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Zu den Anforderungen an die Befahrbarkeit einer öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne von § 4 Abs. 1 BauO NRW.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Versagungsbescheids vom 28.02.2022 (Az.: 6.3-B-1795/21) verpflichtet, den Klägerinnen die begehrte Baugenehmigung gemäß dem Bauantrag vom 30.08.2021, zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen des in Moers gelegenen Vorhabengrundstücks G1, und sie begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für zwei Zweifamilienhäuser nebst insgesamt acht Stellplätzen. Das streitgegenständliche Grundstück befindet sich – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – im nicht überplanten Innenbereich der Stadt N. und grenzt an zwei von der K.----straße abzweigende und jeweils 3 Meter breite Stichwege, die als Gemeindestraßen ohne Einschränkung dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Entlang dieser Stichwege – jeweils einseitig an deren Nordwestseite – stehen auf den dortigen Grundstücken Wohnhäuser (Nr. 00-00 und 00-00) auf. Der ca. 42 Meter lange, nördliche Stichweg (Flurstück G2) verläuft entlang der Häuser Nr. 00-00. An seiner Südostseite, dem Haus Nr. 00 gegenüber, befindet sich die rückseitige Wand eines Garagenhofs mit insgesamt 5 Garagen, die über das Flurstück G3 angefahren werden. Der auf dem Flurstück G4 entlang der Häuser Nr. 00-00 verlaufende etwa 47 Meter lange, südliche Stichweg grenzt mit seiner Südostseite an die rückwärtigen Gartenbereiche der Grundstücke S. Str. 00-00. Etwaige Ausweichmöglichkeiten auf den Stichwegen – wie beispielsweise Einfahrten zu den jeweiligen Wohngebäuden oder Gehwege für Fußgänger – existieren nicht. Aufgrund der Straßenbreite ist eine parallele Nutzung durch zwei Pkw nicht möglich. Einige der entlang der Stichwege errichteten Wohnhäuser verfügen über baurechtlich genehmigte Kellerlichtschächte und/ oder Vordächer, die in den öffentlichen Straßenraum hineinragen.
3In § 1 Abs. 2 des im Jahre 1977 zwischen der Stadt und dem damaligen Bauherrn im Zuge der Errichtung der Reihenhäuser Nr. 00-00 abgeschlossenen Erschließungsvertrags heißt es, zur Erschließung der noch zu vermessenden Einzelbaugrundstücke seien die im Lageplan ausgewiesenen drei je 3 Meter breiten und ca. 45 Meter langen Stichwege notwendig. In § 4 Abs. 1 des Vertrags verpflichtete sich die Stadt, diese Flächen durch notariell beurkundeten Vertrag in ihr Eigentum zu nehmen und nach endgültigem Ausbau dem öffentlichen Verkehr zu widmen und zu unterhalten. In § 6 Abs. 2 des Erschließungsvertrages wird davon ausgegangen, dass die nur drei Meter breiten Stichwege nicht von Fahrzeugen der Müllabfuhr, der Straßenreinigung und des Winterdienstes befahren werden können. Um eine ständige Befahrung der Stichwege auszuschließen, verpflichtete sich der Erschließungsträger in § 4 des Erschließungsvertrages, den künftigen Käufern der Reiheneigenheime die Verpflichtung aufzuerlegen, dass auch bei evtl. späterer Erweiterung der Bebauung an diesen Stichwegen Garagen oder Stellplätze nicht zugelassen seien.
4Mit Datum vom 11.02.2021 erteilte die Beklagte den Klägerinnen einen Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens, der allen Anwohnern bzw. Eigentümern der K.----straße 00-00 und S. Str. 00-00 zugestellt wurde. Der Erteilung vorausgegangen war ein vor der erkennenden Kammer geführtes verwaltungsgerichtliches Klageverfahren (28 K 3544/20), weil die Beklagte die planungsrechtliche Bauvoranfrage der Klägerinnen zunächst negativ beschieden hatte. In einem von der seinerzeit zuständigen Berichterstatterin der 28. Kammer durchgeführten Ortstermin erteilte diese den Beteiligten u.a. folgenden Hinweis:
5„Die Berichterstatterin weist darauf hin, dass bauordnungsrechtliche Aspekte in diesem Verfahren keine Rolle spielen dürften, da die Bauvoranfrage ausdrücklich nur auf den bauplanungsrechtlichen Aspekt abzielt. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Erschließung nur erforderlich ist, dass an das Baugrundstück herangefahren werden kann, eine Erreichbarkeit mit Großfahrzeugen jedoch bauplanungsrechtlich nicht erforderlich ist. Es ist auch anzunehmen, dass die Stichwege den zu erwartenden Verkehr im Regelfall bewältigen können dürften. Bei den 6 Garagen dürfte nur ein unerhebliches Verkehrsaufkommen zu erwarten sein, zumal hier eine Regelung der Gestalt, dass ein Stichweg zur Einfahrt und der andere zur Ausfahrt genutzt wird, erforderlich sein dürfte. Das Vorhaben dürfte sich nach erster Einschätzung auch nicht als bauplanungsrechtlich rücksichtslos erweisen, obwohl die Zuwegung fast unmittelbar an die Häuser heranreichen dürfte. Auch in der gegenwärtigen Situation müssen die Grundstückseigentümer beim Verlassen ihrer Häuser entsprechend Obacht walten lassen und auf Fußgänger, spielende Kinder und Fahrräder achten. Bei dem zu erwartenden Verkehr dürfte die zusätzlichen Anforderungen an die Obacht nicht überspannt werden.“
6Daraufhin hob die Beklagte den entgegenstehenden Versagungsbescheid vom 16.06.2020 auf und erteilte den begehrten Bauvorbescheid. In der Folge erklärten die Beteiligten das Verfahren 28 K 3544/20 in der Hauptsache für erledigt.
7Auf den Bauantrag der Klägerinnen vom 31.08.2021 für die Errichtung von zwei Zweifamilienhäusern nebst acht Stellplätzen auf dem streitgegenständlichen Grundstück lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2022 die Erteilung der Baugenehmigung im Wesentlichen unter Verweis auf die Vorschrift des § 4 Abs. 1 BauO NRW und mit der Begründung ab, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW dürften Gebäude nur errichtet werden, wenn gesichert sei, dass ab Beginn ihrer Nutzung das Grundstück in für die Zufahrt und den Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liege oder wenn das Grundstück eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche habe und die erforderlichen Anlagen zur Versorgung mit Löschwasser vorhanden und benutzbar seien. Der vorhandene Stichweg sei nicht befahrbar und falle als Zufahrt für die Feuerwehr aus. Aufgrund der Einbauten, wie Lichtschächte und Vordächer, betrüge die straßenrechtlich zulässige Fahrbahnbreite nur 1,90 m und die Höhe nur 1,80 Meter. Daher sei die Anordnung von Stellplätzen auf dem Antragsgrundstück nicht zulässig. Die beiden zum Vorhabengrundstück führenden Stichstraßen könnten auch dann den durch die Stellplätze bedingten Pkw-Verkehr nicht aufnehmen, wenn durch eine über das klägerische Grundstück verlängerte Einbahnstraßenregelung ein geschlossener Ring entstünde. Denn eine solche Regelung würde nur für das Vorhabengrundstück gelten. Die übrigen Anlieger wären gezwungen, die Straße für Anliefer- und Ladevorgänge in beiden Richtungen – auch rückwärtsfahrend – zu benutzen. Zwar könne bei Wohnwegen auf die Befahrbarkeit verzichtet werden. Eine Einstufung der Wege als nicht befahrbare Wohnwege schließe jedoch den Nachweis der notwendigen Stellplätze aus.
8Gegen diese Entscheidung haben die Kläger am 04.03.2022 Klage erhoben.
9Zur Begründung tragen sie vor: Sie hätten einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Das Vorhabengrundstück sei in ausreichender Weise im Sinne von § 4 Abs. 1 BauO NRW bauordnungsrechtlich erschlossen. Die beiden Stichstraßen könnten ohne Weiteres den durch die geplanten Stellplätze ausgelösten Verkehr aufnehmen. Das Baugrundstück grenze unmittelbar an zwei Gemeindestraßen, die ausdrücklich der Erschließung der Grundstücke innerhalb des Gemeindegebiets dienten. Die Flurstücke G2 und G4 seien jeweils ohne Einschränkung als öffentliche Gemeindestraße im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 StrWG NRW gewidmet. Sie dienten vorwiegend dem Verkehr und der Erschließung innerhalb des Gemeindegebiets. Sinn und Zweck von § 4 Abs. 1 BauO NRW sei die Sicherung der Erreichbarkeit des Grundstücks in Notfällen, der Schutz der Gesundheit, der Brandschutz und der Umweltschutz. Es sei gerade nicht der Sinn des § 4 Abs. 1 BauO NRW, dafür Sorge zu tragen, dass das Vorhabengrundstück auch mit dem eigenen Pkw befahren werden könne, wobei dies hier ohne weiteres möglich sei. Es sei festzustellen, dass die Bewohner der Bestandsgebäude die Stichstraßen mit ihren Pkws nutzten. Zwar sei es richtig, dass die vorhandenen Straßen in der Lage sein müssten, den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr im Regelfall bewältigen und in technischer Hinsicht – also Breite und Ausbauzustand – dem von dem Vorhaben ausgehenden Verkehr gewachsen sein müssten. Diese Voraussetzung sei bezüglich der zwei als Gemeindestraße gewidmeten Stichwege mit einer Breite von mindestens 3 Meter – entgegen der Auffassung der Beklagten – erfüllt. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einem Urteil vom 04.06.1993 - 8 C 33/91 - festgestellt, dass ein Grundstück selbst dann durch einen befahrbaren Wohnweg (Stichweg) bebauungsrechtlich erschlossen sein könne, wenn dieser bei einer lichten Weite von 3 Meter nur auf einer Breite von 2,75 Meter befestigt sei. Dem habe sich der BayVGH in seinem Beschluss vom 08.04.2019 - 1 CS 19.261 - angeschlossen. Das OVG NRW habe in einer Entscheidung vom 30.10.2009 - 7 A 2548/08 - ausgeführt, dass eine Straße eine Mindestbreite von 2,05 Meter (1,75 Meter Fahrzeugbreite zuzüglich eines beidseitigen Sicherheitsabstands von 0,15 Meter) aufweisen müsse, um Pkw-Verkehr aufzunehmen. Die erforderliche Breite wiesen beide Stichwege selbst nach den Berechnungen der Beklagten auf. Dabei gehe die Beklagte unzutreffend davon aus, dass die nutzbare Straßenbreite durch die in den Luftraum der Gemeindestraße hineinragenden Vordächer der Bestandsgebäude zusätzlich eingeschränkt sei. Da die bestehenden Vordächer straßenrechtlich ungenehmigt seien, müsse die Beklagte gegen diese einschreiten, so dass die Straßenbreite ohne Weiteres auf mehr als 3,00 Meter zur Verfügung stünde. Bei der Inanspruchnahme des Luftraums über öffentlichen Verkehrsflächen handele es sich um eine erlaubnisbedürftige Sondernutzung der Verkehrsflächen (§ 18 StrWG NRW) und nicht lediglich um einen gesteigerten Anliegergebrauch. Den Klägerinnen stehe ein Abwehrrecht aus § 14a StrWG NRW bezüglich der Vordächer der Wohnhäuser zu, weil die Nutzung des Grundstücks den Gemeingebrauch erheblich beeinträchtige bzw. in den Straßenkörper eingreife. Von der straßenrechtlichen Widmung sei auch der Luftraum über dem Straßenkörper erfasst. Ungeachtet dessen seien beide Stichwege, wie die tägliche Praxis zeige, trotz der Vordächer für den Pkw-Verkehr nutzbar. Die Beklagte komme bei Ihren Berechnungen fälschlicherweise zu dem Ergebnis, dass die nutzbare Straßenbreite lediglich 1,90 Meter betrage, indem sie beidseitig einen Bewegungsraum von insgesamt 0,4 Meter von der Straßenbreite abziehe. Diese Flächen seien jedoch bei der Gesamtbreite der Fahrbahn zu berücksichtigen. Tatsächlich ergebe sich so eine Breite 2,30 Meter. Im Ortstermin vom 22.01.2022 sei ausweislich des Protokolls vom Gericht die Breite des Weges etwa in Höhe des Hauses Nr. 00 nachgemessen und mit 3,15 Meter ermittelt worden. Ferner sei in der Niederschrift festgehalten, dass zwischen dem Weg und der Hauswand eine noch zum Grundstück der jeweiligen Gebäude gehörende Fläche von ca. 0,15 Meter Breite verbleibe und die Lichtschächte vor den Häusern etwa 0,40 Meter breit seien. Nach Feststellung des Verwaltungsgerichts sei damit von einer Fahrbahnbreite von ca. 2,70 m auszugehen. Auch nehme die Beklagte fehlerhaft an, dass bei der Berechnung der notwendigen Breite der Stichstraßen die Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt06) Anwendung finde. Wie bereits aus dem Titel der Richtlinie folge, gebe die RASt06 nur eine Empfehlung für die Planung und neue Anlage von Stadtstraßen. Die darin empfohlenen Straßenbreiten seien für die Frage der Zufahrtsmöglichkeit i.S.v. § 4 Abs. 1 BauO NRW ohne Bedeutung. Die Anforderungen für den Neubau von Straßen, wie sie das Straßenrecht und die Ausbaurichtlinien vorsähen, lägen weit oberhalb der Maßstäbe für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens hinsichtlich der ausreichenden wegemäßigen Erschließung.
10Dass ein Begegnungsverkehr nicht möglich wäre, weil die Stichwege nicht über Ausweichflächen verfügten, sei unerheblich. Zum einen seien die Stichwege mangels Biegung gut einsehbar. Zum anderen sei dem Bauantrag zu entnehmen, dass die Zufahrt zum Vorhabengrundstück über die nördliche Stichstraße und die Ausfahrt über die südliche Stichstraße erfolgen solle. Ein Begegnungsverkehr der durch das Bauvorhaben bedingten Pkws sei daher auszuschließen. Darüber hinaus sei der Beklagten auch angeboten worden, auf dem Vorhabengrundstück ein Wegerecht für die Allgemeinheit einzutragen, damit auch andere Pkw-Nutzer keine der Stichstraßen mehr rückwärts befahren müssten.
11Die Erreichbarkeit durch die Feuerwehr sei bereits vor Antragstellung mit der Beklagten und der Feuerwehr erörtert und durch die eingereichte Planung sichergestellt worden. Die ausreichende Löschwasserversorgung und Erreichbarkeit des Vorhabengrundstücks würden in dem Vermerk des zuständigen Fachbereichsleiters bestätigt. Die von der Beklagten herangezogene und in der VV TB NRW unter der laufenden Nummer A2.2.1 aufgeführte Muster-Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr 2009-10 gelte nur für Flächen auf einem Vorhabengrundstück und sei nicht für öffentliche Verkehrsflächen heranzuziehen.
12Soweit die Beklagte darauf hinweise, dass der zusätzliche Pkw-Verkehr eine erhebliche Gefährdung der Bewohner der anliegenden Gebäude hervorrufe, sei auf die im Ortstermin geäußerte Einschätzung des Verwaltungsgerichts im Verfahren 28 K 3544/20 zu verweisen, wonach sich das Vorhaben nicht als bauplanungsrechtlich rücksichtslos erweise. Im Rahmen des gerichtlichen Ortstermins am 22.01.2021 sei zwar keine Feststellung mit präjudizieller Wirkung festgehalten. Das Gericht habe jedoch festgestellt, dass die Stichwege mit Pkws befahren werden können und ein durch sechs Stellplätze verursachter Pkw-Verkehr von den Anliegern hinzunehmen sei. Dass die Beklagte nun die Auffassung vertrete, dass die Wege überhaupt nicht mit Pkw befahrbar seien, sei absurd, da sie gleichzeitig zugestehe, dass die Stichwege durch die derzeitigen Anlieger bereits mit Pkw für den Anlieferverkehr genutzt würden. Auch in dem damaligen Ortstermin hätte vor dem letzten Gebäude ein Pkw geparkt. Zudem belegten die bereits im vorangegangenen Gerichtsverfahren und nunmehr erneut vorgelegten Lichtbilder eine Nutzung der Stichwege für den Pkw-Verkehr.
13Die Kläger beantragten,
14die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheids vom 28.02.2022, Az.: 6.3-B-1795/21, zu verpflichten, die begehrte Baugenehmigung gemäß dem Bauantrag vom 30.08.2021, zu erteilen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie hält dem Klagebegehren entgegen: Die erteilte Bebauungsgenehmigung entfalte keine Präjudizwirkung für die begehrte Baugenehmigung. Im vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren 28 K 3544/20 sei es nicht um die Frage gegangen, ob auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht die Erschließung gesichert sei, sondern nur um die Frage, ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei. Weder in dem Ortsterminsprotokoll noch im daraufhin erteilten Bauvorbescheid sei etwas aufgenommen worden, was für die bauordnungsrechtliche Beurteilung der Frage der gesicherten Erschließung präjudizielle Wirkung haben könnte. In dem Bauvorbescheid vom 11.02.2021 heiße es vielmehr ausdrücklich, die Prüfung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit, insbesondere der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Erschließung des Vorhabens – Einhaltung der Vorschriften der Landesbauordnung –, bleibe dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten.
18Soweit das Verwaltungsgericht im Rahmen des Ortstermins ausgeführt habe, dass die Stichwege den zu erwartenden Verkehr bewältigen könnten, habe sich diese Annahme bei der Prüfung durch die Straßenverkehrsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens als unzutreffend erwiesen. Wenn auch ausweislich der einschlägigen Widmungsverfügung vom 16.01.1980 diesbezüglich keine ausdrückliche Festlegung erfolgt sei, so spreche dies nicht gegen die Einstufung der streitgegenständlichen Stichwege nur als reine Fußgängerbereiche. Bei Gemeindestraßen sei zwischen Straßen zu unterscheiden, bei denen gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 1 StrWG NRW die Belange des Verkehrs überwiegen würden (Hauptverkehrsstraßen, Zubringerstraßen u. a.). Es könne sich aber auch nach § 3 Abs. 4 Nr. 2 StrWG NRW um Straßen handeln, bei denen die Belange der Erschließung der anliegenden Grundstücke überwiegen würden (Anliegerstraßen, verkehrsberuhigte Bereiche, Fußgängerbereiche u.a.). Neben der rechtlichen Einstufung der Straße seien auch die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse maßstabsbildend für die Nutzbarkeit und Eignung der Verkehrsflächen. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen eingereichten Fotos verdeutlichten den Zweck des Weges als fußläufig zu beschreitender Zugang zu den Wohnhäusern. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass sich ausweislich der Fotos zum Zeitpunkt von deren Aufnahme auf dem Weg Fahrzeuge befunden hätten. Die eingeschränkte Funktion der Verkehrsanlage folge aus der geringen Breite, der unmittelbaren Nähe zur Bebauung und der fehlenden Wendemöglichkeit. Auch verdeutliche § 3 Abs. 4 des Erschließungsvertrages, dass ein Befahren der Stichwege mit Fahrzeugen nie geplant gewesen sei und auch nicht zugelassen werden sollte. Die vorhandenen Stichwege seien nicht ordnungsgemäß befahrbar. Sie wiesen ohne die Berücksichtigung der Vordächer und Kellerlichtschächte nur eine Breite von nur 3,00 Meter ohne Abstand zu den daran angrenzenden Wohngebäuden auf. Aufgrund der Einbauten von Vordächern und Kellerlichtschächten sei die tatsächlich zur Verfügung stehende Fahrbahnbreite sogar auf nur 1,90 Meter und auf eine Höhe von nur 1,80 Meter beschränkt. Die klägerische Annahme, dass es sich bei den Vordächern der vorhandenen Wohnhäuser entlang der Stichwege um Sondernutzung handele, gegen die die Klägerinnen ein Abwehrrecht hätten, gehe fehl, da das Vorhalten von Bauteilen wie Vordächern und im Übrigen auch Kellerlichtschächten keine Sondernutzung sei, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Sondernutzungssatzung der Beklagten Bestandteil des Straßenanliegergebrauchs. Vorliegend existierten auch keine etwaigen Ausweichmöglichkeiten auf den Stichwegen, wie beispielsweise Einfahrten zu den jeweiligen Wohngebäuden oder Gehwege für Fußgänger. Eine parallele Nutzung durch zwei Fahrzeuge nicht möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse die vorhandene Straße den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr im Regelfall bewältigen können und in technischer Hinsicht – also Breite und Ausbauzustand – dem von dem Vorhaben ausgehenden Verkehr gewachsen sein, was hier nicht der Fall sei. Bei entsprechender Auslastung der geplanten Stellplätze sei mit einem Zu- und Abgangsverkehr durch acht Fahrzeuge mehrmals am Tag zu rechnen. Dabei liege es nahe, dass diese sich auf den Stichwegen regelmäßig begegnen würden. Mangels entsprechender Ausweichmöglichkeiten würde sodann eines der Fahrzeuge gezwungen sein, den Weg rückwärtsfahrend wieder zu verlassen. Begegnungsverkehr könne nicht stattfinden. Die Nutzung der Stichwege als Erschließungswege zu den geplanten Vorhaben der Klägerinnen würde eine erhebliche Gefährdung für die Bewohner der bereits vorhandenen Wohnhäuser bedeuten, wenn diese aus ihren Gebäuden hinausträten. Gemäß § 4 Abs. 1 BauO NRW müsse die öffentliche Verkehrsfläche befahrbar sein. Sie müsse also so breit und befestigt sein, dass sie in der Lage sei, den Verkehr aufzunehmen, den das Grundstück bzw. das Bauvorhaben bedinge. Eine befahrbare Beschaffenheit der Verkehrsfläche sei gegeben, wenn sie aufgrund ihrer Breite und Befestigung von Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen sowie Fähr- und Entsorgungsfahrzeugen ungehindert benutzt werden könne. Sofern keine Einbahnstraßenregelegung bestehe, müsse Begegnungsverkehr zumindest in Ausweichstellen möglich sein, was vorliegend nicht der Fall sei. Bereits der Erschließungsvertrag vom 31.10.1977 treffe in § 6 Abs. 2 die Aussage, dass die nur 3 m breiten Stichwege nicht von den Fahrzeugen der Müllabfuhr, der Straßenreinigung und des Winterdienstes befahren werden können. Für Feuerwehrfahrzeuge dürfte daher nichts Anderes gelten. Die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen für das Land Nordrhein-Westfalen (VV TB NRW) verweise in der zugehörigen Anlage unter der laufenden Nr. A2.2.1 auf die Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr 2009–10. Die Muster-Richtlinien sähen unter Ziffer 2 vor, dass eine Zu- oder Durchfahrt, welche beidseitig auf einer Länge von mehr als 12,00 m durch Bauteile wie Wände oder Pfeiler begrenzt werde, eine lichte Breite von mindestens 3,50 m aufweisen müsse. Wände und Decken müssten feuerbeständig sein. Die in den Musterrichtlinien vorgegebenen Mindestbreiten seien nicht vorhanden.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Klage ist begründet.
22Die Ablehnung der von den Klägerinnen beantragten Baugenehmigung mit Bescheid der Beklagten vom 28.02.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerinnen haben gemäß § 74 Abs. 1 BauO NRW in der hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Dem genehmigungspflichtigen Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen.
23Insbesondere sind die von § 4 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt. Nach dieser Vorschrift dürfen Gebäude nur errichtet werden, wenn gesichert ist, dass ab Beginn ihrer Nutzung das Grundstück in für die Zufahrt und den Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder wenn das Grundstück eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat und die erforderlichen Anlagen zur Versorgung mit Löschwasser vorhanden und benutzbar sind.
24Die Tatbestandsvoraussetzungen der 1. Alternative sind hier gegeben.
25Bei den Stichwegen, die zum bzw. vom Vorhabengrundstück führen, handelt es sich um öffentliche Verkehrsflächen. Die in Rede stehenden Stichwege sind als Gemeindestraßen uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 StrWG NRW sind Gemeindestraßen Straßen, die vorwiegend dem Verkehr und der Erschließung innerhalb des Gemeindegebiets dienen oder zu dienen bestimmt seien. Damit grenzt das Grundstück der Klägerinnen (Flurstück G1) unmittelbar an zwei Gemeindestraßen, die ausdrücklich der Erschließung der Grundstücke innerhalb des Gemeindegebiets dienen.
26Diese Verkehrsflächen sind auch befahrbar. Das Merkmal der „Befahrbarkeit“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der anhand des gefahrenabwehrrechtlichen Zwecks der Vorschrift auszulegen ist, die Erreichbarkeit des in Rede stehenden Grundstücks insbesondere für Rettungseinsätze sicherzustellen. Die öffentliche Verkehrsfläche muss nach ihrer Breite und ihrem Ausbauzustand tatsächlich befahrbar sein. Welche Anforderungen dabei an den Zustand und die Breite gestellt werden müssen, hängt im Einzelfall von Art, Zahl und Zweckbestimmung der erschlossenen Gebäude und von der sonstigen Verkehrsbelastung der Straße ab.
27Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19. August 2021 - 2 A 186/20 -, juris Rn. 16 (zu § 5 Abs. 1 LBO des Saarlandes).
28Ist es Ziel der Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW die (jederzeitige) Erreichbarkeit des Grundstücks mit solchen Fahrzeugen, die im öffentlichen Interesse zum Einsatz kommen, sicherzustellen,
29vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. September 2014 - 15 A 2064/13 -, juris Rn. 21,
30so setzt eine Befahrbarkeit der öffentlichen Verkehrsfläche mindestens voraus, dass sie aufgrund ihrer Breite und Befestigung von Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen ungehindert benutzt werden kann.
31Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. Juli 2012 - 5 K 2628/10 -, juris Rn. 72; Gädtke/Johlen, BauO NRW, Kommentar, 13. Aufl. 2019, § 4 Rn. 24.
32Außerdem muss die Zuwegung so beschaffen sein, dass sie den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr im Regelfall bewältigen kann. Dies bedeutet, dass die öffentliche Verkehrsfläche so breit und befestigt sein muss, dass sie den auf das Grundstück bezogenen Verkehr ohne Schädigung des Wegezustandes und ohne Behinderung des übrigen Straßenverkehres aufnehmen kann. Dabei können die "Spitzenzeiten des Verkehrs" vernachlässigt werden, wenn sie die Ausnahme bleiben, wenn also der zur Überlastung der Straße führende Verkehr nur gelegentlich oder zwar täglich, aber nur kurzfristig, stattfindet.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. April 1996 - 4 B 253/95 -, juris Rn. 12 in Bezug auf die planungsrechtliche Erschließung; Vgl. Gädtke/Johlen, BauO NRW, 13. Aufl. 2019, § 4 Rn 23.
34Diese Voraussetzungen sind unabhängig von dem Bestehen einer – aus den dem klägerischen Bauantrag beigefügten Bauplänen nicht ersichtlichen und voraussichtlich auch nicht umsetzbaren – Straßenführung mit Einbahnstraßenregelung über das Vorhabengrundstück vorliegend erfüllt.
35Das Vorbringen der Beklagten, die Stichwege seien nicht ausreichend breit, da sie das erforderliche Maß von 3 Meter unterschritten, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Annahme, die Flurstücke seien „befahrbare öffentliche Verkehrsfläche“ in dem zuvor dargestellten Sinne. Die tatsächliche Befahrbarkeit der Stichwege für Pkw steht außer Frage. Denn tatsächlich werden die beiden Straßen – wie durch die vorgelegten aber auch durch öffentlich zugängliche Fotos belegt ist – mit Pkw und teils sogar mit Kleintransportern befahren. Entgegen der Annahme der Beklagten ist die befahrbare Verkehrsfläche erheblich breiter als 1,90 Meter. Unstreitig beträgt die Breite der Stichwege durchgängig mindestens 3 Meter. Zusätzlich halten die entlang der Stichwege errichteten Reihenhäuser nach den im Ortstermin getroffenen Feststellungen und ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Lagepläne durchweg einen Abstand von mindestens ca. 0,15 Meter zur Straßengrenze ein. Zwar reduziert sich aufgrund der vorhandenen Lichtschächte mit ihrer ca. 0,40 Meter in Richtung der Fahrbahn reichenden Ausdehnung die befahrbare Fläche auf einzelnen Teilstrecken. Ausweislich der im Verfahren 28 K 3544/20 von der Beklagten vorgelegten, genehmigten Baupläne, ferner den öffentlich zugänglichen Luftbildern, sowie den Feststellungen im Ortstermin vom 22.02.2021 und den bei der Inaugenscheinnahme durch die seinerzeitige Berichterstatterin angefertigten Lichtbildern zufolge, wird beim nördlichen Stichweg die Fahrbahnbreite zusätzlich durch die Vordächer der Häuser Nr. 00 und 00 ab einer Höhe von etwa 1,80 Meter beeinträchtigt. Am südlichen Stichweg verfügen die Häuser Nr. 00 und 00 ebenfalls über ein jeweils in den Straßenraum hineinragendes Vordach, wodurch die Durchfahrtbreite ebenfalls auf einer Höhe ab ca. 1,80 Meter beeinträchtigt wird. Da die – baurechtlich genehmigten – Vordächer ca. 0,20 Meter über die Lichtschächte hinaus in den Straßenraum ragen, ergibt sich eine Fahrbahnbreite von ca. 2,75 Meter (3,15 – 0,40 Meter) für die Befahrung der Stichwege mit Pkw bis zu einer Dachhöhe von <1,80 Meter und für die Befahrung der Stichwege durch Fahrzeuge mit einer Dachhöhe von 1,80 Meter oder höher eine zur Verfügung stehende maximale Fahrbahnbreite von 255 cm (315 cm – 60 cm). Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat eine problemlose Erreichbarkeit eines Grundstücks mit einem durchschnittlichen Pkw gemäß den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr.1 BauO NRW für den Fall nicht angenommen, dass über eine Strecke von gut 40 Meter eine maximal nur 2 Meter breite Zufahrt zur Verfügung steht.
36Vgl. OVG NRW Urteil vom 30. Oktober 2009 - 7 A 2548/08 -, juris.
37Über diese Abmessungen geht die hier festzustellende befahrbare Fahrbahnbreite deutlich hinaus. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Fall, in dem der befahrbare Wohnweg bei einer lichten Weite von 3 m nur auf einer Breite von 2,75 m befestigt war, die Befahrbarkeit aus erschließungsbeitragsrechtlicher Sicht bejaht und diesbezüglich ausgeführt: Das Bebauungsrecht verlange für die Bebaubarkeit eines Grundstücks grundsätzlich nicht, dass auf der die wegemäßige Erschließung vermittelnden Verkehrsanlage mit Großfahrzeugen, etwa des Rettungswesens oder der Ver- und Entsorgung bis zur Höhe dieses Grundstücks gefahren werden könne. Es lasse vielmehr in der Regel ein Heranfahrenkönnen durch Personen- und kleinere Versorgungsfahrzeuge genügen.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1993 - 8 C 33/91 -, juris im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 1. März 1991 - 8 C 59.89 -, juris.
39Auch ist die Beklagte bislang offenbar selbst davon ausgegangen, dass die in Rede stehenden Stichwege von Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen in einer aus bauordnungsrechtlicher Sicht ausreichenden Art und Weise befahren werden können, sonst hätte sie seinerzeit – wäre die Erreichbarkeit insbesondere der hinteren Reihenhäuser für die Feuerwehr nicht gewährleistet – die Baugenehmigung nicht erteilt bzw. wäre zu erwarten gewesen, dass sie ggf. nachträglich eingeschritten wäre.
40Vgl. zur Zulässigkeit von nachträglichen Anforderungen an den Brandschutz selbst im Falle einer bestandsgeschützten Nutzung: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Oktober 2019 - 8 B 11142/19 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24. September 2018 - 2 B 211/18 -, juris; OVG NRW vom 25. August 2010 - 7 A 749/09 -, juris, Beschluss vom 15. Dezember 2004 - 7 B 2142/04 -, juris Rn. 16 und VG Düsseldorf, Urteil vom 2. März 2016 - 28 K 2758/15 -, juris.
41Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die Erreichbarkeit der geplanten Wohnhäuser durch Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge anders zu beurteilen sein sollte, als die Erreichbarkeit der am jeweiligen Ende der beiden Stichwege gelegenen Häuser Nr. 00 und Nr. 00. Schon gegenwärtig stellt sich die Situation so dar, dass die Feuerwehr mit ihren Rettungsfahrzeugen den Stichweg bis zum jeweiligen Ende befahren muss, um z.B. die am Ende der Straße gelegenen Wohnhäuser anleitern zu können. Wie aus der zum geplanten Vorhaben eingeholten brandschutztechnischen Stellungnahme vom 06.11.2021 hervorgeht, ist die Löschwasserversorgung gesichert und befinden sich ausreichende Bewegungsflächen auf der öffentlichen Verkehrsfläche K.----straße . Wie die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, ist ihr bei entsprechenden Gesprächen mit der Feuerwehr mitgeteilt worden, dass die Stichwege mit kleineren, jedoch ausreichend großen Fahrzeugen der Feuerwehr befahrbar wären.
42Soweit die Beklagte geltend macht, wenn keine Einbahnstraßenregelung bestehe, müsse Begegnungsverkehr zumindest in Ausweichstellen möglich sein,
43vgl. VG Gelsenkirchen Urteil vom 12.7.2012 - 5 K 2628/10 -,
44folgt der Einzelrichter dieser Aussage in ihrer Allgemeinheit nicht. Maßgeblich für die Frage der Befahrbarkeit sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles. Die Beklagte hat mit Erteilung des Bauvorbescheides – wenn auch ausgehend von (nur) sechs Stellplätzen / Fahrzeugen – festgestellt, dass im vorliegenden Fall ein hinreichender Anschluss des Vorhabengrundstücks an das öffentliche Straßennetz auch unter Zugrundelegung eines zusätzlichen Fahrzeugaufkommens von sechs Pkw besteht, mithin ihrer Einschätzung nach die beiden Stichstraßen in der Lage sind, den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr aufzunehmen. Dass sich hieran etwas wesentlich ändert, wenn von zwei zusätzlichen Stellplätzen auf dem Vorhabengrundstück ausgegangen wird, kann das Gericht nicht feststellen. Die Beklagte hat nicht plausibel darlegen können, warum bei Zugrundelegung eines Zu- und Abfahrtsverkehrs von zwei weiteren Fahrzeugen der Verkehr über die beiden Stichstraßen nicht mehr ausreichend abgewickelt werden könnte. Ein Begegnungsverkehr war seit Fertigstellung der beiden Straßen und ihrer Widmung für den öffentlichen Verkehr zu keiner Zeit möglich. Zu nennenswerten Verkehrs- bzw. Zu- oder Abfahrtsproblemen hat dieser Mangel in der Vergangenheit offenbar nicht geführt, jedenfalls sind solche weder aktenkundig noch vorgetragen oder sonst für das Gericht ersichtlich. Eine wesentliche Zunahme etwaigen Begegnungsverkehrs infolge der Durchführung des Vorhabens ist nicht zu befürchten. Bei dieser Bewertung ist auch zu berücksichtigen, dass angesichts der durch den Bauantrag vorgegebenen konkreten Anordnung der Baukörper zu erwarten ist, dass sich der von dem Vorhaben ausgelöste Verkehr nicht auf einen Stichweg konzentriert, sondern auf beide Stichwege verteilt, sodass pro Stichstraße allenfalls von einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von vier Fahrzeugen, im Schnitt mithin von acht Fahrzeugbewegungen täglich, auszugehen ist. Die Stichwege weisen keine Kurven oder Versprünge auf, sondern sind aufgrund ihres geradlinigen Verlaufs gut einsehbar, sodass vor der Befahrung ein etwaiger Gegenverkehr abgewartet werden kann. Auch besteht für die das klägerische Grundstück anfahrenden Fahrzeuge der Bewohner oder Besucher auf dem Grundstück eine Wendemöglichkeit. Diese sind also – anders als die Anlieger, Anlieferfahrzeuge und Besucher der Häuser Nr. 66 bis 80 – nicht gezwungen, die Wege rückwärts zu befahren. In Bezug auf diejenigen Fahrzeuge, die das klägerische Grundstück nicht befahren dürfen, weil dort die öffentliche Verkehrsfläche endet, tritt keine erhebliche Verschlechterung der Gefahrensituation ein, denn für sie bestand schon zuvor keine Wendemöglichkeit.
45Schließlich steht aufgrund des positiven Bauvorbescheides bereits fest, dass dem Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme nicht entgegengehalten werden kann. Denn den Nachbarn / Anliegern der K1. . 00 - 00 ist jeweils ein Bauvorbescheid zugestellt und von diesen nicht angefochten worden. Daher ist dieser Bauvorbescheid ihnen gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Damit steht mit Wirkung für die betroffenen Nachbarn fest, dass dem Vorhaben keine bauplanungsrechtlichen Hindernisse – also auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme – entgegenstehen.
46Sonstige Verstöße gegen Vorschriften des Bauordnungsrechts sind von der Beklagten weder geltend gemacht noch ersichtlich.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
49Rechtsmittelbelehrung:
50Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
52Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
53Die Berufung ist nur zuzulassen,
541. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
552. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
563. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
574. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
585. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
59Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
60Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
61Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
62Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
63Beschluss:
64Der Streitwert wird auf 40.000,00 Euro festgesetzt.
65Gründe:
66Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG unter Orientierung an Ziff. 1.d) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 erfolgt.
67Rechtsmittelbelehrung:
68Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
69Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
70Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
71Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
72Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
73War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.