht der Fall ist, wenn Parkraummangel nicht besteht oder der schwerbehinderte Mensch in zumutbarer Entfernung eine Garage oder einen Abstellplatz außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums hat, ob ein Parksonderrecht vertretbar ist, was z. B. nicht der Fall ist, wenn ein Halteverbot (Zeichen 283) angeordnet wurde, und ob ein zeitlich beschränktes Parksonderrecht genügt.
35Auch die an diesem objektiven Tatbestand anknüpfende Ermessensentscheidung der Beklagten ist hinsichtlich der Auswahl des Ortes des Schwerbehindertenparkplatzes rechtlich nicht zu beanstanden.
36Die Ermessensentscheidung der Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, § 114 VwGO. Das Gericht darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde angestellt hat. Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Das Verwaltungsgericht ist hingegen nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im Ergebnis aufrechtzuerhalten oder sich aus Erwägungen, welche die Behörde (noch) nicht angestellt hat, an die Stelle der Behörde setzen und das Ermessen selbst ausüben,
37vgl. OVG Berlin – Brandenburg, Beschluss vom 8. August 2019 – OVG 1 N 104.17 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2020 – 14 K 3555/16 – juris.
38Dabei kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen, § 114 S. 2 VwGO.
39Bei der Entscheidung über eine verkehrsregelnde Anordnung nach § 45 Abs. 1 S. 1 StVO hat die zuständige Straßenverkehrsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die Interessen etwa betroffener Anlieger in Rechnung zu stellen. Dabei sind die Belange Einzelner nur insoweit zu berücksichtigen, soweit deren geschützte Individualinteressen berührt werden,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 5. April 2001 – 3 C 23.00 – juris; OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2006 – 8 A 4840/05 – juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2022 – 14 K 1860/21– juris; VG Köln, Urteil vom 25. September 2012 – 18 K 4164/11 – juris; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, § 42 StVO, Rdnr. 28d.
41Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Rechtsverletzung der Kläger nicht zu erkennen. Die Beklagte hat das ihr nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO eingeräumte Ermessen, ob und welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Gefahrenlage ergreift, auch unter Berücksichtigung der Interessen der Kläger fehlerfrei ausgeübt. Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen, wesentlichen Sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt bzw. die Interessen der Kläger nicht erfasst oder nicht ausreichend abgewogen hätte.
42Die Kläger haben dabei grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Beklagte. Einen Anspruch auf die begehrte Entscheidung, den Schwerbehindertenparkplatz zu entfernen, haben sie nur, wenn sich das Ermessen auf „Null“ reduziert hat.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 – 2 C 35/92; OVG NRW, Urteil vom 9. August 1999 – 8 A 403/99.
44Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die Beklagte ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Eine Ermessensreduzierung auf „Null“ ist nicht ersichtlich.
45Vorliegend könnten die Kläger allerdings nur dann in ihren Rechten verletzt sein, wenn bei der Verkehrsregelung nicht rechtsfehlerfrei zwischen ihren qualifizierten, rechtlich geschützten Interessen und den öffentlichen Interessen abgewogen wurde. Als ein derartiges qualifiziertes Interesse kommt hier allein das Recht auf Anliegergebrauch in Betracht. Dieses beinhaltet jedoch nur die Gewährleistung der Zugänglichkeit des Grundstücks an sich. Einem Anlieger erwächst aus dem Straßen- Anliegergebrauch kein Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten unmittelbar bei seinen Grundstücken oder in angemessener Nähe eingerichtet werden oder erhalten bleiben,
46vgl.: VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2022 – 14 K 1860/21– juris; VG Köln, Urteil vom 25. September 2012 – 18 K 4164/11 – juris.
47Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Beklagten frei von Ermessensfehlern. Die Beklagte hat während des Klageverfahrens schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragen, dass im öffentlichen Verkehrsraum in einer für den Beigeladenen zumutbaren Entfernung zur Wohnung keine ausreichende Parkmöglichkeiten vorhanden seien. Sie hat aus nachvollziehbaren sachlichen Gründen verschiedene Alternativstandorte verworfen. So ist es nicht zu beanstanden, dass sie die Parkplätze an der Z.-straße, gegenüber der Garageneinfahrt und am O.-weg im Einmündungsbereich der Z.-straße verworfen hat. Ebenfalls sind die Erwägungen der Beklagten zu einem Garagenstellplatz des Beigeladenen nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
48Diese fehlerfreie Ermessensentscheidung verletzt die Kläger nicht in ihrem Recht auf Anliegergebrauch. Denn solange die Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz gewährleistet ist, muss jedermann die Anlegung eines Behindertenparkplatzes vor seinem Grundstück hinnehmen,
49Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 6 K 569/13 –juris.
50Gewährleistet wird nämlich nur die Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz überhaupt, nicht dagegen notwendig auch die Erreichbarkeit des eigenen Grundstücks mit Kraftfahrzeugen des Eigentümers oder gar jeder Anliegerverkehr,
51vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 1993 – 11 C 38.92, BVerwG, Urteil vom 6. August 1982 - 4 C 58.80-, juris Rn. 12, Beschluss vom 13. Juli 1988 - 7 B 128/88-, juris Rn. 4; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. November 1994 – 7 B 12827/94-, juris Rn. 5; VG Ansbach, Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2004 – AN 10 K 03.00289-, juris Rn. 26, VG Köln, Urteil vom 25. September 2012 – 18 K 4164/11-, juris Rn. 42; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2022 – 14 K 1860/21 – juris.
52Es genügt hier demzufolge, dass die Kläger auf dem O.-weg an ihr Hausgrundstück heranfahren und parken können. Denn ein Parken ist entlang der Hausfront weiterhin unbestritten möglich. So nimmt der Schwerbehindertenparkplatz des Beigeladenen lediglich 6 m der 18 m langen Hausfront ein, sodass problemlos noch zwei weitere Fahrzeuge vor dem Haus der Kläger parken können. Insbesondere bleibt die Zufahrt zu dem Grundstück der Kläger vor und hinter dem festgelegten Stellplatz uneingeschränkt möglich. Die Beeinträchtigung der Art und Weise der Erreichbarkeit ihres Hauses stellt für die Kläger demnach keine unzumutbare Behinderung dar.
53Sind Rechte der Kläger aus ihrer Position als Straßenanlieger somit nicht betroffen, besteht auch kein qualifiziertes Interesse, welches mit den öffentlichen Interessen hätte abgewogen werden müssen. Damit fehlt es allein schon deshalb an einer fehlerhaften Abwägung und folglich auch an einer Verletzung von Rechten der Kläger,
54Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 6 K 569/13 –juris.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 S. 1 VwGO.
56Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
57Rechtsmittelbelehrung:
58Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
59Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
60Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
61Die Berufung ist nur zuzulassen,
621. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
632. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
643. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
654. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
665. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
67Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
68Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
69Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
70Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
71Beschluss:
72Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
73Gründe:
74Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
75Rechtsmittelbelehrung:
76Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
77Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
78Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
79Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
80Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
81War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.