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Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 23. August 2022 und der zugehörige Widerspruchsbescheid werden insoweit aufgehoben, als darin ein Straßenbaubeitrag von mehr als 28.930,35 Euro festgesetzt und ein Betrag zur Zahlung angefordert worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin zu einem Straßenbaubeitrag nach § 8 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) wegen einer Straßenausbaumaßnahme, die die „A-Straße“ in B (im Folgenden auch als betroffene(r) oder abgerechneter(r) Bereich oder Anlage bezeichnet) betraf; Veranlagungsgegenstand ist das hier streitgegenständliche Grundstück mit der postalischen Bezeichnung „C-Str. 0/A-Straße“ (Gemarkung G1, G2 und G3).
3Nach Angaben der Beklagten ist die A-Straße Ende der 1950-er Jahre erstmalig hergestellt worden.
4Die an die „A-Straße“ angrenzenden Grundstücke liegen im Bereich von Bebauungsplänen, durch die sie als „Industriegebiet“ festgesetzt sind (vgl. Plan – Beiakte Heft 1, Bl. 64; Aktenvermerk vom 26. Juni 2017 – Beiakte Heft 1, Bl. 89)
5Ausweislich der ersten Entwurfsplanung zum Ausbau, die dem Bau- und Verkehrsausschuss der beklagten Stadt am 13. Februar 2017 vorgestellt worden war, ist die „A-Straße“ eine etwa 220 m lange Sackgasse. Die dortige Kanalisation ist als Trennsystem ausgelegt. Die Straße war vor dem Ausbau insgesamt 10 m breit; die Fahrbahn war 6 m breit und beidseitig schlossen sich je 2 m breite Gehwege an. Der Schmutzwasserkanal war von dem Ausbau nicht betroffen; der Regenwasserkanal sollte in Erfüllung des Generalsentwässerungsplanes aufdimensioniert werden, und zwar auf drei Haltungen von DIN 300 auf DIN 700 und auf zwei Haltungen von DIN 300 auf DIN 600; die Haltungen östlich der Wendeanlage sollten in der Größe DIN 300 verbleiben [vgl. zum Vorstehenden: Unterlage „Entwurfsplanung“: Beiakte Heft 1, Bl. 20 ff.]
6In seiner Sitzung vom 29. Juni 2017 nahm der Bau- und Verkehrsausschuss die Ergebnisse der zwischenzeitlich von der Verwaltung durchgeführten Bürgerinformationsveranstaltung zur Kenntnis und beauftragte die Verwaltung, die „A-Straße“ nach der in der Sitzung vorgestellten (Plan-)Variante 1 auszubauen [vgl. dazu den Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses mit Beschluss – Beiakte Heft 1, Bl. 59]. Nach der beschlossenen Variante sollten im Zuge des Ausbaus der „A-Straße“ die Fahrbahn und die Seitenbereiche der Straße grundhaft erneuert und sieben Parkplätze durch Markierung auf der Fahrbahn geschaffen werden; ferner sollte der Regenwasserkanal erneuert und aufdimensioniert werden [vgl. zum Vorstehenden: Unterlage „Ausbau der A-Straße“: Beiakte Heft 1, Bl. 11 ff.].
7Mit Bescheid vom 1. Juli 2019 zog die Beklagte die Klägerin wegen der streitgegenständlichen Grundbesitzung zu Vorausleistungen auf den hier in Rede stehenden Ausbaubeitrag in Höhe von 29.628,60 Euro heran; dieser Bescheid ist nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren bestandskräftig geworden (Beiakte Heft 2, Bl. 11 ff.). Bereits im damaligen Widerspruchsverfahren hatte sich die Klägerin insoweit gegen ihre Heranziehung gewehrt, als die beiden südlich der A-Straße gelegenen Grundstücke nicht in die Beitragsverteilung aufgenommen werden sollten. In diesem Zusammenhang führte sie folgendes aus: Die südlich der Straße gelegenen Grundstücke seien nur durch einen Zaun von der betroffenen Anlage getrennt. Zwischen Zaun und den Betriebsgebäuden befänden sich Rasenflächen. Die Grundstücke könnten auch mit Lastkraftwagen angefahren werden. Soweit die auf den Grundstücken befindlichen Gebäude deren Befahren mit Lastkraftwagen hinderten, seien dies von den Anliegern selbst verursachte Befahrungshindernisse, die der Erschließung durch die Anlage nicht entgegengehalten werden könnten. Die örtlichen Gegebenheiten stünden also der Anlage einer Zu-/Abfahrt zur der A-Straße nicht entgegen.
8In der Zeit von Februar bis August 2019 wurde die „A-Straße“ ausgebaut (vgl. dazu die Angaben im Abnahmeprotokoll, Beiakte Heft 1, Bl. 67). Die technische Bauabnahme fand am 13. August 2019 statt (vgl. Abnahmeprotokoll, Beiakte Heft 1, Bl. 67).
9Mit dem hier an auf gefochtenen Bescheid vom 23. August 2022 (670-62-00 53.00926.5) zog die Beklagte die Klägerin wegen des „nachmaligen Ausbaues der A-Straße“ bezüglich des hier streitgegenständlichen Grundstücks nach den Vorschriften des § 8 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG) in Verbindung mit der städtischen Straßenbaubeitragssatzung zu Straßenbaubeiträgen in Höhe von 57.914,04 Euro heran. Zugleich forderte die Beklagte die Klägerin unter Anrechnung der zuvor festgesetzten Vorausleistung auf den Anliegerbeitrag in Höhe von 29.628,60 Euro zur Zahlung des verbleibenden Restbetrages in Höhe von 28.245,44 Euro innerhalb eines Monats nach Zustellung auf.
10Der Berechnung des festgesetzten Beitrages legte die Beklagte ausweislich der Begründung des Bescheides und des dem Bescheid beigefügten Berechnungsbogens einen Beitragssatz in Höhe von 5,8640 Euro je Quadratmeter verteilungsrelevanter modifizierter Grundstücksfläche zugrunde. Dieser Beitragssatz ergab sich aus der Division eines umlagefähigen Aufwandes in Höhe von insgesamt 375.191,51 Euro – den die Beklagte aus dem Ansatz beitragsfähigen Aufwandes in Höhe von insgesamt 714.259,60 Euro unter Abzug des in der Satzung für Anliegerstraßen vorgesehenen Öffentlichkeitsanteils für die jeweils betroffenen Teileinrichtungen errechnet hatte – durch die Summe der modifizierten Grundstücksflächen von 63.982,50 m². Der der für das streitgegenständliche Grundstück festgesetzte Beitrag ergab sich aus der Vervielfältigung des Beitragssatzes mit der von der Beklagten für dieses Grundstück ermittelten beitragspflichtigen Fläche von 9.876,20 m².
11Bei der Ermittlung der der Beitragsverteilung zugrunde gelegten, insgesamt verteilungsrelevanten modifizierten Grundstücksflächen von 63.982,50 Quadratmetern hatte die Beklagte die beiden südlich der „A-Straße“ gelegenen Grundstücke „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“ nicht in die Beitragsverteilung aufgenommen, weil sie diese Grundstücke mangels Bevorteilung nicht für beitragspflichtig hielt (vgl. Aktenvermerk vom 26. Juni 2017 – Beiakte Heft 1, Bl. 89).
12Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 31. August 2022, bei der Beklagten am 2. September 2022 eingegangen (Beiakte Heft 2, Bl. 55 ff.), erhob Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, dass nach ihrer Auffassung auch die südlich der A-Straße gelegenen Grundstücksflächen beitragspflichtig seien, wie sie bereits im Widerspruch zum Vorausleistungsbescheid ausführlich dargelegt habe; daran halte sie fest. Ergänzend werde auf die Kommentarstelle Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 396b, Bezug genommen. Dort heiße es ausdrücklich, dass künstliche, vom Eigentümer auf einem Anliegergrundstück selbstgeschaffene Hindernisse – wie Gebäude – der Beitragspflicht nicht entgegenstünden. Wie hoch die Kosten für die Beseitigung des Hindernisses seien, spiele keine Rolle. Ein künstliches Hindernis liege allein im Verantwortungsbereich des Grundeigentümers. In einem derartigen Fall genüge auch bei einem gewerblichen Grundstück für dessen Beteiligung an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes ein Heranfahrenkönnen an das Grundstück. Ein Heranfahren mit einem Lkw sei an die südlich der A-Straße gelegenen Grundstücke möglich und – nach Kenntnis der Klägerin – insbesondere auch aus Brandschutzgründen zwingend erforderlich. Bei dem Betrieb handele es sich um einen Störfallbetrieb der ohne die Zufahrt über die A-Straße nicht genehmigungsfähig sei. Auch dies spreche für die Einbeziehung dieser Grundstücke in die Beitragserhebung.
13Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2022, zugestellt am 28. Oktober 2022 (Beiakte Heft 2, Bl. 60 ff.), wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Dabei führte die Beklagte im Wesentlichen folgendes aus:
14Die beiden südlich der „A-Straße“ gelegenen Grundstücke „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“ seien von ihr bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes nicht berücksichtigt worden, da sie durch die Straßenbaumaßnahmen nicht erschlossen würden. Durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Verkehrsanlage werde diesen Grundstücken nämlich kein wirtschaftlicher Vorteil geboten. Ein solcher Vorteil liege im Straßenbaubeitragsrecht in einer durch den Ausbau verbesserten Möglichkeit der Grundstücksnutzung. Dies setze für Grundstücke in Gewerbe- und Industriegebieten voraus, dass mit den jeweils üblichen Nutzfahrzeugen auf das Grundstück heraufgefahren werden kann. Die in Rede stehenden Grundstücke lägen in einem Industriegebiet. Sie hätten aber keine Zufahrt zu der ausgebauten Straße und nähmen diese Straße auch nicht in Anspruch. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten auf den Grundstücken und wegen deren Zuschnitt und Lage sei es auch gar nicht möglich, dass sie mit Lastkraftwagen (von der ausgebauten Straße aus) befahren werden könnten. Die baurechtlich genehmigten Betriebsgebäude stünden dem entgegen. Kein wirtschaftlich vernünftig denkender Grundstückseigentümer würde seine Betriebsgebäude abreißen, nur um eine Zufahrtsmöglichkeit zu seinem Grundstück zu schaffen, die er für seinen Betrieb nicht brauche. Die ausgebaute Straße nütze den beiden in Rede stehenden Grundstücken nicht mehr als sie auch der Allgemeinheit nutze. Auch das Heranfahrenkönnen von Löschfahrzeugen der Feuerwehr an die in Rede stehenden Grundstücke ändere daran nichts. Dem Umstand, dass auch die Allgemeinheit die Straße nutze, werde durch die Berücksichtigung des Anteils der Beitragspflichtigen (einerseits und des Öffentlichkeitsanteils andererseits) Rechnung getragen. Zudem sei die ausgebaute Straße aufgrund ihrer Konzeption, der Art ihrer Ausführung und Gestaltung (Sackgasse mit Wendehammer, Straßenbreite, Anordnung der Parkflächen, Zufahrten etc.) so ausgebaut worden, dass sie ausschließlich den Grundstücken der Klägerin und dem Grundstück A-Straße 0 - 00 zugute komme.
15Am 23. November 2022 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren zur Rechtswidrigkeit der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes unter Ausschluss der südlich der ausgebauten Straße gelegenen Grundstücke „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“. Ergänzend hat sie diesbezüglich insbesondere hervorgehoben, dass selbst unter Zugrundelegung der Ausführungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren ein Sattelschlepper, der das Grundstück „C-Straße 0-0“ anfahren wolle, über ein Teilstück der ausgebauten Straße fahren müsse; dies reiche aus, um eine tatsächlich bestehende Zufahrtsmöglichkeit über die ausgebaute Straße zu bejahen. Das Grundstück „Dweg 000-000“ weise in Richtung A-Straße ein Hallentor auf. Dieses Tor diene der Zuluft der Halle im Brandfall und verschaffe der Feuerwehr Zutrittsmöglichkeit. In der Industriebaurichtlinie Nordrhein-Westfalen sei geregelt, dass jeder Brandabschnitt und jeder Brandbekämpfungsabschnitt mit mindestens einer Seite an einer Außenwand liegen und von dort für die Feuerwehr zugänglich sein müsse; freistehende sowie aneinandergebaute Industriebauten mit einer Grundfläche von insgesamt mehr als 5.000 m² müssten eine für Feuerwehrfahrzeuge befahrbare Umfahrt haben. Es sei anzunehmen, dass das Betriebsgrundstück ohne die Anbindung an die A-Straße nicht über die erforderlichen Zufahrten bzw. Umfahrten für die Feuerwehr verfüge und die brandschutzrechtlichen Anforderungen daher ohne diese nicht erfüllen könne. Die Anbindung an die A-Straße wäre demnach notwendige Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit des dortigen Betriebes, zumal es sich bei dem Betrieb um einen Störfallbetrieb handele. Neben dem bestehenden Hallentor habe ein weiteres Tor oder ein weiterer Durchgang bestanden, der nachträglich zugemauert worden sei. Die Zufahrt durch das Hallentor könne mit relativ geringen Mitteln jederzeit wiederhergestellt werden.
16Im Übrigen sei die A-Straße insgesamt – auch der Wendehammer – zum Befahren mit Lkw geeignet. Mitarbeiter der Klägerin hätten beobachtet, dass Sattelauflieger im Wendehammer problemlos wenden könnten. Der Wendehammer habe eine übliche Größe und stelle keine Einschränkung für den Lkw-Verkehr dar. Es gebe auch kein Verkehrsschild, welches die Zufahrt für Schwerlastverkehr für Nichtanlieger einschränke. Es gebe weder ein Durchfahrtsverbotsschild noch ein Sackgassenschild mit dem Hinweis „ohne Wendemöglichkeiten für Lkw“ o. ä.
17Unerheblich sei, dass die Hauptzufahrten zu den beiden in Rede stehenden Grundstücken nicht über die A-Straße erfolgten. Maßgeblich sei allein, dass die Eigentümer der beiden Betriebsgrundstücke grundsätzlich die Möglichkeit hätten, eine Zufahrt über die A-Straße zu schaffen. Die Tatsache, dass beide Grundstücke früher über solche Zufahrt verfügt hätten, wie – früher – bestehende Bürgersteigabsenkungen zeigten, spreche dafür, dass es in der freien Entscheidung der Grundstückseigentümer stehe, ob und wann sie diese Zufahrt wiederherstellten.
18Die Zugänge für Versorgungsleitungen der dort ansässigen Firmen erfolgten ebenfalls über die A-Straße.
19Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
20den Bescheid vom 23. August 2022, betreffend die Heranziehung der Klägerin zu einem Straßenausbaubeitrag für das Grundstück mit der postalischen Bezeichnung „C-Str. 0/A-Straße“ und den zugehörigen Widerspruchsbescheid insoweit aufzuheben, als die dortige Beitragsfestsetzung einen Betrag von 28.930,35 Euro. Übersteigt und ein Leistungsgebot enthält.
21Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung ihres Antrages wiederholt und vertieft die Beklagte ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren.
24Ergänzend hat sie unter Bezugnahme auf einschlägige obergerichtliche Rechtsprechung ausgeführt, dass den Grundstücken „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“ durch den Ausbau der Straße kein wirtschaftlicher Vorteil geboten werde, der ihre Einbeziehung in die Beitragserhebung rechtfertige. Beide Grundstücke lägen in einem Industriegebiet, sodass eine vorteilhafte Inanspruchnahmemöglichkeit nur dann angenommen werden könne, wenn mit den jeweils üblichen Nutzfahrzeugen von der ausgebauten Straße uneingeschränkt auf die Grundstücke heraufgefahren werden könne. Das sei nicht der Fall. Beide Grundstücke hätten keine Zufahrt zur ausgebauten A-Straße und nähmen diese tatsächlich auch nicht als Zufahrt in Anspruch. Einer Befahrbarkeit der Grundstücke von der A-Straße aus stünden zwar nicht die grenzständigen Zäune entgegen, aber die aufstehenden, baurechtlich genehmigten Gebäude, die im Durchschnitt ca. 5 m hinter der Grundstücksgrenze lägen. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten auf den Grundstücken und deren Zuschnitt und Lage sei es nicht möglich, sie von der ausgebauten Straße aus mit Lastkraftwagens zu befahren. Genehmigte Betriebsgebäude seien kein selbstgeschaffenes Hindernis, das eine Erschließung nicht zu hindern vermöge. Das klägerseits angeführte Urteil des Hessischen VGH vom 1. Juli 2016 – 5 B 908/16 – sei nicht einschlägig. Dort sei zwar über ein gewerblich genutztes Grundstück entschieden worden, das allerdings in einem unbeplanten Innenbereich gelegen hätte und im Flächennutzungsplan als Kerngebiet gekennzeichnet gewesen sei. Vorliegend gehe es aber um Grundstücke, die in einem Bebauungsplan als Industriegebiet festgesetzt seien. Die Anforderungen an deren Erschlossensein seien höher. Auch das angesprochene Urteil des Hessischen VGH vom 6. Mai 2009 – 5 A 2017/08 – sei nicht einschlägig, weil es dort um die geschlossene Rückwand einer längs zur Straße errichteten Garagenzeile gegangen sei. Der vorliegende Sachverhalt liege gänzlich anders. Es stünden einem Herauffahrenkönnen auf das Grundstück nämlich nicht nur eine Garagenzeile, sondern die geschlossene Gebäudefronten der genehmigten Betriebsgebäude entgegen. Kein vernünftig denkender Grundstückseigentümer wäre bereit, sein Betriebsgebäude abzureißen, nur meine Zufahrtsmöglichkeit für sein Grundstück zu schaffen, die er für seinen Betrieb nicht brauche. Bei einem Zaun, einer Mauer oder einer Garage möge das anders sein.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Der Berichterstatter konnte gemäß § 87a Abs. 2 und § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
28Die Klage ist begründet, weil die angefochtenen Bescheide in dem angefochtenen Umfang rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29I.
30(Zur Beitragsfestsetzung)
31Die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen für den streitgegenständlichen Ausbau der A-Straße findet ihre Rechtsgrundlage grundsätzlich in § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) in Verbindung mit der „Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt B vom 05.11.1980“ in der Fassung vom 22. Dezember 2004 (BS), die im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht galt.
32Nach § 8 Abs. 2 KAG i.V.m. § 1 BS erhebt die Beklagte zum (teilweisen) Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung – dazu gehört nach § 1 BS auch die Erneuerung, die zu einer nachhaltigen Verbesserung führt – von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen (Einrichtungen und Anlagen im Sinne des KAG – nachstehend Verkehrsanlagen genannt –) und als Gegenleistung für die den Eigentümern oder den Erbbauberechtigten der erschlossenen Grundstücke durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage gebotenen wirtschaftlichen Vorteile Beiträge nach Maßgabe des KAG und der Satzung.
33Durch eine Ausbaumaßnahme vermittelte wirtschaftliche Vorteile sind gegeben, wenn von der (Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten) Anlage Gebrauchsvorteile ausgehen, die eine Steigerung des Gebrauchswertes der – durch die Anlage – erschlossenen Grundstücke bewirken. Diese Vorteile liegen in einer durch die Ausbaumaßnahmen verbesserten Erschließungssituation.
34Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 4. Juli 1986 – 2 A 1761/85 –, veröffentlicht unter anderem in OVGE Band 38, 272 (276); s.a. Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 194 ff., mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
35Die Höhe des auf die einzelnen, durch die ausgebaute Anlage erschlossenen Grundstücke entfallenden Straßenbaubeitrages wird grundsätzlich wie folgt berechnet:
36In einem ersten Schritt wird der sogenannte beitragsfähige Aufwand ermittelt, der die Kosten umfasst, die durch die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung oder Verbesserung einer Straßenanlage im Sinne des § 8 Abs. 2 KAG in Verbindung mit der einschlägigen Beitragssatzung erforderlicherweise verursacht worden sind.
37Vgl. zum Begriff des beitragsfähigen Aufwandes: Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 394 ff., mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
38Aus dem beitragsfähigen Aufwand wird in einem zweiten Schritt der sogenannte umlagefähige Aufwand entwickelt. Umlagefähig ist der Aufwand, der nach Abzug des sogenannten Gemeindeanteils auf die Grundstückseigentümer umzulegen und von ihnen zu tragen ist; der in der Beitragssatzung festzulegende Gemeindeanteil bildet den Vorteil ab, den die Allgemeinheit von der Straßenausbaumaßnahme hat.
39Vgl. zum Begriff des zum umlagefähigen Aufwandes: Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 450 ff., mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
40Der umlagefähige Aufwand ist in einem dritten Schritt auf die durch die ausgebaute Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen, da die Beiträge gemäß § 8 Abs. 2 KAG dem Ersatz des maßnahmeverursachten Aufwandes in Form einer Gegenleistung für die grundstücksbezogenen wirtschaftlichen Vorteile dienen, die diesen Grundstücken durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage (maßnahmebedingt) geboten werden.
41Vgl. zum Vorstehenden: Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 515 ff., mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
42Die Verteilung des umlagefähigen Aufwandes auf die (bevorteilten) Grundstücke erfolgt in zwei Phasen. Zunächst wird (rechnerisch) durch die Teilung des umlagefähigen Aufwandes durch die Summe aller Bemessungs- oder Maßstabseinheiten, die durch die im Abrechnungsgebiet gelegenen, d.h. durch die Ausbaumaßnahme im beitragsrechtlichen Sinne bevorteilten Grundstücke verwirklicht werden, ein „Beitragssatz“ ermittelt, d.h. ein bestimmter Geldbetrag je verwirklichter Bemessungs- oder Maßstabseinheit. Maßstab für die Beitragsbemessung ist dabei regelmäßig – wie auch hier (vgl. § 4 BS) – ein modifizierter Grundflächenmaßstab, bei dem die (bevorteilte) Grundstücksfläche durch Faktoren, die sich an Maß und Art der Nutzung orientieren, modifiziert wird. Der so ermittelte Beitragssatz ist sodann mit der durch das jeweilige Grundstück verwirklichten Zahl der Bemessungs- oder Maßstabseinheiten zu vervielfachen. Das Ergebnis dieser Vervielfältigung ergibt den für das betroffene Grundstück geschuldeten Beitrag.
43Vgl. zum Vorstehenden: Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 515 ff., mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
44Ausgehend von diesen Maßstäben unterliegt die Erhebung des Ausbaubeitrages gegenüber der Klägerin in der Höhe, in der sie angefochten ist, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
45Der von der Beklagten der Beitragserhebung zugrunde gelegte „Beitragssatz“ von „5,8640 Euro je Quadratmeter beitragsfähiger Fläche“ ist nämlich überhöht, weil in dessen Ermittlung nicht sämtliche verteilungsrelevanten (modifizierten Grundstücks-)Flächen eingestellt worden sind. In die Ermittlung der Summe der verteilungsrelevanten Flächen hat die Beklagte nämlich zu Unrecht die beiden südlich der ausgebauten Anlage A-Straße gelegenen, unmittelbar an diese Straße angrenzenden Grundstücke „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“ nicht einbezogen. Grund hierfür war, dass sie diese Grundstücke nicht für beitragspflichtig hält, weil diese durch die Anlage nicht erschlossen sei und ihnen daher durch die Ausbaumaßnahme keine wirtschaftlichen Vorteile vermittelt würden.
46Diese Auffassung ist aus folgenden Gründen unzutreffend:
47Da es sich bei dem durch eine Ausbaumaßnahme gebotenen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 8 Abs. 2 KAG, der Voraussetzung für eine Beitragspflicht ist, um einen grundstücksbezogenen Erschließungsvorteil handelt, ist die Beklagte zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Grundstück, das durch die ausgebaute Erschließungsanlage nicht erschlossen ist, sich auch nicht an dem Ausbauaufwand zu beteiligen hat.
48Nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen richtet sich die Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück von der (hergestellten oder verbesserten) Anlage erschlossen wird, grundsätzlich nach den zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelten Kriterien.
49Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 15 A 2293/11 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 7.
50Danach ist entscheidend, welche rechtlichen Anforderungen an die bauliche oder gewerbliche Nutzung eines Grundstücks gestellt werden. Davon ausgehend ist ein Grundstück von einer abzurechnenden Anbaustraße erschlossen, wenn diese dem Grundstück „das“ an verkehrsmäßiger Erschließung verschafft, „was“ für seine Bebaubarkeit oder beitragsrechtlich vergleichbare Nutzbarkeit erforderlich ist.
51Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 15 A 2293/11 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 9.
52Im Allgemeinen genügt es zu einer wegemäßigen Erschließung in diesem Sinne, wenn an die Grundstücksgrenze mit Privat- und Versorgungsfahrzeugen herangefahren und von da ab das Grundstück unbeschadet eines dazwischenliegenden Gehweges, Radweges oder Seitenstreifens betreten werden kann. Macht dagegen das Bebauungsrecht eine bestimmte, planungsrechtlich erlaubte Nutzung davon abhängig, dass mit Kraftfahrzeugen auf das Grundstück heraufgefahren werden kann, erhöhen sich auch die Anforderungen an das Erschlossensein entsprechend.
53Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 15 A 2293/11 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 11.
54Letzteres gilt insbesondere für Gewerbegrundstücke. Bebauungsrechtlich ist es für deren Erschließung in der Regel notwendig, dass ihnen die Anbaustraße die uneingeschränkte Möglichkeit des Herauffahrens - namentlich mit Lastkraftwagen - eröffnet.
55Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 15 A 2293/11 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 13 unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2000 – 11 B 10/00 –, veröffentlicht in juris, siehe dort insbesondere Rn. 4.
56Eine solche uneingeschränkte Möglichkeit des Herauffahrens (mit Lastkraftwagen) auf ein – wie hier – im Industriegebiet eines Bebauungsplans liegendes Gewerbegrundstück besteht nicht, wenn nicht sämtlicher Anlieferverkehr auf das Grundstück herauffahren kann. Fehlt diese Möglichkeit, ist das fragliche Grundstück als von der Ausbauanlage nicht erschlossen anzusehen.
57Vgl. im vorstehenden Sinne für den entsprechend zu wertenden Fall eines Gewerbegrundstücks in einem Sondergebiet: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Juni 2012 – 15 A 2293/11 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 15.
58Wird ein Grundstück nicht nur durch die ausgebaute, sondern durch mehrere Straßenanlagen erschlossen, hindert diese Mehrfacherschließung die Heranziehung zu Beiträgen zu der ausgebauten Straße nicht, weil dem Eigentümer auch im Fall einer Mehrfacherschließung durch den Ausbau einer der sein Grundstück erschließenden Straßen ein wirtschaftlicher Vorteil zugewandt wird.
59Vgl. in diesem Sinne: Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 590, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
60Ob ein Grundstück im Falle eines Angrenzens an zwei (oder mehr) Anbaustraßen (auch) durch die abzurechnende Anlage erschlossen wird, beurteilt sich danach, ob das Grundstück – eine durch eine andere Anbaustraßen vermittelte Bebaubarkeit (oder beitragsrechtlich vergleichbare Nutzbarkeit) hinweggedacht (!) – mit Blick auf die wegemäßige Erschließung allein durch die ausgebaute Straße bebaubar oder beitragsrechtlich vergleichbar nutzbar ist.
61Vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl., 2021, § 17 Rn. 130, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Erschließungsbeitragsrecht, die hier zu berücksichtigen ist, da sich nach der oben zitierten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Auslegung des Begriffs „Erschlossensein eines Grundstücks“ grundsätzlich nach den zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelten Kriterien richtet.
62Bei Anwendung dieser Maßstäbe setzt ein Erschlossensein der beiden sich südlich der A-Straße erstreckenden – ausweislich des einschlägigen Bebauungsplans „Industriegebiet B-Ost – RI 3“ (vgl. Plankopie Beiakte Heft 3, Bl. 62.1) – in einem Industriegebiet liegenden Grundstücke „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“, die beide noch anderweitig erschlossen sind, mithin (grundsätzlich) voraus, dass auch Lastkraftwagen von der A-Straße aus auf diese Grundstücke Herauffahren können.
63Dies ist aber – entgegen der Auffassung der Beklagten – im beitragsrechtlichen Sinne für die hier in Rede stehenden, südlich der ausgebauten Straße gelegenen Grundstücke der Fall.
64Zweifel daran, dass die ausgebaute Straße grundsätzlich für eine Nutzung durch Lastkraftwagen bestimmt und geeignet ist, bestehen nicht, da auch die nördlich dieser Straße gelegenen Grundstücke in einem Industriegebiet liegen und die Straße als Erschließung nutzen.
65Der einschlägige Bebauungsplan selbst hindert ein solches Herauffahrenkönnen auch nicht. Festsetzungen, aus denen sich etwa ergäbe, über welche der Straßen das jeweilige Grundstück, an die es angrenzt, (zwingend) angefahren werden soll, sind dem Bebauungsplan nicht zu entnehmen.
66Für die in Rede stehenden Grundstücke sieht der einschlägige Bebauungsplan („Industriegebiet B-Ost – RI 3“ – Plankopie Beiakte Heft 3, Bl. 62.1) für deren der A-Straße zugewandten Seite eine, von der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie (= Linie in Grün) und Grundstücksgrenze etwa 5 m entfernt liegende Baugrenze (= Linie in Blau) vor. Der Bebauungsplan zwingt damit nach seinen Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche auch nicht zu einer Bebauung, die ein Herauffahren auf das Grundstück mit Lastkraftwagen (eventuell) hinderte. Denn anders als eine Baulinie, auf der gebaut werden muss, bestimmt eine Baugrenze lediglich die Grenze der bebaubaren Fläche, bis zu der hin Gebäude und Gebäudeteile errichtet werden dürfen (vgl. § 23 Abs. 2 und 3 Baunutzungsverordnung); die bauplanungsrechtlichen Vorgaben hinderten die Eigentümer also nicht daran, mit der Bebauung hinter der Baugrenze zurückzubleiben, um ein Hinauffahren auf das Grundstück zu ermöglichen.
67Die Beklagte hat allerdings das entscheidende Hindernis für ein Hinauffahrenkönnen auf die hier in Rede stehenden Grundstücke von der ausgebauten Anlage aus darin gesehen, dass diese Grundstücke auf ihrer der A-Straße zugewandten Seite jeweils bis hin zu der dortigen Baugrenze mit Gebäuden bebaut sind und sich zwischen den Gebäudewänden und der Straße lediglich ein ca. 5 m breiter Streifen befindet.
68Ein Hinauffahrenkönnen auf das Grundstück mit einem Lkw dürfte jedoch bereits der jeweils ca. 5 m breite und deutlich über 20 m lange Streifen in hinreichender Weise ermöglichen, der jeweils zwischen der Grenze der in Rede stehenden Grundstücke hin zur Straßenanlage und den auf den Grundstücken aufstehenden Gebäuden liegt. Denn mit einem Lastkraftwagen, der höchstens 2,55 m - 2,6 m breit (vgl. § 32 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 StVZO) und regelmäßig höchstens 16,50 m (Sattelkraftfahrzeug) bzw. 18,75 m (Lastzug) lang (§ 32 Abs. 4 StVZO) sein darf, kann von der Straße aus jeweils auf diese Grundstücksstreifen gefahren werden; denn er ist jeweils in der Lage, Lastkraftwagen auch der genannten (Höchst-)Abmessungen vollständig aufzunehmen. Solche Fahrzeuge können auf dem Streifen auch be- und entladen werden; die Möglichkeit, auf dem Grundstück auch wenden und rangieren zu können, ist als Erschließungsvoraussetzung nicht erforderlich.
69Für das Grundstück „C-Straße 0-0“ dürfte vor diesem Hintergrund als Erschließung erst recht die Möglichkeit genügen, von der A-Straße auf den westlich neben dem dortigen Bebauungskomplex gelegenen, in einer Breite von ca. 20 m unmittelbar an die ausgebaute Straße angrenzenden Grundstücksbereich (vgl. Plan Beiakte Heft 3, vorgeheftet) fahren zu können, da dieser Bereich gegenüber der ausgebauten Straße nicht durch die auf dem Grundstück aufstehende Bebauung als Zufahrtshindernis (faktisch) „verschlossen“ ist.
70Die in Rede stehenden Grundstücke südlich der A-Straße wären aber auch dann in die Beitragsverteilung einzubeziehen, wenn unterstellt würde, dass die soeben genannten Zufahrtsmöglichkeiten keine ausreichende vorteilsrelevante Erschließung böten.
71Denn einer vorteilsrelevanten Erschließung durch die ausgebaute Anlage stehen künstliche, ausräumbare Zufahrtshindernisse, die auf dem Grundstück selbst liegen und von dem Grundstückseigentümer oder seinem Rechtsvorgänger – in eigener Verantwortung – selbst errichtet worden sind, ohnehin nicht entgegen.
72Vgl. Driehaus in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 8, Rdnr. 396b (Stand: September 2021) sowie Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl., 2021, § 35 Rn. 48.
73Solche künstlichen, vom Grundstückseigentümer oder seinem Rechtsvorgänger „aus freien Stücken“ errichteten Hindernisse, die das Grundstück gegenüber der Erschließungsanlage (faktisch) „verschließen“, sind nämlich als beitragsrechtlich unbeachtliche Zufahrtshindernisse zu bewerten. Sie können eine Herausnahme eines Grundstücks aus der Beitragspflicht nicht rechtfertigen, weil dies zum Nachteil der übrigen Anliegergrundstücke gehen würde,
74vgl. in diesem Sinne: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 8. März 2010 – 6 B 09.1957 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 20, und Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25. November 2019 – 6 ZB 19.525 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 12,
75die – vor dem Hintergrund, dass bei der Beurteilung des Erschlossenseins eines Grundstücks durch eine Straßenanlage die Erschließungsmöglichkeiten für das betroffene Grundstück durch andere Straßenanlagen hinwegzudenken sind, – berechtigterweise die Einbeziehung eines „künstlich verschlossenen“ Grundstücks in die Abrechnung erwarten dürfen.
76Es kann dementsprechend nicht im Belieben des Eigentümers stehen, durch eine künstliche Verschließung gegenüber der ausgebauten Anlage darüber zu entscheiden, ob sein Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands teilnimmt oder nicht.
77Vgl. in diesem Sinne: Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 237, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW; s.a. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 15 A 2618/11 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 7, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
78Das gilt auch für Fälle einer Zweiterschließung.
79Vgl. Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NW, 8. Auflage, 2013, Rdnr. 237.
80Anders als bei natürlichen Hindernissen spielt es auch keine Rolle, wie hoch die Kosten für eine Beseitigung des Hindernisses wären. Ein selbstgeschaffenes künstliches Hindernis bleibt selbst dann beitragsrechtlich unbeachtlich, wenn sich die Beseitigung eines solchen Hindernisses im Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Nutzen, der sich mit der (Wieder-) Herstellung der Inanspruchnahmemöglichkeit erzielen lässt, als vergleichsweise kostspielig und deshalb unwirtschaftlich erweist.
81Vgl. in diesem Sinne für einen Straßenausbaubeitragsfall, in dem ein Gebäude das „Hindernis“ bildete: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 8. März 2010 – 6 B 09.1957 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 20; vgl. mit einem entsprechenden Ergebnis in einem Straßenausbaubeitragsfall, der eine „Abschließung“ mit einem Gebäuderiegel gegenüber der Möglichkeit des Hinauffahrens auf das Grundstück betraf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 1. Juli 2016 – 5 B 908/16 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 7; s.a. Driehaus in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 8, Rdnr. 396b (Stand: September 2021) mit weiteren Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung.
82Sind schon die aufstehenden Gebäude als Zufahrtshindernisse unbeachtlich, so gilt dies erst recht für die an der Grundstücksgrenze zur Straße stehenden, eigentümerseitig gesetzten Zäune.
83Soweit es mit Blick auf die hier in Rede stehenden Grundstücke nach dem Ausbau an abgesenkten Bordsteinkanten fehlen mag, handelt es sich dabei nicht um ein beachtliches, einer Erschließung durch die ausgebaute Anlage entgegenstehendes Zufahrtshindernis; denn ein solches Hindernis ist nicht von derartigem Gewicht, dass es bei verständiger Würdigung eines unbefangenen Betrachters geeignet wäre, in Gewerbegebieten das Hinauffahren auf ein Grundstück auszuschließen.
84Vgl. in diesem Sinne: Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl., 2021, § 17 Rn. 84.
85Nach allem sind die in Rede stehenden Grundstücke entgegen der Vorgehensweise der Beklagten in die Beitragsverteilung einzubeziehen, weil sie ohne die als unbeachtlich zu bewertenden Zufahrtshindernisse auch von der abgerechneten Anlage aus befahrbar wären und sie daher als durch die Anlage vorteilhaft erschlossen zu behandeln sind.
86Da sich die modifizierten Grundstücksflächen der Grundstücke „C-Straße 0-0“ und „Dweg 000-000“ nach der auf entsprechende gerichtliche Verfügung mitgeteilten – und von der Klägerseite unbeanstandet gebliebenen – Berechnung der Beklagten auf eine Summe von 64.098,50 m² [= 30.516,70 m² (C-Straße 0-0) + 33.581,80 m² (Dweg 000-000)] belaufen, erhöht sich dementsprechend die Summe der verteilungsrelevanten modifizierten Grundstücksflächen von 63.982,50 m² auf 128.081,00 m² (= 63.982,50 m² + 64.098,50 m²).
87Ausgehend von einem – unstreitigen – beitragsfähigen Aufwand von 714.259,60 Euro und einem sich daraus auf der Grundlage der Regelungen in § 3 BS ergebenden – unstreitigen – umlagefähigen Aufwand von 375.191,51 Euro, errechnet sich mithin ein „Beitragssatz“ in Höhe von nur 2,9293 Euro/m² modifizierter Grundstücksfläche (= 375.191,51 Euro : 128.081,00 m² gesamter modifizierter Grundstücksfläche).
88Bei einer modifizierten Grundstücksfläche von 9.876,20 m², die – unstreitig – durch das streitgegenständliche Grundstück verwirklicht wird, resultiert aus diesem Beitragssatz ein Beitrag in Höhe von lediglich 28.930,35 Euro (= 9.876,20 m² x 2,9293 Euro/m² modifizierter Grundstücksfläche).
89Die angefochtene Beitragsfestsetzung ist damit insoweit rechtswidrig, als sie diesen Betrag überschreitet.
90II.
91(Zum Leistungsgebot)
92Da die Beklagte nach allem gegenüber der Klägerin nur einen Beitrag in Höhe von 28.930,35 Euro festsetzen durfte, ist auch das in dem angefochtenen Bescheid – unter Anrechnung der bereits gezahlten Vorausleistung in Höhe von 29.628,60 Euro – zudem ausgesprochene Leistungsgebot über einen zu zahlenden Restbetrag in Höhe von 28.285,44 Euro rechtswidrig; vielmehr ergibt sich ein überschießender Betrag, der von der Beklagten zu erstatten sein wird.
93Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
94Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO).
95Rechtsmittelbelehrung: (2022)
96Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
97Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
98Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
99Die Berufung ist nur zuzulassen,
1001. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1012. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1023. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1034. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1045. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
105Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
106Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
107Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
108Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
109Beschluss:
110Der Streitwert wird auf gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 28.983,69 Euro [= 57.049,04 Euro (festgesetzter Betrag) – 28.930,35 Euro (angefochtener Betrag)] festgesetzt.
111Rechtsmittelbelehrung:
112Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
113Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
114Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
115Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
116Die Beschwerdeschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
117War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.