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Im Wege der einstweiligen Verfügung wird vorläufig festgestellt, dass die Beteiligte verpflichtet ist,
1. das Personalratsmitglied K. H. für eine Schulungsmaßnahme „Arbeitsrecht (AR1)“ für fünf Tage unter Übernahme der Kosten freizustellen,
2. das Personalratsmitglied I. T. für eine Schulungsmaßnahme „LPVG NRW: Einstieg leicht gemacht (PR1)“ für fünf Tage unter
Gründe
2I.
3Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Freistellung und Kostenübernahme für Schulungen von Personalratsmitgliedern.
4Die Organisationsstruktur der B. S. /I1. ("B. S1./I2.") ist in den zurückliegenden Jahren tiefgreifend verändert worden. Die Beteiligte ist daraus zum Juni 2021 als eine von verschiedenen neu gebildeten Dienststellen hervorgegangen. Die Aufgaben dieser Dienststelle umfassen nach dem Vortrag der Beteiligten die Umsetzung innerhalb der Dienststelle, die Urlaubsplanung, die Einstellung von Aushilfen, die Eingruppierung bis Vergütungsgruppe 9 und die Gewährung von Teilzeit und Homeoffice. Andere Aufgaben, etwa Abmahnung, Kündigung und Versetzung erfülle der Vorstand selbst, so für diese sei der Gesamtpersonalrat zuständig. Dasselbe gelte für alle Personalmaßnahmen der Dienstordnungskräfte.
5Der Antragsteller ist der bei ihr gebildete örtliche Personalrat. Er wurde im November 2021 erstmals gewählt. Die B. S1./I2. beschäftigt neben 350 Auszubildenden rund 1.200 beamtenähnliche Dienstordnungskräfte sowie etwa 6.000 tariflich beschäftigte Arbeitnehmer.
6Die B. S1./I2. unterhält in H1. in der Nähe von E. , ihrem Hauptsitz, ein eigenes Bildungszentrum mit fast 90 Mitarbeitern. Es verfügt über 16 hauptamtliche Dozenten und Lehrer und unterhält ständige Kooperationen mit anderen Fortbildungsveranstaltern. Das Bildungszentrum stellt hotelartige Seminar-, Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Beteiligte betont, dass es in ihrem Interesse liege, das Bildungszentrum möglichst gut auszulasten. Andere Personalräte der B. nutzten das Bildungszentrum für Schulungsmaßnahmen, die u.a. von externen Ausbildern, etwa aus den Gewerkschaften, durchgeführt würden.
7Der Antragsteller beschloss, sein Mitglied Frau K. H. zur Schulung Arbeitsrecht (AR 1) "Von der Einstellung bis zu Kündigung" zu entsenden. Frau H. hat bislang keine Schulung zum Arbeitsrecht absolviert, wohl aber eine Grundschulung zum Landes-Personalvertretungsrecht, und zwar zwei jeweils viertägige Seminare PR1 und PR2 des E1. . Sie ist zwar erstmals ordentliches Personalratsmitglied, war aber zuvor seit dem 20. August 2020 Mitglied im Gesamtpersonalrat. In den Jahren 2020 bis 2022 hat sie an ca. 20 Sitzungen des Gesamtpersonalrats teilgenommen.
8Die Schulung sollte vom 17. bis 21. Januar 2022 im E1.-Bildungszentrum in I3. stattfinden. Sie wandte sich ausdrücklich auch an Personalräte nach dem BPersVG und dem LPVG NRW. Hinsichtlich des genauen Inhalts wird auf Bl. 16 der GA verwiesen. Die Kosten für Seminar (990 Euro) und Unterkunft und Verpflegung (604 Euro) sollten 1.594,- Euro betragen.
9Der Antragsteller beschloss, sein Mitglied I. T. zur Schulung "LPVG NRW, Einstieg leicht gemacht (PR1)" zu entsenden. Frau T. ist erstmals ordentliches Personalratsmitglied, war aber bereits von 2016 bis 2021 Ersatzmitglied der Dienststelle Unternehmenssteuerung. von 2017 bis 2021 hat sie an ca. 20 Sitzungen teilgenommen. Frau Sander hat bislang in ihrer personalvertretungsrechtlichen Funktion noch gar keine Schulung absolviert. Die Schulung sollte vom 7. bis 11. März 2022 im E1.-Bildungszentrum in I3. stattfinden. Sie wandte sich ausdrücklich an Personalräte nach dem LPVG NRW. Die Kosten für Seminar und Unterkunft sollten 1.594,- Euro (Aufteilung wie vor) pro Person betragen.
10Die Antragstellerin beantrage im Dezember 2021 bei der Beteiligten, ihre genannten Mitgliederinnen unter Kostenübernahme zur Seminarteilnahme freizustellen. Die Beteiligte teilte den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 2. Februar 2022 mit, dass sie die Kosten für die Schulungen nicht übernehmen werde. In einem darauffolgenden Telefonat erklärte die Beteiligte, dass sie bereit sei, ein für sie kostengünstigeres Seminar im eigenen Bildungszentrum durchzuführen, aber nur von zwei Tagen Dauer. Hierfür könne ein externer Dozent eingesetzt werden, etwa vom E1. .
11Die Tagesordnung zur Personalratssitzung am 17. Februar 2022 übermittelte die Vorsitzende der Antragstellerin mit der EMail zur vorhergehenden Personalratssitzung vom 14. Februar 2022. Zur Sitzung am 17. Februar 2022 lud sie gesondert ein; wann diese Einladung erging, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Die Tageordnung führt die Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten auf, die die "Schulungsansprüche geltend machen" soll, und zwar für jede Schulungsmaßnahme und jedes entsandte Mitglied gesondert. An der Sitzung nahmen die aus der Niederschrift ersichtlichen Personen teil. Es waren zunächst 9, später 10 ordentliche Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder anwesend. Unter den Anwesenden waren auch die Mitgliederinnen H. und T. (GA Bl. 30). Die Beauftragung wurde jeweils einstimmig beschlossen.
12Die Beteiligte trägt vor, sie habe für einen anderen örtlichen Personalrat des B. S1./I2. eine fünftägige Schulungsveranstaltung vom 2. bis 5. Mai 2022 in ihrem Bildungszentrum mit einem Dozenten des E1. organisiert, die neben der Grundschulung auch Inhalte wie Arbeitszeit, Schichtdienst, Bildschirmpausen etc. umfasse. Eine ähnliche Veranstaltung habe sie auch dem Antragsteller angeboten, was dieser aber abgelehnt habe.
13Näher führt die Beteiligte durch die Vorlage von Anlagen aus: Zum LPVG NRW werde die von E1. -Dozenten die Schulung "Das LPVG NRW im Kurzüberblick" angeboten, die an drei Tagen (2., 3. und 6. Mai 2022) stattfinden soll. Zum Inhalt wird auf GA Bl. 79 verwiesen. An den beiden anderen Tagen (4. und 5. Mai 2022) sollen nach dem beigefügten "Grobkonzept" unter den Themenfeldern "Schichtarbeit" (4. Mai 2022) und "Videotelefonie und B. Arbeitsgemeinschaft" (5. Mai 2022) verschiedene arbeits- und wohl auch personalvertretungsrechtliche Themen erörtert werden, die aber so abstrakt gefasst sind, dass ihre Inhalte nicht genauer erkennbar sind (GA Bl. 80/81). Nur ein Unterpunkt unter jeweils 10 Punkten des Grobkonzepts für jeden der beiden Tage lautet "Gesetzliche Regelungen und Mitbestimmungsrechte entlang der Themen".
14Die Beteiligte führt weiter aus, sie verfüge über vier Juristen, die die Schulungen, für die der Antragsteller Freistellung und Kostenübernahme begehre, selbst anbieten. Sie verfügten über die erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse im Arbeits- und Landespersonalvertretungsrecht.
15Der Antragsteller verweist darauf, dass es sich um Grundschulungen handele, zu denen die Entsendung nicht weiter begründet werden müsse. Die von der Beteiligten angebotene zweitägige Grundschulung sei viel zu kurz bemessen. Nach der Rspr. des BVerwG sei eine Schulungsdauer von fünf bis sechs Tagen nicht einmal die Höchstgrenze. Als Grundschulung sei die Maßnahme unaufschiebbar.
16Eine alternative Schulung sei ihm nicht angeboten worden. Die Schulung im Mai 2022 im B. -eigenen Bildungszentrum sei nur zweitägig bzgl. des LPVG NRW. Eine genauere Darlegung der Schulungsinhalte habe gefehlt.
17Hinsichtlich der Schulung von Frau B1. S2. , die ursprünglich auch Gegenstand des Eilrechtsschutzverfahrens gewesen ist, hat der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt, weil sie an dem von der Beteiligten im Mai 2022 angebotenen Seminar zum Landespersonalvertretungsrecht im B. -Bildungszentrum teilnehmen will.
18Der Antragsteller beantragt zuletzt,
191. die Beteiligte zu verpflichten, das Personalratsmitglied K. H. für eine Schulungsmaßnahme „Arbeitsrecht (AR1)“ für fünf Tage unter Übernahme der Kosten freizustellen,
202. die Beteiligte zu verpflichten, das Personalratsmitglied I. T. für eine Schulungsmaßnahme „LPVG NRW: Einstieg leicht gemacht (PR1)“ für fünf Tage unter Übernahme der Kosten freizustellen,
21hilfsweise
223. festzustellen, dass die Beteiligte verpflichtet ist, das Personalratsmitglied K. H. für eine Schulungsmaßnahme „Arbeitsrecht (AR1)“ für fünf Tage unter Übernahme der Kosten freizustellen,
234. festzustellen, dass die Beteiligte verpflichtet ist, das Personalratsmitglied I. T. für eine Schulungsmaßnahme „LPVG NRW: Einstieg leicht gemacht (PR1)“ für fünf Tage unter Übernahme der Kosten freizustellen.
24Die Beteiligte beantragt,
25die Anträge abzulehnen.
26Sie hält die Anträge für unzulässig und unbegründet. Sie beruft sich im Wesentlich auf die Rspr. des BVerwG und des Fachsenats des OVG NRW. Hieraus leitet sie ab, dass der Antragsteller inhaltlich gleichwertige aber kostengünstigere Schulungsangebote der Dienststelle nicht ablehnen könne. Frau T. könne an dem fünftägigen Seminar im Mai 2022 im B. -eigenen Bildungszentrum teilnehmen.
27Da die Schulungen in I3. /E2. stattfänden, erst nach 9.00 Uhr beginnen und vor 18.00 Uhr endeten, seien Übernachtungskosten reisekostenrechtlich nicht notwendig und daher unangemessen.
28Zusätzlich rügt die Beteiligte die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers. Es fehle am Beschluss des Antragstellers, auch ein Eilverfahren einzuleiten. Außerdem hätten Frau H. und Frau T. an der Beschlussfassung mitgewirkt. Die ordnungsgemäße Ladung wird mit Nichtwissen bestritten.
29II.
30Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheidet die Fachkammer wegen besonderer Eilbedürftigkeit gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG und entsprechend § 937 Abs. 2 ZPO sowie § 944 ZPO durch den Vorsitzenden ohne Durchführung eines Anhörungstermins und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter.
311. Der Antragsteller hat einen wirksamen Antrag bei Gericht angebracht, weil er seine Prozessbevollmächtigten wirksam bevollmächtigt hat.
32Der Antragsteller hat ausweislich der Niederschrift über die unter I. genannte Personalratssitzung einstimmig beschlossen, die Kanzlei der hiesigen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, "die Schulungsansprüche gerichtlich geltend zu machen". Die Beschlussfassung erfolgte für jede Schulung und jedes zu entsendende Personalratsmitglied gesondert. Nach der Anwesenheitsliste haben an dieser Sitzung neun bzw. – 10 Minuten nach Beginn – zehn Personalratsmitgliedern teilgenommen. Die Prozessvollmacht hat die Vorsitzende des Antragstellers unterschrieben.
33Diese Prozessvollmacht umfasst auch die Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn der Antragsteller hat seinen Auftrag nicht auf Hauptsacheverfahren beschränkt. Die "gerichtliche Geltendmachung" umfasst sowohl den Eil- als auch den Hauptsacherechtsschutz.
342. Der Antrag ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO statthaft. Insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt. In Verfahren um die Entsendung und Erstattung der durch die Entsendung von Personalratsmitgliedern zu Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehenden Kosten ist nicht nur das unmittelbar betroffene Mitglied des Personalrates, sondern auch der Personalrat selbst antragsbefugt ist, sofern er Fragen einer gerichtlichen Klärung zuführen möchte, die sich insofern im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stellen. Hintergrund ist, dass die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nicht nur im Interesse des Mitgliedes der Personalvertretung, sondern auch im Interesse der Beschäftigten und der Dienststelle an einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung der personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten liegt. Die Antragsbefugnis schließt die Geltendmachung der Entsendungsverpflichtung sowie der im konkreten Einzelfall anfallenden Kosten der Teilnahme an der betreffenden Schulung im Wege der organschaftlichen Prozessstandschaft ein.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April 2016 – 5 P 3.15, PersV 2016, 357.
363. Der Antragsteller hat ein allgemeines Rechtsschutzinteresse für die Durchführung des Eilrechtsschutzverfahrens. Dieses entfällt nicht deswegen, weil die ursprünglich ausgesuchten Seminare inzwischen nicht mehr besucht werden kann. Der Antragsteller hat vorgetragen, das E1. Bildungswerk NRW biete derartige Seminare fortlaufend an und er beabsichtige, für den Fall des Obsiegens im vorliegenden Verfahren erneut Entsendungsbeschlüsse für die betroffenen Personalratsmitglieder zu den jeweiligen Verfahren zu fassen. Ein Anlass, an der Richtigkeit dieses Vortrags zu zweifeln, besteht nicht. Die Beteiligte belässt es insoweit auch lediglich bei einem pauschalen Bestreiten, ohne nur den geringsten Anhaltspunkt aufzuzeigen, der möglicherweise Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags begründen könnte. Das Vorbringen des Antragstellers zum fortlaufenden Angebot inhaltsgleicher Seminare wird im Übrigen bestätigt durch den Internetauftritt des Bildungswerks des E1. (https://www.dgb-bildungswerk-nrw.de/seminare/verdi/seminarfinder, Seminarverzeichnis von W. und E1. Bildungswerk NRW für das Jahr 2022 unter dem Titel: "SEMINARE 2022, WISSEN À LA CARTE, FÜR GESETZLICHE INTERESSENVERTRETUNGEN, Personalrat, Betriebsrat, Mitarbeitervertretung und mehr").
37Das Rechtsschutzinteresse für die Durchführung des Eilrechtsschutzverfahrens fehlt auch nicht deswegen, weil die Beteiligte die geltend gemachten Ansprüche bisher noch nicht abschließend abgelehnt hat, sondern die Anträge gar nicht beantwortet hat. Sie hat lediglich mit einem der Bevollmächtigten des Antragstellers telefoniert, um – vergeblich – eine einvernehmliche Lösung zu finden. Zwar hat diese in ihrer EMail vom 2. Februar 2022 mitgeteilt, eine Kostenübernahm "erfolgt zur Zeit nicht". Sie hat aber – insbesondere während des gerichtlichen Verfahrens – hinreichend deutlich gemacht, den Anträgen in der vorliegenden Form nicht entsprechen zu wollen.
384. Die Hauptanträge auf Freistellung sind unzulässig. Insofern ist der Antragsteller nicht antragsbefugt. Der geltend Freistellungsanspruch steht dem jeweiligen Personalratsmitglied als eigener arbeits- oder beamtenrechtlicher Anspruch gegen seinen Arbeitgeber/Dienstherrn zu, wenn er als Personalratsmitglied an einer Fortbildungsmaßnahme teilnehmen soll. Dieser individualrechtliche Freistellungsanspruch des Personalratsmitglieds steht dem Personalrat als Mitbestimmungsorgan nicht zu.
395. Die als vorläufige Feststellungsanträge gefassten Hilfsanträge haben dagegen Erfolg.
40Eine einstweilige Verfügung kann nach den hier gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG anzuwendenden Vorschriften des 8. Buches der ZPO erlassen werden, wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Die einstweilige Verfügung darf grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist; sie darf außerdem die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreicht werden kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn ein endgültiger Rechtsverlust oder ein sonstiger irreparabler Zustand droht. Dabei sind die Belange der Beteiligten sorgfältig abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.
41Da in personalvertretungsrechtlichen (Hauptsache-)Beschlussverfahren Feststellungsanträge zur Klärung von Beteiligungsrechten wegen der Bindung der Dienststellen an Recht und Gesetz andererseits das maximale und zugleich hinreichende Rechtsschutzziel darstellen, können sie diesen Zweck auch erfüllen, wenn sie in Gestalt einer einstweiligen Verfügung ergehen.
42Der Antragsteller hat den erforderlichen Verfügungsanspruch mit einer Sicherheit glaubhaft gemacht, die diesen Anforderungen genügt. Denn er hat nach derzeitiger Aktenlage im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Beteiligte aus § 42 Abs. 5 Satz 1 LPVG NRW verpflichtet ist, die in den Hilfsanträgen genannten beiden Personalratsmitglieder zur Teilnahme an den genannten Schulungen freistellt und die dafür anfallenden Kosten übernimmt. Da Grundschulungen im Grundsatz im ersten Jahr der Personalratstätigkeit absolviert werden müssen, ist auch der darüber hinaus notwendige Verfügungsgrund in Gestalt der erforderlichen Eilbedürftigkeit gegeben.
43a) Nach § 42 Abs. 5 Satz 1 LPVG NRW sind die Mitglieder des Personalrats unter Fortzahlung der Bezüge und Erstattung der angemessenen Kosten für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind.
44Eine Freistellungs- und Kostenerstattungspflicht nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass die Schulung ihrem Inhalt nach für die teilnehmenden Personalratsmitglieder erforderlich ist, d. h. objektiv für die Personalratstätigkeit und subjektiv im Hinblick auf das Schulungsbedürfnis der Mitglieder geboten. Einer Grundschulung bedarf das Personalratsmitglied, um seine Tätigkeit im Personalrat überhaupt sachgemäß ausüben zu können. Die Teilnahme an einer Spezialschulung benötigt es, um den besonderen Aufgaben, die ihm innerhalb der Personalvertretung zukommen, gerecht werden zu können. Spezialschulungen betreffen fachlich sehr eng zugeschnittene Themenkreise und liegen auch dann vor, wenn in bestimmten für die Personalratstätigkeit relevanten Tätigkeitsfeldern Kenntnisse vermittelt werden, die über Grundzüge hinausgehen, insbesondere der Wissensvertiefung und -erweiterung dienen. Für die Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung kommt es auch darauf an, ob die zu vermittelnden Kenntnisse gerade für das betreffende Mitglied aktuell sind. Dies ist danach zu beurteilen, ob das betreffende Mitglied der Schulung zur Ausübung seiner allgemeinen Tätigkeit bedarf (aktueller Anlass von der Person her) oder aber danach, ob gegenwärtig Anlass besteht, ein Personalratsmitglied auf einem bestimmten Sachgebiet, mit dem es innerhalb der Personalvertretung befasst ist, zu schulen (aktueller Anlass von der Materie her).
45Die Vermittlung von Grundkenntnissen zum individuellen und kollektiven Arbeitsrecht sowie zum einschlägigen Tarifvertragsrecht ist grundsätzlich für jedes Personalratsmitglied erforderlich.
46Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob die Beteiligte verpflichtet ist, die vom Antragsteller benannten Personalratsmitglieder für die Teilnahme an der in Rede stehenden Schulungsveranstaltung unter Übernahme der Kosten vom Dienst freizustellen, ist derjenige der gerichtlichen Entscheidung, weil der verfolgte Feststellungsantrag ein Verhalten der Beteiligten bezogen auf eine auch zukünftig stattfindende Schulungsmaßnahme betrifft.
47Vgl. zum Vorstehenden insgesamt OVG NRW, Beschlüsse vom 19. April 2021 – 20 A 781/19.PVL, PersV 2021, 315, und vom 9. November 2018 – 20 A 2884/17.PVL, PersV 2019, 105.
48b) Bei den vom E1. angebotenen Schulungen "Von der Einstellung bis zu Kündigung (AR1)" und "LPVG NRW, Einstieg leicht gemacht (PR1)" handelt es sich nach Aktenlage um Grundschulungen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht. Das ergibt sich aus den Programmen, die der Antragsteller zur Akte gereicht hat. Das hat die Beteiligte auch nicht substanziiert bestritten. Soweit die Beteiligte anführt, sie habe die Programme nicht erhalten, kann das dahinstehen, denn das Programm ist im Internet durch eine beliebige Suchmaschine, z.B. H2. , für jedermann abrufbar, der – wie die Beteiligte aus den vorgerichtlichen Anträgen des Antragstellers – den korrekten Titel kennt. Die Teilnahme an Grundschulungen dieser Art ist für jedes Personalratsmitglied sachlich erforderlich, ohne dass dem im Einzelnen nachzugehen wäre.
49Die Beteiligte hat auch nichts dafür dargetan, dass die Teilnahme ausnahmsweise deswegen nicht erforderlich wäre, weil in der Person des Entsandten kein Anlass für eine Teilnahme an der Grundschulung bestünde. An einem solchen Anlass kann es insbesondere dann fehlen, wenn das Personalratsmitglied bereits über die Kenntnisse verfügt, die mit der Grundschulung vermittelt werden sollen. Das kann der Fall sein, wenn das Mitglied bereits einmal an einer Grundschulung teilgenommen hat und das dort erworbene Grundwissen nicht durch Zeitablauf und/oder Änderungen der Rechtslage bzw. der maßgeblichen Rechtsprechung entwertet ist. Ein Personalratsmitglied kann auch dann über das erforderliche Wissen verfügen, wenn es durch eine langjährige Mitarbeit in einem Personalrat aus seinen dort gewonnenen praktischen Erfahrungen über das Wissen verfügt, das typischerweise in einer Grundschulung gelehrt wird.
50Die Personalratsmitglieder H. und T. verfügen nicht durch bereits früher absolvierte Schulungen über das Wissen, das durch die arbeits- bzw. personalvertretungsrechtliche Grundschulung vermittelt werden soll, zu denen der Antragsteller sie entsandt hat. Frau T. hat noch an keiner personalvertretungsrechtlichen Schulung teilgenommen, Frau H. noch an keiner indiviual-arbeitsrechtlichen.
51Auch soweit beide Damen bereits Mitglieder in personalvertretungsrechtlichen Gremien gewesen sind und derzeit sind, hat die Beteiligte nichts dafür vorgetragen, dass sie durch die dort gemachten praktischen Erfahrungen bereits über das Wissen verfügen, das in den Seminaren vermittelt werden soll. Bei Frau H. wäre das wegen ihrer längeren Mitgliedschaft im Gesamtpersonalrat zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, auch weil sie an rund 20 Sitzungen teilgenommen hat. Aber die Aufgaben eines Gesamtpersonalrats unterscheiden sich typischerweise von den Aufgaben eines örtlichen Personalrats. Der Gesamtpersonalrat ist typischerweise zuständig für Angelegenheiten, die mehrere Dienststellen innerhalb einer Behördenorganisation betreffen. Die Beteiligte trägt nichts dafür vor, dass es sich bei der B. S1./I2. anders verhält. Der Antragsteller ist als örtlicher Personalrat dagegen vorwiegend für Einzelpersonalia zuständig, die – wie die Beteiligte aufzählt – v.a. bestehen aus: Umsetzung innerhalb der Dienststelle, Urlaubsplanung, Einstellung von Aushilfen, Eingruppierung bis Vergütungsgruppe 9 und die Gewährung von Teilzeit und Homeoffice. Insofern wäre es an der Beteiligten gewesen, näher dazu vorzutragen, welche Umstände den Schluss zulassen, dass Frau H. trotz des grds. unterschiedlichen Aufgabenzuschnitts von örtlichem Personalrat und Gesamtpersonalrat aus ihrer praktischen Erfahrung im Gesamtpersonalrat bereits über das arbeitsrechtliche Seminarwissen verfügt. Dem ist die Beteiligte nicht nachgekommen.
52Auch für Frau T. hat die Beteiligte den Erwerb eines solchen, durch praktische Tätigkeit erworbenen Wissens nicht nachvollziehbar dargelegt. Nach Aktenlage liegt ein solcher Erwerb auch nicht auf der Hand. Zwar war Frau T. bereits von 2017 bis 2021 Mitglied in einem örtlichen Personalrat, allerdings nur als Ersatzmitglied. Insofern hat sie in fünf Jahren lediglich an etwa 20 Sitzungen teilgenommen, also etwa an vier Sitzungen pro Kalenderjahr. Insofern wäre es am Beteiligten gewesen darzulegen, dass diese relativ seltene und – wie anzunehmen ist – nicht zusammenhängende Teilnahme an Sitzungen ausgereicht hat, um Frau T. das Wissen zu vermitteln, das in der personalvertretungsrechtlichen Grundschulung vermittelt werden soll. Hierzu hat die Beteiligte indessen ebenfalls nichts vorgetragen.
53c) Soweit die Beteiligte auf das eigene Seminarangebot in ihrer Bildungsstätte verweist, ändert das in der Situation des Eilrechtsschutzverfahrens nichts.
54Ein Personalrat muss zwischen der Fortbildung seiner Mitglieder durch die eigene bzw. eine verbundene Dienststelle und durch externe Seminaranbieter sachgerecht auswählen. Eine solche Auswahl muss er aber erst treffen, wenn die Dienststelle Seminare so konkret anbietet, dass die verschiedenen Seminare überhaupt im Einzelnen verglichen werden können, bzw. die Dienststelle dem Personalrat im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit ernsthaft anbietet, gemeinsam solche Seminare zu konzipieren und zeitnah durchzuführen.
55Liegt ein solches (Seminar-)Angebot vor und entstehen der Dienststelle beim eigenen Angebot erheblich geringere Kosten als bei der Schulung durch externe Seminarveranstalter, muss der Personalrat das dienststellenseitige Angebot in seine Überlegungen einbeziehen. Er muss – nachvollziehbar dokumentiert – bewerten, ob das hauseigene Seminar dem externen Seminar vergleichbar ist, und zwar nach den Gesamtumständen, wie Dozenten, Inhalt, Struktur und Teilnehmerkreis. So wird es etwa nicht zu beanstanden sein, wenn der Personalrat trotz vergleichbarer Inhalte ein besonders dicht gedrängtes Seminarprogramm an wenigen Tagen, für weniger geeignet hält als ein solches, das die Seminarinhalte auf mehr Zeit verteilt und Raum für Vertiefung, Diskussionen und Überdenken des Erlernten lässt. Auch wird er den Erkenntniszuwachs durch den Austausch mit Schulungsteilnehmern anderer Dienststellen einbeziehen dürfen, die einen über den notwendig beschränkten Horizont der eigenen Dienststelle hinaus eröffnen, der sonst verschlossen bliebe. Dasselbe gilt für die Dozenten, die bei eigenen Kräften der Dienststelle besonders gute Kenntnisse der eigenen behördlichen Situation besitzen können. Für externe Dozenten mag dagegen die besondere Sachkunde durch professionelle Schulungstätigkeit sowie auch der Vorzug des "Blicks von Außen" sprechen. Grundsätzlich dürfte auch ein kleinerer Teilnehmerkreis einem größeren vorzuziehen sein, weil er die individuellere Ansprache der Teilnehmer ermöglicht.
56Je größer allerdings die – dienststellenseitig nachvollziehbar darzulegende – Kostenersparnis durch die eigene Fortbildungsmaßnahme ausfällt, desto stärker muss der Personalrat diesen Gesichtspunkt in seiner Abwägung gewichten. Sind das eigene und das externe Seminar nach den Gesamtumständen ungefähr vergleichbar, wird es nur schwer zu begründen sein, dem öffentlichen Haushalt gleichwohl die höheren Kosten einer externen Schulung zuzumuten.
57Hieran gemessen war dem Einwand der Beteiligten, sie könne vergleichbare Schulungen mit eigenem Personal in der eigenen Bildungsstätte selbst kostengünstiger anbieten, im Eilrechtsschutz nicht weiter nachzugehen. Denn die Beteiligte hat lediglich vorgetragen, solche Seminare künftig anbieten zu können. Sie bietet sie aber derzeit nicht an. Ein Vergleich der vom Antragsteller ausgewählten externen Seminare mit erst zukünftig zu konzipierenden Seminaren in der B. -eigenen Bildungsstätte ist bereits nicht möglich.
58Das Weiteren müssen Grundschulungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit der (erstmaligen) Wahl in den Personalrat erfolgen, um ihren Zweck zu erreichen. Die Inaussichtstellung von evtl. künftig anzubietenden Seminaren genügt nicht. Die Beteiligte hat lediglich Absichtsbekundungen, aber wenig Konkretes dafür dargetan, dass sie vergleichbare Schulungen alsbald anbietet.
59Soweit die Beteiligte auf das im Mai 2022 in ihrer Bildungsstätte stattfindende Seminar zum Personalvertretungsrecht verweist, steht das der Erforderlichkeit der externen Grundschulung PR1 für Frau Sander in Hattingen nicht im Wege. Denn nach Aktenlage lässt sich schon nicht feststellen, die Seminare inhaltlich vergleichbar sind. Das von der Beteiligten angebotene Seminar umfasst lediglich einen Kurzüberblick über das Landes-Personalvertretungsrecht an etwa zweieinhalb Seminartagen. Das Seminar PR1 findet jedoch ganztägig von Montag bis Freitag also an fünf, ggf. viereinhalb Tagen statt. Die Beteiligte legt nicht nachvollziehbar dar, dass die Seminare trotzdem gleichwertig sind. Insofern kann dem Antragsteller nicht vorgehalten werden, dass er einen Vergleich nach weiteren Kriterien unterlassen hat.
60Zum arbeitsrechtlichen Seminar, das Frau H. besuchen soll, bietet die Beteiligte keine konkrete eigene Veranstaltung an. Da es sich um ein Grundlagenseminar handelt, bedarf es auch keiner Prüfung, ob Frau H. dieses Wissen konkret benötigt. Das ist nur bei Spezialschulungen erforderlich. Abgesehen davon hat die Beteiligte nichts dafür vorgetragen, dass Frau H. das dort vermittelte Wissen nicht benötigt. Das wäre aber erforderlich gewesen, weil ein Grundlagenseminar lediglich das Basiswissen vermittelt, das für eine Tätigkeit als Personalrat unabdingbar ist. Die Aufzählung der Angelegenheiten, für die die Beteiligte derzeit zuständig ist und auf die sich die Personalratsarbeit bezieht, belegt nicht, dass das vermittelte Wissen für Frau H. nicht erforderlich ist. Auch die aufgezählten Aufgaben der Beteiligten setzen erkennbar arbeitsrechtliche Grundkenntnisse voraus, um die Beteiligungsrechte des Antragstellers sachgerecht wahrnehmen zu können. Abgesehen davon ist der Aufgabenzuschnitt der Beteiligten nicht gesetzlich festgelegt, sondern unterliegt lediglich der behördeninternen Geschäftsverteilung. Er kann sich also jederzeit ändern. Zudem übersieht die Beteiligte, dass der Antragsteller über ein umfassendes eigenes Initiativrecht verfügt (vgl. § 66 Abs. 4 LPVG NRW), dessen sachgerechte Wahrnehmung ebenfalls arbeitsrechtliche Grundkenntnisse voraussetzt.
61d) Der Entsendebeschluss des Antragstellers ist nach vorläufiger rechtlicher Bewertung nicht zu beanstanden. Er ist insbesondere nicht unwirksam, weil Frau H. und Frau T. an der Beschlussfassung mitgewirkt haben.
62Auch wenn § 42 Abs. 5 LPVG im Gegensatz zu § 42 Abs. 3 Satz 1 LPVG keine ausdrückliche Regelung zu einem Entsendebeschluss des Personalrats enthält, so ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass es auch bei der Freistellung zu Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nach Maßgabe des § 42 Abs. 5 LPVG eines Entsendebeschlusses des Personalrats bedarf.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. März 1993 – CL 33/89, PersV 1995, 463; BVerwG, Beschluss vom 27. April 1999 – 6 P 45.78, BVerwGE 58, 54.
64Der Personalrat hat aufgrund interner Willensbildung selbständig und alleinverantwortlich, d.h. ohne den Weisungen oder der Rechtsaufsicht des Dienststellenleiters zu unterliegen, darüber zu bestimmen, wie er seine Geschäfte führt und die ihm obliegenden Aufgaben erfüllt. Nur eine solche Auslegung des § 42 Abs. 5 LPVG entspricht der gesetzlich in den §§ 64 ff. LPVG geregelten Aufgaben und der im vierten Abschnitt des LPVG geregelten Rechtsstellung des Personalrats. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn dadurch Kosten entstehen, die die Dienststelle zu tragen hat.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. März 1993 - CL 33/89 -, a. a. O.
66Der Antragsteller hat einen solchen Entsendebeschluss gefasst, wie aus der Anlage zur Antragsschrift hervorgeht. Soweit die Beteiligte pauschal eine fehlerhafte Beschlussfassung rügt, war dem im Eilrechtsschutz mangels handgreiflicher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit nicht weiter nachzugehen.
67Soweit die Beteiligte rügt, der Beschluss sei wegen der Mitwirkung der Entsandten unwirksam, kann die Fachkammer dem nicht folgen. Das LPVG NRW regelt den Ausschluss einzelner Personalratsmitglieder wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht ausdrücklich. Vielmehr wird § 28 Abs. 1 Satz 2 LPVG NRW hilfsweise herangezogen. Danach gilt: Ist ein Mitglied zeitweilig verhindert oder ruht seine Mitgliedschaft, so tritt ein Ersatzmitglied für die Zeit der Verhinderung oder des Ruhens ein. Die Verhinderung kann nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich eintreten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn bei einer Angelegenheit, an der der Personalrat beteiligt ist, bei einem Personalratsmitglied zumindest "der böse Schein" einer Interessenkollision entstehen kann.
68In der Literatur wird vertreten, dass bei Entscheidungen zur Organisation und Geschäftsführung des Personalrats, die mit einer personellen Auswahl verbunden sind, die Befangenheitsregeln nicht eingreifen.
69Vgl. Kröll, in: Altvater u.a., BPersVG (2019), § 37 Rn. 18a m.w.N.
70Dem stimmt die Fachkammer bei vorläufiger Bewertung für die Auswahl von Teilnehmern an Grundschulungen zu. Denn hier fehlt bereits der böse Schein einer Interessenkollision, weil grds. jedes Personalratsmitglied Anspruch auf eine bzw. mehrere Grundschulungen hat. Überdies ist das ausgewählte Personalratsmitglied nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen, wie etwa bei einer es treffenden Einzelpersonalmaßnahme (Um-/Versetzung, Beförderung, Kündigung usw.), sondern lediglich in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsstellung. Auswahl und Schulung erfolgen lediglich zu personalvertretungsrechtlichen Zwecken. Deswegen kann die Fachkammer keine Anhaltspunkte für eine Interessenkollision erkennen.
71e) Nach vorläufiger Bewertung muss die Beteiligte entgegen ihrer Ansicht auch die Übernachtungskosten tragen, die durch die Schulungen anfallen. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und 3 LPVG NRW trägt die Dienststelle die Kosten, die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehen. Mitglieder des Personalrats erhalten bei solchen Reisen Reisekostenvergütungen nach dem Landesreisekostengesetz.
72Die danach grundsätzlich eröffnete Möglichkeit der Gewährung einer Reisekostenvergütung nach dem LRKG NRW führt nicht zu einer unmittelbaren Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes, wie diese im Verhältnis zwischen Beschäftigten und Dienstherrn/Arbeitgeber gelten. Vielmehr sind bei der Geltendmachung von Reisekosten durch ein Personalratsmitglied die reisekostenrechtlichen Vorschriften wegen der Eigenart der Personalratstätigkeit nur entsprechend anwendbar. Nur auf diese Weise kann den Besonderheiten der Rechtsbeziehung zwischen Personalrat und Dienststelle hinreichend Rechnung getragen werden.
73Die im vorliegenden Zusammenhang relevante Eigenart der Personalratstätigkeit ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die Dienststelle grundsätzlich keinen Einfluss auf die Amtsführung des Personalrats hat, weil der Personalrat ein unabhängiges und der Dienststelle nicht unterstelltes, sondern ein auf der Ebene partnerschaftlicher Gleichordnung mit der Dienststelle stehendes Organ der Personalvertretung ist.
74Der Personalrat hat als Teil der Dienststelle allerdings auch bei Reisen das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das Entstehen von Kosten muss für die Erfüllung seiner Aufgaben überhaupt und der Höhe nach notwendig im Sinne von erforderlich und vertretbar sein. Dies ist nicht rückblickend allein nach objektiven Maßstäben zu beurteilen; es genügt, wenn der Personalrat die Aufwendungen bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich und vertretbar halten durfte.
75Hinsichtlich der Art und Weise, wie der Personalrat oder das in Betracht kommende Mitglied eine ihm obliegende Aufgabe wahrnehmen will, insbesondere, ob zu ihrer Erfüllung eine Reise für erforderlich gehalten werden darf, besteht ein gewisser, wenn auch begrenzter Beurteilungsspielraum. Dieser erstreckt sich auf die Ausführung der Reise, also insbesondere auf die Frage, ob nicht auf andere, kostensparendere Weise die Aufgaben des Personalrats hätten erfüllt werden können.
76Daraus ergibt sich, dass der Personalrat wie auch das einzelne Personalratsmitglied hinsichtlich seiner kostenverursachenden Tätigkeit, die sich im gesetzlichen Aufgabenkreis bewegt, einen von strikter Rechtskontrolle entbundenen Beurteilungsspielraum besitzt, der sich auf die durch eine Personalratstätigkeit entstandenen Reisekosten erstreckt.
77Schon deswegen wäre es systemwidrig, Reisekosten eines Personalratsmitglieds grundsätzlich anders zu behandeln als alle anderen durch Personalratstätigkeiten ausgelösten Kosten. Dies bedeutet nicht, dass das Personalratsmitglied sich über die reisekostenrechtlichen Bestimmungen hinwegsetzen kann. Vielmehr sind diese gesetzlichen Vorgaben zu beachten, soweit sie ungeachtet der Eigenart der Personalratstätigkeit Verbindlichkeit beanspruchen dürfen. Dort jedoch, wo die anzuwendenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, die offen sind für Wertungen und Abwägungen gegenläufiger Gesichtspunkte, ist die Zuerkennung eines Beurteilungsspielraums in gleicher Weise gerechtfertigt wie in den anderen Fällen kostenverursachender Tätigkeit, die sich nach den allgemeinen Kriterien der Erforderlichkeit, Vertretbarkeit und Verhältnismäßigkeit beurteilen.
78Zum Vorstehenden: OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2013 – 20 A 878/12.PVB, PersV 2013, 345.
79Bei der Frage, ob eine Übernachtung am Schulungsort notwendig i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 LRKG NRW ist und in wieweit höhere Übernachtungskosten als 20 Euro ebenfalls notwendig sind, steht dem Personalrat demnach ein Beurteilungsspielraum zu. Der Personalrat darf den unbestimmten Rechtsbegriff der "Notwendigkeit" selbst ausfüllen. Hierbei unterliegt er lediglich einer Vertretbarkeitskontrolle am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
80Bei der Entscheidung, ob eine tägliche An- und Abreise zum Schulungsort oder eine dortige Übernachtung erfolgt, muss der Personalrat abwägen, was bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage erforderlich und vertretbar ist. Dabei hat er den Standpunkt eines vernünftigen Dritten einzunehmen und die Interessen der Dienststelle auf der einen und des Personalrats und seine eigenen auf der anderen Seite gegenüber zu stellen. Dies schließt insbesondere auch eine Abwägung mit dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein.
81Dies zugrunde gelegt ist aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden, dass der Personalrat eine Übernachtung am Schulungsort Hattingen für erforderlich gehalten hat. Nach H2.-N. beträgt die einfache PKW-Fahrzeit von E. nach I3. eine gute Stunde, je nach Verkehrslage mehr. Für Hin- und Rückfahrt wären also mehr als zwei Stunden Fahrzeit einzuplanen. Bei einer zu veranschlagenden Seminarzeit von 9.00 bis 17.00 Uhr müsste die Fahrt – um pünktliches Erscheinen auch bei Verkehrsstörungen zu garantieren – spätestens um 7.30 Uhr in E. angetreten werden und eine Rückkehr wäre nicht vor 19.15 Uhr zu erwarten. Die Beteiligte hat nichts dafür dargetan, dass die beiden Personalratsmitglieder näher am Seminarort wohnen, so dass im Eilverfahren von E. auszugehen ist.
82Daraus ergäben sich an den Seminartagen Abwesenheitszeiten von rund 12 Stunden, ggf. am Freitag etwas weniger. Bereits mit Blick auf diese dienstliche Beanspruchung, die erheblich über der Regelarbeitszeit und der täglich zulässigen Arbeitszeit liegt, ist nicht erkennbar, dass der Personalrat seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat, als er eine Übernachtung am Schulungsort für notwendig hielt. Er durfte u.a. die Ermüdung der Teilnehmer, die bei dieser Beanspruchung unweigerlich eintritt und dem vollen Seminarerfolg im Wege stehen kann, in Rechnung stellen.
83Hinzu tritt, dass der Personalrat den Austausch unter den Schulungsteilnehmern, auch von anderen Dienststellen, der erfahrungsgemäß an Seminarabenden in informeller Form stattfindet, in seine Überlegungen einbeziehen durfte. Er durfte diesen Austausch für förderlich halten und im Rahmen der Beurteilung berücksichtigen.
84Verpflegungs- und Übernachtungskosten von 604 € für eine fünftätige Schulung, also ein Tagessatz für Vollpension von etwa 150 €, entsprechen aller Voraussicht nach noch dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel. Eine Übernachtung in der Jugendherberge E. mit Vollpension in einem Einzelzimmer mit Dusche/WC kostet nach der im Internet ersichtlichen Preisliste bereits 102,10 Euro pro Tag und setzt überdies die kostenpflichtige Mitgliedschaft im E1. K. voraus.
85Eine Kostenentscheidung unterbleibt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Aus diesem Grunde und mit Blick auf die Eilbedürftigkeit des Verfahrens betrachtet die Fachkammer den Antrag bzgl. der Frau Reinartz als gegenstandslos, seit der Antragsteller ihn für erledigt erklärt hat.
86Rechtsmittelbelehrung:
87Gegen den Beschluss findet der nicht fristgebundene Widerspruch statt. Der widersprechende Verfahrensbeteiligte hat in dem Widerspruch die Gründe für die Aufhebung der einstweiligen Verfügung darzulegen.
88Beschluss
89Der Gegenstandswert wird gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG wegen der beantragten teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache bis zur Erledigungserklärung auf 15.000 Euro und für die Zeit danach auf 10.000 Euro festgesetzt.
90Rechtsmittelbelehrung:
91Gegen den Beschluss über die Festsetzung des Gegenstandswertes kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Beschwerdegegenstand 200,- Euro nicht übersteigt.