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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebende Klage der Antragstellerin gegen die von der Antragsgegnerin am 10. Januar 2023 mündlich gegenüber der Antragstellerin unter sinngemäßer Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgesprochene Anordnung der Schließung des von der Antragstellerin unter der Anschrift T.---------straße 000 in P. betriebenen Imbissbetriebes „X. “ wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen insoweit nicht vor, als die Antragstellerin der ihr obliegenden Darlegungs- und Nachweispflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe aus § 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen ist, indem sie es unterlassen hat, die von ihr vorgelegte „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe“ vollständig auszufüllen und dieser Belege beizufügen.
3Den Antrag mit der wörtlichen Formulierung
4„die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs/der Klage gegen die mündliche Verfügung des Antragsgegners vom 10.01.2023 wird hergestellt“
5legt das Gericht entsprechend dem sich aus dem gesamten Antragsvorbringen ergebenden Begehren aus als Antrag,
6„die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage der Antragstellerin gegen die von der Antragsgegnerin am 10. Januar 2023 mündlich gegenüber der Antragstellerin unter sinngemäßer Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgesprochene Anordnung der Schließung des von der Antragstellerin unter der Anschrift T.---------straße 000 in P. betriebenen Imbissbetriebes „X. “ wiederherzustellen“.
7Der so verstandene Antrag hat Erfolg.
8Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 4, also wenn die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet worden ist, ganz oder teilweise wiederherstellen. Gemäß Satz 2 der Vorschrift ist der Antrag schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig.
9Der gestellte Antrag ist demnach zulässig.
10Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus und auch der gesamte Akteninhalt spricht dafür, dass die Bediensteten der Antragsgegnerin O. und G. am 10. Januar 2023 gegenüber der Antragstellerin mündlich angeordnet haben, dass der von dieser betriebene Imbissbetrieb „X. “ mit sofortiger Wirkung zu schließen ist und diese Anordnung mit einer sinngemäßen zusätzlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung verbunden wurde. Hierbei handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt, gegen den gemäß § 42 Abs. 1 VwGO die Anfechtungsklage zulässig ist. Angesichts der sinngemäß erfolgten Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist statthafter Rechtsbehelf des vorläufigen Rechtsschutzes ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, welcher gemäß Satz 2 der Vorschrift zulässig ist, ohne dass die Anfechtungsklage selbst bereits erhoben wurde.
11Der gestellte Antrag ist zugleich begründet.
12Das Gericht kann im Falle des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen, wenn und soweit das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die angefochtene Verfügung nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweist oder aus anderen Gründen das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt.
13Daran gemessen überwiegt im vorliegenden Fall das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse.
14Dies folgt allein schon daraus, dass es der sinngemäß mündlich ausgesprochenen Anordnung der sofortigen Vollziehung der Schließungsanordnung an der gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO grundsätzlich erforderlichen schriftlichen Begründung mangelt. Eine Ausnahme hiervon gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, wonach es einer besonderen Begründung nicht bedarf, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft, liegt hier offensichtlich bereits deshalb nicht vor, weil weder dem Beteiligtenvorbringen zufolge noch sich aus den Akten ergebend die Bediensteten der Antragsgegnerin O. und G. eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme getroffen haben. Im Übrigen ist auch in der Sache nichts für eine Notstandsmaßnahme ersichtlich, nachdem seit der Eröffnung des Imbissbetriebes durch die Antragstellerin am 1. Mai 2018 bei in den Jahren 2019 und 2020 durch die Antragsgegnerin durchgeführten lebensmittelrechtlichen Kontrollen das Fehlen des nunmehr von der Antragsgegnerin geforderten Handwaschbeckens unbeanstandet geblieben ist und die Antragsgegnerin diese Forderung bei insoweit unverändert gebliebener Rechtslage erstmals am 30. August 2022 erhob.
15Dies folgt desweiteren daraus, dass die von der Antragstellerin noch zu erhebende Klage voraussichtlich Erfolg haben wird. Das Gericht geht von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angeordneten Betriebsschließung aus.
16Rechtsgrundlage für die angeordnete Betriebsschließung ist § 39 Abs. 1 LFGB i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 2017/625 über amtliche Kontrollen (Kontroll-VO).
17Nach § 39 Abs. 1 LFGB treffen die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden – hier also die Antragsgegnerin – die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Kontroll-VO erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.
18Nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b Kontroll-VO ergreifen die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen, wenn ein Verstoß festgestellt wird, um zu gewährleisten, dass der betreffende Unternehmer den Verstoß beendet und dass er erneute Verstöße dieser Art verhindert. Nach Abs. 2 der Vorschrift ergreifen die zuständigen Behörden alle ihnen geeignet erscheinenden Maßnahmen, um die Einhaltung der Vorschriften gemäß Art. 1 Absatz 2 zu gewährleisten, darunter u.a. gemäß Buchstabe h die Anordnung, dass das ganze Unternehmen oder ein Teil des Unternehmens des betreffenden Unternehmers oder seine Betriebe, seine Haltungsbetriebe oder sein sonstiges Betriebsgelände für einen angemessenen Zeitraum isoliert oder geschlossen werden. Nach Abs. 3 der Vorschrift unterrichten die zuständigen Behörden den betreffenden Unternehmer oder seinen Vertreter (a) schriftlich über ihre Entscheidung betreffend die gemäß den Absätzen 1 und 2 zu ergreifenden Maßnahmen und über die Gründe für diese Entscheidung und (b) über ein etwaiges Recht auf einen Rechtsbehelf gegen derartige Entscheidungen sowie über geltende Verfahren und Fristen im Hinblick auf jenes Recht auf einen Rechtsbehelf.
19Das Gericht lässt es dahinstehen, ob die Rechtswidrigkeit der Schließungsanordnung bereits daraus folgt, dass die Antragsgegnerin offenbar nicht erkannt hat, dass die von ihr getroffene, in ihrem Ermessen stehende Maßnahme auf Art. 138 Kontroll-VO zu stützen ist, wie sich aus der in der Antragserwiderung erfolgten Inbezugnahme von § 14 Abs. 1 OBG NRW als Ermächtigungsgrundlage ergibt. Das Gericht lässt es ebenso dahinstehen, ob die Missachtung des Art. 138 Abs. 3 Kontroll-VO zur (formellen) Rechtswidrigkeit der Schließungsanordnung führt. Zwar erscheint es denkbar, die lediglich in dem schriftlichen Kontrollbericht vom 10. Januar 2022 vermerkte Maßnahme der Betriebsschließung als schriftliche Unterrichtung der Entscheidung über die getroffene Maßnahme im Sinne der Vorschrift anzusehen, jedoch fehlt es offensichtlich an der darüber hinausgehend erforderlichen schriftlichen Unterrichtung über die Gründe für diese Entscheidung und an einer schriftlichen Rechtsbehelfsbelehrung.
20Zweifelhaft erscheint, ob der von der Antragsgegnerin als Maßnahme gemäß Art. 138 Abs. 2 Buchstabe h Kontroll-VO getroffenen Schließungsanordnung ein von 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b Kontroll-VO vorausgesetzter Verstoß gegen Vorschriften im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Kontroll-VO, hier gemäß Buchstabe a der Norm Vorschriften, die entweder auf Unionsebene oder von den Mitgliedstaaten zur Anwendung von Unionsrecht im Bereich Lebensmittel und Lebensmittelsicherheit erlassen wurden, zugrundeliegt.
21Als solchen Verstoß nimmt die Antragsgegnerin das Fehlen eines Handwaschbeckens mit Hygieneausstattung im Bereich des Bedientresens im vom Eingang aus gesehen vorderen Raum des Imbissbetriebes der Antragstellerin – des Gastraumes – an.
22Nach Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die nicht in der Primärproduktion tätig sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II zu erfüllen. Anhang II Kapitel I dieser Verordnung gilt für alle Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird.
23Nach Anhang II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 müssen an geeigneten Standorten genügend Handwaschbecken vorhanden sein. Diese müssen Warm- und Kaltwasserzufuhr haben; darüber hinaus müssen Mittel zum Händewaschen und zum hygienischen Händetrocknen vorhanden sein. Soweit erforderlich, müssen die Vorrichtungen zum Waschen der Lebensmittel von den Handwaschbecken getrennt angeordnet sein.
24Bei den Begriffen „genügend“ und „geeignet“ handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Konkretisierung im Einzelfall bedürfen und deren Anwendung auf den jeweiligen Sachverhalt der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Ein der Überprüfung entzogener Beurteilungsspielraum besteht insoweit weder für die Behörde noch für den Lebensmittelunternehmer.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2008 – 13 B 1216/08 –, juris, Rn. 14; VG Berlin, Urteil vom 20. Januar 2011 – 14 A 91.08 –, juris, Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Mai 2018 – 16 K 3571/17 –, juris, Rn. 34.
26Wann ein Standort für das Handwaschbecken als „geeignet“ anzusehen ist, bemisst sich am Ziel der VO (EG) Nr. 852/2004, welches darin liegt, hinsichtlich der Sicherheit von Lebensmitteln ein hohes Verbraucherschutzniveau und den Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen.
27Vgl. Ziff. 4 und 7 der Erwägungsgründe der Verordnung; VG Berlin, Urteil vom 20. Januar 2011– 14 A 91.08 –, juris Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Mai 2018 – 16 K 3571/17 –, juris, Rn. 36.
28Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass in dem Imbissbetrieb der Antragstellerin ein Handwaschbecken im Sinne von Anhang II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 vorhanden ist, nämlich in der rechten hinteren Ecke des hinter dem Gastraum gelegenen Raums – des Vorbereitungsraums. Allerdings streiten die Beteiligten darüber ob der Standort dieses Handwaschbeckens geeignet im Sinne der Vorschrift ist.
29Die Antragsgegnerin hält diesen Standort für ungeeignet, soweit es darum geht, eine ausreichende Handhygiene für im Bereich des Bedientresens stattfindende Lebensmittelspeisenzubereitungen sicherzustellen, und geht davon aus, dass insoweit ausschließlich ein Standort für ein Handwaschbecken im Bereich des Bedientresens im Gastraum des Imbissbetriebes als geeignet angesehen werden kann. Die Ungeeignetheit des Standortes in der rechten hinteren Ecke des Vorbereitungsraumes folge daraus, dass Personen, die im Gastraum Speisen zubereiteten, zunächst mehrere Meter durch diesen Raum gehen müssten, dann zunächst eine Tür öffnen müssten, um an das dort vorhandene Handwaschbecken zu gelangen, und denselben Weg wieder zurücklegen müssten, wobei das Risiko bestehe, die gewaschenen Hände auf dem Rückweg durch die Benutzung der Türklinke erneut zu verschmutzen. Auch spreche die Lebenserfahrung dafür, dass insbesondere dann, wenn ggf. mehrere Speisen gleichzeitig zuzubereiten seien, was besonderer Aufmerksamkeit des Personal bedürfe, eine größere Entfernung zum Handwaschbecken dazu führen könne, dass die mit Lebensmitteln in Berührung kommenden Hände nicht so häufig gewaschen und ggf. desinfiziert würden wie objektiv geboten.
30Die Antragstellerin hält den vorhandenen Handwaschbeckenstandort in der rechten hinteren Ecke des Vorbereitungsraumes hingegen für geeignet auch in Bezug auf den im Bereich des Bedientresens im Gastraum stattfindenden Umgang mit Lebensmitteln. Entscheidend sei, dass im Bereich des Bedientresens überhaupt kein Handkontakt mit Lebensmitteln – gemeint sein dürften offene Lebensmittel – stattfinde; ein Handkontakt mit Lebensmitteln finde nur im hinteren Raum statt, wo die Speisen vorbereitet würden und wo sich ein Handwaschbecken in unmittelbarer Nähe befinde. Auch vom Bedientresen im Gastraum aus sei das Handwaschbecken in der rechten hinteren Ecke des Vorbereitungsraums angesichts einer Distanz von nicht einmal 5 m im Übrigen gut und schnell erreichbar. Um dem diesbezüglichen Argument der Antragsgegnerin genüge zu tun, sei die Tür zwischen Gastraum und Vorbereitungsraum längst ausgehängt worden, so dass es keiner Bedienung einer Türklinke bedürfe, um vom Verkaufsbereich zum Waschbecken bzw. wieder zurück zu gelangen. Vor allem sei die Installation eines Handwaschbeckens im gesamten Gastraum technisch nicht möglich bzw. mit unzumutbarem baulichem Aufwand verbunden, weil dort keine Wasserzu- und -ableitungen vorhanden seien, und angesichts der insgesamt geringen Größe des Gastraums sei darüber hinaus im Bereich des Bedientresens gar kein Platz für ein Handwaschbecken vorhanden.
31Angesichts dieser Ausgangslage hält es das Gericht derzeit für offen, ob ausschließlich ein Standort für ein Handwaschbecken im Bereich des Bedientresens im Gastraum als geeignet im Sinne von Anhang II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 angesehen werden kann, oder ob auch ein anderer Standort in Frage kommt – sei es der vorhandene Standort in der rechten hinteren Ecke des Vorbereitungsraums, sei es ein näher zum Gastraum hin gelegener Standort im Vorbereitungsraum oder sei es ein außerhalb des Bereichs des Bedientresens gelegener Standort im Gastraum.
32Grundsätzlich führt der von der Antragstellerin vorgebrachte Aspekt, dass beim Umgang mit Lebensmitteln im Bereich des Bedientresens im Gastraum ein unmittelbarer Handkontakt mit Lebensmitteln nicht stattfinde, nicht zur Entbehrlichkeit eines Handwaschbeckens für diesen Bereich. Die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 gelten grundsätzlich für alle Verarbeitungs- und Vertriebsstufen, so dass auch ein Kontakt mit Lebensmitteln ohne unmittelbarem Handkontakt das Erfordernis eines Handwaschbeckens an geeignetem Standort nicht entfallen lässt.
33Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juli 2008 – 16 L 1005/08 –, juris, Rn. 12.
34Die Frage ob und in welchem Maße und an welchem Standort unmittelbarer Handkontakt mit offenen Lebensmitteln stattfindet hat jedoch nach Auffassung des Gerichts Einfluss auf die Beurteilung der Geeignetheit eines Standorts.
35Als Ausschlusskriterium für die Geeignetheit ist dabei die Notwendigkeit eines Handkontakts mit irgendwelchen Materialien, insbesondere Türklinken, zwischen Waschvorgang und Umgang mit Lebensmitteln anzusehen, denn ein solcher Materialienkontakt kann zur Wiederverschmutzung der Hände zwischen dem Wachvorgang und dem anschließenden Umgang mit Lebensmitteln führen, was mit dem Normzweck, hinsichtlich der Sicherheit von Lebensmitteln ein hohes Verbraucherschutzniveau und den Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen, unvereinbar ist.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2008 – 13 B 1216/08 –, juris, Rn. 17; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juli 2008 – 16 L 1005/08 –, juris, Rn. 11.
37Danach führt ein Standort im Vorbereitungsraum des Imbissbetriebes der Antragstellerin nicht zum Ausschluss der Geeignetheit betreffend den Umgang mit Lebensmitteln im Gastraum, nachdem die Tür zwischen den beiden Räumen nach den Angaben der Antragstellerin ausgehängt wurde. Als weitere Alternative zu einer gänzlich fehlenden Tür kommt etwa eine selbstöffnende Tür in Frage,
38vgl. Rathke/Frede/Zipfel in Sosnitza/Meisterernst, LebensmittelR, 183. EL März 2022, EG-LebensmittelhygieneVO Art. 4 Rn. 40.
39Ferner ist entscheidend die schnelle und leichte Erreichbarkeit eines Handwaschbeckens für sämtliche Mitarbeiter des Betriebes mit Lebensmittelkontakt.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2008 – 13 B 1216/08 –, juris, Rn. 17.
41Insoweit erscheinen jedoch Abstufungen je nach Intensität des Lebensmittelkontakts denkbar. Es dürfte davon auszugehen sein, dass die Erreichbarkeit eines Handwaschbeckens umso schneller und leichter sein muss, desto intensiver der Kontakt mit Lebensmitteln ist, also bei häufigem unmittelbarem Handkontakt mit offenen Lebensmitteln ein Handwaschbecken besonders schnell und leicht erreichbar sein muss.
42Vgl. zu einer diesbezüglichen Würdigung und im konkreten Einzelfall Annahme einer eher geringen Intensität VG Berlin, Urteil vom 20. Januar 2011 – 14 A 91.08 –, juris, Rn. 26 ff.
43Dass die Antragstellerin vorgetragen hat, unmittelbarer Handkontakt mit offenen Lebensmitteln finde nicht im Bereich des Bedientresens im Gastraum statt, sondern nur im hinteren Raum, wo die Speisen vorbereitet würden, könnte deshalb zur Geeignetheit eines Handwaschbeckenstandorts auch in gewisser Distanz zum Bedientresen führen, sofern dennoch eine ausreichend schnelle und leichte Erreichbarkeit zu bejahen ist. Ob tatsächlich der Standort in der rechten hinteren Ecke des Vorbereitungsraums noch als geeigneter Handwaschbeckenstandort auch für einen im Gastraum stattfindenden Umgang mit Lebensmitteln anzusehen ist, kann das Gericht anhand der von den Beteiligten bislang gemachten Angaben und dem bisherigen Inhalt der Akten allein nicht beurteilen. Insbesondere fehlen dem von der Antragsgegnerin als Anlage zum Schriftsatz vom 18. Januar 2022 zur Verfügung gestellten Grundriss der Betriebsstätte Maßangaben. Sollte die Distanz vom Bedientresen im Gastraum bis zum Vorbereitungsraum tatsächlich, wie von der Antragstellerin angegeben, nur wenige Meter betragen, könnte es unter Umständen sogar unter der Annahme, dass im Bereich des Bedientresens unmittelbarer Handkontakt mit offenen Lebensmitteln stattfindet, als nicht gänzlich ausgeschlossen erscheinen, einen Handwaschbeckenstandort im Vorbereitungsraum – jedenfalls im vorderen Teil desselben in der Nähe zum Durchgang zum Gastraum – als geeignet anzusehen. Für eine abschließende Beurteilung erscheint jedoch eine – bislang nicht vorhandene – nähere Kenntnis der genauen örtlichen Umstände erforderlich.
44Selbst bei unterstellter Annahme eines Verstoßes im Sinne von Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b Kontroll-VO dahingehend, dass im Imbissbetrieb der Antragstellerin entgegen der Vorgabe des Anhangs II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 nicht genügend Handwaschbecken an geeigneten Standorten vorhanden sind, führt zur Rechtswidrigkeit der von der Antragsgegnerin angeordneten Schließung des Imbissbetriebes der Antragstellerin, dass diese Anordnung sich als offensichtlich ermessensfehlerhaft erweist.
45Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b Kontroll-VO eröffnet der zuständigen Behörde grundsätzlich ein Auswahlermessen unter mehreren geeigneten Maßnahmen, insbesondere, aber nicht ausschließlich, denjenigen, die in Abs. 2 der Vorschrift aufgelistet sind. Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift bestimmt eine spezifische Ermessensdirektive für die zu treffende Auswahl. Hiernach berücksichtigen die zuständigen Behörden die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften.
46Im vorliegenden Fall ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin überhaupt erkannt hat, dass ihr Auswahlermessen hinsichtlich der im Einzelfall bei Annahme eines Verstoßes zu treffenden Maßnahme zukommt. Folglich ist erst recht nicht zu erkennen, dass die Antragsgegnerin sämtliche Einzelfallumstände bei der getroffenen Auswahl berücksichtigt hat. Insbesondere hat die Antragsgegnerin offenbar nicht das gegenüber einer Betriebsschließung mildere Mittel einer schriftlichen Ordnungsverfügung verbunden mit einer Zwangsmittelandrohung zur Umsetzung der von ihr als gegeben betrachteten Vorgabe aus Anhang II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 in Betracht gezogen. Es ist gerichtsbekannt, dass eine derartige Ordnungsverfügung verbunden mit einer Zwangsmittelandrohung von anderen Lebensmittelüberwachungsbehörden im Falle der Annahme eines Verstoßes gegen die Vorgabe aus Anhang II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 als Mittel der Wahl angesehen wird. Aus gerichtlicher Sicht drängte sich eine derartiges Vorgehen im vorliegenden Fall gerade auch deshalb auf, weil die Antragsgegnerin selbst im Rahmen mehrerer zwischen der Eröffnung des Betriebes der Antragstellerin am 1. Mai 2018 und dem 30. August 2022 durchgeführter lebensmittelrechtlichen Kontrollen bei unveränderter Rechtslage und unveränderten örtlichen Gegebenheiten das Fehlen eines Handwaschbeckens im Bereich des Bedientresens im Gastraum nicht als lebensmittelrechtlichen Verstoß beanstandet hatte. Auch bei erstmaliger diesbezüglicher Beanstandung am 30. August 2022 hatte die Antragsgegnerin den angenommenen Verstoß offensichtlich nicht als derart gravierend angesehen, dass er eine sofortige Betriebsschließung erfordert. Das Gericht sieht eine Betriebsschließung angesichts der damit verbundenen grundrechtlichen Eingriffsintensität als ultima ratio unter den möglichen lebensmittelrechtlichen Maßnahmen an. Wenn die Antragsgegnerin selbst noch am 30. August 2022 und bei der sodann am 14. September 2022 stattgefundenen Folgeüberprüfung von lebensmittelhygienischen Zuständen im Betrieb der Antragstellerin ausging, die auch ohne Handwaschbecken im Bereich des Bedientresens im Gastraum eine Betriebsfortführung erlauben, bedarf es aus gerichtlicher Sicht einer über die bloße Annahme eines Verstoßes gegen die Vorgabe aus Anhang II Kapitel I Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 hinausgehenden Ermessenserwägung, warum in Abweichung von der bisherigen Einschätzung nunmehr am 10. Januar 2023 eine Betriebsfortführung nicht mehr vertretbar sein soll. Weder hat die Antragsgegnerin eine solche vorgenommen noch ist für das Gericht die Erforderlichkeit einer derart einschneidenden, die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin bedrohenden Maßnahme zur Zweckerreichung ersichtlich, bevor nicht mögliche geeignete mildere Mittel erfolglos ausgeschöpft wurden.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
48Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei orientiert sich das Gericht grundsätzlich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nach dessen Ziffer 25.1 ist im Falle eines lebensmittelrechtlichen Verkaufsverbots der Verkaufswert der betroffenen Waren bzw. der Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen oder die Gewinnerwartung für die Streitwertfestsetzung maßgeblich. Nach dessen Ziffer 25.2 ist im Falle einer sonstigen lebensmittelrechtlichen Maßnahme der Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkung, sonst der Auffangwert, maßgeblich. Nach dessen Ziffer 1.5 beträgt der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes. Als wirtschaftliche Auswirkung der streitgegenständlichen Maßnahme ist im vorliegenden Fall der Jahresbetrag der Gewinnerwartung der Antragstellerin bei Betrieb ihres Imbisslokals anzusetzen. Mangels hierzu von der Antragstellerin gemachter Angaben geht das Gericht insoweit von einem geschätzten Jahresbetrag von 50.000,00 Euro aus,
49vgl. zu einer vergleichbaren Schätzung OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2010 - 13 E 1553/09 -,juris.
50Bezüglich dieses Wertes hat das Gericht eine Halbierung nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgenommen.
51Rechtsmittelbelehrung:
52(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
53Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
54Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
55Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
56Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
57(2) Prozesskostenhilfe bewilligende Beschlüsse sind für die Beteiligten unanfechtbar. Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sind für die Beteiligten unanfechtbar, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint. Im Übrigen kann gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. Insoweit ist die Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten, insbesondere eines Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt im Beschwerdeverfahren nicht erforderlich. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
58Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
59(3) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
60Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
61Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
62Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
63War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.