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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Kreisausschusses vom 7. Januar 2021 verpflichtet, die Wahl zum Landrat des Kreises W. am 13. September 2020 für ungültig zu erklären und eine Neuwahl anzuordnen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Wahl zum Landrat des Kreises W. am 13. September 2020. In Streit steht die Frage, ob der Beklagte diese Wahl durch die Veröffentlichung einer vierseitigen Anzeige in dem Anzeigenblatt „F. “ eine Woche vor der Wahl unzulässig beeinflusst hat.
3Der Kläger reichte für die vorgenannte Wahl einen Wahlvorschlag ein und benannte als Wahlbewerber Herrn D. T. . Der Kreisverband der D1. benannte als Wahlbewerber den seit der Kommunalwahl 2015 amtierenden Amtsinhaber, den Beigeladenen, und reichte einen entsprechenden Wahlvorschlag ein.
4Am 6. September 2020 schaltete der Beklagte eine vierseitige Anzeige unter der Rubrik „Blickpunkt“ im „F. “, einem Anzeigenblatt im Rheinischen Zeitungsformat (36 cm x 51 cm), das jeden Sonntag kostenfrei an alle Haushalte im Kreisgebiet verteilt wird. Im Kreis W. hat es eine Druckauflage von rund 126.000 Exemplaren. Die vom Beklagten geschaltete Anzeige war auf allen vier Seiten ausdrücklich als „Anzeige“ und mit „Kreis W. “ überschrieben und dem Kreiswappen versehen. Sie enthielt mehrere Artikel, in denen über aktuelle Aktivitäten des Beklagten, seiner Wohnungsbaugesellschaft H. X. Kreis W. (H1. ) sowie der Entwicklungsgesellschaft F1. - und H2. F2. mbH (F3. ), denen der Beigeladene jeweils vorsitzt, berichtet wurde. In einem auf der ersten Seite der Anzeige befindlichen Grußwort, über dem sich ein Bild des Beigeladenen befand, stellte dieser die einzelnen Beiträge in knapper Form vor. In den einzelnen Artikeln wurden zum Teil wörtliche Zitate des Beigeladenen wiedergegeben, die mitunter drucktechnisch hervorgehoben wurden. Auf den vier Anzeigenseiten waren insgesamt drei Fotos des Beigeladenen abgedruckt mit den Maßen 5,5 x 5,5 cm, 9,3 x 23,5 cm und 11 x 17 cm; sein Name wurde 17 Mal zitiert.
5Der Beklagte schaltete bis einschließlich 2019 einmal pro Quartal eine vierseitige Anzeige in dem vorgenannten Anzeigenblatt, die von der Pressestelle des Kreises erstellt wird. Die Kosten pro Anzeige belaufen sich auf rund 13.700.- €; diese sind im Kreishaushalt veranschlagt.
6Unter dem 8. September 2020 gab der Beklagte eine Pressemitteilung heraus, in der der Beigeladene zu den zwischenzeitlich erhobenen Vorwürfen der Wahlbeeinflussung Stellung nahm.
7Bei der Kommunalwahl am 13. September 2020 wurde der Beigeladene bei einer Wahlbeteiligung von 52,7 % mit einem Wahlergebnis von 54,1 % der gültigen Stimmen im ersten Wahlgang bestätigt. 53.436 der insgesamt abgegebenen 130.520 Stimmen erfolgten mittels Wahlbriefs (= 40,9 % der insgesamt abgegebenen Stimmen); wann genau diese im Einzelnen eingereicht wurden, ließ sich nicht ermitteln. Von insgesamt 126.684 gültigen Stimmen entfielen 68.536 Stimmen auf den Beigeladenen, 35.062 Stimmen auf die T1. -Kandidatin B. S. (= 27,7 % der gültigen Stimmen), 9.869 auf den G. -Kandidaten V. O. (= 7,8 % der gültigen Stimmen), 6.194 auf den Kandidaten der M. ., D. T. (= 4,9 % der gültigen Stimmen) und 7.023 auf den Kandidaten der Q. , K. P. H3. (= 5,5 % der gültigen Stimmen). C. / H4. hatte keinen Wahlvorschlag eingereicht. Das Ergebnis der Wahl des Landrates wurde im Amtsblatt des Beklagten Nr. 44 vom 24. September 2020 unter dem Eintrag 634/2020 öffentlich bekannt gemacht.
8Mit bei dem Beklagten am 9. Oktober 2020 eingegangenem Schreiben legte der Kläger bei dem Kreiswahlleiter Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl des Landrats ein. Zur Begründung führte er aus, der Beklagte habe durch die Schaltung der vierseitigen Anzeige im „F. “ die Wähler zugunsten des Beigeladenen beeinflusst und hierdurch seine Neutralitätspflicht verletzt.
9Mit Beschluss vom 24. November 2020 übertrug der Kreistag für die Zeit der vom Landtag Nordrhein-Westfalen am 30. Oktober 2020 festgestellten epidemischen Lage von landesweiter Tragweite seine Entscheidungsbefugnisse auf den Kreisausschuss. Nach Vorprüfung des Einspruchs im Wahlprüfungsausschuss des Kreistags W. am 15. Dezember 2020, an der der Beigeladene nicht teilgenommen hatte, wies der Kreisausschuss den Einspruch des Klägers in seiner Sitzung am 7. Januar 2021 zurück und fasste den Beschluss, die Wahl des Landrates vom 13. September 2020 für gültig zu erklären. Der Beschluss des Kreisausschusses wurde am 4. Februar 2021 im Amtsblatt des Kreises W. Nr. 4/2021 als Eintrag Nr. 43/2021 öffentlich bekanntgemacht.
10Mit Schreiben vom 1. Februar 2021 übermittelte der Beklagte dem Kläger eine Ausfertigung des Beschlusses des Kreisausschusses.
11Der Kläger hat am 26. Februar 2021 Klage erhoben.
12Zu deren Begründung trägt er vor: Die Klage sei zulässig, insbesondere sei er als Wahlvorschlagsträger klagebefugt. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagte habe durch die Schaltung der vierseitigen Anzeige in dem Anzeigenblatt „F. “ seine Neutralitätspflicht verletzt. Hierin liege eine massive amtliche Wahlbeeinflussung, infolge derer der Kläger und der von ihm benannte Kandidat in ihren Rechten auf chancengleiche Teilnahme an der Kommunalwahl verletzt seien. Die Anzeige sei dem Leser aufgrund der Aufmachung, benutzter Schrifttypen, farblicher Gestaltung und abgedruckter Fotos als „quasi-amtliche Verlautbarung" des beklagten Kreises sofort ins Auge gesprungen. Inhalt und Bedeutung des Prinzips der Chancengleichheit bei demokratischen Wahlen habe das Bundesverfassungsgericht in einer zur Bundestagswahl ergangenen Entscheidung aus dem Jahr 1977 ausführlich dargelegt. Danach werde das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend zu Gunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirkten. Aus der Verpflichtung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf die Wahl zu enthalten, folge schließlich für die Vorwahlzeit das Gebot äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher, mit Haushaltsmitteln betriebener Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichten. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts übernommen und auf Kommunalwahlen entsprechend angewandt. Die so von der Rechtsprechung gezogenen Grenzen seien vorliegend verletzt. Beurteilungsrelevant sei vor allem die Tatsache, dass die Anzeige exakt eine Woche vor dem Wahltermin erschienen sei. Wenn die Rechtsprechung fordere, dass bei amtlicher Öffentlichkeitsarbeit für die Vorwahlzeit das Gebot äußerster Zurückhaltung zu gelten habe, so gelte dies erst recht für die „absolut heiße Phase" des Wahlkampfes wenige Tage vor der Stimmabgabe, in der die noch unschlüssigen Wähler überzeugt werden müssten. Bei der Anzeige handele es sich um einen in der Vorwahlzeit unzulässigen Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsbericht. Die darin behandelten Themen seien allesamt wahlkampfrelevant gewesen. Die Anzeige enthalte reines, auf den Beigeladenen bezogenes Marketing ohne nutzbaren Informationsgehalt für den Bürger. Sein Name sei in den vier Anzeigenseiten insgesamt 17 Mal genannt worden. Es habe auch kein sachlich begründeter akuter Anlass für die Veröffentlichung der Anzeige nur eine Woche vor der Wahl bestanden. Zu berücksichtigen sei zudem, dass man sich in einer zugespitzten Wahlkampfsituation befunden habe und der Wahlsieg des amtierenden Landrats keineswegs sicher gewesen sei. Bei 247.851 Wahlberechtigten im Kreis habe mit der an alle Haushalte verteilten Werbeanzeige praktisch jeder Wahlberechtigte erreicht werden können. Da es wahlentscheidend nur auf wenige tausend Stimmen kreisweit angekommen sei, sei die Anzeige ein probates Mittel gewesen, die Stimmabgabe durch eine amtliche Verlautbarung des Kreises zu beeinflussen.
13Der Kläger beantragt,
14den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Kreisausschusses vom 7. Januar 2021 zu verpflichten, die Wahl zum Landrat des Kreises W. am 13. September 2020 für ungültig zu erklären und eine Neuwahl anzuordnen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Nach Auffassung des Beklagten liegen die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Landratswahl nicht vor. Eine amtliche Wahlbeeinflussung durch den Beklagten sei nicht festzustellen. Insoweit werde Bezug genommen auf die Sitzungsvorlage des Beklagten vom 2. Dezember 2020 zum Wahlprüfungsausschuss und zur Sitzung des Kreisausschusses vom 7. Januar 2021 (Vorlage 314/2020). In der Anzeige des Beklagten vom 6. September 2020 seien ausschließlich Aufgaben angesprochen worden, die in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten fielen und die er selbst ausführe oder die Einrichtungen und private Gesellschaften, an denen er beteiligt sei, wahrnähmen. Die Anzeige enthalte auch nach Inhalt und äußerer Form keine Wahlwerbung, sondern bewege sich im Rahmen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit des Beklagten. Von einer reklamehaften Aufmachung könne keine Rede sein. In keiner Weise werde für irgendein Ziel des Beigeladenen oder gar diesen selbst geworben. Vielmehr handele es sich um eine rein informative Darstellung der Arbeit und zukünftigen Aufgaben des Beklagten. Dies zeige ein Vergleich mit den in derselben Ausgabe erschienenen Anzeigen anderer Wahlbewerber; dort werde eindeutig für die Stimmabgabe zu Gunsten einer Person oder Partei geworben. Auch sei nicht erkennbar, dass die Anzeige der Steigerung des Bekanntheitsgrades oder der Sympathiewerbung für den Beigeladenen gedient habe. Soweit in der Anzeige Fotos von dem Beigeladenen abgedruckt gewesen seien, sei dies stets im Zusammenhang mit einem Artikel erfolgt, in dem sachlich-inhaltlich über die Aufgabenwahrnehmung durch den Beklagten berichtet worden sei. Auch entspreche es den Gepflogenheiten kommunaler Öffentlichkeitsarbeit, den einzelnen Artikeln über die Aufgabenwahrnehmung durch den Kreis ein Grußwort unter Beifügung eines Fotos des Landrates voranzustellen. Das Gleiche gelte für wörtliche Zitate von Aussagen des Beigeladenen, die in einzelne Artikel eingestreut gewesen seien. Kennzeichen dieser wörtlichen Zitate sei, dass sie ausschließlich aufgaben- und nicht etwa personenbezogen seien und die Wichtigkeit und das Ziel der jeweils dargestellten Aktivität des Beklagten herausstellten. Im Übrigen entspreche es journalistischer Praxis, in einzelne Beiträge persönliche Zitate der für eine bestimmte Aufgabe Verantwortlichen einzustreuen. An dieser Bewertung ändere auch die Tatsache nichts, dass die Anzeige eine Woche vor der Wahl geschaltet worden sei. Hierbei habe es sich nicht um eine Einzelmaßnahme gehandelt, sondern der Beklagte habe regelmäßig derartige Veröffentlichungen in dem Anzeigenblatt vorgenommen, so etwa im Juni, September und Dezember 2019 und auch im Dezember 2020 sowie April, Juli und Oktober 2021. Im ersten Halbjahr 2020 seien derartige Anzeigenschaltungen einzig aufgrund der pandemiebedingten Überlastung der Pressestelle des Beklagten und eines personellen Wechsels im Bereich des Pressesprechers nicht fortgesetzt worden, obgleich vom Kreistag im Haushaltsplan 2020 öffentliche Mittel für derartige Veröffentlichungen von Anzeigen auf Sonderseiten bereitgestellt worden seien. Zudem habe der Personalrat darauf gedrängt, die Anzeige wegen des Berichts „Abschluss in der Tasche – und jetzt?“ möglichst schnell zu veröffentlichen. Auch Layout, Umfang und Darstellung der Artikel seien im Vergleich zu früheren Fassungen nicht abgeändert worden. Schließlich sei auch nicht anzunehmen, dass die Veröffentlichung der Anzeige von entscheidendem Einfluss auf das Wahlergebnis gewesen sein könnte. Das im Vergleich zur Kommunalwahl 2015 geänderte Stimmverhalten erkläre sich insbesondere dadurch, dass die T1. seinerzeit keinen Kandidaten für das Amt des Landrates zur Wahl gestellt habe. Zudem sei die Wahlbeteiligung 2015 deutlich geringer gewesen; diese habe 2015 bei 31,95 % gelegen, wohingegen 2020 eine Wahlbeteiligung von 52,66 % zu verzeichnen gewesen sei. Im Übrigen sei die Wirkung einer Zeitungsanzeige heute aufgrund der veränderten Medienwelt nicht ansatzweise vergleichbar mit der zu Zeiten der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Vielmehr sei die Wirkung einer Zeitungsanzeige angesichts der vielfältigen Informationsmedien heutzutage um ein Vielfaches geringer und falle damit von vornherein nicht ins Gewicht.
18Mit Beschluss vom 23. März 2022 ist der Landrat des Kreises W. gemäß § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beigeladen worden.
19Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
20Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage hat Erfolg.
23A. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage statthaft. Wendet sich ein Kläger – wie hier – gegen die Entscheidung der Vertretung, die Wahl für gültig zu erklären, so handelt es sich um eine Verpflichtungsklage gerichtet auf den Verwaltungsakt einer Wahlprüfungsentscheidung nach § 40 Abs. 1 lit. a) bis c) Kommunalwahlgesetz (KWahlG).
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.11.1980 – 15 A 1660/80 –, DVBl. 1981, 874; Bätke, Online-Kommentar, Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen, Lfg. 51, Stand: 01.11.2019, 11.41 § 41 KWahlG – Bätge – Seite 2.
25Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), da er nach § 39 Abs. 1 Satz 1 KWahlG Einspruchsberechtigter ist und seinem Einspruchsbegehren gegen die Gültigkeit der Wahl im Rahmen der Wahlprüfung nicht stattgegeben wurde. Der Kläger hat auch die einmonatige Klagefrist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KWahlG eingehalten. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 41 Abs. 1 Satz 3 KWahlG).
26B. Die Klage ist auch begründet.
27Die angefochtene Wahlprüfungsentscheidung des Kreisausschusses vom 7. Januar 2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten, die Wahl zum Landrat des Kreises W. am 13. September 2020 unter Aufhebung des Beschlusses des Kreisausschusses vom 7. Januar 2021 für ungültig zu erklären und eine Neuwahl anzuordnen (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn im Rahmen der fristgerecht vorgebrachten Einspruchsgründe kann festgestellt werden, dass es bei der Vorbereitung der Wahl zu Unregelmäßigkeiten im Sinne von § 40 Abs. 1 lit. b) KWahlG gekommen ist (dazu unter I.), die auf das Ergebnis der Wahl von entscheidendem Einfluss gewesen sein können (dazu unter II.).
28Gemäß § 40 Abs. 1 lit. b) KWahlG ist die Wahl in dem aus § 42 Abs. 1 KWahlG ersichtlichen Umfang für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen (§ 42 KWahlG), wenn in der Wahlprüfung festgestellt wird, dass bei der Vorbereitung der Wahl oder Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die im jeweils vorliegenden Einzelfall auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können. Wird – wie hier – eine Landratswahl für ungültig erklärt, findet abweichend von § 42 eine Neuwahl statt (§ 46 b i.V.m. § 46 d Abs. 7 KWahlG).
29I. Im vorliegenden Fall ist eine solche zur Wahlanfechtung berechtigende Unregelmäßigkeit der Wahl, die zuvor im behördlichen Wahlprüfungsverfahren gerügt worden ist,
30vgl. zu diesem Erfordernis: OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 15 A 876/11 -, juris, Rn. 79 f. m.w.N.,
31festzustellen.
321. Dabei ist der Begriff der Unregelmäßigkeit der Wahl (Wahlfehler) im Interesse des Zwecks des Wahlprüfungsverfahrens, eine gesetzmäßige Zusammensetzung der Vertretungskörperschaft zu erzielen, weit zu verstehen.
33Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 2011 – 15 A 876/11 -, juris, Rn. 65 f., und vom 19. Februar 1982 – 15 A 1452/81 -, NVwZ 1983, 627.
34Er erfasst alle Umstände, die dem Schutzzweck der wahlrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze zuwiderlaufen.
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Februar 1982 – 15 A 1452/81 -, NVwZ 1983, 627; Schneider, in: Kallerhoff u.a., Handbuch zum Kommunalwahlrecht in Nordrhein-Westfalen, 2008, S. 311 m.w.H.
36Eine solche Unregelmäßigkeit der Wahl ist u. a. anzunehmen im Falle einer gesetzwidrigen Wahlbeeinflussung durch amtliche Stellen. Nach der Rechtsprechung liegt eine gesetzwidrige Wahlbeeinflussung (und damit ein Wahlfehler) vor, wenn amtliche Stellen gegen das aus den Wahlrechtsgrundsätzen der freien Wahl und der Gleichheit der Wahl (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) folgende Neutralitätsgebot verstoßen. Staatlichen Organen, die gemäß Art. 20 Abs. 3 GG dem Gebot der Freiheit der Wahl unterworfen, mithin zu seiner Gewährleistung verpflichtet sind, ist es untersagt, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie als Amtsträger zu unterstützen oder zu bekämpfen. Nur Wahlen, die ohne Verstoß gegen das Gebot strikter staatlicher Neutralität und ohne Verletzung der Integrität der Willensbildung der Wahlbürger erfolgt sind, können demokratische Legitimation verleihen. Denn die Freiheit der Wahl beinhaltet nicht nur, dass der Akt der Stimmabgabe frei von Zwang und unzulässigem Druck erfolgt, sondern auch, dass die Wähler ihr Urteil in einem freien, offenen Prozess der Meinungsbildung fällen können.
37Vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -, juris, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 5.96 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 1992 – 1 S 2266/91 -, juris, Rn. 16 m.w.N.
38Wenn der Staat zugunsten oder zu Lasten bestimmter politischer Parteien oder von Wahlbewerbern Partei ergreift, ist darüber hinaus auch das verfassungsmäßige Recht der davon nachteilig Betroffenen auf Chancengleichheit bei Wahlen verletzt.
39Vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -, juris, Rn. 57 ff.
40Auch - grundsätzlich zulässige - staatliche Öffentlichkeitsarbeit kann in der Vorwahlzeit eine unzulässige staatliche Wahlbeeinflussung darstellen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu bereits im Jahr 1977 in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung im Vorfeld einer Bundestagswahl im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
41Öffentlichkeitsarbeit müsse sich im Rahmen des Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiches der Regierung bewegen und jeder offenen oder versteckten Werbung für die eine oder andere Seite der miteinander konkurrierenden politischen Kräfte enthalten. Eine weitere Grenze liege dort, wo die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zur Wahlwerbung werde. Anhaltspunkte für eine Grenzüberschreitung seien etwa der Inhalt und die äußere Form amtlicher Anzeigen oder Druckschriften. Inhaltlicher Beleg für den parteiergreifenden Charakter einer Veröffentlichung könne sein, dass die Regierung sich als von bestimmten Parteien getragen darstelle, für diese oder für ihr Verbleiben im Amt Werbung treibe oder sich über oppositionelle Bewerber mit negativem Akzent äußere. Der Form nach könne unzulässige Wahlwerbung deutlich werden durch die reklamehafte Aufmachung von Druckschriften mit spärlichem Informationsgehalt oder durch eine Häufung amtlicher Veröffentlichungen, die mehr der Sympathiewerbung für die Regierungsmitglieder als der Befriedigung eines sachorientierten Informationsbedürfnisses dienlich seien.
42Über diese stets zu beachtenden Grenzen hinaus könnten in der unmittelbaren Vorwahlzeit auch nach Inhalt und Form neutral gehaltene Veröffentlichungen zur unzulässigen Wahlwerbung werden. Denn auch solche Veröffentlichungen stünden nicht frei im politischen Raum, sondern entfalteten regelmäßig Wirkungen zugunsten der regierungstragenden Parteien. Wann insoweit die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung überschritten werde, sei nicht allgemeingültig festzulegen, sondern hänge von Zahl und Umfang solcher Maßnahmen, der Nähe des Wahlzeitpunktes und der Intensität des Wahlkampfes ab. Je näher der Wahlzeitpunkt heranrücke, desto mehr trete die Aufgabe einer durch Öffentlichkeitsarbeit bewirkten Sachinformation des Bürgers hinter das Gebot zurück, die Willensbildung des Volkes vor einer Wahl von staatlicher Einflussnahme freizuhalten. Das daraus herzuleitende Gebot äußerster Zurückhaltung in der "heißen Phase des Wahlkampfes", das in zeitlicher Hinsicht in etwa dann einsetze, wenn der Wahltag bestimmt werde, erfordere den Verzicht auf jegliche Öffentlichkeitsarbeit in der Form sogenannter Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichte. Ausgenommen von diesen Beschränkungen der Öffentlichkeitsarbeit seien - auch in unmittelbarer Vorwahlzeit - amtliche Veröffentlichungen, die aus akutem Anlass geboten seien.
43Vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -, juris, Rn. 62 ff.
44Diese Maßstäbe zur Abgrenzung zulässiger Öffentlichkeitsarbeit von verbotener Wahlbeeinflussung sind in der späteren Rechtsprechung des BVerfG,
45vgl. Beschluss vom 23. Februar 1983 – 2 BvR 1765/82 -, BVerfGE 63, 230 (242 ff.) -
46bekräftigt, von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung der Länder
47vgl. etwa VerfGH NRW, Urteil vom 15. Februar 1985 - VerfGH 8/84 -, DVBl 1985, 691,
48übernommen und auch im Schrifttum zustimmend aufgegriffen worden.
49Vgl. etwa Zuck, in: ZRP 1977, 144 ff.; Häberle, in: JZ 1977, 361 ff.; Seifert, in: DÖV 1977, 288 ff.; Berkemann, in: JR 1977, 445 (454).
50Sie haben Geltung auch für die Gestaltung und vor allem Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit einer Gemeinde,
51vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. August 1988 – 15 A 924/86 -, juris, und Beschluss vom 30. September 2005 – 15 A 2983/05 -, juris,
52und gleichermaßen für die eines Kreises. Denn ebenso wie Bund und Länder sind auch die Gemeinden und Kreise berechtigt und verpflichtet, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, um ihre Bürger bzw. Einwohner sachbezogen zu informieren und so an den zu treffenden kommunalen Entscheidungen teilhaben zu lassen. Allerdings ist auch die kommunale Öffentlichkeitsarbeit geeignet, zugunsten der einen oder anderen Seite der auf kommunaler Ebene miteinander konkurrierenden politischen Kräfte einzugreifen. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe zur Begrenzung amtlicher Öffentlichkeitsarbeit sind daher auf diejenige der Gemeinden und Kreise uneingeschränkt übertragbar.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. August 1988 – 15 A 924/86 -, juris, Rn. 48.
542. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Schaltung der vierseitigen Anzeige durch den Beklagten im „F. “ am 6. September 2020, d. h. nur eine Woche vor der Landratswahl, rechtlich zu beanstanden; sie begründet einen Wahlfehler in Form einer gesetzwidrigen Wahlbeeinflussung. Der Beklagte hat mit der Veröffentlichung dieser Anzeige die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit überschritten.
55Vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall: VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10. November 2015 – 5 K 1472/15 -, juris.
56a) Anders als der Beklagte meint, ist die vierseitige Anzeige nicht sachlich neutral gehalten. Zwar erweckt sie auf den ersten Blick und insbesondere im Vergleich zu der in dem Anzeigenblatt ebenfalls abgedruckten Wahlwerbung etwa des Bewerbers der G. den Eindruck, es werde rein informativ über die Arbeit der Kreisverwaltung bzw. der Eigenbetriebe / kommunalen Unternehmen des Kreises berichtet. Bei näherer Betrachtung wahrt die Anzeige nach ihrer Wirkung indes nicht die gebotene sachliche Neutralität.
57Im Einzelnen:
58aa) Sämtliche Artikel sind in die Zukunft gerichtet formuliert und gehen wie selbstverständlich davon aus, der amtierende Landrat werde sein Amt auch in den nächsten Jahren ausfüllen (nachfolgende Hervorhebungen durch die Kammer).
59So heißt es etwa im Grußwort des Beigeladenen:
60„… Umso wichtiger ist es jetzt, den Blick nach vorne zu richten und für eine sichere Zukunft zu sorgen. Für eine zukunftsfähige Region arbeiten wir derzeit an einem flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes. … Gleichzeitig arbeiten wir unter Hochdruck daran, für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Auch im kommenden Jahr werden wir neue Bauvorhaben vorantreiben. … Lassen Sie uns weiter für eine lebenswerte Region arbeiten! Gemeinsam haben wir es in der Hand.“
61Im Artikel „Schnelles Internet für den ländlichen Raum“ wird u. a. ausgeführt:
62„… Im Kreis W. wird mit den digitalen Löchern bald Schluss sein. Im großen Stil lässt der Kreis Glasfaser verlegen, um schnelles Internet in die unterversorgten Haushalte zu bringen. … „Unser nächstes Ziel ist es, auch die grauen Flecken zu beseitigen“, sagt Landrat Dr. B1. D2. . …“
63Im Artikel „Wohnung gefunden“ heißt es:
64„… „Sozialer Wohnungsbau ist eines der großen Zukunftsthemen unserer Region“, weiß Landrat und Vorstand der Gemeinnützigen X. Kreis W. (H1. ) Dr. B1. D2. . … Auch 2021 geht die Bauoffensive weiter: Dann hat die H1. St. I. , X1. und O1. auf dem Zettel.“
65Im Artikel „Mit der S-Bahn von W. nach E. “ wird konkret bezogen auf die Person des Beigeladenen ausgeführt:
66„Landrat Dr. B1. D2. wird sich weiter dafür einsetzen, dass die S 00 von E. bis nach W. verlängert wird. … „An N. können und wollen wir nicht vorbei“, erklärte der Landrat. „Bleiben wir also weiter im Gespräch!“
67Im Artikel „Neue Heimat für alte Schätze“ heißt es:
68„… so sieht das neue Kreisarchiv aus, das der Kreis zur Zeit baut. Im Frühjahr 2022 soll es fertig sein. … Landrat Dr. D2. : „Das neue Kreisarchiv wird den Kreis durch seine Architektur und seine innovative Bauweise bereichern. Ich freue mich schon auf die Eröffnung.“
69bb) Die inhaltliche Neutralität der Anzeige ist auch deshalb zu verneinen, weil sowohl das Vorwort des Landrats als auch die einzelnen Artikel sämtlich die aktuellen Themen des Wahlkampfes der Landratskandidaten im Kreis W. aufgreifen. Die Artikel thematisieren u. a. den Ausbau des Internets (Glasfaser), bezahlbaren Wohnraum (Bauoffensive der H1. ), Verbesserung / Ausbau des ÖPNV (Ausbau des S-Bahnnetzes: Verlängerung der S 00 von E. nach W. ), Ausbau des Radwegenetzes, Naturschutz (neuer Lebensraum für den Weißstorch), Entwicklung neuer Arbeitsplätze auf dem ehemaligen Militärflugplatz O1. - F2. sowie Umzug des Kreisarchivs in ein neues, modernes, nachhaltiges Gebäude. Diese Themen waren allesamt Gegenstand des Wahlkampfes der Landratskandidaten im Kreis W. .
70So warb der Beigeladene (D1. ) im Wahlkampf u. a. mit der Schaffung von Wohnraum, dem Ausbau der Infrastruktur (Westverlängerung der S 00 nach E. ), Klimaschutz (nachhaltiges Bauen, Klimastrategie, klimaneutrale Kreisverwaltung), Ausbau des Radwegenetzes und Bau von Radschnellwegen sowie Ausbau digitaler Infrastruktur (Glasfaser u.a.).
71Vgl. https://www1.wdr.de/dossiers/kandidatencheck/2020/video/video-xx-xxxxxxx-xxxxxx-von-xxx-fuer-das-amt-desder-landratlandraetin-in-kreis-W. -zur-kommunalwahl--102.html
72Wahlkampfthemen der T1. -Landratskandidatin waren bezahlbare und barrierefreie Wohnungen, flexibles und modernes Mobilitätsangebot und gute, chancengleiche Bildung.
73Vgl. https://www1.wdr.de/dossiers/kandidatencheck/2020/video/video-xxxxxxxx-xxxxxxxxx-von-xxx-fuer-das-amt-desder-landratlandraetin-in-kreis-W. -zur-kommunalwahl--102.html
74Der Landratskandidat der G. warb u. a. mit der Ausweitung der interkommunalen Zusammenarbeit, Verlängerung der S 00, Ausbau von Radwegen, Ausbau der Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderung im Kreis mit den Städten, Glasfaserausbau sowie die Versorgung mit 5 G.
75Vgl. https://www1.wdr.de/dossiers/kandidatencheck/2020/video/video-xxx-xxx-xxxx-von-xxx-fuer-das-amt-desder-landratlandraetin-in-kreis-W. -zur-kommunalwahl--102.html
76Wahlkampfthemen des Landratskandidaten des Klägers (DIE M. .) waren soziale Gerechtigkeit, Leben und Altern in Würde, bezahlbares Wohnen für alle, kostenfreier und gut ausgebauter ÖPNV sowie Ausbau demokratischer Teilhabe.
77Vgl. https://www1.wdr.de/dossiers/kandidatencheck/2020/video/video-xxxxxxxxx-xxxxxx-von-xxx-xxxxx-fuer-das-amt-desder-landratlandraetin-in-kreis-W. -zur-kommunalwahl--102.html
78b) Selbst wenn man mit dem Beklagten annähme, die vierseitige Anzeige sei sowohl inhaltlich als auch von der äußeren Form sachlich neutral gehalten, ist die hier angegriffene amtliche Veröffentlichung nur eine Woche vor der Wahl rechtlich als unzulässige Öffentlichkeitsarbeit zu bewerten. Denn wegen des von der Rechtsprechung geforderten Gebots äußerster Zurückhaltung in der unmittelbaren Vorwahlzeit können selbst inhaltlich und in der Form neutral gehaltene amtliche Veröffentlichungen (etwa Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichte) kurze Zeit vor der Wahl geeignet sein, die Wettbewerbsverhältnisse im Wahlkampf zugunsten des bisherigen Amtsinhabers zu beeinflussen. Entscheidend ist, ob die Herausgabe des Berichts das Gebot äußerster Zurückhaltung im Vorfeld der Wahl verletzt hat oder durch einen akuten Anlass geboten erschien.
79Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. August 1988 – 15 A 924/86 -, juris, Rn. 63.
80Das Schalten der vierseitigen amtlichen Anzeige nur eine Woche vor der Wahl verletzt das Gebot äußerster Zurückhaltung in der Vorwahlzeit. Am 6. September 2020 befand man sich nur eine Woche vor dem Wahlsonntag und damit unmittelbar vor der Wahl, d. h. mitten in der sog. „heißen Phase des Wahlkampfes“.
81Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. August 1988 – 15 A 924/86 -, juris, Rn. 61, das die „heiße Phase des Wahlkampfs“ bei einer Veröffentlichung eines amtlichen Berichts sechs Wochen vor der Wahl angenommen hat.
82Es bestand auch kein akuter sachlicher Grund, die Anzeige ausgerechnet am Sonntag vor der Wahl zu veröffentlichen. Nach den Ausführungen des Beklagten und Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung gab es für die Publikation der Anzeige keine zeitliche Zielvorgabe, weder durch eine entsprechende vertragliche Bindung mit dem Verlag des Anzeigenblattes noch durch einen Beschluss des Kreistages o. ä. Auch sonst vermochten weder der Beklagte noch der Beigeladene dem Gericht überzeugend darzulegen, weshalb die Anzeige zwingend just am Sonntag vor dem Wahlsonntag publiziert werden musste und nicht auch etwa am Sonntag nach der Wahl hätte veröffentlicht werden können. Soweit der Beigeladene ausgeführt hat, der Personalrat habe wegen der Anzeige „Abschluss in der Tasche – und jetzt?“ auf eine rasche Veröffentlichung gedrängt, vermag dies einen akuten sachlichen Grund für die Veröffentlichung der vierseitigen Anzeige nicht zu begründen, sondern hätte allenfalls die Publikation dieses einzelnen Artikels sachlich gerechtfertigt. Dass man – nachdem die Veröffentlichungen wegen pandemiebedingter Überlastung der Pressestelle und eines Wechsels des Pressesprechers hatten ausgesetzt werden müssen – nunmehr wieder in einen regelmäßigen, quartalsweisen Veröffentlichungsrhythmus habe zurückfinden wollen, überzeugt ebenfalls nicht. Auch diese Argumentation vermag die Wiederaufnahme der Veröffentlichungspraxis des Beklagten ausgerechnet am Sonntag vor der Wahl (und nicht etwa am Sonntag nach der Wahl) nicht sachlich zu rechtfertigen.
83II. Der so festgestellte Wahlfehler kann im vorliegenden Einzelfall für die Wahl zum Landrat des Kreises W. auch i.S.d. § 40 Abs. 1 lit. b) KWahlG von entscheidendem Einfluss gewesen sein.
841. Aus § 40 Abs. 1 lit. b) KWahlG folgt für die Wahl von Vertretungen, dass nicht alle festgestellten Wahlfehler zur Ungültigkeit der Wahl führen, sondern nur solche, die im jeweils vorliegenden Einzelfall auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können. Damit ist das Erfordernis der Mandatsrelevanz (Erheblichkeitsgrundsatz) umschrieben. Es gilt gemäß § 46 b KWahlG gleichermaßen für die Wahl des Landrats. Dieses dient dem Ziel, das Wahlergebnis möglichst weitgehend zu sichern. Rechtsverstöße, die keine konkrete Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses begründen, werden danach in Kauf genommen, um die Wähler im Rahmen des Vertretbaren vor unnötiger Belastung mit Neuwahlen und Gemeinden und Landkreise vor dem damit verbundenen Kosten- und Zeitaufwand zu bewahren. Jeder Eingriff durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung muss mithin vor dem Bestandsinteresse gerechtfertigt sein, das seine rechtliche Grundlage im Demokratieprinzip findet. Je tiefer und weiter die Wirkungen eines solchen Eingriffs reichen, desto schwerer muss der Wahlfehler wiegen, auf den der Eingriff gestützt wird. Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Vertretung unerträglich erschiene. Dabei kommt dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes der durchgeführten Wahl bei einer – wie hier vorliegenden – Direktwahl des Landrats (Personenwahl) eine andere – geringere – Bedeutung zu als bei der Wahl einer Kommunalvertretung.
85Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2012 – 8 B 27/12 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 15 A 876/11 -, juris, Rn. 103 ff.
86Nach der landesgesetzlichen Regelung entscheidend sind mithin die möglichen Auswirkungen des Wahlfehlers auf das Wahlergebnis: Es müssen ernstzunehmende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Wahl bei ordnungsgemäßem Ablauf möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Eine mathematisch korrekte Feststellung einer Mandatsrelevanz ist allerdings bei Wahlfehlern der hier vorliegenden Art nicht möglich; ihre Annahme muss notwendigerweise hypothetisch bleiben. Der vom Gesetz geforderte mögliche ursächliche Zusammenhang zwischen Wahlfehler und Wahlergebnis ist gegeben, wenn sich aus dem Wahlfehler nicht nur eine theoretische, sondern nach der Lebenserfahrung wahrscheinliche und greifbare Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses ergibt.
87Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 15 A 876/11 -, juris, Rn. 103 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2021 – 8 B 27.12 -, juris, Rn. 14 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 1992 – 1 S 2266/91 -, juris, Rn. 20; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10. November 2015 – 5 K 1472/15 -, juris, Rn. 33 f. m.w.N.
88Von wesentlicher Bedeutung kann in diesem Zusammenhang sein, wie knapp oder eindeutig das Wahlergebnis ausgefallen ist. Je knapper der Wahlausgang, desto leichter wird ein möglicher Einfluss auf das Wahlergebnis nachzuweisen sein und umgekehrt.
89Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 16. Mai 2007 – 1 S 567/07 -, juris, Rn. 48 m.w.N., und vom 17. Februar 1992 – 1 S 2266/91 -, juris, Rn. 20; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10. November 2015 – 5 K 1472/15 -, juris, Rn. 35.
90Hat, wie hier, einer der Bewerber im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erreicht, liegt ein erheblicher Wahlfehler dann vor, wenn ohne diesen Fehler die konkrete Möglichkeit bestanden hätte, dass dieser Bewerber die absolute Mehrheit nicht erreicht hätte und es damit zu einem zweiten Wahlgang (Stichwahl) gekommen wäre, in dem der im ersten Wahlgang unterlegene Bewerber eine neue – nicht ganz fernliegende – Chance gehabt hätte.
91Vgl. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10. November 2015 – 5 K 1472/15 -, juris, Rn. 36.
922. Gemessen an diesen Grundsätzen ist hier ein mandatsrelevanter Wahlfehler anzunehmen. Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass der Beigeladene, wäre die ihn immer wieder hervorhebende, mit Fotos seiner Person versehende vierseitige Anzeige eine Woche vor der Wahl nicht erschienen und an alle Haushalte im Kreisgebiet verteilt worden, die absolute Mehrheit der Stimmen (knapp) verfehlt und die unterlegene Bewerberin der T1. in einem zweiten Wahlgang eine nicht ganz fernliegende Chance gehabt hätte. Aus diesem Grund ist die Wahl für ungültig zu erklären und eine Neuwahl anzuordnen (§ 46 b KWahlG i.V.m. § 46 d Abs. 7 KWahlG).
93Im Einzelnen:
94a) Es erweist sich nicht als lebensfremd, dass sich ein nicht unerheblicher Teil der Wähler durch die nur eine Woche vor der Kommunalwahl veröffentlichte vierseitige Anzeige des Beklagten in dem an alle Haushalte verteilten Anzeigenblatt bei ihrer Wahlentscheidung hat beeinflussen lassen.
95Die Veröffentlichung der vierseitigen Anzeige hatte zunächst das Potential, alle Wähler tatsächlich zu erreichen. Denn das Anzeigenblatt „F. “, in dem die in Rede stehende Anzeige veröffentlicht worden ist, wurde an alle Haushalte des Kreises W. verteilt.
96Vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 19. August 1988 -, a.a.O., Rn. 88.
97Dieses Potential, mit der Anzeige die gesamte Wählerschaft oder zumindest einen Großteil tatsächlich zu erreichen, ist hier umso größer, als die Anzeige an einem arbeitsfreien Sonntag in dem Anzeigenblatt im Zeitungsformat veröffentlicht und an alle Haushalte kostenlos verteilt wurde. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden derartige kostenlos zugestellte Zeitungsformate auch im digitalen Zeitalter von vielen Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener sozialer Schichten tatsächlich zur Kenntnis genommen und etwa beim sonntäglichen Frühstück gelesen. Zugleich liegt es nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass der gemeine Leser – und damit Wähler – insbesondere den vierseitigen Tätigkeitsbericht des Kreises in dem ansonsten en gros aus Werbung, Todes- und Stellenanzeigen bestehenden Anzeigenblatt gelesen und damit jedenfalls faktisch zur Kenntnis genommen hat.
98An dieser grundsätzlichen Eignung, mit der Anzeige einen Großteil der Wähler tatsächlich zu erreichen, ändert auch die Tatsache nichts, dass vorliegend 53.436 der insgesamt abgegebenen 130.520 Stimmen (= 40,9 % der insgesamt abgegebenen Stimmen) mittels Wahlbriefs eingereicht wurden. Wann genau diese Wahlbriefe im Einzelnen verschickt bzw. abgegeben wurden, ließ sich nicht ermitteln. Anders als der Beklagte und Beigeladene meinen, gibt es nach Auffassung der Kammer keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass Briefwahlstimmen eine Woche vor der Wahl mehrheitlich bereits abgegeben worden sind. Die Auffassung des Beklagten und Beigeladenen, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Briefwähler ihre Stimme in der Regel unmittelbar nach Erhalt der Briefwahlunterlagen ausfüllten und abschickten, teilt die Kammer nicht. Die Kammer hält es vielmehr für ebenso lebensnah, dass viele Briefwähler die Briefwahlunterlagen nach Erhalt zunächst zur Seite legen, die weitere Entwicklung des Wahlkampfs abwarten und die Unterlagen erst kurz vor dem Wahltag ausfüllen und verschicken oder im Wahllokal abgeben.
99b) Nach der Lebenserfahrung besteht auch die wahrscheinliche und greifbare Möglichkeit, dass durch die Schaltung der vierseitigen Anzeige die Wettbewerbschancen zu Gunsten des Beigeladenen tatsächlich erhöht worden sind.
100Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass ein Großteil der Wähler am 6. September 2020, d. h. am Sonntag vor der Wahl, hinsichtlich ihrer Stimmabgabe noch nicht abschließend festgelegt war, die Wahlentscheidung für die Wahl zum Landrat des Kreises W. bei vielen Wählern mithin noch nicht getroffen war. Nach Auffassung von Demoskopen entspricht es der heutigen Lebenswirklichkeit, dass viele Wähler ihre Wahlentscheidung erst wenige Tage vor der Wahl treffen.
101Vgl. https://www.infratest-dimap.de/service/faqs/
102Zwar wurde die Anzeige in Berichtsform verfasst und im Rheinischen Zeitungsformat veröffentlicht, sodass sie auf den ersten Blick wie ein sachlich-neutraler Tätigkeitsbericht des Beklagten und gerade nicht wie eine Werbung für die Person des Beigeladenen erscheint. Dieser Umstand dürfte aber die Wirkung auf die Leser- und Wählerschaft, die sich vor einer Wahl konventioneller Wahlwerbung bereits seit Monaten ausgesetzt sieht, ihrer nicht selten überdrüssig ist und sie gemeinhin nicht mehr zur Kenntnis nimmt, bei lebensnaher Betrachtung gerade erhöht haben. Denn auf diese Weise wurden dem Leser – und Wähler – faktisch sämtliche Wahlkampfthemen des Beigeladenen nahegebracht, ohne dass sie im Gewand der Wahlwerbung daherkamen. Dem Leser wurde damit suggeriert, dass auch der amtierende Landrat sämtliche Wahlkampfthemen und insbesondere die umweltpolitischen bedient und entsprechende Projekte bereits angestoßen hat. Mit Blick auf die Tatsache, dass C. / H4. ihrerseits keinen Wahlvorschlag für die Wahl des Landrats im Kreis W. abgegeben hatte, liegt es nicht außerhalb der Lebenserfahrung, dass in dieser heißen Phase des Wahlkampfes etwaige noch unentschlossene „grüne“ Wähler motiviert wurden, den Beigeladenen zu wählen.
103Zudem ist die Wirkung einer solchen Anzeige auf die Wählerschaft nur eine Woche vor der Wahl wegen der zeitlichen Nähe zur Wahl deutlich größer als bei Veröffentlichung einer solchen mehrere Monate vor der Wahl. Dies gilt umso mehr, als vorliegend eine Personenwahl (Wahl zum Landrat) in Rede stand. In diesem Zusammenhang erweist es sich nicht als lebensfremd, dass die Wettbewerbschancen des Beigeladenen dadurch erhöht wurden, dass sein Name in den vier Anzeigenseiten 17 Mal zitiert und die Anzeigen mit insgesamt drei Fotos mit den Maßen 5,5 x 5,5 cm, 9,3 x 23,5 cm und 11 x 17 cm versehen wurden. Denn es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass dadurch der Wiedererkennungseffekt in der Wahlkabine bzw. beim Briefwahlvorgang zu seinen Gunsten erhöht wurde, zumal die Anzeige den Wählern frisch in Erinnerung gewesen sein dürfte.
104Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 1992 – 1 S 2266/19 -, juris, Rn. 21.
105Nach alledem ist ohne Weiteres vorstellbar, dass durch die Veröffentlichung der vierseitigen Anzeige eine Woche vor der Wahl nicht nur vereinzelte, mit ihrer Stimme letztlich nicht ins Gewicht fallende Wähler anders als zuvor votiert haben. Für das so gefundene Ergebnis spricht auch das vergleichsweise knappe Überschreiten der Schwelle zur absoluten Mehrheit (4,1 % der abgegebenen gültigen Stimmen).
106Vgl. auch VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10. November 2015 – 5 K 1472/15 -, juris, Rn. 39, das eine Kausalität bei einem Überschreiten der Schwelle zur absoluten Mehrheit bei knapp 9 % der abgegebenen gültigen Stimmen angenommen hat; VG Koblenz, Urteil vom 2. Juli 2013 – 1 K 62/13.KO -, juris, Rn. 14 und 35, das eine Kausalität bei einem Überschreiten der Schwelle zur absoluten Mehrheit bei 4,3 % der abgegebenen gültigen Stimmen angenommen hat.
107In der Rechtsprechung ist die Erheblichkeit eines festgestellten Wahlfehlers schon bei deutlich größeren Stimmabständen (in absoluten Zahlen wie in Prozent) bejaht worden. So hat etwa der VGH Baden-Württemberg einen angenommenen Wahlfehler als möglicherweise ursächlich für das Ergebnis angesehen, obwohl der Vorsprung des Amtsinhabers 67,5 % zu 28,9 % bei einer Wahlbeteiligung von 49,9 % betragen hatte.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 1992 – 1 S 2266/91 -, juris; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10. November 2015 – 5 K 1472/15 -, juris, Rn. 40 f. m.w.N.
109Verbleibende Ungewissheiten führen nicht dazu, dass nach den oben dargelegten Grundsätzen bereits die konkrete Möglichkeit einer Wahlbeeinflussung durch die Veröffentlichung ausgeschlossen wäre. Das Gesetz verlangt gerade nicht, dass ein verändertes Wahlverhalten aufgrund des Wahlfehlers feststeht bzw. erwiesen ist. Demgemäß muss sich die zur Wahlprüfung berufene Vertretung – und auch das Gericht – nicht davon überzeugen, dass der Wahlfehler auf das Wahlergebnis durchgeschlagen hat, sondern nur, dass eine solche nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit besteht. Letzteres ist – wie ausgeführt – vorliegend der Fall.
110Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
111Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
112Das Gericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§§ 124a Abs.1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
113Rechtsmittelbelehrung:
114Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
115Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
116Die Berufung ist nur zuzulassen,
1171. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1182. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1193. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1204. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1215. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
122Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
123Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
124Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
125Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
126Beschluss
127Der Streitwert wird auf 15.000.- Euro festgesetzt.
128Gründe:
129Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 22.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 erfolgt.
130Rechtsmittelbelehrung:
131Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
132Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
133Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
134Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
135Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
136War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.