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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
2A. Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sie mit der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
3B. Die Klage vom 00. März 2021 mit den Anträgen,
4die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1, 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 00. März 2021 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,
5hilfsweise,
6die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 00. März 2021 zu verpflichten, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,
7hilfsweise,
8die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 00. März 2021 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen,
9hat keinen Erfolg.
10I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
11Der Bescheid des Bundesamtes vom 00. März 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
12Die Klägerin hat in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
13Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 00. März 2021 und sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 3 AsylG).
14Das Bundesamt hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass die von der Klägerin für ihre Ausreise angeführten Gründe die Anspruchsvoraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht erfüllen und gleichfalls nicht zur Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten führen können.
151. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht nicht, weil der Klägerin in der Demokratischen Republik Kongo keine an ein Verfolgungsmerkmal anknüpfende flüchtlingsrechtlich beachtliche Verfolgung droht.
16Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist. Nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG gelten zudem Handlungen als Verfolgung, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist. Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
17Eine „begründete Furcht“ vor Verfolgung liegt vor, wenn dem Asylsuchenden eine der in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG genannten Verfolgungshandlungen aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann und nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar erscheint. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist,
18vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1991 – 9 C 118.90 –, juris Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 – 10 C 25.10 –, juris Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, juris Rn. 32; BVerwG, EuGH-Vorlage vom 7. Februar 2008 – 10 C 33.07 –, juris Rn. 37.
19Die begründete Furcht vor Verfolgung kann dabei sowohl auf tatsächlich erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung bereits vor der Ausreise im Herkunftsstaat (Vorverfolgung) oder auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat (Nachfluchtgründe), insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylG).
20Der der Prognose zu Grunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG vorliegt. Vorverfolgten kommt jedoch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU zugute. Danach ist die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde bzw. von einer solchen Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung,
21vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 –, juris Rn. 22 f. m.w.N.
22Zwischen den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen und den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG eine Verknüpfung bestehen.
23Das Gericht muss auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage von der Richtigkeit seiner gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle richterliche Überzeugung erlangt haben,
24vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 10 C 6.13 –, juris Rn. 18.
25Das Gericht muss sich in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Ausländer behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschaffen, wobei allerdings der typische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Herkunftsland bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit unvereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann, es sei denn, die Widersprüche und Unstimmigkeiten können überzeugend aufgelöst werden,
26vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989 – 9 B 239.89 –, juris Rn. 3.
27Dies zu Grunde gelegt, konnte die Klägerin auf der Grundlage der beim Bundesamt vorgetragenen Tatsachen und ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 00. November 2023 nicht die Überzeugung vermitteln (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass sie vor ihrer Ausreise aus der Demokratischen Republik Kongo eine flüchtlingsrelevante Verfolgung erlitten hat oder ihr eine solche bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
28Das Vorbringen der Klägerin zu den Bedrohungen und Nachstellungen durch ihren Onkel ist unglaubhaft, weil es in der mündlichen Verhandlung am 00. November 2023 im Vergleich zu den Angaben anlässlich der Anhörung durch das Bundesamt am 00. Januar 2021 hinsichtlich des Kerngeschehens erhebliche Steigerungen enthält und zum Teil unauflösbare Widersprüche aufweist.
29So gab die Klägerin anlässlich ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 00. Januar 2021 an, bevor der Onkel sie zwangsweise habe heiraten wollen, habe er schon ihre beiden älteren Schwestern heiraten wollen. Angesichts dessen sei bereits die älteste Schwester geflüchtet und verschwunden und sie wisse nicht, wo die älteste Schwester sei. Der Onkel habe dann entschieden, die andere ältere Schwester zu heiraten. Diese habe aber einen Freund gehabt, der ihr sodann geholfen habe zu fliehen. Anlässlich der zweiten Vergewaltigung im Jahr 2014 habe der Onkel ihr zudem gesagt, solange sie ihn nicht heirate, werde er sie nicht in Ruhe lassen. Demgegenüber gab die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 00. November 2023 an, der Onkel habe ihre beiden älteren Schwestern getötet, weil diese ihn nicht hätten heiraten wollen. Die Tötung der beiden älteren Schwestern habe der Onkel ihr bei der zweiten Vergewaltigung im Jahr 2014 gestanden. Der Onkel habe gedroht, er werde sie ebenso wie die beiden älteren Schwestern umbringen, wenn sie ihn nicht heirate. Die Klägerin hat die Bedrohungslage durch ihren Onkel auch in einem weiteren Punkt erheblich gesteigert. So berichtete sie anlässlich der Anhörung durch das Bundesamt am 00. Januar 2021, dass sie sich im Zeitraum von 2014 bis 2019 in B. aufgehalten habe. In dieser Zeit habe sie telefonischen Kontakt zu ihrer Mutter und ihrer kleineren Schwester gehabt. Sie berichtete zudem, der Onkel habe ihre Mutter während dieser Zeit bedroht. Von unmittelbaren Bedrohungen des Onkels ihr gegenüber schilderte sie nichts. Demgegenüber gab sie in der mündlichen Verhandlung am 00. November 2023 an, ihre Mutter habe dem Onkel mehrfach ihre Telefonnummern weitergegeben, sodass der Onkel sie während des Aufenthaltes in B. im Zeitraum von 2015 bis 2019 weiter telefonisch bedroht habe. Diesbezüglich habe er ihr gesagt, dass sie auch in B. nicht in Sicherheit sei. Er kenne Leute in B. , die er bezahlen könne, damit sie die Klägerin töteten.
30Zudem enthält das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich ihres eineinhalbjährigen Aufenthaltes in der Provinz C. in den Jahren 2013 und 2014 einen unauflösbaren Widerspruch. So gab sie in der Anhörung durch das Bundesamt am 00. Januar 2021 an, sie sei immer gemeinsam mit ihrem Freund von C. nach L. gefahren, um Material für ihr Atelier zu kaufen. Demgegenüber schilderte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 00. November 2023, ihr Freund sei immer alleine nach L. gefahren, um dort Material zu kaufen. Nur einmal sei die Klägerin zum Materialkauf mitgefahren. Nach dieser einen gemeinsamen Fahrt, sei es im Jahr 2014 zu der Entführung und nachfolgenden zweiten Vergewaltigung durch den Onkel gekommen.
31Angesichts dieses erheblich gesteigerten Vorbringens im Kerngeschehen sowie des dargelegten unauflösbaren Widerspruches, den die Klägerin nicht vermochte überzeugend aufzulösen, erachtet das Gericht das Vorbringen der Klägerin insgesamt als unglaubhaft.
32Selbst wenn jedoch zugunsten der Klägerin ihr Vorbringen als wahr unterstellt würde, könnte in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Klägerin aufgrund der geltend gemachten zweimaligen Vergewaltigung durch ihren Onkel (Ende des Jahres 2012 sowie nach einer Entführung im Jahr 2014) und dessen Bestreben, sie zwangsweise zu heiraten, eine hier einzig in Betracht kommende geschlechtsspezifische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG erlitten hat,
33vgl. eine geschlechtsspezifische Verfolgung von Frauen durch sexuellen Missbrauch in der Demokratischen Republik Kongo grundsätzlich verneinend: VG Köln, Urteil vom 24. Mai 2022 – 5 K 1140/21. A –, juris,
34und damit vorverfolgt ausgereist ist.
35Denn selbst wenn zugunsten der Klägerin eine Vorverfolgung unterstellt wird, ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass ihr im Falle der Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo erneut eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht. Insoweit fehlt es zur Überzeugung des Gerichts an stichhaltigen Gründen für eine Wiederholungsträchtigkeit einer derartigen Verfolgung. Gegen eine Wiederholung der erlittenen sexuellen Misshandlungen und einer erneut drohenden Zwangsverheiratung durch ihren Onkel spricht bereits die Tatsache, dass die Klägerin schon im Jahr 2014 aus der Demokratischen Republik L1. ausgereist ist und vor diesem Hintergrund nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass ihr Onkel ihr rund neun Jahre nach der Ausreise im Jahr 2014 bei einer Wiedereinreise erneut nachstellen wird. Denn die Klägerin hat selbst angegeben, dass ihr Onkel zuvor bereits ihre beiden älteren Schwestern habe zwangsweise heiraten wollen. Nachdem ihre beiden älteren Schwestern indes bedingt durch die Nachstellungen des Onkels verschwunden seien, habe dieser das Interesse an ihnen aufgegeben und sich darauf beschränkt, der Klägerin als nächstjüngerer Schwester nachzustellen. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass der Onkel neun Jahre nach der Ausreise – ebenso wie bei den zwei älteren Schwestern der Klägerin – zwischenzeitlich das Interesse an der Klägerin verloren und sie daher keine erneuten Bedrohungen durch den Onkel zu befürchten hat.
362. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG.
37Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Der Asylsuchende hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor dem Eintritt eines ernsthaften Schadens begründet ist, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren.
38Nach diesen Grundsätzen droht der Klägerin kein ernsthafter Schaden durch Verfolgung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG seitens ihres Onkels als nichtstaatlichem Akteur, da ihr Vorbringen aus den vorstehend unter B. I. 1. genannten Gründen nicht glaubhaft ist und es selbst bei unterstellter Vorverfolgung an stichhaltigen Gründen für eine Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung fehlt.
39Die Klägerin ist im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland auch nicht von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG bedroht. Sie war zuletzt im Großraum L. wohnhaft, von wo sie auch über den Landweg ausgereist ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im Ost-L1. ein bewaffneter Konflikt herrscht, denn ein solcher erstreckt sich jedenfalls nicht auf den Westen und insbesondere nicht auf die Hauptstadt L. ,
40vgl. VG München, Urteil vom 15. April 2021 – M 25 K 18.32328 –, juris Rn. 40; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik L1. vom 15. Januar 2021 (Stand: November 2020), S. 5 f., 15.
413. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG.
42a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist, insbesondere dem Ausländer im Falle einer Abschiebung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Wegen zu befürchtender unmenschlicher Behandlung durch die schlechte wirtschaftliche Lage im Zielstaat kommt ein Abschiebungsverbot nur ausnahmsweise in Betracht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht davon aus, dass Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen können, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen,
43vgl. EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 – 26565/05 –, NVwZ 2008, 1334 Rn. 42; VG Augsburg, Urteil vom 5. Dezember 2017 – Au 7 K 17.35152 –, juris Rn. 39 m.w.N.
44b. Solche Gründe liegen hier zur Überzeugung des Gerichts nicht vor.
45Der Klägerin droht bei einer Rückkehr in ihr Heimatland – wie vorstehend unter B. I. 1. und 2. dargelegt – keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch Verfolgung seitens eines nichtstaatlichen Akteurs.
46Insoweit gelten zunächst die vorstehenden Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG entsprechend. Denn in Fällen, in denen – wie hier – gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aus,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris Rn. 36; BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 –, juris Rn. 25.
48Ein Abschiebungsverbot ergibt sich auch nicht aus der allgemeinen wirtschaftlichen Situation oder der humanitären Lage in der Demokratischen Republik L1. . Zwar ist die wirtschaftliche Versorgungssituation dort weiterhin schwierig. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass der Klägerin im Falle einer Rückkehr alsbald eine unmenschliche Behandlung droht.
49Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Auch innerhalb der Großfamilie gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung in der Millionenstadt L. ist immer weniger in der Lage, mit städtischer Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhaltung die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Vor allem Frauen und Kinder müssen mit Kleinsthandel zum Familienunterhalt beitragen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in L. und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung,
50vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik L1. vom 15. Januar 2021 (Stand: November 2020), S. 19.
51Allerdings begründet dies allein nicht das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass gesunde, arbeitsfähige Männer und Frauen, die in die Demokratische Republik L1. zurückkehren, grundsätzlich in der Lage sein werden, für sich ein Einkommen jedenfalls am Rand des Existenzminimums zu sichern und sich den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen in der Demokratische Republik L1. zu stellen, so dass ihnen keine Verelendung droht.
52In Anbetracht dessen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin als gesunde, erwachsene und arbeitsfähige Frau nicht ihren Lebensunterhalt – wie bereits vor der Ausreise – bestreiten könnte.
53In diesem Zusammenhang ist insbesondere davon auszugehen, dass die Klägerin nicht an den von ihr im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten psychischen Erkrankungen (schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, posttraumatische Belastungsstörung, Schlafstörung onA) leidet. Diesbezüglich wird zur Begründung vollumfänglich auf die nachfolgenden Ausführungen unter B. I. 4. zum Nichtbestehen eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG Bezug genommen, weil die vorgetragenen Erkrankungen nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG glaubhaft gemacht wurden. Für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG enthält das Gesetz zwar – anders als § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung – keine Bestimmung über eine entsprechende Anwendung des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG. Gleichwohl ist auch im Rahmen der Prüfung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG der Maßstab des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG für qualifizierte ärztliche Bescheinigungen anzuwenden, wenn sich der Ausländer – wie hier die Klägerin – auf eine Erkrankung beruft, aufgrund derer er im Zielstaat seinen existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern könne,
54vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13. März 2020 – 9 LA 46/20 –, juris Rn. 14; VG Cottbus, Urteil vom 25. April 2023 – 5 K 320/21.A –, juris Rn. 27.
55Die Klägerin ist mithin arbeitsfähig. Sie hat einen Studienabschluss in Schneiderei erworben und hat in diesem Beruf bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2014 auch gearbeitet. Sie hat im Wesentlichen Zuhause genäht und mit den damit erzielten Einkünften ihren Lebensunterhalt sichergestellt sowie die Mutter bei der Mietzahlung unterstützt.
56Zudem ist davon auszugehen, dass die Klägerin nach einer Rückkehr in ihr Heimatland Unterstützung in wirtschaftlicher Hinsicht von ihren im Heimatland lebenden Verwandten erhalten wird, auch wenn deren finanzielle Mittel gegebenenfalls selbst eingeschränkt sind,
57vgl. zur Berücksichtigung derartiger familiärer Hilfe: BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 2001 – 1 B 185.01 –, juris Rn. 2; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. September 2004 – 18 B 2661/03 –, juris Rn. 11.
58Die Klägerin hat anlässlich der Anhörung beim Bundesamt angegeben, dass ihre Mutter und ihre jüngeren Schwestern noch in L. lebten. Ferner habe sie noch Verwandte mütterlicherseits sowie väterlicherseits, die im Landesinneren lebten.
594. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
60Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
61a. Der Klägerin droht im Falle der Rückkehr in die Demokratische Republik L1. durch nichtstaatliche Akteure keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, da ihr diesbezügliches Vorbringen – wie vorstehend unter B. I. 1. ausgeführt – unglaubhaft ist.
62Im Übrigen ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass Abschiebungsschutz in unmittelbarer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der unzureichenden allgemeinen Lebensbedingungen in der Demokratischen Republik L1. (mangelhafte Versorgungslage, schlechte hygienische Verhältnisse, marodes Gesundheitssystem, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Gewaltkriminalität) nicht gewährt werden kann. Die damit einhergehenden Gefahren (insbesondere Unterernährung, Obdachlosigkeit, (Tropen-)Krankheiten, Körperverletzungen, früher Tod) sind allgemeiner Art; sie drohen grundsätzlich der Bevölkerung insgesamt, jedenfalls aber der Gruppe der nach längerem Aufenthalt oder erstmals aus Europa zurückkehrenden kongolesischen Staatsbürger, so dass die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG eingreift,
63vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2016 – 4 A 2940/15.A –, juris Rn. 12; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Oktober 2010 – 4 A 1008/07.A –, juris Rn. 15 ff., 39.
64Darüber hinaus ist im Regelfall auch eine extreme Gefahrenlage, die in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise Abschiebungsschutz begründen kann, selbst dann zu verneinen, wenn Asylbewerber bei ihrer Rückkehr keine Verwandten und Bekannten vorfinden,
65vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2016 – 4 A 2940/15.A –, juris Rn. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Dezember 2010 – 4 A 1731/06.A –, juris Rn. 94 ff., 117 f.
66b. Der Klägerin droht auch keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben aus gesundheitlichen Gründen. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten psychischen Erkrankungen (schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (ICD10: F32.2), posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1), Schlafstörung onA (ICD10: G47.9)) nicht durch Vorlage hinreichend aussagekräftiger fachärztlicher Atteste glaubhaft gemacht.
67aa. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Das heißt, es muss aufgrund zielstaatsbezogener Umstände eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers drohen,
68vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13.11, 10 B 13.11, 10 PKH 11.11 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, juris Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – 1 B 118.05 –, juris Rn. 4; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Juli 2016 – 17 K 6384/16.A –, juris Rn. 40.
69Es ist nach § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Der Asylbewerber muss sich daher grundsätzlich auf den Behandlungs‑, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
70vgl. hierzu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris Rn. 5; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 – 17 K 2897/14.A –, juris Rn. 91 f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2016 – 17 L 410/16.A. –, n.v.; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Juli 2016 – 17 K 6384/16.A –, juris Rn. 42.
71Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
72Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG muss der Ausländer eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Ergänzend zu den in § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG genannten Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung sind – insbesondere in Bezug auf komplexe psychische Krankheitsbilder – auch weiterhin die Kriterien heranzuziehen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung als Mindestanforderungen an ein qualifiziertes fachärztliches Attest herausgearbeitet hat,
73vgl. VG München, Urteil vom 12. Juli 2022 – M 32 K 17.45235 –, juris Rn. 34.
74Hiernach muss sich aus dem fachärztlichen Attest nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome – wie hier – erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist,
75vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung psychischer Krankheitsbilder: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 17.07 –, juris Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 –, juris Rn. 7; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. März 2017 – 19 A 2461/14.A –, juris Rn. 17 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Oktober 2017 – 13 A 1807/17.A –, juris Rn. 25 ff.
76bb. Hiervon ausgehend ist eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht feststellbar. Die von der Klägerin vorgelegte fachärztliche Bescheinigung der M. -Klinik C1. -I. über einen stationären Aufenthalt vom 00. Juli 2021, die psychologische Bescheinigung des psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge N. vom 00. Juli 2021 sowie die psychologischen Bescheinigungen des D. Q. e.V. vom 00. Januar 2023 und vom 00. Februar 2023 erfüllen nicht die vorstehend dargelegten Mindestanforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG.
77(1) Die fachärztliche Bescheinigung der M. -Klinik C1. -I. vom 00. Juli 2021 enthält zwar Diagnosen in Gestalt der Klassifizierung der Erkrankungen nach ICD 10, gibt indes die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist nicht umfassend wieder und gibt darüber hinaus keinen Aufschluss über die Methode der Tatsachenerhebung. Ferner werden die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation für die Klägerin voraussichtlich ergeben, nicht beschrieben. Es fehlen Angaben darüber, auf welcher Grundlage die behandelnden Fachärzte ihre Diagnosen gestellt haben. Es fehlen insbesondere Angaben dazu, seit wann und wie häufig sich die Klägerin in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihr geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Vielmehr beruhen die Diagnosen augenscheinlich im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin zu den bestehenden Beschwerden anlässlich der stationären Aufnahme. Die vorgelegte Bescheinigung setzt sich mit den als traumatisierend geschilderten Geschehensabläufen – der zweimaligen Vergewaltigung sowie der angedrohten Zwangsverheiratung durch den Onkel – zudem nicht auseinander, sondern macht sie – ohne sie zu hinterfragen – zur Grundlage der Diagnosestellung. Die fachärztlichen Ausführungen vermitteln insoweit den Eindruck, dass das Vorhandensein der behaupteten posttraumatischen Belastungsstörung und der weiteren psychischen Erkrankungen allein aufgrund der von der Klägerin gemachten Angaben zu den Ereignissen in der Demokratischen Republik L1. diagnostiziert wurde. Es fehlt indes eine kritische fachärztliche Abklärung, ob die geschilderten Ereignisse auf wirklich Erlebtem beruhen sowie an einer fundierten, ernsthaften und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Angaben der Klägerin. Eine derartige Herangehensweise ist jedoch bereits vom Ansatz her untauglich, um das Vorliegen einer Krankheit objektiv festzustellen. Denn es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin ein Interesse an der Feststellung der diagnostizierten Krankheitsbilder hat, um eine Abschiebung zu verhindern,
78vgl. zu diesem Aspekt: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. November 2003 – 15 A 5193/00.A –, juris Rn. 31; VG Ansbach, Urteil vom 24. März 2015 – AN 3 K 14.30132 –, juris Rn. 76 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 3. April 2017 – 17 K 10673/16.A –, n.v.
79Des Weiteren macht die fachärztliche Bescheinigung keine konkreten Angaben zur Schwere der Krankheit, zur Behandlungsbedürftigkeit sowie zum bisherigen Behandlungsverlauf. Schließlich fehlt es an jeglicher Begründung, weshalb die auf traumatisierende Erlebnisse in der Demokratischen Republik L1. in den Jahren 2012 bis 2014 gestützten psychischen Erkrankungen erstmals rund sieben Jahre nach der Ausreise aus der Demokratischen Republik L1. im Jahr 2014 sowie sechs Monate nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 00. Januar 2021 und nicht bereits anlässlich der Anhörung durch das Bundesamt am 00. Januar 2021 geltend gemacht wurden. Vor diesem Hintergrund lässt die vorgelegte Bescheinigung den Schluss auf das Vorliegen der darin diagnostizierten psychischen Erkrankungen nicht zu.
80(2) Schließlich erfüllen die vorgelegten psychologischen Bescheinigungen des psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge N. vom 00. Juli 2021 sowie des D. Q. e.V. vom 00. Januar 2023 und vom 00. Februar 2023 schon im Ansatz nicht die vorzitierten Mindestanforderungen an qualifizierte ärztliche Bescheinigungen, weil sie nicht von einem Facharzt ausgestellt wurden.
81Die Bescheinigung vom 00. Juli 2021 enthält im Übrigen noch nicht einmal eine Diagnosestellung, geschweige denn verhält sie sich zur Methodik der Tatsachen- und Befunderhebung sowie zur Schwere der Krankheit, zur Behandlungsbedürftigkeit und zum bisherigen Behandlungsverlauf.
82Die Bescheinigungen vom 00. Januar 2023 und vom 00. Februar 2023 wiederholen lediglich die in der Bescheinigung der M. -Klinik C1. -I. vom 00. Juli 2021 gestellten Diagnosen, sie verhalten sich aber gleichfalls nicht zur Methodik der Tatsachen- und Befunderhebung und geben keinen Aufschluss darüber, ob die von der Klägerin geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden.
83(3) Damit bestehen mangels hinreichender Darlegung der geltend gemachten psychischen Erkrankungen keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Klägerin drohte im Falle einer Rückkehr in die Demokratische Republik L1. aufgrund zielstaatsbezogener Umstände eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben in Gestalt einer wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG.
84(4) Der auf Einholung eines „fachärztlich-psychologischen Gutachtens“ gerichteten schriftsätzlichen Beweisanregung war seitens des Gerichts nicht weiter nachzugehen. Fehlt es – wie hier – an einer den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG genügenden Bescheinigung, besteht für das Gericht kein Anlass, einer Erkrankung durch eigene Ermittlungen bzw. Beweiserhebungen weiter nachzugehen,
85vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2020 – OVG 10 N 4/20 –, juris Rn. 7 f.; VGH Bayern, Beschluss vom 26. August 2020 – 10 ZB 20.31148 –, juris Rn. 8; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. Oktober 2019 – 6 A 11330/18 – juris Rn. 17 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 12. November 2018 – 2 LA 60/18 – juris Rn. 7 ff.; VG Cottbus, Urteil vom 25. April 2023 – 5 K 320/21.A –, juris Rn. 49.
86II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
87Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709 Satz 2, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
88Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
89Rechtsmittelbelehrung:
90Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster.
91Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
921. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
932. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
943. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
95Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
96Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
97In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.
98Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
99Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.