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Unzulässigkeit eines ordnungsbehördlich in der Form der Allgemeinverfügung erlassenen Verbots des aktiven Bettelns im öffentlichen Raum (Bereich der Innenstadt), wenn das aggressive und verkehrsbehindernde Betteln in dem entsprechenden räumlichen Geltungsbereich zugleich durch ordnungsbehördliche Verordnung untersagt ist.
Zu der Frage, ob der Stadtrat das Bettelverbot in Form einer Allgemeinverfügung, d. h. eines Verwaltungsaktes, erlassen durfte, wenn mit dem Verbot die Stadt der – aus ihrer Sicht – typischerweise mit bestimmten Bettelformen einhergehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Innenstadtbereich entgegenwirken möchte, und der Rat der Stadt hierzu bereits im gesamten Stadtgebiet – und damit auch im räumlichen Geltungsbereich der angefochtenen Allgemeinverfügung – ein entsprechendes Bettelverbot durch ordnungsbehördliche Verordnung erlassen hat. Ein konkreter Anlass, der es ausnahmsweise rechtfertigt, das Bettelverbot für den Bereich der Innenstadt aufgrund einer bestehenden konkreten Gefahrenlage zusätzlich durch Verwaltungsakt auszusprechen, besteht nicht. Ein solcher lässt sich insbesondere nicht mit den gesteigerten Verstößen im Bereich der Innenstadt gegen das bereits bestehende Bettelverbot rechtfertigen. Denn insoweit realisiert sich gerade die (nur) abstrakte Gefahr, dass Bettler ihren Bettelhandlungen in denjenigen städtischen Bereichen nachgehen, in denen ein erhöhter Publikumsverkehr zu verzeichnen ist. Typischerweise sind Bettler zu den Geschäftsöffnungszeiten in der publikumsmäßig hochfrequentierten Innenstadt und nicht etwa in Wohn- oder Gewerbegebieten anzutreffen. Daher spricht vieles dafür, dass die Stadt das ausgesprochene Verbot des „aktiven Bettelns“ allenfalls in der ordnungsbehördlichen Verordnung, wie sie für das gesamte Stadtgebiet bereits existiert, hätte erlassen dürfen, nicht aber durch einen diese verordnungsrechtliche Regelung nur wiederholenden Verwaltungsakt.
Zur Abgrenzung einer ordnungsbehördlichen Verordnung (§ 27 OBG NRW) von einer ordnungsbehördlichen Allgemeinverfügung (§ 14 Abs. 1 OBG NRW).
Zur Unbeestimmtheit eines durch Allgemeinverfügung angeordneten Bettelverbots, das weder vom Adressatenkreis befolgt noch von den die Einhaltung überwachenden Mitarbeitern des Ordnungsamtes überprüft und vollstreckt werden. Weder aus der Bestimmung selbst noch aus deren Begründung lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, welche Bettelhandlungen nunmehr verboten und welche weiterhin erlaubt sind. So enthält Satz 2 der angefochtenen Regelung bereits sprachlich-inhaltlich keinen vollständigen Satz, was die Verständlichkeit erheblich erschwert. Auch sonst ist nicht eindeutig erkennbar, wann zulässiges „stilles Betteln“ und wann verbotenes „aktives Betteln“ vorliegt. Richtet sich eine behördliche Anordnung, wie hier, an einen rechtsunkundigen Personenkreis, der zudem häufig über keinen festen Wohnsitz und damit über wenig Hab und Gut verfügt, muss sich der Verbotsinhalt umso klarer unmittelbar aus dem Verfügungstenor ergeben.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B. aus N. zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 2492/23 gegen Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin „Betteln im öffentlichen Raum“ vom 8. März 2023 wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2I. Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehend unter II. dargelegten Gründen die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stand vorliegend insbesondere nicht entgegen, dass Ratsfrau K. T. gegenüber dem Antragsteller zugesichert hatte, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen. Denn diese Zusicherung ist einzig für den Fall erklärt worden, dass dem Antragsteller durch das Gericht keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden sollte. Die Beiordnung von Rechtsanwalt B. aus N. zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ansässigen Rechtsanwaltes beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 und 3 ZPO.
3II. Der am 11. April 2023 gestellte, sinngemäß aus dem Tenor ersichtliche Antrag hat Erfolg.
41. Der Antrag ist zulässig.
5a) Er ist statthaft als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO mit dem Ziel der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 2492/23 gegen Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin „Betteln im öffentlichen Raum“, soweit darin bestimmte Formen des Bettelns im öffentlichen Raum in der Innenstadt der Stadt L. untersagt werden, und richtet sich mithin gegen einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG NRW. Ob die getroffene behördliche Anordnung materiell-rechtlich in der Rechtsform eines Verwaltungsaktes (Allgemeinverfügung) erlassen werden durfte, ist insoweit unerheblich. Denn für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs kommt es einzig auf die behördliche Qualifizierung der angegriffenen Maßnahme als Verwaltungsakt – hier in der gewählten Form der Allgemeinverfügung – an.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1963 - IV C 9.63 -, juris, Rn. 58 ff.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 22. September 2003 - 2 B 11357/03 -, juris, Rn. 5; VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 2 K 5102/20 -, juris, Rn. 40; VG München, Beschluss vom 24. März 2020 - M 26 S 20.1252 -, juris, Rn. 24; Heusch, in Schönenbroicher/Heusch, Gefahrenabwehrrecht NRW, 1. Aufl., 2023, § 25 Rn. 7; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage, 2023, § 35 Rn. 16 m.w.N.
7Der Klage 18 K 2492/23 kommt aufgrund der in Ziffer 4 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung angeordneten sofortigen Vollziehung auch keine aufschiebende Wirkung zu.
8b) Der Antragsteller ist auch antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), da er geltend machen kann, durch die streitgegenständliche Anordnung der Allgemeinverfügung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Er hat durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass er im räumlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung regelmäßig Bettelhandlungen in verschiedenen Ausführungsformen und mit unterschiedlicher Intensität vornimmt und auf die damit erzielten Bettelerlöse zur „Aufstockung“ seiner Arbeitslosengeld II-Leistungen angewiesen ist. Er ist mithin „Bettler“ i.S.d. Allgemeinverfügung, damit zugleich Adressat des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und wird durch die dortigen Anordnungen möglicherweise in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller – wie die Antragsgegnerin meint – den Antrag im Sinne eines unzulässigen Popularantrags lediglich stellvertretend für die Gesamtheit der Bettler im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gestellt hat, bestehen danach nicht. Anders als die Antragsgegnerin meint, lässt auch der Umstand, dass der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren eine ladungsfähige Anschrift angegeben hat, seine Antragsbefugnis nicht entfallen. Dies gilt selbst dann, wenn der Antragsteller die Wohnung aus eigenen Mitteln angemietet hätte. Denn Adressat der streitgegenständlichen Regelung der Allgemeinverfügung sind nicht etwa – wie man nach den Ausführungen der Antragsgegnerin meinen könnte – ausschließlich Obdachlose, sondern vielmehr alle Personen, die – wie der Antragsteller – im räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung Bettelhandlungen nachgehen.
92. Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
10Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Verwaltungsakt wiederherstellen, dessen sofortige Vollziehung die Behörde – wie hier in Ziffer 4 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung – gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Die Entscheidung des Gerichts hängt von einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts mit dem privaten Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen Aufschub der Vollziehung ab. Dabei fallen im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, wesentlich ins Gewicht. Erweist sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig, so hat der Antrag Erfolg, da in diesem Fall kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit bestehen kann. Ist der Verwaltungsakt demgegenüber offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt regelmäßig aus diesem Grund das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Maßnahme. Erweisen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache bei der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einzig möglichen und auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hingegen als offen, findet eine Abwägung der für und gegen die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen statt.
11Gemessen an diesen Maßstäben war die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 2492/23 gegen Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung „Betteln im öffentlichen Raum“ vom 8. März 2023 wiederherzustellen.
12Zwar enthält die streitgegenständliche Allgemeinverfügung eine den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügende Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Insoweit bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Diesen Anforderungen wurde vorliegend Genüge getan. Die Antragsgegnerin hat – optisch getrennt von den übrigen Erwägungen und bezogen auf den Einzelfall – dargelegt, warum es aus ihrer Sicht geboten ist, die in der Allgemeinverfügung getroffenen Anordnungen schon vor deren Bestandskraft zu befolgen. Darauf, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe die Anordnung der sofortigen Vollziehung tatsächlich (auch inhaltlich) rechtfertigen und ob die insoweit angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
13Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2009 - 8 B 1549/09.AK -, juris, Rn. 45 f. m.w.N.
14Dies ist keine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung, sondern der vom Gericht nach den obigen Grundsätzen eigenständig vorzunehmenden Interessenabwägung.
15Vorliegend überwiegt das Interesse des Antragstellers, vom vorläufigen Vollzug der Allgemeinverfügung verschont zu bleiben. Denn im Rahmen der durch das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägungsentscheidung erweist sich die streitgegenständliche Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung als offensichtlich rechtswidrig. Zum einen hat die Kammer bereits Bedenken, ob die Antragsgegnerin zum Erlass einer auf § 14 Abs. 1 OBG gestützten ordnungsbehördlichen Anordnung in Form der Allgemeinverfügung berechtigt war (vgl. dazu unter a)); zum anderen genügt die streitgegenständliche Regelung in Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung aus Sicht der Kammer nicht den Anforderungen der Vorschrift des § 37 VwVfG NRW und erweist sich damit als zu unbestimmt (vgl. dazu unter b)).
16a) Zunächst ist der Rat der Stadt L. rechtlich beanstandungsfrei als gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 OBG i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GO NRW zuständige örtliche Ordnungsbehörde tätig geworden, da es sich bei dem Erlass der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung i.S.d. § 41 Abs. 3 GO NRW gehandelt hat, für das der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin zuständig gewesen wäre.
17Vgl. hierzu im Einzelnen: VG Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2022 - 15 K 555/20 -, juris, m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11.08.2020 - 6 K 857/18 -, juris, m.w.N.
18Die Kammer hegt jedoch Zweifel daran, ob er das streitgegenständliche Verbot in Form einer Allgemeinverfügung gestützt auf § 14 Abs. 1 OBG erlassen durfte. Zwar kann eine auf § 14 Abs. 1 OBG gestützte ordnungsbehördliche Anordnung grundsätzlich auch in der Form einer Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG NRW ergehen.
19Vgl. Schönenbroicher, in: Schönenbroicher/Heusch, a.a.O., § 14 Rn. 5.
20Die Zulässigkeit einer in der Form der Allgemeinverfügung ergangenen ordnungsbehördlichen Anordnung nach § 14 Abs. 1 OBG setzt allerdings voraus, dass inhaltlich mit ihr einer Gefahr im Einzelfall, mithin einer konkreten Gefahr, begegnet und keine (lediglich) abstrakte Gefahr abgewehrt werden soll. Beinhaltet die Allgemeinverfügung demgegenüber inhaltlich eine abstrakt-generelle Regelung für eine unbestimmte Vielzahl von Gefahrenlagen und Personen, hätte das Verbot nicht in der Rechtsform der Allgemeinverfügung, sondern vielmehr in der Rechtsform der – im Ordnungsbehördengesetz zur Bekämpfung abstrakter Gefahren ausdrücklich vorgesehenen – ordnungsbehördlichen Verordnung gemäß §§ 25 ff. OBG erlassen werden müssen.
21Vgl. VGH Bad.-Würt, Beschluss vom 4. Oktober 2002 - 1 S 1963/02 -, juris, Rn. 3 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13. März 1987, VBlBW 1987, 377, 380 f.; VG Osnabrück, Beschluss vom 11. Februar 2010 - 6 B 9/10 -, BeckRS 2010, 47446; Heusch, a.a.O., § 27 Rn. 7 f.; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., § 23 Nr. 4; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., Rn. 631 f.; Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl., Rn. 436 f.
22Die Kammer verkennt nicht, dass sich die Abgrenzung zwischen Allgemeinverfügung und ordnungsbehördlicher Verordnung im Einzelfall als schwierig gestalten kann, insbesondere wenn komplexe Sachverhalte gegenüber einer größeren Anzahl von Personen zu regeln sind.
23Vgl. Heusch, a.a.O., § 25 Rn. 7; Schönenbroicher, a.a.O., § 14 Rn. 5; Schroeder/Pietsch, BeckOK PolR NRW/Schroeder/Pietsch, 25. Ed., 15.4.2023, OBG § 25 Rn. 16.
24Dabei nimmt der Umstand, dass der Adressatenkreis einer Regelung nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmt oder bestimmbar ist, der behördlichen Anordnung – wie die Vorschrift des § 35 Satz 2 VwVfG NRW zeigt – indes noch nicht die Verwaltungsaktqualität. Problematisch ist in diesen Konstellationen regelmäßig, ob ein Einzelfall zu regeln oder nicht vielmehr eine Regelung für eine unbestimmte Anzahl von Fällen, d. h. für den sog. typischen Fall, zu treffen ist. Ob die Behörde in der gewählten Form handeln durfte, ist dabei allein nach inhaltlichen, materiellen Kriterien zu bestimmen.
25Vgl. Heusch, a.a.O., § 25 Rn. 7 m.w.N.
26Entscheidend ist mithin, ob mit der behördlichen Anordnung inhaltlich eine konkrete oder eine abstrakte Gefahr bekämpft werden soll. Zur Abgrenzung ist dabei der Bezugspunkt der Gefahrenprognose maßgeblich und nicht der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Demgegenüber ist eine abstrakte Gefahr gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (sog. typischer Fall) und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Dabei unterscheidet sich die abstrakte Gefahr von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern (nur) durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 - 6 CN 8/01 -, juris, Rn. 35; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. Mai 2018 - 18 K 8955/17 -, juris, Rn. 24; Heusch, a.a.O., § 27 Rn. 8.
28In der Praxis unterscheiden sich die anzustellenden Prognosen für den konkreten Einzelfall und den typischen Fall insoweit, als Erstere häufig unter besonderem Zeitdruck und hierdurch bedingt auf unsicherer Tatsachenbasis, jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände erfolgen, während Letztere sich regelmäßig auf gründlichere Recherchen stützen können, aber notwendig auf einer typisierenden Betrachtung beruhen.
29Vgl. Heusch, a.a.O., § 27 Rn. 9 m.w.N.
30Vor diesem Hintergrund verlangt auch die Feststellung einer (nur) abstrakten Gefahr eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose, d. h. es müssen – bei abstrakt-genereller Betrachtung – hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 - 6 CN 8/01 -, juris, Rn. 35; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. Mai 2018 - 18 K 8955/17 -, juris, Rn. 24.
32Nach alledem ist eine Regelung, die lediglich aus Anlass eines konkreten Sachverhalts zur Gefahrenabwehr getroffen wird und die eine im gegenwärtigen Zeitpunkt unbestimmte Anzahl von künftigen Sachverhalten betrifft, materiell-rechtlich betrachtet ihrer Rechtsnatur nach eine Rechtsnorm, für welche die Handlungsform der ordnungsbehördlichen Verordnung vorgesehen ist.
33Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 10.12.2020 - 2 K 5102/20, juris, Rn. 50 ff.
34Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Kammer ernstliche Zweifel, ob die vorliegend gewählte Handlungsform der Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 Var. 1 VwVfG NRW die in ihr materiell getroffene Regelung inhaltlich zu tragen vermag.
35Die Kammer verkennt dabei keineswegs, dass aufgrund der in Grenzfällen unscharfen Abgrenzung zwischen Allgemeinverfügung und ordnungsbehördlicher Verordnung in Einzelfällen möglicherweise ein Grenzbereich bestehen kann, in dem keine exakte Zuschreibung der „richtigen“ Handlungsform möglich ist.
36Vgl. VGH Bad.-Würt., Urteil vom 13. März 1987 - 5 S 2079/86 -, VBlBW 1987, 377 [380]; VG Karlsruhe, Beschluss vom 10.12.2020 - 2 K 5102/20, juris, Rn. 50 ff.; VG München, Beschluss vom 24. März 2020 - M 26 S 20.1552 -, juris, Rn. 22.
37Dieser Grenzbereich dürfte hier nach Ansicht der Kammer unter Anlegung einer großzügig verstandenen Annahme von sich überlappenden Anwendungsfällen allerdings überschritten worden sein.
38Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Gefahr, der die Antragsgegnerin vorliegend mit der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung begegnen möchte, keine konkrete, sondern vielmehr eine (nur) abstrakte Gefahr darstellt, für die sie unter Berücksichtigung der vorstehenden Abgrenzungskriterien die Rechtsform der ordnungsbehördlichen Verordnung hätte wählen müssen. Ausweislich der Begründung der Allgemeinverfügung beabsichtigt die Antragsgegnerin, der – aus ihrer Sicht – typischerweise mit bestimmten Bettelformen einhergehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Innenstadtbereich zu begegnen. Um diese (abstrakte) Gefahr einzudämmen, hat die Antragsgegnerin aber bereits auf sämtlichen öffentlichen Verkehrsflächen und Anlagen im gesamten Stadtgebiet – und damit auch im räumlichen Geltungsbereich der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung – ein entsprechendes Bettelverbot durch die „Ordnungsbehördliche Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf den Verkehrsflächen und Anlagen in der Stadt L. “ (nachfolgend: OBV) vom 26. Mai 2000 in der Fassung der 5. Änderungsverordnung vom 0.0.2023 (L1. Amtsblatt Nr. xx vom 0.0.2023) erlassen. So ist gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV im gesamten Stadtgebiet das aggressive, bandenmäßige bzw. organisierte und verkehrsbehindernde Betteln ebenso untersagt wie das Betteln in Begleitung / durch Kinder oder Jugendliche und unter Zuhilfenahme von Tieren. Einzig das Pendant zur streitgegenständlichen Regelung der Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung („alle über das stille Betteln hinausgehenden und noch nicht benannten Bettelformen, insbesondere das aktive Betteln“) findet sich in § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV nicht wieder.
39Die Kammer vermag eine über die (nur) abstrakte Gefahr hinausgehende konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Bereich der L1. Innenstadt, der ergänzend zu dem verordnungsrechtlichen Verbot durch die streitgegenständliche Regelung der Allgemeinverfügung zu begegnen wäre, nicht zu erkennen. Ein konkreter Anlass, die Innenstadt der Antragsgegnerin zusätzlich mit einem Bettelverbot im Wege der Allgemeinverfügung zu belegen, besteht nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht.
40Anders als etwa im Falle des per Allgemeinverfügung angeordneten Verbots des Mitführens von Glasbehältern im Straßenkarneval,
41vgl. VG Köln, Urteil vom 16. September 2010 - 20 K 441/10 -, juris, Rn. 18, sowie nachfolgend OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 2375/10 -, juris; VG Trier, Beschluss vom 26.02.2014 - 1 L 376/14.TR -, BeckRS 2014, 47862,
42im Falle eines durch Allgemeinverfügung ausgesprochenen Glasverbots bei einem Schützenfest,
43vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2013 - 18 K 6433/12 -, juris,
44oder eines per Allgemeinverfügung angeordneten allgemeinen Alkoholverbots in den Regionalzügen zwischen Rostock und Dortmund anlässlich eines Fußballspiels,
45vgl. VG Schleswig, Urteil vom 08. April 2014 - 3 A 192/13 -, juris,
46bei denen es aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls in einem zeitlich und räumlich eng abgegrenzten Bereich zu einer gegenüber dem restlichen Jahr gesteigerten Gefahrenlage, etwa im Falle des Glasmitführungsverbots durch erhöhtes Glasaufkommen, kommt, das im Vergleich zu der im restlichen Jahr bestehenden (nur) abstrakten Gefahr zusätzlich eine konkrete (Verletzungs-)Gefahr für die Teilnehmer begründet,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1961 - I C 54.57 -, juris, Rn. 41 ff., das die durch Endiviensalat ausgelöste Typhusepidemie als ausreichenden konkreten Anlass für ein Endiviensalatverkaufsverbot per Allgemeinverfügung angesehen hat; VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 2 K 5102/20 -, juris, Rn. 54, das die weltweite Covid-19-Pandemie als ausreichenden Anlass für einen konkreten Regelungsgrund durch Allgemeinverfügung ansieht,
48ist vorliegend nichts dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass in dem hier in Rede stehenden räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung ein konkreter Anlass für eine über die ortsrechtliche Regelung des § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV hinausgehende Regelung wegen einer dort bestehenden konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht.
49Einzig der Umstand, dass es ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten tabellarischen Dokumentation über Einsätze der Dienstkräfte des Ordnungsamtes im Innenstadtbereich in den vergangenen zwei Jahren zu Verstößen gegen das bereits seit dem 18. Oktober 2019 qua ordnungsbehördlicher Verordnung im gesamten Stadtgebiet bestehende Verbot bestimmter Bettelformen (insbesondere in Form des aggressiven Bettelns) gekommen ist, und diese Verstöße nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zugenommen haben sollen (was die Kammer mangels Vorliegens von Vergleichsdokumentationen nicht überprüfen kann), vermag weder einen gegenüber dem typischen Fall hinausgehenden Einzelfall noch einen konkreten Anlass für eine Regelung durch Allgemeinverfügung zu begründen. Die Tatsache, dass es im räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung (d. h. im Innenstadtbereich zu den Ladenöffnungszeiten) im Vergleich zum restlichen Stadtgebiet gesteigert zu verbotenen (insbesondere aggressiven) Bettelhandlungen gekommen ist, stellt sich aus Sicht der Kammer als Realisierung der (nur) abstrakten Gefahr dar, dass Bettler ihren Bettelhandlungen erfahrungsgemäß in denjenigen städtischen Bereichen nachgehen, in denen ein erhöhter Publikumsverkehr zu verzeichnen ist. M.a.W. stellt es gerade den typischen Fall dar, Bettler zu den Geschäftsöffnungszeiten in der publikumsmäßig hochfrequentierten Innenstadt und nicht etwa in Wohn- oder Gewerbegebieten anzutreffen. Dieser (nur abstrakten) Gefahr kann die Antragsgegnerin im Übrigen bereits jetzt durch verstärkte Durchsetzung des durch die ordnungsbehördliche Verordnung bewirkten Verbots begegnen. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die insoweit zur Verfügung stehenden Mittel, etwa im Wege entsprechend engmaschiger Kontrollen und zwangsweiser Durchsetzung des bestehenden verordnungsrechtlichen Verbots, erfolglos ausgeschöpft sind, sind weder dargelegt noch – gerade auch mit Blick auf die erfolgte Aufstockung der Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes um 17 Stellen auf nunmehr insgesamt 48 Stellen – sonst ersichtlich.
50Fehlt es vorliegend an der für den Erlass einer Allgemeinverfügung erforderlichen konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin über die bereits in § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV verbotenen Bettelformen hinausgehend die – aus ihrer Sicht – auch vom „aktiven Betteln“ typischerweise ausgehende (abstrakte) Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verbieten wollte. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand hätte sie ein solches Verbot aber richtigerweise in der ordnungsbehördlichen Verordnung, d. h. durch Erweiterung der Regelung des § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV, aussprechen müssen.
51Selbst wenn man vorliegend – wofür aus Sicht der Kammer nach derzeitiger Aktenlage nichts spricht – eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Einzelfall bejahte, erwiese sich die Allgemeinverfügung bei summarischer Prüfung gleichwohl als rechtswidrig. Denn regelmäßig sind nur (gesetzes-)wiederholende Regelungen auf örtlicher Ebene unzulässig. Ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG NRW bedarf vielmehr – gleich ob als Einzel-Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG NRW oder als Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG NRW – stets einer eigenständigen Regelung. Daran fehlt es hier. Wie der Antragsteller zutreffend anmerkt, spricht vieles dafür, dass die von der streitgegenständlichen Regelung in Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung untersagten Bettelformen bereits weitgehend von den in § 2 Abs. 5 Nr. 5 a) und c) OBV ortsrechtlich normierten Verboten des aggressiven und verkehrsbehindernden Bettelns erfasst werden und es damit an einem eigenständigen Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Anordnung fehlt. Dies gilt erst recht in Bezug auf die – hier nicht streitgegenständlichen – Regelungen in Ziffer 1 a) bis d) der Allgemeinverfügung, die inhaltlich allesamt bereits von § 2 Abs. 5 Nr. 5 a) bis e) OBV erfasst werden, sodass insoweit ein eigenständiger Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung nicht erkennbar ist.
52Es bestehen aus Sicht der Kammer auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es vorliegend ausnahmsweise einer Konkretisierung des verordnungsrechtlichen bereits angeordneten Bettelverbots im Bereich der Innenstadt bedurfte – etwa weil dieser zusätzliche Druck auf den Adressaten erforderlich wäre, um die Einhaltung der ordnungsbehördlichen Verordnung sicherzustellen, oder um die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen – mit der Folge, dass eine (nur) wiederholende Regelung des bereits bestehenden ortsrechtlichen Bettelverbots durch Allgemeinverfügung ausnahmsweise zulässig wäre.
53Vgl. Schenk, in: Beng/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: Juli 2013, Art. 19, Rn. 84 und 97; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Auflage, 2022, § 35 Rn. 10.
54Denn bereits jetzt ist im räumlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung eine Vollstreckung des bestehenden verordnungsrechtlichen Bettelverbots nach § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV durch die Dienstkräfte des Ordnungsamtes im Sofortvollzug gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NRW oder aber durch Polizeibeamte im Wege der Vollzugshilfe im Rahmen der bestehenden Ordnungspartnerschaft möglich und in der Vergangenheit auch praktiziert worden. Nichts anderes sieht die streitgegenständliche Allgemeinverfügung vor, allerdings mit dem – soweit ersichtlich – einzigen Unterschied, dass die Dienstkräfte des Ordnungsamtes wegen der dort angeordneten sofortigen Vollziehung unmittelbar vollstrecken könnten. Allerdings bedürfte es im Falle des Verstoßes gegen die Allgemeinverfügung auch hier weiterhin eines Platzverweises im Einzelfall, der – da nur der unmittelbare Zwang in Form der Wegnahme der Bettelerlöse in angemessener Höhe angedroht ist – bei Weigerung, wie schon jetzt, auch nur im Wege des Sofortvollzugs durch die Dienstkräfte des Ordnungsamtes vollstreckt werden könnte. Vor diesem Hintergrund erscheint es aus Sicht der Kammer zumindest fraglich, welchen erhöhten Druck die Allgemeinverfügung auf die betroffenen Bettler konkret ausüben sollte, wenn die Vollzugsfolge – jedenfalls aus objektiver Sicht der Bettler – faktisch „dieselbe“ ist wie bei einem Verstoß gegen das in § 2 Abs. 5 Nr. 5 OBV geregelte Bettelverbot, namentlich die ggfls. zwangsweise Durchsetzung des Platzverweises und Wegnahme des Bettelerlöses als Sicherheitsleistung im Hinblick auf den noch zu erlassenden Bußgeldbescheid.
55Zweifel an der Zulässigkeit der gewählten Handlungsform der Allgemeinverfügung ergeben sich aus Sicht der Kammer schließlich auch mit Blick auf die zeitliche Geltungsdauer der Allgemeinverfügung von neuneinhalb Monaten. Zwar lässt sich das zulässige Maß für den zeitlichen Geltungsbereich einer Allgemeinverfügung nicht allgemein bestimmen. Maßgeblich ist insoweit der zeitlich entsprechend begrenzte Anlass für die Allgemeinverfügung.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2021 - 6 C 26.10 -, juris, Rn. 27 f.; Ramsauer, a.a.O., § 35 Rn. 162c.
57Auch ist anerkannt, dass eine kurzfristig zu treffende und zeitlich befristete Regelung durch Allgemeinverfügung auch eines vergleichsweise weiten Lebenssachverhalts noch rechtlich möglich sein soll.
58Vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 10.12.2020 - 2 K 5102/20, juris, Rn. 50 ff.; Alemann/Scheffczyk, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 49. Ed. Stand: 1. Oktober 2020, § 35 VwVfG Rn. 258a; allgemein Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Auflage, 2016, § 35 VwVfG Rn. 121; vgl. auch den Gedanken bei BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1961 - I C 54.57 -, BVerwGE 12, 87 = juris, Rn. 42.
59Jedenfalls aber dürfte der hier gewählte zeitliche Geltungsbereich der Allgemeinverfügung von neuneinhalb Monaten das Maß, d. h. die administrativen Grenzen dessen überschreiten, was rechtlich (noch) durch Verwaltungsakt geregelt werden kann.
60Vgl. Ramsauer, a.a.O., § 35 Rn. 162c a. E.; Stelkens, a.a.O., § 35 Rn. 285, der als „Umschlagzeitpunkt“ auf den Ablauf der einmonatigen Rechtsbehelfsfrist nach §§ 70, 74 VwGO abstellt.
61b) Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen und selbstständig tragend erweist sich die streitgegenständliche Regelung der Allgemeinverfügung bei summarischer Prüfung auch deshalb als rechtswidrig, weil sie den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW nicht genügt.
62Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG NRW muss ein Verwaltungsakt, wozu gemäß § 35 Satz 2 VwVfG NRW auch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung zählt, inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er rechtswidrig.
63Vgl. Stelkens, a.a.O., § 37 Rn. 40, § 44 Rn. 116.
64Da die Regelung selbst nur im verfügenden Teil des Verwaltungsakts zum Ausdruck kommt, bezieht sich das Bestimmtheitserfordernis des § 37 VwVfG NRW auch nur auf diesen Teil.
65Vgl. Stelkens, a.a.O., § 35 Rn. 76 und 143, § 37 Rn. 3, § 39 Rn. 26.
66Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm konkret gefordert wird, und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung (Vollstreckung) zu sein. Fehlt es an der ausreichenden Bestimmtheit, ist der Verwaltungsakt nicht vollstreckungsfähig.
67Vgl. OVG Nieders., Beschluss vom 27. Januar 2022 - 14 ME 55/22 -, juris, Rn. 12; VGH Bad.-Würt., Urteil vom 10. Januar 2013 - 8 S 2919/11 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 1998 - 10 B 3029/97 -, juris, Rn. 4; VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2022 - 18 L 1380/22 -, n.v.
68Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen kann. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt hat. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil – den Tenor – ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist. Indes verbietet es sich ebenso regelmäßig, bei einem keinen Auslegungsspielraum eröffnenden Erklärungsinhalt des Tenors eines Verwaltungsakts dessen Begründung einen weitergehenden, mit einer Anfechtungslast verbundenen Regelungsgehalt zu entnehmen.
69Vgl. stRspr. des BVerwG, vgl. etwa Urteile vom 9. Juli 2020 - 3 C 20/18 -, juris, Rn. 12 m.w.N., vom 24. Juni 2020 - 6 C 3.19 -, NVwZ 2020, 1672 = juris, Rn. 20, und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 = juris, Rn. 14, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 02.03.2021 - 9 B 1469/20 -, juris, Rn. 14 ff.
70Bei einem Verbot bestimmten Verhaltens muss zugleich unmissverständlich festgelegt werden, welche Handlungen untersagt sind.
71Vgl. Stelkens, a.a.O., § 37 Rn. 32.
72Gemessen an diesen Maßstäben hat die Kammer erhebliche Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der streitgegenständlichen Anordnung in Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung. Denn für den Adressaten der Allgemeinverfügung ist nicht eindeutig erkennbar, welches Verhalten ihm durch die Verfügung konkret untersagt ist, so dass er sein Verhalten daran ausrichten kann.
73Die Anordnung in der hier streitgegenständlichen Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung lautet wörtlich wie folgt:
74e) Über die Verbote der Ziffern 1 a) – d) hinausgehend sind alle über das stille Betteln hinausgehenden und noch nicht benannten Bettelformen, insbesondere das aktive Betteln untersagt. Aktives Betteln liegt vor, wenn auf die Bedürftigkeit durch Verhalten, wie nachhaltiges bzw. fortwährendes, auch nach Ablehnung weiterhin gezieltes Ansprechen oder Aufhalten von Dritten, sowie das Nebenhergehen bzw. das aktive Verfolgen von Dritten oder andere aufmerksamkeitserregende Handlungsweisen aus, die zum Zwecke der Erlangung von Bettelerlösen dienen. Die erlaubte Form der stillen oder passiven Bettelei liegt vor, wenn die bettelnde Person nicht verkehrsbehindernd und ohne nachhaltiges bzw. fortwährendes, auch nach Ablehnung weiterhin gezieltes Ansprechen für eine kurze Verweildauer bettelt.
75Personen, die beim Betteln (Ausnahme: stilles Betteln) durch die Dienstkräfte angetroffen werden, haben die untersagten Handlungen in den festgelegten Bereichen unverzüglich zu unterlassen.
76In der Begründung heißt es dazu [Unterstreichungen durch die Kammer]:
77Stilles Demutsbetteln wird auf dem Boden sitzend wahrgenommen, wohingegen aktives Betteln in der Regel stehend oder wegbegleitend und unter Ansprache der Passantinnen und Passanten erfolgt. (…)
78Damit einhergehend wird die oftmals fließende Grenze von aktivem Betteln zu aggressivem Betteln präventiv vermieden. Passanten werden durch Ansprachen und Umlaufen der im Weg stehenden bettelnden Personen nicht eingeschränkt oder belästigt. Für die Dienstkräfte wird deutlich ersichtlich, wenn sich eine Gefahr der Störung anbahnt. (…)
79Betteln unterliegt grundsätzlich dem straßen- und wegerechtlichen Gemeingebrauch und ist damit in der Regel zulässig und somit auch im Stadtgebiet der Stadt L. erlaubt. Laut Definition des Oberlandesgerichts Köln (NJW 1961, 2172) bedeutet Betteln die an einen beliebigen Fremden gerichtete Bitte um Gewährung eines geldwerten Geschenks unter Behauptung der Bedürftigkeit des Bettelnden selbst, eines Angehörigen oder einer sonst nahestehenden Person. Dabei kann die Bitte nach einer solchen Zuwendung auf unterschiedlichste Weise kundgetan werden. Zumeist steht die Bittstellerin bzw. der Bittsteller einzeln und stillschweigend am Straßenrand ohne Behinderung des Fußgängerverkehrs und weist – etwa unter Zuhilfenahme eines in der Hand gehaltenen Schildes – auf ihre bzw. seine Bedürftigkeit hin oder streckt den vorübergehenden Fußgängern demütig die geöffnete Hand, einen Hut oder eine Büchse entgegen. (…)
80Sofern durch das stille Betteln im Sitzen keine Verkehrsbehinderung und demnach keine Untersagung nach Ziffer 1 c) einhergeht, ist das Betteln im Grunde als Gemeingebrauch erlaubt. (…)
81Nach Auffassung der Kammer ist aus der maßgeblichen objektiven Sicht des Verfügungsadressaten anhand des Tenors der streitgegenständlichen Regelung in Verbindung mit der Begründung nicht eindeutig erkennbar, welche Bettelform nunmehr erlaubt und welche verboten ist.
82Adressat der Allgemeinverfügung sind „Bettler“, d. h. Menschen, die ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus Almosen, also milden Gaben anderer, bestreiten. Gemessen an diesem Empfängerhorizont ist anhand des Tenors einschließlich der Begründung der Allgemeinverfügung nicht hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar, welche Verhaltensweisen verboten sind.
83Bei objektiver Betrachtung aus Sicht eines Rechtsunkundigen ist bereits unklar, wann die untersagte Form des aktiven Bettelns vorliegen soll. Dies lässt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht durch Auslegung des Verfügungstenors in Verbindung mit der Begründung der Allgemeinverfügung bestimmen.
84Abgesehen davon, dass Satz 2 der streitgegenständlichen Regelung der Ziffer 1 e) keinen vollständigen Satz enthält, was für sich genommen schon die Verständlichkeit dessen, was „aktives Betteln“ sein soll, erheblich erschwert, existiert die hier verwendete Begrifflichkeit des aktiven Bettelns, anders als aggressives oder aufdringliches Betteln, im allgemeinen Sprachgebrauch bereits nicht.
85Vgl. https://www.duden.de/suchen/dudenonline/aktives%20betteln; https://de.wikipedia.org/wiki/Aufdringliches_Betteln; https://de.wikipedia.org/w/index.php?go=Artikel&search=aktives+betteln&title=Spezial%3ASuche&ns0=1
86Eine Auslegung nach dem Wortsinn führt insoweit ebenfalls nicht weiter. „Aktiv“ bedeutet nach dem allgemeinen Sprachverständnis „selbst in einer Sache tätig, sie ausübend (im Unterschied zum bloßen Erdulden o. Ä. von etwas), nicht passiv“.
87Vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/aktiv
88Was genau eine untersagte aktive Bettelhandlung sein soll, bleibt nach dem Wortlaut mithin unklar. Aus dem Verfügungstenor ergibt sich einzig, dass aktives Betteln dann vorliegen soll, wenn auf die Bedürftigkeit durch Verhalten aufmerksam gemacht wird. Welches aktive Verhalten jedoch konkret untersagt ist, erschließt sich dem maßgeblichen rechtsunkundigen Erklärungsempfänger nicht. Insoweit verhilft auch der Versuch der Antragsgegnerin, dies mithilfe von Regelbespielen und Adverbien näher zu umschreiben, nicht weiter. Diese Umschreibungen tragen aus Sicht der Kammer nicht zu einer besseren Verständlichkeit bei, sondern führen – im Gegenteil – zu größerer Unsicherheit. Wann genau ein „nachhaltiges“ oder „fortwährendes“ gezieltes Ansprechen vorliegt ist ebenso unklar wie die Frage, was konkret unter „anderen aufmerksamkeitserregenden“ Handlungsweisen zu verstehen sein soll, insbesondere ob hierunter etwa auch Aufmerksamkeitserregung durch stilles, wortloses Gestikulieren fällt. Offen ist auch, ob aktives Betteln bereits vorliegt, wenn die bettelnde Person sich nicht sitzend, sondern stehend den Passanten mit der Bitte um eine Gabe zuwendet, oder ob dies nicht vielmehr einen Fall des zulässigen stillen Bettelns darstellt.
89Insoweit verhilft auch eine Gegenüberstellung der Begriffsdefinitionen des untersagten „aktiven Bettelns“ und des erlaubten „stillen Bettelns“ nicht weiter. Wie schon beim aktiven Betteln existieren auch die Begrifflichkeiten des „passiven Bettelns“ bzw. des „stillen Bettelns“ im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch nicht.
90Vgl. https://www.duden.de/suchen/dudenonline/passives%20betteln; https://de.wikipedia.org/w/index.php?search=passives+betteln&title=Spezial:Suche&profile=advanced&fulltext=1&ns0=1; https://www.duden.de/suchen/dudenonline/stilles%20betteln; https://de.wikipedia.org/w/index.php?search=stilles+betteln&title=Spezial:Suche&profile=advanced&fulltext=1&ns0=1
91Vom Wortsinn her meint „still“ ruhig, leise, lautlos, geräuschlos, frei von Lärm.
92Vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/still
93Ausweislich des Verfügungstenors liegt erlaubtes stilles oder passives Betteln vor, wenn die bettelnde Person ohne nachhaltiges, fortwährendes, gezieltes Ansprechen für eine kurze Verweildauer bettelt. Diese Begriffsdefinition entspricht jedoch bereits nicht dem allgemeinen Sprachverständnis von „still“, da nach der im Tenor ausgesprochenen „Legaldefinition“ des stillen Bettelns offenbar kurzes, beiläufiges Ansprechen von Passaten, mithin eine sprachliche und nicht geräuschlose Kommunikation, auch eine Form des (noch) zulässigen stillen Bettelns darstellt.
94Nicht eindeutig ist zudem, was unter einer „kurzen Verweildauer“ zu verstehen ist und wie sich eine solche durch die Dienstkräfte des Ordnungsamtes überprüfen lassen soll, etwa wenn diese erst zu einem Zeitpunkt hinzutreten, in dem die Bettelhandlung bereits begonnen hat.
95Unklar ist auch, ob geräuschlose aufmerksamkeitserregende Handlungen (etwa durch Gestik und Mimik, die letztlich allen Bettelhandlungen immanent sind) oder Handlungen in Form von lautlosen künstlerischen Darbietungen erlaubt sind, sofern jedenfalls keine nachhaltige direkte Ansprache oder Verkehrsbehinderung von Passanten erfolgt.
96Aus dem Verfügungstenor selbst ist auch nicht ableitbar, ob stilles/passives Betteln nur sitzend, auch stehend oder sogar (leicht) bewegend erfolgen darf, sofern die bettelnde Person nicht neben Passanten herschreitet und diese nicht direkt und nachhaltig angesprochen werden. Sah eine frühere Ratsvorlage der Antragsgegnerin dem allgemeinen Begriffsverständnis von „still“ entsprechend noch vor, dass „die erlaubte Form der stillen Bettelei vorliegt, wenn die bettelnde Person nicht verkehrsbehindernd, sitzend und wortlos/tonlos für eine kurze Verweildauer bettelt“, so wirft die aktuelle „Legaldefinition“ demgegenüber zahlreiche Fragen auf, die sich nicht unter Zuhilfenahme der Begründung der Allgemeinverfügung klären lassen. Denn dort wird stilles Betteln teilweise als „im Sitzen ohne Verkehrsbehinderung“ beschrieben, teilweise – unter Bezugnahme auf das vom OLG Köln in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1961 verwandte Verständnis – als „stillschweigend im Stehen ohne Behinderung des Fußgängerverkehrs“. An anderer Stelle wird demgegenüber aktives Betteln in der Regel als „stehend und unter Ansprache“ beschrieben, was sich wiederum nicht mit der „Legaldefinition“ des stillen Bettelns im Verfügungstenor deckt, wonach kurzes, beiläufiges Ansprechen von Passanten eine Form des zulässigen stillen Bettelns darstellen soll.
97Auch ansonsten verhilft die Begründung der Allgemeinverfügung bei der Auslegung der streitgegenständlichen Ziffer 1 e) nicht weiter. Während die anderen Fallgruppen der Ziffern 1 a) bis d) dort im Einzelnen näher beschrieben werden, lässt die Begründung der Allgemeinverfügung eine solche nähere Erläuterung der hier streitgegenständlichen Ziffer 1 e) in Gänze vermissen.
98Darüber hinaus ist weiter unklar, ob die Begrifflichkeiten des passiven und stillen Bettelns synonym verstanden werden oder ob ihnen alternative Bedeutungen zukommen sollen; in letzterem Fall wäre zudem offen, wie sich beide Bettelformen voneinander unterscheiden sollen.
99Vor dem Hintergrund der dargelegten Unbestimmtheit des von der Antragsgegnerin geregelten Verbotsinhalts kann dieses Verbot weder vom Adressatenkreis befolgt noch von den die Einhaltung überwachenden Dienstkräften des Ordnungsamtes überprüft und vollstreckt werden. Richtet sich eine behördliche Anordnung in Form der Allgemeinverfügung an einen rechtsunkundigen Personenkreis, der zudem – wie vermutlich hier – häufig über keinen festen Wohnsitz und damit über wenig Hab und Gut verfügt, jedenfalls aber die achtseitige Allgemeinverfügung nicht zum Zwecke des Nachlesens bei sich führen dürfte, hat sich der Verbotsinhalt umso klarer unmittelbar aus dem Verfügungstenor zu ergeben, was vorliegend nicht der Fall ist.
100Ist nach alledem nicht hinreichend klar, welche Bettelform die Antragsgegnerin in der streitgegenständlichen Ziffer 1 e) der Allgemeinverfügung konkret mit der Begrifflichkeit „aktives Betteln“ untersagen wollte, bedarf es keiner rechtlichen Ausführungen zu der durch die Beteiligten aufgeworfenen Frage, ob eine solche Bettelform (generell) gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstieße.
101Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
102Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 Satz 1 und 35.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
103Rechtsmittelbelehrung:
104(1) Prozesskostenhilfe bewilligende Beschlüsse sind für die Beteiligten unanfechtbar. Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sind für die Beteiligten unanfechtbar, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint. Im Übrigen kann gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. Insoweit ist die Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten, insbesondere eines Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt im Beschwerdeverfahren nicht erforderlich.
105Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
106Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
107(2) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
108Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
109Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
110Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
111Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
112Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
113(3) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
114Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
115Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
116Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
117Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
118War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.