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Zur planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Hinterlandbebauung am Fuß eines Geländesprungs, der in einem innerstädtischen Grünzug liegt, den die Stadt mit einem Bebauungsplan schützen will, dessen Aufstellung sie samt einer nachfolgenden Veränderungssperre nach Klageerhebung beschlossen hat.Aus einzelnen Nachverdichtungsmaßnahmen in der Umgebung eines Vorhabengrundstücks lässt sich nicht ableiten, dass die Gemeinde grundsätzlich der Nachverdichtung den Vorzug gegenüber dem Schutz von Grünflächen gibt und daher das Ziel eines solches Schutzes mit einem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan nur vorgibt, um das Vorhaben zu verhindern.Ein Vorhaben, das der beabsichtigten Planung widerspricht, darf auch nicht im Wege einer Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, weil andernfalls die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen könnte.Zur Abgrenzung der näheren Umgebung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche.Die zur Ermittlung der Bebauungstiefe maßgebliche tatsächliche Straßengrenze ist die Grenze der als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße. Erfolgt die Erschließung über einen eigenen, aber unselbstständigen Stichweg, bleibt die Haupttrasse der Straße die eigentliche Erschließungsstraße. Als unselbstständige Anhängsel zu qualifizieren sind grundsätzlich alle abzweigenden befahrbaren Verkehrsanlagen, die nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln, d. h. die ungefähr wie eine Zufahrt aussehen.Wann ein Stichweg für den verständigen Betrachter den Eindruck der Unterordnung und Unselbstständigkeit vermittelt, ist in wertender Betrachtung anhand aller Umstände des Einzelfalls - etwa seiner Länge und Breite, seines Ausbauzustands, seiner erkennbaren Funktion, dem Straßennamen, der Hausnummernvergabe, aber auch Größe, Bedeutung und Breite des Hauptwegs - zu bestimmen.Ob eine vorhandene, nicht genehmigte Bebauung bei der Feststellung einer faktischen Bebauungstiefe zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, ob sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben. Tatsächlich vorhandene ungenehmigte bauliche Anlagen bleiben dann bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung außer Betracht, wenn das Verhalten der Bauaufsichtsbehörde - namentlich durch den Erlass einer Beseitigungsverfügung - hinreichend klar ergibt, dass ihre Beseitigung absehbar ist.Auch ein Vorhaben, das den aus ihrer Umgebung ableitbaren Rahmen überschreitet, kann sich dieser Umgebung einfügen, wenn es keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen verursacht oder verstärkt. Letzteres ist jedoch der Fall, wenn das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet, insbesondere indem es eine negative Vorbildungwirkung für die künftige Nutzung benachbarter Grundstücke entfaltet.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand:
2Der Inhaber der Klägerin, Herr P. , ist Eigentümer eines nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegenden Grundstücks im rückwärtigen Bereich der B. Straße in N. (G1 – im Folgenden: Vorhabengrundstück). Das Grundstück ist über das ebenfalls im Eigentum des Inhabers der Klägerin stehende Flurstück 000 zwischen den Hausnummern 00 und 00 und eine etwa 10 m² große, rechteckige Fläche (Teil der städtischen Wegeparzelle 000) von der B. Straße aus erreichbar.
3Das Vorhabengrundstück steigt nach Westen stark an. Seine Höhe beträgt in der Mitte der östlichen Flurstücksgrenze etwa 54 m ü.NHN, in der Mitte der knapp 50 m entfernten westlichen Flurstücksgrenze knapp 70 m ü.NHN. Das Vorhabengrundstück ist Teil einer unbebauten, großteils baumbestandenen Fläche zwischen der in diesem Bereich fast ausnahmslosen Wohnbebauung an der westlichen Seite der B. Straße einschließlich einer zwischen den Hausnummern 00 und 00 nach Westen abzweigenden Stichstraße im Osten, der T. Straße im Süden sowie der oberhalb gelegenen Wohnbebauung an der nordöstlichen bzw. östlichen Seite der M. Straße, der P1. Straße und des östlichen Zweiges der C. Straße im Südwesten, Westen bzw. Norden. Während die Gebäude im vorgenannten Bereich zu weiten Teilen mit nur wenigen Metern Abstand zum Rand der Straße bzw. Stichstraße liegen, weisen die Wohnhäuser B. Straße 00, 00 a und 00 zum Hauptstraßenkörper sowie das am Hang errichtete Wohnhaus B. Straße 00 zum westlichen Ende der Stichstraße der B. Straße einen mit (zum Teil erheblich) über 25 m deutlich größeren Abstand zum Straßenrand auf.
4Im Regionalen Flächennutzungsplan der Planungsgemeinschaft Städteregion S. (im Folgenden: Flächennutzungsplan) wird der gesamte vorgenannte Bereich als Wohnbaufläche dargestellt.
5Auf ihren Antrag vom 14. Oktober 2020 genehmigte das Amt der Beklagten für Verkehrswesen und Tiefbau der Klägerin mit Bescheid vom 5. November 2020 auf Widerruf die Anlage einer Grundstückszufahrt und die damit verbundenen Straßenbaumaßnahmen zu dem unbebauten Flurstück 000 gemäß § 18 Abs. 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit weiterem Bescheid des Amtes für Verkehrswesen und Tiefbau vom 6. November 2020 stimmte die Beklagte der Inanspruchnahme der etwa 10 m² großen Teilfläche der Wegeparzelle 000 zur Nutzung als Zufahrt zum Flurstück 000 unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs unter mehreren Auflagen zu. Hierauf zeigte die von der Klägerin insoweit beauftragte Baufirma die Fertigstellung der Arbeiten am 16. November 2020 an.
6Unter dem 7. Januar 2021 – eingegangen am 2. Februar 2021 – beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung eines planungsrechtlichen Bauvorbescheides zur Errichtung eines 25 m breiten und 5 m tiefen, zweistöckigen Einfamilienhauses mit Garage in einem Abstand von 3,30 m zur östlichen Grenze des Vorhabengrundstücks (im Folgenden: Vorhaben).
7Den von der Klägerin beantragten Erwerb der etwa 10 m² großen Fläche östlich des Flurstücks 150 lehnte die Bezirksvertretung der Beklagten in ihrer Sitzung vom 12. März 2021 ab.
8Mit Bescheid vom 16. April 2021 (Az.: 000-00-00) – am 20. April 2021 zur Post gegeben – lehnte die Beklagte die Erteilung des beantragten Vorbescheides ab und führte hierzu aus: Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig. Es füge sich aufgrund seiner Bebauungstiefe von 53,30 m nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Denn diese sei durch straßenbegleitende Wohnbebauung mit einer Bebauungstiefe von max. 45 m (B. Straße 00), gemessen von den Grundstücksvorderkanten an der Straße gekennzeichnet. Die südlich gelegenen Wohnhäuser (Hausnummern 00-00 c) könnten nicht als Vorbild herangezogen werden, da sie an einer öffentlichen Verkehrsfläche lägen und somit nicht als Bebauung in zweiter oder weiterer Reihe anzusehen seien. Außerdem sei die Erschließung des Vorhabengrundstücks nicht gesichert. Zwischen der östlichen Grenze des Flurstücks 000, das der Erschließung dienen solle, und der Straße befinde sich eine Fläche von etwa 10 m², die nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sei.
9Die Klägerin hat am 17. Mai 2021 die vorliegende Klage erhoben.
10Am 8. Juni 2021 hat der Planungsausschuss der Beklagten die Aufstellung eines Bebauungsplans „C. Straße / B. Straße – X 00“ (im Folgenden: in Aufstellung befindlicher Bebauungsplan) beschlossen, der das Gebiet zwischen der B. Straße im Osten, der M. , P1. , C. und I. Straße im Westen und der T. Straße im Süden erfassen soll, wobei das Plangebiet im Norden an der B. Straße bis einschließlich Hausnummer 000 und an der I. Straße bis einschließlich der Hausnummer 0 reichen soll. In der Begründung der betreffenden Beschlussvorlage Nr. V 00/0000-00 wird ausgeführt, dass aufgrund des anhaltenden Wohnraumbedarfs zukünftig anzunehmen sei, dass hierfür auch rückwärtige Grundstücksflächen in Anspruch genommen werden sollen, und der Bebauungsplan insoweit insbesondere der Sicherung der zusammenhängenden innenliegenden Grünflächen sowie der behutsamen und gebietsverträglichen Steuerung der Nachverdichtung dienen soll. Nach dem der Beschlussvorlage – abgesehen von einem weiterführenden Darlegungstext – beigefügten Zielplan ist an den Rändern der vorgenannten Straßen einschließlich des bisher unbebauten nördlichen Randes der T. Straße die Festsetzung eines reinen Wohngebiets und im Innenbereich einschließlich des gesamten Vorhabengrundstücks die Festsetzung einer privaten Grünfläche vorgesehen. Der Aufstellungsbeschluss ist im Amtsblatt der Beklagten vom 30. Juni 2021 bekannt gemacht worden. Die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeit ist inzwischen erfolgt.
11Am 15. September 2022 hat der Rat der Beklagten die Satzung über eine Veränderungssperre Nr. 46 für den Bereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans (im Folgenden: Veränderungssperre) erlassen, nach deren § 3 Nr. 1 im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre, der mit dem Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans identisch ist, Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches (BauGB) nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen. Die Satzung über die Veränderungssperre ist im Amtsblatt der Beklagten vom 30. September 2022 bekannt gemacht worden.
12Die Klägerin trägt vor: Die Veränderungssperre stehe der Zulässigkeit des Vorhabens nicht entgegen. Sie sei mangels sicherungsfähiger Planung bereits unwirksam. Sollte die Zielrichtung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans so interpretiert werden, dass der gesamte westlich der B. Straße liegende unbebaute Bereich von zukünftiger Bebauung freigehalten werden soll, ergebe sich in Zusammenschau mit weiteren Planungsobjekten der Beklagten in der unmittelbaren Umgebung des Vorhabenstandorts und der Umgebung von N. -T1. , dass es sich hierbei nicht um das tatsächliche städtebauliche Ziel der Beklagten handeln könne, sondern diese Zielstellung zur Verhinderung des streitgegenständlichen Vorhabens vorgeschoben werde. Die Planung der Beklagten zur Bebauung einer Grünfläche im Steinbruch Rauen, die den hier angeblich zu schützenden Grünzug nach Norden hin fortsetze, die Erteilung einer Abrissgenehmigung für die bereits überwucherten Gebäudereste auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei an der ebenfalls nördlich des Gebiets des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans liegenden Kreuzung B. Straße/I1.--weg und die südwestlich des Grünzugs erfolgte Bebauung der Grundstücke am Nachbarsweg 00 a-e, die teilweise im Flächennutzungsplan als Waldflächen dargestellt seien, aber auch weitere genehmigte Bautätigkeiten auf bisherigen Grünflächen im übrigen Bereich des Stadtteils N. -T1. und die nach dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan geplante Straßenrandbebauung entlang der T. Straße zeigten, dass die Beklagte in ihrer gesamtstädtischen und insbesondere auf die Umgebung des Vorhabengrundstücks bezogenen städtebaulichen Entwicklung der Nachverdichtung den Vorzug vor dem Schutz von Grünflächen einräume. Hierzu würde sie sich bei einer wie oben beschriebenen Auslegung der Konzeption des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans in Widerspruch setzen. Der Eindruck einer Verhinderungsplanung werde zudem noch durch weitere Widersprüche verstärkt, insbesondere den Umstand, dass die Planbegründung einerseits die hohe ökologische Bedeutung der planungsrechtlichen Sicherung der betreffenden Grünflächen aus klimatischer Sicht betone, die Beklagte aber andererseits im Rahmen der Vorprüfung eine Klimarelevanz der Planung gerade verneine. Vor diesem Hintergrund bestünden erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der der Veränderungssperre zugrunde liegenden Planung. Im Übrigen sei die Beschlussvorlage zum Aufstellungsbeschluss auch insoweit unvollständig, als sie nicht darstelle, dass auch das Grundstück C. Straße 00 (gemeint sein dürfte: 00 d-i) im Jahre 2022 bereits bebaut gewesen sei, wodurch die zusammenhängende Grünfläche weiter unterbrochen werde. Jedenfalls aber bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre, da das Vorhaben nicht im Widerspruch zu den in dem Entwurf der Begründung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans dargelegten Zielen der Planung – einerseits dem Erhalt der zusammenhängenden unbebauten Grünflächen westlich der B. Straße und andererseits der Ermöglichung einer behutsamen Nachverdichtung – stehe. Die betreffenden Grünflächen stellten bereits keine zusammenhängende Fläche dar, sondern seien durch zahlreiche private Stichstraßen und in zweiter bis vierter Reihe gelegene Gebäude unterbrochen. Im Übrigen bleibe die Struktur der Grünflächen auch bei Realisierung des Vorhabens erhalten, da ihre Breite von ca. 100 m im Bereich des Vorhabens von jenem nur in weit untergeordnetem Umfang verkleinert werde. Zugleich trage das Vorhaben dem erklärten weiteren Ziel der Bauleitplanung, nämlich der Ermöglichung einer behutsamen Nachverdichtung, Rechnung. Im Übrigen könne die Beklagte dem Vorhaben die Veränderungssperre auch deshalb nicht entgegenhalten, da sie sich damit widersprüchlich verhalten würde, nachdem der zuständige Beigeordnete sowie der Leiter des Amtes für Stadtplanung und Wirtschaftsförderung in einer E-Mail vom 29. August 2022 bzw. einem Gespräch vom 13. Januar 2023 erklärt hätten, dass die Veränderungssperre hinsichtlich des Vorhabens nicht eingreifen würde.
13Das Vorhaben sei auch im Übrigen planungsrechtlich zulässig. Insbesondere füge es sich auch hinsichtlich des allein streitigen Merkmals der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die nähere Umgebung erstrecke sich auf den Bereich zwischen der B. Straße im Osten und der in der Örtlichkeit klar erkennbaren Geländekante zwischen der B. Straße und der P1. Straße im Westen zwischen den Hausnummern B. Straße 00 a und 00. Mangels Sichtbeziehung zum Vorhabengrundstück seien die Wohnhäuser an der B. Straße nördlich und südlich dieses Bereichs auszuklammern. Das Vorhaben halte sich an den in dieser Umgebung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche vorzufindenden Rahmen. Es fänden sich aufgrund erheblich unterschiedlicher Abstände zur B. Straße keine Hinweise auf faktische Baugrenzen, Baulinien oder Bebauungstiefen. Für das Vorhaben fänden sich hinsichtlich der Bebauungstiefe mit dem Wohnhaus B. Straße 00 nach dem dortigen Anbau mit Dachterrasse (Bebauungstiefe von 53,38 m) und den Wohnhäusern B. Straße 00 a und 00 (Bebauungstiefe von ca. 68 bzw. 92 m) Vorbilder, hinter denen das Vorhaben insoweit zurückbleibe. Bei den beiden letztgenannten Objekten sei die Bebauungstiefe anhand ihrer Entfernung vom Hauptstrang der B. Straße und nicht von der Stichstraße aus zu bestimmen. Denn die Stichstraße stelle sich nach den in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien aufgrund ihrer deutlich geringeren Länge, der geringen Zahl der von ihr in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks erschlossenen Gebäude, der Namensgebung, der deutlich geringeren Breite, des mit einer Asphaltierung statt einer Pflasterung unterschiedlichen Ausbauzustands und der Eigenheit als reiner Privatstraße im Vergleich mit dem Hauptstrang als unselbstständig dar. Darauf, ob sich hierfür als weiteres Argument auch anführen lasse, ob die Beklagte dem Stichweg im Rahmen von Ausbau- und Erschließungsbeiträgen selbst die Funktion einer unselbstständigen Straße zugemessen habe, komme es bei alledem nicht mehr an. Selbst bei einer Überschreitung des hinsichtlich der Bebauungstiefe festzustellenden Rahmens würde das Vorhaben jedoch auch nicht zu bodenrechtlichen Spannungen führen. Insbesondere hätte es keine negative Vorbildwirkung. Denn auf den benachbarten Grundstücken, insbesondere auch den von der Beklagten angeführten Flurstücken 000, 000, 000, 000 und 000, wäre eine dem Vorhaben vergleichbare Bebauung entweder aus topographischen Gründen oder aus Gründen der einzuhaltenden Abstandsflächen nicht möglich. Schließlich sei auch die Erschließung gesichert. Die Beklagte sei infolge der erteilten Genehmigungen vom 5. und 6. November 2020 sowie ihrer Umsetzung auf Dauer rechtlich gehindert, den Anliegerverkehr zum Vorhabengrundstück zu untersagen. Die Genehmigungen und die damit verbundenen Abstimmungen hätten auf die Übertragung des Grundbesitzes an den Inhaber der Klägerin gezielt, nachdem bereits dem Voreigentümer des Vorhabengrundstücks diese Parzelle von der Stadt wiederholt zum Kauf angeboten worden sei. Ihr gegenüber habe die Beklagte den Verkauf dann jedoch abgelehnt, was ausweislich des Beratungsverlaufs der Bezirksregierung mit einer Verhinderung des Bauvorhabens begründet worden sei. Außerdem werde das Grundstück heute tatsächlich bereits zum Verkehr genutzt, womit korrespondiere, dass ihr Inhaber seit dem Jahr 2021 für die Flurstücke 000 und 000 als Anlieger zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen werde. Im Übrigen wäre das Vorhabengrundstück mangels anderweitiger Anbindung jedenfalls über das Notwegerecht nach § 917 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über das städtische Teilflurstück zu erschließen.
14Wenn die Veränderungssperre dem Vorhaben entgegenstehen sollte, sei jedenfalls der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig und nach obigen Ausführungen auch begründet. Die Verpflichtungsklage wäre in diesem Fall durch die Bekanntmachung der Veränderungssperre erst nach Rechtshängigkeit unbegründet geworden, sodass der Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 S. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft wäre. Das erforderliche berechtigte Interesse an einer entsprechenden Feststellung ergebe sich aus ihrer Absicht der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gemäß der §§ 39 Abs. 1 b) des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (OBG), 839 Abs. 1 BGB, die auch nicht offensichtlich aussichtslos erscheine. Im Falle der Vermietung hätte sie über die Lebensdauer des Hauses von ca. 80-100 Jahren Mieteinnahmen von insgesamt ca. 2,4-3 Mio. Euro, im Fall der Veräußerung einen Erlös von ca. 1,5 Mio. Euro erzielt, denen Investitionskosten von lediglich ca. 1 Mio. Euro entgegengestanden hätten.
15Die Klägerin beantragt,
16die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 16. April 2021 (Az.: 000-00-00) zu verpflichten, ihr den mit Formularantrag unter dem 7. Januar 2021 beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Gemarkung G1. , zu erteilen,
17hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte bis zur Bekanntmachung der Veränderungssperre am 30. September 2022 verpflichtet gewesen ist, den mit Formularantrag unter dem 7. Januar 2021 beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Gemarkung G1. zu erteilen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie trägt ergänzend vor: Dem Vorhaben stehe die Veränderungssperre entgegen. Diese sei wirksam. Insbesondere lasse die Planung nach der Begründung des Aufstellungsbeschlusses bereits ein Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans sein solle. Die Ausführungen der Klägerin zu anderen Bauleitplanverfahren seien insoweit irrelevant. Auch greife der herangezogene Vergleich zum T2. nicht durch, da dort nur die oberen Teile an der I2.---straße einer Bebauung zugeführt werden sollten. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre, da das Vorhaben nicht der beabsichtigten Planung entspreche. Der Vortrag der Klägerin zu angeblichen Äußerungen von Vertretern der Beklagten zum Eingreifen der Veränderungssperre in Bezug auf das Vorhaben sei teils irrelevant, teils ohne tatsächliche Grundlage. Auch der angekündigte Hilfsantrag wäre – vorbehaltlich seiner Zulässigkeit – nicht begründet. Denn die Klägerin habe bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheides gehabt. Das Vorhaben sei nämlich planungsrechtlich unzulässig. Sollte der Standort des Vorhabens noch dem unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB zuzuordnen sein, würde die Zulässigkeit des Vorhabens daran scheitern, dass es sich schon hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde. Letztere erstrecke sich ausschließlich auf die Bebauung westlich der B. Straße von der Hausnummer 00 a im Norden bis zur Hausnummer 00 im Süden. Die Auffassung der Klägerin, dass der Steilhang als natürliche Zäsur für eine dann real größere Bebauungstiefe heranzuziehen sei, könne nicht geteilt werden. In dem vorgenannten Bereich gebe es für das Vorhaben hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche kein Vorbild. Gegen die rückwärtig aufgeständerte Terrasse am Gebäude B. Straße 00 werde bauordnungsrechtlich eingeschritten. Für eine Selbstständigkeit des Stichwegs B. Straße 00 a – 00 c sprächen beidseitige Gehwege, Laternen, der asphaltierte Straßenbelag im rückwärtigen Bereich sowie die ausreichend dimensionierte Fahrbahn, letztlich aber auch seine Länge von immerhin 80 m und die Zahl der dortigen Gebäude. Bei alledem würde das Vorhaben schon aufgrund der von ihm ausgehenden Vorbildwirkung – insbesondere im Hinblick auf die benachbarten Flurstücke 000, 000, 000, 000 und 000 – auch bodenrechtlich beachtliche Spannungen auslösen. Zusammen mit dem Vorhabengrundstück könnten die unbebauten Bereiche dieser Flurstücke aufgrund ihrer Größe trotz der umgebenden Bebauung aber auch eine Außenbereichsinsel darstellen, sodass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdränge, sie vielmehr in einer von der Umgebung gerade unabhängigen geordneten städtebaulichen Entwicklung einer Beplanung zugeführt werden könnten. Im Außenbereich wäre das nicht privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB unzulässig, da es zwar nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche, angesichts der beschriebenen Vorbildwirkung aber die Entstehung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung durch Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein befürchten lasse. Unabhängig von der Zuordnung des Vorhabenstandorts zum Innen- oder Außenbereich sei für das Vorhaben jedenfalls mangels Widmung der ca. 10 m² großen Fläche östlich des Flurstücks 150 zum öffentlichen Verkehr die Erschließung nicht gesichert.
21Das Gericht hat die Örtlichkeit am 20. Oktober 2022 in Augenschein genommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Ortstermins und die dabei angefertigten Fotoaufnahmen verwiesen.
22Die Klägerin hat nach Ablehnung einer weiteren, hinsichtlich der Ausmaße und des Standorts des Vorhabens auf dem Vorhabengrundstück abweichenden planungsrechtlichen Bauvoranfrage insoweit ein zweites Klageverfahren (Az.: 9 K 3532/21) geführt, zu dem gleichzeitig Beweis erhoben, verhandelt und entschieden worden ist.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der zu beiden Klageverfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage hat sowohl mit dem Hauptantrag (I.) als auch mit dem Hilfsantrag (II.) keinen Erfolg.
26I. Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet.
27Der Bescheid der Beklagten vom 16. April 2021 (Az.: 000-00-00) zur Ablehnung der Erteilung des mit Formularantrag unter dem 7. Januar 2021 beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheides zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Gemarkung G1 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines solchen planungsrechtlichen Bauvorbescheides.
28Nach § 77 Abs. 1 S. 1 und 3 i.V.m. § 74 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 421) – im Folgenden: BauO NRW 2018 – ist auf Antrag des Bauherrn vor Einreichung des Bauantrags ein Vorbescheid zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens zu erteilen, wenn dem Vorhaben insoweit keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
29Denn das Vorhaben der Klägerin ist planungsrechtlich unzulässig. Ihm steht § 3 Nr. 1 der Veränderungssperre entgegen, da diese wirksam ist (1.) und die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von ihr hat (2.).
301. Die Veränderungssperre ist formell (a) und materiell (b) rechtmäßig und daher wirksam.
31a) Formelle Mängel macht die Klägerin insoweit weder geltend noch sind sie sonst ersichtlich. Die vom Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 15. September 2022 beschlossene Satzung hat der Oberbürgermeister der Beklagten am 22. September 2022 ausgefertigt und sodann deren Bekanntmachung angeordnet. Daraufhin sind die Satzung und die Bekanntmachungsanordnung im Amtsblatt der Beklagten Nr. 30 vom 30. September 2022, S. 376 ff. öffentlich bekannt gemacht worden. Damit sind die rechtlichen Vorgaben des § 16 Abs. 1 und 2 S. 1 BauGB sowie des § 1 Abs. 1 i.V.m. den §§ 2 ff. der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (BekanntmVO) eingehalten worden.
32b) Materielle Mängel weist die Veränderungssperre ebenfalls nicht auf. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses des Rates der Beklagten vom 15. September 2022 lagen die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB vor.
33Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans (wirksam) gefasst ist (aa), zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich (bb) eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen. Diese Anforderungen sind erfüllt.
34aa) Der Planungsausschuss des Rats der Beklagten hatte bereits in seiner Sitzung vom 8. Juni 2021 den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans „C. Straße / B. Straße – X 00“ gefasst. Dieser Beschluss ist sodann gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB sowie § 1 Abs. 3 i.V.m. den §§ 4 ff. BekanntmVO im Amtsblatt der Beklagten Nr. 23 vom 30. Juni 2021, S. 277 ff. öffentlich bekannt gemacht worden und damit seitdem wirksam. Seine Wirksamkeit wird auch dadurch nicht infrage gestellt, dass die Beschlussvorlage – wie die Klägerin ergänzend vorträgt – eine Plananlage enthielt, in der die bereits im Jahre 2022 erfolgte Bebauung an der „C. Straße 00“ (gemeint sein dürfte die heutige Bebauung mit den Hausnummern 00 d-i) nicht dargestellt war. Abgesehen davon, dass die Vorlage für einen Beschluss aus Juni 2021 keine im Jahre 2022 erfolgte Bebauung enthalten kann, ist auch nicht ersichtlich, dass eine solche an einer einzigen Stelle etwaig unvollständige Darstellung in einer Plananlage die Rechtmäßigkeit des Beschlusses zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das betreffende umliegende Gebiet berühren könnte.
35bb) Der nachfolgend am 15. September 2022 durch den Rat der Beklagten gefasste Satzungsbeschluss über die Veränderungssperre erfolgte auch „zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich“.
36Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes (GG) – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. Insoweit ist es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt – sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat. Dabei kann der Wunsch, ein konkretes Bauvorhaben zu verhindern, durchaus legitimes Motiv für den Erlass einer Veränderungssperre sein. Eingesetzt werden darf dieses Institut jedoch nur, wenn die Gemeinde eben ein bestimmtes Planungsziel, und zwar ein „positives“ Planungsziel, besitzt oder aus Anlass eines Bauantrags entwickelt und deshalb das Entstehen vollendeter Tatsachen verhindern will.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 –, juris, Rn. 28 und 30 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2010 – 4 BN 26.10 –, juris, Rn. 6 ff.; OVG NRW, Urteil vom 25. Oktober 2022 ‑ 2 D 392/21.NE –, juris, Rn. 34 ff.
38Ein solches positives Planungsziel ist hinsichtlich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans gegeben. So wird bereits in der Vorlage X 00/0000-00 zur Begründung des Beschlussvorschlags zum betreffenden Aufstellungsbeschluss ausgeführt, dass der Bebauungsplan eine weitere Bebauung der Grünzüge im Plangebiet einschränken soll, um den Charakter des durchgrünten Wohngebiets mit einer Straßenrandbebauung langfristig zu erhalten; Ziele der Planung seien daher der Erhalt der zusammenhängenden unbebauten Grünflächen westlich der B. Straße, die Sicherung der vorhandenen Straßenrandbebauung an der B. Straße, der P1. Straße, der C. Straße, der I. Straße und der F. Straße sowie die planungsrechtliche Sicherung einer Straßenrandbebauung parallel der T. Straße durch Festsetzung einer angemessen dimensionierten überbaubaren Grundstücksfläche zur Gewährleistung einer behutsamen Nachverdichtung. Dies wird in dem der Vorlage beigefügten Darlegungstext aufgegriffen und weiter ausgeführt. Darüber hinaus werden in dem ebenfalls anliegenden Zielplan konkrete Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung avisiert, wonach an den Straßenrändern ein reines Wohngebiet und im Innenbereich private Grünflächen ausgewiesen werden sollen.
39Der Einwand der Klägerin, dass sich aus einer Zusammenschau mit weiteren Planungsprojekten der Beklagten in der unmittelbaren Umgebung des Vorhabenstandorts und der Umgebung von N. -T1. ergebe, dass die beschriebene Zielvorstellung von der Stadt tatsächlich nicht verfolgt, sondern nur zur Verhinderung des streitgegenständlichen Vorhabens vorgeschoben werde, greift nicht durch. Die Klägerin geht insoweit im Kern zu Unrecht davon aus, dass sich aus einzelnen Nachverdichtungsmaßnahmen in der Umgebung ableiten lässt, dass die Beklagte grundsätzlich der Nachverdichtung den Vorzug gegenüber dem Schutz von Grünflächen gibt und daher das Ziel eines solches Schutzes mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan nur vorgibt. Die Entscheidung der Beklagten zur Zulassung der Errichtung von Gebäuden unter Inanspruchnahme von Grünflächen an einzelnen anderen Stellen des Stadtgebiets lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, dass sie die Grünfläche innerhalb des Gebiets des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans tatsächlich nicht schützen, sondern mit der Planung nur das Vorhaben der Klägerin verhindern will. Soweit die Klägerin für ihre Einschätzung auf den Erlass von Bau- bzw. Abrissgenehmigungen verweist, deren Umsetzung zu einer Beseitigung von Grün- bzw. Brachflächen geführt haben bzw. führen würden, bietet ein solches Verwaltungshandeln im Einzelfall auf der Grundlage der im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage von vornherein keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Ermittlung der Intention des Stadtrats bei der Bauleitplanung. Aber auch durch den Erlass oder die Änderung von Bauleitplänen, die an anderer Stelle die Inanspruchnahme von im Innenbereich gelegenen Grünflächen für die Errichtung von Wohngebäuden ermöglichen, lässt sich nicht im Ansatz ableiten, dass der Rat der Beklagten der Nachverdichtung allgemein oder aber jedenfalls speziell im Zusammenhang mit dem hier fraglichen Grünzug den Vorrang vor dem Schutz von Grünflächen einräumt und das von ihm hinsichtlich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans geltend gemachte Planungsziel daher nur vorgeschoben ist. Dass der Rat der Beklagten in den in der Klagebegründung angeführten Referenzfällen in dem jeweiligen Plangebiet auf sämtlichen Grünflächen eine Bebauung zugelassen hat und damit grundsätzlich der Nachverdichtung einen Vorrang vor dem Schutz von Grünflächen einräumt, hat die Klägerin selbst nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr zeigen etwa die Änderung des Flächennutzungsplans an der I2.---straße , mit der lediglich ein Teil einer Grünfläche in eine Wohnbaufläche umgewandelt werden soll, aber auch die Unterlagen zu dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan, der einerseits die Grünflächen im Innern des Planbereichs schützen soll, andererseits aber eine zusätzliche Straßenrandbebauung an der T. Straße auf einer bisherigen Grünfläche zulässt, dass die Beklagte bei ihrer Planung keinem der Belange einen festen Vorrang einräumt, sondern im Einzelfall versucht, beide in Ausgleich zu bringen. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Danach handelt es sich sowohl bei der Schaffung von Wohnraum und damit der Erfüllung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB speziell im Wege der Nachverdichtung entsprechend der Vorgabe zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden (vgl. § 1a Abs. 2 S. 1 BauGB) als auch beim Umweltschutz (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) und bei der ausreichenden Versorgung mit Grün- und Freiflächen (§ 1 Abs. 6 Nr. 14 BauGB) um unterschiedliche Belange, die bei der Aufstellung von Bauleitplänen gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind, ohne dass einem von ihnen grundsätzlich der Vorrang gebührt. Diese Abwägung ist für jeden Bauleitplan vielmehr gesondert unter Berücksichtigung der in Bezug auf das jeweilige Plangebiet im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt bestehenden Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, was Rückschlüsse auf einen zumindest tatsächlichen allgemeinen Vorrang eines bestimmten Belangs im Rahmen der Bauleitplanung einer Gemeinde bereits vom Ansatz her weitgehend ausschließt. Dementsprechend wäre auch die Forderung einer konsistenten Bauleitplanung mit festen Regeln zum Vorrang bestimmter Belange bzw. zu ihrer vollständigen Durchsetzung im gesamten Plangebiet oder sogar im gesamten Gemeindegebiet nicht gerechtfertigt. Denn der Gemeinde ist eine vollständig konsistente, systemgerechte Planung oft gar nicht möglich und das Gesetz verlangt sie auch nicht.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 2015 – 4 CN 8.14 –, juris, Rn. 18; Külpmann, in: Bischopink/Külpmann/Wahlhäuser, Der sachgerechte Bebauungsplan, 5. Aufl., Rn. 396 f.
41Die beschriebene Abwägung in Bezug auf das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans vorzubereiten und durchzuführen ist wesentlicher Inhalt des Planverfahrens, dessen Schutz die Veränderungssperre gerade dient. Eine Überprüfung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans darauf, ob er den Anforderungen des Abwägungsgebots Rechnung trägt, kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen und ist einer etwaigen nachfolgenden Normenkontrolle vorbehalten.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16.03 –, juris, Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2021 – 2 D 131/20.NE -, juris, Rn. 50.
43Dementsprechend kommt eine antizipierte Rechtmäßigkeitskontrolle eines zukünftigen Bebauungsplans im Rahmen der Inzidentkontrolle einer Veränderungssperre grundsätzlich nur in einem sehr eingeschränkten Umfang in Betracht, nämlich nur dann, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt oder der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind.
44Vgl. dazu etwa OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2021 – 2 D 131/20.NE -, juris, Rn. 47 m. w. N. und Beschlüsse vom 13. Juni 2022 – 2 A 362/22 –, juris, Rn. 17 und vom 23. Mai 2022 – 2 A 2444/21 –, juris, Rn. 12.
45Dass diese – der Funktion einer Veränderungssperre wesensimmanenten – strengen Anforderungen hier erfüllt sind, zeigt weder die Klägerin auf noch ist dies sonst erkennbar.
46Entgegen der Einschätzung der Klägerin lässt sich die Annahme einer reinen Verhinderungsplanung ohne positive Planungskonzeption auch nicht mit angeblichen Widersprüchen im Hinblick auf die Klimarelevanz der Planung begründen. Dass die planungsrechtliche Sicherung der zusammenhängenden Grünflächen – nach den Ausführungen im erwähnten Darlegungstext – auch aus klimatischer Sicht von hoher ökologischer Bedeutung ist (S. 12 unten), begründet nämlich keinen Widerspruch zur nachfolgenden Feststellung im Rahmen der Vorprüfung der Klimawirkung, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan im Ergebnis weder eine positive noch eine negative Klimarelevanz hat. Denn auch der letztgenannten Feststellung wird die Erläuterung angefügt, dass die Sicherung der vorhandenen Grünvernetzung in Zeiten intensiver Innenraumverdichtung von hoher ökologischer Bedeutung ist, anschließend jedoch eingeräumt, dass durch weitere Bebauung im Rahmen von Verdichtung aber auch durch Abriss und Neubau – wie sie der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan an den Straßenrändern sichern will – zusätzliche Treibhausgasemissionen verursacht werden können, sodass sich im Ergebnis die positiven und negativen Effekte insofern aufheben.
47Anhaltspunkte für eine Verhinderungsplanung ergeben sich auch nicht daraus, dass es sich bei der betreffenden Grünfläche – wie von der Klägerin in anderem Zusammenhang vorgetragen – aufgrund ihrer zergliederten Struktur gar nicht um eine wesentliche Fläche handele und dementsprechend auch das Grünflächenamt im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung mitgeteilt habe, dass seine Belange nicht berührt seien. Dass es sich bei dem betreffenden innenliegenden Bereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans trotz Stichstraßen und teilweise tieferreichender Bebauung um einen Grünzug beachtlicher Länge, zum Teil aber auch Breite handelt, lässt sich bereits den frei verfügbaren Satellitenbildern entnehmen. Gegen eine erhebliche Bedeutung der Grünfläche spricht auch nicht die Feststellung des Grünflächenamtes vom 9. Juli 2021 im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, dass seine Belange durch die Planung nicht berührt seien. Vielmehr hat insoweit das Amt der Beklagten für Umweltschutz in seiner Stellungnahme vom 2. August 2021 die Bedeutung der betreffenden Grünfläche für den Natur- und Landschaftsschutz und das Klima dargelegt. Alles Weitere wird vom Rat der Beklagten im Aufstellungsverfahren zu erwägen sein.
48Schließlich werden auch keine grundlegenden Zweifel an der Erforderlichkeit der der Veränderungssperre zugrunde liegenden Planung dadurch begründet, dass die Planung mit der beabsichtigten Festsetzung eines reinen Wohngebiets an den Straßenrändern angesichts des damit einhergehenden höheren Schutzanspruchs einen Konflikt mit Gewerbebetrieben im und rund um das Plangebiet hervorruft, die entsprechende immissionsschutzrechtliche Anforderungen nicht erfüllen könnten. Die Lösung solcher Konflikte im Rahmen der Planaufstellung erscheint keineswegs von vornherein ausgeschlossen. Hierfür bestehen vielmehr zahlreiche Möglichkeiten planerischer Festsetzung – etwa in Form von Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB) oder durch eine zumindest partiell veränderte Festsetzung der Art der baulichen Nutzung.
492. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre. Nach § 14 Abs. 2 S. 1 BauGB und § 4 Abs. 1 der Veränderungssperre kann von dieser Sperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen.
50Der Erteilung einer Ausnahme für das Vorhaben der Klägerin stehen jedoch überwiegende öffentliche Belange entgegen – und zwar der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung und damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Denn ein Vorhaben, das mit diesem Sicherungszweck nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden, weil andernfalls die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen könnte.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 –, juris, Rn. 22.
52Mit der Genehmigung des Vorhabens würde der mit der Planung beabsichtigte Erhalt der Grünfläche in Bezug auf das Vorhabengrundstück offensichtlich unmöglich gemacht. Denn die Zulassung eines Gebäudes in Teilbereichen des Vorhabengrundstücks stünde in klarem Widerspruch zu der ausweislich des Zielplans auch dort geplanten Festsetzung einer privaten Grünfläche.
53Der Einwand der Klägerin, dass die Struktur der Grünfläche auch bei Realisierung des Vorhabens erhalten bleiben würde, da die Grünfläche dort eine Breite von ca. 100 m aufweise und durch das Vorhaben nur in weit untergeordnetem Umfang verkleinert werde, geht fehl. Denn dies ändert nichts am Befund eines grundsätzlichen Widerspruchs zur beabsichtigten Festsetzung. Ließe sich mit einer entsprechenden Argumentation für ein einzelnes Grundstück eine Ausnahme begründen, so müsste dies folgerichtig auch für jeden anderen grundsätzlich bebaubaren Teil der Grünfläche gelten, wodurch die Veränderungssperre im Ergebnis weitgehend unterlaufen werden könnte. Im Übrigen setzt die Klägerin das Ausmaß der Verkleinerung der Grünfläche durch die Beschränkung der Betrachtung auf die Grundfläche des Wohnhauses von 5 m x 25 m (ohne Garage, Stellplatz, Zuwegung, Terrasse und etwaige weitere Versiegelung) einerseits und die Berücksichtigung des überwiegend nicht begrünten und nicht für die Festsetzung einer Grünfläche vorgesehenen Flurstücks 000 andererseits als zu gering an. Bei Erfassung der Nebenanlagen (Garage mit einer Fläche von 3 m × 7 m, Zuwegung mit einer Fläche von 3 m × 8,30 m, Terrasse mit einer Fläche von schätzungsweise 3 m × 6 m) und Beschränkung der Betrachtung auf das Flurstück 492 mit 1667 m² wird mit dem Vorhaben auf dieses Grundstück bezogen mehr als 11 % und damit ein erheblicher Anteil an Grünfläche entzogen.
54Dass einzelne führende Vertreter der Beklagten – wie von der Klägerin ergänzend geltend gemacht – unmittelbar vor, aber auch noch nach Erlass der Veränderungssperre ihr gegenüber in einer E-Mail bzw. einem Gespräch erklärt hätten, dass diese Sperre hinsichtlich des Vorhabens nicht eingreifen würde, vermag die Wirksamkeit der Satzung der Beklagten zur Veränderungssperre von vornherein nicht zu berühren, stellt aber schon aufgrund der Formlosigkeit der Erklärungen auch keine Zusicherung auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre dar, sodass dahingestellt bleiben kann, wie die vorgelegte E-Mail auszulegen ist und ob das weitere Gespräch tatsächlich den von der Klägerin behaupteten, von der Beklagten aber bestrittenen Inhalt hatte.
55II. Die Klage ist aber auch mit dem zulässigen (1.) Hilfsantrag unbegründet (2.).
561. Die Klägerin hat für den nach sinngemäßer Erledigung ihres Verpflichtungsbegehrens durch den Erlass der Veränderungssperre entsprechend § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO statthaften Fortsetzungsfeststellungsantrag
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1980 – 4 C 3.78 –, juris, Rn. 23 ff.,
58auch das erforderliche
59vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 – 8 C 20.12 –, juris, Rn. 11,
60berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung des begehrten planungsrechtlichen Bauvorbescheides. Denn sie hat – zu der in Frage stehenden Erledigung durch Erlass der Veränderungssperre im September 2022 und damit nach Klageerhebung im Mai 2021 –
61vgl. zum Erfordernis der nachträglichen Erledigung bei Fortsetzungsfeststellungsklagen zur Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses: BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2001 – 1 WB 15.01 –, juris, Rn. 8,
62substantiiert dargelegt, dass sie in dieser Angelegenheit eine zivilrechtliche Klage gegen die Beklagte auf Schadensersatz oder Entschädigung nach den §§ 39 Abs. 1 b) OBG, 839 Abs. 1 BGB ernsthaft beabsichtigt, für die die Feststellung einer Rechtswidrigkeit der Ablehnung erheblich und die auch nicht offensichtlich aussichtslos ist. Insbesondere hat sie insoweit auch die Behauptung eines eingetretenen Schadens durch Angaben zur Art des Schadens und zur annähernden Schadenshöhe substantiiert.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. März 2014 – 2 A 2679/12 –, juris, Rn. 47 sowie Beschlüsse vom 12. April 2013 – 10 A 671/11 –, juris, Rn. 71 f. und vom 5. Juli 2012 – 12 A 1423/11 –, juris, Rn. 26 ff.
642. Der somit zulässige Fortsetzungsfeststellungsantrag ist jedoch ebenfalls unbegründet, da die Beklagte auch bis zur Bekanntmachung der Veränderungssperre am 30. September 2022 nicht verpflichtet gewesen ist, den mit Formularantrag unter dem 7. Januar 2021 beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Gemarkung G1 zu erteilen. Denn die Klägerin hatte auch damals schon nach § 77 Abs. 1 S. 1 und 3 i.V.m. § 74 Abs. 1 BauO NRW 2018 keinen Anspruch auf Erteilung eines solchen planungsrechtlichen Bauvorbescheides. Das Vorhaben der Klägerin war nämlich auch zu diesem Zeitpunkt bereits planungsrechtlich unzulässig.
65Dabei kann dahinstehen, ob der Vorhabenstandort, der sich jedenfalls außerhalb des Geltungsbereichs eines wirksamen Bebauungsplans befindet, noch Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist (a) oder im Außenbereich liegt (b).
66a) Bei einer (naheliegenden) Einordnung des Vorhabenstandorts zum unbeplanten Innenbereich fügt sich das Vorhaben in seiner näheren Umgebung (aa) in deren Eigenart hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche (bb) nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ein (cc).
67aa) Zur näheren Umgebung gehört hinsichtlich dieses Merkmals die Bebauung an der westlichen Seite der B. Straße von Hausnummer 00 bis maximal 00 sowie an der nördlichen Seite der Stichstraße von Hausnummer 00 bis 00 c, wobei die Einbeziehung der Häuser 00 und 00 aufgrund ihrer Hanglage bereits zweifelhaft sein könnte.
68Berücksichtigt werden muss die Umgebung, die für die in § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist,
69vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 –, juris, Rn. 7,
70einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst.
71Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 –, juris, Rn. 33 und Beschluss vom 13. Mai 2014 ‑ 4 B 38.13 –, juris, Rn. 7,
72Bei der Eingrenzung der näheren Umgebung kann die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich sinngemäß angewendet werden.
73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. September 2016 – 10 A 1574/14 –, juris, Rn. 67.
74Danach kann grundsätzlich auch ein Geländehindernis, eine Erhebung oder ein Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o. ä.) den in den Blick zu nehmenden örtlichen Bereich begrenzen.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 2010 – 4 C 7.10 –, juris, Rn. 12.
76Von diesen Maßstäben ausgehend wird die nähere Umgebung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche insbesondere nach dem im Ortstermin gewonnenen Eindruck nach Westen hin eindeutig durch den erheblichen Geländesprung jenseits des Vorhabenstandorts begrenzt.
77Angesichts der hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche regelmäßig und so auch hier begrenzten Weite des in den Blick zu nehmenden Bereichs,
78vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 –, juris, Rn. 8 f.; OVG NRW, Urteil vom 16. November 2001 – 7 A 1143/00 –, juris, Rn. 27 ff.,
79erfasst die nähere Umgebung zur anderen Seite nur die Bebauung an der westlichen Seite der B. Straße und zwar aufgrund des nach den örtlichen Verhältnissen insoweit begrenzten Maßes gegenseitiger Prägung und mangels weitergehender Sichtbeziehungen nach Norden hin maximal bis zu Hausnummer 00 und nach Süden hin bis einschließlich der Hausnummer 00 und der Bebauung an der nördlichen Seite der nachfolgenden Stichstraße von den Hausnummern 00 bis 00 c. Dabei handelt es sich nach den örtlichen Gegebenheiten am Fuß des Geländesprungs um den Bebauungsbereich, der für die Frage, ob die vorhandene Bebauung eine faktische Baugrenze bildet und ob ein bislang von Bebauung freier „Blockinnenbereich“ besteht, maßstabbildend ist – wie dies typischerweise für das jeweilige Straßenkarree angenommen wird.
80Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26. August 2019 – 1 LA 41/19 –, juris, Rn. 8.
81Die weiter nördlich und südlich gelegenen Grundstücke liegen mit mehr als 100 m so weit vom Zentrum des Vorhabengrundstücks entfernt, dass sie mit diesem insoweit nicht mehr in einem Verhältnis gegenseitiger Prägung stehen.
82bb) Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche zeichnet sich die Eigenart dieser näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks durch eine relativ straßennahe Bebauung mit einer faktischen rückwärtigen Baugrenze bzw. Bebauungstiefe
83vgl. zur Deckungsgleichheit beider Rechtsbegriffe: Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB – Kommentar, Stand: August 2022, § 23 BauNVO, Rn. 33,
84von maximal 49 m und einem anschließenden unbebauten „Blockinnenbereich“ aus.
85Zur näheren Konkretisierung dieser Begrifflichkeiten kann auf die Begriffsbestimmungen in § 23 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zur überbaubaren Grundstücksfläche zurückgegriffen werden.
86Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2019 – 4 B 1.19 –, juris, Rn. 6.
87Für die Feststellung der überbaubaren Grundstücksfläche kommt es grundsätzlich nur auf die vorhandenen Hauptnutzungen an. Denn aufgrund der Sonderregelungen des § 25 Abs. 5 BauNVO bilden Nebenanlagen, aber auch Garagen und Stellplätze als nach Landesrecht in den Abstandsflächen grundsätzlich zulässige bauliche Anlagen auch im unbeplanten Innenbereich insoweit keinen Maßstab.
88Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – 4 C 9.16 –, juris, Rn. 7 ff. und Beschluss vom 6. November 1997 – 4 B 172.97 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2008 – 7 A 1969/07 –, juris, Rn. 31; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – OVG 10 N 47.14 –, juris, Rn. 12; BayVGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 – 15 ZB 10.445 –, juris, Rn. 11.
89Entsprechend § 23 Abs. 4 BauNVO kann die überbaubare Grundstücksfläche auch durch Festsetzung der Bebauungstiefe bestimmt werden. Nach § 23 Abs. 4 S. 2 BauNVO ist die Bebauungstiefe von der tatsächlichen Straßengrenze aus zu ermitteln. „Tatsächliche Straßengrenze“ ist dabei die Grenze der als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße.
90Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2019 – 4 B 1.19 –, juris, Rn. 6.
91Dabei wird die Bautiefe nicht durch die Stellung der Gebäudekörper parallel oder diagonal zur Straße, sondern durch die Entfernung des hintersten Punkts der rückwärtigen Fassade von der Straßenbegrenzungslinie bestimmt.
92Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 1. September 2022 – 1 LB 4/21 –, juris, Rn. 22.
93Erfolgt die Erschließung über einen eigenen, aber unselbstständigen Stichweg, bleibt die Haupttrasse der Straße die eigentliche Erschließungsstraße – und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich insoweit um einen privaten oder aber um einen öffentlichen Stichweg handelt, da es im Hinblick auf das Einfügen nach § 34 Abs. 1 BauGB auf den tatsächlichen und nach außen leicht wahrnehmbaren baulichen Bestand ankommt, der Charakter einer Straße als öffentlich oder privat aber üblicherweise optisch nicht in Erscheinung tritt. Als unselbstständige Anhängsel zu qualifizieren sind grundsätzlich alle abzweigenden befahrbaren Verkehrsanlagen, die nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln, d. h. die ungefähr wie eine Zufahrt aussehen. Entscheidend ist das wahrnehmbare Verhältnis des Stichwegs zu dem Straßenzug, von dem er absticht. Wann ein solcher Stichweg für den verständigen Betrachter den Eindruck der Unterordnung und Unselbstständigkeit vermittelt, ist dabei in wertender Betrachtung anhand aller Umstände des Einzelfalls – etwa seiner Länge und Breite, seines Ausbauzustands, seiner erkennbaren Funktion, dem Straßennamen, der Hausnummernvergabe, aber auch Größe, Bedeutung und Breite des Hauptwegs – zu bestimmen. Jedenfalls indizielle Bedeutung kann auch die Beurteilung der (Un-)Selbstständigkeit einer Erschließungsstraße im Erschließungsbeitrags- oder Straßenausbaubeitragsrecht haben.
94Vgl. OVG NRW , Urteile vom 1. März 2017 – 2 A 45/16 –, juris, Rn. 64 ff. und vom 26. Januar 2016 ‑ 15 A 1006/14 –, juris, Rn. 41.
95Nach diesen Kriterien stellt sich der zwischen den Häusern 00 und 00 von der B. Straße nach Westen abzweigende Stichweg (Flurstück 000, ehemals 000), der ausweislich des Grundbuchs seit Jahrzehnten im Eigentum der Beklagten steht, als selbstständig und damit als eigene öffentliche Erschließungsstraße dar, von deren Straßenrand und damit nicht vom Straßenrand der Haupttrasse aus die Bebauungstiefe zu bemessen ist.
96Zwar weist der Stichweg mit knapp 80 m im Vergleich zum Hauptzug mit etwa 800 m eine deutlich geringere Länge, keinen eigenen Straßennamen und zum Teil auch eine „Buchstabennummerierung“ auf. In letztgenannter Hinsicht ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch an der Haupttrasse der B. Straße zahlreiche Gebäude eine Hausnummer mit Buchstaben tragen (00 a, 00 a, 00 a, 00 a und 00 a) und bei der Nummerierung im Bereich des Stichwegs offensichtlich von vornherein bewusst eine beachtliche Lücke gelassen wurde. Darüber hinaus dient der Stichweg nicht nur der Erschließung von einigen wenigen, sondern von insgesamt immerhin neun Gebäuden. Außerdem ist die Breite der Fahrbahn der Stichstraße (ohne Fußweg) mit etwa 5 m mit derjenigen der Fahrbahn des Hauptzugs (ohne Fußweg und Seitenstreifen) quasi identisch. Auch ist der an beiden Seiten abgerundete Einmündungsbereich in den Hauptweg verhältnismäßig großzügig und von der Pflasterung her einheitlich gestaltet. Der sich an diesen Einmündungsbereich nach Westen hin anschließende Bereich des Stichwegs weist zwar mit einem Asphaltbelag einen anderen, aber nichtsdestotrotz festen und qualitativ hochwertigen Straßenbelag sowie einen mit der Haupttrasse vergleichbaren Ausbauzustand mit abgeflachten Bordsteinen, Fußwegen an der Nord- und Südseite von knapp 1 m Breite sowie Straßenlaternen auf. Dabei erstreckt sich die Wegeparzelle des Stichwegs mit einem gesonderten Einmündungsbereich sogar noch nach Süden zu den Stellplätzen zwischen den Häusern 00 a und 00 b. Bei alledem lässt sich insbesondere nach Breite, Gestaltung und Bedeutung kein erheblicher Unterschied zwischen dem Stichweg und der Haupttrasse der B. Straße erkennen. Gerade auch nach dem im Ortstermin gewonnenen Eindruck handelt es sich bei beiden Verkehrsflächen um bloße Anwohnerstraßen. Insbesondere vermittelt der Stichweg in der Örtlichkeit gerade nicht den Eindruck einer bloßen Grundstückszufahrt. Darauf, ob die Beklagte diesen Stichweg selbst erschließungsbeitrags- und straßenausbaubeitragsrechtlich als unselbstständige Erschließungsanlage wertet, kommt es bei alledem nicht mehr an.
97Nicht mit in die Betrachtung zur Feststellung der faktischen Bebauungstiefe einzubeziehen ist der im Ortstermin festgestellte Anbau im nördlichen Bereich der westlichen Außenwand des Gebäudes B. Straße 00 in Form einer Brücke bzw. aufgeständerten Terrasse.
98Zum jeweiligen Bebauungszusammenhang gehört grundsätzlich die gesamte tatsächlich vorhandene Bebauung. Ob eine vorhandene, nicht genehmigte Bebauung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, ob sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben. Tatsächlich vorhandene ungenehmigte bauliche Anlagen bleiben dann bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung außer Betracht, wenn das Verhalten der Bauaufsichtsbehörde – namentlich durch den Erlass einer Beseitigungsverfügung – hinreichend klar ergibt, dass ihre Beseitigung absehbar ist.
99Vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Juni 2019 – 4 C 10.18 –, juris, Rn. 15 und vom 6. November 1968 ‑ IV C 31.66 –, juris, Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2019 – 10 A 2625/18 –, juris, Rn. 9.
100Der fragliche Anbau an das Gebäude B. Straße 00 ist in der tatsächlich vorhandenen Form nicht genehmigt. Die mit der Klagebegründung in Bezug genommene Baugenehmigung vom 15. Juli 1996 zur Errichtung von drei überdachten Stellplätzen und einer Brücke mit einer Tiefe von 8 m wurde nach den Feststellungen der Beklagten im Rahmen der Baukontrollen vom 16. Oktober 1996, 24. Juni 1997 und 15. Februar 1999 innerhalb ihrer Geltungsdauer nach § 77 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 1995 von zwei Jahren nach ihrer Erteilung nicht ausgenutzt (vgl. Bl. 19 Rückseite des Teilbands 4 der Beiakte Heft 20 zum Verfahren 9 K 3428/21) und ist daher erloschen. Davon abgesehen dürfte die tatsächlich vorhandene Anlage nach den Ausführungen des Leiters des Amtes für Bauaufsicht und Denkmalschutz der Beklagten in der mündlichen Verhandlung von ihrer Gestaltung her in verschiedener Hinsicht auch nicht dem entsprechen, was 1996 zusammen mit den drei Stellplätzen genehmigt worden ist (andere Materialien und keine einheitliche Ebene, sondern Versatz im hinteren Bereich). Die Anlage wird von der Beklagten auch nicht in einer Weise geduldet, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit ihrem Vorhandensein abgefunden hat. Die Beklagte hat erstmals offenbar im Ortstermin vom 20. Oktober 2022 von der Existenz der Anlage Kenntnis erhalten, daraufhin nach den substantiierten Angaben in der mündlichen Verhandlung am 24. November 2022 eine Baukontrolle durchgeführt und den Eigentümer des betreffenden Grundstücks unter dem 27. Februar 2023 zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten angehört. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung in der ergänzenden Klageerwiderung vom 22. Februar 2023 gegen die Anlage zeitnah entsprechend bauaufsichtlich einschreiten wird.
101Darüber hinaus ist die Brücke bzw. aufgeständerte Terrasse aber auch im Rahmen der nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderlichen Rückführung der Betrachtung auf das Wesentliche auszuscheiden. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt nämlich ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt. Auszusondern sind insbesondere solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
102Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 – 4 C 23.86 –, juris, Rn. 13 f.
103Aufgrund ihrer geringen baulichen Substanz tritt die Brücke bzw. aufgeständerte Terrasse gerade auch nach dem örtlichen Eindruck trotz ihrer Höhe und Tiefe nach außen hin nicht als beachtlicher Baukörper mit prägender Kraft, sondern eher als Teil eines Weges in den rückwärtigen Grundstücksbereich in Erscheinung.
104Bei alledem liegt im vorgenannten Bereich mit maximal 18 Gebäuden ausweislich des frei verfügbaren Kartenmaterials, der Lagepläne aus den beigezogenen Hausakten (Beiakten Hefte 6 und 20 zum Verfahren 9 K 3428/21) sowie den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (Bl. 144 der Gerichtsakte des Verfahrens 9 K 3428/21 / Bl. 114 Rückseite der Gerichtsakte zum Verfahren 9 K 3532/21) die Bebauungstiefe der Hauptnutzung schwerpunktmäßig zwischen 15 m und 25 m (Hausnummern 00, 00, 00 a, 00 b, 00 c, 00, 00 a, 00, 00, 00, 00, 00, 00 und 00), während lediglich vier Objekte darüber hinausgehend eine Bebauungstiefe von 39-49 m erreichen (Hausnummern 00, 00, 00 a und 00), selbst wenn man auch das Objekt B Straße 00 trotz seiner erheblichen Hanglage noch zur näheren Umgebung zählt und auch nicht als Fremdkörper aus der Betrachtung nimmt.
105Bei dieser Sachlage und angesichts der sich hinter der Bebauung erstreckenden, grundstücksübergreifenden und im räumlichen Zusammenhang stehenden unbebauten Grünfläche lässt sich hinsichtlich der Bebauungstiefe auch von einer städtebaulich hinreichend verfestigten Situation sprechen, die kein bloßes Zufallsprodukt ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert, sondern über § 34 Abs. 1 BauGB eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums darstellt.
106Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Mai 2018 – 10 A 191/16 –, juris, Rn. 65; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2013 – OVG 10 B 4.12 –, juris, Rn. 45.
107cc) Den somit in der näheren Umgebung feststellbaren Rahmen in Bezug auf die Tiefe der Bebauung zwischen 15 m und 49 m überschreitet das Vorhaben mit etwa 53,80 m um 4,80 m und damit das Höchstmaß um etwa 10 % deutlich. Dieses Maß der Bebauungstiefe des Vorhabens ergibt sich dabei aus dem Abstand der östlichen Grenze des Flurstücks 000 von der Straßenbegrenzungslinie, der sich (abgegriffen) auf etwa 45,50 m beläuft, zuzüglich des nach dem vorgelegten Lageplan vorgesehenen Abstands des Baukörpers zu dieser Grenze von 3,30 m sowie dessen Tiefe von 5 m.
108Allerdings können sich auch Vorhaben, die den aus ihrer Umgebung ableitbaren Rahmen überschreiten, dennoch dieser Umgebung einfügen. Bei der „Einfügung“ geht es weniger um „Einheitlichkeit“ als um „Harmonie“. Das Gebot des Einfügens zwingt nicht zur Uniformität und hindert nicht schlechthin daran, den vorgegebenen Rahmen zu überschreiten. Aber es hindert daran, dies in einer Weise zu tun, die geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder die vorhandenen Spannungen zu erhöhen. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet. Solche bodenrechtlich beachtlichen ausgleichsbedürftigen Spannungen können durch ein Vorhaben gerade auch infolge seiner Vorbildwirkung erzeugt oder erhöht werden. Dabei schließt die bloß abstrakte oder entfernte Möglichkeit, dass ein Vorhaben Konflikte im Hinblick auf die künftige Nutzung benachbarter Grundstücke auslöst, die Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB allerdings nicht aus. Dagegen fügt sich ein Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es die Gefahr heraufbeschwört, dass der gegebene Zustand in negativer Richtung in Bewegung gebracht wird. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der von der Bebauung bisher eingehaltene Rahmen überschritten wird, ohne dass dies durch irgendeine Besonderheit begründet wäre, durch die sich das Baugrundstück von den Nachbargrundstücken unterscheidet.
109Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 –, juris, Rn. 47 und Beschluss vom 25. März 1999 ‑ 4 B 15.99 –, juris, Rn. 5 f.
110Von diesen Grundsätzen ausgehend würde das Vorhaben in seiner Umgebung erhebliche bodenrechtliche Spannungen begründen. Denn entgegen der Einschätzung der Klägerin ginge von ihm eine negative Vorbildwirkung für eine entsprechend tiefe, den bisherigen Rahmen überschreitende Bebauung auf mehreren benachbarten Grundstücken aus. Zur Begründung ihrer gegenteiligen Annahme beschränkt sich die Klägerin zunächst zu Unrecht auf den vermeintlichen Ausschluss der möglichen Errichtung eines weiteren Gebäudes auf den bisher unbebauten Flächen. Bereits auf dem Grundstück B. Straße 00 wäre jedoch – insbesondere nach der Beseitigung der Brücke bzw. aufgeständerten Terrasse – ein Anbau an die westliche Außenwand bis in den an dieser Stelle bereits terrassierten Hang hinein möglich. Darüber hinaus könnten aber auch auf den Flurstücken 000 und 000 (B. Straße 00 und 00) ohne weiteres Anbauten an die vorhandenen Wohnhäuser oder aber sogar Neubauten bis in die mit dem Vorhaben vorgesehene Tiefe errichtet werden. Dass das Flurstück 000 im rückwärtigen Bereich lediglich eine Breite von knapp 11m aufweist, hindert eine solche Bebauung – entgegen der Klägerin – auch unter Berücksichtigung der notwendigen Abstandsflächen von jeweils 3 m nach Norden und Süden nicht. Dies zeigt bereits das streitbefangene Vorhaben der Klägerin mit einer Tiefe von lediglich 5 m. Jedenfalls aber auf dem Flurstück 195 mit einer Breite von etwa 19 m wäre eine weitere entsprechend tiefe Bebauung möglich. Irgendeine Besonderheit, die das Vorhabengrundstück von den drei vorgenannten Grundstücken hinsichtlich der Möglichkeit der Bebauung unterscheidet, ist somit weder von Klägerseite substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich. Bei Verwirklichung des Vorhabens besteht daher die ernsthafte Gefahr, dass sich die Bebauung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks an mehreren Stellen in den bisher unbebauten „Blockinnenbereich“ ausdehnt und damit die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert. Zu einer ‑ von der Klägerin vertretenen – Relativierung der Vorbildwirkung dahingehend, dass dem Vorhaben, das selbst noch zu keiner unangemessenen Verminderung der Freifläche führe, nicht entgegengehalten werden könne, dass nachfolgende Vorhaben eine solche Wirkung hätten, besteht kein Anlass. Die zu befürchtende bodenrechtlich relevante Verschlechterung der Situation liegt in der deutlichen Erhöhung der Bebauungstiefe in der näheren Umgebung als solcher, die – wie dargelegt – nicht aufgrund besonderer Umstände nur auf das Vorhabengrundstück beschränkt ist, sondern entsprechende Bebauungsmöglichkeiten auf mehreren Nachbargrundstücken eröffnet.
111b) Ginge man stattdessen trotz des weiter westlich erfolgenden Geländesprungs und der geringeren Breite des Grünzugs davon aus, dass der Vorhabenstandort in einer Außenbereichsinsel inmitten eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt,
112vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 – 4 C 15.84 –, juris, Rn. 14 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2005 – 10 A 2219/02 –, juris, Rn. 5,
113wäre das nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 2 planungsrechtlich unzulässig, da es die Entstehung, alternativ die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten ließe, die in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB als typischer Fall einer siedlungsstrukturell unerwünschten baulichen Außenbereichsnutzung genannt ist, die nach dem Willen des Gesetzgebers allgemein verhindert werden soll.
114Unerwünscht ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Als Grund für eine Missbilligung kommt unter anderem in Betracht, dass das Vorhaben eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben nicht verhindert werden könnten und der Außenbereich durch solche Vorhaben zersiedelt werden würde, die dort nach der gesetzgeberischen Wertung gerade nicht errichtet werden sollen.
115Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23.04 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 21/17 –, juris, Rn. 59.
116Die Entstehung einer Splittersiedlung kann gerade auch durch die Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils anzunehmen sein, da auch durch einen solchen Vorgang eine städtebaulich unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs eintreten kann.
117Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Februar 1976 – IV C 72.74 –, juris, Rn. 21 und vom 25. Januar 1985 ‑ 4 C 29.81 –, juris, Rn. 11 sowie Beschluss vom 11. Oktober 1999 – 4 B 77.99 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 21/17 –, juris, Rn. 61 und Beschluss vom 7. März 2006 ‑ 10 A 1654/05 –, juris, Rn. 12.
118Die Zulassung des Vorhabens hätte bei der unterstellten Sachlage eine Ausdehnung des Bebauungszusammenhangs an der westlichen Seite der B. Straße in die bislang von Bebauung freigehaltene Außenbereichsinsel zur Folge. Dies genügt nach Vorstehendem grundsätzlich bereits, um das Vorhaben als siedlungsstrukturell unerwünscht zu qualifizieren.
119Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 21/17 –, juris, Rn. 61.
120Das Vorhaben wäre darüber hinaus aber auch – wie dargelegt – konkret geeignet, eine Nachfolgebebauung nach sich zu ziehen. Denn mit der Zulassung des Vorhabens würden jedenfalls Versagungsgründe für vergleichbar tiefreichende Bauvorhaben jedenfalls auf den südlich angrenzenden Grundstücken an der B. Straße 00 und 00, aber auch auf dem nördlichen Nachbargrundstück an der B. Straße 00 deutlich abgeschwächt.
121Bei alledem kommt es für die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht darauf an, ob dessen ausreichende Erschließung im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 bzw. § 35 Abs. 1 BauGB gesichert ist.
122Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
123Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 der Zivilprozessordnung.
124Rechtsmittelbelehrung:
125Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
126Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
127Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
128Die Berufung ist nur zuzulassen,
1291. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1302. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1313. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1324. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1335. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
134Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
135Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
136Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz ‑ RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
137Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
138Beschluss:
139Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
140Gründe:
141Die Festsetzung des Streitwerts ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und orientiert sich an den Ziffern 1.) a) und 5.) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610).
142Rechtsmittelbelehrung:
143Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
144Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
145Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
146Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
147Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
148War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.