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Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf die Wertstufe bis 35.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der am 19. Juni 2023 bei Gericht gestellte sinngemäße Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
4hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
6I. Für das von dem Antragsteller verfolgte Begehren besteht ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner beabsichtigt, die streitbefangene Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen an die Beigeladene zu vergeben. Diese Entscheidung könnte vor dem Hintergrund des das öffentliche Dienstrecht prägenden Grundsatzes der Ämterstabilität nur mit Blick auf eine ‑ hier nicht ersichtliche ‑ Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG in ganz außergewöhnlichen Ausnahmefällen rückgängig gemacht werden.
7Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 ‑ 2 C 16.09 ‑, juris, Rz. 31; OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2015 ‑ 1 B 694/15 ‑, juris, Rz. 2 ff.
8II. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
9Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch ist vor allem darauf gerichtet, dass die Auswahl nach dem durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verbürgten und in § 9 BeamtStG und § 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW einfachgesetzlich konkretisierten Grundsatz der Bestenauslese ‑ materiell-rechtlich richtig ‑ vorgenommen wird, die Entscheidung sich mithin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung richtet. Die Ausrichtung der Auswahlentscheidung an diesen Grundsätzen schließt es ein, dass sie auch verfahrensrechtlich richtig ergeht, also (in aller Regel) maßgeblich an Regel- oder Anlassbeurteilungen anknüpft, ggf. in Wahrnehmung des insoweit bestehenden Organisationsermessens aufgestellte Qualifikationsmerkmale (Anforderungsprofile) berücksichtigt und nachvollziehbar in Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese getroffen wird.
10Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Mai 2002 ‑ 1 B 40/02 -, juris, Rz. 9 ff., vom 23. Juni 2004 ‑ 1 B 455/04 ‑, juris, Rz. 4 f.), und vom 16. Dezember 2004 ‑ 1 B 1576/04 ‑, juris, Rz. 7 f., jeweils m.w.N.
11Der Anspruch auf Beachtung dieser Maßstäbe ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Hiernach ist ein Anordnungsanspruch dann zu bejahen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass sich die Vergabe der Beförderungsstelle an den Mitbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zu seinen Lasten rechtsfehlerhaft erweist, weil sein Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Zugleich müssen die Aussichten des Betroffenen, in einem neuen rechtmäßigen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, zumindest offen sein, seine Auswahl also möglich erscheinen.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 ‑ 2 VR 1.13 ‑, juris, Rz. 16; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Juni 2018 ‑ 6 B 527/18 ‑, juris, Rz. 26 ff., vom 9. Mai 2012 ‑ 1 B 214/N02 ‑, juris, Rz. 9, vom 5. Mai 2006 ‑ 1 B 41/06 ‑, juris, Rz. 6 und vom 20. Oktober 2005 ‑ 1 B 1388/05 ‑, juris, Rz. 7 ff.
13Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
141. Die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung des Antragsgegners ist fehlerhaft zustande gekommen, da sie gegen den Grundsatz der Bestenauslese verstößt. Sie beruht auf einer Überbeurteilung der Beigeladenen, die keine taugliche Entscheidungsgrundlage darstellt, da sie rechtswidrig ist.
15Die dienstliche Überbeurteilung der Beigeladenen vom 28. März 2023 durch den Minister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen ist rechtswidrig, weil dem Minister die Zuständigkeit für die Überbeurteilung fehlt.
16Insbesondere lässt sich die Zuständigkeit des Ministers der Justiz nicht aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 a) der Verordnung über richter- und beamtenrechtliche Zuständigkeiten sowie zur Bestimmung der mit Disziplinarbefugnissen ausgestatteten dienstvorgesetzten Stellen im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz (Beamten und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM – ZustVO JM) herleiten. Eine andere zuständigkeitsbegründende Norm ist nicht ersichtlich.
17Rechtlicher Ausgangspunkt ist § 2 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW. Danach ist oberste Dienstbehörde für die Beamtinnen und Beamten des Landes die oberste Behörde des Geschäftsbereichs, in dem sie ein Amt bekleiden. Für die Beigeladene ist dies das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen.
18Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG NRW ist dienstvorgesetzte Stelle für Beamtinnen und Beamte des Landes die oberste Dienstbehörde, soweit durch Gesetz oder Verordnung nichts anderes bestimmt ist. Hiernach ist dienstvorgesetzte Stelle der Beigeladenen ebenfalls das Ministerium des Innern.
19Nach § 2 Abs. 4 Halbs. 1 LBG NRW gilt, dass für Beamtinnen und Beamte des Landes die dienstvorgesetzte Stelle die beamtenrechtlichen Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr nachgeordneten Beamtinnen und Beamten trifft, soweit nicht nach Gesetz oder Verordnung eine andere Stelle zuständig ist. Dies bedeutet, dass die Beigeladene vom Ministerium des Innern dienstlich zu beurteilen ist.
20Allerdings ermächtigt § 2 Abs. 3 LBG NRW die oberste Dienstbehörde (hier also das Ministerium des Innern), für Beamtinnen und Beamte des Landes für Entscheidungen nach § 2 Abs. 4 LBG NRW durch Rechtsverordnung eine andere dienstvorgesetzte Stelle zu bestimmen. Der Antragsgegner beruft sich in diesem Zusammenhang auf die ZustVO JM.
21Die ZustVO JM regelt in ihrem § 1 Abs. 1 Satz 1 den Grundsatz, dass für richter- und beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der Richterinnen und Richter sowie der Beamtinnen und Beamten die Leitung des Gerichts, der Behörde oder der Einrichtung zuständig ist, bei dem oder bei der sie beschäftigt sind (dienstvorgesetzte Stelle); dies ist für die Beigeladene die Leitung des Ministeriums des Innern. Von dem genannten Grundsatz abweichend bestimmt § 1 Abs. 2 ZustVO JM, dass Absatz 1 nicht gilt, soweit nach Gesetz oder Verordnung eine andere Stelle zuständig ist oder nachfolgend etwas anderes bestimmt ist.
22„Nachfolgend etwas anderes bestimmt“ ist in § 7 Abs. 2 Nr. 3 a) ZustVO JM: Danach bleibt dem für Justiz zuständigen Ministerium vorbehalten die weitere dienstliche Beurteilung (Überbeurteilung) aus Anlass der Bewerbung um ein Amt als Präsidentin oder Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen.
23Für den hier zu beurteilenden Fall ergibt sich aus dem dargestellten Normengefüge Folgendes:
24Die Beigeladene ist Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen, und sie hat sich auch um das Amt der Präsidentin des OVG NRW beworben. Insoweit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 a) ZustVO JM erfüllt. Gleichwohl fehlt dem Minister der Justiz die Überbeurteilungskompetenz. Die Kompetenzverlagerungsnorm des § 7 Abs. 2 Nr. 3 a) ZustVO JM ist nicht einschlägig, weil die ZustVO JM vom Ministerium der Justiz erlassen wurde und sich ihr Geltungsbereich auf den eigenen Geschäftsbereich (siehe den Vorspruch: „ … wird für den Geschäftsbereich des Justizministeriums verordnet: …“) beschränkt.
25Dagegen kann das Ministerium der Justiz nicht durch Rechtsverordnung in die Kompetenzen einer anderen dienstvorgesetzten Stelle (des Ministeriums des Innern) eingreifen und diese an sich ziehen. Im Ergebnis hat das Ministerium der Justiz sich ressortübergreifend selbst für zuständig erklärt. Hierfür fehlt eine rechtliche Grundlage im LBG NRW. Insbesondere ist § 2 Abs. 3 LBG NRW nicht einschlägig, weil es hier nicht ‑ wozu die Vorschrift allein ermächtigt ‑ um die Bestimmung einer anderen dienstvorgesetzten Stelle innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs, sondern um eine ressortübergreifende Kompetenzverlagerung geht.
26So (in dem Parallelverfahren eines weiteren Antragstellers) auch VG Münster, Beschluss vom 28. September 2023 ‑ 5 L 583/23 ‑, www.nrwe.de, Rz. 154.
27Entgegen der Ansicht des Antragsgegners kann die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 LBG NRW auch nicht so ausgelegt werden, dass sie für die dem rein internen Zweck der „Übersetzung“ der externen Beurteilung durch das Instrument einer Überbeurteilung dienende Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 3 a) ZustVO JM auch externe Bewerber umfasst. Einem derartigen Verständnis, wonach als Beamte des Geschäftsbereichs des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen dann nicht nur diejenigen Beamten anzusehen wären, die tatsächlich dem Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz angehören, sondern auch alle Beamten, die sich durch ihre Bewerbung dem Besetzungsverfahren des Ministeriums der Justiz „unterworfen“ haben, steht der eindeutige Wortlaut der Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 LBG NRW als Grenze jeder Auslegung entgegen. Danach kann (nur) die oberste Dienstbehörde ‑ hier das Ministerium des Innern - für Entscheidungen nach Absatz 4 durch Rechtsverordnung eine andere dienstvorgesetzte Stelle bestimmen, und zwar auch nur innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs. Hingegen ermächtigt § 2 Abs. 3 LBG NRW nicht zur Verlagerung der Beurteilungskompetenz von einer obersten Dienstbehörde (hier: vom Ministerium des Innern) ressortübergreifend zu einer anderen obersten Dienstbehörde (hier: zum Ministerium der Justiz). Diese klare Beschränkung der Befugnis zur Verlagerung der Beurteilungskompetenz steht einer Auslegung des § 2 Abs. 3 LBG NRW dahingehend, dass das Ministerium der Justiz hierdurch ermächtigt sein soll, sich selbst für Überbeurteilungen für zuständig zu erklären, obwohl es um eine im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern tätige Beamtin geht, entgegen.
282. Es erscheint auch nicht von vornherein unmöglich, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung des Antragsgegners unter Vermeidung des aufgezeigten Fehlers, also ohne Überbeurteilung durch den Minister der Justiz, mit seiner Bewerbung Erfolg hat.
29Die Beurteilung, ob die Auswahl möglich oder ausgeschlossen ist, setzt eine wertende Betrachtung der Umstände des Einzelfalls voraus. Sie kann einerseits nicht schon im Fall einer - grundsätzlich immer gegebenen ‑ „theoretischen Chance“ des erfolglosen Bewerbers, ausgewählt zu werden, in dessen Sinne ausfallen. Andererseits haben die Gerichte zu beachten, dass es nicht ihre Aufgabe ist, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen.
30Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. April 2018 - 1 B 189/18 ‑, juris, Rz. 17 ff., und vom 7. Juni 2018 ‑ 6 B 527/18 ‑, a.a.O., Rz. 28.
31Dies zugrunde legend lässt sich bei wertender Betrachtung vorliegend nicht feststellen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung im Verhältnis zur Beigeladenen in jedem Fall chancenlos bleiben muss. Ausweislich des Auswahlvermerks hat der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung auch auf die rechtswidrige Überbeurteilung der Beigeladenen gestützt. Wie eine neue ‑ fehlerfreie ‑ Entscheidung des Antragsgegners ausfallen wird, vermag das Gericht nicht mit letzter Sicherheit zu prognostizieren. Es ist allein Sache des Antragsgegners, die Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen in geeigneter Weise vergleichbar zu machen. Wie er dies bewerkstelligt und zu welchem Ergebnis er bei der Vergleichbarmachung sowie bei der dann zu treffenden Auswahlentscheidung kommt, ist gegenwärtig offen. Auch wenn manches dafür sprechen mag, dass eine erneute „Übersetzung“ der Anlassbeurteilung der Beigeladenen in das Regime der Beurteilungs-AV JM sich im Ergebnis nicht von der rechtswidrigen Überbeurteilung unterscheiden wird, und dass sich in der Folge auch das Ergebnis der Auswahlentscheidung nicht ändern wird, ist die Entscheidungsfindung dennoch nicht zwingend vorgezeichnet, sondern hängt letztlich von Unwägbarkeiten ab, die einer sicheren Prognose durch das Gericht nicht zugänglich sind. Dies folgt schon daraus, dass dem Antragsgegner bei den von ihm als Dienstherrn hier zu treffenden Entscheidungen ein Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum zusteht. Dem Gericht ist es verwehrt, den Spielraum des Antragsgegners auszublenden und sich ‑ dessen Entscheidungen gleichsam vorwegnehmend ‑ an seine Stelle zu setzen.
32Ferner lässt sich eine erneute ‑ rechtsfehlerfreie ‑ Auswahlentscheidung des Antragsgegners nicht ersetzen durch dessen Erklärung im gerichtlichen Verfahren, er würde ohne Überbeurteilung die Vergleichbarmachung der Anlassbeurteilungen in den Auswahlvermerk verlagert und die streitgegenständliche Auswahlentscheidung dann genauso getroffen haben. Eine derartige Betrachtungsweise ist hypothetisch und kann daher nicht rückwirkend zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden, um den Fehler noch im anhängigen gerichtlichen Verfahren zu heilen. Dies gilt umso mehr, als das Ergebnis der Auswahlentscheidung nach den Anlassbeurteilungen, in denen sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene ausschließlich Bestnoten bekommen haben, nicht vorgegeben ist, sondern ‑ wie die Erwägungen zur Ausschärfung zeigen ‑ von zahlreichen Wertungen und Gewichtungen des Antragsgegners abhängt (siehe hierzu unten), die durch das Gericht nicht ersetzt werden können.
33III. Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung noch aus sonstigen Gründen als rechtswidrig anzusehen ist. Lediglich angemerkt sei daher, dass nach Auffassung der Kammer jedenfalls unter Berücksichtigung der vom Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung im Einzelnen erhobenen Einwendungen keine solchen Gründe bestehen dürften.
341. Die Entscheidung ist zunächst formal nicht zu beanstanden. Der Präsidialrat der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat dem Besetzungsvorschlag unter dem 0. Juni 0000 zugestimmt. Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten ist ordnungsgemäß erfolgt (siehe Bl. 158 des Besetzungsvorgangs).
352. Auch inhaltlich dürfte sich die Auswahlentscheidung des Antragsgegners ‑ abgesehen davon, dass sie auf einer rechtswidrigen Überbeurteilung der Beigeladenen beruht ‑ als rechtsfehlerfrei erweisen.
36a) Dass der Antragsgegner die Bewerbung der Beigeladenen in das Besetzungsverfahren einbezogen hat, obwohl die Bewerbungsfrist bereits abgelaufen war, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
37Zwar verweist der Antragsteller zutreffend darauf, dass die Einbeziehung der Beigeladenen in das Stellenbesetzungsverfahren rund 15 Monate nach Bewerbungsschluss erfolgt ist, als das Verfahren ohne die Beigeladene bereits bis zum Stadium eines Auswahlvermerks gediehen war, der ihn ‑ den Antragsteller - für die Besetzung der Stelle vorsah. Entgegen seiner Ansicht hat diese Verfahrensweise aber nicht die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung zur Folge.
38Bei der im Rahmen einer Stellenausschreibung gesetzten Bewerbungsfrist handelt es sich nicht um eine Ausschlussfrist, sondern um eine Ordnungsfrist mit der Folge, dass es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde liegt, ob sie eine verspätete Bewerbung noch berücksichtigt oder zurückweist.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Mai 2011 - 6 B 427/11 ‑, juris, Rz. 6 m.w.N.
40aa) In formeller Hinsicht stellt sich die nachträgliche Einbeziehung der Beigeladenen in das Stellenbesetzungsverfahren nicht deshalb als rechtswidrig dar, weil der Antragsgegner sein diesbezügliches Verfahrensermessen in dem Auswahlvermerk nicht näher begründet hat. Die Begründungspflicht des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW verlangt die Begründung der materiellen Entscheidung, nicht die des Weges zur Entscheidung. In der Regel ‑ so auch hier ‑ ist keine Begründung der Behörde für eine verfahrensrechtliche Ermessensentscheidung nötig.
41Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 39 Rz. 53.
42Abgesehen davon hat der Antragsgegner unter Ziffer 2. des Auswahlvermerks Ausführungen zur nachträglichen Einbeziehung der Bewerbung der Beigeladenen gemacht.
43bb) Materiell-rechtlich gilt, dass der Dienstherr die Einbeziehung eines Bewerbers, dessen Bewerbung nach Fristablauf eingegangen ist, in das laufende Auswahlverfahren ablehnen darf, wenn sie zu einer nennenswerten Verzögerung des Besetzungsverfahrens führen würde, was in der Regel (erst) dann der Fall ist, wenn der Leistungsvergleich, dokumentiert durch den Auswahlvermerk, bereits stattgefunden hat.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2020 ‑ 1 B 1566/19 ‑, juris, Rz. 28.
45Allerdings muss der Dienstherr in einer solchen Konstellation die verspätete Bewerbung nicht zurückweisen. Denn durch Verfahrensverzögerungen, selbst wenn diese im Nachhinein vermeidbar erscheinen, werden für sich genommen die Bewerbungsverfahrensansprüche der Bewerber nicht verletzt. Der Bewerbungsverfahrensanspruch schützt in diesem Zusammenhang zwar vor manipulativen Verfahrensgestaltungen, auch durch Verzögerungen. Es gibt aber keinen Anspruch auf eine zügige Durchführung eines Bewerbungsverfahrens oder auf eine Entscheidung über die Bewerbung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dies beruht darauf, dass bereits kein Anspruch auf Bereitstellung einer Stelle besteht. Aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn folgt, dass es ihm obliegt, nicht nur darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter vorhält, sondern auch, wann er diese endgültig besetzen will.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 ‑ 2 C 6.11 ‑, juris, Rz. 29.
47Der Bewerbungsverfahrensanspruch vermittelt einen Anspruch auf verfahrensfehlerfreie Einbeziehung der eigenen Bewerbung in das Verfahren, gibt aber grundsätzlich keinen Schutz vor neuen, weiteren Mitbewerbern im noch laufenden Stellenbesetzungsverfahren. Denn das Verfahren dient in erster Linie dem öffentlichen Interesse an der Gewinnung des bestgeeigneten Bewerbers für eine offene Stelle. Art. 33 Abs. 2 GG gibt vorbehaltlos und uneingeschränkt vor, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes durch die Vergabe öffentlicher Ämter an die am besten geeigneten Bewerber sicherzustellen. Eben aus diesem Grund sind die in Ausschreibungen gesetzten Bewerbungsfristen keine Ausschlussfristen; vielmehr dienen sie allein dem Interesse des Dienstherrn an einer zügigen Stellenbesetzung. Der Dienstherr ist nicht gehindert, die Suche nach dem am besten geeigneten Bewerber auch nach Ablauf der Bewerbungsfrist fortzuführen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 ‑ 2 C 6.11 ‑, juris, Rz. 30.
49Nach diesen Grundsätzen ist es mit Blick auf das gewichtige öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Stellenbesetzung rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner sich im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens dazu entschieden hat, die Bewerbung der Beigeladenen trotz des Ablaufs der Bewerbungsfrist noch zu berücksichtigen, um so ein breiteres Bewerberfeld zu erhalten.
50Zwar war das Stellenbesetzungsverfahren bereits bis zu einem Auswahlvermerk gediehen, der den Antragsteller für die Besetzung der Stelle vorsah. Das Stellenbesetzungsverfahren hatte dadurch aber noch nicht seinen Abschluss gefunden, weil es sich bei dem Auswahlvermerk um einen Besetzungsvorschlag handelte, welcher nach dem Regierungswechsel zunächst der Billigung des neuen Ministers der Justiz bedurfte. Zu dieser ist es jedoch in der Folge nicht gekommen.
51In einer solchen Konstellation bleibt es dabei, dass Art. 33 Abs. 2 GG für einen Bewerber keinen Anspruch auf Vergabe des öffentlichen Amtes begründet. Selbst die Stellung desjenigen Bewerbers, der im Auswahlverfahren obsiegt, ist relativ schwach. Er hat nicht einmal eine Anwartschaft inne, weil er das Erstarken seiner Rechtsposition zum Vollrecht nicht selbst bewirken kann. Der Dienstherr kann das Verfahren auch noch nach der Auswahlentscheidung rechtmäßig abbrechen, z.B. wenn die Haushaltsmittel entfallen oder er aus anderen Gründen zu der Ansicht gelangt, dass das Amt doch nicht vergeben werden soll. Ausgehend davon, dass Art. 33 Abs. 2 GG primär dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dient, kann der Dienstherr seine Auswahlentscheidung auch revidieren, wenn ‑ wie hier ‑ nachträglich ein besser geeigneter Kandidat auftritt, der dem zunächst ausgewählten Bewerber nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG vorgeht. Ein Auswahlvermerk begründet insoweit ebenso wenig eine zeitliche Zäsur wie die Bewerbungsfrist die Berücksichtigung einer nach Ablauf der Frist eingegangenen Bewerbung ausschließt.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2020 ‑ 2 C N02.20 ‑, juris, Rz. 23.
53cc) Abweichendes lässt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht aus den rechtlichen Grundsätzen herleiten, die für den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens gelten. Die Frage, ob hier die Voraussetzungen vorlagen, unter denen der Antragsgegner das Verfahren in rechtmäßiger Weise hätte abbrechen können, ist nicht entscheidungserheblich.
54Wenn der Dienstherr die Stelle weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält, muss sich die Abbruchentscheidung als wesentliche Weichenstellung für die nachfolgende Auswahlentscheidung bereits selbst an den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen. Deshalb bedarf es in einer solchen Fallgestaltung für die Abbruchentscheidung in materieller Hinsicht eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genügt.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2023 ‑ 6 B 982/22 ‑, juris, Rz. 24. m.w.N.
56Diese Vorgaben sind hier indessen nicht einschlägig. Denn der Antragsgegner hat das mit der Ausschreibung vom 15. Juni 2021 begonnene Stellenbesetzungsverfahren nicht abgebrochen, und die Fortsetzung des Verfahrens unter Einbeziehung der Beigeladenen ist auch nicht mit einem Abbruch gleichzusetzen. Es bedurfte keiner Neuausschreibung der zu besetzenden Stelle, um den Bewerberkreis zu erweitern, und daher auch keines Abbruchs, weil die Beigeladene während des Verfahrens in den Bewerberkreis einbezogen worden ist. Vor dem Hinzutreten von Mitbewerbern im laufenden Verfahren ‑ auch nach dem Ablauf der Bewerbungsfrist und sogar noch nach Erstellung des Auswahlvermerks ‑ bietet der Bewerbungsverfahrensanspruch, wie dargelegt, mit Blick auf das öffentliche Interesse an der Gewinnung des bestgeeigneten Bewerbers keinen Schutz.
57Soweit der Antragsteller sich für seine gegenteilige Ansicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen beruft, wonach die Voraussetzungen für den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens (nach gerichtlicher Beanstandung der Auswahlentscheidung) auch dann anzuwenden seien, wenn das Verfahren zwar nicht förmlich abgebrochen werde, das Vorgehen des Dienstherrn in der konkreten Fallgestaltung aber für die Bewerber dieselben Rechtswirkungen habe wie ein Abbruch,
58siehe VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 5. März 2019 ‑ N02 L 2192/18 ‑, juris, Leitsatz 1,
59kann dahinstehen, ob dem zu folgen wäre. Denn der genannten Entscheidung liegt ein Sachverhalt zugrunde, der mit dem hier gegebenen nicht vergleichbar ist. Im vorliegenden Fall gibt es keine vorangegangene gerichtliche Beanstandung der Auswahlentscheidung als Grund für einen Abbruch. Daher lassen sich die Erwägungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, wonach die Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens trotz gerichtlicher Beanstandung der Auswahlentscheidung wie ein Abbruch zu behandeln sei, auf die hier gegebene Fallgestaltung nicht übertragen. Die gegenteilige Ansicht des Antragstellers widerspricht der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Dienstherr seine Auswahlentscheidung ‑ und zwar ohne Abbruch des Verfahrens ‑ revidieren kann, wenn nachträglich ein besser geeigneter Kandidat auftritt.
60dd) Schließlich vermag die Kammer nicht die Ansicht des Antragstellers zu teilen, dass die konkrete Ausgestaltung des Stellenbesetzungsverfahrens manipulativ erfolgt sei, um ihn aus leistungsfremden Gesichtspunkten von der weiteren Auswahl auszuschließen und die Beigeladene einseitig zu bevorzugen. Zwar schützt der Bewerbungsverfahrensanspruch, wie oben ausgeführt, vor manipulativen Verfahrensgestaltungen, auch durch Verzögerungen. Für die Annahme eines solchen manipulativen Vorgehens fehlt es aber nach Ansicht der Kammer an einer hinreichenden Tatsachengrundlage.
61Alleine die Nichternennung des Antragstellers trotz des ihn vorschlagenden Auswahlvermerks und der nachfolgende Zeitablauf bis zur Bewerbung der Beigeladenen reichen nicht aus, um eine manipulative Verfahrensgestaltung annehmen zu können. Der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung vom 31. August 2023 nachvollziehbar geschildert, aus welchen Gründen es zu der Verzögerung gekommen ist. Bei der Nichternennung und dem Zeitablauf handelt es sich jedoch in diesem Zusammenhang um die einzig gegebenen belastbaren Tatsachen. Der an diese anknüpfende Sachvortrag des Antragstellers (angesichts der sehr späten und durchaus überraschenden Bewerbung der Beigeladenen liege es nach den Umständen nahe, dass es mit ihr Gespräche gegeben habe, die sie zu der Bewerbung ermuntert hätten, was weder fair noch manipulationsfrei sei) beschränkt sich auf Mutmaßungen und ist spekulativ. Der Antragsgegner bestreitet, dass der Justizminister die Beigeladene zu ihrer Bewerbung veranlasst habe; vielmehr sei es die Beigeladene gewesen, die den Minister auf ihre mögliche Bewerbung angesprochen habe. Letztlich kann die Frage, auf wessen Initiative die Bewerbung der Beigeladenen erfolgt ist, jedoch dahinstehen. Selbst wenn die Beigeladene tatsächlich seitens des Ministeriums zu ihrer Bewerbung „ermuntert“ worden sein sollte, läge darin nach Ansicht der Kammer noch keine einseitige Bevorzugung ihrer Person. Der Antragsteller trägt selbst vor, dass gezielte Ansprachen von Bewerbern bzw. deren Ermunterungen zu einer Bewerbung absolut üblich sind und selbstverständlich für sich genommen keine manipulativen Verfahrenseingriffe darstellen. Warum seiner Ansicht nach dann etwas anderes gelten soll, wenn die Ermunterung in Kenntnis des bisherigen Bewerberfeldes erfolgt, erschließt sich nicht. Wie oben dargelegt, besteht kein Vertrauensschutz der bisherigen Bewerber dahingehend, dass das Bewerberfeld nicht erweitert wird. Daher gibt es keinen Grund, dem Dienstherrn die Möglichkeit zu nehmen, trotz schon vorhandener Bewerber und in Kenntnis ihres Vorhandenseins weitere Personen anzusprechen, um ein möglichst breites Feld geeigneter Bewerber zu erhalten.
62Nichts Abweichendes ergibt sich, wenn man die sich auf den ersten Besetzungsvorschlag (zugunsten des Antragstellers) beziehende Weisung des neuen Ministers der Justiz vom 30. Juni 2022 „Vfg. nicht weiter ausführen“ (siehe Seite 101 des Besetzungsvorgangs) in die Betrachtung einbezieht. Diese ministerielle Weisung bietet nach Ansicht der Kammer ‑ auch im Wege der gebotenen Gesamtschau - keine tragfähige Tatsachengrundlage für die Annahme, dass das Besetzungsverfahren vom Minister gezielt und manipulativ unterbrochen wurde, um die Zusammensetzung des Bewerberkreises in einer den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzenden Weise gemäß seiner eigenen personalpolitischen Zielsetzung steuern zu können. Unmittelbar lässt sich dem Wortlaut der Weisung nur entnehmen, dass der Minister sich kurz nach der Amtsübernahme (er hatte sein Amt erst am Tag zuvor angetreten) Zeit verschaffen wollte, um sich mit der Angelegenheit beschäftigen und nach Einarbeitung eine Entscheidung in eigener Verantwortung treffen zu können. Der Antragsgegner trägt zutreffend vor, eine solche Einbindung der Hausspitze sei jedenfalls bei einem derart herausgehobenen Amt nicht nur nicht anstößig, sondern in einer demokratischen Verwaltung schlicht zwingend. Dass es dabei zu Verzögerungen im weiteren Verfahrensablauf kommt, liegt in der Natur der Sache.
63Ist daher der Umstand, dass der Minister die von seinem Amtsvorgänger getroffene Billigungsentscheidung nicht ungeprüft übernehmen wollte, nicht geeignet, eine manipulative Verfahrensgestaltung zu belegen, so bleibt es bei dem ‑ oben bereits dargelegten ‑ Grundsatz, wonach der Dienstherr berechtigt ist, seine Auswahlentscheidung zu revidieren, wenn nachträglich ein besser geeigneter Kandidat auftritt, der dem zunächst ausgewählten Bewerber nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG vorgeht, und dass ein Auswahlvermerk insoweit keine zeitliche Zäsur begründet.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2020 ‑ 2 C N02.20 ‑, juris, Rz. 23.
65Dass es einer Dokumentation der Gründe für eine solche „Unterbrechung“ des Auswahlverfahrens bedarf,
66u.a. hierauf abstellend (in dem Parallelverfahren eines weiteren Antragstellers) VG Münster, Beschluss vom 28. September 2023 ‑ 5 L 583/23 ‑, www.nrwe.de, Rz. 58 ff.,
67lässt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entnehmen.
68Schließlich gibt auch der Umstand, dass die Beigeladene im Juni 2022 ‑ also während des Auswahlverfahrens ‑ zur Ministerialdirigentin (B 7) im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt wurde, für die Annahme einer manipulativen Verfahrensgestaltung nichts her. Ein sachlicher Zusammenhang mit der „Unterbrechung“ des Auswahlverfahrens besteht offensichtlich nicht. Denn die Beigeladene war bereits im Juni 2020 unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe zur Ministerialdirigentin (B 7) befördert worden. Dass die zweijährige Probezeit im Juni 2022 ablief, ist allein dem Zufall geschuldet.
69b) Die dienstlichen Anlassbeurteilungen, auf deren Grundlage der Antragsgegner ‑ neben der Überbeurteilung der Beigeladenen ‑ den Bewerbervergleich zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen durchgeführt hat, stellen für sich gesehen, also ohne Betrachtung der Überbeurteilung, eine tragfähige Entscheidungsgrundlage dar.
70Der Dienstherr hat bei der Auswahlentscheidung den verfassungsrechtlich nach Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Qualifikationsvergleich der Bewerber regelmäßig anhand zeitlich aktueller, aussagekräftiger dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Die Aussagekraft dienstlicher Beurteilungen, die es erst ermöglicht, ihrer Funktion, Grundlage für künftige Auswahlentscheidungen anhand der in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien zu sein, gerecht zu werden, setzt voraus, dass die dienstlichen Beurteilungen die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen des Beamten in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf dem gleichen Bewertungsmaßstab beruhen.
71Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 ‑ 2 C 1.18 ‑, juris, Rz. 33.; Beschluss vom 23. Januar 2020 ‑ 2 VR 2.19 ‑, juris, Rz. 34 f.
72Diesen Anforderungen genügen die vom Antragsgegner herangezogenen dienstlichen Anlassbeurteilungen vom 1. April 2022 (mit „Bestätigungsbeurteilung“ vom 20. April 2023) für den Antragsteller und vom 10. November 2022 für die Beigeladene.
73aa) Mit seinem Einwand, die dienstlichen Anlassbeurteilungen seien wegen divergierender Beurteilungszeiträume nicht hinreichend vergleichbar, dringt der Antragsteller nicht durch. Die Beurteilungszeiträume (für den Antragsteller: 1. Januar 2017bis 31. Dezember 2022; für die Beigeladene: 1. Juni 2020 bis 31. August 2022) unterscheiden sich nicht in einem solchen Ausmaß, dass ein aussagekräftiger Qualifikationsvergleich nicht mehr möglich wäre.
74Unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume schließen die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen nicht aus, solange im Einzelfall auf der Grundlage dieser Beurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach Bestenauslesegrundsätzen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich bleibt. Dass die Beurteilungszeiträume (annähernd) gleich lang sind, ist nicht erforderlich. Denn für die Auswahlentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend; Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind demgegenüber regelmäßig von geringerem Gewicht. Daher ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinanderfallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2019 ‑ 6 B 1769/18 ‑, juris, Rz. 13 f. m.w.N.
76In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze lässt sich feststellen, dass die für den Antragsteller und die Beigeladene erstellten Anlassbeurteilungen auch mit Blick auf die Beurteilungszeiträume eine taugliche Entscheidungsgrundlage für die Auswahlentscheidung bilden. Die jeweiligen Endzeitpunkte fallen lediglich um vier Monate auseinander bei einer Überschneidung der Beurteilungszeiträume von immerhin zwei Jahren und drei Monaten (vom 1. Juni 2020 bis 31. August 2022), so dass die Beurteilungen eine tragfähige Grundlage für einen fairen Qualifikationsvergleich über einen hinreichend lang bemessenen Zeitraum bieten.
77Vgl. zur hinreichenden Vergleichbarkeit von zwei Anlassbeurteilungen über einen Zeitraum von vier Jahren und neun Monaten einerseits und rund zehn Monaten andererseits: Nds. OVG, Beschluss vom 29. Mai 2020 ‑ 5 ME 187/19 -, juris, Rz. 20 ff.; eine „starre“ Zeitgrenze durch konkrete Beurteilungszeiträume bei Betrachtung der Leistungs- und Eignungsprofile der Bewerber im Einzelfall sogar für sachwidrig haltend: OVG NRW, Beschluss vom 16. Februar 2009 ‑ 1 B 1918/08 ‑, juris, Rz. 8.
78Demgegenüber fällt der Umstand, dass der Beurteilungszeitraum für den Antragsteller insgesamt wesentlich länger ist, da er zu einem früheren Zeitpunkt beginnt, nicht erheblich ins Gewicht, weshalb die Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen hierdurch nicht ausgeschlossen wird. Ohnehin dürfte keine Verpflichtung des Antragsgegners bestanden haben, den Zeitraum der Anlassbeurteilung des Antragstellers auf den 1. Januar 2017 zurückzuerstrecken.
79bb) Dass die Anlassbeurteilung der Beigeladenen nicht aus einer Regelbeurteilung hergeleitet wurde, dürfte ausnahmsweise unschädlich sein. Im Grundsatz trifft es allerdings zu, dass Anlassbeurteilungen aus Regelbeurteilungen entwickelt werden müssen und diese lediglich fortentwickeln dürfen.
80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 ‑ 2 VR 5.N02 ‑, juris, Rz. 30 und vom 2. Juli 2020 ‑ 2 A 6.19 ‑, juris, Rz. 11; Urteil vom 9. Mai 2019 ‑ 2 C 1.18 ‑, juris, Rz. 41.
81Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass die Herleitung der Anlassbeurteilung aus einer Regelbeurteilung nicht möglich war, weil es eine hierfür geeignete Regelbeurteilung nicht gibt. Vielmehr liegt auf Seiten der Beigeladenen eine Beurteilungslücke von rund neun Jahren (2011 ‑ 2020) vor; während dieser Zeit war sie auf der Grundlage des § 20 BeamtStG dem O. in R. ‑ zugewiesen. Auch wenn die Beigeladene während der Zeit ihrer Zuweisung weiterhin hätte regelbeurteilt werden müssen, würde sich dadurch am faktischen Bestehen der Beurteilungslücke nichts ändern. Da einerseits nicht ersichtlich ist, wie die Lücke nachträglich durch Regelbeurteilungen sollte geschlossen werden können, andererseits deren Fehlen es aber nicht erlaubt, die Beigeladene aus dem Bewerbungsverfahren auszuschließen, muss für den in Rede stehenden Zeitraum auf die rechtlichen Grundsätze zurückgegriffen werden, die gelten, wenn es zu einer Bewerberkonkurrenz zwischen einem Beamten und einem Angestellten kommt. Danach können auch einem Arbeitszeugnis beachtliche Anhaltspunkte für den vorzunehmenden Leistungsvergleich der Bewerber zu entnehmen sein, wenn das Zeugnis seinem Inhalt nach einer dienstlichen Beurteilung zumindest nahekommt.
82Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2004 ‑ 1 B 300/04 ‑, juris, Rz. 27 f.
83Ein den genannten Anforderungen genügendes Zeugnis, datierend vom 28. Mai 2020, hat die Beigeladene hier von dem O. in R. ‑ für den Zeitraum ihrer dortigen Zuweisung erhalten. Dieses weist sie den verwendeten kaum noch steigerungsfähigen Formulierungen zufolge im Gesamtbild sinngemäß als eine außerordentlich befähigte und geschätzte Spitzenkraft aus, endend mit dem Fazit: „Ich halte XX uneingeschränkt für höchste Leitungsämter in Staat, Kirche und Gesellschaft geeignet“.
84cc) Dafür, dass die dienstlichen Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen aus anderen Gründen fehlerbehaftet sein könnten, hat der Antragsteller nichts Konkretes aufgezeigt. Im Hinblick darauf, dass dessen Eilantrag schon wegen der fehlenden Überbeurteilungskompetenz des Ministers der Justiz Erfolg hat, sieht sich die Kammer nicht veranlasst, im Wege eines obiter dictums zu allen diesbezüglichen Ausführungen des VG Münster in dem im Parallelverfahren 5 L 583/23 ergangenen Beschluss vom 28. September 2023 im Einzelnen Stellung zu nehmen, zumal eine Klärung insoweit durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im dort bereits anhängigen Beschwerdeverfahren zeitnah zu erwarten ist.
85c) Ferner ist der Antragsgegner im Rahmen des Bewerbervergleichs zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die aktuellen dienstlichen Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen im Gesamturteil gleich ausfallen, weshalb es einer inhaltlichen Ausschöpfung unter Berücksichtigung auch zurückliegender Zeiträume bedarf.
86Maßgeblich für den Vergleich der Bewerber im Rahmen einer Auswahlentscheidung anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist.
87aa) Im vorliegenden Fall sind sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene im Gesamturteil und auch in den einzelnen Beurteilungsmerkmalen sowie bei der Beförderungseignung mit den jeweiligen Spitzennoten bewertet worden.
88bb) Die Kammer teilt nicht die Rechtsansicht des Antragstellers, ihm komme trotz der formal gleichen Beurteilungsergebnisse ein Qualifikationsvorsprung zu, weil er ein höher bewertetes Statusamt bekleide.
89Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass dann, wenn Beurteilungen konkurrierender Bewerber sich auf unterschiedliche Statusämter beziehen, der Grundsatz gilt, dass bei formal gleichlautenden Gesamturteilen die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt besser ist als diejenige des für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Maßstab für die dienstlichen Anforderungen regelmäßig mit Blick auf das innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne zu bestimmen ist und dass mit einem höher verliehenen Statusamt im Allgemeinen gegenüber dem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind. Wo sich der Statusunterschied dementsprechend auf den Beurteilungsmaßstab ausgewirkt hat, ist er in den Beurteilungsvergleich einzustellen.
90Vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 ‑ 2 BvR 1120/N02 ‑, juris, Rz. 13; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Mai 2020 ‑ 1 B 1495/19 ‑, juris, Rz. 36 und vom 22. Januar 2019 ‑ 6 B 1422/18 ‑, juris, Rz. 28, jeweils m.w.N.
91Der dargelegte Grundsatz kommt hier jedoch nicht zum Tragen, da eine Statusamtsdifferenz zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen nicht besteht. Vielmehr sind beide im Amt eines Ministerialdirigenten/einer Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7) tätig.
92(1) Der Antragsteller legt seiner abweichenden Auffassung zugrunde, dass die Beigeladene erst im Juni 2022 ‑ also während des Zeitraums, auf den sich ihre dienstliche Beurteilung bezieht (1. Juni 2020 bis 31. August 2022) ‑ in das Amt einer Ministerialdirigentin (B 7) befördert worden sei. Dies trifft so jedoch nicht zu. Zwar erfolgte die endgültige Ernennung (auf Lebenszeit) der Beigeladenen zur Ministerialdirigentin (B 7) im Juni 2022; bereits im Juni 2020 wurde sie aber unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe zur Ministerialdirigentin ernannt. Seitdem, also während des gesamten Beurteilungszeitraums, übt sie ‑ ebenso wie der Antragsteller ‑ eine nach dem Statusamt B 7 bewertete Tätigkeit aus. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang ausführt, man müsse „feinsinnig unterscheiden“, und dabei zu dem Ergebnis kommt, dass die Beigeladene das Statusamt einer Ministerialdirigentin (B 7) nur an drei von 27 beurteilten Monaten innegehabt habe, ist dies nicht nachvollziehbar. Nach eigenen Angaben verkennt der Antragsteller nicht, dass der Beigeladenen das Statusamt B 7 bereits am 2. Juni 2020 mit ihrer Ernennung zur Ministerialdirigentin unter Fortdauer ihres Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit und unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe gemäß § 21 LBG NRW übertragen worden ist (so wörtlich auf Seite 11 seines Schriftsatzes vom 14. September 2023, dort unter 1.). Wie er angesichts dieser Erkenntnis gleichwohl zu der von ihm gezogenen gegenteiligen Schlussfolgerung kommt, erschließt sich nicht.
93(2) Unabhängig davon würde sich an dem gefundenen Ergebnis nichts ändern, wenn man hypothetisch davon ausginge, dass die Prämisse des Antragstellers, die Beigeladene sei erst während des Beurteilungszeitraums zur Ministerialdirigentin befördert worden, zuträfe. Denn dann bliebe es dabei, dass die Beigeladene ‑ was allein entscheidend ist ‑ jedenfalls zum Beurteilungsstichtag in dem nach B 7 bewerteten Statusamt einer Ministerialdirigentin tätig war. Es wäre fehlerhaft, eine Beurteilung, die sich auf einen Beurteilungszeitraum bezieht, in dem der Betroffene befördert worden ist, wegen dieses Umstandes hinsichtlich der erzielten Noten geringer zu gewichten als eine Beurteilung, bei welcher der Betroffene das (Beförderungs-)Amt während des gesamten Beurteilungszeitraums innegehabt hat. Auch im erstgenannten Fall müssen nämlich sämtliche erbrachten Leistungen an dem strengeren Maßstab des höheren Statusamts gemessen werden.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2021 ‑ 1 B 1341/21 ‑, juris, Rz. 91; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. September 2019 ‑ 5 ME 137/19 ‑, juris, Rz. 25.
95Dass es für die Frage, ob eine beurteilungsrechtlich relevante Statusamtsdifferenz vorliegt, nur auf das innegehabte Statusamt im Zeitpunkt des Stichtags der dienstlichen Beurteilung ankommen kann, wird nicht zuletzt auch durch den Umstand verdeutlicht, dass der bei der Beurteilung vorzunehmende Quervergleich stets statusamtsbezogen erfolgt. Der für den Inhaber eines nach B 7 bewerteten Amts geltende Beurteilungsmaßstab ergibt sich immer aus einem Vergleich mit anderen Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungsstufe. Demgemäß musste sich auch die Beigeladene bei ihrer Beurteilung an dem für Ministerialdirigenten/-innen geltenden Beurteilungsmaßstab messen lassen, weshalb eine Statusamtsdifferenz zum Antragsteller nicht besteht und die Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen gleich ausfallen.
96Auch ist ein „Beurteilungssplitting“ bezogen auf die jeweiligen Zeiträume der unterschiedlichen Statusämter rechtlich nicht geboten. Vielmehr ist der Aussagewert der dienstlichen Beurteilung hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit Beurteilungen anderer Beamter jedenfalls dann gewährleistet, wenn der Beamte am Maßstab des ihm im Zeitpunkt des Beurteilungsstichtags übertragenen statusrechtlichen Amtes beurteilt wird und sich der Tatbestand der Beförderung des Beamten aus der Beurteilung ergibt. Damit ist hinreichend erkennbar, in welchem zeitlichen Umfang der Beamte während des Beurteilungszeitraums mit den Dienstgeschäften des Beförderungsamtes, das den Maßstab vorgibt, befasst gewesen ist.
97Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 ‑ 2 C 37.91 ‑, juris, Rz. N02 f.
98Weitere rechtliche Vorgaben zur Herstellung und Dokumentation eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der Beurteiler grundsätzlich auch nachvollziehbar dartun muss, wie er die in dem niedrigeren Statusamt vor der Beförderung erbrachten Leistungen des Beamten am Maßstab des höheren, zum Beurteilungsstichtag innegehabten Amtes bewertet hat.
99So aber Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. September 2019 ‑ 5 ME 137/19 ‑, juris, Rz. 28.
100Ein dahingehendes Gebot liefe in der Sache letztlich doch auf ein „Beurteilungssplitting“ hinaus, da die jeweiligen Zeiträume, wenn auch am Maßstab des höherwertigen Amtes, jeweils gesondert betrachtet und bewertet werden müssten.
101d) Fallen die aktuellen dienstlichen Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen daher im Gesamturteil gleich aus, so sind sie inhaltlich auszuschöpfen. Der Antragsgegner musste im Wege einer näheren „Ausschärfung“ des Beurteilungsinhalts der Frage nachgehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das angestrebte Beförderungsamt ermöglichen.
102Dabei ist es zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerber darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung neben den in erster Linie maßgeblichen aktuellsten dienstlichen Beurteilungen zur abrundenden Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität auch frühere dienstliche Beurteilungen ‑ soweit sie noch aussagekräftig sind ‑ mit einzubeziehen. Auch ältere dienstliche Beurteilungen können Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere dienstliche Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten.
103Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. August 2015 ‑ 1 WB 59.14 ‑, juris, Rz. 38 und Urteil vom 27. Februar 2003 ‑ 2 C 16.02 ‑. juris, Rz. 15.
104Grundsätzlich kommt ein solcher Rückgriff auf Vorbeurteilungen jedoch erst dann in Betracht, wenn sich auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen in dem zuvor dargestellten Sinn kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen lässt.
105Letzteres ist hier der Fall, da ‑ wie bereits oben erwähnt ‑ sämtliche Leistungs- und Befähigungsmerkmale in den aktuellen Anlassbeurteilungen sowohl des Antragstellers als auch der Beigeladenen mit der jeweiligen Höchstnote bewertet wurden. In einer derartigen Konstellation sind die Aussagen in den jeweiligen Vorbeurteilungen ‑ vor Anwendung sogenannter Hilfskriterien ‑ als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien vergleichend zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich noch Aussagekraft besitzen.
106Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. August 2016 ‑ 6 B 646/16 ‑, juris, Rz. 11.
107Insoweit gilt im Einzelnen:
108Ergibt sich im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle, dass ein oder mehrere Bewerber zu einem früheren, vor dem aktuellen Beurteilungszeitraum liegenden Zeitpunkt Leistungen erbracht und Erfahrungen gesammelt haben, die aufgrund des Beurteilungszeitraums in der aktuellen dienstlichen Beurteilung keine Berücksichtigung haben finden können, die aber noch immer eine Aussagekraft für die aktuell zu erstellende Eignungsbewertung haben, so ist der Dienstherr verpflichtet, diese älteren Leistungen und Erfahrungen ‑ etwa durch Auswertung älterer dienstlicher Beurteilungen ‑ im Wege einer „gesamthaften Würdigung“ der einschlägigen Erfahrungen bzw. der insoweit gezeigten Leistungen in ihrer Quantität und Qualität bei seiner Auswahlentscheidung angemessen zu berücksichtigen. Es widerspräche dem Grundsatz der Bestenauslese, wenn allein aufgrund des formell festgelegten Beurteilungszeitraums Leistungen, Kenntnisse und Fähigkeiten eines Bewerbers bei der Bewerberauswahl unberücksichtigt blieben, die noch eine Aussagekraft für seine gegenwärtige Eignung entfalten. Solche älteren Qualifikationsmerkmale, von deren Fortbestand auszugehen ist, sind zwar regelmäßig auch im Rahmen der aktuellen Beurteilung zu berücksichtigen, soweit diese eine Eignungsprognose für das angestrebte Amt enthält. Gerade in dem Fall, dass die Eignungsprognose bei mehreren Bewerbern mit demselben Gesamturteil abschließt, ergibt sich aber nach dem oben Dargestellten die Pflicht des Dienstherrn zur Ausschöpfung der Beurteilungen. In diesem Zusammenhang wäre es fehlerhaft, wenn sich der Dienstherr darauf beschränkte, die regelmäßig relativ knappe Begründung der Eignungsprognose in der aktuellen dienstlichen Beurteilung auszuschöpfen. Vielmehr hat er, um dem Grundsatz der Bestenauslese gerecht zu werden, auch sonstige Erkenntnisquellen wie vor allem die angesprochenen älteren dienstlichen Beurteilungen ergänzend heranzuziehen und auszuwerten, soweit diese Aussagen über auch aktuell noch relevante Eignungsmerkmale eines Kandidaten enthalten.
109Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2021 ‑ 1 B 1341/21 ‑, juris, Rz. 61; ferner OVG NRW, Beschluss vom 15. April 2014 ‑ 1 B 29/14 ‑, juris, Rz. 24, 43.
110aa) In der oben beschriebenen Weise ist der Antragsgegner hier vorgegangen. Die von ihm im Wege der gebotenen „gesamthaften Würdigung“ aller Erkenntnisquellen durchgeführte inhaltliche Ausschöpfung dürfte ‑ losgelöst von der rechtswidrigen Überbeurteilung ‑ jedenfalls nicht unvertretbar sein.
111Es ist Sache des Dienstherrn, bei der inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen einer ungerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede zu begegnen, etwa dadurch, dass er die Einzelfeststellungen in ihrer Wertigkeit gewichtet. Will der Dienstherr sich aufdrängenden oder zumindest naheliegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht. Im Übrigen ist es seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern er nur das Prinzip selbst nicht in Frage stellt.
112Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 ‑ 2 VR 3.11 ‑, juris, Rz. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Oktober 2017 ‑ 6 B 685/17 ‑, juris, Rz. 14 ff. und vom 30. November 2021 ‑ 1 B 1341/21 ‑, juris, Rz. 59.
113Bei der Würdigung von Einzelfeststellungen einer dienstlichen Beurteilung kommt dem Dienstherrn ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, ist deshalb im Grundsatz nur dann rechtlich zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
114Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2005 ‑ 6 B 1007/05 ‑, juris, Rz. 10.
115Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die vom Antragsgegner vorgenommene inhaltliche Ausschöpfung frei von Rechtsfehlern. Ihr Ergebnis, dass der Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller ein Qualifikationsvorsprung zukommt, hält sich im Rahmen des dem Antragsgegner als Dienstherrn zustehenden Beurteilungsspielraums.
116Zunächst erscheint es sachgerecht, dass der Antragsgegner bei dem Qualifikationsvergleich zwischen den erbrachten Leistungen in Rechtsprechung und Verwaltung einerseits und der Eignungsprognose für das angestrebte Amt bezogen auf Rechtsprechung und Verwaltung andererseits differenziert. Auf diese Weise werden seine Auswahlerwägungen nachvollziehbar strukturiert.
117Sodann legt der Antragsgegner unter eingehender Würdigung der Einzelfeststellungen plausibel dar, dass er angesichts der Rechtsprechungstätigkeit der Beigeladenen beim Oberverwaltungsgericht und ihrer diesbezüglichen Beurteilung einen Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller im Bereich „Leistungen in der Rechtsprechung“ sieht, wogegen er im Bereich „Leistungen in der Verwaltung“ keinen signifikanten Vorsprung eines der beiden Bewerber annimmt.
118Was im Folgenden die Eignungsprognose für das angestrebte Amt betrifft, stellt der Antragsgegner schlüssig fest, dass eine vergleichende Betrachtung der Einzelfeststellungen der Beurteilungen unter Berücksichtigung der an das angestrebte Amt der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts gestellten Anforderungen zu einem Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen im Bereich „Verwaltung“ gegenüber dem Antragsteller führt. Dabei nimmt er zunächst die Bereiche der Arbeitsorganisation und Personalführung in den Blick. Die von der Beigeladenen vorgenommene Vergrößerung und Neustrukturierung der […] (ablesbar auch an der Vergrößerung des Personalbestands von 60 auf 90 Beschäftigte) und die herausragende Führung einer so großen Organisationseinheit ließen darauf schließen, dass ihr die Leitung des Oberverwaltungsgerichts einschließlich des dazugehörigen Geschäftsbereichs noch besser gelingen werde als dem Antragsteller. Dabei sei auch einzustellen, dass die Beigeladene ‑ anders als der Antragsteller ‑ bereits über Erfahrungen bei der Beaufsichtigung, Umsetzung und Koordination von diversen bedeutsamen Verwaltungsprojekten in einem sehr großen Geschäftsbereich verfüge. So sei sie in ihrer aktuellen Position für die Umsetzung des E-Governmentgesetzes und Fragen der Digitalisierung im gesamten Geschäftsbereich des […] mit mehreren Zehntausend Beschäftigen zuständig. Anders als der Antragsteller sei sie aufgrund ihrer Tätigkeit als Leiterin des Referats 00 des […] auch bereits mit sämtlichen Personalfragen der Richterinnen und Richter, Beamtinnen und Beamten sowie Beschäftigten der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein-Westfalen befasst gewesen und habe diese ausweislich ihrer Beurteilung bestens bewerkstelligt. Weiter heißt es in dem Auswahlvermerk (u.a.): Außerdem sei die Beigeladene seit vielen Jahren als Prüferin im Staatsexamen aktiv, seit 2017 sogar als Vorsitzende der C.. Die Ausbildung und Nachwuchsgewinnung sei aufgrund des demografischen Wandels und der zur Pensionierung anstehenden geburtenstarken Jahrgänge auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Behördenleitungen ein herausragend wichtiges Zukunftsthema, ein starkes Engagement in diesem Bereich daher besonders wichtig. Im Bereich der Digitalisierung, die auch in den kommenden Jahren eines der ganz zentralen Justizthemen darstellen und damit auch für die Leitungen der Mittelbehörden von herausragender Bedeutung sein werde, verfüge die Beigeladene durch ihre aktuelle Tätigkeit als Abteilungsleiterin 00 des […] über einen deutlichen Qualifikationsvorsprung vor dem Mitbewerber. Mit der flächendeckenden Einführung der elektronischen Akte in der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei das Thema der Digitalisierung längst nicht abgeschlossen (was weiter ausgeführt wird). Hier werde die Beigeladene ihre umfassenden Kenntnisse als Leiterin der V. des […] äußerst gewinnbringend einsetzen können.
119Insgesamt kommt der Antragsgegner (nach weiteren Ausführungen) nachvollziehbar zu dem Fazit, dass sich die Beigeladene nach dem Grundsatz der Bestenauslese gegenüber dem Beigeladenen als die bessere Bewerberin erweist. Ob dieses Ergebnis der inhaltlichen Ausschöpfung zwingend ist oder die Auswahlentscheidung in rechtmäßiger Weise auch anders hätte ausfallen können, ist unerheblich; maßgeblich ist allein, dass der Antragsgegner mit seiner Entscheidung die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums nicht überschritten hat.
120bb) Die von dem Antragsteller gegen die Auswahlerwägungen im Einzelnen erhobenen Einwendungen greifen sämtlich nicht durch.
121(1) Soweit er der Ansicht ist, die inhaltliche Ausschöpfung sei mit Blick auf die mit der Leitung des Oberverwaltungsgerichts verbundenen Aufgaben und damit dienstpostenbezogen erfolgt, was unzulässig sei, geboten gewesen wäre vielmehr eine statusamtsbezogene Betrachtung, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil mit dem Statusamt der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nur ein einziger Dienstposten verbunden ist. In dieser besonderen Konstellation gibt es daher ausnahmsweise keinen Unterschied zwischen einer statusamtsbezogenen und einer dienstpostenbezogenen Eignungsprognose.
122(2) Dass nicht nur die Beigeladene, sondern auch der Antragsteller das Land Nordrhein-Westfalen in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof NRW vertreten hat, wird von dem Antragsgegner nicht bestritten. Dieser hat im Auswahlvermerk die Vertretung des Landes durch die Beigeladene erwähnt, ohne ihr bei seiner Entscheidung ausschlaggebendes Gewicht beizumessen. Daher lässt der Umstand, dass beide Bewerber in entsprechender Weise als Vertreter des Landes vor dem Verfassungsgerichtshof NRW tätig waren, den vom Antragsgegner unabhängig davon festgestellten Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen unberührt. Gleiches gilt, soweit der Antragsteller darauf verweist, dass auch er Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen der Bundesregierung verfasst habe, und dass seine Tätigkeit in […] „letztlich auch eine Art Lobbyismus“ gewesen sei, die der Tätigkeit der Beigeladenen als Stellvertretende Leiterin des J. in R. ‑ nicht nachstehe. Zutreffend führt der Antragsgegner in diesem Zusammenhang aus, dass die Position der Beigeladenen als Stellvertretende Leiterin des J. schon deshalb einer näheren Erläuterung und inhaltlichen Beschreibung im Auswahlvermerk bedurft habe, weil es sich um eine Verwaltungsposition außerhalb der staatlichen Verwaltung handelte. Eine einseitige Hervorhebung der Tätigkeit der Beigeladenen kann daraus nicht hergeleitet werden. Letzteres gilt auch, soweit der Antragsteller ferner geltend macht, dass sich nicht nur die Abteilung der Beigeladenen, sondern ähnlich ‑ wenn auch auf niedrigerem Zahlenniveau ‑ auch die von ihm geführte Abteilung im […] vergrößert habe (von 15 auf aktuell 25 Mitarbeiter). Es ist davon auszugehen, dass dem Antragsgegner die Entwicklung der Personalstärke der Abteilung des Antragstellers bekannt ist. Im Auswahlvermerk hat er dessen Personalverantwortung für 25 Mitarbeiter ausdrücklich erwähnt, ebenso wie er die Fähigkeit des Antragstellers zur Interessenvertretung, seine Repräsentationsfähigkeit sowie seine weiteren Qualifikationen eingehend gewürdigt hat. Für die Annahme einer tendenziösen und voreingenommenen Darstellung, wie der Antragsteller sie mit seinem Vorbringen wohl belegen möchte, besteht daher keine tragfähige Grundlage. Letztlich laufen die diesbezüglichen Rügen des Antragstellers nur darauf hinaus, dass er seine eigenen Einschätzungen und Bewertungen denen des Antragstellers entgegensetzt und abweichende Schlüsse aus ihnen zieht.
123(3) Dass der Antragsgegner in der Tätigkeit der Beigeladenen als Prüferin im juristischen Staatsexamen, seit dem Jahr 2017 als Vorsitzende der C., ein stärkeres Engagement für den juristischen Nachwuchs sieht als in der Führung einer Abteilung des Ministeriums der Justiz, in der eine große Zahl von Referendaren und Praktikanten betreut wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
124(4) Was die Dauer der richterlichen Tätigkeit betrifft ‑ der Antragsteller reklamiert für sich, diese länger als die Beigeladene ausgeübt zu haben -, gilt Folgendes:
125Der Antragsteller war vom 0. März 0000 bis zu seiner Abordnung an die Y. NRW zum 0. Januar 0000 (also fünf Jahre und zehn Monate) als Richter am Verwaltungsgericht D. tätig. Vom 00. Juli 0000 bis zu seiner Versetzung zur Y. NRW zum 0. Dezember 0000 (also etwas mehr als vier Monate) war er Richter am OVG NRW. Die Beigeladene war von Februar 0000 bis zu ihrer Abordnung an die Y. NRW zum Januar 0000 (also vier Jahre und elf Monate) als Richterin am Verwaltungsgericht D. tätig, zuletzt als Verwaltungsdezernentin in der Präsidentenkammer. Vom 00. Juni 0000 bis zum Beginn ihrer Abordnung an das Ministerium der Justiz NRW im Juli 0000 (also rund zwei Jahre) war sie Richterin am OVG NRW (Berichterstatterin im 00. Senat). Damit dauerte die richterliche Tätigkeit des Antragstellers insgesamt rund sechs Jahre und zwei Monate und die der Beigeladenen insgesamt rund sechs Jahre und elf Monate. Dieser zeitliche Unterschied ist zu vernachlässigen, weshalb der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung auch nicht auf die Dauer der jeweiligen richterlichen Tätigkeit abgestellt hat, sondern auf die Rechtsprechungstätigkeit der Beigeladenen beim OVG NRW. Im Gegensatz zum Antragsteller hat die Beigeladene eine längere Spruchrichtertätigkeit in zwei Instanzen ausgeübt. Dass dies ein gewichtiges Kriterium für die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle ist, liegt auf der Hand.
126(5) Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, dass seine dienstliche Beurteilung für den Leistungs- und Befähigungsvergleich mit der bereits vorliegenden dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen hätte „synchronisiert“ werden müssen, bleibt unklar, was genau er damit meint. Falls er darauf hinaus möchte, dass auf der Grundlage größtmöglicher Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen die für die Auswahlentscheidung relevanten Kriterien zueinander in Beziehung gesetzt werden müssen, so würde es sich um ein Erfordernis handeln, das selbstverständlich ist und vom Antragsgegner im Auswahlvermerk in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt wurde. Wenn der Antragsteller darüber hinaus der Ansicht sein sollte, dass jeder einzelne von ihm im Zusammenhang mit der Ausschöpfung thematisierte Gesichtspunkt, auch wenn er für die Auswahlentscheidung keine Rolle gespielt hat, in seiner dienstlichen Beurteilung nur deshalb hätte erwähnt werden müssen, weil ein korrespondierender Gesichtspunkt in der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen Erwähnung gefunden hat, dann ginge dies über das rechtlich Gebotene hinaus.
127Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie etwaige eigene außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
128Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG. Da das Verfahren die Verleihung eines höher besoldeten Amtes betrifft, ist der Streitwert nach der Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen, hier der Besoldungsgruppe R 8 (angestrebtes Amt), im Zeitpunkt der Antragstellung zu bemessen. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist dieser Betrag im Hinblick auf den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur angestrebten Sicherungszweck um die Hälfte, d.h. im Ergebnis auf ein Viertel des sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG ergebenden Betrages, zu reduzieren.
129Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19. März 2012 ‑ 6 E 1406/11 ‑, juris, Rz. 6 und vom 27. März 2012 ‑ 1 E 45/N02 ‑, juris, Rz. 7.
130Rechtsmittelbelehrung:
131(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
132Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
133Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
134Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
135Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
136Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
137(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
138Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
139Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
140Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
141Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
142War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.