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Vor dem Abschleppen eines verbotswidrig mit Verkehrsbehinderung abgestellten Fahrzeuges ist eine vorherige Kontaktaufnahme mit einem Verantwortlichen auch dann nicht erforderlich, wenn auf dem Fahrzeug eine gewerbliche Mobil- und eine Festnetznummer angebracht sind, die nicht auf den konkreten Aufenthaltsort des Verantwortlichen hindeuten.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheides beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen einen Gebührenbescheid der Beklagten nach einer durchgeführten Abschleppmaßnahme und begehrt die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Abschleppkosten.
3Die Klägerin ist Halterin des Containerchassis (Auflieger) mit dem amtlichen Kennzeichen N01. Am Mittwoch, dem 0. Februar 0000 erhielt die Beklagte von der Kreispolizeibehörde B. die Mitteilung, dass bei dieser mehrere Beschwerden wegen eines auf der Y.-straße/ Ecke M.-straße verbotswidrig abgestellten Chassis eingegangen sind.
4Eine unmittelbar entsandte Mitarbeiterin der Beklagten fand den Auflieger vor Ort entgegen der Fahrtrichtung auf der Straße kurz vor einer Kurve geparkt vor. Er stand somit nicht am rechten Fahrbahnrand. Der fließende Verkehr fuhr dadurch nicht auf den hinteren Teil des Chassis zu, an dem sich die Rückleuchten und Reflektoren befinden, sondern auf die unbeleuchtete Verbindungsstange. In unmittelbarer Umgebung des Chassis befand sich kein Verantwortlicher.
5Der Auflieger wurde auf Veranlassung der Beklagten am Tag der Kenntniserlangung gegen 15:00 Uhr durch die Firma Abschleppdienst U., A.-straße , B. abgeschleppt und zum Firmengelände gebracht.
6Nach dem Abschleppvorgang, am Donnerstag, dem 0. Februar 0000 um 22:01 Uhr meldete die Klägerin den Auflieger bei der Kreispolizeibehörde B. in Form einer „Online-Anzeige“ als gestohlen.
7Eine später durchgeführte Halterabfrage ergab, dass das Chassis auf die Klägerin amtlich zugelassen war. Es erging daraufhin eine entsprechende Mitteilung an die Klägerin mit der Aufforderung, das Chassis bei dem tätig gewordenen Abschleppunternehmen abzuholen.
8Die Klägerin nahm hierzu mit E -Mails vom 14. und 15. Februar 2022 Stellung. Sie holte den Auflieger schließlich am 15. Februar 2022 gegen Zahlung der Abschleppkosten in Höhe von 440,30 EUR beim Abschleppunternehmer ab.
9Nach Rücksprache mit der Klägerin nahm die Polizei das Ermittlungsverfahren am 21. Februar 2022 zur dortigen Ablage. Der unter dem 21. Februar 2022 gefertigte Vermerk führt unter anderem wörtlich aus: „Rückruf beim Geschädigten erbrachte folgende Sachlage: Das Chassis wurde durch einen Firmenmitarbeiter nach Nutzung unsachgemäß abgestellt und durch die Stadt B. eingeschleppt. Somit ist das Chassis wieder zurück, eine Diebstahlstat liegt nicht vor, diesbezüglich lag der Anzeigenerstattung ein Irrtum zugrunde.“
10Unter dem 3. März 2022 erließ die Beklagte den hier angegriffenen Bescheid, mit dem sie die Klägerin aufforderte, für den Abschleppvorgang eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 EUR zu zahlen.
11Die Klägerin hat am 1. April 2022 Klage erhoben.
12Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, das sofortige Abschleppen ohne vorherige Halterabfrage und Kontaktaufnahme zur Halterin sei unverhältnismäßig gewesen. Die Halterin hätte sofort ohne zeitliche Verzögerung ermittelt werden können. Am Unterfahrschutz des Chassis sei auf jeder Seite eine deutlich sichtbare Werbung mit der Büro Telefonnummer der Klägerin angebracht. Hinten am Heck des Chassis stehe zusätzlich eine Stellenanzeige mit Angabe der Handynummer des Geschäftsführers der Klägerin.
13Des Weiteren sei die Störerauswahl ermessensfehlerhaft gewesen. Die Klägerin treffe an der Verkehrsordnungswidrigkeit kein Verschulden. Ein Dieb habe den Chassis entwendet, nachdem ein Fahrer der Klägerin diesen Ende Dezember 2021 noch ordnungsgemäß an der O.-straße abgestellt habe.
14Die Klägerin beantragt sinngemäß,
15den Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten vom 3. März 2022 aufzuheben sowie
16die Beklagte zu verpflichten, die Sicherstellungs- und Abschleppkosten in Höhe von 440,30 Euro an die Klägerin zu erstatten.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den streitgegenständlichen Leistungs- und Gebührenbescheid und führt ergänzend aus, sie sei nicht dazu verpflichtet gewesen, die Klägerin vor Einleitung der Abschleppmaßnahme ausfindig zu machen. Die Klägerin bzw. der Verantwortliche sei nicht sofort mühelos und ohne Zeitverzögerung auffindbar gewesen. Von der Diebstahlsanzeige konnte und musste die Beklagte zum Zeitpunkt der Gefahrenbeseitigung keine Kenntnis haben. Da von dem Chassis eine konkrete Gefahr ausgegangen sei, habe die Beklagte, ohne vorher aufwändige Ermittlungen anstellen zu müssen, diese Gefahr abwehren können.
20Mit Beschluss der Kammer vom 15. September 2022 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden.
21Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Kreispolizeibehörde B..
23Entscheidungsgründe:
24Das Gericht konnte durch die Vorsitzende als Einzelrichterin entscheiden, nachdem ihr das Verfahren durch Kammerbeschluss vom 15. September 2022 zur Entscheidung übertragen worden ist (vgl. § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
25Das Gericht kann nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 S. 1 u. 2 VwGO.
26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
27Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 3. März 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
28Die Erhebung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 EUR findet ihre Ermächtigungsgrundlage in §§ 77 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein- Westfalen (VwVG NRW), § 15 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VO VwVG NRW).
29Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 3. März 2022 ist formell rechtmäßig.
30Eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ist seitens der Beklagten durchgeführt worden. Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 9. Februar 2022, zugestellt am 12. Februar 2022, über die Abschleppmaßnahme informiert und zur Abholung des Chassis beim Abschleppunternehmen aufgefordert. Der Geschäftsführer der Klägerin hat sich hierauf mit E-Mails vom 14. und 15. Februar 2022 geäußert.
31Der Leistungs- und Gebührenbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Nr. 12 OBG NRW in Verbindung mit § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 S. 3 PolG NRW bzw. § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW sind erfüllt.
32Danach hat derjenige, der im Sinne der §§ 17, 18 OBG NRW für eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit als Verhaltens- oder Zustandsstörer verantwortlich ist, die durch eine rechtmäßige Sicherstellung oder Ersatzvornahme ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt entstandene Verwaltungsgebühr zu entrichten.
33Ob es sich bei der streitgegenständlichen Abschleppmaßnahme um eine Sicherstellung im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 12 OBG NRW in Verbindung mit § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 S. 3 PolG NRW – wie die Beklagte ausweislich des Bescheids annimmt – oder um eine Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme im Sinne der § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, 59 VwVG NRW handelt, bedarf keiner Entscheidung.
34Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2020 - 14 K 6187/19 -, juris, Rn.22; OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 - 5 A 2625/00 -, juris, Rn.13.
35Denn die Abschleppmaßnahme ist nach beiden Varianten rechtmäßig.
36Die danach erforderliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit lag vor. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne besteht bei einer Beeinträchtigung von Individualrechtsgütern, bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung – mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze – sowie bei einer Beeinträchtigung des Bestandes und der Veranstaltungen des Staates.
37Vorliegend war ein Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung gegeben. Im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten lag ein Verstoß gegen § 49 Abs. 1 Nr. 12 in Verbindung mit § 12 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, weil das Chassis der Klägerin verbotswidrig entgegen der Fahrtrichtung abgestellt war. § 12 Abs. 4 StVO erlaubt hingegen nur das Parken am rechten Fahrbahnrand. Dadurch, dass das Fahrgestell entgegen der Fahrtrichtung abgestellt war, fuhr der fließende Verkehr nicht auf den hinteren Teil des Chassis zu, an dem sich die Rückleuchten und Reflektoren befinden, sondern auf die unbeleuchtete Verbindungsstange. Es war damit durch die Kurve und die fehlende Beleuchtung schlecht zu sehen, sodass bei jedem herannahenden Fahrzeug die Gefahr drohte, dass das Chassis zu spät gesehen wird und es zu einem Unfall kommt. Das Chassis der Klägerin war demnach verbotswidrig und mit Verkehrsbehinderung abgestellt.
38Die Entscheidung, das Chassis der Klägerin zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr abschleppen zu lassen, stand im Ermessen der Beklagten (vgl. § 43 Nr. 1 PolG NRW bzw. § 59 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW i.V.m. § 16 OBG NRW). Ermessensfehler sind nicht gegeben. Weder wurden die Ermessensgrenzen überschritten noch wurde von dem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch gemacht (§ 114 S. 1 VwGO). Insbesondere ist eine Überschreitung der Ermessensgrenzen nicht gegeben.
39Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war verhältnismäßig (§ 15 OBG NRW). Das Abschleppen war zur Abwehr der bereits eingetretenen und noch andauernden Störung durch das rechtswidrig abgestellte Chassis geeignet.
40Es war auch erforderlich, da andere, die Klägerin weniger beeinträchtigende, ebenso effektive Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes nicht zur Verfügung standen. Insbesondere konnte die Klägerin den Auflieger nicht selbst entfernen. Zwischen den Beteiligten ist unbestritten, dass sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Gefahrenbeseitigung in unmittelbarer Umgebung kein Verantwortlicher befand.
41Die Beklagte war jedoch nicht dazu verpflichtet, vor Einleitung der Abschleppmaßnahme die Halterin des Chassis ausfindig zu machen. Denn sofern sich ein unbekannter Fahrer – wie im vorliegenden Fall – von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur Verfügung steht, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen zu veranlassen, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden Verzögerungen führt.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 - 3 B 149.01 -, Rn. 6 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 2005 - 3 Bf 25/02 -, Rn. 36, juris; VGH Bayern, Urteil vom 16. Januar 2001- 24 B 99.1571 -, Rn. 36, juris; VGH Hessen, Urteil vom 11.11.1997 - 11 UE 3450/95 -, Rn. 27, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 - 14 K 1421/09 -; VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 20 K 2162/06 -, Rn. 22, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Dezember 2022 – 14 K 1640 -, Rn. 17 juris.
43Entgegen der Auffassung der Klägerin lag auch kein besonders gelagerter Ausnahmefall vor. Die Klägerin war nicht sofort mühelos und ohne Zeitverzögerung auffindbar. Für die Annahme einer Nachforschungspflicht der Beklagten müssten erkennbare Umstände vorgelegen haben, die darauf hindeuteten, dass sich der Verantwortliche in unmittelbarer Nähe des verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs befindet oder innerhalb einer absehbaren Zeit dort erscheinen würde.
44Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. November 2016 - 14 K 8007/15 –, juris Rn. 49, 50.
45Der Umstand, dass an dem Unterfahrschutz des Chassis Werbung der Klägerin angebracht war, begründet eine solche Nachforschungspflicht hingegen nicht. Denn eine Benachrichtigung des Verantwortlichen kann nur dann geboten sein, wenn er selbst den Ermittlungsaufwand reduziert, und gleichzeitig die Erfolgsaussichten dadurch vergrößert, dass er einen konkreten Hinweis auf seine Erreichbarkeit und seine Bereitschaft zum umgehenden Entfernen des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs gibt.
46Vgl. VGH Kassel, Urteil vom 11. November 1997, NVwZ-RR 1999 S. 23, 25; OVG Koblenz, Urteil vom 22. Mai 1990, NVwZ-RR 1991 S. 28; Urteil vom 11. Mai 1999, NJW 1999 S. 3573, 3574; OVG Hamburg, Urteil vom 28. März 2000, NJW 2001 S. 168, 169; Klenke, NWVBl 1994 S. 288, 290; Vahle, DVP 2001 S. 58, 63); OVG Hamburg, Urteil vom 14. August 2001 – 3 Bf 429/00 –, juris Rn. 31, 35.
47Eine gut sichtbare Anbringung einer Handynummer stellt jedoch keinen konkreten Hinweis auf den Aufenthaltsort des Verantwortlichen dar. Dies gilt erst recht für eine Büro Festnetznummer, deren Erreichbarkeit regelmäßig an Sprechzeiten geknüpft ist. Der „Werbenachricht“ lässt sich darüber hinaus kein Bezug zu der konkreten (Abschlepp-) Situation entnehmen.
48Anhand der Werbeanzeige war weder erkennbar, dass die Störung (auf Anruf) zeitnah beseitigt werden konnte noch dass hierzu die ernstliche Bereitschaft bestand. Die Beklagte musste den möglichen Hinweisen, die aus der Werbung hervorgingen, deshalb nicht nachgehen, da deren Informationsgehalt in Bezug auf die Abschleppmaßnahme zu unbestimmt war. Sie war damit weder zu einer telefonischen Kontaktaufnahme noch zu einer Internetrecherche hinsichtlich möglicher Aufenthaltsorte eines Verantwortlichen verpflichtet,
49vgl. VG Düsseldorf vom 13. September 2022 - 14 K 7125/21 -, juris Rn. 23, 31.
50Im Übrigen lässt sich dem entsprechenden Verwaltungsvorgang bei der Kreispolizeibehörde B. entnehmen, dass die Diebstahlsanzeige der Klägerin am 0. Februar 0000 und damit zeitlich nach der Durchführung der Abschleppmaßnahme erfolgte. Die Beklagte konnte und musste hiervon im Zeitpunkt des ordnungsbehördlichen Eingreifens keine Kenntnis haben.
51Das Abschleppen des Chassis war auch angemessen. Die Nachteile, die für die Klägerin mit der Abschleppmaßnahme verbunden sind, stehen nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg. Das Chassis stellte eine konkrete Gefährdung für den fließenden Verkehr dar, da es unbeleuchtet und entgegen der Fahrtrichtung in einem Kurvenbereich stand und somit die Gefahr drohte, dass sich die herannahenden Fahrzeuge an der Verbindungsstange aufspießen. Außerdem hat die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass im Zeitpunkt des Abschleppvorgangs an einem frühen Nachmittag Anfang Februar die Dämmerung kurz bevorstand und sich die Gefahr, die von dem unbeleuchteten Chassis ausging, nochmals erheblich erhöht hat.
52Da von dem verkehrswidrig abgestellten Chassis eine konkrete Gefahr ausging, konnte die Beklagte, ohne vorher aufwändige Ermittlungen anstellen zu müssen, diese Gefahr beseitigen.
53Die Beklagte hat die Klägerin auch zutreffend als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen. Gemäß dem Grundsatz der Kongruenz von Ordnungspflicht und Kostenlast ist prinzipiell derjenige, der ordnungsrechtlich für die Beseitigung einer Störung verantwortlich ist, auch der kostenrechtlich Verantwortliche. Dies ergibt sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW, wonach die für eine Amtshandlung entstehenden Kosten (Gebühren und Auslagen) vom Pflichtigen erhoben werden, das heißt von demjenigen, der nach §§ 17 oder 18 OBG NRW für die abgewendete Gefahr verantwortlich ist.
54Gemäß § 17 Abs. 1 OBG NRW sind ordnungsbehördliche Maßnahmen gegen den Verursacher einer Gefahr zu richten (Verhaltensstörer). Nach § 18 Abs. 1 OBG NRW haftet der Eigentümer einer Sache für Gefahren, die von dieser Sache ausgehen (Zustandsstörer). Allerdings ist die Frage der endgültigen Kostentragungspflicht für eine ordnungsbehördliche Maßnahme zum Zweck der Gefahrenabwehr nicht aus ex-ante Sicht, sondern nach den tatsächlichen Umständen, wie sie wirklich vorlagen, also aus einer objektiven Betrachtungsweise ex-post zu beurteilen. Insoweit wird die ex-ante Betrachtung auf der Ebene der Gefahrbeseitigung durch eine ex-post Betrachtung bei der (endgültigen) Kostentragungspflicht abgelöst.
55Vgl. Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 14. Juni 2000 - 5 A 95/00 -, Rn. 14 ff., juris; OVG NRW, Urteil vom 16. März 1993 - 5 A 496/92 -, Rn. 27 ff., juris; OVG NRW, Urteil vom 26. März 1996 - 5 A 3812/92 -, Rn. 26 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. Mai 2014 - 14 K 8743/13 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 4. Februar 2014 - 14 K 4595/13 -, Rn. 68, juris; vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 8. Dezember 2008 - 6 K 830/08 -, Rn. 65 ff., juris.
56Es kann hier dahinstehen, ob die Klägerin oder, wie sie vorträgt, ein unbefugter Dritter das Chassis entgegen der Vorschrift des § 12 Abs. 4 StVO verkehrswidrig geparkt hat, sodass offenbleiben kann, ob die Klägerin als Verhaltensstörerin in Anspruch genommen werden könnte. Allerdings spricht aufgrund des polizeilichen Vermerks vom 21. Februar 2022 einiges dafür, dass ein Mitarbeiter der Klägerin das Chassis abgestellt hat.
57Die Klägerin ist jedenfalls als Eigentümerin und Halterin des von der eingeleiteten Abschleppmaßnahme betroffenen Aufliegers sowohl aus ex-ante-Sicht als auch aus einer objektiven ex-post-Betrachtung Zustandsstörerin im Sinne von § 18 Abs. 1 OBG NRW und damit die richtige Kostenschuldnerin im Sinne von § 77 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW.
58Der Inanspruchnahme der Eigentümerin als Zustandsverantwortliche stünde auch nicht entgegen, wenn das Chassis, wie von der Klägerin vorgetragen, von einem unbefugten Dritten verkehrswidrig am Fundort abgestellt worden wäre. Denn der unbekannte Dritte hatte im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme durch die Beklagte seine Sachherrschaft bereits wieder aufgegeben mit der Folge, dass die Zustandsverantwortlichkeit der Eigentümerin wieder voll zum Tragen kam. Ein Eigentümer ist nämlich für seine Sache sofort wieder verantwortlich, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt, der diese gegen oder ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausgeübt hat, die Sachherrschaft verliert oder aufgibt. Hierbei ist es unerheblich, ob der Eigentümer im Moment der Besitzaufgabe die tatsächliche Gewalt wieder ausüben kann; das heißt, ein besonderer Besitzbegründungsakt des Eigentümers ist nicht erforderlich,
59vgl. Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 16. September 1999 - 6 K 25/98 -, juris; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 1988 - 7 A 22/88 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2020 - 14 K 6292/19 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Juni 2021 - 14 K 1736/20 -, juris.
60Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 EUR ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Gebühren sind gemäß § 77 Abs. 2 S. 6 VwVG NRW durch feste Sätze oder Rahmensätze – wie sie sich in der VO VwVG NRW finden – zu bestimmen. Nach § 77 Abs. 3 S. 2 VwVG berücksichtigen die Gebührentatbestände und die Gebührenfestsetzungen in den Fällen des Verwaltungszwangs den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand.
61Diese Vorgaben hat die Beklagte beachtet. Sie hat die Abschleppmaßnahme als eine solche mit einem normalen Verwaltungsaufwand bewertet. Die festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 EUR liegt im Rahmen des durch § 15 Nr .7 VO VwVG NRW festgelegten Gebührenrahmens von 30,00 bis 180,00 Euro. Insbesondere ist die Betätigung des Ermessens erkennbar,
62vgl.: OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2017 - 9 B 384/17 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 24. März 2017 - 9 E 197/17 juris; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2018 - 9 B 1540/17; OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2019 - 16 E 322/18 - juris.
63Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verwaltungsgebühr als rechtmäßig.
64Nach alledem ist die erfolgte Abschleppmaßnahme rechtlich nicht zu beanstanden, so dass auch keine Rechtsgrundlage für die Erstattung der geleisteten Abschleppkosten ersichtlich ist.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
66Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Gerichtsbescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung (1) oder mündliche Verhandlung (2) beantragt werden. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
67(1) Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich einzureichen. Er muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen.
68Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
69Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
70Die Berufung ist nur zuzulassen,
711. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheides bestehen,
722. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
733. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
744. wenn der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
755. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
76Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
77Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
78Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
79Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
80(2) Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
81Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen.
82Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
83Der Antrag soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
84Beschluss:
85Der Streitwert wird 490,30 Euro festgesetzt.
86Gründe:
87Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt.
88Rechtsmittelbelehrung:
89Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
90Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
91Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
92Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
93Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
94War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.