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Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2019 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seinen Bauantrag vom 24. Juli 2018 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 5 Wohneinheiten und 2 Garagen auf dem Grundstück G1 ( G. X) in I. zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G1 ( G. X) in I. . Das Grundstück ist im Geltungsbereich des Bebbaungsplans Nr. BO 2 „ G1. “ gelegen. Der Bebauungsplan auf dem Jahr 1965 setzt in Bezug auf das Grundstück der Kläger ein Allgemeines Wohngebiet (WA) und offene Bauweise sowie eine Grundflächenzahl (GRZ) und Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,3 fest. Festgesetz wird weiter als „DH“ eine „Drempelhöhe in Meter“ und als SH eine „Sockelhöhe in Meter“ bis 0,5. Nach den Textlichen Festsetzungen ist als Ausnahme eine „GRZ, GFZ und BMZ nach Höchstzahl der Baunutzungsverordnung“ zulässig.
3Am 24. Juli 2018 beantrage der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück. Zur Genehmigung gestellt wurde ein eingeschossiges Gebäude mit 5 Wohneinheiten sowie 2 Garagen und 6 Stellplätzen. Das Gebäude erstreckt sich auf ein Grundfläche von 325,298 m2 (GRZ 0,26) und eine Geschlossfläche von 469,57 m2 (GFZ 0,38). Wegen der Einzelheiten wird auf die Bauvorlagen Bezug genommen.
4Durch Anhörungsschreiben vom 4. Dezember 2018 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Erteilung der Baugenehmigung nicht in Aussicht gestellt werden könne, da diese gegen die Festsetzungen des Bebbaungsplans verstoße und keine Befreiung von den Festsetzungen erteilt werden könne. Hierzu führte der Kläger durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2019 im Wesentlichen aus, der Bebauungsplan sei unwirksam, da er in seinen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung unbestimmt sei und unzulässige gestalterische Festsetzungen enthalte. Zudem leide er an einem Wirksamkeitsmangel. Demnach sei das Bauvorhaben an § 34 BauGB zu messen. Die Voraussetzungen dieser Regelungen seien erfüllt. Selbst wenn von der Wirksamkeit des Bebbaungsplans ausgegangen werde, sei das Bauvorhaben ausnahmsweise nach Maßgabe des § 31 Abs. 1 BauGB und den Festsetzungen des Bebauungsplans zulässig.
5Durch Bescheid vom 18. Februar 2019 lehnte der Beklagte den Bauantrag des Klägers ab. In den Gründen des Bescheides führt die Beklagte im Wesentlichen aus, die Zulässigkeit des Bauvorhabens richte sich nach § 30 Absatz 1 BauGB. Das Bauvorhaben befinde sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. BO 2 „ G1. “. Der Bebauungsplan setze eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,3 und eine GeschossflächenzahI (GFZ) von 0,3 sowie eine maximale Eingeschossigkeit fest. Das Vorhaben des Klägers überschreite die zulässigen GFZ. Eine Ausnahme nach § 31 Absatz 1 BauGB sei nicht zuzulassen, da die im Bebauungsplan Nr. BO 2 „ G1. " vorgesehene Ausnahme keine – wie jedoch von der Rechtsprechung vorausgesetzt – Tatbestandsvoraussetzungen enthalte, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen eine Ausnahme von der festgesetzten GFZ und GRZ bis zu den „Höchstzahlen der Baunutzungsverordnung" gewährt werden könne. Zugleich scheide eine Befreiung nach § 31 Absatz 2 BauGB aus. Durch eine solche würden die Grundzüge der Planung berührt, da mit dem Bauvorhaben des Klägers eine grundlegende Veränderung der Siedlungsstruktur einherginge.
6Der Kläger hat am 19. März 2019 Klage erhoben.
7Zur Begründung seiner Klage verweist er auf seine Einlassungen im Verwaltungsverfahren und führte im Wesentlichen ergänzend aus, der Bebauungsplan leider an weiteren Wirksamkeitsmängeln. Die Planerhaltungsvorschriften des BauGB fänden auf den Bebauungsplan keine Anwendung und überdies leider der Bebauungsplan an Ewigkeitsmängeln. Das Bauvorhaben sei nach § 34 BauGB zulässig, weil es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Die Zahl der Wohnungen gehöre nicht zu den Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB. Ohnehin fänden sich nicht nur Einfamilienhäuser in der Siedlung.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm auf seinen Bauantrag vom 24. Juli 2018 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 5 Wohneinheiten und 2 Garagen auf dem Grundstück G1 ( G. X) in I. zu erteilen.
10Die Beklagte beantragt
11die Klage abzuweisen.
12Sie führt im Wesentlichen ergänzend zu den Gründen des Bescheides vom 18. Februar 2019 aus, der Kläger könne sich auf die aufgezeigten Wirksamkeitsmängel des Bebauungsplans nach Maßgabe des § 215 BauGB und der Überleitungsvorschriften nicht mehr berufen. Ausgehend von der Wirksamkeit des Bebbaungsplans könne weder eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen noch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden. Eine Befreiung sei ausgeschlossen, da das Bauvorhaben des Klägers in seiner Umgebung zu erheblichen Spannungen führe. Aus der Planungshistorie gehe hervor, dass in dem Baugebiet nur eine moderate und somit nachbarverträgliche Verdichtung zulässig sei. Das Bauvorhaben des Klägers führe jedoch aufgrund der Anzahl der Wohneinheiten und der erforderlichen Stellplätze zu einer massiven Verdichtung. Überdies sei das Bauvorhaben in gleicher Weise unzulässig, wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre, da es sich nicht in die Umgebung einfüge. Diese sei durch eine lockere und durchsetzte Bebauung gekennzeichnet. Gerade wegen der Anzahl der Wohneinheiten im Verhältnis zu der Einfamilienhausbebauung der Umgebung gehe von dem Bauvorhaben eine erdrückende und massive Wirkung aus. Im Besonderen ginge mit der Genehmigung des Mehrfamilienhauses ein Bruch der Homogenität des sich durch eine Einzelhausbebauung auszeichnenden Wohngebietes einher. Es drohe ein schleichender Wandel des Gebietscharakters.
13Der Vorsitzende hat als Berichterstatter der Kammer am 2. Februar 2021 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme wird auf das Terminsprotokoll und die vom Berichterstatter aufgenommenen Lichtbilder verwiesen.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) durch den Berichterstatter (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO) entscheiden, weil der Kläger und die Beklagte hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
17Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück G1 ( G. X) in I. .
18Nach dem nach Maßgabe des § 90 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW 2018 (noch) anzuwenden § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 2000 (§ 74 BauO NRW 2018) ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen vor.
19Der Errichtung des Mehrfamilienhauses stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen.
20Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. BO 2 „ G1. " der Beklagten stehen dem Bauvorhaben nicht entgegen, weil der Bebauungsplan unwirksam ist (1). Das Bauvorhaben ist planungsrechtlich nach Maßgabe des § 34 BauGB zulässig (2) und das Bauordnungsrecht steht dem Bauvorhaben nicht entgegen (3).
211. Der Bebauungsplan Nr. BO 2 „ G1. " ist unwirksam.
22Offen gelassen werden kann, ob dem Bebauungsplan die vom Kläger aufgezeigten Wirksamkeitsmängel anhaften und ob er sich auf diese nach Maßgabe des § 215 BauGB und der Überleitungsvorschriften berufen kann. Denn die Festsetzung der „Sockelhöhe“ und der „Drempelhöhe“ ist unbestimmt und unbestimmbar.
23Um als ausreichende Berechnungsgrundlage dienen zu können, müssen textliche Festsetzungen zur Höhe eindeutig sein, das heißt die in die Höhenberechnung einzustellenden Parameter klar und unmissverständlich benennen.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Februar 2012 - 10 D 46/10.NE -, juris Rn. 70.
25Das ist in Bezug auf die „Sockelhöhe“ und „Drempelhöhe“ nicht der Fall.
26Der Begriff "Sockelhöhe" ist als solcher keiner eindeutigen Auslegung zugänglich. Ein "Sockel" ist kein durch Bauplanungsrecht oder durch sonstiges Recht in seinen Abmessungen definierter Bauteil. Weder das BauGB noch die BauNVO enthalten diesen Begriff oder einen Anhalt für seine nähere Bestimmung.
27Vgl. VG Köln, Urteil vom 7. August 2013 - 23 K 2025/12 -, juris Rn. 41.
28Bis zu seiner 6. Änderung im Jahr 2002 definieren der Bebauungsplan und seine Begründung diesen Begriff an keiner Stelle. In den Textlichen Festsetzungen der 6. Änderung wird als „Sockelhöhe(SH)“ „die Höhe des Erdgeschossfußbodens (OKF) […] als Höchstmaß auf 0,5 m über Straßenoberkannte festgesetzt“. „Bestimmend ist die Straßenhöhe mittig gegenüber der Straßeneingangsfassade bzw. für Hinterlieger die Höhe am Ende des Stichwegs.“ Diese Festsetzung findet jedoch auf das Baugrundstück des Klägers keine Anwendung.
29Zugleich fehlt es – wie die vorstehende Begriffsdefinition der 6. Änderung zeigt – an einem Bezugspunkt der „Sockelhöhe“. Das Gebäudeteil, das allgemein als (Haus-)Sockel bezeichnet wird, nämlich der von außen sichtbare, meist zurück- oder vortretende untere Teil eines Hauses oberhalb der Geländeoberfläche, kann sowohl unterhalb als auch oberhalb des Erdgeschossfußboden liegen.
30Vgl. VG Köln, Urteil vom 7. August 2013 - 23 K 2025/12 -, juris Rn. 46.
31Gleiches gilt in Bezug auf die Festsetzung der „Drempelhöhe“. Zwar mag es sich dabei um einen im Bauplanungsrecht überkommenen Begriff handeln. Mangels einer Legaldefinition bedarf es jedoch einer Festlegung, wie die „Drempelhöhe“ zu messen ist. Hieran fehlt es im Bebauungsplan und seiner Begründung. Eine Begriffsdefinition findet sich wiederum nur in der – auf das Baugrundstück des Klägers keine Anwendung findenden – 6. Änderung des Bebauungsplans, wo es in den Textlichen Festsetzungen heiß, „[d]ie Drempelhöhe (DH) wird gemessen von de Oberkante des Dachgeschossfußbodens (OKF) bis zum Schnitt der senkrechten Verlängerung der Außenfassade mit der Dachhautaußenkante“.
32Die Unwirksamkeit der Festsetzungen führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
33Vgl. OVG NRW, Urteile vom 26. Juni 2013 - 7 D 75/11.NE -, juris, und 24. März 2015 - 7 D 52/13.NE -, juris.
34Die letztgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Festsetzungen sollen erkennbar der Höhenbegrenzung der Gebäude dienen. Mangels weitergehender Festsetzungen – wie etwa der Firsthöhe – kann es ohne die Festsetzungen der „Sockelhöhe“ und der „Drempelhöhe“ zu erheblichen Abweichungen der Höhen der Gebäude kommen, was dem Willen des Plangebers widersprechend dürfte. Angesichts dessen kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Plan auch ohne diese für ihre städtebauliche Konzeption relevante Festsetzung beschlossen hätte.
352. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich sonach nach § 34 BauGB, weil sich das Baugrundstück nicht im Geltungsbereich eines (wirksamen) Bebauungsplans, aber innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet. Das Vorhaben erfüllt die Voraussetzungen des § 34 Abs.1 BauGB.
36Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, was für jedes der Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügen muss, jeweils unabhängig von den übrigen Merkmalen zu prüfen ist, und die Erschließung gesichert ist.
37Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach dieser Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).
38Die nähere Umgebung wird dadurch ermittelt, dass sowohl in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung als auch in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 -, BRS 33 Nr. 36; OVG NRW, Urteil vom 6. November 2008 - 10 A 2601/07 -, juris Rn. 49.
40Nach dem vorliegenden Luftbild- und Kartenmaterial sowie dem Ergebnis der Ortsbesichtigung ist (zumindest) auf den Bereich der Straße „ G. “ zwischen der C.-----straße und dem Q.---weg abzustellen.
41Dieses Gebiet ist (unstreitig) durch Grundstücke mit Wohngebäuden geprägt und nach Maßgabe des § 34 Abs. 2 BauGB als Reines Wohngebiet (WR) im Sinne des § 3 BauNVO zu qualifizieren. Nach seiner Art fügt sich das Bauvorhaben des Klägers sonach ohne weiteres ein. Der § 3 BauNVO differenziert nicht zwischen verschiedenen „Arten des Wohnens“, so dass es unerheblich ist, dass die Umgebung durch Einfamilienhäuser geprägt ist, der Kläger jedoch ein Mehrfamilienhaus errichten will.
42In Bezug auf die Bauweise fügt sich das Bauvorhaben genauso ohne weiteres in die Umgebung ein. In dieser finden sich ausnahmslos in offener Bauweise errichtete Gebäude, in welcher desgleichen das Mehrfamilienhaus des Klägers errichtet werden soll.
43Zugleich fügt sich das Bauvorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
44Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an. Dabei sind für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung die vorhandenen "Gebäude" in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen. Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische, maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Deshalb ist kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension insgesamt kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Die kumulierende Betrachtung ist indes auf die genannten Maßfaktoren zu beschränken und nicht etwa um Merkmale zu erweitern, die nur für andere in § 34 Abs. 1 BauGB aufgeführte Einfügenskriterien relevant sind. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob sich in allen Himmelsrichtungen in der näheren Umgebung Vorbilder finden.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. März 2017 - 2 A 45/16 -, juris Rn. 49 ff., m. w. N.
46Danach fügt sich das Bauvorhaben des Klägers nach dem Maß der baulichen Nutzung ein. Zunächst haben das Luftbild- und Kartenmaterial und im Besonderen die Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit gezeigt, dass in keiner Weise von einer „lockeren und durchsetzten“ Umgebungsbebauung die Rede sein kann. Vielmehr sind die Grundstücke an der Straße „ G. “ durchaus stark ausgenutzt. Vielfach sind die Grundstücke – wie dies in gleicher Weise in Bezug auf das Grundstück des Klägers vorgesehen – in der ganzen Grundstücksbreite durch die Wohngebäude und an den Grundstücksgrenzen errichtet Garagen bebaut. Unmittelbar auf dem Nachbargrundstück „ G. X“ befindet sich ein Gebäude mit einer etwa gleich großen Grundfläche. Das Grundstück ist wenigstens so dicht bebaut, wie es für das Grundstück des Klägers geplant ist. Der Umstand, dass das Grundstück auf Grund seiner im Vergleich zu den Grundstücken der Umgebung ungewöhnlich großen Tiefe eine größere Gartenfläche hat, ist insoweit ohne Belang, ist doch im Wesentlichen auf das Gesamterscheinungsbild abzustellen. Diese Feststellungen gelten in noch höherem Maße in Bezug auf das Gebäude „ G. XX“. Das Gebäude wirkt durch den vorgesetzten eingeschossigen Riegel zudem sehr massiv. Zugleich schließt dieser das Grundstück in seiner Wirkung vollständig zur Straße hin ab. Im Vergleich hierzu erscheint die Gestaltung des Bauvorhabens des Klägers, im Besonderen dadurch, dass die Fassade in verschiedene Abschnitte gelidert und es weiter von der Straße zurückgesetzt errichtet werden soll, wesentlich aufgelockerter.
47Schließlich verstößt das Vorhaben nicht gegen das in § 34 BauGB (i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO) verankerte Rücksichtnahmegebot. Eine erdrückende Wirkung oder eine für die Nachbargrundstücke unzumutbare Verschattung, Beeinträchtigung der Besonnung oder Einsichtnahme auf sein Grundstück kann mangels anderweitiger Anhaltspunkte mit Blick auf die Einhaltung der Abstandflächen nicht angenommen werden. Die Beachtung der Abstandflächenregelungen rechtfertigt in der Regel die Annahme, dass damit zugleich die mit den Abstandvorschriften verfolgten Regelungsziele (Vermeidung von Licht-, Luft- und Sonnenentzug, Unterbindung einer erdrückenden Wirkung des Baukörpers sowie Wahrung eines ausreichenden Sozialabstands) zumindest aus tatsächlichen Gründen auch im Hinblick auf das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme erreicht werden. Die Grenzabstandvorschriften des Landesrechts stellen insoweit eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme dar.
48Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Januar 1999 - 4 B 128.98 -, juris Rn. 4); 6. Dezember 1996 - 4 B 215.96 -, juris Rn. 9, und 22. November 1984 - 4 B 244.84 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 30. Mai 2017 - 2 A 130/16 -, juris Rn. 43 ff..
49Umstände, die in Bezug auf die Nachbargrundstücke eine davon abweichende Wertung gebieten, sind weder aufgezeigt worden noch aus den der Kammer vorliegenden Plänen und Luftbildern oder auf Grund der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit ersichtlich.
50(3) Das Bauordnungsrecht steht dem Bauvorhaben nicht entgegen. Im Besonderen wahrt das Bauvorhaben die Abstandsflächenvorgaben des § 6 BauGB 2000 (§ 6 BauGB 2018). Eine Unvereinbarkeit mit im Rahmen des vereinfachen Genehmigungsverfahrens nach § 68 BauGB NRW 2000 zu prüfenden Vorgaben des Bauordnungsrechts sind weder aufgezeigt noch ersichtlich.
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
53Rechtsmittelbelehrung:
54Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
55Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
56Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
57Die Berufung ist nur zuzulassen,
581. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
592. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
603. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
614. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
625. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
63Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
64Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
65Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
66Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
67Beschluss:
68Der Streitwert wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
69Gründe:
70Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt. Sie an Ziffer 9.1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ Beilage 2013, 58) und Ziffer 1 Buchstabe d) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610) orientiert.
71Rechtsmittelbelehrung:
72Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
73Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
74Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
75Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
76Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
77War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.