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1. Wendet der Adressat einer Bauordnungsverfügung ein, es bestünden gleichgelagerte Verstöße, gegen die seitens der Bauaufsicht nicht eingeschritten werde, und benennt er auch konkret vergleichbare Fälle, so ist die Behörde gehalten, dem nachzugehen und in gleichgelagerten Fällen auch gegen die anderen Störer einzuschreiten.
2. Da es bei einer Mehrzahl gleichartiger Verstöße gegen Bauvorschriften in einem Gebiet notwendig ist, dass die Behörde bei der Erfassung der Verstöße und dem Einschreiten planmäßig vorgeht und weder in ihrem Plan noch bei der Ausführung willkürliche Ausnahmen macht, ist es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn sie im gleichen Gebiet außerhalb der systematischen Erfassung nach Feststellung eines baurechtswidrigen Zustands gegen einen Grundstückseigentümer vorgeht, nicht aber gegen den Eigentümer des angebauten Nachbargebäudes, das einen vergleichbaren baurechtswidrigen Zustand aufweist.
Die Ordnungsverfügung der Beklagten im Bescheid vom 00. April 2022 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung M. , Flur 0, Flurstück 0000. Dieses Grundstück ist mit einem Reihenwohnhaus (S.---straße 000x) bebaut, welches zusammen mit den auf den Nachbargrundstücken errichteten Reihenhäusern 000x, 000x und 000x eine Hausgruppe bildet. Das klägerische Grundstück liegt am äußeren Rand des räumlichen Geltungsbereichs der Satzung über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen und über ihre Gestaltung in der Altsiedlung vom 19. Dezember 2002 i.d.F. der 2. Änderung vom 26. April 2006 (Gestaltungssatzung Altsiedlung).
3Nachdem die Beklagte im Oktober 2021 im Nachgang zu einer Bauberatung festgestellt hatte, dass bei dem Gebäude verschiedene bauliche bzw. gestalterische Abweichungen von den Satzungsvorgaben gegeben waren, forderte es die Klägerin nach vorheriger Anhörung mit einer Ordnungsverfügung vom 00. April 2022 auf, innerhalb von acht Wochen nach Unanfechtbarkeit dieser Verfügung an den zur S.---straße ausgerichteten Fenstern 1. die Faschen an den zur S.---straße ausgerichteten Faschen im Erdgeschoss und Obergeschoss in den RAL-Nr. 0000 oder 000 herzustellen, 2. die Fensterbänke im Erdgeschoss und Obergeschoss entweder als massive Betonfensterbänke in den RAL-Nr. 0000 oder 0000 oder als gemauerte Zementputzoberfläche oder alternativ mittels 10 cm hohen Anstrich in den zuvor genannten Farbtönen optisch wieder herzustellen, 3. Klappläden in den RAL-Nr. 0000 oder 0000 oder 0000 im Erdgeschoss anzubringen. Für den Fall, dass die Klägerin diese Aufforderung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgemäß befolge, drohte die Beklagten der Klägerin jeweils für die Ziffern 1 bis 3 ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 Euro an.
4Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, das klägerische Grundstück liege im räumlichen Geltungsbereich der Gestaltungssatzung Altsiedlung, in der geregelt sei, dass Fassaden der vorhandenen Wohngebäude in ihrer ursprünglichen Art und Form einschließlich der Architekturdetails (z.B. Faschen) zu erhalten bzw. bei Erneuerungen wiederherzustellen seien. Bestandsaufnahmen des Grundstücks von Anfang 2003 würden Faschen und Fensterbänke an zur S.---straße gerichteten Fenstern im Erdgeschoss und Obergeschoss sowie Klappläden an den Fenstern im Erdgeschoss zeigen. Durch diese Veränderungen habe die Klägerin gegen die Vorschriften der Gestaltungssatzung verstoßen, was nicht hinnehmbar sei. Eine Duldung der Satzungsverstöße sei nicht mit den öffentlichen Belangen zu vereinbaren. Sinn und Zweck der Satzung sei es, das traditionelle Erscheinungsbild der Altsiedlung im Charakter ihres ursprünglichen Zustands zu bewahren und die städtebauliche Qualität zu sichern. Die Klägerin habe zwar mitgeteilt, dass bei Erwerb des Grundstücks keine Fensterläden und Fensterbänke vorhanden gewesen seien und auch die unmittelbaren Nachbarn auf der Straße keine Fensterläden hätten. Dies sei jedoch baurechtlich irrelevant. Soweit bei Nachbargrundstücken Klappläden oder Fensterbänke fehlten, so hätte dieser Zustand teilweise schon vor Inkrafttreten der Satzung bestanden. Im Falle eines ebenfalls baurechtswidrigen Zustands werde dieser keinesfalls geduldet. Es gehöre gemäß § 58 BauO NRW zu den Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde für baurechtsmäßige Zustände zu sorgen. Ein Eingreifen sei erforderlich, weil der Verstoß andauere und die Klägerin trotz der im Vorfeld geführten Gespräche offenbar nicht bereit sei, zeitnah für einen rechtmäßigen Zustand zu sorgen. Es sei auch ermessensgerecht, die Maßnahmen zu fordern. Mildere und geeignetere Mittel seien nicht erkennbar. Eine Duldung komme nicht in Betracht, weil hierdurch der rechtswidrige Zustand verfestigt werde und andere Personen dadurch veranlasst werden könnten, ebenso zu verfahren. Auch die Angemessenheit der Maßnahme sei gegeben, weil das damit verfolgte Ziel höher zu bewerten sei, als das private Interesse der Klägerin an der Beibehaltung des augenblicklichen Zustands.
5Die Klägerin hat am 00. Mai 2022 Klage gegen die Ordnungsverfügung erhoben.
6Zur Begründung trägt sie vor: Beim Erwerb dieses Hauses seien weder Faschen noch Fensterläden oder Fensterbänke vorhanden gewesen. Sie habe also keineswegs einen rechtswidrigen Zustand herbeigeführt, indem sie diese Bauteile am Haus entfernt habe. Ihr Haus befinde sich am äußersten Rand des räumlichen Geltungsbereiches der Satzung. Die unmittelbare Nachbarschaft sei geprägt von einem mehrstöckigen Einkaufszentrum nebst Parkdeck für ca. 400 Fahrzeuge sowie einem modernsten Großkino. Bei dem Gebäude handele es sich um einen riesigen, hochmodernen Glaskastenbau, der optisch keineswegs in das Ortsbild passe. Diese unmittelbaren nachbarlichen Umstände und der Standort ihres Hauses seien in die Gesamtbetrachtung miteinzubeziehen. Zudem seien Sinn und Zweck der Satzung zu berücksichtigen. Die Satzung solle dazu dienen, das traditionelle Erscheinungsbild der Altsiedlung im Charakter ihres ursprünglichen Zustandes von 1909 bis 1930 zu bewahren und ihre städtebauliche Qualität zu sichern. Sie solle Siedlung vor Verunstaltungen zu schützen und auf eine positive Gestaltungspflege hinzuwirken. Das traditionelle Erscheinungsbild der Altsiedlung habe sie – die Klägerin – an ihrem Haus weder verändert noch habe sie Verunstaltungen vorgenommen. Unabhängig davon sei darauf hinzuweisen, dass der Zustand der alten Zechenhäuser auch in der Zeit von 1909 bis 1930 nicht vollkommen einheitlich und in der Ausführung von Details nicht identisch gewesen sei. Keineswegs hätten sich an allen Häusern der Altsiedlung einheitlich die streitigen Faschen, Fensterbänke und Klappläden befunden. Die geforderten Fassadenteile seien an dem Haus der bereits vor Inkrafttreten der Satzung nicht mehr vorhanden gewesen. Soweit am Haus an den Faschen, den Fensterbänken und an den Klappläden vor Inkrafttreten der Satzung bereits Änderungen vorgenommen worden seien, treffe sie – die Klägerin – keine Verpflichtung, den Zustand an die neue Satzung anzupassen. Sie habe weder Bauteile erneuert noch verändert. Sie habe das Haus erst im Jahr 2020 erworben und selbst keine Satzungsverstöße begangen. Auch bestehe keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange. Die Häuser in der Nachbarschaft würden ebenfalls nicht die von der Beklagten gestellten Anforderungen erfüllen. Außerdem stehe wegen der aktiven Duldung seitens der Beklagten der angefochtenen Ordnungsverfügung der Vertrauenstatbestand gegenüber.
7Die Klägerin beantragt,
8den Bescheid der Beklagten vom 00.04.2022, zugestellt am 00.04.2022, aufzuheben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie wendet ein: Sie gehe nicht davon aus, dass die Klägerin die Veränderungen selbst vorgenommen oder veranlasst habe. Dies sei jedoch irrelevant, weil sie als Grundstückseigentümerin verantwortlich für den Zustand des Grundstücks und des Hauses sei. Das Vorhandensein des Einkaufszentrums und des Kinos sei ebenfalls für das Einschreiten irrelevant, weil sich diese nicht im Geltungsbereich der Satzung befänden. Die Stadt gehe selbstverständlich gegen Mängel im Satzungsbereich vor, wobei unterschieden werden müsse, ob diese schon bei Inkrafttreten der Satzung bestanden hätten, weil die Häuser dann insoweit Bestandsschutz genießen würden. Die Bestanddokumentation für das Haus der Klägerin zeige, dass die beanstandeten Mängel im Jahr 2003 nicht vorhanden gewesen seien.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Regelungen in Ziff. 1 bis 3 des Bescheides sowie die ebenfalls angefochtene in Ziff. 4 des Bescheides enthaltene Zwangsgeldandrohung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
15Gemäß § 58 Abs. 2 BauO NRW 2018 haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 82 Abs. 2 BauO NRW 2018 die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
16Zu Recht dürfte die Beklagte davon ausgehen, dass der beanstandete Zustand des Hauses einen Verstoß gegen diese Vorschriften des § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 8 Abs. 3 UA 2 der Gestaltungssatzung Altsiedlung darstellt. Nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Gestaltungssatzung sind die Fassaden der vorhandenen Wohngebäude in ihrer ursprünglichen Art und Form einschließlich der Architekturdetails (z.B. Erker, aufgemalte Schmuckornamente, Faschen) zu erhalten bzw. bei Erneuerung wiederherzustellen. Zulässige Farben für Faschen und aufgemalte Schmuckornamente sind Brauntöne (RAL-Nr. 0000, 0000). Nach § 8 Abs. 3 UA 2 sind Fensterbänke in der Ursprungsform – gemauert mit Zementputzoberfläche oder als massive Betonfensterbänke mit dunkelbraunem Anstrich (RAL Nr. 0000 und 0000) – zu erhalten bzw. gleichartig nachzubilden. Als oberer Abschluss der Fensterbank sind Abdeckungen aus nicht glänzendem Aluminium oder Natursteinplatten in matt geschliffener bzw. geflammter Ausführung im Farbton vergleichbar den o.g. RAL-Farben zulässig. Polierte Oberflächen und Kanten sind nicht zulässig. Gemäß § 8 Abs. 5 Gestaltungssatzung sind Klappläden zu erhalten bzw. bei Erneuerung in der ursprünglichen Form wiederherzustellen. Die Klappläden sind in den Farben moosgrün (RAL-Nr. 0000), grau (RAL-Nr. 0000) und weiß (RAL-Nr. 0000) zu streichen. Bei vorhandenen braun-beigefarbenen Klappläden sind diese auch in braun-beige zu erhalten. Neue Klappläden sind dem ursprünglichen Typ angepasst neben der o.g. Farbkombination auch mit weißem Anstrich zulässig. Klappläden dürfen nur für die Dauer der Instandsetzung abgenommen werden. Das gänzliche Entfernen von Klappläden ist unzulässig.
17Die Gestaltungsatzung Altsiedlung ist, wie der erkennende Einzelrichter bereits in einem anderen, diese Satzung betreffenden Verfahren entschieden hat,
18vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2022 - 28 K 8654/19 -, juris,
19wirksam. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - Landesbauordnung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (BauO NRW 2000),
20vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Januar 2002 - 2 A 54/11 -,
21und sie ist jedenfalls nicht insgesamt funktionslos geworden. Ob konkret die hier in Rede stehenden Festsetzungen betreffend die Faschen, Fensterbänke und Klappläden in §§ 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 8 Abs. 3 UA 2 sowie Abs. 5 der Gestaltungssatzung Altsiedlung noch geeignet sind, zur Erreichung der mit der Gestaltungssatzung verfolgten Konzeption einen sinnvollen Beitrag zu leisten,
22bejaht für die Regelung in § 10 Abs. 3 der Gestaltungssatzung Altsiedlung, vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2022 - 28 K 8654/19 -, juris,
23bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn auch wenn dies hier zugrundegelegt würde, so sind die mit der angefochtenen Ordnungsverfügung vom 00. April 2022 geforderten Wiederherstellungsmaßnahmen dennoch rechtswidrig, weil ermessensfehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO.
24Bereits im Verwaltungsverfahren hat die Klägerin sich darauf berufen, dass die unmittelbaren Nachbarn ebenfalls keine Klappläden an den Fenstern hätten. Diesem Einwand ist die Beklagte in ihrer Ordnungsverfügung lediglich mit dem allgemeinen Hinweis begegnet, bezüglich der fehlenden Klappläden oder Fensterbänke auf Nachbargrundstücken sei bereits mitgeteilt worden, dass dieser Zustand dort einerseits teilweise schon vor Inkrafttreten der Satzung bestanden habe und andererseits der Zustand ansonsten ebenfalls nicht baurechtskonform wäre. Konkret nachgegangen ist sie der von der Klägerin aufgestellten Behauptung offenbar nicht. Tatsächlich zeigt ein Vergleich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Lichtbilder, dass das unmittelbar an das Wohnhaus der Klägerin angebaute Gebäude S.---straße 000x bei der Bestandaufnahme im Januar 2003, also nach Inkrafttreten der Gestaltungssatzung Altsiedlung, im Erdgeschoss sowohl Klappläden als auch Faschen und Fensterbänke aufwies, hingegen im Oktober 2021 – zum Zeitpunkt der Mängelerfassung am klägerischen Wohnhaus – weder Faschen noch Klappläden im Erdgeschoss vorhanden waren. Damit widersprach bei Einleitung des bauordnungsrechtlichen Verfahrens gegen die Klägerin auch das unmittelbare Nachbargebäude wenigstens unter zwei Aspekten genauso den Vorgaben der Gestaltungssatzung Altsiedlung wie das Wohnhaus der Klägerin. Wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, ist die Beklagte jedoch gegen den Zustand des Nachbargebäudes nicht durch Erlass einer Bauordnungsverfügung oder jedenfalls durch Einleitung eines bauordnungsbehördlichen Verfahrens eingeschritten. Jedenfalls wusste der Vertreter der Beklagten auch auf telefonische Nachfrage bei den Mitarbeitern des Fachamtes nicht von einem ordnungsbehördlichen Vorgehen in dieser Sache zu berichten.
25Im Rahmen der Entscheidung über das bauordnungsbehördliche Einschreiten ist der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bei der Ermessensbetätigung zu berücksichtigen, sodass die Behörde wesentlich gleichartige Fälle nicht ungleich behandeln darf.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. April 2016 - 7 A 1367/14 -, juris Rn. 52 f. und Urteil vom 19. Dezember 1974 - VII A 179/74 -, BRS 28 Nr. 166.
27Zwar ist die Bauaufsichtsbehörde nicht verpflichtet, sämtliche vergleichbaren Situationen von sich aus auf ihre Baurechtswidrigkeit hin zu überprüfen und rechtswidrige Zustände, falls sie nicht nur im Einzelfall vorliegen sollten, sondern bei einer Vielzahl von Grundstücken, stets "flächendeckend" zu bekämpfen.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 19. Juli 1976 - BVerwG 4 B 22.76 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 5); OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2010 - 10 B 1407/10 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks, Urteil vom 9. Dezember 1994 - 10 A 1753/91 -, juris Rn. 23.
29Im Zusammenhang mit bauaufsichtsbehördlichem Einschreiten ist der Gleichbehandlungsgrundsatz aber dann verletzt, wenn die Behörde ohne erkennbaren sachlichen Grund – d. h. willkürlich – nur bezüglich einzelner baulicher Anlagen eine Bauordnungsverfügung erlässt und gegen andere vergleichbare Vorhaben nicht einschreitet. So ist es bei einer Mehrzahl illegal genutzter Bauwerke in einem Gebiet notwendig, dass die Behörde planmäßig vorgeht und weder in ihrem Plan noch bei der Ausführung willkürliche Ausnahmen macht.
30Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 23. November 1998 - 4 B 99.98 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 A 239/12 -, juris Rn 56 f., Beschluss vom 23. Dezember 2010 - 10 B 1407/10 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks.
31Wendet der Betroffene im entsprechenden Verwaltungsverfahren oder im nachfolgenden Gerichtsverfahren ein, es bestünden gleichgelagerte Verstöße, gegen die nicht eingeschritten werde, und benennt er auch konkret vergleichbare Fälle, so ist die Behörde gehalten, dem nachzugehen und in gleichgelagerten Fällen auch gegen die anderen Störer einzuschreiten. Es wäre willkürlich, nur gegen den einen Verstoß vorzugehen, vor den anderen Verstößen hingegen die Augen zu verschließen.
32vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2022 - 28 K 8654/19 -, juris.
33Hiervon ausgehend kann sich die Beklagte, um ihr Vorgehen unter Ermessensgesichtspunkten zu rechtfertigen, nicht mit Erfolg darauf berufen dass sie – was gerichtsbekannt ist – das Gerichtsverfahren 28 K 8654/19 zum Anlass genommen hat, Satzungsverstöße systematisch aufzuarbeiten, jedoch die systematische Erfassung der satzungswidrigen Zustände im räumlichen Geltungsbereich der Satzung mangels ausreichender personeller Kapazitäten bisher noch nicht abgeschlossen werden konnte; die Außendienstmitarbeiter seien bei der Dokumentation der Verstöße aktuell erst an der Ecke S.---straße / N.--straße angelangt, weshalb das Gebäude S.---straße 000x noch nicht erfasst worden sei. Denn auch das Reihenhaus der Klägerin liegt außerhalb desjenigen Bereichs, welcher bereits der systematischen Erfassung von Verstößen durch den Außendienst unterzogen wurde. Geht die Beklagte gegen den satzungswidrigen Zustand des klägerischen Wohnhauses von ihrem sich selbst auferlegten Prüfprogramm abweichend ausnahmsweise anlassbezogen vor, weil sie außerhalb der systematischen Erfassung einen satzungswidrigen Zustand antrifft, so ist es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn sie die Augen davor verschließt, dass bei dem daran angebauten Nachbargebäude offensichtlich vergleichbare Verstöße vorliegen und gegen diese Verstöße nicht gleichzeitig ordnungsbehördlich vorgeht. Unerheblich ist es und bedarf insoweit keiner Aufklärung, ob der Zustand des Nachbarhauses, namentlich die Gestaltung der Erdgeschossfenster, auch gegenwärtig noch gegen Regelungen der Satzungen verstößt. Maßgeblich ist, dass ein solcher Verstoß am Nachbarhaus offensichtlich im Zeitpunkt des ordnungsbehördlichen Vorgehens gegen die Klägerin vorlag und weder die Begründung der Ordnungsverfügung noch der Inhalt des Verwaltungsvorgangs erkennen lassen, dass ein Vorgehen gegen die Eigentümer des Nachbargebäudes auch nur in Erwägung gezogen worden ist.
34Soweit sich die Beklagte für ihre Entscheidung, gegen die Klägerin vorzugehen, in der Begründung ihrer Ordnungsverfügung auf eine negative Vorbildwirkung stützt, die durch eine Duldung der unzulässigen Situation ausgelöst würde, trägt diese Argumentation schon deshalb nicht, weil genau eine solche Vorbildwirkung vom Nachbarhaus ausgeht, wenn die Beklagte gegen den dort vorhandenen satzungswidrigen Zustand nicht vorgeht.
35Sind die der Klägerin auferlegten Handlungsgebote in Ziff. 1 bis 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung rechtswidrig, so ist Ziff. 4 des Bescheides, durch die für den Fall, dass die Klägerin die Anordnungen in Ziff. 1 bis 3 nicht befolgt oder nicht fristgerecht erfüllt, jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € angedroht wird, ebenfalls rechtswidrig und daher aufzuheben.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
38Rechtsmittelbelehrung:
39Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
40Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
41Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
42Die Berufung ist nur zuzulassen,
431. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
442. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
453. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
464. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
475. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
48Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
49Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
50Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
51Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
52Beschluss:
53Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
54Gründe:
55Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt und trägt dem Umstand Rechnung, dass genügende Anhaltspunkte für die Bemessung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für die Klägerin nicht vorliegen.
56Rechtsmittelbelehrung:
57Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
58Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
59Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
60Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
61Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
62War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.