Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013, der zur Isolierung des Heimtiers unter amtlicher Überwachung ermächtigt, ist gegenüber der tiergesundheitsrechtlichen Generalklausel des § 24 Abs. 3 TierGesG vorrangig.2. Die erstmalige Anordnung der Isolierung über sechs Wochen nach der Verbringung verstößt gegen das in Art. 34, 35 VO (EU) Nr. 576/2013 geregelte Verbringungsverfahren und ist formell rechtswidrig.3. Die VO (EU) Nr. 576/2013 schließt eine auf den Zeitpunkt der Einreise rückwirkende Isolierungsanordnung aus.
Die Anordnungen der Beklagten vom 00. April 2021 werden aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 00. Mai 2021 wird aufgehoben, soweit die Isolierung rückwirkend ab dem Tag der Sicherstellung am 00. April 2021 bis zum Erlass des Bescheides angeordnet wurde. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 00. Januar 2022 wird aufgehoben, soweit darin Kosten über 2.350,- Euro hinaus festgesetzt wurden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 2/3, die Klägerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
2Am 00. April 2021 führte die Klägerin den am 00. Januar 2021 geborenen Hund „B. “, Kangal-Mischling (Transponderchip-Nr. 000000000000000) sowie den am 00. Oktober 2020 geborenen Hund „Z. “, Kangal-Mischling (Transponderchip-Nr. 000000000000000) über den Flughafen E. von der Türkei nach Deutschland ein. Bei der Kontrolle durch das Hauptzollamt E. fiel auf, dass die für die Einreise erforderlichen Dokumente und Bescheinigungen nicht vorlagen. Ausweislich des Formulars „Einfuhr lebender Tiere im Reiseverkehr“ des Hauptzollamts E. vom 00. April 2021 wurde daher „auf Anordnung des Schichtleiters Zoll A. L. vom Amt für Verbraucherschutz“ der Beklagten für die Tiere die Quarantäne verfügt. Als Quarantänestation war das Tierheim E. -S. angegeben. Den Hunden wurden dort am 00. April 2021 Blutproben zur Feststellung des Tollwutantikörper-Titers entnommen.
3Mit E-Mail vom 00. April 2021 an die Beklagte trug die Klägerin vor, ihre Hunde seien ihr gestern am E1. Flughafen weggenommen worden. In einer weiteren E-Mail vom 00. April 2021 führte sie aus, die Hunde seien ihr ganzes Leben in Quarantäne in ihrem Haus und auf ihrem Grundstück in der Türkei gewesen. Ferner bat sie darum, sie die Hunde zurückfliegen zu lassen, damit sie in gewohnter Umgebung seien. Die Klägerin übersandte ferner mehrere Fotos der beiden Hunde, die in der Türkei aufgenommen worden waren.
4Mit Bescheid vom 00. Mai 2021, der Klägerin vorab am selben Tag per E-Mail übersandt, bestätigte das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Beklagten die am 00. April 2021 verfügte Sicherstellung der Hunde (Ziffer 1). Unter Ziffer 2 des Bescheides ordnete die Beklagte an, dass die Hunde ab dem Tag der Sicherstellung am 00. April 2021 unter amtlicher Überwachung isoliert und beobachtet werden (Quarantäne), bis die Einfuhrvoraussetzungen für die Verbringung in die Europäische Union unter amtlicher Überwachung nachträglich erfüllt worden seien. Ferner wurde die Klägerin unter Ziffer 3 der Verfügung darauf hingewiesen, dass sie die Kosten dieser Maßnahme – insbesondere die Kosten der Unterbringung und Isolierung, der tierärztlichen Kosten sowie von Blutuntersuchungen und Impfungen – zu tragen habe. Schließlich wurde die sofortige Vollziehung von Ziffer 2 der Verfügung angeordnet. Zur Begründung ihres Bescheides führte die Beklagte aus: Bei einer Kontrolle des Hauptzollamts E. am 00. April 2021 im Zollbereich auf der Ankunftsebene habe festgestellt werden können, dass für die Hunde kein Nachweis einer Tollwut-Antikörper-Titer-Untersuchung mit zufriedenstellendem Ergebnis habe vorgelegt werden können und die Hunde nicht über eine gültige Tollwutimpfung verfügten. Die Hunde seien daher sichergestellt und in der nächstgelegenen Quarantänestation isoliert worden, um eine Kontrolle der Einfuhr durch die hiesige Veterinärbehörde zu ermöglichen. Es handele sich bei den beiden Hunden um Heimtiere, da sie aus einer Privathaltung in der Türkei übernommen worden seien. Die Einfuhrbedingungen seien der EU-Verordnung über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken zu entnehmen. Hierzu gehörten unter anderem eine Tollwutimpfung, ein Test zur Titrierung von Tollwutantikörpern und ein ordnungsgemäß ausgefüllter und ausgestellter Ausweis. Für die Hunde hätten nur Impfpässe vorgelegt werden können. Sie seien nicht gegen den Erreger der Tollwut geimpft gewesen. Ein Ergebnis einer serologischen Tollwutuntersuchung habe nicht vorgelegt werden können. Die Hunde hätten nicht die Voraussetzungen für die Verbringung nach Deutschland erfüllt. Sie habe sich daher dafür entschieden, die Hunde unter amtlicher Überwachung zu isolieren, bis die Einfuhrvoraussetzungen nachträglich erfüllt seien. Die Quarantäne könne frühestens ab Samstag, den 00. Juli 2021 aufgehoben werden. Die Hunde könnten abgeholt werden, sobald die Quarantänemaßnahme beendet und die Zahlung einer Sicherheitsleistung i.H.v. 4.915,- Euro nachgewiesen sei.
5Mit E-Mail vom 00. Juni 2021 teilte die Klägerin mit, sie sei nur Flugpatin gewesen und nicht die Besitzerin.
6Gegen den Bescheid vom 00. Mai 2021 hat die Klägerin am 00. Juni 2021 Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Sie sei bereits die falsche Adressatin des Bescheides, da sie die beiden Hunde nur im Auftrag eingeführt habe. Die Vorgehensweise der Beklagten sei im Lichte der Kosten unverhältnismäßig, zumal sie, die Klägerin, selbst vorgeschlagen habe, die Hunde in die Türkei zurückfliegen zu lassen. Die Rückkehr in die Türkei sei ohne weiteres möglich und zulässig gewesen.
7Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 00. Januar 2022 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Kosten i.H.v. 7.604,36 Euro fest. Die Kosten setzen sich zusammen aus Auslagen für die Unterbringung der beiden Hunde vom 00. April 2021 bis zum 00. Juli 2021 i.H.v. 4.600,- Euro, die Auslagen für die weitere Unterbringung bis zur Freigabe am 00. August 2021 i.H.v. 2.400,- Euro, einer Verwaltungsgebühr für die Sicherstellung i.H.v. 25,- Euro, tierärztlichen Behandlungskosten für beide Hunde bis zum 00. August 2021 i.H.v. 489,36 Euro sowie Transportkosten i.H.v. 90,- Euro. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Kosten für die Aufbewahrung, Unterbringung und Versorgung von Tieren im Rahmen ordnungsbehördlicher Maßnahmen seien Auslagen, die der Vollzugsbehörde vom Pflichtigen zu erstatten seien. Neben den Auslagen sei für den Vorgang der Sicherstellung eine Verwaltungsgebühr zu erheben.
8Den Kostenfestsetzungsbescheid hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 00. Februar 2022 in die vorliegende Klage einbezogen.
9Die Klägerin beantragt,
10die Anordnungen der Beklagten vom 00. April 2021 sowie die Bescheide der Beklagten vom 00. Mai 2021 und vom 00. Januar 2022 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie macht geltend: Die Klägerin sei die Halterin der streitgegenständlichen Hunde. Bei ihrer Behauptung, sie habe lediglich im Auftrag gehandelt, handele es sich um eine reine Schutzbehauptung. Da die Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung selbst keine Störer- bzw. Adressatenvorschriften enthalte, sei auf das allgemeine Ordnungsrecht zurückzugreifen. Danach könne eine Maßnahme gegen eine Person gerichtet werden, die eine Gefahr verursacht habe. Die Gefahr habe darin bestanden, dass ein Nachweis einer Tollwut-Antikörper-Titer-Untersuchung nicht vorgelegen habe, sodass der Verdacht auf eine nicht ausreichende Impfung der Tiere bestanden habe. Für die Tierhaltereigenschaft komme es entscheidend darauf an, wer nicht ganz vorübergehend und nicht überwiegend im Fremdinteresse die tatsächliche Herrschaftsgewalt über die Tiere ausübe. Die Klägerin habe sich bei der Kontrolle des Hauptzollamts E. als Einführerin der Tiere ausgewiesen. Schließlich habe die Klägerin die Tiere in ihren E-Mails als ihre Hunde bezeichnet. Erst nach Zustellung des Sicherstellungsbescheides habe sie erstmalig geäußert, die Hunde lediglich als „Flugpate“ eingeführt zu haben.
14Für die beiden Tiere sei am 00. August 2021 die Freigabe erteilt worden. Eine Zahlung der Sicherheitsleistung sei nicht eingegangen.
15Unabhängig von der vorherigen Sicherstellungsanordnung habe eine Isolierung der Hunde durch Inbesitznahme stattgefunden. Der Beklagten seien daher unabhängig von der vorherigen Sicherstellung durch die Unterbringung im Tierheim Auslagen entstanden. Hilfsweise sei anzumerken, dass die Isolierung rückwirkend ab dem Tag der Sicherstellung angeordnet worden sei. Dies sei zulässig, weil bei Verstößen gegen die Einreisebedingungen von Anfang an feststehe, wann die entsprechende Isolierung zu beginnen habe. Jedenfalls sei dem Bescheid zu entnehmen, dass die Isolierung ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides angeordnet werde. Eine Anhörung sei wegen Gefahr im Verzug bzw. wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses entbehrlich gewesen. Wenn die zuständige Behörde den rechtswidrigen Zustand retten wolle, der dadurch eingetreten sei, dass eine nicht zuständige Behörde die Quarantäne angeordnet habe, müsse sie dies ohne vorherige Anhörung können dürfen. Denn sonst müsse das isolierte Tier, um den bis dahin rechtswidrigen Zustand zu beenden, bis zum Erlass des Bescheides vorläufig freigelassen werden. Dies könne wegen der Gefahren einer Tollwutinfektion nicht gewollt sein. Hilfsweise könne die Anhörung aber nachgeholt werden bzw. sei der Formfehler der unterlassenen Anhörung unbeachtlich.
16Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom 00. Februar 2023 auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
17In der mündlichen Verhandlung vom 00. Mai 2023 hat die Beklagte der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zur Isolierungsanordnung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides vom 00. Mai 2021 gegeben.
18Mit Beschluss vom 00. Mai 2023 hat die Einzelrichterin den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen. Mit Beschluss vom 00. Mai 2023 hat die Kammer die mündliche Verhandlung wiedereröffnet.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die Kammer ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr die Einzelrichterin den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 00. Mai 2023 gemäß § 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zurückübertragen hat.
22Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie ist zulässig und teilweise begründet.
23Als von vornherein vom Klagebegehren umfasst anzusehen sind die mündlichen Anordnungen der Beklagten vom 00. April 2021. Zwar richtete sich die Klage ausdrücklich zunächst nur gegen den Bescheid vom 00. Mai 2021. Dieses Rechtsschutzbegehren ist aber sachdienlich dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass damit zugleich die Aufhebung der mündlichen Verfügungen begehrt wird. Die Klägerin wendet sich vollumfänglich gegen die ihr gegenüber von der Beklagten getroffenen Anordnungen. Auf die „am 00.04.2021 verfügte Sicherstellung“ nimmt die Beklagte zudem in Ziffer 1 des Bescheides vom 00. Mai 2021, mit der die Sicherstellung schriftlich bestätigt wird, ausdrücklich Bezug. Ferner bezieht sie sich in ihrem Bescheid (Seite 2) auf die Isolierung der Hunde am 00. April 2021 in der nächstgelegenen Quarantänestation im Tierheim E. -S. .
24Klagegegenstand ist neben den Anordnungen der Beklagten vom 00. April 2021 und ihrem Bescheid vom 00. Mai 2021 auch ihr Kostenbescheid vom 00. Januar 2022. Die Klägerin hat diesen mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 00. Februar 2022 wirksam in das Verfahren einbezogen. Die hierin liegende Klageänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
25Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klageänderung ist sachdienlich. Eine Klageänderung ist regelmäßig sachdienlich, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt.
26Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 25. Juni 2009 – 9 B 20.09 –, juris Rn. 6.
27Dies ist hier der Fall. Der Streitstoff bleibt bei Einbeziehung des Kostenbescheides in dieses Verfahren im Wesentlichen derselbe, da die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides von der Rechtmäßigkeit der kostenauslösenden Maßnahmen, das heißt insbesondere der Ordnungsverfügung vom 00. Mai 2021, abhängt. Vor diesem Hintergrund ist die Einbeziehung des Kostenbescheides in dieses Verfahren auch prozessökonomisch, da die von den Beteiligten aufgeworfenen Rechtsfragen insgesamt in diesem Verfahren geklärt werden können.
28Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die auf Aufhebung der Anordnungen der Beklagten vom 10. April 2021 sowie ihres Bescheides vom 00. Mai 2021 gerichtete Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt trotz der inzwischen abgelaufenen Beendigung der Verwahrung durch Freigabe der beiden Hunde weiterhin vor. Erledigung ist nicht eingetreten.
29Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage entfällt, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt während des Klageverfahrens erledigt, weil dem Kläger dann mit der Aufhebung des Verwaltungsakts nicht mehr geholfen werden kann; er hat keinerlei Nutzen hiervon und die Klage wird unzulässig.
30Vgl. hierzu Decker, in: Posser/Wolff, Beck'scher Online-Kommentar VwGO, 61. Edition, Stand: 01.04.2022, § 113 VwGO, Rn. 78; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, Vorb. § 40 VwGO, Rn. 30, 45 sowie § 42 VwGO, Rn. 58.
31Erledigung eines Verwaltungsaktes im Sinne der § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) tritt ein, wenn der Verwaltungsakt keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die den Kläger belastet. Der Wegfall der Beschwer beurteilt sich nach dem objektiven Regelungsgehalt des Verwaltungsakts und nicht nach dem subjektiven Klägerinteresse.
32Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1982 – 8 C 101/81 –, juris Rn. 17, und vom 15. November 1990 – 3 C 49/87 –, juris Rn. 22.
33Von einer Erledigung ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfällt.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 1998 – 4 B 100/98 –, juris Rn. 9; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 113 Rn. 102.
35Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die angefochtenen Anordnungen vom 00. April 2021 sowie der Bescheid vom 00. Mai 2021 erzeugen nach wie vor rechtliche Wirkungen.
36Zwar wurde die angeordnete Sicherstellung der Hunde vollzogen, und die dreimonatige Quarantäne ist am 00. Juli 2021 abgelaufen. Mit dem Vollzug der Sicherstellungs- und Quarantäneanordnung erschöpft sich der Regelungsgehalt der Anordnung aber grundsätzlich nicht. Denn von diesem Verwaltungsakt gehen auch darüber hinaus rechtliche Wirkungen aus, da er zugleich die Grundlage für den nachfolgenden Kostenbescheid bildet. Diese Titelfunktion des Grundverwaltungsaktes dauert an.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 1 C 11.15 –, juris Rn. 29; Urteil vom 25. September 2008 – 7 C 5.08 –, juris Rn. 13; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 5. Mai 2023 – 13 E 514/22 –, S. 4 f. des Entscheidungsabdrucks, n.v.
38Die mündlichen Anordnungen vom 00. April 2021 (1.) sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid vom 00. Mai 2021 ist rechtswidrig, soweit die Isolierung der Hunde der Klägerin rückwirkend angeordnet wurde. Für den Zeitraum ab Bekanntgabe des Bescheides am 00. Mai 2021 bis zum Ablauf der Quarantäne am 00. Juli 2021 ist die Isolierungsanordnung rechtmäßig (2.). Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 00. Januar 2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin Kosten über 2.350,- € hinaus festgesetzt werden (3.)
391. Die mündlich getroffenen Anordnungen der Beklagten vom 00. April 2021 sind wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft formell rechtswidrig. Dieser formelle Fehler ist auch nicht unbeachtlich.
40a. Dies gilt zunächst für die mit Ziffer 1 des Bescheides der Beklagten vom 00. Mai 2021 schriftlich bestätigte Anordnung der Sicherstellung der beiden Hunde der Klägerin vom 00. April 2021.
41Nach dem gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont handelt es sich bei der Bestimmung in Ziffer 1 des Bescheides vom 00. Mai 2021 nicht um den (Neu-)Erlass einer Sicherstellungsanordnung, sondern lediglich um die schlichthoheitliche schriftliche Bestätigung eines bereits mündlich erlassenen Verwaltungsakts gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW, die die Behörde auch von Amts wegen abgeben kann.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2023 – 13 E 514/22 –, S. 3 des Entscheidungsabdrucks, n.v.
43Die Beklagte nimmt Bezug auf „die am 00.04.2021 verfügte Sicherstellung“ und bestätigt diese in Ziffer 1 des Bescheides schriftlich. Dementsprechend heißt es in dem auf Seite 2 des Bescheides im Zusammenhang mit der Kontrolle des Hauptzollamts E. am 00. April 2021 wiedergegebenen Sachverhalt, dass die Hunde sichergestellt worden seien.
44Da die Bestätigung selbst kein Verwaltungsakt ist, sondern lediglich Beweiszwecken dient, kann Gegenstand der Anfechtungsklage gegen die Sicherstellung nur die mündliche Sicherstellungsanordnung vom 00. April 2021 sein.
45Die Zuständigkeit der Beklagten als Kreisordnungsbehörde für den Erlass einer Sicherstellunganordnung folgt entweder aus Art. 35 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 (VO (EU) Nr. 576/2013) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über Zuständigkeiten im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsgesetzes und des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes sowie zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Tierseuchenverordnungen (Zuständigkeitsverordnung Tiergesundheit und Tierische Nebenprodukte – ZustVO TierGesG TierNebG NRW) oder aus § 24 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 des Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz – TierGesG) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 ZustVO TierGesG TierNebG NRW, jeweils i.V.m. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden – Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW).
46Die VO (EU) Nr. 576/2013 gilt gemäß Art. 2 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken – was im Falle der Hunde der Klägerin zwischen den Beteiligten unstreitig ist – aus einem Mitgliedstaat in einen anderen oder aus einem Gebiet oder Drittland in die Mitgliedstaaten. Heimtiere im Sinne der Verordnung sind gemäß Art. 3 Buchst. b i.V.m. Anhang I Teil A VO (EU) Nr. 576/2013 unter anderem Hunde, die von ihrem Halter bei einer Verbringung zu anderen als Handelszwecken mitgeführt werden und für die der Halter für die Dauer einer solchen Verbringung verantwortlich bleibt. Die VO (EU) Nr. 576/2013 findet auch nach der grundlegenden Neuordnung des europäischen Tiergesundheitsrechts durch die Verordnung (EU) Nr. 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (VO 2016/429) zunächst bis zum 21. April 2026 weiter Anwendung (vgl. Art. 277 VO 2016/429).
47Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013, der zur Isolierung des Heimtiers unter amtlicher Überwachung ermächtigt, ist dabei gegenüber der tiergesundheitsrechtlichen Generalklausel des § 24 Abs. 3 TierGesG vorrangig. Denn bei Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 handelt es sich um die speziellere Rechtsgrundlage für den Fall der Verbringung eines Hundes von einem Drittland in die Bundesrepublik Deutschland zu anderen als zu Handelszwecken, ohne dass dieser die in Kapitel II und III VO (EU) Nr. 576/2013 erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.
48Beschluss der Kammer vom 30. Juni 2022 – 29 K 1420/22 –, S. 5 des Entscheidungsabdrucks, n.v.; hinsichtlich der Quarantäneanordnung ebenso: Beschluss des OVG NRW vom 3. Mai 2023 – 13 E 514/22 –, S. 5 des Entscheidungsabdrucks, n.v.
49Fraglich ist, ob Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 auch bezogen auf die Sicherstellung des Heimtiers die einschlägige Rechtsgrundlage darstellt.
50So: Beschluss der Kammer vom 30. Juni 2022 – 29 K 1420/22 –, S. 4 f. des Entscheidungsabdrucks, n.v.
51Dafür spricht, dass die Isolierung des Heimtiers unter amtlicher Überwachung auch rein tatsächlich ermöglicht werden muss. Hierzu wird regelmäßig zunächst der behördliche Gewahrsam an dem Tier begründet werden müssen. Zwingend ist dies allerdings nicht. Denkbar ist auch eine Isolierung ohne behördlichen Gewahrsam, sofern sie unter amtlicher Überwachung durchgeführt wird.
52Bezogen auf die Zuständigkeit der Beklagten kann dies jedoch dahinstehen. Sollte die VO (EU) Nr. 576/2013 hinsichtlich der Sicherstellung keine Regelung enthalten, kann diese auf § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 TierGesG gestützt werden. Denn Anordnungen und Maßnahmen auf der Grundlage von § 24 Abs. 3 TierGesG sind nur ausgeschlossen, soweit durch einen unmittelbar geltenden Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Regelung getroffen worden ist (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 TierGesG). Zuständige Behörde im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes ist ebenfalls die Kreisordnungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 ZustVO TierGesG TierNebG NRW).
53Die zuständige Behörde muss die ihr zugewiesenen Aufgaben nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft grundsätzlich durch eigene Bedienstete erfüllen.
54Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 59; VGH Mannheim, Urteil vom 16. Dezember 2009 – 1 S 3263/08 –, BeckRS 2018, 5430.
55Dieser Vorgabe entspricht das Vorgehen der Beklagten im vorliegenden Fall nicht.
56Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die mündliche Sicherstellungsanordnung am 00. April 2021 selbst getroffen hat, liegen nicht vor. Die Beklagte behauptet nicht, dass sie bei der Einreise der Klägerin am Flughafen anwesend war. Im Gegenteil ist in der Begründung des Bescheides vom 00. Mai 2021 nur die Rede von einer Kontrolle des Hauptzollamts E. am 00. April 2021. Auch im Sicherstellungsdatenblatt der amtlichen Tierärztin Dr. C. der Beklagten vom 00. April 2021 wird lediglich die Zollkontrolle erwähnt. Weiter heißt es darin, dass die Hunde zollseitig angehalten und zwecks weiterer Überprüfung und Übergangsquarantäne in das Tierheim E. -S. überführt worden seien.
57Der bei der Einreise der Klägerin am Flughafen tätig gewordene Schichtleiter Zoll A2. (A1. ) L. ist auch nicht von der Beklagten als Bote eingeschaltet worden.
58Die behördliche Beauftragung eines Erklärungsboten zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts ist ohne gesetzliche Ermächtigung möglich und mit dem Prinzip der Selbstorganschaft vereinbar. Botenschaft liegt aber nur vor, wenn der Erklärende die Erklärung unmissverständlich als Erklärung der anderen Behörde übermittelt.
59Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 61.
60Das ist hier nicht der Fall. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Zollbeamte eine zuvor (telefonisch) übermittelte Sicherstellungsentscheidung der Beklagten als Bote an die Klägerin weitergegeben hat. Weder aus dem Formular noch aus den Verwaltungsvorgängen im Übrigen ergibt sich, dass das Hauptzollamt E. überhaupt Kontakt mit der Beklagten aufgenommen hat. Entsprechend kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht von einer Botenschaft des Zollbeamten für die Beklagte ausgegangen werden.
61Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont handelt es sich bei der am 00. April 2021 getroffenen Anordnung zudem nicht um eine Maßnahme der Zollverwaltung. Bei verständiger Würdigung ist der Zollbeamte L. gegenüber der Klägerin im Namen der Beklagten tätig geworden. Dafür fehlte es aber an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage.
62Ausweislich des am 00. April 2021 von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des Zolls ausgefüllten Formulars „Einfuhr lebender Tiere im Reiseverkehr“ des Hauptzollamts E. wurde „auf Anordnung des Schichtleiters Zoll A1. L. vom Amt für Verbraucherschutz der Stadt E. die Quarantäne für das/die o.g. Tiere(e) verfügt“. Die Verwendung eines vorgedruckten Formulars des Hauptzollamts E. lässt darauf schließen, dass es sich dabei um eine regelmäßig praktizierte Vorgehensweise handelt, die ein Tätigwerden der vor Ort befindlichen Zollbehörde für die nicht bei der Zollabfertigung anwesende Beklagte als zuständiger Veterinärbehörde ermöglichen soll. Die Beklagte hat dies in der mündlichen Verhandlung vom 00. Juni 2023 bestätigt, indem sie sich auf die Verwaltungsvereinbarung über die Zusammenarbeit der zuständigen Überwachungsbehörden der Länder und der deutschen Zollverwaltung im Rahmen der VO (EU) Nr. 576/2013 berufen hat. Die Formulierung auf dem Vordruck „auf Anordnung des (…) A1. L. vom Amt für Verbraucherschutz der Stadt E. “ kann nur dahingehend verstanden werden, dass die Anordnung der Quarantäne gerade nicht durch die Zollbehörde selbst, sondern für das Amt für Verbraucherschutz der Beklagten verfügt werden soll. Ersichtlich wird zwischen der zollrechtlichen Abfertigung einerseits und der Quarantäneanordnung andererseits unterschieden. In dem Formular wird der zollrechtliche Status „freigegeben“ gesondert aufgeführt. Soweit für die Tiere gleichzeitig die Quarantäne verfügt und sie in das Tierheim E. -S. verbracht wurden, ist auf der Rückseite des Formulars vermerkt, dass Rückfragen an die Beklagte zu richten sind. Es ist angesichts der vereinbarten Routine bei der Verbringung von Heimtieren über den Flughafen E. davon auszugehen, dass die Zollverwaltung die Begleitperson bei der Zollabfertigung über die Zuständigkeit der Beklagten informiert. Der Klägerin ist das Formular nicht ausgehändigt worden. Sie hat aber, wie sich in der mündlichen Verhandlung am 00. Juni 2023 herausgestellt hat, ein Merkblatt erhalten, aus dem sich ergibt, dass für die Sicherstellung die Beklagte verantwortlich ist. Dementsprechend hat sich die Klägerin mit ihren anschließenden E-Mails auch nur noch an die Beklagte und nicht etwa an das Hauptzollamt E. gewendet. Eine vernünftige Person in der Lage der Klägerin musste und konnte danach davon auszugehen, dass der Zollbeamte am Flughafen die Quarantäne für die Beklagte als zuständige Veterinärbehörde angeordnet hat.
63Für die Vertretung der Beklagten durch einen Beamten der Zollbehörde fehlt es jedoch an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage mit der Folge, dass die Sicherstellungsanordnung vom 00. Mai 2021 rechtswidrig ist. Diese Maßnahme ist der Beklagten zuzurechnen.
64Zwar können auch die Bediensteten einer beauftragten Behörde im Namen der beauftragenden Behörde handeln und einen Verwaltungsakt erlassen. Solche zwischenbehördlichen Mandate sind wegen des Prinzips der Selbstorganschaft jedoch nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig,
65vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 59a m.w.N,
66weil die zugewiesene Aufgabe in Abweichung von der gesetzlich festgelegten Zuständigkeitsregelung erledigt wird.
67Vgl. OVG Bremen, Urteil vom 20. März 2018 – 1 LB 55/17 –, juris Rn. 21.
68Kompetenzen unterliegen nicht der Verfügung ihrer Träger. Hat der Gesetzgeber in einem formellen Gesetz eine Bestimmung getroffen, welche Behörde für die Vollziehung zuständig ist, so folgt aus dem in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) normierten Rechtstaatsprinzip, dass die Exekutive an die von der Legislative getroffene Zuständigkeitsbestimmung gebunden ist. Die Änderung der durch formelles Gesetz geschaffenen Rechtsordnung setzt ihrerseits ein formelles Gesetz voraus.
69OVG Bremen, Urteil vom 20. März 2018 – 1 LB 55/17 –, juris Rn. 22.
70Eine formelle gesetzliche Grundlage für das Handeln der Zollbehörde im Namen der sachlich zuständigen Kreisordnungsbehörde ist nicht ersichtlich. Insbesondere können hierfür nicht §§ 34 und 35 TierGesG fruchtbar gemacht werden. § 34 TierGesG betrifft nur die Verwaltungszuständigkeit des Bundes. § 35 TierGesG regelt die Amtshilfe und gegenseitige Unterrichtung der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates.
71Auf die Verwaltungsvereinbarung über die Zusammenarbeit der zuständigen Überwachungsbehörden der Länder und der deutschen Zollverwaltung im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 576/2013,
72abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-1874.pdf;jsessionid=AB4F23846160BC662010D55F6C7382FE,
73kann der Erlass der Sicherstellungsanordnung durch den Zollbeamten für die Beklagte nicht gestützt werden, weil es sich bei einer Verwaltungsvereinbarung nicht um ein (formelles) Gesetz handelt. Abgesehen davon sieht die Vereinbarung nicht vor, dass die Zollverwaltung über unterstützende Tätigkeiten hinaus für die zuständige Behörde handeln kann.
74Damit ist vorliegend der Grundsatz der Selbstorganschaft verletzt. Verwaltungsakte, die gegen dieses Prinzip verstoßen, sind formell rechtswidrig.
75Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 59a; OVG Bremen, Urteil vom 20. März 2018 – 1 LB 55/17 –, juris Rn. 19.
76Die Beklagte muss sich die vom A2. L. verfügte Anordnung aus Verkehrsschutzgründen zurechnen lassen. Angesichts des Vordrucks im Formular „Einfuhr lebender Tiere im Reiseverkehr“ des Hauptzollamts E. sowie der nachfolgenden schriftlichen Bestätigung der Anordnung ist davon auszugehen, dass die Beklagte das entsprechende Vorgehen im Benehmen mit der Zollbehörde veranlasst hat.
77Die aus dem Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft resultierende formelle Rechtswidrigkeit der mündlichen Sicherstellungsanordnung ist nicht unbeachtlich.
78Dabei braucht, sollte die Anordnung auf Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 zu stützen sein, nicht entschieden zu werden, ob die unionsrechtliche Vorschrift überhaupt Raum für die Anwendung der nationalen Vorschriften bei Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften lässt.
79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2023 – 13 E 514/22 –, S. 6 des Entscheidungsabdrucks, n.v.
80Denn die Voraussetzungen für eine – hier allein in Betracht kommende – Unbeachtlichkeit des Verstoßes gegen das Prinzip der Selbstorganschaft liegen nicht vor.
81Nach § 46 VwVfG NRW kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
82Es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass sich das Tätigwerden eines Zollbeamten im Namen der Beklagten statt durch Bedienstete der Beklagten selbst nicht ausgewirkt hat. Die Kontrollen nach Art. 34 VO (EU) Nr. 576/2013 hätten, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, am Flughafen abgeschlossen werden müssen, wäre die Beklagte vor Ort gewesen. Erst nach Durchführung der Kontrollen stehen der zuständigen Behörde sämtliche der in Art. 35 VO (EU) Nr. 576/2013 genannten Maßnahmen zur Verfügung. Dazu gehört etwa auch die Zurücksendung der Hunde in die Türkei.
83b. Mündlich im Namen der Beklagten angeordnet hat der Zollbeamte L. am 00. April 2021 ferner die Isolierung der beiden Hunde der Klägerin im Tierheim E. -S. . Dies ergibt sich zum einen aus der eindeutigen Formulierung in dem auf den 00. April 2021 datierten Formular „Einfuhr lebender Tiere im Reiseverkehr“, wonach die „Quarantäne“ verfügt worden sei, sowie der Bezeichnung des Tierheims als „Quarantänestation“ auf der Rückseite des Formulars. Zum anderen geht auch die Beklagte von einer Isolierungsanordnung aus. Bereits im Sicherstellungsdatenblatt vom 00. April 2021 heißt es, dass die Hunde zollseitig angehalten und zwecks weiterer Überprüfung und Übergangsquarantäne in das Tierheim E. -S. überführt worden seien. Gemäß der Sachverhaltsdarstellung im Bescheid der Beklagten vom 00. Mai 2021 wurden die Hunde sichergestellt „und in der nächstgelegenen Quarantänestation beim D. -W. -Tierheim in E. -S. isoliert, um eine Kontrolle der Einfuhr durch die hiesige Veterinärbehörde zu ermöglichen“.
84Bei der mündlichen Isolierungsanordnung handelt es sich um einen eigenständigen, über die bloße Sicherstellung hinausgehenden Verwaltungsakt mit eigenem Regelungsgehalt. Die Sicherstellung ist ihrem Wesen nach (nur) darauf gerichtet, den Gewahrsam des bisherigen Gewahrsaminhabers zu beenden und neuen Gewahrsam durch die Verwaltung oder von ihr beauftragte Personen – hier: das Tierheim in E. -S. – zu begründen. Die Isolierungsanordnung hat demgegenüber die Absonderung der betroffenen Tiere während ihrer Verwahrung im Tierheim zum Ziel. Dementsprechend unterscheidet auch das Tiergesundheitsgesetz zwischen der Sicherstellung eines Tieres (§ 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 TierGesG) und der Absonderung von Tieren (§ 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG).
85Als Kreisordnungsbehörde ist die Beklagte für den Erlass einer Isolierungsanordnung entweder auf der Grundlage von Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ZustVO TierGesG TierNebG NRW oder auf der Grundlage von § 24 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 ZustVO TierGesG TierNebG NRW, jeweils i.V.m. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 OBG NRW zuständig.
86Auch hinsichtlich der am 00. April 2021 mündlich verfügten Quarantäne ist zweifelhaft, ob sie auf Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 gestützt werden kann. Die Isolierungsanordnung vom 00. April 2021 erfolgte ausweislich des Verwaltungsvorgangs, um eine Kontrolle der Einfuhr durch die Beklagte zu ermöglichen. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 dient die Anordnung der Isolierung jedoch der nachträglichen Erfüllung der in den Kapiteln II oder III festgelegten Bedingungen. Die Maßnahmen nach Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 können erst ergriffen werden, wenn die Kontrollen gemäß den Art. 33 und 34 VO (EU) Nr. 576/2013 ergeben, dass ein Heimtier die in den Kapiteln II und III vorgesehenen Bedingungen nicht erfüllt. Art. 34 VO (EU) Nr. 576/2013, der im Falle der Verbringung aus Drittstaaten die am Einreiseort des Reisenden für Heimtiere durchzuführenden Dokumenten- und Nämlichkeitskontrollen regelt, sieht in seinem Abs. 2 Buchst. b nur vor, dass der Tierhalter oder die ermächtigte Person das Heimtier der am Einreiseort anwesenden zuständigen Behörde für die genannten Kontrollen zur Verfügung stellt. Schon die Durchführung der Kontrollen außerhalb des Einreiseortes dürfte nach der VO (EU) Nr. 576/2013 daher nicht zulässig sein. Für die Isolierung des Heimtiers außerhalb des Einreiseortes zum Zwecke der Durchführung der Kontrollen dürfte dies erst recht gelten.
87Dies kann an dieser Stelle jedoch offen bleiben. Denn die Zuständigkeit der Beklagten als Kreisordnungsbehörde für die Absonderungsanordnung vom 00. April 2021 kann sich – ungeachtet der Frage, ob die Vorschriften der VO (EU) Nr. 576/2013 Raum hierfür lassen – auch aus § 24 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG ergeben (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 ZustVO TierGesG TierNebG NRW).
88Für die namens der Beklagten von dem Zollbeamten ausgesprochene Quarantäneverfügung gelten im Übrigen die obigen Ausführungen unter 1.a entsprechend. Auch diese Verfügung ist formell rechtswidrig, weil das Vorgehen der Beklagten dem Grundsatz der Selbstorganschaft widerspricht. Der Zollbeamte ist von der Beklagten nicht als Bote eingeschaltet worden. Vielmehr ist er gegenüber der Klägerin im Namen der Beklagten tätig geworden. Für die Vertretung der Beklagten durch einen Beamten der Zollbehörde fehlt es auch insoweit an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage mit der Folge, dass die Quarantäneverfügung vom 00. April 2021 rechtswidrig ist. Die Beklagte muss sich auch diese Verfügung aus Verkehrsschutzgründen zurechnen lassen.
89Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der mündlichen Isolierungsanordnung. Er ist, sofern die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes überhaupt Anwendung finden, nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Auch bei dieser Anordnung des Zollbeamten L. im Namen der Beklagten kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte genauso entschieden hätte, wenn ein Vertreter ihrer Behörde am Flughafen anwesend gewesen wäre. Im Anschluss an die dann gebotene und mögliche Durchführung der Kontrollen nach Art. 34 VO (EU) Nr. 576/2013 am Einreiseort hätten von der Beklagten das Verbringungsverfahren abschließende Maßnahmen nach Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 ergriffen werden können, darunter die Rücksendung der beiden Hunde in ihr Herkunftsland.
902. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides vom 00. Mai 2021, mit der die Beklagte angeordnet hat, dass die Hunde „ab dem Tag der Sicherstellung am 00.04.2021 unter amtlicher Überwachung isoliert und beobachtet (Quarantäne) [werden], bis die Einfuhrvoraussetzungen für die Verbringung in die Europäische Union unter amtlicher Überwachung nachträglich erfüllt wurden“, ist rechtswidrig, soweit die Isolierung rückwirkend angeordnet wurde, und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Soweit die Isolierungsanordnung für den Zeitraum ab Bekanntgabe des Bescheides bis zum 00. Juli 2021 gilt, ist sie rechtmäßig. Dies führt zur Teilaufhebung des Bescheides vom 00. Mai 2021.
91Die Ziffern 1 und 3 des Bescheides vom 00. Mai 2021 haben keinen die Klägerin belastenden Regelungscharakter. Bei der schriftlichen Bestätigung der Sicherstellungsverfügung in Ziffer 1 handelt es sich, wie oben bereits ausgeführt, um schlichthoheitliches Handeln. Ziffer 3 enthält lediglich den unverbindlichen Hinweis auf die Kostentragungspflicht.
92Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB analog hat die Beklagte die Quarantäne in Ziffer 2 des Bescheides vom 00. Mai 2021 erstmals angeordnet und nicht gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW eine bereits am 00. April 2021 mündlich angeordnete Quarantäne nur schriftlich bestätigt. Das ergibt sich aus einem Vergleich mit der Formulierung in Ziffer 1 des Bescheides, in der im Gegensatz zu Ziffer 2 ausdrücklich von einer schriftlichen Bestätigung einer bereits verfügten Sicherstellung die Rede ist.
93Rechtsgrundlage für die mit Ziffer 2 des Bescheides angeordnete Isolierung der Hunde ist Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013. Ergeben die Kontrollen gemäß den Art. 33 und 34 VO (EU) Nr. 576/2013, dass ein Heimtier die in den Kapiteln II oder III festgelegten Bedingungen nicht erfüllt, beschließt die zuständige Behörde auf Grundlage dieser Vorschrift nach Anhörung des amtlichen Tierarztes und erforderlichenfalls des Tierhalters oder der ermächtigten Person, das Heimtier unter amtlicher Überwachung so lange zu isolieren, bis es die in Kapitel II oder III festgelegten Bedingungen erfüllt.
94Die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Isolierungsanordnung liegen nicht vor. Die erstmalige Anordnung der Isolierung über sechs Wochen nach der Verbringung der beiden Hunde der Klägerin verstößt gegen das in Art. 34, 35 VO (EU) Nr. 576/2013 geregelte Verbringungsverfahren. Das Verfahren nach Art. 35 VO (EU) Nr. 576/2013 bei einer Nichteinhaltung der Vorschriften, die während der nach den Art. 33 und 34 durchgeführten Kontrollen erkannt wurde, ist bei der Einreise oder jedenfalls im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise abzuschließen. Der in der VO (EU) Nr. 576/2013 vorgesehene Verfahrensablauf schließt die Anwendbarkeit der §§ 45, 46 VwVfG NRW ebenso aus wie eine rückwirkende Anordnung der Isolierung.
95Den engen zeitlichen Zusammenhang mit der Verbringung legt bereits der Wortlaut von Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 nahe. Sobald die Kontrollen nach Art. 33 und 34 ergeben, dass ein Heimtier die in den Kapiteln II oder III festgelegten Bedingungen nicht erfüllt, trifft die zuständige Behörde die genannten Maßnahmen. Ein wie auch immer geartetes „Zwischenverfahren“ nach Durchführung der Kontrollen bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Maßnahme nach Art. 35 VO (EU) Nr. 576/2013 angeordnet wird, ist der Verordnung nicht zu entnehmen.
96Eine sich der Kontrolle zeitnah anschließende Entscheidung über das weitere Vorgehen nach Art. 35 VO (EU) Nr. 576/2013 ist auch rein tatsächlich geboten. Denn das Heimtier befindet sich zum Zwecke der Kontrollen am Einreiseort in den Händen der zuständigen Behörde, wie sich aus Art. 34 Abs. 2 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 ergibt. Danach stellt der Tierhalter oder die ermächtigte Person das Heimtier für die genannten Kontrollen zur Verfügung. Ist die Kontrolle mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass die Einfuhrvoraussetzungen nicht erfüllt sind, muss so schnell wie möglich eine Entscheidung über den weiteren physischen Verbleib des Heimtiers getroffen werden. Dies ist gerade auch aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr geboten. Zutreffend weist die Beklagte in anderem Zusammenhang darauf hin, dass es sich um ein mit Tollwut infiziertes Heimtier handeln kann, was für den Menschen eine erhebliche Gefahr darstellt. Eine Tollwutinfektion verläuft für Menschen ohne Schutzimpfung und Postexpositionsprophylaxe innerhalb von 24 Stunden nach der Infektion in aller Regel tödlich.
97Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tollwut.
98Sinn und Zweck der Verordnung sowie der Gesetzeszusammenhang bestätigen, dass das Verfahren nach Art. 34 und 35 VO (EU) Nr. 576/2013 mindestens im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise abzuschließen ist.
99Mit der VO (EU) Nr. 576/2013 stellt der Unionsgesetzgeber ein spezielles Verfahren für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken aus einem Mitgliedstaat in einen anderen oder aus Drittländern in die Mitgliedstaaten zur Verfügung. Die Verordnung soll das Verfahren im Reiseverkehr für das Verbringen von Heimtieren der Arten Hunde, Katzen und Frettchen zu anderen als Handelszwecken gegenüber der Verbringung zum Zwecke des Handels mit diesen Tieren vereinfachen. In Erwägungsgrund Nr. 1 heißt es, dass die Verordnung einerseits für ein ausreichendes Maß an Sicherheit bei einer Verbringung zu anderen als Handelszwecken sorgen, andererseits aber ungerechtfertigte Hindernisse für diese Verbringung beseitigen soll. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass die Heimtiere über sogenannte benannte Einreiseorte für Reisende verbracht werden, an denen die in Art. 34 VO (EU) Nr. 576/2013 vorgeschriebenen Dokumenten- und Nämlichkeitskontrollen vorgenommen werden (Art. 34 Abs. 1, Art. 3 Buchst. k VO (EU) Nr. 576/2013). An den von den Mitgliedstaaten benannten Einreiseorten ist unter anderem sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden, die die Mitgliedstaaten zur Durchführung der Kontrollen nach Abs. 1 benannt haben, umfassend über die in Kapitel III festgelegten Vorschriften informiert, und die Beamten der zuständigen Behörde ausreichend in der Anwendung der Vorschriften geschult sind (Art. 34 Abs. 4 Buchst. a VO (EU) Nr. 576/2013). Die Einreise von Heimtieren aus Drittländern nach Deutschland hat über einen Flughafen oder Hafen zu erfolgen, die in der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft herausgegebenen Liste gem. Art. 34 Abs. 3 VO (EU) Nr. 576/2013 aufgeführt sind. Dies ist unter anderem der Flughafen Düsseldorf im Stadtgebiet der Beklagten. Ziel dieses Verfahrens ist es ersichtlich, mittels kompetenten Personals bei ausgewählten Behörden eine zügige Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Dies liegt mit Blick auf die Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier, die mit einer Verbringung einhergehen, sowohl im öffentlichen Interesse als auch im eigenen Interesse des Halters.
100Art. 34 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 legt dementsprechend unmissverständlich fest, dass die Durchführung der Dokumenten- und Nämlichkeitskontrollen „am Einreiseort des Reisenden für Heimtiere“ durchgeführt wird. Dies ist nach der gesetzlichen Definition in Art. 3 Buchst. k VO (EU) Nr. 576/2013 jeder von den Mitgliedstaaten für die Zwecke der Kontrollen gemäß Art. 34 Abs. 1 benannte Bereich, hier: der Flughafen E. . Die zuständige Behörde ist gemäß Art. 34 Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 am Einreiseort anwesend. Dasselbe gilt für den Tierhalter oder die ermächtigte Person. So heißt es in Art. 34 Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013, dass der Tierhalter „bei der Einreise“ mit der am Einreiseort anwesenden zuständigen Behörde Kontakt aufnimmt. „Bei der Einreise“ legt er den Ausweis des Heimtiers vor und stellt das Tier für die Kontrollen zur Verfügung.
101Dass nicht nur die Durchführung der Kontrollen nach Art. 34 VO (EU) Nr. 576/2013, sondern auch die Entscheidung nach Art. 35 VO (EU) Nr. 576/2013 mindestens im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise zu treffen ist, zeigt der in Art. 35 VO (EU) Nr. 576/2013 vorgesehene Maßnahmenkatalog. Eine mögliche Maßnahme im Falle der Nichteinhaltung der Vorschriften, die während der nach Art. 34 durchgeführten Kontrollen erkannt wurde, ist die Rücksendung in das Herkunftsland (Art. 35 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 576/2013). Die zuständige Behörde kann die Verbringung von Heimtieren nach Art. 35 Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 aber auch ganz verweigern mit der Folge, dass diese nicht einreisen dürfen. Eine solche behördliche Entscheidung ist aber nur möglich, solange sich das Heimtier noch am Einreiseort, d.h. in dem von den Mitgliedstaaten benannten Bereich, befindet.
102Das schließt es aus, den Abschluss des Verbringungsverfahrens auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen, indem – wie hier – zunächst eine „Übergangsquarantäne“ in einem nahegelegenen Tierheim zur Ermöglichung einer Einfuhrkontrolle angeordnet und die eigentliche Isolierungsanordnung erst rund sechs Wochen später erlassen wird. Eine Isolierung zum Zwecke der Durchführung der Kontrollen nach Art. 34 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013, die hier allein deshalb erfolgt ist, weil die Beklagte entgegen Art. 34 Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 zum Zeitpunkt der Einreise am Einreiseort nicht anwesend oder zumindest erreichbar war, ist in der Verordnung nicht vorgesehen. Sie ist auch nicht notwendig, wenn die Vorgaben in Art. 34 VO (EU) Nr. 576/2013 beachtet werden. Bei dem Verfahren, wie es im vorliegenden Fall praktiziert wurde, wäre es zudem denkbar, dass das Heimtier erst übergangsweise isoliert und sodann nach Durchführung der Kontrollen entschieden wird, es in das Herkunftsland oder –gebiet zurückzusenden oder als ultima ratio einzuschläfern (Art. 35 Abs. 1 Buchst. a und c VO (EU) Nr. 576/2013). Die Maßnahmen nach Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 können aber nur alternativ und nicht kumulativ ergriffen werden.
103Der Umstand, dass eine Maßnahme nach Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 die Anhörung des amtlichen Tierarztes und erforderlichenfalls des Tierhalters oder der ermächtigten Person voraussetzt, steht dem Abschluss des Verbringungsverfahrens bei oder im unmittelbaren Anschluss an die Einreise nicht entgegen. Amtlicher Tierarzt ist ein von der zuständigen Behörde ernannter Tierarzt (Art. 3 Buchst. h VO (EU) Nr. 576/2013), sodass diese dessen – gegebenenfalls telefonische – Erreichbarkeit sicherstellen kann. Der Tierhalter oder die ermächtigte Person sind am Einreiseort anwesend und daher ohnehin für die Behörde entweder unmittelbar oder telefonisch greifbar.
104Die Beklagte hat das vorgesehene Verbringungsverfahren nicht eingehalten. Sie hat die Isolierungsanordnung gemäß Art. 35 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 576/2013 erst mit Bescheid vom 00. Mai 2021 erlassen und damit nicht mehr im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise der Klägerin am 00. April 2021.
105Der im verspäteten Erlass der Anordnung liegende Verfahrensmangel kann weder nach § 45 VwVfG NRW (analog) geheilt werden noch ist er gemäß § 46 VwVfG NRW (analog) unbeachtlich.
106Für die in § 45 VwVfG NRW vorgesehene Möglichkeit der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern gilt dies ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit nationalen Verwaltungsverfahrensrechts im Rahmen des Verbringungsverfahrens nach Art. 34 und 35 VO (EU) Nr. 576/2013 bereits deshalb, weil keine der in § 45 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 VwVfG NRW genannten Verfahrenshandlungen versäumt wurde.
107Eine entsprechende Anwendung von § 45 Abs. 1 VwVfG NRW scheidet vorliegend aus. Andere als die in § 45 Abs. 1 VwVfG NRW genannten Verfahrenshandlungen können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, wenn und soweit der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, d.h. ohne Aufhebung oder jedenfalls Feststellung der Nichtvollziehbarkeit der Verwaltungsentscheidung, erreicht werden kann.
108Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11/07 –, juris Rn. 24, m.w.N.,
109Das ist bei einem Erlass der Isolierungsanordnung erst sechs Wochen nach der Einreise nicht der Fall. Die Zeit, in der das Verbringungsverfahren nach Art. 34 und 35 VO (EU) Nr. 576/2013 abzuschließen ist, ist unwiderbringlich abgelaufen.
110Der Verfahrensfehler ist auch nicht nach § 46 VwVfG NRW analog unbeachtlich.
111Die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sind mangels einer einschlägigen unionsrechtlichen Regelung nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats.
112Vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2006 – C-392/04 und C-422/04 –, juris Rn. 57.
113Stellt aber das Unionsrecht – wie hier in Art. 34 und 35 VO (EU) Nr. 576/2013 –selbständige Verfahrensanforderungen auf, ist zu prüfen, ob diese Raum für die Anwendung der nationalen Vorschriften über die Folgen von Verfahrens- und Formfehlern lassen.
114Vgl. Beschluss des OVG NRW vom 3. Mai 2023 – 13 E 514/22 –, S. 6 des Entscheidungsabdrucks, n.v.
115Das ist in Bezug auf § 46 VwVfG NRW zu verneinen. Der oben dargestellte Verfahrensablauf, der den Abschluss des Verbringungsverfahrens bei der Einreise oder jedenfalls in unmittelbarem Zusammenhang bezweckt, steht der Möglichkeit einer Unbeachtlichkeit des im verspäteten Erlass der Isolierungsanordnung liegenden Verfahrensfehlers entgegen. Könnte der Anspruch auf Aufhebung der formell rechtswidrigen, weil erst gut sechs Wochen nach der Verbringung erlassenen Isolierungsanordnung bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 46 VwVfG NRW ausgeschlossen werden, würde das in Art. 34, 35 VO (EU) Nr. 576/2013 geregelte Verbringungsverfahren, das bei oder unmittelbar nach der Einreise abzuschließen ist, ins Leere laufen.
116Ob die Klägerin darüber hinaus vor der Anordnung nach Art. 35 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 anzuhören war, kann angesichts des vorliegenden Verfahrensmangels offenbleiben.
117Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass die VO (EU) Nr. 576/2013 eine auf den Zeitpunkt der Sicherstellung am 00. April 2021 rückwirkende Isolierungsanordnung, wie sie die Beklagte verfügt hat, ausschließt. Die Regelung des zeitlichen Geltungsbereichs gehört zum Inhalt, mit dem der Verwaltungsakt nach § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW wirksam wird. Er kann aber nur dann vor seiner Bekanntgabe liegen, soweit es das materielle Recht zulässt.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 1991 – 3 C 46.86 –, juris Rn. 19, m. w. N.
119Dies ist hier nicht der Fall. Bei einer nicht mehr im zeitlichen Zusammenhang mit der Verbringung stehenden Anordnung der Isolierung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Einreise würde das in der VO (EU) Nr. 576/2013 vorgesehene Verbringungsverfahren umgangen.
120Für die rückwirkende Anordnung der Isolierung ab dem Tag der Sicherstellung am 00. April 2021 kann sich die Beklagte auch nicht auf § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG stützen. Anordnungen und Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 Sätze 1 und 2 TierGesG kann die zuständige Behörde nach der Einschränkung in § 24 Abs. 3 Satz 2, Hs. 2 TierGesG u.a. nur treffen, soweit durch einen unmittelbar geltenden Rechtsakt der Europäischen Union eine Regelung nicht getroffen worden ist oder eine durch die vorstehend genannten Vorschriften getroffene Regelung nicht entgegensteht. Letzteres ist hier nicht gegeben. Die VO (EU) Nr. 576/2013 regelt das bei der Verbringung einzuhaltende Verfahren bei der Einreise bzw. im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit. Das schließt eine rückwirkende Anwendung des § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG für den Zeitraum vor Anordnung der Isolierung aus.
121Demgegenüber ist die Isolierungsanordnung rechtmäßig, soweit sie den Zeitraum ab Bekanntgabe des Bescheides bis zum 00. Juli 2021 umfasst. Dies hat zur Folge, dass die Isolierungsanordnung nur insoweit aufzuheben ist, als sie sich auf den Zeitraum vor der Bekanntgabe des Bescheides erstreckt.
122Die Teilaufhebung eines Verwaltungsakts wegen bloßer Teilrechtswidrigkeit ist zulässig, wenn der nach Aufhebung des rechtswidrigen, abtrennbaren Teils verbleibende Teil rechtmäßig als selbstständiger Verwaltungsakt bestehen bleiben kann und anzunehmen ist, dass er entweder als solcher von der Behörde erlassen worden wäre oder dass die Behörde unabhängig hiervon verpflichtet gewesen wäre, den Verwaltungsakt ohne den fehlerhaften Teil zu erlassen. Der verbleibende „Rest“ darf nicht zu etwas qualitativ anderem werden.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2003 – 13 A 1499/01 –, juris Rn. 31 ff. m.w.N.
124Hiernach ist eine inhaltliche Teilaufhebung des Bescheides vom 00. Mai 2021 möglich. Der von der Verfügung in Ziffer 2 insgesamt erfasste Zeitraum ist ohne weiteres in der Weise teilbar, dass der vergangene Zeitraum abgetrennt und der verbleibende Zeitraum bis zum Ablauf der dreimonatigen Quarantänedauer bestehen bleiben kann. Die Beklagte hätte die Isolierungsanordnung von vornherein auf den verbleibenden Zeitraum der Quarantäne beschränken können und müssen.
125Die Einschränkung in § 24 Abs. 3 Satz 2, Hs. 2 TierGesG steht der Anordnung der Isolierung ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides am 00. Mai 2021 bis zum Ablauf der Quarantänedauer nicht entgegen. Die Regelung des Verbringungsverfahrens durch die VO (EU) Nr. 576/2013 beschränkt sich auf das bei der Verbringung einzuhaltende Verfahren bei der Einreise oder im unmittelbaren Anschluss an die Einreise. Die Bekämpfung von Tierseuchen im Übrigen durch die Mitgliedstaaten wird nicht geregelt. Besteht kein zeitlicher Zusammenhang mehr mit der Verbringung von Heimtieren, steht der Anwendung nationalen Rechts nichts mehr entgegen. Anderenfalls müsste ein Heimtier, das – etwa wegen fehlender Tollwutimpfung – die in den Kapiteln II oder III der VO (EU) Nr. 576/2013 festgelegten Bedingungen nicht erfüllt, jedoch unter Verstoß gegen die VO (EU) Nr. 576/2013 isoliert wurde, freigelassen werden, auch wenn der Quarantänezeitraum noch nicht abgelaufen ist. Dieser Gefahr muss die zuständige Behörde durch die Anordnung der Absonderung des Tieres für den verbleibenden Zeitraum begegnen können.
126Dass die Beklagte sich in ihrem Bescheid vom 00. Mai 2021 nicht ausdrücklich auf § 24 Abs. 3 TierGesG stützt, ist unschädlich. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung hat das Verwaltungsgericht alle einschlägigen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, auch wenn sie von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes nicht angeführt worden sind. Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen ist dem Gericht nur dann verwehrt, wenn die abweichende rechtliche Begründung den angefochtenen Verwaltungsakt in seinem Wesen verändern würde.
127Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 – 2 C 28.89 –, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2015 – 15 A 121/15 –, juris Rn. 10 und Beschluss 27. April 2009 – 13 B 34/09 –, juris Rn. 6 f.
128Das ist hier nicht der Fall. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die Anordnung der Beklagten in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides darauf gerichtet ist, durch die Isolierung der Hunde der Klägerin die mit einer möglichen Tollwutinfektion einhergehenden Gefahren abzuwehren.
129Die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Absonderung von Tieren nach § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG liegen vor. Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 TierGesG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachtes, eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sind.
130Die Vorschrift begründet eine generelle Ermächtigung der zuständigen Behörde zur Überwachung der Einhaltung tierseuchenrechtlicher Vorschriften. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen der zuständigen Behörde durch diese Vorschrift alle erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten eingeräumt werden, um Verdachtsfälle oder Verstöße auszuräumen bzw. im Vorfeld bereits tätig zu werden.
131Dabei ermächtigt die Befugnisnorm des § 24 Abs. 3 Satz 1 TierGesG, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang mit der Aufgabennorm des § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2 TierGesG ergibt, zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen bei Bestehen eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes, bei Vorliegen eines Verstoßes oder zur Verhinderung künftiger Verstöße gegen Vorschriften des Tiergesundheitsgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften sowie der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsgesetzes. Denn in diesem Umfang obliegt den zuständigen Behörden nach § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2 TierGesG die Überwachung der Einhaltung tierseuchenrechtlicher Vorschriften und wird hierdurch auch der in § 24 Abs. 3 Satz 1 TierGesG vorausgesetzte Eingriffsbereich bestimmt.
132Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2016 – 13 B 904/16 –, juris Rn. 26.
133Zum Zeitpunkt der Anordnung der Isolierung am 00. Mai 2021 lag ein fortdauernder Verstoß gegen die in Art. 10 Abs. 1 Buchst. c VO (EU) Nr. 576/2013 festgelegten Bedingungen für die Verbringungen von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken vor. Nach dieser Vorschrift muss ein Hund einem Test zur Titrierung von Tollwutantikörpern unterzogen worden sein, der den in Anhang IV genannten Gültigkeitsvorschriften entspricht. Dieses Erfordernis entfällt nach Art. 12 Abs. 1 VO (EU) Nr. 576/2013 nur, wenn das Tier aus einem Gebiet oder Drittland, das gemäß Art. 13 Abs. 1 oder Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 aufgeführt ist, in den Mitgliedstaat verbracht wird. Die Türkei, aus der die Hunde in die Bundesrepublik Deutschland verbracht worden sind, gehört jedoch nicht zu den entsprechend aufgeführten Ländern (vgl. Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 i.V.m. Anhang II Teil 1 und Teil 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 577/2013 der Kommission).
134Der damit erforderliche Test zur Titrierung von Tollwutantikörpern muss nach Nr. 2 Buchst. a des Anhangs IV zur VO (EU) Nr. 576/2013 an einer Probe durchgeführt werden, die mindestens 30 Tage nach dem Zeitpunkt der Impfung entnommen wurde, und insbesondere mindestens drei Monate vor dem Zeitpunkt der Verbringung zu anderen als Handelszwecken aus einem anderen Drittland als denjenigen, die in den gemäß Art. 13 Abs. 1 oder Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 erlassenen Durchführungsrechtsakten genannt sind, durchgeführt werden.
135Diese Voraussetzungen waren hier im Hinblick auf die Hunde „B. “ und „Z. “ bei ihrer Einreise nicht erfüllt. Vor ihrer Verbringung nach Deutschland ist kein Test zur Titrierung von Tollwutantikörpern durchgeführt worden. Die nachträgliche Erfüllung der Einreisebedingungen tritt frühestens nach Ablauf einer dreimonatigen Isolierung der Hunde ein. Denn die Wartezeit für den notwendigen, den Gültigkeitsvorschriften nach Anhang IV der VO (EU) Nr. 576/2013 entsprechenden Test beträgt drei Monate. Diese Frist war zum Zeitpunkt des etwa sechs Wochen nach der Sicherstellung ergangenen Bescheides noch nicht erreicht.
136Die Isolierungsanordnung bis zum 00. Juli 2021 ist ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig erfolgt. Ein Entschließungsermessen kommt der Beklagten als zuständiger Behörde dabei nicht zu, weil sie nach § 24 Abs. 3 Satz 1 TierGesG im Fall des Vorliegens eines hinreichenden Verdachtes oder eines Verstoßes – wie hier – die erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen hat.
137Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2016 – 13 B 904/16 –, juris Rn. 33.
138Die Beklagte hat ihr Auswahlermessen, das sich daraus ergibt, dass sie die „notwendigen“ Anordnungen zu treffen hat, erkannt und sachgerecht ausgeübt. Aufgrund der erheblichen Gefahren durch Tollwut für den Menschen stellt die Absonderung der Tiere eine geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme dar. Insbesondere ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Eine Rücksendung der beiden Hunde in die Türkei, stellt, ungeachtet der Frage, ob eine solche Maßnahme auf der Grundlage von § 24 Abs. 3 TierGesG überhaupt angeordnet werden könnte, zum Zeitpunkt des Erlasses der Isolierungsanordnung kein ebenso geeignetes Mittel dar, weil die Hunde zu diesem Zweck aus der Quarantäne entlassen werden müssten, obwohl nach wie vor ein Ansteckungsrisiko besteht.
139Die Klägerin ist entgegen ihrer Auffassung auch die richtige Adressatin der Isolierungsanordnung. Dabei kann dahinstehen, ob sie als Halterin oder ermächtigte Person im Sinne der VO (EU) Nr. 576/2013 anzusehen ist. Denn sie ist als diejenige Person, die die beiden Hunde in die Bundesrepublik Deutschland verbracht hat, jedenfalls Verhaltensstörerin gemäß § 17 Abs. 1 OBG NRW. Das TierGesG enthält keine spezielle Regelung zum Adressaten einer Anordnung nach § 24 TierGesG, so dass gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 OBG NRW auf allgemeines Ordnungsrecht zurückzugreifen ist.
1403. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 00. Januar 2022 ist rechtmäßig, soweit Auslagen für die Unterbringung der Hunde „B. “ und „Z. “ im Zeitraum 00. Mai 2021 bis einschließlich 00. Juli 2021 i.H.v. 2.350,- € (47 Tage à 25 € x 2) geltend gemacht werden. Im Übrigen ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
141Rechtsgrundlage für die Pflicht der Klägerin, die Kosten für die Unterbringung der beiden Hunde im Zeitraum ab Bekanntgabe des Bescheides bis zum Ablauf der dreimonatigen Quarantänedauer zu tragen, ist § 26 Abs. 1 Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz und Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (AG TierGesG TierNebG NRW). Da die Anordnung der Isolierung für diesen Zeitraum auf § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG gestützt werden kann und nicht durch die VO (EU) Nr. 576/2013 gesperrt wird, richtet sich auch die Kostentragung nach nationalem Recht.
142Die nachträgliche Heranziehung dieser im Bescheid vom 00. Januar 2022 nicht genannten Rechtsgrundlage ist zulässig und auch geboten, da der Kostenfestsetzungsbescheid dadurch nicht in seinem Wesen verändert wird.
143Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2015 – 15 A 121/15 –, juris Rn. 10.
144Auch auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 AG TierGesG TierNebG NRW werden mit dem Kostenfestsetzungsbescheid unverändert Unterbringungskosten geltend gemacht, die aufgrund der Isolierung der beiden Hunde im Bereich des Tierseuchenrechts entstanden sind. Weder § 26 Abs. 1 AG TierGesG TierNebG NRW noch die im Bescheid aufgeführte Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG – VO VwVG NRW) räumen der Beklagten Ermessen ein.
145§ 26 Abs. 1 Satz 1 AG TierGesG TierNebG NRW bestimmt, dass unbeschadet etwaiger privatrechtlicher Ersatzansprüche alle in den §§ 23 bis 25 nicht aufgeführten Kosten, die bei der Durchführung der Bekämpfungsmaßnahmen entstehen, den Beteiligten zur Last fallen. Die Vorschrift stellt ihrem Wortlaut zufolge demnach eine Auffangvorschrift dar.
146Wer als Beteiligte anzusehen sind, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 AG TierGesG TierNebG NRW. Hierzu gehören der Eigentümer, Besitzer oder Begleiter der von den Maßregeln betroffenen Tiere (§ 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AG TierGesG TierNebG NRW).
147Die Kosten für die Unterbringung der beiden Hunde im Tierheim vom 00. Mai 2021 bis 00. Juli 2021 hat auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 AG TierGesG TierNebG NRW die Klägerin zu tragen. Es handelt sich um Kosten, die bei der Durchführung einer Bekämpfungsmaßnahme der Beklagten entstanden sind, die nicht in den §§ 23-25 AG TierGesG TierNebG NRW aufgeführt sind.
148Die streitgegenständliche Isolierungsanordnung nach § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 TierGesG stellt eine Maßnahme zur Bekämpfung der Tollwut dar. Bei der Durchführung der Quarantäne in einem Tierheim entstehen Kosten für die gesonderte Unterbringung und Versorgung der Tiere.
149Die Unterbringungskosten unterfallen nicht den Kostenregelungen in den §§ 23-25 AG TierGesG TierNebG NRW. § 23 Abs. 1 Nr. 2 AG TierGesG TierNebG NRW erfasst nur die Kosten, die einer Behörde, welche Maßnahmen zur Bekämpfung von Tierseuchen verfügt, durch die Anordnung, Leitung und Überwachung der Maßnahmen entstehen. Gemeint sind damit, wie sich aus dem Wortlaut der Norm sowie aus dem Gegenschluss zu § 26 Abs. 1 Satz 1 AG TierGesG TierNebG NRW ergibt, nur die Kosten der in der Anordnung, Leitung und Überwachung bestehenden behördlichen Tätigkeit selbst, nicht aber die Kosten, die beim Vollzug der Bekämpfungsmaßnahme entstehen. § 24 AG TierGesG TierNebG NRW regelt die Kosten der amtstierärztlichen Beaufsichtigungen, § 25 AG TierGesG TierNebG NRW die Kosten der örtlichen Ordnungsbehörden.
150Schließlich fallen die Unterbringungskosten auch der Klägerin zur Last. Mindestens als Begleiterin der beiden Hunde ist sie sonstiger Kostenträger im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AG TierGesG TierNebG NRW.
151Der Tagessatz von 25,- € pro Hund und pro Tag der Unterbringung in Quarantäne ist auch der Höhe nach nicht unangemessen hoch.
152Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juni 2020 – 23 K 2122/17 –, S. 11 des Entscheidungsabdrucks, n.v.
153Im Übrigen ist der Kostenfestsetzungsbescheid rechtswidrig.
154Dies gilt zunächst in Bezug auf die Unterbringungskosten, die vor der Bekanntgabe des Bescheides vom 00. Mai 2021 sowie nach Ablauf der Quarantänedauer bis zur Freigabe der Hunde entstanden sind.
155Soweit mit dem Bescheid die Kosten für die Unterbringung ab Sicherstellung bis zur Bekanntgabe des Bescheides in Höhe von 2.300,- Euro (46 Tage à 25 Euro x 2) festgesetzt werden, kann sich die Beklagte nicht auf § 46 Abs. 3 Sätze 1 und 3 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 12 OBG NRW i.V.m. § 77 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW – VwVG NRW) i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 8 VO VwVG NRW stützen.
156Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 12 OBG NRW gilt unter anderem die Vorschrift des § 46 PolG NRW für die Ordnungsbehörden entsprechend, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. § 46 Abs. 3 Satz 1 PolG NRW bestimmt, dass die Kosten der Sicherstellung und Verwahrung den nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen zur Last fallen. Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 3 PolG NRW findet § 77 VwVG NRW Anwendung. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW werden für Amtshandlungen nach diesem Gesetz nach näherer Bestimmung einer Ausführungsverordnung VwVG von dem Vollstreckungsschuldner oder dem Pflichtigen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 VO VwVG NRW hat der Pflichtige der Vollzugsbehörde insbesondere die in Satz 2 genannten Auslagen zu erstatten. Dazu gehören sonstige durch Ausführung des unmittelbaren Zwanges, durch Anwendung der Ersatzzwangshaft, durch Sicherstellung oder Verwahrung entstandene Kosten (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 VO VwVG NRW).
157Es kann offenbleiben, ob eine Kostenerstattung auf der Grundlage dieser Vorschriften neben Art. 35 Abs. 3 VO (EU) Nr. 576/2013 in Betracht kommt. Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen für die Kostenerhebung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 VO VwVG NRW nicht vor.
158Gemäß § 24 Abs. 1 VO VwVG NRW werden Kosten, die durch die unrichtige Behandlung der Sache entstanden sind, nicht erhoben. Die Erhebung von Kosten setzt mithin die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Amtshandlung voraus.
159Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 9 E 289/14 –, juris Rn. 6 m.w.N.
160Die Sicherstellung durch die Beklagte am 00. April 2021 mit anschließender Verwahrung der beiden Hunde im Tierheim bis einschließlich 00. Mai 2021 war rechtswidrig. Die Beklagte kann die in diesem Zeitraum entstandenen Unterbringungskosten daher nicht erstattet verlangen.
161Art. 35 Abs. 3 VO (EU) Nr. 576/2013 scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus.
162Nach dieser Vorschrift werden „die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen“ auf Kosten des Tierhalters und ohne die Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung des Tierhalters oder der ermächtigten Person durchgeführt. Schon der Wortlaut der Regelung spricht dafür, dass nur solche Maßnahmen kostenpflichtig sind, die sich tatsächlich auf Art. 35 Abs. 1 oder Abs. 2 VO (EU) Nr. 576/2013 stützen können, also rechtmäßig sind. Das ist vorliegend nicht der Fall. Jedenfalls ergibt sich der Ausschluss einer Kostenpflicht für rechtswidrige Maßnahmen aus dem allgemeinen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der zu den tragenden Elementen der rechtsstaatlichen Ordnung zählt. Das Strukturprinzip der Rechtsstaatlichkeit ist unionsrechtlich in Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon ausdrücklich normiert. Danach lässt sich eine Kostenüberbürdung für eine Leistung der Verwaltung nur begründen, wenn diese ihrerseits rechtmäßig ist, und sich das Verwaltungshandeln somit im Rahmen der verfassungsrechtlich auferlegten Bindung an Gesetz und Recht bewegt (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG). Sowohl die Sicherstellung mit mündlicher Verfügung vom 10. April 2021 als auch die rückwirkende Isolierung der Hunde der Klägerin unter amtlicher Überwachung bis zur Bekanntgabe des Bescheides am 00. Mai 2021 waren jedoch, wie oben ausgeführt, rechtswidrig.
163Auch die mit dem Kostenfestsetzungsbescheid geltend gemachten Unterbringungskosten nach Ablauf der Quarantänedauer am 00. Juli 2021 bis zur Freigabe am 00. August 2021 i.H.v. 2.400,- Euro sind von der Klägerin nicht zu erstatten. Diese Kosten sind dadurch entstanden, dass die Klägerin nicht die im Bescheid vom 00. Mai 2021 geforderte Sicherheitsleistung i.H.v. 4915,- Euro erbracht hat und die Tiere daher weiter in behördlicher Verwahrung geblieben sind.
164Ob als Rechtsgrundlage hierfür § 77 Abs. 5 VwVG NRW i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 2 VO VwVG NRW in Betracht kommt, braucht vorliegend ebenso wenig entschieden zu werden wie die Frage, ob die Herausgabe der Heimtiere nur gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung nicht bereits durch die VO (EU) Nr. 576/2013 gesperrt ist. Denn auch insoweit greift der in § 24 Abs. 1 VO VwVG NRW verankerte Grundsatz, wonach die Rechtmäßigkeit der zu Grunde liegenden Amtshandlung Voraussetzung für die Erhebung von Kosten ist. Das ist nicht der Fall. Die Sicherstellung durch die Beklagte am 00. April 2021 war rechtswidrig. Im Anschluss wurde (erneut) keine Sicherstellung oder Verwahrung durch die Beklagte angeordnet. Mit Ziffer 1 des Bescheides vom 00. Mai 2021 wurde die am 00. April 2021 mündlich verfügte Sicherstellung lediglich schriftlich bestätigt. Unter Ziffer 2 hat die Beklagte die Isolierung unter amtlicher Überwachung angeordnet, nicht aber die Verwahrung der Hunde im Tierheim. Das war aus Sicht der Beklagten auch nicht notwendig, weil sich die Tiere bereits im Tierheim in Quarantäne befanden. Dementsprechend knüpft die Beklagte ausweislich ihres Bescheides vom 00. Mai 2021 (Seite 7) die Sicherheitsleistung an die „Herausgabe der Sicherstellung“.
165Schließlich kann die Beklagte auch nicht die Verwaltungsgebühr für die Sicherstellung sowie die tierärztlichen Behandlungskosten und die Transportkosten geltend machen, so dass der Festsetzungsbescheid auch insoweit rechtswidrig ist.
166Der Erhebung einer Verwaltungsgebühr i.H.v. 25,- Euro für die Sicherstellung gemäß § 15 Abs. 1 lfd. Nr. 13 VO VwVG NRW steht ebenfalls die Vorschrift in § 24 Abs. 1 VO VwVG NRW entgegen. Dasselbe gilt für die Transportkosten i.H.v. 90,- Euro, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der rechtswidrigen Sicherstellung der beiden Hunde am 00. April 2021 stehen.
167Die tierärztlichen Behandlungskosten i.H.v. 489,36 Euro, die notwendiger Bestandteil der Isolierung sind, um die im Kap. III der VO (EU) Nr. 576/2013 festgelegten Bedingungen zu erfüllen bzw. den fortdauernden Verstoß gegen die in Art. 10 Abs. 1 Buchst. c VO (EU) Nr. 576/2013 festgelegten Bedingungen zu beseitigen, kann die Beklagte ebenfalls nicht geltend machen. Soweit die Isolierung rückwirkend angeordnet wurde, ist sie rechtswidrig mit der Folge, dass die damit verbundenen Maßnahmen – dies dürften im Wesentlichen die Tollwutimpfung sowie die Tollwuttiterbestimmung sein – nicht kostenpflichtig sind.
168Sollten tierärztliche Behandlungskosten auch im Zeitraum ab Bekanntgabe des Bescheides bis Ablauf der Quarantänedauer entstanden sein, ist die hierauf bezogene Isolierungsanordnung zwar rechtmäßig. Aber abgesehen davon, dass die Beklagte die tierärztlichen Behandlungskosten weder inhaltlich noch in zeitlicher Hinsicht präzisiert hat, fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für eine Kostentragungspflicht der Klägerin. Die Kosten der auf Veranlassung von Behörden vorgenommenen Amtsverrichtungen der amtlichen Tierärzte tragen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 AG TierGesG TierNebG NRW die Anstellungskörperschaften, soweit nicht in den §§ 24-27 etwas anderes bestimmt ist. Nach § 26 Abs. 4 AG TierGesG TierNebG NRW fallen die Kosten von Impfungen, von Maßnahmen diagnostischer Art und von tierärztlichen Behandlungen, die von der zuständigen Behörde aufgrund des § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 10 TierGesG oder der aufgrund des Tiergesundheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen angeordnet oder verfügt worden sind, grundsätzlich dem Tierhalter zur Last. Die tierärztliche Behandlung der beiden Hunde „B. “ und „Z. “ wurde von der Beklagten schon nicht gesondert angeordnet oder verfügt. Mangels anderweitiger Bestimmung in den §§ 24-27 AG TierGesG TierNebG NRW bleibt es danach dabei, dass die Beklagte die Kosten der auf ihre Veranlassung vorgenommenen Amtsverrichtungen des amtlichen Tierarztes trägt.
169Das Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen ist nicht anwendbar. Nach dessen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 gilt das Gesetz nicht, soweit Kosten Gegenstand besonderer Regelung durch Gesetz, aufgrund eines Gesetzes oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag sind. Das AG TierGesG TierNebG NRW stellt bezogen auf die obigen Vorschriften eine solche spezielle Kostenregelung dar.
170Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
171Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
172Rechtsmittelbelehrung:
173Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
174Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
175Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
176Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
177Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
178Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst 3- fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
179Beschluss:
180Der Streitwert wird auf 17.604,36 Euro festgesetzt.
181Gründe:
182Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG erfolgt. Dabei wurden die mündlichen Anordnungen vom 00. April 2021 sowie der Bescheid vom 00. Mai 2021 jeweils mit dem Regelstreitwert berücksichtigt und der Kostenfestsetzungsbescheid vom 00. Januar 2022 in Höhe der festgesetzten Kosten.
183Rechtsmittelbelehrung:
184Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
185Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
186Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
187Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
188Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
189War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.