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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der am 00.0.0000 geborene Kläger stand als Beamter auf Zeit (Beigeordneter) im Dienst der Beklagten. Er wurde mit Ablauf des 00.0.2001 in den Ruhestand versetzt.
3Mit Bescheid vom 30. Juli 2001 setzte die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Dabei berücksichtigte sie einen Versorgungsausgleich nach Ehescheidung, bei dem durch Urteil des Amtsgerichts ‑ Familiengericht - F. vom 00.0.1998, berichtigt durch Beschluss vom 00.0.1999, zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Klägers bei der Beklagten auf dem Konto der Ehefrau bei der BfA in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.185,93 DM (entspricht 606,36 Euro), bezogen auf den 30. September 1996, begründet worden waren. Zwecks Ermittlung des versorgungsausgleichsbedingten Kürzungsbetrags stellte die Beklagte fest, dass die Höhe des Versorgungsausgleichs in einem Verhältnis von 14,460 v.H. zur Höhe der Versorgungsbezüge stand. Dieses feste Verhältnis zugrunde legend passte sie in der Folgezeit die Höhe des Kürzungsbetrags an die allgemeine Erhöhung der Versorgung an.
4Am 00.0.0000 heiratete der Kläger erneut. Daher erhöhte sich der laufende Versorgungsbezug um den Familienzuschlag der Stufe 1.
5Mit einer am 3. März 2012 erhobenen Klage (VG Düsseldorf, 23 K 2448/12) wandte sich der Kläger gegen die Ermittlung der Höhe des Kürzungsbetrags. Dieser liege inzwischen bei 754,20 Euro, also um 148,00 Euro höher ursprünglich vom Familiengericht errechnet. Die Beklagte habe den Kürzungsbetrag auf Grundlage einer Beamtenpension nach Besoldungsgruppe B 4 statt nach B 3 ermittelt. Letztere sei jedoch Grundlage des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht gewesen. Die Höherstufung nach B 4 sei erst im Juni 1999, also nach der Ehezeit, erfolgt. Eine Erhöhung des Kürzungsbetrags wegen einer Besoldungserhöhung nach Rechtskraft der Ehescheidung, die in der Ehe nicht angelegt und somit nicht eheprägend gewesen sei, sei grob unbillig. Ferner machte der Kläger geltend, die ermittelte Quote von 14,460 v.H. müsse nach der erneuten Eheschließung am 00.0.0000 neu berechnet werden. Eine Berücksichtigung des Familienzuschlags aus zweiter Ehe bei der Ermittlung des Kürzungsbetrags, der aufgrund des Versorgungsausgleichs der ersten Ehe vorzunehmen sei, verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG. Nach der Ehezeit durch Wiederheirat erworbene Einkommensbestandteile, die mit der ersten Ehe nichts zu tun hätten, seien daher bei der Berechnung des Kürzungsbetrages nicht zu berücksichtigen. Der Familienzuschlag müsse vollständig der neuen Ehe verbleiben.
6Mit Hinweisverfügung vom 11. Januar 2013 legte das Gericht im Einzelnen dar, dass ‑ einerseits - die jeweilige Besoldungsgruppe, wie eine Vergleichsberechnung zeige, keinen Einfluss auf die Höhe des festgesetzten Kürzungsprozentsatzes habe, und ‑ andererseits ‑ der Kürzungsprozentsatz angepasst werden müsse, wenn während des Versorgungsbezugs eine Neuverheiratung erfolge, weil sonst die Ex-Ehefrau von dem Familienzuschlag profitiere. Bereits zuvor, mit Nachberechnung vom 21. Dezember 2012, hatte die Beklagte den letzteren Fehler behoben, indem sie die Quote zwischen dem Versorgungsausgleich und den Versorgungsbezügen unter Berücksichtigung des neu hinzugekommenen Familienzuschlags der Stufe 1 rückwirkend auf den 1. April 2008 neu mit 14,226 v.H. ermittelte. Nach dem o.g. richterlichen Hinweis erklärten die Beteiligten das Klageverfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt.
7In der Folgezeit legte die Beklagte die neu mit 14,226 v.H. ermittelte Quote zwischen Versorgungsbezug und Versorgungsausgleich der weiteren Berechnung stets unverändert zugrunde. Daher wandte sich der Kläger an die Beklagte und begehrte die jeweilige Anpassung des Kürzungsprozentsatzes entsprechend den Steigerungen des Familienzuschlags der Stufe 1 ab dem 1. Juli 2008.
8Die Beklagte lehnte das Begehren mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2015 mit der Begründung ab, die Erhöhung der Versorgungsbezüge durch den Familienzuschlag der Stufe 1 aufgrund der Eheschließung stelle eine Erhöhung „aus anderen Gründen“ dar, die eine Neufestsetzung der Quote erfordere. Demgegenüber erforderten die künftigen Erhöhungen des Familienzuschlags keine Anpassung der Quote, da die Anpassung des Familienzuschlags mit dem gleichen Prozentsatz der linearen Erhöhung der anderen Bezügebestandteile folge.
9Dagegen erhob der Kläger am 13. April 2015 Klage (VG Düsseldorf, 23 K 2865/15), mit der er geltend machte: Es könne nicht sein, dass seine geschiedene Ehefrau an der Erhöhung des Familienzuschlags der Stufe 1 durch Erhöhung des Versorgungsausgleichs partizipiere, da das maßgebliche Ereignis für den derzeit gewährten Familienzuschlag in der neuen Eheschließung liege und damit zwingend nicht im Bestand der vorherigen Ehe angelegt sei; der Familienzuschlag werde allein im Hinblick auf die nunmehr geführte Ehe gewährt.
10Mit Urteil vom 14. Dezember 2015, rechtskräftig seit dem 6. Februar 2016, hob das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid vom 11. März 2015 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab dem 1. Juli 2008 Versorgungsbezüge zu zahlen, ohne den Versorgungsabschlag um die jeweilige Erhöhung des Familienzuschlags der Stufe 1 anzupassen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Bei dem Familienzuschlag der Stufe 1 handele es sich nicht um „Versorgungsbezüge“ im Sinne des Gesetzes, deren Erhöhung zu einer entsprechenden Anpassung des Kürzungsbetrages führe. Das Abstellen auf den Zweck des Versorgungsausgleichs, ehebedingt einen Ausgleich unter den zu scheidenden Eheleuten herzustellen, zeige, dass nach der Scheidung eintretende Umstände, die ‑ wie hier ‑ zur erneuten Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 führten, nicht bei einer Erhöhung des Versorgungsausgleichsbetrags berücksichtigt werden könnten. Das habe die Beklagte durch Anpassung der ermittelten Quote im Fall der erneuten Eheschließung nachvollzogen; die konsequente Umsetzung der Erkenntnis führe aber dazu, dass die geschiedene Ehefrau auch nicht an jeder weiteren Erhöhung des Familienzuschlags partizipieren könne. Demgemäß meine die gesetzliche Formulierung „Anpassung der Versorgungsbezüge“ lediglich die allgemeinen, linearen Erhöhungen der Versorgungsbezüge. Ausgeschlossen seien damit alle Erhöhungen, die nicht in die allgemeine Erhöhung der Besoldung und Versorgungsbezüge fielen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils Bezug genommen.
11Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Neuberechnung des versorgungsausgleichsbedingten Kürzungsbetrages. Hierzu erläuterte sie: Es handele sich um die Rückrechnung und Nachzahlung von Versorgungsbezügen für die Zeit vom 1. April 2008 bis 29. Februar 2016. Aufgrund der geringfügigen Abweichungen von den bisherigen Berechnungsweisen habe die Neuberechnung eine Nachzahlung i.H.v. insgesamt 3,01 Euro ergeben. Der Prozentsatz der Kürzung sei für diese Rückrechnung aus den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen ohne Berücksichtigung des Familienzuschlags mit 14,460 v.H. berechnet worden. Aus ADV-technischen Gründen werde bis auf Weiteres die Kürzung mit dem Prozentsatz auf Basis des vollen ungekürzten Ruhegehaltsbetrages maschinell ab dem 1. März 2016 berechnet. Der Kürzungsbetrag von 783,40 Euro zum 1. März 2016 entspreche daher 14,222 v.H. des Basiswertes. Sollten zukünftig ausnahmsweise die linearen Erhöhungen und Anpassungen des Familienzuschlags mit einem von der Bezügeerhöhung abweichenden Prozentsatz erfolgen, werde dieser Prozentsatz neu zu ermitteln sein. Hiervon sei aber vorerst nicht auszugehen. Die Angelegenheit werde bei jeder zukünftigen Besoldungserhöhung diesbezüglich geprüft werden.
12In einem wegen nachträglicher Änderung wesentlicher Berechnungsgrundlagen durchgeführten familiengerichtlichen Abänderungsverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts ‑ Familiengericht ‑ S. vom 00.0.2017 das o.g. Urteil des Amtsgerichts ‑ Familiengericht ‑ F. vom 00.0.1998 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 00.0.1999 hinsichtlich der Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit Wirkung ab dem 1. Mai 2012 wie folgt geändert (soweit hier von Interesse): Im Wege der externen Teilung wurde zu Lasten des Anrechts des Klägers bei der Stadt N. zugunsten der geschiedenen Ehefrau ein in Entgeltpunkte umzurechnendes Anrecht i.H.v. 1.069,41 Euro monatlich auf das vorhandene Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 30. September 1996, begründet.
13Zu den Auswirkungen des familiengerichtlichen Abänderungsbeschlusses auf die Bezügezahlung heißt es in einem Vermerk der Beklagten vom 22. November 2017, dass die Berechnung der versorgungsausgleichsbedingten Kürzung ab dem 1. Mai 2012 unter Zugrundelegung des auszugleichenden Betrages von 1.069,41 Euro, bezogen auf den 30. September 1996, neu erfolgen müsse.
14In der Bezügemitteilung Nr. 75 (für März 2018) teilte die Beklagte dem Kläger eine Überzahlung i.H.v. 41.473,88 Euro mit. Wegen der Rückforderung erhalte er eine besondere Mitteilung. Als versorgungsausgleichsbedingter Kürzungssatz ist in der Bezügemitteilung ein Betrag i.H.v. 1.473,78 (= 24,651 v.H.) genannt.
15Mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 9. März 2018 wandte sich der Kläger sowohl gegen die Bezügeberechnung ab März 2018 als auch gegen die Überzahlung. Er gehe davon aus, dass der neue Kürzungssatz auf der Umsetzung des Beschlusses des Amtsgerichts ‑ Familiengericht ‑ S. vom 00.0.2017 beruhe. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte zu dem Kürzungsbetrag, der rund 400,00 Euro über dem vom Familiengericht ermittelten Ausgleichswert liege, komme. Auch sei unklar, wie sie den Kürzungsprozentsatz von 24,651 v.H. errechnet habe. Zudem fehle es an einer mitübersandten transparenten Berechnung der Überzahlung.
16Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 19. März 2018 mit: Die ursprüngliche Berechnung der Kürzung sei auf Basis eines Ausgangsbetrages von 1.185,93 DM (umgerechnet 606,36 Euro) bezogen auf den 30. September 1996 erfolgt. Dies sei mit dem Beschluss vom 00.0.2017 geändert worden. Die Berechnung des Kürzungsbetrages müsse daher rückwirkend ab dem 1. Mai 2012 unter Zugrundelegung des auszugleichenden Betrages von 1.069,41 Euro bezogen auf den 30. September 1996 neu erfolgen. Mit Eintritt in den Ruhestand am 0.0.0000 erhöhe oder vermindere sich der Kürzungsbetrag in dem Verhältnis, in dem sich das Ruhegehalt vor Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften durch Anpassung der Versorgungsbezüge erhöhe oder vermindere. Ab dem ersten Tag des Monats der Wiederverheiratung (1. April 2008) erfolge die Neuberechnung aufgrund der Erhöhung der Versorgungsbezüge um den Familienzuschlag, der im Rahmen der Kürzungsberechnung nicht zu berücksichtigen sei. Zum 1. Januar 2017 sei der Kürzungsprozentsatz wegen der Integration der Sonderzahlung angepasst worden, da diese keine Auswirkung auf die Höhe der Scheidungskürzung haben dürfe. Die Neuberechnung der Kürzung führe zu einer rückwirkenden Erhöhung des bisherigen Kürzungsbetrages und somit zu einer Überzahlung von insgesamt 41.473,88 Euro. Diesen Betrag bitte sie auf ihr Konto zu überweisen. Sollte die Rückzahlung in einer Summe nicht möglich sein, bestehe grundsätzlich auch die Möglichkeit einer ratenweisen Erstattung. In diesem Fall bitte sie um entsprechende Ratenzahlungsvorschläge in angemessener Höhe. Beigefügt waren dem Schreiben Anlagen zur Ermittlung des Kürzungsbetrages sowie zur Integration der Sonderzahlung. Wegen deren Einzelheiten wird auf die Seiten 38 - 42 der Beiakte Heft 1 (Anlagen 1 bis 3) verwiesen.
17Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 17. Mai 2018: Sein Widerspruch habe durch die Ausführungen der Beklagten vom 19. März 2018 keine Erledigung gefunden, und zwar aus folgenden Gründen:
18- Zunächst bitte er um Überlassung einer detaillierten Berechnung und Forderungsaufstellung des festgesetzten Nachzahlungsbetrages von über 41.000,00 Euro. Ohne diese Forderungsaufstellung sei der Betrag nicht nachvollziehbar. So sei z.B. die Anlage 2 zum Schreiben vom 19. März 2018 nicht verständlich. In der Tabelle zur Ermittlung der Kürzung würden auf Basis des in Euro umgerechneten aktuellen, auf 1996 bezogenen Kürzungsbetrages Erhöhungen vom 1. März 1997 bis zum 1. Januar 2001 mitgeteilt und in einer Auflistung die danach erhöhten Werte genannt. Zu allen folgenden Besoldungserhöhungen werde zwar der Erhöhungsprozentsatz mitgeteilt, jedoch nicht mehr der danach erhöhte Besoldungswert. Auf der nächsten Seite der Anlage 2 sei unter Ziffer 2. die Veränderung der Kürzungsbeträge ab Eintritt des Versorgungsfalls dargestellt. Danach sei es zwischen dem 1. Mai 2001 und dem 31. März 2008 zu einer einmaligen Besoldungserhöhung, dann aber gleich im Umfang von 5,2 %, gekommen. Ferner werde eine einmalige Erhöhung des Kürzungsbetrags um 10,39 % zwischen dem 1. April 2008 und dem 30. Juni 2014 angegeben. Wie komme es zu diesen „Sprüngen“? Er bitte um eine dezidierte und begründetere Darlegung.
19- Auch sei nicht klar und werde aus den Darlegungen und Belegen nicht ersichtlich, inwieweit der 2008 durch die Neuheirat entstandene Familienzuschlag ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt und aus der Berechnung des Kürzungsbetrages herausgenommen worden sei.
20- In der Vergangenheit habe er eine Diskrepanz zwischen den einbehaltenen Kürzungsbeträgen und den Beträgen, die der geschiedenen Ehefrau gutgeschrieben würden, festgestellt. Er sei keinesfalls bereit, diese teils horrende Diskrepanz hinzunehmen. Der Gesetzgeber habe nicht vorgesehen, dass irgendwelche Differenzbeträge den Rententrägern verblieben. Die Kosten der Teilung würden im Vorfeld des Versorgungsausgleichs ermittelt und bei diesem bereits berücksichtigt.
21Die Beklagte übersandte daraufhin unter dem 9. Oktober 2018 eine mit Anmerkungen versehene Fassung der Anlage 2 zu ihrem vorherigen Schreiben sowie eine Übersicht „Berechnungsergebnis Überzahlung März 2018“ und führte hierzu aus: In der Anlage 2 habe sie einige handschriftliche Anmerkungen gemacht, um den Hintergrund der entsprechenden Zahlen zu verdeutlichen. Beispielsweise sei die Feststellung des Versorgungsbezugs zum 31. März 2008 und 1. April 2008 erforderlich gewesen, um den Kürzungsbetrag ohne den Familienzuschlag aus zweiter Ehe fortzuschreiben. Der beigefügten Übersicht könne der Kläger die Zusammensetzung des Nachzahlungsbetrags von 41.473,88 Euro im Detail entnehmen. Wegen der Einzelheiten der ergänzten Anlage 2 und der genannten Übersicht wird auf die Seiten 51 ‑ 56 der Beiakte Heft 1 Bezug genommen.
22Der Kläger teilte mit Schreiben vom 22. Februar 2019 mit, dass der Widerspruch aufrecht erhalten bleibe. Dies begründete er wie folgt:
23- Die Übersicht „Berechnungsergebnis Überzahlung März 2018“ sei nicht selbsterklärend und aus sich heraus verständlich. Es sei bereits unklar, welche „letzte Berechnung“ gemeint sei, wenn in der Mitte der Abrechnungstabelle z.B. für das Jahr 2012 zwölf Zahlungen, jeweils datiert auf den 1. Januar 2013, untereinander aufgeführt würden. Handele es sich hierbei um die an ihn ausgezahlten Bruttoversorgungsbezüge in den einzelnen Monaten des Jahres 2013? Falls dies der Fall sein sollte, stimmten die in der Tabelle angegebenen Beträge nicht mit den Bezügemitteilungen für diesen Zeitraum (mit den Nummern 46 bis 48) überein, wo jeweils Bruttobeträge i.H.v. 4.461,55 Euro angegeben seien. Die rechts daneben liegende Spalte der Tabelle, betitelt mit „aktuelle Berechnung“, enthalte vermutlich die unter Berücksichtigung des Beschlusses des Amtsgerichts S. vom 00.0.0000 ermittelten, bereits um den Kürzungssatz reduzierten Ruhegehaltsbezüge. Selbst wenn dies so wäre, könnte er nach wie vor nicht nachvollziehen, wie die Beklagte auf die jeweils neu errechneten Versorgungsbezüge komme. Diese Berechnung fehle vollständig. Angesichts der über die Jahre hinweg zahlreichen Besoldungserhöhungen, die immer wieder einher gegangen seien mit Erhöhungen des Familienzuschlags ‑ der ja herauszurechnen sei ‑, erwarte er zur Plausibilitätsprüfung eine Neuberechnung in Form von neu erstellten Bezügemitteilungen auf Basis des Beschlusses des Amtsgerichts S. für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Vorher würden die errechneten Nachzahlungsbeträge nicht anerkannt.
24- Letzteres gelte noch aus einem weiteren Grund: In mühsamer Kleinarbeit habe er sämtliche Bezügemitteilungen zwischen 1. Februar 2010 und 1. Januar 2019 (mit den Nummern 38 ‑ 76) überprüft und festgestellt, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 14. Dezember 2015 im Verfahren 23 K 2865/15 nicht durchgehend umgesetzt worden sei. Wie aus der von ihm beigefügten Tabelle ersichtlich, sei der Kürzungsprozentsatz nicht, wie vom Gericht verlangt, bei jeder Erhöhung des Familienzuschlags angepasst worden. Allein deshalb seien ihm bis heute zu geringe Versorgungsbezüge ausgezahlt worden. Dies habe vermutlich auch zu einer Falschberechnung der Nachzahlungsbeträge geführt, was ohne detaillierte Neuberechnung durch die Beklagte nicht überprüft werden könne.
25- Wie der als Anlage von ihm beigefügten Tabelle ebenfalls zu entnehmen sei, habe es im Zeitraum 1. Juli 2010 bis 30. November 2014 eine erhebliche Differenz zwischen den Kürzungsbeträgen und den damit korrespondierenden Rentenmehrzahlungen an seine geschiedene Ehefrau gegeben. Die Diskrepanz betrage zwischen 50,00 und 60,00 Euro pro Monat. Sie werde sich ab dem 1. Dezember 2014 so fortgesetzt haben, auch wenn er dies bislang nicht genau beziffern könne, da die Beklagte sich in rechtswidriger Weise weigere, ihm die von der Rentenversicherung für seine Ex-Ehefrau geltend gemachten Aufwendungen mitzuteilen. Diese Diskrepanz stelle eine Enteignung bezogen auf einen Teil seiner ihm gesetzlich zustehenden Versorgungsbezüge dar. Es existiere keine gesetzliche Bestimmung, die vorsehe, dass ein Teil der Kürzungsbeträge nicht über den Versorgungsausgleich dem geschiedenen Ehegatten zugutekomme, sondern unbemerkt bei staatlichen Behörden verbleibe. Daher bestehe für den Einbehalt eines nicht unerheblichen Teils des Ruhegehalts durch die Beklagte keinerlei Rechtsgrundlage. Die Beklagte werde aufgefordert, Auskunft zu geben, welche Aufwendungen der Träger der Rentenversicherung aufgrund der im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften für die geschiedene Ehefrau bei ihr angemeldet habe. Die überschüssigen Beträge seien ihm zurückzuerstatten. Er sei nicht gewillt, hier länger im Ungewissen gelassen zu werden.
26Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 15. März 2019: Bei der Kürzung der Versorgungsbezüge und den Erstattungsforderungen der Deutschen Rentenversicherung handele es sich um unterschiedliche Vorgänge. Die Kürzungsbeträge würden nicht unmittelbar an den ausgleichsberechtigten früheren Ehegatten weitergeleitet. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs würden vielmehr Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet und dem Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten gutgeschrieben. Die Rentenversicherung ermittele die hierauf beruhenden Aufwendungen an den Ausgleichsberechtigten (die außer den laufenden Rentenleistungen auch andere Leistungen wie z.B. Rehabilitationsbehandlungen u.ä. umfassten) und mache diese dann beim Träger der Versorgungslast geltend. Etwaige Unterschiede der Höhe der Leistungen der Rentenversicherung an den Berechtigten und des Kürzungsbetrages ließen folglich keine Rückschlüsse auf die Fehlerhaftigkeit der Kürzungsberechnung zu. Da es sich insoweit um die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben handele, liege keine Enteignung vor. Zu seinem übrigen Vorbringen erhalte der Kläger schnellstmöglich weitere Nachricht.
27In der Besoldungsmitteilung Nummer 78 (für Juli 2019) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie eine Nachzahlung aus der Besoldungsanpassung 2019 i.H.v. 864,90 Euro mit der Überzahlung aus dem geänderten Versorgungsausgleich i.H.v. 41.473,88 Euro verrechnet habe; die verbleibende Überzahlung belaufe sich auf 40.608,98 Euro. Mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 6. August 2019 wandte sich der Kläger gegen diese Verrechnung. Es sei nach wie vor ein Widerspruchsverfahren betreffend die Höhe der Überzahlung im Zusammenhang mit der Neufassung des Versorgungsausgleichs anhängig.
28Da die Entscheidung der Beklagten über den Widerspruch vom 9. März 2018 auf sich warten ließ, erhob der Kläger am 7. August 2019 eine Untätigkeitsklage (VG Düsseldorf, 23 K 5907/19). Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 5. September 2019: Die Bescheidung des Widerspruchs des Klägers vom 9. März 2018 erfordere die vollumfängliche Überprüfung der umfassenden und komplexen Berechnungen der aufgrund der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich vorzunehmenden Änderung der Kürzung der Versorgungsbezüge. Diese werde noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.
29Mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2019 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 9. März 2018 als unbegründet zurück. In den Gründen des Bescheides führte sie aus: Die Neuberechnung der aufgrund des Versorgungsausgleichs vorzunehmenden Kürzung der Versorgungsbezüge habe Abweichungen bei der Ermittlung des jeweils anzuwendenden Kürzungsprozentsatzes ergeben, die zu korrigieren seien; seit dem 1. Januar 2017 sei ein Kürzungsprozentsatz von 25,099 v.H. zu Grunde zu legen. Allerdings habe sich der Fehler zu Gunsten des Klägers ausgewirkt, indem es zu einer Überzahlung i.H.v. 880,62 Euro gekommen sei. Daraus ergebe sich eine Erhöhung der Gesamtüberzahlung auf (40.608,98 plus 880,62 =) 41.489,60 Euro. Beigefügt waren mehrere Anlagen (K 1 bis K 7), die die Beklagte näher erläuterte. Wegen der Einzelheiten der Anlagen wird auf die Seiten 72 ‑ 88 der Beiakte Heft 1 Bezug genommen. Weiter heißt es in dem Widerspruchsbescheid: Bei der Anforderung von Erstattungen aufgrund des Versorgungsausgleichs nach § 225 SGB VI durch die Deutsche Rentenversicherung, die die Rentenleistungen an die Ausgleichsberechtigte zu erbringen habe, und der Kürzung der Versorgungsbezüge handele es sich um unterschiedliche Rechtsverhältnisse. Der monatlich nach den gesetzlichen Vorgaben von den Versorgungsbezügen einzubehaltende Betrag werde nicht unmittelbar an den ausgleichsberechtigten früheren Ehepartner weitergeleitet. Im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens seien vielmehr Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet und dem Versicherungskonto der Ex-Ehefrau zugeschrieben worden. Die Deutsche Rentenversicherung mache aufgrund dessen die ihr durch den Versorgungsausgleich entstehenden Aufwendungen (wie laufende Rentenleistungen, Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner, etwaige Rehabilitationsleistungen u.ä.) beim Träger der Versorgungslast geltend. Die Kürzung der Versorgungsbezüge richte sich hingegen nach den Vorgaben des § 72 Abs. 2 LBeamtVG NRW, so dass die Beträge nicht zwangsläufig deckungsgleich seien, zumal sich vermutlich aufgrund des familiengerichtlichen Verfahrens auch hinsichtlich der Rentenzahlungen an die frühere Ehefrau des Klägers Änderungen ergeben haben dürften.
30Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2019 erklärten die Beteiligten die Untätigkeitsklage 23 K 5907/19 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt.
31Gegen den obigen Widerspruchsbescheid, der am 15. Oktober 2019 zur Post gegeben worden war, hat der Kläger am 15. November 2019 die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend und vertiefend trägt er im Wesentlichen vor:
32- Der Widerspruchsbescheid sei durch die Rheinischen Versorgungskassen und damit von einer unzuständigen Behörde erlassen worden. Den vorherigen Widerspruchsbescheid vom 11. März 2015 habe die Beklagte selbst erlassen mit der Begründung, dass das Rechtsverhältnis auch als Ruhestandsbeamter weiterhin zur Stadt N. bestehe. Ihm sei nicht bekannt, dass sich an dieser Rechtslage etwas geändert habe.
33- Die jeweiligen Erhöhungen des Familienzuschlags seien bei Ermittlung der Kürzungsbeträge nicht ordnungsgemäß herausgerechnet worden. Zwei Berechnungsweisen seien möglich: Entweder werde der Kürzungsbetrag bei gleichbleibendem Kürzungsprozentsatz aus dem nicht um den Familienzuschlag erhöhten Ruhegehalt errechnet, oder der Kürzungsprozentsatz werde entsprechend der Erhöhung des Familienzuschlags reduziert. Die Beklagte führe seit Jahren die letztere Berechnungsweise durch. Entgegen den Vorgaben des Urteils vom 14. Dezember 2015 habe sie jedoch bei den zwischenzeitlichen Erhöhungen des Familienzuschlags den Kürzungsprozentsatz nicht weiter angepasst. Dies ergebe sich aus den Bezügemitteilungen Nummern 68, 72 und 74. Ursprünglich sei der Kürzungsprozentsatz auf 14,460 v.H. festgesetzt worden. Aufgrund des Urteils vom 14. Dezember 2015 habe die Beklagte den Kürzungsprozentsatz rückwirkend ab 2008 bis zum 1. März 2016 wegen der Herausrechnung des Familienzuschlags auf 14,222 v.H. angepasst. In der Folgezeit habe sie dann jedoch mit diesem Kürzungsprozentsatz weitergerechnet, obwohl sich der Familienzuschlag am 1. August 2016 von 125,82 Euro auf 128,48 Euro erhöht habe. Erst mit der nächsten Erhöhung des Familienzuschlags zum 1. Januar 2017 sei der Kürzungsprozentsatz auf 13,967 v.H. angepasst worden. Auch bei der nächsten Erhöhung des Familienzuschlags zum 1. Mai 2017 habe die Beklagte den Kürzungsprozentsatz nicht angepasst. Gleichfalls sei die Anpassung bei der wiederum nächsten Erhöhung des Familienzuschlags zum 1. Januar 2018 unterblieben, der Kürzungsprozentsatz habe immer noch bei 13,967 v.H. verharrt. Die zwischenzeitlich unterbliebenen Anpassungen seien nachzuholen und der zu viel einbehaltene Betrag sei nachzuzahlen.
34- Aufgrund der Abänderung des Versorgungsausgleichs durch Beschluss des Amtsgerichts S. vom 00.0.0000 habe die Beklagte den Kürzungsprozentsatz und damit verbunden auch den Kürzungsbetrag rückwirkend zum 1. Mai 2012 neu berechnet. Der neue Kürzungsprozentsatz (24,651 v.H.) und der Kürzungsbetrag ergäben sich aus der Bezügemitteilung Nummer 75 zum 1. März 2018. Zugleich habe die Beklagte ihm dort rein redaktionell eine durch den abgeänderten Versorgungsausgleich entstandene Überzahlung für den Zeitraum Mai 2012 bis Februar 2018 i.H.v. 41.473,88 Euro mitgeteilt. Die dort erwähnte besondere Mitteilung wegen der Rückforderung sei bis heute nicht erfolgt. Er halte die Festsetzung der Überzahlung für rechtswidrig und begehre deren Aufhebung. Es gebe keine auch nur ansatzweise schlüssige Vergleichsberechnung, die den Nachzahlungsbetrag für ihn plausibel und transparent mache. Es reiche nicht, die aus Sicht der Beklagten ab dem 1. Mai 2012 auf Grundlage des familiengerichtlichen Beschlusses errechneten Kürzungsprozentsätze mitzuteilen. Vielmehr gehöre zu einer transparenten und plausiblen Rückstandsberechnung auch eine Vergleichsberechnung zu den für den streitgegenständlichen Zeitraum ursprünglich ermittelten Kürzungsprozentsätzen und Kürzungsbeträgen im Wege einer Gegenüberstellung.
35- Unabhängig davon sei der von der Beklagten mitgeteilte Kürzungsprozentsatz ab dem 1. März 2018 ‑ der vermutlich auch für die Zeit ab dem 1. Mai 2012 gelten solle ‑ zu seinen Lasten falsch berechnet. Dies ergebe sich aus einem Schreiben der Rheinischen Versorgungskassen an die Beklagte vom 17. April 2019. Dort heiße es bezogen auf ihn, den Kläger, dass sich „bezogen auf die Ehezeit … ein Ruhegehaltsanspruch in Höhe von 10.302,44 DM x 47,59 % = 4.902,93 DM + 89,91 DM anteilige Sonderzahlung …“ ergebe. Dementsprechend bestehe ein auf die Ehezeit mit der Ex-Ehefrau bezogener Ruhegehaltsanspruch in Höhe von 47,59 % des Gesamtruhegehaltsanspruchs. Die Hälfte hiervon, somit 23,795 %, stehe der Ex-Ehefrau maximal zu. Der Kürzungsprozentsatz aus der Bezügemitteilung Nummer 75 sei daher falsch. Folglich seien sämtliche Auszahlungsbeträge aus den Bezügemitteilungen rückwirkend zum 1. Mai 2012 neu zu berechnen.
36- Des Weiteren habe die Beklagte den in der Bezügemitteilung Nummer 75 festgesetzten Überzahlungsbetrag scheinbar willkürlich verändert. So würden in der Bezügemitteilung Nummer 78 vom 18. Juni 2019 864,90 Euro abgezogen und es werde eine Restschuld i.H.v. 40.608,98 Euro ausgeworfen. In der Bezügemitteilung Nummer 80 vom 18. September 2019 erhöhe die Beklagte den Schuldbetrag dann ohne Angabe von Gründen auf 41.489,60 Euro.
37- Die gesetzlichen Regelungen zur Kürzung des Ruhegehalts nach Ehescheidung verstießen gegen Art. 14 GG, indem seine Versorgung stärker gekürzt als die gesetzliche Rente der geschiedenen Ehefrau erhöht werde. Die Rentenversicherung melde die zusätzlichen Aufwendungen, die ihr durch die Begründung des Anrechts auf dem Rentenversicherungskonto der geschiedenen Ehefrau zusätzlich entstünden, Monat für Monat bei der Beklagten an und fordere sie ein. Die angemeldeten Aufwendungen durch den Versorgungsausgleich seien aber deutlich geringer als die Kürzungsbeträge, mit denen er seit dem Jahr 2008 belastet werde. Diese erhebliche monatliche Diskrepanz zu seinen Lasten stelle eine Eigentumsverletzung dar, denn eine Enteignung könne und dürfe nur zum Wohle der Allgemeinheit und nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regele. Ein solches Gesetz sei nicht vorhanden. Erhebliche Beträge, die ihm belastet würden, kämen nicht bei seiner geschiedenen Ehefrau an und stellten somit verdeckte öffentliche Einnahmen dar.
38- Schließlich führe die Berechnung des Kürzungssatzes aus der Besoldungsstufe B 4, die er erst nach Rechtskraft der Ehescheidung erreicht habe, zu einer vom Gesetz nicht gedeckten Benachteiligung. Der Versorgungsausgleich im damaligen Urteil des Amtsgerichts F. von 1998 sei auf Basis eines Gehalts nach Besoldungsstufe B 3 ermittelt worden. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand seien aber der Kürzungsprozentsatz und damit verbunden die Kürzungsbeträge aus den höheren Bezügen nach B 4 statt nach B 3 ermittelt worden. Ob man allerdings 24,65 % aus 300,00 Euro oder 24,65 % aus 400,00 Euro berechne, mache zwar nicht prozentual, jedoch betragsmäßig einen erheblichen Unterschied aus, so dass auch diese Berechnungsweise rechtswidrig sei.
39Der Kläger beantragt,
40den Widerspruchsbescheid vom 5. September 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm rückwirkend ab dem 1. März 2018 weitere Versorgungsbezüge nach den gesetzlichen Bestimmungen und ohne Verrechnung mit einer aus der durch Beschluss des Amtsgerichts ‑ Familiengericht ‑ S. vom 00.0.0000 erfolgten Abänderung des Versorgungsausgleichs resultierenden Überzahlung zu zahlen.
41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:
44- Dass der Widerspruchsbescheid für sie von den Rheinischen Versorgungskassen erlassen worden sei, sei nicht zu beanstanden. Die Befugnis hierzu sei auf gesetzlicher Grundlage auf die Rheinischen Versorgungskassen übertragen worden.
45- Mit seiner Rüge, die Erhöhung des Familienzuschlags aus zweiter Ehe erfordere jedes Mal eine Anpassung des Kürzungsprozentsatzes, damit der Familienzuschlag bei der Kürzung der Versorgungsbezüge unberücksichtigt bleibe, verkenne der Kläger die Systematik der Scheidungskürzung. Grundsätzlich werde bei der Ermittlung des Kürzungsprozentsatzes vor Beginn der Kürzung der Familienzuschlag einer späteren Ehe ausgeblendet. Der so ermittelte Kürzungsprozentsatz, der im Verhältnis niedriger ausfalle, werde dann auf den gesamten Versorgungsbezug, also inklusive des aktuell bezogenen Familienzuschlags, zur Anwendung gebracht. Durch die bereits erfolgte Berücksichtigung bei der ursprünglichen Ermittlung des Kürzungsprozentsatzes sei grundsätzlich sichergestellt, dass der Familienzuschlag aus zweiter Ehe letztlich nicht gekürzt werde. Die in der Vergangenheit aufgetretenen Schwierigkeiten hätten darauf beruht, dass im Rahmen der Besoldungserhöhung 2013/2014 ausnahmsweise die Besoldungserhöhung und die Erhöhung des Familienzuschlags auseinandergefallen seien. Dies habe ausnahmsweise eine gesonderte Anpassung des Kürzungsprozentsatzes notwendig gemacht, die zunächst unterblieben sei. Bezüglich der seither erfolgten Besoldungserhöhungen differenziere die Beklagte und führe eine Anpassung des Kürzungsprozentsatzes nur dann durch, wenn es zu einem Auseinanderfallen der Erhöhung komme. Einer generellen Anpassung des Kürzungsprozentsatzes bedürfe es nicht.
46- Zur gerügten Berechnung und Geltendmachung der Überzahlung gelte Folgendes: Ursprünglich sei die Berechnung des Kürzungsprozentsatzes auf der Basis eines Ausgangswertes von 1.185,93 DM (umgerechnet 606,36 Euro) bezogen auf den 30. September 1996 erfolgt. Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts S. vom 00.0.0000 sei die Berechnung geändert worden. Die Ermittlung des Kürzungsbetrags habe rückwirkend ab dem 1. Mai 2012 neu erfolgen müssen unter Zugrundelegung des nunmehr auszugleichenden Betrages von 1.069,41 Euro bezogen auf den 30. September 1996. Die rückwirkende Erhöhung des bisherigen Kürzungsbetrages führe zu einer ebenfalls rückwirkenden Veränderung des Kürzungsprozentsatzes. Mit Eintritt in den Ruhestand (am 1. Mai 2001) erhöhe sich der Kürzungsbetrag in dem Verhältnis, in dem sich das Ruhegehalt vor Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften durch Anpassung der Versorgungsbezüge erhöhe. Ab dem ersten Tag des Monats der Wiederverheiratung des Klägers am 1. Mai 2008 erfolge die Neuberechnung aufgrund der Erhöhung der Versorgungsbezüge bereinigt um den Familienzuschlag, da dieser im Rahmen der Kürzungsberechnung nicht zu berücksichtigen sei, und zum 1. Januar 2017 sei der Kürzungsprozentsatz wegen der Integration der Sonderzahlung angepasst worden, da diese keine Auswirkung auf die Höhe der Scheidungskürzung haben dürfe. Den entsprechend angepassten Kürzungsprozentsatz habe sie auf die erfolgten Versorgungszahlungen rückwirkend in Ansatz gebracht. Hieraus ergebe sich die aus der Bezügemitteilung Nummer 75 vom 16. Februar 2018 ersichtliche Überzahlung i.H.v. insgesamt 41.473,88 Euro. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2018 habe sie die Ermittlung des Kürzungsbetrages erläutert und auch detaillierte Übersichten zur Berechnung der Überzahlung übersandt. Eines gesonderten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides bedürfe es aufgrund des gesetzesimmanenten Rückforderungsvorbehaltes nicht.
47- Die Auffassung des Klägers, der Kürzungsprozentsatz müsse der Hälfte des auf die Ehezeit entfallenden Anteils des Ruhegehaltssatzes entsprechen, sei unzutreffend. Im Rahmen eines Versorgungsausgleichs seien die beiderseitig erworbenen Versorgungsansprüche der Ehegatten in der Ehezeit zu berechnen. Für den Kläger sei dabei bezogen auf die Ehezeit und die in diese fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeiten ein Ruhegehalt auf Basis eines Ruhegehaltsatzes von 47,59 % ermittelt worden. Dieser Prozentsatz sei jedoch nicht die Basis für die spätere Kürzung der Versorgungsbezüge; diese fuße allein auf der vom Familiengericht begründeten Rentenanwartschaft zum Ende der Ehezeit. Der Kürzungsprozentsatz könne mithin nicht wie vom Kläger angenommen 23,795 % betragen.
48- Eine willkürliche Veränderung des Überzahlungsbetrages liege nicht vor. Durch die Erhöhung der Versorgungsbezüge zum 1. Januar 2019 habe sich eine Nachzahlung bis zur tatsächlich erst im Juni erfolgten Gewährung ergeben. Der entstandene Betrag belaufe sich auf 864,90 Euro. Dieser Betrag sei systemseitig mit dem bestehenden Rückforderungsbetrag saldiert und in der Bezügemitteilung Nummer 78 dargestellt worden.
49- Die gerügte Eigentumsverletzung sei nicht nachzuvollziehen. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass der monatlich im Wege der Kürzung einbehaltene Betrag nicht unmittelbar an die ausgleichsberechtigte Person weitergeleitet werde. Vielmehr würden im Rahmen des Versorgungsausgleichs einer Beamtenversorgung Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (externe Teilung) zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet und dem Versicherungskonto gutgeschrieben. Aufwendungen in der Rentenversicherung (z.B. laufende Rentenleistungen, KVdR-Beträge oder etwaige Reha-Leistungen) an den ausgleichsberechtigten früheren Ehepartner würden dann von der Rentenversicherung anteilig gemäß § 225 Abs. 1 SGB VI beim zuständigen Versorgungsträger (hier: der Stadt N. ) angefordert. Bei der Anforderung nach § 225 Abs. 1 SGB VI und der Kürzung der Versorgungsbezüge handele es sich somit um völlig unterschiedliche Rechtsverhältnisse. Das „Schicksal“ der Weiterentwicklung der jeweiligen Versorgungssysteme sei voneinander unabhängig, so dass die jeweiligen Beträge nicht deckungsgleich sein müssten.
50- Die Ansicht des Klägers, sie habe den Kürzungsprozentsatz fehlerhaft aus der Besoldungsstufe B 4 ermittelt, weil der Kläger diese Besoldungsstufe erst nach der Ehescheidung erreicht habe, sei unzutreffend. Die Thematik sei bereits Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens VG Düsseldorf 23 K 2448/12 gewesen. Dort habe das Verwaltungsgericht ihre Verfahrensweise bestätigt und nach Hauptsachenerledigung insoweit dem Kläger die Kosten auferlegt.
51Während des Klageverfahrens, mit Schriftsatz vom 15. März 2022, hat die Beklagte ausdrücklich die Aufrechnung der überzahlten Versorgungsbezüge mit den laufenden Bezügen des Klägers erklärt. Zugleich hat sie dort ausgeführt: Grundsätzlich sei der Betrag der durch die rückwirkende Entscheidung des Familiengerichts entstandenen Überzahlung der Versorgungsbezüge vollumfänglich zurückzufordern. Ein (teilweises) Absehen von der Forderung sei auch aus Billigkeitsgesichtspunkten nicht möglich, da die Überzahlung nicht auf einem Behördenversehen o.ä., sondern ausschließlich auf der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben beruhe. Aufgrund der Höhe der Rückzahlungssumme sei dem Kläger angeboten worden, diese durch angemessene monatliche Raten zurückzuerstatten. Der Kläger habe bislang jedoch keinen entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Auch habe er nicht vorgetragen, dass ihm die Rückzahlung wirtschaftlich nicht oder nur in einer bestimmten Höhe möglich sei. Unter Berücksichtigung der Ehefrau des Klägers als unterhaltsberechtigte Person könne daher die Rückforderungssumme durch Einbehaltung des monatlich pfändbaren Betrages von 1.470,72 Euro von den laufenden Bezüge getilgt werden, soweit der Kläger keine anderweitige Rückführung der Überzahlung anbiete bzw. darlege, aus welchen Gründen eine monatliche Einbehaltung in dieser Höhe nicht geleistet werden könne. Bislang sei eine Einbehaltung im Hinblick auf das laufende gerichtliche Verfahren unterblieben.
52Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2022 hat der Kläger hinsichtlich der Rückforderung die Einrede der Verjährung erhoben.
53Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren VG Düsseldorf 23 K 2448/12, 23 K 2865/15 und 23 K 5907/19, ferner auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
54Entscheidungsgründe:
55Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, jedoch nicht begründet.
56Der angegriffene Widerspruchsbescheid vom 5. September 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Beklagten im Wege der Aufrechnung geltend gemachte Rückforderung hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum auch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Versorgungsbezüge.
57I. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Widerspruchsbescheid nicht von der Beklagten selbst, sondern in Vertretung für diese von den Rheinischen Versorgungskassen erlassen wurde. Die Vertretungsbefugnis folgt aus den gesetzlichen Regelungen in § 57 Abs. 3 LBeamtVG NRW i.V.m. § 2 des Gesetzes über die kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen im Lande Nordrhein-Westfalen (VKZVKG). Danach besteht die Möglichkeit, die Aufgaben der obersten Dienstbehörde als Versorgungsfestsetzungsstelle auf die Rheinischen Versorgungskassen, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zu übertragen. Gemäß § 2 Abs. 1 VKZVKG haben die kommunalen Versorgungskassen die Aufgabe, für ihre Mitglieder die Berechnung und Zahlung der beamtenrechtlichen Versorgungsleistungen zu übernehmen. Wie sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 VKZVKG ergibt, können die kommunalen Versorgungskassen auf Antrag der Mitglieder Aufgaben der Personalverwaltung zur Durchführung übernehmen (§ 91 Abs. 4 Landesbeamtengesetz). Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies auch für die Aufgaben der Festsetzungsstellen für Besoldung und Versorgung. Insoweit handeln die kommunalen Versorgungskassen im eigenen Namen und in Vertretung ihrer Mitglieder (Satz 3). Der von § 2 Abs. 2 VKZVKG in Bezug genommene Absatz 4 des § 91 LBG NRW erklärt für die Tätigkeit der kommunalen Versorgungskassen die Absätze 1 bis 3 des § 91 LBG NRW für entsprechend anwendbar. § 91 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW wiederum sieht explizit vor, dass sich die Aufgabenübertragung auf die Durchführung von Widerspruchsverfahren und die Vertretung des Dienstherrn in gerichtlichen Verfahren erstrecken kann.
58Von der nach obigen Vorschriften gegebenen Übertragungsmöglichkeit hat die Beklagte mit dem von ihr zur Gerichtsakte gereichten Schreiben („Übertragung der Festsetzungsbefugnis“) vom 13. Juli 2018 Gebrauch gemacht und hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass die Übertragung nach beiderseitigem Verständnis sowohl der Mitglieder als auch der Rheinischen Versorgungskassen neben der Festsetzung der Versorgungsbezüge auch die Bearbeitung von Widerspruchsverfahren umfasst, weil die mit der Aufgabenübertragung erstrebte Vereinfachung der Bearbeitung nicht erreicht werden könnte, wenn der übertragende Dienstherr das für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen notwendige Fachwissen weiterhin vorhalten müsste (siehe den Schriftsatz vom 12. Januar 2022).
59II. Die von der Beklagten mittels Aufrechnung geltend gemachte Rückforderung erweist sich als rechtmäßig.
601. Klarstellend ist vorauszuschicken, dass die Rückforderung in einer Gesamthöhe von 42.354,50 Euro besteht. Die dem Kläger zunächst mitgeteilten 41.473,88 Euro haben sich als Ergebnis der im Zuge des Widerspruchsverfahrens durchgeführten Überprüfung der Berechnung um 880,62 Euro auf insgesamt 42.354,50 Euro erhöht. Mit einem Teilbetrag in Höhe von 864,90 Euro hat die Beklagte bereits aufgerechnet (gegen die Nachzahlung aus der Besoldungsanpassung 2019), so dass sich der noch offene Betrag auf 41.489,60 Euro beläuft (siehe Anlage 1 zum Widerspruchsbescheid). Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich, dass der vom Kläger erhobene Vorwurf, die Beklagte habe den Überzahlungsbetrag willkürlich verändert (siehe die Klagebegründung vom 20. Dezember 2019, dort unter Gliederungspunkt 2e), unberechtigt ist.
612. Die Rückforderung steht in Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Vorgaben. Es bedurfte für ihre Geltendmachung keines Rückforderungsbescheides (a). Der Kläger hat eine Überzahlung und damit eine rechtsgrundlose Leistung (b) in der von der Beklagten errechneten Höhe (c) erhalten. Gegenüber dem bestehenden Rückforderungsanspruch kann sich der Kläger weder auf den Wegfall der Bereicherung (d) noch auf Verjährung (e) berufen. Auch die von der Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden (f).
62a) Die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge setzt den Erlass eines Rückforderungsbescheides nicht zwingend voraus. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus § 63 Abs. 2 Satz 1 LBeamtVG NRW, wonach der Dienstherr gegenüber Ansprüchen auf Versorgungsbezüge ein Aufrechnungs- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann; eines vorausgehenden Rückforderungsbescheides bedarf es nicht.
63Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2005 ‑ 2 B 2.05 ‑, juris. Rz. 19 (zum gleichlautenden § 51 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG); ferner Weinbrenner, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, Stand Oktober 2021, § 52 BeamtVG Rz. 37.
64Von der danach bestehenden Möglichkeit der Aufrechnung hat die Beklagte im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht. Mit Schriftsatz vom 15. März 2022 hat sie ausdrücklich die Aufrechnung mit den laufenden Bezügen des Klägers erklärt.
65b) Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Rückforderungsanspruch, weil dieser eine Überzahlung erhalten hat, zu deren Herausgabe er verpflichtet ist.
66Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 64 Abs. 2 LBeamtVG NRW. Nach Satz 1 dieser Bestimmung regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit ‑ wie hier - gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Bezüge sind im Sinne des § 64 Abs. 2 LBeamtVG NRW zu viel gezahlt, wenn sie ohne rechtlichen Grund geleistet worden sind. Das ist hier aufgrund der mit rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichtes ‑ Familiengericht ‑ S. vom 00.0.0000 erfolgten Änderung des Versorgungsausgleichs der Fall. Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich (u.a.) dahingehend abgeändert, dass rückwirkend zum 1. Mai 2012 zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers im Wege der externen Teilung ein Anrecht bezogen auf den 30. September 1996 in Höhe von 1.069,41 Euro ‑ statt wie bislang in Höhe von 606,36 Euro ‑ auf dem Konto der geschiedenen Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet wurde.
67Die rückwirkende Abänderung des Versorgungsausgleichs zugunsten der geschiedenen Ehefrau hat zur Folge, dass die von der Beklagten gemäß § 72 LBeamtVG NRW (bzw. der Vorgängervorschrift) vorzunehmende Kürzung der Versorgungsbezüge nach Ehescheidung für den Zeitraum ab Mai 2012 zu gering ausgefallen ist. In dem Umfang, in dem die Versorgungsbezüge stärker hätten gekürzt werden müssen, ist ihre Leistung nicht (mehr) vom Gesetz gedeckt, also im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB ohne rechtlichen Grund erfolgt, weshalb der Kläger zur Herausgabe des überschießenden Betrages verpflichtet ist.
68c) Die Höhe der Rückforderung ergibt sich nachvollziehbar aus der von der Beklagten im Widerspruchsverfahren vorgenommenen Berechnung, wie sie sich den Anlagen, die dem Widerspruchsbescheid beigefügt sind, entnehmen lässt. In den Gründen des Widerspruchsbescheides hat die Beklagte die Anlagen zudem im Einzelnen erläutert. Substantiierte Einwendungen gegen die Richtigkeit der Berechnung hat der Kläger nicht erhoben. Seine Rügen bezogen sich ursprünglich auf die vorherige Berechnung (in der dem Schreiben der Beklagten vom 9. Oktober 2018 beigefügten Anlage „Berechnungsergebnis Überzahlung März 2018“, Seiten 54 - 56 der Beiakte Heft 1), die jedoch aufgrund der im Widerspruchsverfahren erfolgten umfassenden Neuberechnung überholt ist. Soweit der Kläger aktuell noch geltend macht, die in der Spalte „letzte Berechnung“ genannten Beträge für Mai bis Dezember 2012 stimmten nicht mit den in seinen Bezügemitteilungen genannten Beträgen überein (siehe die Schriftsätze vom 8. Mai 2020, Seiten 157 f. der Gerichtsakte, und vom 2. Mai 2022, Seite 223 der Gerichtsakte), übersieht er, dass eine Bezügemitteilung nur den aktuellen Bezug für den betreffenden Monat enthalten kann, wogegen etwaige Nachzahlungen aufgrund rückwirkender Erhöhungen der Bezüge sich zwar auf die Vormonate erstrecken, in den Bezügemitteilungen für die Vormonate aber nicht berücksichtigt sein können. In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin der Beklagten hierzu nochmals ausdrücklich klargestellt, dass die gerügten Diskrepanzen auf sich über mehrere Monate rückwirkend erstreckende Nachzahlungen zurückzuführen sind. Aus welchen Gründen es zur Fehlerhaftigkeit der Vergleichsberechnung führen soll, wenn dort Bruttobeträge genannt sind, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung ferner vorgetragen hat, ist nicht ersichtlich.
69d) Gegenüber dem somit sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bestehenden Rückforderungsanspruch hat der Kläger sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Unabhängig davon wäre er mit einer dahingehenden Einrede auch ausgeschlossen, weil er gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 LBeamtVG NRW i.V.m. §§ 820 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 4 BGB verschärft haftet.
70Nach § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB findet die verschärfte Haftung Anwendung, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund später wegfällt. So liegt der Fall hier. Die Festsetzung und Zahlung des Ruhegehalts eines geschiedenen Beamten steht nach Durchführung des Versorgungsausgleichs unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt der Rückforderung, wenn der Versorgungsausgleich in einem späteren familiengerichtlichen Verfahren rückwirkend zu Lasten des Ruhestandsbeamten abgeändert wird und dessen Versorgungsbezüge daher rückwirkend in einem weiteren Umfang als bisher gekürzt werden müssen. Ein ausdrücklicher Vorbehalt im Versorgungsfestsetzungsbescheid ist nicht erforderlich.
71aa) In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist das Bestehen eines gesetzesimmanenten Vorbehalts anerkannt bei der Kürzung der Versorgungsbezüge wegen des Zusammentreffens mit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 68 LBeamtVG NRW).
72Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 15. November 2016 - 2 C 9.15 ‑, juris, Rz. 22 m.w.N.
73Entstehen bei einem solchen Zusammentreffen Überzahlungen, so sind die überzahlten Versorgungsbezüge von ihrem Empfänger zurückzuzahlen; dabei haftet er verschärft. Im vorliegend zu entscheidenden Fall, in dem es um die Kürzung von Versorgungsbezügen nach Ehescheidung aufgrund von § 72 LBeamtVG NRW geht, kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Auch hier ist es geboten, die Rückzahlungsverpflichtung des Versorgungsberechtigten demselben Haftungsmaßstab zu unterwerfen. Der Versorgungsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist von vornherein mit der Kürzungsvorschrift des § 72 LBeamtVG NRW belastet. Der Versorgungsberechtigte muss sich bei Durchführung des Versorgungsausgleichs im familiengerichtlichen Verfahren, an dem der Träger der Versorgung beteiligt ist, den Inhalt der gesetzlichen Kürzungsregelung als bekannt zurechnen lassen, zumal wenn er - wie der Kläger ‑ dort anwaltlich vertreten ist. Kommt es, wie hier, später zu einem Abänderungsverfahren betreffend den Versorgungsausgleich, so muss er damit rechnen, dass sein Ruhegehalt noch weiter gekürzt wird. Die insoweit nach Zeit und Betrag bestehende Ungewissheit rechtfertigt es nicht, anders als in den Fällen des Zusammentreffens von Versorgungsbezügen mit Renten die allgemeinen Haftungsvorschriften anzuwenden und nicht den Ruhestandsbeamten, sondern den Versorgungsträger mit dem Risiko einer rückwirkenden Abänderung des Versorgungsausgleichs zu belasten.
74bb) Abweichendes folgt für die hier gegebene Fallkonstellation nicht aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 1992,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 ‑ 2 C 18.91 ‑, juris,
76wonach das Ruhegehalt eines geschiedenen Beamten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht unter einem gesetzesimmanenten Vorbehalt der Rückforderung für den Fall rückwirkender oder erst nachträglich bekannt werdender Rentengewährung an den geschiedenen Ehegatten steht. Denn um eine derartige Überzahlung ‑ wegen rückwirkender oder erst nachträglich bekannt werdender Rentengewährung ‑ geht es hier nicht. Maßgeblich für die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war die Erwägung, dass nicht der Versorgungsempfänger, sondern sein geschiedener Ehegatte die die Kürzung auslösenden Rentenzahlungen erhält und der Versorgungsempfänger daher typischerweise gerade keine unmittelbare Kenntnis von diesen Zahlungen hat. Dies lässt sich auf die Konstellation, wie sie im vorliegenden Fall zur Entscheidung steht, nicht übertragen. Denn hier war es allein der Kläger, der die Ursache für das Entstehen der Überzahlung gesetzt hat, nämlich durch Beantragung einer Abänderung der Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich (siehe die Gründe zu I. des Beschlusses des Amtsgerichts ‑ Familiengericht ‑ S. vom 00.0.0000, Seite 99 der Gerichtsakte). Die Ursache stammt mithin ausschließlich aus seiner Sphäre. Dass die geschiedene Ehefrau eine Altersrente bezog, war ihm im Abänderungsverfahren auch bekannt; mit Schriftsatz vom 26. Mai 2010 hatte die geschiedene Ehefrau ausdrücklich darauf hingewiesen, ab dem 1. Juni 2010 im Rentenbezug zu stehen. Aus diesen Gründen ist die vom Bundesverwaltungsgericht in der oben zitierten Entscheidung aus Billigkeitsgründen für geboten gehaltene Risikoverteilung - weg vom Versorgungsempfänger, hin zum Träger der Versorgung ‑ hier nicht interessengerecht. Sähe man dies anders, dann wäre konsequenterweise der gesetzliche Rückforderungsvorbehalt des § 72 Abs. 5 LBeamtVG NRW, bei dem es sich um eine Reaktion des Gesetzgebers auf die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts handelt, zur entsprechenden Anwendung zu bringen, so dass sich am gefundenen Ergebnis letztlich nichts ändern würde.
77e) Mit der Einrede der Verjährung gegen die Rückforderung kann der Kläger nicht durchdringen. Der Rückforderungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ob in Anwendung dieser Vorschriften hier die dreijährige Verjährungsfrist abgelaufen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn § 215 BGB bestimmt, dass die Verjährung die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Hieraus folgt, dass die Beklagte ungeachtet eines etwaigen Verjährungseintritts an der Aufrechnung nicht gehindert ist. Denn gegen die laufenden Versorgungsbezüge des Klägers hätte sie schon im Zeitpunkt des Entstehens des Rückforderungsanspruchs aufrechnen können.
78f) Schließlich entspricht auch die von der Beklagten gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG NRW getroffene Billigkeitsentscheidung den rechtlichen Vorgaben. Nach der genannten Vorschrift kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle von der Rückforderung ganz oder teilweise abgesehen werden.
79Die Billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die Vollstreckung des Anspruchs, sondern bereits seinen materiellen Bestand.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1993 ‑ 10 A 1.91 ‑, juris, Rz. 29.
81Sie bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare, für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern, Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken und ist deshalb vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung. Dabei ist nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Es kommt dabei nicht entscheidend auf die Lage des Beamten in dem Zeitraum, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf seine Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an.
82Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1994 ‑ 2 C 19.92 ‑, juris, Rz. 21 und vom 22. März 2017 ‑ 5 C 5.16 ‑, juris, Rz. 27; OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2000 ‑ 12 A 1364/99 ‑, juris, Rz. 31.
83Die Billigkeitsentscheidung ist nicht nur dann notwendig, wenn ein Rückzahlungsanspruch durch Bescheid geltend gemacht wird, sondern auch bei Durchsetzung mittels Leistungsklage oder Aufrechnungserklärung. Im Falle der Leistungsklage oder der Aufrechnung kann die ansonsten im Bescheid zu treffende Billigkeitsentscheidung noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bis zum Sachantrag in der Tatsacheninstanz nachgeholt werden.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 ‑ 2 C 1.01 ‑, juris, Rz. 21; OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2000 ‑ 12 A 1364/99 ‑, juris, Rz. 33 u. 36 m.w.N.
85Eine solche Billigkeitsentscheidung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. März 2022 getroffen. Dort hat sie ausgeführt, dass ein (teilweises) Absehen von der Forderung aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht komme, da die Überzahlung nicht auf einem Behördenversehen, sondern ausschließlich auf der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben beruhe, und dass sie aufgrund der Höhe der Rückzahlungssumme dem Kläger angeboten hat, diese ratenweise zu tilgen; solange der Kläger keinen anderen Vorschlag unterbreite, würden Raten in Höhe des monatlich pfändbaren Betrages einbehalten.
86Diese Erwägungen hält das Gericht für ermessensfehlerfrei. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Frage, aus wessen Sphäre die Gründe für die Überzahlung herrühren, sehr wohl relevant für die Billigkeitsentscheidung. Für diese ist es von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden der Behörde hierfür ursächlich war. Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 ‑ 2 C 7.19 ‑, juris, Rz. 31 f.
88Von einer solchen behördlichen (Mit-)Verantwortung kann im vorliegenden Fall indessen keine Rede sein. Wie bereits ausgeführt, war es allein der Kläger, der durch Beantragung einer Abänderung der Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich die Ursache für das Entstehen der Überzahlung gesetzt hat. Die Beklagte hat lediglich die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung gebracht.
89Dass er in wirtschaftlich angespannten Verhältnissen lebt, die eine abweichende Festsetzung der Ratenhöhe nahe legen würden, hat der Kläger nicht dargelegt. Die von ihm im Rahmen der Billigkeitsentscheidung vermissten Aspekte (siehe Ziffer 2. seines Schriftsatzes vom 2. Mai 2022: Die Kürzung der Versorgungsbezüge sei höher als das, was die geschiedene Ehefrau aus dem Versorgungsausgleich erhalte; Zeitablauf seit Abänderung des Versorgungsausgleichs unter dem Aspekt der Rechtssicherheit) betreffen nicht die Modalitäten der Rückabwicklung und deren Auswirkungen auf seine Lebensumstände, sondern die Ermittlung der originären Höhe des Rückforderungsbetrages. Auch erschließt sich nicht, welche Bedeutung der vom Kläger für sich reklamierte Zeitablauf seit der Abänderung des Versorgungsausgleichs für die zu treffende Billigkeitsentscheidung haben soll. Seit der Entscheidung des Familiengerichts im Jahr 2017 musste der Kläger mit einer Rückforderung in beträchtlicher Höhe rechnen. Der seitdem zwischen den Beteiligten gewechselte Schriftverkehr bietet keinerlei Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darauf, dass er die überzahlten Bezüge ganz oder teilweise würde behalten dürfen. Dass die Beklagte nicht allein deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten auf eine Rückforderung ganz oder teilweise verzichten muss, weil sie dem Kläger die Forderung bislang faktisch gestundet hat, liegt auf der Hand. Mithin ist der Zeitablauf im vorliegenden Zusammenhang irrelevant, weshalb er nicht in die Ermessenserwägungen der Beklagten einzustellen war und die Einräumung der Ratenzahlungsmöglichkeit der zu treffenden Billigkeitsentscheidung gerecht wird.
90III. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf rückwirkende Zahlung weiterer Versorgungsbezüge. Abgesehen von der Überzahlung stehen die an ihn geleisteten Versorgungsbezüge in Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften. Insbesondere sind die Erhöhungen des Familienzuschlags bei der Ermittlung der Kürzungsbeträge ordnungsgemäß herausgerechnet worden (1.). Auch hat die Beklagte den Kürzungsprozentsatz zutreffend ermittelt (2.). Die Höhe des Kürzungsbetrages hängt nicht davon ab, in welcher Besoldungsgruppe sich der Kläger bei Eintritt in den Ruhestand befand (3.). Der Umstand, dass die von der ausgleichsberechtigten geschiedenen Ehefrau aus dem Versorgungsausgleich erzielten monatlichen Rentenbeträge niedriger waren als die Beträge, um die der Versorgungsanspruch des Klägers gekürzt wurde, stellt keine Enteignung des Klägers dar (4.).
911. Ermächtigungsgrundlage für die Kürzung der Versorgungsbezüge wegen eines nach Ehescheidung durchgeführten Versorgungsausgleichs ist § 72 LBeamtVG NRW. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 werden die Versorgungsbezüge des Ausgleichspflichtigen gekürzt, wenn bei der Durchführung eines Versorgungsausgleichs durch Entscheidung des Familiengerichts Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung oder Anrechte nach dem Versorgungsausgleichsgesetz rechtskräftig begründet oder übertragen worden sind. Die Höhe der Kürzung ergibt sich aus § 72 Abs. 2 LBeamtVG NRW: Nach Satz 1 der Vorschrift berechnet sich der Kürzungsbetrag für das Ruhegehalt aus dem Monatsbetrag der durch die Entscheidung des Familiengerichts begründeten Anwartschaften oder übertragenen Anrechte (hier nach der Entscheidung im Abänderungsverfahren: 1.069,41 Euro). Dieser monatliche Basisbetrag unterliegt der Dynamisierung: Gemäß Satz 2 der Vorschrift erhöht oder vermindert er sich entsprechend den allgemeinen Anpassungen der Versorgungsbezüge. Vom Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand bzw. bei einem Ruhestandsbeamten vom Tag nach dem Ende der Ehezeit an erhöht oder vermindert sich der Kürzungsbetrag in dem Verhältnis, in dem sich das Ruhegehalt vor Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechungsvorschriften durch Anpassung der Versorgungsbezüge erhöht oder vermindert (Satz 3). Die durch die Sätze 2 und 3 angeordnete Dynamisierung des Kürzungsbetrages lässt diesen an den Anpassungen der Versorgungsbezüge teilnehmen.
92Gegen die grundsätzliche Kürzung der Bezüge nach § 72 LBeamtVG NRW, wie die Beklagte sie durchgeführt hat, bestehen keine Bedenken. Allerdings folgt aus dem zwischen den Beteiligten des vorliegenden Klageverfahrens ergangenen rechtskräftigen Urteil des VG Düsseldorf vom 14. Dezember 2015 (23 K 28656/15), dass Erhöhungen der Bezüge, die aus einer Erhöhung des dem Kläger wegen seiner zweiten Eheschließung zustehenden Familienzuschlags resultieren, bei der Dynamisierung des Kürzungsbetrags nicht berücksichtigt werden dürfen, also herauszurechnen sind, um zu verhindern, dass die geschiedene Ehefrau über den Versorgungsausgleich wirtschaftlich von der Wiederverheiratung profitiert. Der Kläger moniert, die Herausrechnung des Familienzuschlags könne nicht ordnungsgemäß erfolgt sein, was er daraus schließt, dass die Beklagte den Kürzungsprozentsatz (der das prozentuale Verhältnis der Höhe des im Versorgungsausgleich begründeten Anrechts zur Höhe des Ruhegehalts wiedergibt) bei Erhöhungen des Familienzuschlags nicht stets angepasst, d.h. verringert hat.
93Das Gericht vermag diese Schlussfolgerung nicht zu teilen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es nicht erforderlich, bei jeder Erhöhung des Familienzuschlags den Kürzungsprozentsatz anzupassen. Zu ihrer diesbezüglichen Berechnungspraxis hat die Beklagte vorgetragen: Grundsätzlich werde bei der Ermittlung des Kürzungsprozentsatzes vor Beginn der Kürzung der Familienzuschlag ausgeblendet. Der so ermittelte Kürzungsprozentsatz, der letztlich im Verhältnis niedriger ausfalle, werde dann auf den gesamten Versorgungsbezug inklusive des aktuell bezogenen Familienzuschlags zur Anwendung gebracht. Durch die bereits erfolgte Berücksichtigung bei der ursprünglichen Ermittlung des Kürzungsprozentsatzes sei grundsätzlich sichergestellt, dass der Familienzuschlag aus der neuen Ehe nicht mitgekürzt werde. Anders sei dies nur dann, wenn die Besoldungserhöhung und die Erhöhung des Familienzuschlags auseinanderfielen. Dann sei ausnahmsweise eine gesonderte Anpassung des Kürzungsprozentsatzes notwendig.
94Diese erläuternden Ausführungen hält das Gericht für nachvollziehbar. Auch der Kläger hat ihnen weiter nichts entgegengesetzt. Es leuchtet ein, dass sich nach der geschilderten Berechnungspraxis der Beklagten die Notwendigkeit einer Anpassung des Kürzungsprozentsatzes nur dann ergibt, wenn sich das Verhältnis ändert, in dem die Höhe des Familienzuschlags zur Höhe der sonstigen Bezüge steht, die Erhöhungen also nicht linear verlaufen. Bereits in dem Schreiben der Beklagten vom 2. Februar 2016 (siehe Seite 92 der Gerichtsakte), mit dem sie die Neuberechnung des Kürzungsbetrages in Umsetzung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 14. Dezember 2015 übersandt hat, findet sich der Hinweis, dass der Kürzungsprozentsatz nur dann neu ermittelt werden muss, wenn zukünftig ausnahmsweise die Erhöhung des Familienzuschlags mit einem von der Bezügeerhöhung abweichenden Prozentsatz erfolgt. Dies erklärt ohne Weiteres die vom Kläger gefundene vermeintliche Auffälligkeit in den Bezügemitteilungen, dass der Kürzungsprozentsatz trotz Erhöhung des Familienzuschlags gleichgeblieben ist.
952. Der gegen die Berechnung des Kürzungsprozentsatzes erhobene Einwand des Klägers, ausgehend von einem auf die Ehezeit bezogenen Ruhegehaltsanspruch von 47,59 % könne der geschiedenen Ehefrau maximal die Hälfte hiervon, somit 23,795 %, zustehen, beruht auf einem Missverständnis. Gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 berechnet sich der Kürzungsbetrag aus dem Monatsbetrag der durch die Entscheidung des Familiengerichts begründeten Anwartschaften oder übertragenen Anrechte. Vorliegend wurde durch Beschluss des Amtsgerichts ‑ Familiengericht ‑ S. vom 00.0.0000 ein Anrecht in Höhe von 1.069,41 Euro auf dem Rentenkonto der geschiedenen Ehefrau begründet. Nur bei der Ermittlung der Höhe dieses Anrechts, die durch das Familiengericht erfolgt, spielt der sog. Halbteilungsgrundsatz, auf den der Kläger sich beruft, eine Rolle. Bei der Begründung des Anrechts handelt es sich um eine bindende Gestaltungsentscheidung des Familiengerichts, die der Beklagten vorgegeben ist. Eine hiervon zu trennende, nachgelagerte und von der Beklagten bei der Dynamisierung zu beantwortende Frage ist es, in welchem prozentualen Verhältnis die Höhe des beim Versorgungsausgleich begründeten Anrechts zur Höhe des Ruhegehalts steht (Kürzungsprozentsatz). Dieses Verhältnis hängt von zwei Faktoren ab, nämlich von der Höhe des Anrechts einerseits und der Höhe des dem Versorgungsausgleich zu Grunde liegenden Ruhegehalts andererseits; mit dem Halbteilungsgrundsatz hat es unmittelbar nichts zu tun.
963. Anders als der Kläger meint, wirkt sich der Umstand, dass er sich bei Eintritt in den Ruhestand in der ‑ erst nach der Ehezeit erreichten ‑ Besoldungsgruppe B 4 befand, nicht auf die Höhe des Kürzungsbetrages nach § 72 LBeamtVG NRW aus. Dies haben die vom Verwaltungsgericht im vorangegangenen Klageverfahren 23 K 2448/12, in dem bereits dieselbe Thematik Streitgegenstand war, durchgeführten Vergleichsberechnungen klar gezeigt (siehe dort die Hinweisverfügungen vom 11. Januar 2013 und 14. Februar 2013, wonach sich ein Unterschied zwischen der Annahme der Besoldungsgruppe B 3 und B 4 nicht ergibt). Hierauf wird Bezug genommen. Den Hinweisen des Gerichts Rechnung tragend hat der Kläger jenen Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt. Neue Erkenntnisse, die nunmehr eine abweichende Sicht der Dinge rechtfertigen könnten, hat er im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht. Solche lassen sich auch sonst nicht erkennen.
974. Schließlich liegt in der Kürzung der Versorgungsbezüge keine Enteignung.
98Gemäß § 3 Abs. 1 LBeamtVG NRW wird die Versorgung durch Gesetz geregelt. Die Festlegung der Versorgung steht ausschließlich zur Disposition des Gesetzgebers und wird von ihm durch einseitige Gestaltung geregelt. Der Kläger hat, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, genau die Versorgungsbezüge erhalten, die ihm der Höhe nach kraft Gesetzes zustehen. Da ihm nichts „weggenommen“ wurde, kann keine Enteignung vorliegen; es fehlt an einem Eingriff in ein Eigentumsrecht.
99Im Ergebnis nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass nach den Erkenntnissen des Klägers die von seiner geschiedenen Ehefrau aus dem Versorgungsausgleich erzielten monatlichen Rentenbeträge in der Vergangenheit niedriger ausgefallen sind als die Beträge, um die seine Versorgungsbezüge gekürzt wurden. Zutreffend verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf, dass der monatlich im Rahmen der Kürzung einbehaltene Betrag nicht unmittelbar an die geschiedene Ehefrau weitergeleitet wird. Vielmehr erfolgt die Zahlung der Rente aus dem im Versorgungsausgleich begründeten Anrecht an die geschiedene Ehefrau durch den Träger der Rentenversicherung (externe Teilung). Die hierdurch der Rentenversicherung entstehenden Aufwendungen werden dieser gemäß § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vom zuständigen Träger der Versorgungslast, d.h. hier der Beklagten, erstattet. Auf die Höhe der Beträge, die die Rentenversicherung bei ihr zur Erstattung anmeldet, hat die Beklagte keinen Einfluss. Es liegt auf der Hand, dass sie jedenfalls nicht mehr erstatten kann als die Rentenversicherung an Erstattungsleistungen von ihr verlangt. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es sich bei der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits um voneinander unabhängige Alterssicherungssysteme handelt, die eine unterschiedliche Entwicklung nehmen können, so dass schon deshalb der monatliche Kürzungs- und der monatliche Rentenbetrag aus dem Versorgungsausgleich nicht zwingend deckungsgleich sein müssen. Aus welchen konkreten Gründen die Anmeldungen zur Erstattung der Höhe nach hinter den Kürzungsbeträgen zurückbleiben, spielt dabei keine Rolle. Derartige Differenzen können zahlreiche Ursachen haben, etwa auf sog. Transferverluste, eine nicht korrekte Berechnung des Rentenanspruchs oder Rentenabschläge zurückzuführen sein. Im vorliegenden Fall drängt sich die Annahme auf, dass die vom Kläger festgestellten Differenzen darauf beruhen, dass die geschiedene Ehefrau Rentenabschläge hinnehmen musste, da sie vorzeitig in den Altersruhestand getreten ist (siehe deren Schriftsatz aus dem familiengerichtlichen Verfahren vom 12. Mai 2015, Seite 105 der Gerichtsakte).
100Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
101Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
102Rechtsmittelbelehrung:
103Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
104Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
105Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
106Die Berufung ist nur zuzulassen,
1071. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1082. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1093. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1104. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1115. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
112Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
113Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
114Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
115Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
116Beschluss:
117Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 45.000,00 Euro festgesetzt.
118Gründe:
119Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG erfolgt und berücksichtigt die Höhe der Rückforderung von 42.354,50 Euro. Das mit der Klage im Übrigen verfolgte wirtschaftliche Interesse des Klägers an einer korrekten Bezügezahlung, das sich betragsmäßig nicht konkret beziffern lässt, jedoch gegenüber der Rückforderung eher gering ins Gewicht fallen dürfte, ist in der festgesetzten, über den Betrag der Rückforderung hinausreichenden Wertstufe enthalten.
120Rechtsmittelbelehrung:
121Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
122Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
123Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
124Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
125Die Beschwerdeschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
126War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.