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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Dem 0000 geborenen Kläger, der zum Kaufmann im Einzelhandel ausgebildet wurde, war zunächst 1999 eine Waffenbesitzkarte und Munitionserwerbsberechtigung für eine Signalpistole erteilt worden. Ein Erwerb wurde nie eingetragen. Im Jahr 2016 beantragte der Kläger die Erteilung einer Waffenbesitzkarte als Sportschütze, die erteilt wurde und in die im August 2017 eine Kleinkaliber-Büchse eingetragen wurde (Bl. 23 Bd. 1 BA).
3Das beklagte Land erhielt im Februar 2017 Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft L. - 000 JS 000/17- bzgl. des Klägers wegen des Verdachts des Leistungsbetruges zum Nachteil der Bundesagentur für Arbeit. Der Kläger hatte Arbeitslosengeld beantragt und seit dem 0.0.2016 Leistungen bezogen. Am 00.0. 2017 nahm er eine geringfügige Beschäftigung in H. auf. Trotzt Belehrung in einem Hinweisblatt zeigte der Kläger die Beschäftigung nicht an und erhielt im Monat Februar 2017 zu Unrecht 221,70 Euro Leistungen. Im Ermittlungsverfahren nahm der Kläger unter dem 21. Mai 2017 Stellung (Bl. 71 Bd. 4 BA). Er gab an, er sei davon ausgegangen, der Arbeitgeber werde die Meldung machen. Er habe die Bundesagentur nicht schädigen wollen und zunächst keine Lohnabrechnung für den Monat Februar 2017 bekommen. Das Verfahren wurde durch Verfügung vom 14. Juli 2017 nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt (Bl. 77 Bd. 4 BA). Anschließend verhängte das Hauptzollamt E. mit Bescheid vom 4. September 2017 ein Bußgeld nach § 404 Abs. 2 Nr. 27 SGB III (Bl. 87 Bd. 4 BA), dass der Kläger zahlte.
4Ende Juni 2018 erhielt das beklagte Land Kenntnis von einem weiteren Ermittlungsverfahren (000 Js 000/18) bzgl. des Klägers (Bl. 54 Bd. 1 BA). Seine Tochter, D. I. (geb. 00.00.2000) bzw. deren Rektor hatte am 26. Juni 2018 Anzeige wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen, Misshandlung von Kindern und vorsätzlicher einfacher Körperverletzung gestellt. D. hatte an diesem Tag mit dem Rektor ihrer Schule gesprochen und angegeben, seit Jahren seien sie und ihre Geschwister durch die Eltern geschlagen bzw. misshandelt worden. D. hatte zu diesem Zeitpunkt den elterlichen Haushalt in L. -H1. verlassen und lebte bei der „Patenfamilie“ der Eheleute L1. -I1. und N. L2. , in L. -L3. .
5Bei der Polizei hatte Herr L2. , der Onkel der Ehefrau des Klägers und Patenonkel der D. I. am 28. Juni 2018 (Bl. 66 Bd. 1 BA) angegeben, er mache sich Sorgen wegen körperlicher Übergriffe, die möglicher Weise bereits im Grundschulalter stattgefunden hätten. Er sei damals vom Schulleiter der Grundschule angesprochen worden. Niemals sei der Kläger jedoch in Gegenwart der Eheleute L2. körperlich übergriffig geworden, sehr wohl aber wiederholt verbal aggressiv. Seine Körperhaltung und Gestik im Zusammenhang mit Konflikten seien immer Zeichen von offenbar vorhandenem Aggressionspotential. Es bestehe eine schlechte finanzielle Situation, der Kläger sei psychisch angeschlagen. Nach D1. Angaben habe es am 00.0.2018 körperlichen Übergriff nach einer Einkaufsfahrt gegeben. Die Frau des Klägers habe sich entschuldigt und gesagt, dass Kläger in die Psychiatrie zur Behandlung der Aggression wolle (Bl. 23 Bd. 3 BA). Am 29. Juni 2018 gab er an, der Kläger sei gegenüber der Schwester von Herrn L2. und seiner Frau gegenüber aufbrausend gewesen. Er habe selbst beobachtet, wie der Kläger gegenüber den Kindern sehr aufbrausend gewesen sei, er sei auf die Kinder zugekommen und habe lautstark geschimpft.
6D. I. (Bl. 71 ff Bd. 1 BA) hatte über den 25. Juni 2018 bei der Polizei angegeben, bei einer Einkaufsfahrt habe der Kläger die Kinder angeschrien. Sie habe früher geliehene 15,- Euro zurückverlangt, darauf habe der Kläger ihr das Portemonnaie ins Gesicht geworfen. Es habe zur der Zeit Streit mit L4. -L5. Schützenvereinigung gegeben, sie habe dort von ihren Eltern nicht mit reingezogen werden wollen. Dem Kläger sei die telefonische Bedrohung einer Frau vorgeworfen worden. Der Kläger habe sie feste in den Nacken gefasst und über die Treppe gezwungen. Ihre Mutter habe sie im Streit mehrfach auf den Kopf geschlagen. Später sei sie von beiden auf dem Boden liegend geschlagen worden.
7Der Freund der D. I. , Herr M. L6. , hatte bei der Polizei angegeben, er habe gesehen, wie der Kläger die Tochter S. bei Schützenfest in L7. mit der Hand entweder auf die Schulter oder an den Kopf geschlagen habe (Bl. 89 Bd. 1 BA). Einmal habe er gesehen, wie der Kläger B. fest an den Arm gefasst und laut geschrien habe. Ihm gegenüber sei der Kläger nicht gewalttätig geworden, habe auch nie Gewalt angedroht, er habe ihn jedoch öfter angeschrien. Einmal wegen einer Halloween-Maske. Wenn es Gespräche gegeben habe und er anderer Meinung gewesen sei, dann habe er ihn angeschrien und gemeint, er habe Unrecht und würde falsch liegen. Nach dem Vorfall am 00.0.2018 habe D. noch Kopfschmerzen gehabt und sei ziemlich aufgelöst gewesen. Es habe eine Entschuldigungsnachricht vom Handy der Mutter gegeben. Der Kläger, seine Ehefrau und D. seien im Juni 2018 vom Schützenverein vom Wettkampfschießen der L4. L5. Schützenvereinigung ausgeschlossen worden (Bl. 91 Bd. 1 BA).
8Die anderen Kinder des Klägers gaben an, sie hätten keine Schläge geschehen und bezichtigten D. der Lüge. Die Mutter habe D. einmal eine Backpfeife gegeben. Sie selbst seien nie von Eltern geschlagen worden. D. sei jedoch öfter aggressiv gewesen und habe gekniffen.
9Die polizeilichen Ermittlungen in der Nachbarschaft des Wohnhauses des Klägers (Bl. 114 ff Bd. 1) ergaben, dass die Nachbarn keine körperlichen Übergriffe erlebt hatten, jedoch wiederholt lautstarke Wortgefechte und Auseinandersetzungen. Die Zeugen hätte übereinstimmend häufiges lautes Schreien und Brüllen des Klägers berichtet.
10Ermittlungen beim behandelnden Arzt belegten keine Gewaltanwendung. Der Kläger und seine Ehefrau trugen weiter vor, D. sei über einen Zeitraum von ca. 1,75 Jahren wegen einer immer wiederkehrenden Nierenbeckenentzündung im St. B1. -Hospital immer wieder in stationärer Behandlung gewesen, dort habe es keine Feststellungen für evtl. Misshandlungen gegeben.
11Im Ermittlungsverfahren legte der Kläger eine Bescheinigung des Netzwerkes für Familientherapie und Beratung vom 31. Januar 2012 (Bl. 132 Bd. 3 BA) vor, wonach es aus der damaligen Grundschule Hinweise für unangemessene Erziehungsmethoden gegenüber D. gegeben habe. Man habe die Eltern als „interessiert, engagiert und reflektiert erlebt“. Er habe keine Anzeichen für Gewaltausübung gegeben. Die Kommunikation seitens der Schule und Fachleute scheine so verwickelt gewesen zu sein, dass sich die Eltern in Verteidigungshaltung gedrängt gesehen hätten. Es bestehe kein Bedarf für ambulante pädagogische oder therapeutische Unterstützung.
12Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 28. Dezember 2018 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Bl. 141 Bd. 3 BA).
13Nach einem Aktenvermerk vom 29. Juli 2019 sah die Waffenbehörde in dem Inhalt des Ermittlungsverfahrens Anhaltspunkte für ein weiteres Vorgehen. „Alle anwesenden Parteien [hätten] ein aggressives Verhalten beschrieben.“ Herr L2. habe berichtet, die Ehefrau des Klägers habe erklärt, dass der Kläger eine Therapie benötige.
14Darauf hörte das beklagte Land den Kläger mit zweieinhalb seitigem Schreiben vom 6. August 2019 zu dem beabsichtigten Widerruf der Waffenbesitzkarte wegen Zweifeln an der Eignung wegen der im Ermittlungsverfahren dokumentierten Aggressivität an und gab ihm die Möglichkeit, gemäß § 6 Abs. 2 WaffG seine Eignung durch die Vorlage eines aktuellen amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses nachzuweisen. Es bestünden Zweifel an der Eignung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 WaffG, wenn aufgrund in der Person liegender Umstände die konkrete Gefahr einer Selbst- oder Fremdgefährdung bestehe. Es bestünden auch Gründe für die Annahme einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a und b WaffG. Gegen ihn sei ein Ermittlungsverfahren als Beschuldigter wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen bzw. Kindern und einfacher Körperverletzung geführt worden. Das Verfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Es lägen mehrere Zeugenaussagen über das aufbrausende, aggressive und ungehaltene Verhalten des Klägers vor. Das beklagte Land wies auf die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 und 4 Abs. 4 AWaffV hin und setzte eine Frist für die Vorlage bis zum 24. September 2019. Er wies darauf hin, dass im Falle der Nichtvorlage auf eine Nichteignung geschlossen werden könne.
15Der Kläger rief darauf am 15. August 2019 bei der Behörde an und trug unter dem 16. August 2019 sowie 17. August 2019 per Email vor (Bl. 130 f. Bd. 1 BA), er sehe keine Tatsachen als gegeben an, die die Gutachtenanforderung tragen könnten. Er bitte um Benennung der Tatsachen, damit anschließend eine Gutachtenbeauftragung erfolgen könne. Die Zeugenaussagen stammten alle von Personen, die eine intime Beziehung zur Tochter D. hätten oder „Partei für D. ergriffen“ hätten. Mit dem Anhörungsschreiben habe „die Polizeibehörde sich selbst etwas hineininterpretiert […], was de Facto nicht in der Akte zu finden ist“. Die Polizei habe „pure Behauptungen zu TATSACHEN“ erklärt. Er habe u.a. Halloween 2017 Herrn L6. zum Schutze der Kinder „leider energisch auffordern“ müssen, die Maske zu entfernen. Er habe ein Bild der Maske beigefügt. Herr L2. kenne ihn gar nicht, wie seine Angaben zum Beruf und zu Erkrankungen belegten. Er legte eine Bescheinigung der AOK Rheinland/Hamburg vom 15. August 2019 über Arbeitsunfähigkeitszeiten, Tagesprotokolle des Facharztes für Allgemeinmedizin, Dr. med. T. C. , für seine drei noch zuhause lebenden Töchter vor und eine Bescheinigung der Stadt L. – Fachbereich 51- Jugend und Familie, vom 16. August 2019 (Bl. 144 Bd. 3 BA) vor, wonach das Ergebnis des Clearings 2012 gewesen sei, dass keine ambulante pädagogische oder therapeutische Unterstützung erforderlich gewesen sei.
16Am 15. August 2019 übersandte die Waffenbehörde ein Einwilligungsformular an den TÜV Nord, Herrn T1. , wegen einer vom Kläger dort angefragten Begutachtung (Bl. 156 Bd. 1 BA).
17Durch Schreiben vom 2. September 2019 führte der Beklagte aus, für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und Eignung seien die in den Ermittlungsakten befindlichen Aussagen zu den charakterlichen Eigenschaften maßgeblich und verlängerte die Frist zur Vorlage bis zum 15. Oktober 2019 (Bl. 159 Bd. 4 BA).
18Durch weitere Email vom 17. September 2019 bat der Kläger sinngemäß erneut um die Benennung von Tatsachen, aus denen die Gutachtenerforderlichkeit abgeleitet werde. Ihm sei bei dem Versuch, ein Gutachten in Auftrag zu geben aufgegeben worden, Tatsachen zu erfragen.
19Durch Email vom 17. September 2019 verlängerte der Beklagte die Vorlagefrist auf den 25. Oktober 2019 und verwies darauf, dass die Strafanzeige bzw. das Ermittlungsverfahren ausschlaggebend für die Anforderung seien und keine Verurteilung erforderlich sei.
20Durch Email vom 27. September 2019 bat der Kläger um ein Gesprächstermin und legte eine Email des TÜV Nord Mobilität GmbH & Co KG, medizinisch-psychologische Institut vor, mit dem Inhalt: „Nach eingehender Prüfung ihrer eingereichten Unterlagen haben sich die möglichen Gutachter entschieden, den Auftrag nicht zu übernehmen. Unsere Gutachter halten die vorgelegten Unterlagen für nicht fundiert genug, um auf deren Basis eine Untersuchung durchzuführen und ein aussagekräftiges Gutachten zu erstellen.“
21Am 6. November 2019 hat der Kläger Klage gegen die Anhörung und Gutachtenanforderung erhoben – 22 K 7920/19 – und diese nach Hinweis des Gerichts über deren Unzulässigkeit am 26. November 2019 zurückgenommen.
22Mit Schreiben vom 8. Dezember 2019 bat der Verkehrspsychologe Herr V. I2. nach Beauftragung einer Begutachtung nach § 6 WaffG und unter Vorlage der Einwilligung des Klägers vom 10. Dezember 2019 um Übersendung der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Bl. 169 Bd. 1 BA).
23Am 5. Februar 2020 fragte der Beklagte den Sachstand bzgl. der Begutachtung beim Kläger an. Darauf teilte der Kläger unter dem 7. Februar 2020 mit, der Gutachter habe am Vortag vom ihm weitere Unterlagen erhalten. Wann das Gutachten fertig sei, könne er nicht sagen. Mit Schreiben vom 14. Februar 2020 übersandte Herr I2. die Verwaltungsvorgänge an den Beklagten zurück und teilte mit, wegen einer Nicht-Entbindung von der Schweigepflicht, keine weiteren Angaben machen zu können. Der Kläger teilte dem Beklagten per Email vom 28. Februar 2020 mit, der Gutachter habe kein adäquates Gutachten erstellen können, da er nicht im Register von Fachpsychologen zur Begutachtung geführt werde. Ein weiterer Fachgutachter habe die Erstellung des Gutachtens abgelehnt. Er bitte um die Benennung eines anerkannten Fachgutachters. Der Beklagte teilte mit, es sei unzutreffend, dass der Diplom-Psychologe I2. nicht als Fachpsychologe gelistet sei, dem Kläger müsse ein Gutachten vorliegen. Er werde aufgefordert, den Diplom-Psychologen I2. bis zum 13. März 2020 von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Kläger bat mit Email vom 8. April 2020 um erneute Fristverlängerung, da er einen anderen Gutachter beauftragen müsse. Dies lehnte der Beklagte durch Email vom 8. April 2020 ab.
24Mit Bescheid vom 20. April 2020 widerrief das beklagte Land die Waffenbesitzkarte (000000/02) und forderte deren Rückgabe. Weiter ordnete es an, dass die darin zu diesem Zeitpunkt eingetragene Waffe, Einzelladerbüchse, Anschütz, Modell 1807 Kaliber .22lr, Nr. 0000 und evtl. noch vorhandene Munition entweder unbrauchbar zu machen, unbrauchbar machen zu lassen oder einem Berechtigten zu überlassen werden müssten. Das Überlassen bzw. die Unbrauchbarmachung seien innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides nachzuweisen und die waffenrechtliche Erlaubnis innerhalb von 14 Tage nach Überlassung der Waffe zurückzugeben. Gleichzeitig forderte es eine Verwaltungsgebühr von 300,- Euro. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Kläger mangels Vorlage eines Gutachtens in der gesetzten Frist als ungeeignet nach § 6 WaffG anzusehen sei.
25Am 18. Mai 2020 hat der Kläger Klage erhoben.
26Das ebenfalls angestrengte Eilverfahren – 22 L 875/20 – ist nach Übergabe der Waffe an die Ehefrau, Austragung der Waffe aus der Waffenbesitzkarte des Klägers und Rückgabe der Waffenbesitzkarte von den Beklagten für erledigt erklärt worden. Das Verfahren wurde am 17. Juni 2020 eingestellt.
27Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, es lägen keine Tatsachen vor, aus denen eine mangelnde Eignung abgeleitet werden könne. Es gebe daher keinen Grund für die Gutachtenanforderung. Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, es lägen nur Behauptungen der Tochter vor.
28Er legte mit Schreiben vom 11. April 2022 ein „psychiatrisches Gutachten zur waffenrechtlichen Zuverlässigkeit“ des Klägers durch den Dr. (Univ. B2. ) T2. , Facharzt für Psychiatrie, Suchtmedizin und Verkehrsmedizin vom 29. April 2020 vor. Danach habe der Kläger im November 2009 von seinem Hausarzt die Diagnose F 43.9 (Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet) bekommen. Nachdem er ein Haus gekauft, seine Arbeit verloren habe und Vater gestorben sei, habe der Kläger eine Anpassungsstörung entwickelt. Darauf sei er eine Woche krankgeschrieben worden. Es habe Mobbing im Schützenverein gegeben. In den Auszügen aus dem fachpsychologischen Gutachten des Herrn I2. aufgrund der Untersuchung vom 14. Januar 2020 seien diagnostisch Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörung (F 43) festgestellt worden. „Vor dem Hintergrund der wiederkehrenden psychischen Belastungssituationen seien weitere Rezidive zukünftig nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen. In solchen Ausnahmezuständen könne es nicht nur zu depressiven Verstimmungen, Depressionen oder weiteren Nervenzusammenbrüchen kommen, sondern auch zu einer verminderten Affektkontrolle bis hin zur erhöhten Suizidgefahr.“ Das Ergebnis war, dass dieser den Kläger für den Umgang mit Waffen oder Munition als nicht geeignet angesehen habe. Nach der zusammenfassenden Beurteilung des Dr. T2. sei eine Anpassungsstörung als leichte Erkrankung zu bezeichnen, es habe zu jetzigen Zeitpunkt keinen Anhaltspunkt für das Vorhandensein einer psychischen Erkrankung gegeben. Insgesamt bestehe aus psychiatrischer Sicht die Zuverlässigkeit hinsichtlich waffenrechtlicher Aspekte ohne jegliche Einschränkung.
29Die geladenen Zeugen könnten voraussichtlich keine verwertbaren Angaben machen.
30In der mündlichen Verhandlung ist durch Vernehmung der Zeugen Herrn N1. D2. , Kreispolizeibehörde L. , Frau C1. I3. Fachbereich Jugend und Familie der Stadt L. und des Herrn M. L6. und durch informatorische Anhörung der Ehefrau des Klägers, Frau T3. I. , Beweis erhoben worden. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
31Der Kläger beantragt,
32den Widerrufsbescheid des beklagten Landes vom 20. April 2020 aufzuheben.
33Das beklagte Land beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Unter Verweis auf den Bescheid trägt es weiter vor, das Verhalten des Klägers im Verwaltungsverfahren und die mündliche Verhandlung selbst hätten belegt, dass es einen ausreichenden Anlass zur Gutachtenanforderung gegeben habe.
36Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge und staatsanwaltschaftlichen Akten Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, da ihr der Rechtsstreit gemäß § 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen worden ist.
39Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
40Die angefochtene Ordnungsverfügung des beklagten Landes vom 20. April 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41I. Der Widerruf der Waffenbesitzkarte des Klägers ist rechtmäßig. Er findet seine Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zu ihrer Versagung hätten führen müssen. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine waffenrechtliche Erlaubnis u.a. voraus, dass der Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) und die persönliche Eignung (§ 6 WaffG) besitzt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 3 WaffG besitzen Personen die persönliche Eignung u. a. dann nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht.
42Das beklagte Land ist im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsentscheidung
43Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 10. August 2011 – 20 E 1443/10 -, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 – 6 C 24.06 -, NVwZ 2007, 1201;
44zurecht davon ausgegangen, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass dem Kläger nach dem oben genannten Maßstab die erforderliche waffenrechtliche Eignung fehlte.
45Dabei räumt § 6 Abs. 2 WaffG der Waffenbehörde das Recht und die Pflicht ein, an der Aufklärung des hier relevanten Sachverhalts mitzuwirken und dem Betroffenen wiederum eine Mitwirkungsobliegenheit aufzuerlegen.
46Zu § 6 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 AWaffV OVG Rh-Pf, Beschluss vom 3. Dezember 2018 ‑ 7 B 11152/18 –, juris.
47Sind danach Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach Absatz 1 begründen, so hat die zuständige Behörde dem Betroffenen auf seine Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben. Die Einzelheiten ergeben sich aus der auf § 6 Abs. 4 WaffG fußenden AWaffV.
48Bei der auf § 6 Abs. 2 WaffG gestützten Beibringungsanordnung handelt es sich um eine die Sachentscheidung vorbereitende Verfahrenshandlung, die nicht isoliert angreifbar ist.
49OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2014 – 16 A 2367/11 –, juris, Rn. 45; HessVGH, Beschluss vom 22. November 2016 – 4 B 2306/16 –, juris, Rn. 12; OVG Rh-Pf, Beschluss vom 03. Dezember 2018 – 7 B 11152/18 –, juris.
50§ 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV regelt, dass falls sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder er der zuständigen Behörde das von ihr geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht beibringt, die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf.
51Die Voraussetzungen der § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 6 AWaffV liegen vor. Eine solche Anordnung ist hier ergangen. Da der Kläger das geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht beigebracht hat, war von seiner Nichteignung auszugehen.
52Die Anordnung war rechtmäßig und verhältnismäßig. Insbesondere bestand ein ausreichender gesetzlicher Anlass,
53zu diesem Erfordernis vgl. BVerwG, Urteile vom 13. November 1997 - 3 C 1.97 -, juris, Rn. 17 und vom 9. Juni 2005 - 3 C 25.04 -, juris, Rn. 19; BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 -, juris, Rn. 38, BayVGH, B.v. 2.12.2020 – 24 CS 20.2211 – juris Rn. 22 ; OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 21.2.2014 – 16 A 2367/11-, juris;
54dem Kläger die Beibringung des Gutachtens aufzugeben. Es waren nach § 6 Abs. 2 WaffG Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Absatz 1 Nr. 3 begründeten. Dies ist bei Tatsachen der Fall, aus denen sich bei vernünftiger, lebensnaher Betrachtung hinreichende Bedenken gegen die persönliche Eignung des Klägers wegen eines der gesetzlichen Eignungsmängel ergeben.
55OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2014 – 16 A 2367/11 –, juris unter Verweis auf Begründung des Regierungsentwurfs zum WaffRNeuRegG, BT-Drucks. 14/7758 S. 56.
56Tatsachen im Rechtssinne sind sinnlich wahrnehmbare oder feststellbare Zustände oder Umstände. Eine abstrakte Umschreibung, auf welche Tatsachen es dabei ankommt, ist weder dem Waffengesetz noch den Materialien hierzu zu entnehmen. Das ist auch in allgemeiner Form nicht möglich. Entscheidend sind die Tatbestandsmerkmale der Norm, die auf den konkreten Sachverhalt angewendet werden soll. Die Verknüpfung des Waffengesetzes mit den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 WaffG) verdeutlicht die Zweckbestimmung dieser Rechtsmaterie, die sich nicht nur auf den Schutz fremder Personen erstreckt, sondern auch vor Selbstgefährdung schützen soll.
57Bay. VGH, Beschluss vom 30. März 2020 – 24 ZB 17.1883 –, juris Rn 15.
58Hier ergaben sich solche Tatsachen aus dem Inhalt des nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten und in Bezug auf den Kläger geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft L. 201 Js 613/18. Aus dem Inhalt des Ermittlungsverfahrens bzw. der dortigen Akten ergaben sich solche Tatsachen, denn darin waren Äußerungen von Zeugen, die von der Polizei vernommen worden waren, die in der Summe zum Inhalt hatten, der Kläger werde schnell laut, sei aufbrausend, schreie herum und werde aggressiv. Dies haben verschiedene der befragten Zeugen an verschiedenen Stellen der Ermittlungen angegeben. Diese Angaben verbleiben als selbständige Tatsachen auch nach Einstellung des Verfahrens und selbst bei Nichtberücksichtigung der Vorwürfe und Angaben in der Anzeige der Tochter D. .
59Bei der Polizei hatte Herr L2. , der Onkel der Ehefrau des Klägers und Patenonkel der D. angegeben, er mache sich Sorgen wegen möglicher früherer körperlicher Übergriffe. Der Kläger sei wiederholt verbal aggressiv gewesen. Seine Körperhaltung und Gestik deute er als vorhandenes Aggressionspotential. Am 29. Juni 2018 hatte er weiter angegeben, der Kläger sei gegenüber der Schwester von Herrn L2. und seiner Frau aufbrausend gewesen. Er habe selbst beobachtet, wie der Kläger gegenüber den Kindern sehr aufbrausend gewesen sei, er sei auf die Kinder zugekommen und habe lautstark geschimpft.
60Hinzu kommen die Aussagen, die sich im Rahmen der Nachbarschaftsbefragung durch den ermittelnden Beamten D2. ergaben, wonach wiederholt lautstarke Wortgefechte und Auseinandersetzungen aus dem Haus der Familie I. zu hören gewesen sei und die Zeugen übereinstimmend häufiges lautes Schreien und Brüllen des Klägers berichtet hätten. Dies Angaben und seine Eindrücke hat der Zeuge in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dabei zeigte er nach dem persönlichen Eindruck der Einzelrichterin professionelle Distanz zum Verfahren und zum Kläger und keinerlei Belastungstendenzen und war daher sehr glaubhaft und überzeugend.
61Auch hatte der Zeuge L6. , der damalige und heutige Freund der Tochter D. , damals bei der Aussage bei der Polizei angegeben, ihm gegenüber sei der Kläger nicht gewalttätig geworden und habe auch nie Gewalt angedroht. Er hat jedoch genauso formuliert, der Kläger habe auch ihn öfter angeschrien. Einmal wegen einer Halloween-Maske. Wenn es Gespräche gegeben habe und er anderer Meinung gewesen sei, dann habe der Kläger ihn angeschrien und auf seinem Standpunkt beharrt. Der Zeuge L6. hat diesen Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung wiederholt und bestätigt. Dabei hat die Einzelrichterin nach ihrem persönlichen Eindruck keine Belastungstendenzen erkennen können, auch wenn der Zeuge weiterhin in einer Beziehung mit der Tochter des Klägers steht, die ihn damals angezeigt hatte. Die ruhige, sachliche und eher wortkarge Art des Zeugen und sein zurückhaltendes Auftreten ließen seine zurückhaltend formulierte Aussage glaubhaft erscheinen. Dies gilt unter anderem auch, weil er offen eingeräumt hat, sich an Einzelheiten von Beleidigungen nicht mehr erinnern zu können. In der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge zudem gut nachvollziehbar zu seiner damaligen subjektiven Situation angegeben, er habe sich damals vom Auftreten und Verhalten des Klägers in Streitsituationen eingeschüchtert gefühlt und anschließend Diskussionen mit diesem vermieden.
62Weiterhin hat die damals mit der teilweisen Ausübung der elterlichen Sorge für die minderjährigen Kinder des Klägers (außer D. ) betraute Mitarbeiterin des Stadt L. im Fachbereichs Jugend und Familie der Stadt L. im Bereich der Vormundschaften beruflich befasste Zeugin Frau I3. diese Eindrücke über das „schnell Aufgeregt-Sein“, das sich in „Rage-Reden“ des Klägers und seine „Aufgebrachtheit“ bestätigt. Dies wird nicht dadurch nicht weniger gewichtig, dass die Zeugin in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, der Kläger sei ihr gegenüber immer höflich gewesen und habe sich ihr gegenüber auch nie bedrohlich geäußert. Eine Bedrohung ihrer Person oder Unhöflichkeiten hatte der Beklagte nie angenommen. Die Zeugin hat jedoch die früher von anderen dargelegten Eindrücke bestätigend und vertiefend angegeben, der Kläger sei wütend geworden, habe nicht mehr still sitzen können, habe anderen die Schuld zugewiesen, sich selbst zu Unrecht angegriffen gefühlt und insgesamt ihre Rolle in der Familie nicht richtig verstanden. Sie habe ihn als sehr aufgebracht und emotional wahrgenommen. Sie auch in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliche Befragung, nicht bestätigen, dass der Kläger nie andere Personen im Gespräch bedroht habe. Sie führt vielmehr aus, wenn das Gespräch in diese Richtung ging, habe sie das Gespräch nicht weiterverfolgt.
63Die vorgemachten Angaben der Zeugen bei der Polizei im Ermittlungsverfahren sind damit in der mündlichen Verhandlung durch die Vernehmung der Zeugen im Ergebnis wiederholt bzw. bestätigt sowie vertieft und zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 VwGO) bewiesen worden.
64Diese Angaben sind hier verwertbar, auch wenn das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind. Auch eingestellte Ermittlungsverfahren können herangezogen werden.
65BVerwG, Urteil vom 26. März 1996 - 1 C 12.95 -, juris, Rn. 24; Gade, WaffG, 2. Auflage, § 5 Rn. 19.
66Anlass zur Gutachtenanforderung war nicht der Vorwurf der Misshandlung von Schutzbefohlenen oder der vorsätzlichen Köperverletzung bzgl. der die Verfahrenseinstellung erfolgte. Diese hat der Beklagte auch der Gutachtenanforderung nicht zugrunde gelegt, auch wenn einige Formulierung im Anhörungs- und Anforderungsschreiben unglücklich gewählt sind, weil sie an mehreren Stellen den Eindruck machen, Angaben von Zeugen im Ermittlungsverfahren seien erwiesen worden.
67Im Ergebnis wird der ausreichende Anlass für die Anforderung des Gutachtens auch dadurch bestätigt, dass der Gutachter I2. nach der Darstellung im Gutachten des Dr. T2. ausgeführt hatte, vor dem Hintergrund der wiederkehrenden psychischen Belastungssituationen seien beim Kläger weitere Rezidive zukünftig nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen. In solchen Ausnahmezuständen könne es nicht nur zu depressiven Verstimmungen, Depressionen oder weiteren Nervenzusammenbrüchen kommen, sondern auch zu einer verminderten Affektkontrolle bis hin zur erhöhten Suizidgefahr. Der Kläger wurde von ihm daher für den Umgang mit Waffen oder Munition als nicht geeignet angesehen.
68Zudem ist anerkannt, dass eine hinreichende Affekt- und Impulskontrolle für einen Waffenbesitzer eine unerlässliche Voraussetzung darstellt. Daran fehlt es, wenn jemand in bestimmten Situationen leicht aufbrausend reagiert und daraus der Schluss gezogen werden muss, dass er in Konfliktsituationen nicht immer angemessen reagieren wird. In einem solchen Fall kann vom Waffenbesitzer eine gutachterliche Abklärung verlangt werden.
69Bay. VGH, Beschluss vom 30. März 2020 – 24 ZB 17.1883 –, juris Rn 15 ff.; vgl. auch OVG B-B, Beschluss vom 18. Dezember 2012 – OVG 11 S 58.12 –, juris Rn. 19.
70Die Anforderung des Gutachtens durch das Schreiben vom 6. August 2019 war selbst hinreichend bestimmt. Aus dem Schreiben ergeben sich auch die Gründe für die Anordnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AWaffV). Anders als der Kläger meint, enthält es für den Kläger erkennbar die relevanten Tatsachen. Es führt aus, aus dem Akteninhalt des Ermittlungsverfahrens ergäben sich mehrere Zeugenaussagen über das aufbrausende, aggressive und ungehaltene Verhalten des Klägers. Nichts anderes ergibt sich aus der Email des TÜV Nord Mobilität GmbH & Co KG, medizinisch-psychologische Institut vom 27. September 2019. Soweit es darin heißt: „Nach eingehender Prüfung ihrer eingereichten Unterlagen haben sich die möglichen Gutachter entschieden, den Auftrag nicht zu übernehmen. Unsere Gutachter halten die die vorgelegten Unterlagen für nicht fundiert genug, um auf deren Basis eine Untersuchung durchzuführen und ein aussagekräftiges Gutachten zu erstellen“ belegt, dies nicht ein Fehlen der Bestimmtheit. Diese Stellungnahme, wonach die eingereichten „Unterlagen nicht fundiert genug“ seien, bringen zum einen nur die Einschätzung der Gutachter des TÜV Nord Mobilität GmbH & Co KG zum Ausdruck. Zum anderen spiegelt sie ohne Zweifel wieder, dass der Gutachtenauftrag des Klägers nicht zu den wegen Alkohol- oder Drogengebrauchs standardmäßigen Gutachten gehört. Neben dem Vorstehenden belegt die ausreichende Bestimmtheit auch der Umstand, dass der Gutachter I2. , auf deren Grundlage ein Gutachten erstellt hat. Schließlich hat der Beklagte mit Schreiben vom 2. September 2019 ergänzend ausgeführt, die Aussagen zu den charakterlichen Eigenschaften des Klägers seien für die Gutachtenanforderung maßgeblich.
71Auch auf die Folgen einer Weigerung, sich untersuchen zu lassen oder der nicht fristgerechten Beibringung, nämlich die Berechtigung der Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 6 Abs. 4 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 1 A‑WaffV), wurde der Kläger nach § 4 Abs. 6 Satz 2 AWaffV hingewiesen. Auch im Übrigen genügt das Schreiben den Anforderungen des § 4 Abs. 3, 6 AWaffV. Schließlich war die dem Kläger gesetzte und mehrfach verlängerte Frist angemessen.
72Die Verhältnismäßigkeit der Aufforderung unterliegt keinen Bedenken.
73Die Vorlage eines Gutachtens durch den Kläger erfolgte nicht. Die Nichtvorlage des Gutachtens hat der Kläger auch im Sinne des § 6 Abs. 4 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 1 A‑WaffV zu vertreten. Gründe dafür, dass ihm die nicht erfolgte Vorlage des Gutachtens nicht vorzuwerfen wäre, ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch im Übrigen. Zwar macht er geltend, keinen Gutachter gefunden zu haben. Dies ist aber im Hinblick auf das offensichtlich erstellte und nicht vorgelegte Gutachten des Herrn I2. offensichtlich unzutreffend.
74Nachdem das beklagte Land bei Erlass der streitgegenständlichen Widerrufsverfügung davon ausgehen durfte, dass die persönliche Eignung des Klägers zum Umgang mit Waffen nachträglich entfallen ist, war die dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarte zwingend zu widerrufen (§ 45 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 WaffG i.V.m. § 4 AWaffV).
75II. Die Ermächtigung für die Anordnungen in Ziffern 2, 3 und 4 des Bescheides, die Waffe und evtl. Munition einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen bzw. machen zu lassen, einen Nachweis hierüber zu erbringen und die Erlaubnisurkunde zurückzugeben, folgt aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG sowie § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Hinsichtlich § 46 Abs. 2 WaffG ist der Waffenbehörde Ermessen eingeräumt. Auch wenn die Behörde zu der Ermessensausübung keine Erwägungen im Bescheid getroffen hat, macht dies hier den Bescheid nicht rechtswidrig.
76Bei dem in § 46 Abs. 1 und 2 WaffG eingeräumten Ermessen handelt es sich im Übrigen um ein sogenanntes intendiertes Ermessen. Wenn – wie hier – ein vom Regelfall abweichender Sonderfall nicht vorliegt, versteht sich das Ergebnis der Abwägung zugunsten der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit von selbst und bedarf keiner weiteren Begründung.
77So bereits Urteile der Kammer vom 11. Juli 2008 - 22 K 3109/07 – und vom 30. Juni 2009 ‑ 22 K 1301/08 -, ferner VG Ansbach a.a.O.; vgl. zur Rechtslage bis zum 31. März 2003 auch BVerwG, Beschluss vom 15. April 1998 - 1 B 230/97 -, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 80 = juris.
78III. Auch hinsichtlich der Gebührenforderung in Nr. 3 des Widerrufsbescheides ist die Klage unbegründet.
79Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist § 50 Abs. 1 WaffG, §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 und 2 GebG NRW iVm § 2 Abs. 1 AVerwGebO NRW in der zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides gültigen Fassung mit den Tarifstellen 26.36, 26.40. Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Gebührenentscheidung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
80Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
81Rechtsmittelbelehrung:
82Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
83Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
84Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
85Die Berufung ist nur zuzulassen,
861. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
872. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
883. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
894. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
905. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
91Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
92Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
93Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
94Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
95Beschluss:
96Der Streitwert wird auf 5.300,- Euro festgesetzt.
97Gründe:
98Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 52 Abs. 1, Abs. 3, 39 GKG erfolgt und berücksichtigt die ständige Rechtsprechung des OVG NRW.
99Rechtsmittelbelehrung:
100Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
101Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
102Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
103Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
104Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
105War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.