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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der 0000 geborene Kläger ist als Steuerberater Mitglied des Beklagten und streitet mit diesem über die von ihm beantragte Berufsunfähigkeitsrente im Hinblick auf eine Vielzahl bei ihm vorliegender körperlicher und seelischer Erkrankungen.
3Er war seit dem Jahr 0000 als Steuerberater bestellt und als solcher – soweit ersichtlich ausschließlich oder zumindest weit überwiegend – angestellt tätig bei vorwiegend namhaften Arbeitgebern mit hochgradig spezialisierter Fachkompetenz und auch Ausübung von Führungs- und Leitungsaufgaben. Neben seinem betriebswirtschaftlichen Studienabschluss als Grundlage der Ausbildung zum Steuerberater verfügt er über einen Abschluss MBA (International Taxation) sowie die Zusatzbezeichnung Fachberater für Internationales Steuerrecht.
4Aufgrund seiner Tätigkeiten als Steuerberater war er durchgängig Pflichtmitglied von Versorgungswerken der Steuerberater in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen. Seit Januar 2016 ist er erneut Pflichtmitglied beim Beklagten und sämtliche Pflichtbeiträge seit dem Jahr 2000 sind dort aufgrund von originärer Beitragsleistung oder Überleitung aus anderen Versorgungswerken vorhanden.
5Der Anfang des Jahres 0000 bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C. AG als Steuerberater angestellte und zu diesem Zeitpunkt in C1. wohnhafte Kläger beantragte beim Beklagten erstmals am 2. Mai 2016 unter vorrangiger Benennung einer HIV-Erkrankung (seit 0.0000), einer Krebserkrankung (Morbus Hodgkin seit 0.0000), einer Augenerkrankung (Keratokonus beidseits seit 0.0000) sowie eines Diabetes mellitus (seit 0.0000) unter Vorlage einer Vielzahl entsprechender aussagekräftiger Unterlagen mit auch weiteren zusätzlichen Diagnosen die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente. Nach dem Antrag war er arbeitsunfähig seit 00.0.2016 und das Angestelltenverhältnis sei zum Ablauf des 0.2016 gekündigt. Von der I. -Lebensversicherung beziehe er seit August 2013 eine BU-Rente, von der F. Lebensversicherung AG eine solche seit April 2014. Mit dem BU-Antrag beim Beklagten reichte er auch eine formularmäßige freiwillige Selbstauskunft zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen vom 2. Mai 2016 ein.
6Bei zwischenzeitlichem Verdacht auf ein Wiederauftreten der Krebserkrankung sowie Durchführung einer Rehabilitationsbehandlung bat der Kläger Anfang Juli 2016 zunächst um ein Ruhen seines BU-Antrages, bevor er Ende Juli 2016 den BU-Antrag zurücknahm. Hierzu erläuterte er, dass er nach Rücksprache mit den Ärzten in der laufenden Reha wie auch mit dem Integrationsamt noch einmal die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ab September 2016 versuche, und legte einen Anstellungsvertrag mit der O. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft I1. über eine vollschichtige Tätigkeit als Steuerberater mit selbständiger Betreuung und Bearbeitung der ihm zugeordneten Mandate vor. Bei fortbestehender beruflicher Niederlassung in C1. verblieb der Kläger in der Steuerberaterkammer L. und Mitglied beim Beklagten.
7Am 12. Dezember 2016 reichte der Kläger beim Beklagten einen erneuten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit vom selben Datum ein und erläuterte hierzu, dass der seit September 2016 laufende Arbeitsversuch bei unmittelbar nach Arbeitsaufnahme wieder auftretender Colitis sowie Entgleisung des Diabetes mellitus und einer hinzutretenden psychischen Anpassungsstörung gescheitert sei; aufgrund der Vielzahl der Erkrankungen liege vollständige Berufsunfähigkeit vor. Neben den im vorigen BU-Antrag aufgeführten Erkrankungen nannte dieser Antrag zudem eine psychische Anpassungsstörung (seit 0.0000) sowie Psoriasis und Psoriasisarthritis (seit 0.0000). Zur aktuellen Tätigkeit als Steuerberater gab er an, die Aufhebung des Arbeitsvertrages zum aktuellen Arbeitsversuch seit September 2016 erfolge nach positivem Leistungsbescheid des Versorgungswerks; eine „psych. Wiederbetreuung“ sei aktuell „über UKE“ eingeleitet. In der beigefügten freiwilligen Selbstauskunft auf Formular des Beklagten schilderte er auf die Frage nach den konkreten gesundheitlichen Problemen als Anlass für die Rentenantragstellung: Verbunden mit der Multimorbidität fehle es an psychischer und körperlicher Belastungsfähigkeit; der zwischenzeitlich dritte Arbeitsversuch führe erneut zu massiven Symptomen einer Anpassungsstörung; darüber hinaus sei der mit dem Beruf des Steuerberaters unvermeidbar verbundene Zeitdruck und die Stressbelastung ursächlich für Colitis-Schübe, die wiederum die Einstellung des Diabetes mellitus verhindern und zur Entgleisung führen würden; die Visusverschlechterung des LA mit der Gefahr der Transplantatabstoßung aufgrund Immunreaktion führe zu vermehrten Ermüdungserscheinungen mit Cephalgien; eine Kontaktlinsenanpassung links zur Visusverbesserung sei derzeit aufgrund der Fadenlockerung nicht möglich, gegebenenfalls Besserung nach Fadenentfernung Mai 2017 und Restabheilung; durch die Psoriasisarthritis falle langes Sitzen/Arbeiten am Bildschirm schwer; durch die HIV-Infektion i.V.m. Morbus Hodgkin sei die Arthritis nicht behandelbar; der aktuell bestehende Erschöpfungszustand mache erneut eine psychiatrische Betreuung nötig, entsprechende Behandlung sei eingeleitet. Er fügte neben anderem eine ärztliche Bescheinigung der Oberärztin der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum E. , Prof. Dr. med. H. B. vom 29. November 2016 vor, die im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den von ihm angegebenen Erkrankungen zu dem Ergebnis kam, auf dem Boden der multiplen Erkrankungen sei der Kläger in seinem Beruf als Steuerberater nicht mehr belastbar und daher berufsunfähig. An weiteren Unterlagen legte er unter anderem einen Bericht über eine Hilfsmittelberatung in Bezug auf seine Augenerkrankung, einen von Oktober 2013 bis Juni 2020 gültigen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie einen ärztlichen Entlassungsbericht der N. Klinik vom 12. August 2016 an die E. Rentenversicherung über einen 3-wöchigen stationären Aufenthalt des Klägers vor, welcher das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf „6 Stunden und mehr“ einschätzt.
8Der Beklagte forderte den Kläger sodann zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zum Beleg seiner Berufsunfähigkeit im Sinne der Satzung auf und fügte dem eingehende Hinweise zum Begriff der Berufsunfähigkeit nach der Satzung, den Anforderungen an das ärztliche Gutachten und die hierbei zu behandelnden Fragen, zum Berufsbild des Steuerberaters einschließlich der den Steuerberatern vorbehaltenen Aufgaben sowie den mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbaren Aufgaben bei.
9In der Folgezeit der Kläger reichte der Kläger zunächst einen Bericht vom 23. Dezember 2016 über eine ambulante Vorstellung des Klägers in der Privatsprechstunde des Instituts und Poliklinik …….. (Diagnose: Rezidivierende depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode, ICD 10 F33.1 G, sowie Persönlichkeitsakzentuierung, narzisstisch-anankastisch, ICD 10 Z73.1) sowie einen Bericht der Klinik für Innere Medizin/Onkologie der Uniklinik L. (Prof. Dr. med. I2. ) vom 28. Dezember 2016 über die Nachsorge-Untersuchung des Klägers zum Rezidiv-Verdacht seines Hodgkin-Lymphoms vor (Lymphom in kompletter Remission, jedoch aufgrund reaktiver Depression sowie Fatigue-Symptomatik nicht in der Lage, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen). Weiter teilte er eine stationäre psychotherapeutische Behandlung vom 11. Januar bis 24. Februar 2017 und das Ende seines Arbeitsverhältnisses am 23. Februar 2017 mit.
10Sodann reichte der Kläger ein ärztliches Gutachten der bereits genannten Prof. Dr. med. H. B. (Ärztin für Neurologie sowie für Psychiatrie/Psychotherapie) vom 19./20. April 2017, ergänzt auf Nachfragen des Beklagten mit Stellungnahmen vom 8. Mai 2017 und 12. Juni 2017, ein, in dem diese im Ergebnis zu einer Berufsunfähigkeit des Klägers nach den Vorgaben des Beklagten kam und zusammenfassend im Wesentlichen ausführte: Der Kläger habe insgesamt vier chronische Erkrankungen (HIV-Infektion, Colitis, Psoriasis-Arthritis, Typ II-Diabetes), die nachhaltige medikamentöse Behandlungen mit einer erheblichen Belastung des Organismus erforderlich machen würden; die HIV-Infektion und die Colitis würden für Leistungsminderung, Erschöpfung und Konzentrationsschwäche sorgen, die Psoriasis-Arthritis und die Wirbelsäulenerkrankung für Einschränkungen beim Gehen, Stehen und Sitzen. Er sei außergewöhnlichen Belastungen (lange Sitzungen, Arbeiten unter Zeitdruck) nicht mehr gewachsen; die depressive Erkrankung müsse als chronifiziert angesehen werden und beeinträchtige die Leistungsfähigkeit im Sinne einer Minderung seiner Konzentration und des Antriebes. Insgesamt sei er nur maximal zwei Stunden pro Tag arbeitsfähig.In der ergänzenden Stellungnahme vom 8. Mai 2017 finden sich Einzelheiten zum positiven und negativen Leistungsbild des Klägers nach dem Fragenkatalog des Beklagten.
11Daraufhin erstattete im Auftrag des Beklagten der beim Institut für W. (J. ) als ärztlicher Leiter tätige Prof. Dr. med. L1. -E1. U. (Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Rheumatologie und Sozialmedizin) sein interdisziplinäres medizinisches Gutachten, welches am 26. Juli 2017 beim Beklagten einging. Dieses besteht aus zwei Teil-Gutachten, dem internistischen Fachgutachten vom 11. Juli 2017 (Prof. Dr. med. U. und Dr. med. B1. S. , Internist und Gastroenterologe) sowie dem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 20. Juli 2017 (Prof. Dr. U. und Dr. med. I3. Q. , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie).
12Das internistische Fachgutachten kam auf der Grundlage einer Befragung und körperlichen Untersuchung des Klägers am 3. Juli 2017 zu den Diagnosen:
13 Keratokonus beidseits
14 HIV-Infektion CDC A1
15 Diabetes mellitus Typ 2, insulinpflichtig
16 chronische Niereninsuffizienz Stadium 1
17 arterieller Hypertonus
18 Struma cystica
19 Psoriasis mit Arthropathie
20 Schlafapnoesyndrom unter CPAP-Therapie
21 Vitamin D-Mangel
22 Z. n. Morbus Hodgkin III B
23 V.a. Colitis nnB
24 Hyperlipidämie
25 hypogonadotroper Hypogonadismus
26 Z. n. 2-maliger Lues-Infektion
27 nicht internistisch: V.a. reaktive Depression
28Zusammenfassend sieht das internistische Fachgutachten den Kläger als einen multimorbiden Probanden, wobei er als besonders auf seine Sehkraft angewiesener Steuerberater die wesentliche leistungslimitierende Gesundheitsstörung mit dem beidseitigen Keratokonus aufweise. Aus der Augenerkrankung folge nach Abschluss einer ophthalmologischen Rehabilitationsmaßnahme eine Begrenzung der Leistungsfähigkeit auf eine Halbtagstätigkeit. Aus den sonstigen Krankheitsbildern und Gesundheitsstörungen des internistischen Fachgebietes sei keine weitergehende Einschränkung der verbliebenen Leistungsfähigkeit erkennbar. Innerhalb der Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters könne er noch Beratungen im Rahmen der Steuerdeklaration, der Steuerrechtsdurchsetzung, der Steuergestaltung sowie freiwillige Prüfungen qualitativ unbeeinträchtigt durchführen. Er sei jedoch nicht mehr zu Vertretungen von Mandanten vor Finanzgerichten sowie der Durchführung von Außenprüfungen in der Lage. Er könne die Tätigkeit 2 Stunden kontinuierlich ausüben, danach sei wegen schneller Ermüdung insbesondere des rechten Auges eine Pause von 30 Minuten erforderlich. Erforderliche Kontrollen des Blutzuckers und gegebenenfalls Insulininjektionen könne er während arbeitstypischer Verschiebe- und Wartezeiten vornehmen. Die Einschränkungen bestünden teilweise seit Jahren und therapieunabhängig auf Dauer. Insgesamt sei er – aus internistischer Sicht – weiter im Umfang von 4 Stunden täglich bzw. 20 Stunden wöchentlich zu Tätigkeiten aus dem Spektrum der Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters in der Lage. Danach liege keine Berufsunfähigkeit vor.
29Das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten erfolgte aufgrund Befragung/Exploration und psychiatrisch-körperlicher Untersuchung sowie zwei psychologischen Tests am 3. Juli 2017 durch die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. Q. unter Auswertung der wesentlichen Vorbefunde – einschließlich eines Entlassungsberichts des Fachkrankenhaus für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. C2. Klinik in C3. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 00.0.2017 bis zum 00.0.2017. Es kam unter Auswertung der erhobenen Symptomatik zu der psychiatrischen Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittel- bis schwergradige Episode (ICD 10 F33.1). Daneben werden körperliche Diagnosen aufgeführt:
30 HIV-Erkrankung
31 Z. n. Morbus Hodgkin
32 Keratokonus beidseits, linksseitig Hornhauttransplantation 2016
33 Psoriasisarthropathie
34 Schlafapnoe
35 Colitis
36 Diabetes mellitus Typ 2
37 chronische Niereninsuffizienz Stadium 1
38 essentielle (primäre) Hypertonie
39 Z. n. Lues 2006 und 2016
40 Z. n. lumbalen Bandscheibenprolaps
41Insgesamt bewertet das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten den Kläger als auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne höhere psychische Stressbelastung (z.B. durch Termindruck und Unfallgefahr) und mit wenig Belastung für die Sehfähigkeit (d. h. ohne Belastungsfaktoren für die Hornhaut) in Teilzeit durchzuführen. Er benötige aufgrund der körperlichen Einschränkungen sowie der seelischen Verfassung vermehrte Regenerationsphasen bei reduzierter Stressresistenz. Aufgrund der Sehbehinderung benötige er nach einer Dauer von ca. 2 Stunden eine Arbeitsunterbrechung von ca. 30 Minuten. Auch die depressive erkrankungsbedingte Erschöpfbarkeit und derzeit deutlich beeinträchtigte Leistungsfähigkeit führe zu einer verminderten Stressresistenz, sodass die jeweils mögliche zusammenhängende Arbeitsdauer in einem geschätzten Zeitraum von 3 bis 4 Stunden liege. In der Zusammenschau von Sehbehinderung und depressiver Erkrankung solle die täglich abzuleistende Arbeitsdauer eine Arbeitszeit von vier Stunden pro Tag nicht überschreiten.Diese Einschränkungen würden dauerhaft vorliegen, unabhängig von Behandlung. Von einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Sinne einer Rückkehr zur Vollzeittätigkeit sei nicht auszugehen. Im Rahmen des genannten zeitlichen Rahmens sei der Kläger in der Lage, Steuererklärungen und Aufstellungen von Jahresabschlüssen durchzuführen und Privatpersonen hinsichtlich der Planung steuerrelevanter Sachverhalte zu beraten; dabei sei grundsätzlich von einer verminderten Belastbarkeit und Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Terminen auszugehen, sodass im Bereich des Rechtsschutzes eine Einschränkung der Vertretung von Mandanten vor Gericht vorliege. Die verminderte Belastbarkeit sei neben der Augenerkrankung durch die fragile Balance der somatischen Erkrankungen und die leichtere Erschöpfung im Rahmen der depressiven Erkrankung begründet. Freiwillige Prüfungen und Beratung in Fragen der Steuergestaltung könnten prinzipiell durchgeführt werden. Beratende Tätigkeiten im allgemein-betriebswirtschaftlichen Bereich seien möglich. Bei der Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitszeit sei er auf ein hohes Maß an Flexibilität angewiesen aufgrund der Sehbehinderung, der somatischen Beeinträchtigungen und der reduzierten Stressresistenz. Der aktuelle Zustand bestehe mit Arbeitsunfähigkeit seit Januar 2017, psychische Erkrankung schon etwa seit Oktober 2016, die somatischen chronischen Erkrankungen teils seit etwa fünf Jahren.
42Prof. Dr. med. U. übersandte beide Teilgutachten an den Beklagten unter dem 20. Juli 2017 mit der zusammenfassenden Aussage, es sei dem Kläger nach den beiden Gutachten möglich, seine Berufstätigkeit als Steuerberater täglich bis zu 4 Stunden auszuüben.
43Weil die vom Kläger und vom Beklagten jeweils beauftragten Gutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen zur Berufsunfähigkeit gelangten, forderte der Beklagte nach den Vorgaben seiner Satzung Anfang August 2017 den Präsidenten der Steuerberaterkammer L. zur Bestimmung eines Obergutachters auf, im Fall der Befangenheit durch einen der Vizepräsidenten der Steuerberaterkammer; es werde ein Gutachten aus dem internistischen sowie aus dem psychiatrischen Gebiet benötigt.
44Anfang Oktober 2017 benannte der Vizepräsident der Steuerberaterkammer L. , Herr T1. , in Vertretung für den Präsidenten als Obergutachter:
45„Herrn Univ.-Prof. Dr. med. D. U1. o.V.i.A.Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und internistische Intensivmedizinin Kooperation mitHerrn Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. soc. G. T2. o.V.i.A.Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und PsychosomatikUniklinik RWTH B2. “
46Nach Klärung der Bereitschaft der Gutachter beauftragte der Beklagte Mitte November 2017 die beiden genannten Gutachter – Prof. Dr. med. U1. und Prof. Dr. med. Dr. rer. soc. T2. – mit der Erstellung von Obergutachten, verbunden mit der Bitte, sich mit dem jeweils anderen im Rahmen der Begutachtung abzustimmen und dessen Beurteilung in das Ergebnis der Begutachtung einfließen zu lassen. Für eine Erstellung des Gutachtens bis Ende Januar 2018 sei man dankbar. Den Gutachtenaufträgen waren die ausführlichen Erläuterungen des Beklagten zum satzungsrechtlichen Begriff der Berufsunfähigkeit, die Gutachtenfragen, zum Berufsbild des Steuerberaters einschließlich der Vorbehaltsaufgaben und der mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbaren Aufgaben beigefügt. Prof. Dr. Dr. T2. wies auf die Erforderlichkeit einer testpsychologischen Zusatzuntersuchung hin, womit der Beklagte sich einverstanden erklärte.
47Unter dem 15. Dezember 2017 verzichtete der Kläger gegenüber der Steuerberaterkammer L. auf seine Bestellung als Steuerberater und wurde in der Folge aus dem Berufsregister gelöscht. Seine Mitgliedschaft beim Beklagten wurde nach seinem Willen als freiwillige Mitgliedschaft unter Zahlung des Mindestbeitrages fortgesetzt.
48Unter dem 14. März 2018 ergingen seitens Prof. Dr. Dr. T2. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Forensische Psychiatrie DGPNN sowie Ärztekammer Nordrhein, Zertifizierter Gutachter Psychiatrie und Psychotherapie DGNB) auf der Grundlage von Untersuchungsterminen des Klägers am 10. Januar, 12. Januar und 24. Januar 2018 dessen Psychiatrisches Gutachten nebst dessen Bericht über die testpsychologische Zusatzuntersuchung vom selben Tage.Der Bericht über die testpsychologische Zusatzuntersuchung basierte auf der Durchführung von testpsychologischen Untersuchungen am 10. Januar und 12. Januar 2018 und der entsprechende Bericht einschließlich Auswertung der Tests mit zusammenfassendem testpsychologischem Untersuchungsbefund wurde neben Prof. Dr. Dr. T2. von Dr. rer. medic. C4. D1. (Psychologe, M.Sc.) unterschrieben. Das wesentliche Ergebnis der testpsychologischen Zusatzuntersuchung wurde im psychiatrischen Gutachten dargestellt und berücksichtigt. Das psychiatrische Gutachten vom 14. März 2018 ist neben Prof. Dr. Dr. T2. von einer Assistenzärztin G. U2. unterzeichnet.Das Gutachten kommt zu der Diagnose einer anhaltenden affektiven Störungen im Sinne einer Dysthymia (ICD 10 F34.1) als chronische depressive Verstimmung, die nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig nicht die Kriterien für eine leichte oder mittelgradige rezidivierende depressive Störung erfüllt. Die Ausprägung psychischer Beschwerden sei insgesamt als leicht einzustufen. Von den Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters könne er Beratungen in Fragen der Steuerdeklaration und in Fragen der Steuergestaltung sowie freiwillige Prüfungen vornehmen; darüber hinaus könne Beratung in Fragen der Steuerrechtsdurchsetzung (beispielsweise Steuerbescheide auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen) durchgeführt werden. Er sei in der Lage, eine Tätigkeit mindestens zwei Stunden kontinuierlich auszuüben, wonach eine 15- bis 30-minütige Pause erfolgen solle. Dies folge aus einer leicht reduzierten Aufmerksamkeit und Konzentrationsstörungen sowie der Sehstörung, die zu rascher Ermüdung der Augen führe. Aus psychiatrischer Sicht sei er dazu in der Lage, die Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters vollschichtig auszuüben, wenn entsprechende Arbeitsunterbrechungen wahrgenommen werden.
49Aufgrund der Durchführung der Untersuchung für das internistische Obergutachten am 19. März 2018 wurde durch den internistischen Obergutachter ein augenärztliches Zusatzgutachten für notwendig erachtet. Damit wurde im Juni 2018 die Augenklinik der S1. B2. beauftragt. Auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung vom 22. Januar 2019 erstattete der Direktor der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums B2. , Univ.-Prof. Dr. med. Q1. X. (gemeinsam mit Privatdozent Dr. med. N1. G1. und Assistenzärztin D2. N2. ), unter dem 31. März 2019 das augenärztliche Gutachten im Rahmen des internistischen Obergutachtens. Dort wurden auf ophthalmologischem Fachgebiet diese Diagnosen gestellt:
50 Beidseits Myopie
51 beidseits irregulärer Astigmatismus
52 beidseits Keratokonus mit: Rechtes Auge Z. n. Crosslinking 06.07.2017; linkes Auge Z. n. Hornhauttransplantation (DALK) 2/2016; linkes Auge Z. n. Phototherapeutischer Therapie (PTK) 21.08.2018
53 erhöhte Blendungsempfindlichkeit
54 beidseits Keratokonjunktivitis sicca
55Das Gutachten kommt bei diesen Diagnosen zur Berufsfähigkeit zu den wesentlichen Ergebnissen: Sowohl mit Kontaktlinsen als auch mit einer Brillenversorgung werde ein ausreichender Visus erreicht, um Texte zu lesen und zu verfassen. Bildschirmtätigkeit könne aus augenärztlicher Sicht bis zu 3 Stunden täglich ausgeführt werden. Zugleich sollten kurze Pausen zur Applikation von benetzenden Augentropfen ermöglicht werden, sowie Pausen außerhalb von geschlossenen Räumen. Diese Einschränkung durch die Augenerkrankung könne durch Therapie nicht mehr verbessert werden und sei damit dauerhaft; sie werde mit fortschreitendem Alter voraussichtlich noch zunehmen.
56Das fachinternistische Obergutachten, welches zugleich die zusammenfassende Bewertung der Leistungsfähigkeit unter Einbeziehung des psychiatrischen Fachgutachtens und des augenärztlichen Fachgutachtens vornahm, erstattete Univ.-Prof. Dr. med. D. U1. (gemeinsam mit Oberarzt Privatdozent Dr. med. I4. A. und Assistenzärztin Dr. med. U3. X1. ) unter dem 1. Oktober 2019. Dort wurden diese Diagnosen gestellt:
57 HIV-Infektion CDC-Stadium A1, Erstdiagnose (ED) 01/2011
58 Hodgkin-Lymphom Stadium IIIB, ED 10/2013
59 insulinpflichtiger Diabetes mellitus II, ED 04/2016
60 Keratokonus beidseits, ED 2000 (mit Details wie augenärztliches Fachgutachten)
61 chronische nicht-infektiöse Colitis, ED 08/2016
62 Z. n. akutem Nierenversagen a.e. bei medikamentös bedingter Tubulotoxitizität 07/17 nach Salofalk-Einnahme
63 Z. n. Ulcus ventriculi 08/16
64 Psoriasis vulgaris mit Psoriasisarthritis, ED 1996
65 obstruktives Schlafapnoesyndrom mit CPAP-Therapie seit 2012
66 Mitralklappeninsuffizienz, ED 2011
67 Linksanteriorer Hemiblock, ED 2017
68 Leberfibrose bei Steatosis hepatis, ED 2018
69 Z. n. lumbalem Bandscheibenprolaps
70 Z. n. Lues 2006 und 2016
71 arterieller Hypertonus, ED 1996
72 Schilddrüsenstruma, ED 1996
73 hypogonadotroper Hypogonadismus mit Testosteronmangel
74 Dyslipidämie
75 Operationen: Z. n.: Tonsillektomie 2006/ Calcaneus-Teilabtragung 2011/ Nasennebenhöhlenoperation bei Kieferhöhlenzyste
76 Vitamin-D-Mangel
77 Anpassungsstörung
78 Allergien: Milben, Schimmelpilz
79In Bezug auf das psychiatrische Fachgutachten wird korrekt die dort gestellte Diagnose Dysthymia (ICD 10 F34.1) nebst aller weiteren Einzelheiten zu den Gutachtenfragen wiedergegeben. Gleiches gilt für das augenärztliche Fachgutachten. Unter Einbeziehung der beiden Fachgutachten kommt das Gutachten zu den wesentlichen Ergebnissen: Der Kläger sei aufgrund seiner zahlreichen internistischen Erkrankungen ein multimorbider Patient. Hinsichtlich der Berufsfähigkeit würde sich hier jedoch die ophthalmologische sowie psychiatrische Situation in den Vordergrund drängen. Vorrangig werde der Keratokonus als wesentliche leistungslimitierende Gesundheitsstörung für die Tätigkeit als Steuerberater mit wesentlichem Anteil einer Bildschirm-basierten Arbeitsweise gesehen. Hinsichtlich des Berufsbildes der Steuerberater könne der Kläger grundsätzlich den Anforderungen aller genannten Bereiche (Beratung in Fragen der Steuerdeklaration, Steuerrechtsdurchsetzung, Steuergestaltung, freiwillige Prüfungen, Beratungen in betriebswirtschaftlichen Fragen sowie Fortbildungen) entsprechen. Bei notwendiger Bildschirmarbeit sei die Notwendigkeit einer Erholungspause zu berücksichtigen. Er könne seine berufliche Tätigkeit als Steuerberater ununterbrochen maximal für 2 Stunden ausüben und benötige anschließend eine Erholungspause von 15-30 Minuten und einen kurzzeitigen Aufenthalt außerhalb von geschlossenen Räumen sowie die Verwendung von Augentropfen. Im Anschluss könne eine erneute Arbeitsphase von 2 Stunden folgen, sodass täglich mindestens vier Arbeitsstunden und wöchentlich mindestens 20 Arbeitsstunden möglich seien. Begründet sei dies in Bezug auf das quantitative Leistungsvermögen primär durch die raschere Ermüdung der Augen mit erhöhter Blendungsempfindlichkeit bei beidseitigem Keratokonus sowie die reduzierte Leistungsfähigkeit bei bestehender Dysthymia als auch eine intermittierende Erschöpfungssymptomatik bei multiplen chronischen internistischen Erkrankungen. Dieser Zustand sei als dauerhaft anzusehen und durch Behandlung nicht zu verbessern. Zusammenfassend liege deshalb nach den Kriterien des Versorgungswerkes keine Berufsunfähigkeit vor.
80Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Januar 2020 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Berufsunfähigkeitsrente auf der Grundlage der Diagnosen und Einschätzungen des zusammenfassenden Obergutachtens des Univ.-Prof. Dr. med. U1. vom 1. Oktober 2019 ab. Dies begründete das Versorgungswerk unter Darstellung wesentlicher Passagen aus dem Obergutachten im Wesentlichen damit, dass der Kläger nach dem Obergutachten einer Tätigkeit als Steuerberater noch mit mindestens vier Arbeitsstunden täglich und mindestens 20 Arbeitsstunden wöchentlich nachgehen könne. Berufsunfähigkeit im Sinne der Satzung liege aber nur vor, wenn krankheitsbedingt die Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters täglich nicht mehr als 2 Stunden oder wöchentlich höchstens noch 10 Stunden ausgeübt werden könnten. Deshalb sei er nicht berufsunfähig im Sinne von § 17 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung des Versorgungswerks. Mit dem Bescheid erhielt der Kläger das psychiatrische sowie das augenärztliche Ober- bzw. Zusatzgutachten und das Gesamt-Obergutachten des Prof. Dr. U1. .
81Der Kläger hat hiergegen am 21. Januar 2020 Klage erhoben, mit der er sein Begehren nach Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente – konkretisiert mit Beginn ab 1. Januar 2018 – weiterverfolgt.
82Der Kläger trägt mit seiner Klagebegründung vom 11. Mai 2020 im Wesentlichen vor: Die vom Beklagten zur Begründung herangezogenen Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren seien schon deshalb nicht verwertbar, da das Versorgungswerk den Gutachtern keine ausreichenden Vorgaben zu den Berufsaufgaben eines Steuerberaters mit konkreten Anforderungen und deren konkretem Ausmaß gemacht habe. Die in § 17 Abs. 5 der Satzung vorgesehene Bindung beider Teile an ein Obergutachten schränke dabei den Rechtsschutz im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren nicht ein. Zudem seien weitere Rechtsverstöße im Verfahren der Einholung der Obergutachten erfolgt, die deren Verwertung im Klageverfahren im Wege des Urkundsbeweises ausschlössen. Schon die Benennung der Klinikdirektoren als Obergutachter durch den Vizepräsidenten der Steuerberaterkammer L. jeweils mit dem Zusatz „o.V.i.A.“ sei fehlerhaft. In der Folge sei es zu einer unzulässigen Heranziehung von Hilfskräften gekommen. Insbesondere habe der Kläger Professor U1. , der auch das Gesamtgutachten gemacht habe, zu keinem Zeitpunkt persönlich gesehen. Das spiegele sich auch in der Art der Unterzeichnung durch Professor U1. wider, der nicht mit einer Formulierung wie „einverstanden aufgrund eigener Beurteilung und Untersuchung“ unterzeichnet habe. Zudem stehe der Zeitablauf der Durchführung des Obergutachtens dessen Verwertung entgegen: Das Gesamtgutachten sei mit Datum vom 1. Oktober 2019 abgeschlossen worden, die anderen Teile der Begutachtung seien lange davor erfolgt, insbesondere auch die internistische Untersuchung durch Oberarzt und Assistenzärztin am 19. März 2018. Es scheine ausgeschlossen, dass diese Personen bei Abschluss des Gutachtens noch eine Erinnerung an den Kläger gehabt hätten.Weiter fehle es dem Kläger wegen aufgrund der vielfältigen chronischen Erkrankungen zu erwartender intermittierender Arbeitsunfähigkeiten an einer Arbeitsmarktgängigkeit, weil dies potentiellen Arbeitgebern nicht zuzumuten sei. Das habe der Kläger auch bei den letzten Arbeitsversuchen so erlebt: Ihm sei schnell wieder nach aufgetretenen Arbeitsunfähigkeiten gekündigt worden. Deshalb habe er auch seine Bestellung als Steuerberater zurückgegeben. Ein Ausschluss der Relevanz der Arbeitsmarktgängigkeit ergebe sich nicht aus der Satzung des Beklagten.Weiter sei auch das Gesamtergebnis von dem Kläger möglichen vier Stunden täglich mit Pausen nicht plausibel: Dieses hätte sich schon aus dem psychiatrischen Gutachten des Professor T2. ergeben, die zusätzlichen Einschränkungen aus internistischem und augenärztlichem Blickwinkel hätten sich nicht erkennbar ausgewirkt. Weiter lasse sich auch das Pausenerfordernis und die Notwendigkeit einer Pause außerhalb geschlossener Räume am Arbeitsmarkt nicht realisieren. Nach Arbeitsrecht sei insbesondere eine Pause von 30 Minuten erst nach 6 Stunden Arbeitszeit geboten.
83Der Kläger beantragt,
84den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Januar 2020 zu verpflichten, dem Kläger ab dem 1. Januar 2018 Rente wegen Berufsunfähigkeit in satzungsgemäßer Höhe zu gewähren.
85Der Beklagte beantragt,
86die Klage abzuweisen.
87Er verteidigt in der Erwiderung vom 25. Juni 2020 seinen angegriffenen Bescheid. Berufsunfähigkeit setze voraus, dass der Betroffene als Steuerberater gesundheitsbedingt nur noch nicht mehr als 2 Stunden täglich bzw. 10 Stunden wöchentlich tätig sein könne. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Die Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren seien insgesamt verwertbar. Der Vizepräsident der Steuerberaterkammer L. habe die Benennung der Obergutachter vorgenommen, weil der Präsident Herr C5. gleichzeitig Vizepräsident und Mitglied des Vorstandes des Versorgungswerks sei. Die den Gutachtern gemachten Vorgaben des Beklagten seien ausreichend; im Übrigen hätten die Gutachter den Sachverhalt selbst zu ermitteln. Dass Professor U1. den Kläger nicht persönlich gesehen habe, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen. Vom Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei speziell auf sozialrechtliche Vorschriften bezogen und hier weder anwendbar noch übertragbar. Die Heranziehung von Hilfskräften sei zulässig, soweit der bestellte Gutachter sich das Gutachten am Ende vollständig zu eigen mache. Dies sei hier der Fall, eine Übertragung des Auftrages an einen anderen Gutachter liege nicht vor. Die vom Kläger zitierten prozessrechtlichen Vorschriften seien auf Gutachten im Verwaltungsverfahren nicht übertragbar. Deren Berücksichtigung stehe im Ermessen des Gerichts. Die zeitlichen Abläufe bei der Begutachtung stünden der Verwertbarkeit nicht entgegen. Abgesehen davon, dass eine Verzögerung auch durch eine Terminabsage des Klägers zustande gekommen sei, sei davon auszugehen, dass die Untersuchungsergebnisse in der S1. jeweils nach den Untersuchungsterminen dokumentiert worden seien.
88Unabhängig von all diesem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seit Januar 2018 nach vorliegenden Informationen beim C6. als Referent Controlling mit der Amtsbezeichnung Oberregierungsrat mit 40 Wochenstunden tätig sei. Weiter sei er seit Juni 2019 im Aufstellungsstab D3. des C7. ebenfalls als Oberregierungsrat tätig. Insofern müsse der Kläger zu der von ihm vorgetragenen fehlenden Einsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt darlegen, wie das mit seinen aktuellen Tätigkeiten vereinbar sei. Diese sprächen gegen die Unfähigkeit zur Berufsausübung, weil die dortigen Anforderungen als beamteter Oberregierungsrat denen eines Steuerberaters ähnlich sein dürften. Zudem könne er als freischaffender Steuerberater mit mehr zeitlicher Unabhängigkeit tätig sein.Bei allem sei zudem die Gesamt-Einschätzung des Obergutachters Professor U1. zur Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
89Auf Anforderung des Gerichts hat Univ.-Prof. Dr. med. U1. unter dem 26. Februar 2020 zum Ablauf der Erstellung seines Gutachtens vom 1. Oktober 2019 Stellung genommen und im Wesentlichen mitgeteilt: Es treffe zu, dass er persönlich den Kläger im Rahmen der Begutachtung zu keinem Zeitpunkt untersucht oder sonst persönlich gesehen habe. Die Untersuchung und Befunderhebung sei durch Frau Dr. X1. erfolgt. Die Auswertung und Beurteilung der Befunde sei dann durch Frau Dr. X1. und Herrn Dr. A. erfolgt. Dann habe er sich mit den beiden Genannten gemeinsam über die Begutachtung beraten und gemeinsam die im Gutachten geschilderte Entscheidung im Hinblick auf das eventuelle Vorliegen einer Berufsunfähigkeit als Steuerberater getroffen. Beide genannten Ärzte seien damals ausreichend qualifiziert gewesen. Trotz des Zeitablaufs sei die Richtigkeit der Gesamtbeurteilung seiner Ansicht nach sichergestellt. Das zusätzliche psychiatrische Gutachten sowie das von ihnen in Auftrag gegebene ergänzende augenärztliche Gutachten hätten zu einer längeren zeitlichen Verzögerung der Erstellung des Obergutachtens als geplant geführt. Hierdurch sei mit Einbeziehung der weiteren Fachabteilungen auf die Erstellung eines fachkompetenten Gutachtens abgezielt worden, um dem Anliegen des Klägers gerecht werden zu können. Für die Einschätzung der Berufsunfähigkeit des Klägers unter Einbeziehung der weiteren Gutachten aus der Klinik für Psychiatrie und der Klinik für Augenheilkunde übernehme er die Letztverantwortung im Sinne von „einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“.
90Mit Schriftsätzen vom 25. März 2021 sowie 23. April 2021 hat der Kläger ergänzend und eingehend zu seinen beruflichen Tätigkeiten seit Anfang 2018 vorgetragen, welche unstreitig sind: Er war vom 2. Januar 2018 bis 23. Juni 2019 als Referent Controlling beim C6. im Umfang von 40 Wochenstunden tätig, zunächst als Beamter auf Probe, nach einem Jahr unter Verkürzung der Probezeit als Beamter auf Lebenszeit mit Beförderung zum Oberregierungsrat. Vom 24. Juni 2019 bis 31. Oktober 2020 war er als Referent Controlling im Bundesministerium der …………… D3. mit einem Arbeitsumfang von 40 Wochenstunden tätig. Seit dem 1. November 2020 bis Ende April 2021 war er im Wege der Abordnung als Referent Wirtschaftsaufsicht beim …….. in M. mit Arbeitsumfang von 40 Wochenstunden tätig. Zu den Inhalten der dort jeweils wahrgenommenen Tätigkeiten und den gesundheitlichen Anforderungen hat der Kläger ausführliche Tätigkeitsbeschreibungen, teilweise Stellenbeschreibungen des Dienstherrn vorgelegt. Über die weitere Verwendung im Geschäftsbereich des C7. nach Ende der Abordnung sei noch nichts bekannt. Jedenfalls seien diese Tätigkeiten nach ihren Anforderungen wesentlich verschieden von denjenigen der Tätigkeit als Steuerberater. Deshalb würde aus diesen Tätigkeiten nicht die Berufsfähigkeit als Steuerberater folgen.Auch nach der Stellungnahme des Professor U1. seien die Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren nicht verwertbar. Die nicht stattgefundene persönliche Untersuchung durch ihn schließe dies schon für sich genommen neben den anderen Rügen aus.Mit dem Schriftsatz vom 23. April 2021 hat der Kläger weitere 55 Blatt Anlagen vorrangig zu seinem Gesundheitszustand vorgelegt.
91Der Beklagte tritt auch diesem Vorbringen inhaltlich entgegen.
92Der Bevollmächtigte des Klägers stellt für den Fall der ansonsten erfolgenden Klageabweisung die hilfsweisen Beweisanträge,
931. Beweis zu erheben über die Tatsache, dass die inhaltlichen und die gesundheitlichen Anforderungen der von dem Kläger seit dem 2. Januar 2018 ausgeübten beruflichen Tätigkeiten deutlich und unvergleichbar geringer sind als die inhaltlichen und gesundheitlichen Anforderungen, die an eine Tätigkeit als Steuerberater gestellt werden, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens für Berufskunde sowie eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens; sowie
942. Beweis zu erheben über die Tatsache, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen seit spätestens 1. Januar 2018 voraussichtlich auf Dauer zur Ausübung des Steuerberaterberufs unfähig ist, durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens.
95Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorganges des Beklagten Bezug genommen.
96Entscheidungsgründe:
97Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
98Das angerufene Gericht ist für die Entscheidung örtlich zuständig, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Wohnsitz in C8. – und mithin außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten – hatte; deshalb kommt es auf den Sitz des Beklagten an (§ 52 Nr. 3 S. 3, Nr. 5 VwGO).
99Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 6. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit seit dem 1. Januar 2018.
100Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ab dem 1. Januar 2018 kommt allein § 17 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Steuerberater im Land Nordrhein-Westfalen – im Folgenden: StBVS – in Betracht. Nach dieser Vorschrift erhält ein Mitglied, das mindestens für einen Monat vor Eintritt der Berufsunfähigkeit Beiträge geleistet hat und das (1.) wegen Krankheit oder eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte oder Sucht auf Dauer zur Ausübung des Steuerberaterberufes unfähig ist und (2.) deshalb seine berufliche Tätigkeit als Steuerberaterin oder Steuerberater einstellt und die Bestellung zurückgibt, Berufsunfähigkeitsrente auf Dauer. Liegt die Berufsunfähigkeit nicht dauerhaft vor, kommt Berufsunfähigkeitsrente auf Zeit gemäß § 17 Abs. 2 StBVS in Betracht.Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 StBVS beginnt die Rentenzahlung mit dem Monat, der der Einstellung der beruflichen Tätigkeit folgt, wenn der Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente innerhalb von sechs Monaten nach Erfüllung der Voraussetzungen gestellt wurde, andernfalls mit Beginn des Monats der Antragstellung. Als Einstellung der beruflichen Tätigkeit gilt dabei ausweislich des Satzes 2 der Vorschrift grundsätzlich die Rückgabe der Bestellung zum Steuerberater.Gemäß § 17 Abs. 5 StBVS wird die Berufsunfähigkeit durch zwei voneinander unabhängige ärztlichen Gutachterinnen oder Gutachter festgestellt (Satz 1). Mitglied und Versorgungswerk bestimmen je eine Gutachterin oder einen Gutachter (Satz 2). Das Versorgungswerk kann von der Bestimmung einer Gutachterin oder eines Gutachters absehen (Satz 3). Bei im Ergebnis abweichender Beurteilung wird gemäß Satz 4 die Präsidentin oder der Präsident der Steuerberaterkammer, der das Mitglied angehört, gebeten, eine Obergutachterin oder einen Obergutachter zu benennen, deren oder dessen Gutachten für beide Teile bindend ist. Das Versorgungswerk trägt gemäß Satz 5 die Kosten für das von ihm bestellte Gutachten und das Obergutachten.
101Der Kläger hat zum Zeitpunkt der zweiten und hier entscheidenden Antragstellung am 12. Dezember 2016 oder zu Beginn des maßgeblichen Zeitraums am 1. Januar 2018 für mehr als einen Monat, nämlich seit dem Jahr 2000, Beiträge an das beklagte Versorgungswerk entrichtet oder es sind für entsprechende Zeiträume an andere Versorgungswerke geleistete Beiträge zum Beklagten übergeleitet worden.
102Der Kläger hat zwar seine Tätigkeit als Steuerberater jedenfalls im Dezember des Jahres 2017 eingestellt und seine Bestellung als Steuerberater durch den in diesem Monat erklärten Verzicht gegenüber der Steuerberaterkammer L. zurückgegeben. Von einer dauerhaften Unfähigkeit zur Ausübung der Berufsaufgaben eines Steuerberaters ist aber im entscheidungserheblichen Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht auszugehen.
103Die Berufsaufgaben der Steuerberater ergeben sich aus dem Steuerberatungsgesetz (StBerG). Gemäß § 32 Abs. 1 StBerG leisten Steuerberater geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Die sogenannten Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater ergeben sich aus § 33 StBerG (Inhalt der Tätigkeit): Steuerberater haben die Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Dazu gehören auch die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit sowie die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, und deren steuerrechtliche Beurteilung.Der Beklagte kategorisiert die Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater gemäß § 33 StBerG in seinen den Gutachtenaufträgen zur Berufsunfähigkeit beigefügten Unterlagen (siehe z.B. Beiakte 2, Bl. 404) in die Bereiche Beratung in Fragen der Steuerdeklaration (Steuererklärung), Beratung in Fragen der Steuerrechtsdurchsetzung (Rechtsschutz), Beratung in Fragen der Steuergestaltung sowie freiwillige Prüfungen. Diese Kategorien differenziert der Beklagte noch weiter aus, worauf bei der Erörterung der Leistungsfähigkeit des Klägers nachfolgend eingegangen wird, soweit dies angezeigt ist.
104In materieller Hinsicht liegt Berufsunfähigkeit nach § 17 Abs. 1 StBVS nicht schon dann vor, wenn das Mitglied seine bisher ausgeübte konkrete Steuerberatertätigkeit nicht mehr fortführen kann. Aus der Verweisung der Vorschrift auf „den Steuerberaterberuf“ im Allgemeinen ohne Beschränkung auf die vom Mitglied konkret ausgeübte Tätigkeit folgt, dass Berufsunfähigkeit erst dann anzunehmen ist, wenn dem Mitglied jedwede Steuerberatertätigkeit im Hinblick auf die oben dargestellten Vorbehaltsaufgaben zur Einkommenserzielung nicht mehr möglich ist.
105Nach dem im Wortlaut des § 17 Abs. 1 StBVS zum Ausdruck kommenden Willen des Satzungsgebers, dem bei der Auslegung des Begriffs der Berufsunfähigkeit maßgebende Bedeutung zukommt,
106vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. April 1992 – 5 A 2311/90 –; Kammer, Urteil vom 2. März 2020, – 20 K 12455/17 –, n.v.,
107ist nur die vollständige Berufsunfähigkeit abgesichert. Ein entscheidendes Merkmal der Berufsunfähigkeit ist für die Rente auf Dauer gemäß § 17 Abs. 1 StBVS die Dauerhaftigkeit der gesundheitlichen Einschränkung. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn in einem überschaubaren Zeitraum begründete Heilungsmöglichkeiten gegeben sind.
108Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2011 – 17 A 2507/09 –; Beschluss vom 14. Oktober 2011 – 17 A 2200/10 –; Urteil vom 12. September 2012 – 17 A 1373/09 –; Beschluss vom 25. Februar 2016 – 17 A 2456/14 –, juris; Kammer, Urteil vom 2. März 2020, a. a. O.
109Um eine Rente auf Zeit gemäß § 17 Abs. 2 StBVS wegen nur vorübergehender Berufsunfähigkeit geht es dem Kläger hier erkennbar nicht; deren Voraussetzungen sind auch nicht ersichtlich.
110Die Beachtlichkeit von Heilungsmöglichkeiten bedingt für das Mitglied, dass es zumutbare Therapiemöglichkeiten wahrzunehmen hat. Dabei sind erfolgversprechend und zumutbar nicht nur solche Therapieansätze, denen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Heilung oder deutlichen Besserung innewohnt, sondern auch solche Maßnahmen, die eine nur unterdurchschnittliche, aber nicht völlig unbedeutende Erfolgsprognose versprechen. Das Prinzip gemeinschaftlicher Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bringt für den Einzelnen die Verpflichtung mit sich, alle ihm möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um durch alsbaldige Wiederherstellung seiner Berufsfähigkeit die Belastung der Versichertengemeinschaft gering zu halten. Jedenfalls stehen derartige Therapiemöglichkeiten der Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente nach der Satzung entgegen.
111Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2011, a. a. O.; Beschluss vom 14. Oktober 2011, a. a. O.; Beschluss vom 25. Februar 2016, a. a. O.
112In verfahrensrechtlicher Hinsicht setzt die Feststellung der Berufsunfähigkeit – in Ergänzung der dargestellten Regelung in § 17 Abs. 5 StBVS – voraus, dass sich aus ärztlichen Gutachten, Attesten oder Bescheinigungen ergibt, dass bei dem Antragsteller ein körperliches Gebrechen oder eine Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte vorliegt. Darüber hinaus müssen diese Stellungnahmen eine substantiierte Aussage dazu enthalten, welche der einzelnen Tätigkeiten aus den Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater dem Mitglied infolge des festgestellten Defizits nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zugemutet werden können. Nur eine in diesem Sinn qualifizierte ärztliche Stellungnahme ist im Allgemeinen geeignet, die erforderliche volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO von der Berufsunfähigkeit des Mitglieds zu vermitteln. Hingegen genügt diesem Erfordernis insbesondere nicht eine ärztliche Stellungnahme, die lediglich eine Aussage zu den körperlichen Gebrechen des Antragstellers oder der Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte trifft und daraus die nicht näher begründete Schlussfolgerung der Berufsunfähigkeit zieht. Eine derartige Schlussfolgerung geht über die dem Gutachter allein obliegende Würdigung in tatsächlicher Hinsicht hinaus und enthält eine an Hand des Satzungsrechts vorzunehmende rechtliche Bewertung, die allein dem Beklagten bzw. im Klageverfahren dem Gericht vorbehalten ist.
113Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. März 1997 – 25 A 3536/94 –, NRWE.
114Die Berufsunfähigkeit setzt bei bestehendem Restleistungsvermögen voraus, dass die verbleibende Erwerbsmöglichkeit einen Mindestumfang unterschreitet. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Berufsunfähigkeitsrente, den Lebensunterhalt im Falle der Einstellung der beruflichen Tätigkeit aus Krankheitsgründen zu sichern. Von einer Fähigkeit zur Berufsausübung ist nicht mehr auszugehen, wenn die Erzielung eines die Existenz des Betroffenen sichernden Einkommens nicht mehr möglich ist,
115vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 26. April 2019 – 8 LB 12/17 -, zitiert nach juris.
116Unter Zugrundelegung dieser Kriterien lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger im Zeitraum von Anfang Januar 2018 bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung dauerhaft berufsunfähig ist bzw. war. Ihm war es in diesem Zeitraum nicht auf Dauer unmöglich, eine Tätigkeit als Steuerberater im oben beschriebenen Sinne auszuüben. Dies steht zur Überzeugung des Einzelrichters fest, ohne dass dem Gesundheitszustand des Klägers durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens weiter nachzugehen gewesen wäre.
117Es liegen keinerlei ärztliche Gutachten oder Stellungnahmen vor, aus denen geschlossen werden könnte, dass der Kläger im Zeitraum von Januar 2018 bis aktuell dauerhaft berufsunfähig ist bzw. war, weil sich sein gesundheitlicher Zustand nicht verbessern ließ und sein – gegebenenfalls nach Besserung zu erwartendes – Restleistungsvermögen nicht ausreichte, um dem Beruf eines Steuerberaters nachzugehen.
118Insofern ist das Gericht nicht an der Überprüfung der Voraussetzungen der Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 1 StBVS wegen der Regelung in § 17 Abs. 5 S. 3 StBVS über die Bindung der Beteiligten an ein Obergutachten gehindert. Ein Ausschluss des gerichtlichen Rechtsschutzes von vornherein bzw. die Anordnung einer materiellen Bindung des Gerichts an das Ergebnis jenes Obergutachtens ohne eigene inhaltliche Überprüfung ist mit der Rechtsschutzgarantie in Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Davon geht ersichtlich auch der Beklagte aus, weil er sich auf eine Bindung des Gerichts gemäß § 17 Abs. 5 S. 3 StBVS in diesem Klageverfahren in seinem Vorbringen nicht beruft.
119Auf der Grundlage sämtlicher vorliegender fachlicher Stellungnahmen und Gutachten, insbesondere des Obergutachtens des Prof. Dr. U1. vom 1. Oktober 2019 unter Einbeziehung des Obergutachtens auf psychiatrischem Fachgebiet des Prof. Dr. Dr. T2. vom 14. März 2018 sowie des augenärztlichen Zusatzgutachtens des Prof. Dr. X. vom 31. März 2019 – aus dem Verwaltungsverfahren – ist festzustellen, dass der Kläger ab Januar 2018 bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in seiner Leistungsfähigkeit als Steuerberater nicht vollständig oder annähernd vollständig gemindert – also berufsunfähig – ist bzw. war. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass der Kläger unter Berücksichtigung aller gesundheitlichen Einschränkungen noch über eine Leistungsfähigkeit zur Wahrnehmung der Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters von mindestens 4 Stunden täglich bzw. 20 Stunden wöchentlich (eventuell auch mehr) verfügt.
120Weil bei einem solchen Restleistungsvermögen, welches vereinfacht gesagt jedenfalls die Fähigkeit zu halbschichtiger Tätigkeit bzw. noch eine Leistungsfähigkeit von 50 % ausmacht, eine Berufsunfähigkeit eindeutig nicht vorliegt, da damit existenzsicherndes Einkommen erzielt werden kann, kann die Untergrenze des Restleistungsvermögens, ab der Berufsunfähigkeit vorliegt, offenbleiben. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, Berufsunfähigkeit liege erst vor, wenn nicht mehr als zwei Stunden täglich bzw. zehn Stunden wöchentlich die Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters wahrgenommen werden können. Soweit dies auf die Entscheidung des Finanzgerichts Münster gestützt wird,
121Urteil des FG Münster vom 21. März 1991 – 7 K 1497/90 StB –, EFG 1991, 758/759 (Leitsatz und Gründe),
122ist dies für den Einzelrichter keine nachvollziehbare Grundlage, da es dort zum einen um eine andere rechtliche Fragestellung – den Grad der erforderlichen Leistungsfähigkeit als Voraussetzung der Zulassung als Steuerberater – ging, und die Entscheidung zudem die Untergrenze der Berufsfähigkeit nicht positiv festlegte, sondern lediglich aussprach, dass bei einer Leistungsfähigkeit des konkreten Klägers im dortigen Fall von nur zwei Stunden täglich bzw. zehn Stunden wöchentlich die Anforderungen jedenfalls nicht erfüllt seien.
123Das Gericht entnimmt die verbleibende Leistungsfähigkeit des Klägers von mindestens vier Stunden täglich für Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater zentral dem angesprochenen Obergutachten aus dem Verwaltungsverfahren (Prof. Dr. U1. vom 1. Oktober 2019/ Prof. Dr. Dr. T2. vom 14. März 2018/ Prof. Dr. X. vom 31. März 2019, wobei die Gesamteinschätzung durch das Gutachten Prof. Dr. U1. vom 1. Oktober 2019 vorgenommen wurde), welches nach Ankündigung gegenüber den Beteiligten in das Verfahren eingeführt worden ist und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war; es wird im Wege des Urkundsbeweises verwertet.
124Dieses Gutachten ist nicht deshalb unverwertbar, weil es von dem Beklagten eingeholt worden ist. Das Verwaltungsgericht kann im Verwaltungsverfahren eingeholte und von den Beteiligten vorgelegte Sachverständigengutachten im Wege des Urkundenbeweises verwerten. In diesem Fall ist es zum Einholen eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nur verpflichtet, wenn die vorgelegten Gutachten an offen erkennbaren Mängeln oder unauflösbaren Widersprüchen leiden, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Dies folgt aus den allgemeinen Regeln für die Überzeugungsbildung des Gerichts sowie über die freie Beweiswürdigung.
125Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Februar 2011 – 17 A 2507/09 - und vom 26. August 2014 – 17 A 1508/13 -; unter Bezugnahme auf: BVerwG, Beschlüsse vom 4. Dezember 1991 – 2 B 135.91 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 238, und vom 7. Juni 1995 – 5 B 141.94 -, Buchholz, a.a.O. Nr. 268; in jüngerer Zeit konkretisierend BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2020 – 2 B 30/19 –, juris.
126Nach diesen Grundsätzen ist das Obergutachten Prof. U1. / T2. / X. – auch unter Berücksichtigung der ins Einzelne gehenden verschiedenen Einwände des Klägers sowie der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Verfahrensrüge hiergegen – verwertbar und das Gericht kommt auf dieser Grundlage im Wege freier Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass eine Berufsunfähigkeit des Klägers nicht festzustellen ist. Es spricht vielmehr alles dafür, dass er noch als Steuerberater – mindestens etwa halbschichtig – berufsfähig ist.
127Dies gilt zunächst für das Obergutachten – zugleich als das internistische Fachgebiet betreffendes Fachgutachten sowie als zusammenfassendes Gesamtgutachten unter Einbeziehung der psychiatrischen und augenärztlichen Fachgutachten – des Univ.-Prof. Dr. med. U1. vom 1. Oktober 2019.
128Zweifel an der Sachkunde von Prof. Dr. med. U1. als Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und internistische Intensivmedizin der Uniklinik S1. B2. bestehen nicht. Sie sind vom Kläger auch nicht konkret aufgezeigt worden. Für eine Parteilichkeit des Gutachters zugunsten des Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte, auch wenn dieser von dem Beklagten bezahlt worden ist. Das Obergutachten vom 1. Oktober 2019 ist erkennbar ausgewogen und berücksichtigt alle für und gegen die dauerhafte Berufsunfähigkeit des Klägers sprechenden Umstände. Für eine Tendenz zugunsten des Beklagten ist nichts ersichtlich. Die Sachkunde für die nicht zu seinem Fachgebiet gehörenden Bereiche in der Psychiatrie sowie der Fachfragen der Augenheilkunde erlangt der Gutachter Prof. U1. durch die einbezogenen Obergutachten Prof. Dr. Dr. T2. auf psychiatrischem Fachgebiet und Prof. Dr. X. für die Augenheilkunde.
129Es ist nicht erkennbar und auch vom Kläger nicht dargelegt, dass von Professor U1. ein unzutreffender Sachverhalt berücksichtigt wurde. Das Gutachten beinhaltet eine ausführliche Anamnese sowie eine internistische Untersuchung mit dargestellten Befunden und Ergebnissen und listet die beim Kläger feststellbaren Diagnosen mit ins Einzelne gehenden zusätzlichen Informationen vollständig und zutreffend auf. Neben den eigenen Angaben des Klägers in Anamnese und Epikrise zu seinen Beschwerden und der eigenen Einschätzung der Leistungsfähigkeit werden alle vorherigen Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren einschließlich der vollständigen jeweiligen Beantwortung der Gutachtenfragen des Beklagten vollständig und zutreffend referiert und damit erkennbar berücksichtigt. Insofern werden sämtliche vorgehenden Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren der Prof. Dr. med. B. vom 19. April 2017 mit ergänzenden Stellungnahmen (vom Kläger benannt) und die vom Beklagten beim J. beauftragten Gutachten auf internistischem Fachgebiet vom 20. Juni 2017 von Prof. Dr. med. U. und Dr. med. S. sowie auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet vom selben Tage durch Prof. Dr. U. und Dr. med. Q. mit Gesamteinschätzung durch Prof. Dr. U. ebenso vollständig und zutreffend dargestellt. Gleiches gilt für das einbezogene Obergutachten des Prof. Dr. Dr. T2. auf psychiatrischem Fachgebiet vom 14. März 2018 und das augenärztliche Zusatzgutachten des Prof. Dr. X. vom 31. März 2019. Der Gutachter Prof. Dr. U1. kommt im Gutachten nachvollziehbar begründet zum Ergebnis, dass der Kläger ohne Ausschluss von einzelnen Tätigkeiten aus den Vorbehaltsaufgaben von Steuerberatern im Umfang von mindestens vier Stunden täglich und mindestens 20 Stunden wöchentlich leistungsfähig ist. Dabei sei eine maximale Dauer der Bildschirmtätigkeit von drei Stunden täglich möglich und es sei nach zwei Stunden kontinuierlicher Tätigkeit eine Pause von 15-30 Minuten mit kurzem Aufenthalt außerhalb geschlossener Räume sowie die Verwendung von Augentropfen notwendig. Hierbei legt der Gutachter zugrunde, dass sich die Augenerkrankung mit einem Keratokonus als wesentliche leistungsmindernde Erkrankung darstelle, und sich zugleich auch die psychiatrische Situation in den Vordergrund dränge. Insofern entnimmt er dem augenärztlichen Zusatzgutachten des Prof. Dr. X. eine maximale tägliche Zeit von Bildschirmtätigkeit von drei Stunden. Der Gutachter geht damit erkennbar davon aus, dass mindestens eine weitere Stunde bis zu den mindestens vier Stunden täglich aus Vorbehaltsaufgaben besteht, die ohne Bildschirmtätigkeit möglich sind. Auch die Notwendigkeit einer Pause außerhalb von geschlossenen Räumen sowie der Verwendung von benetzenden Augentropfen entnimmt er dem augenärztlichen Zusatzgutachten. Die erforderliche Pause nach zwei Stunden kontinuierlicher Tätigkeit leitet er hingegen aus dem psychiatrischen Obergutachten des Prof. Dr. Dr. T2. ab, wo dies aus einer leicht reduzierten Aufmerksamkeit sowie Konzentrationsstörungen, und der rascheren Ermüdung der Augen aufgrund der Augenerkrankung abgeleitet wird. Die insgesamt gesehene Leistungsfähigkeit von mindestens vier Stunden täglich leitet er aus der Kombination der Augenerkrankung Keratokonus, der reduzierten Leistungsfähigkeit bei bestehender psychiatrischer Dysthymia sowie einer intermittierenden Erschöpfungssymptomatik bei multiplen chronischen Erkrankungen ab. Damit vermindert er durch Berücksichtigung der Vielzahl auch chronischer internistischer Erkrankungen die in psychiatrischer Hinsicht von Prof. Dr. Dr. T2. eingeschätzte Fähigkeit des Klägers zu vollschichtiger Tätigkeit als Steuerberater bei Einhaltung einer Pause jeweils nach etwa zwei Stunden (also etwa acht Stunden täglich, 40 Stunden wöchentlich) auf die Leistungsfähigkeit von mindestens vier Stunden täglich/20 Stunden wöchentlich. Dies ist nachvollziehbar und entspricht auch dem die Vielzahl und das Gewicht der internistischen Erkrankungen betonenden Vorbringen des Klägers. In Bezug auf die dem Gutachter vom Beklagten mitgeteilten Bereiche der Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters als Teil des Berufsbildes benennt der Gutachter alle Bereiche als dem Kläger möglich und schließt für ihn keine Vorbehaltsaufgaben grundsätzlich aus, wenn die Notwendigkeit einer Erholungspause nach zwei Stunden berücksichtigt wird.
130Dem Obergutachten Prof. U1. – sowie dem Obergutachten Prof. Dr. Dr. T2. – kann nicht entgegengehalten werden, dass die Benennung der Obergutachter durch den Präsidenten der Steuerberaterkammer L. , als für den Kläger bei damaligem Sitz in C1. zuständiger Kammer, im Hinblick auf § 17 Abs. 5 S. 3 StBVS verfahrensfehlerhaft erfolgt sei. Zunächst war es richtig, dass statt des Präsidenten ein Vizepräsident der Steuerberaterkammer handelte, weil der Präsident selbst als gleichzeitiger Vizepräsident und Mitglied des Vorstandes des Versorgungswerks als Beklagtem wegen der Doppelfunktion ausgeschlossen gewesen sei. Sodann macht die namentliche und unverwechselbare Benennung von Prof. U1. und Prof. T2. mit dem Zusatz „o.V.i.A.“ – also „oder Vertreter im Amt“– die Benennung nicht verfahrensfehlerhaft und damit die Gutachten hier unverwertbar. Dies hat sich nämlich schon überhaupt nicht praktisch ausgewirkt, da genau die benannten Personen auch die Gutachten erstattet haben und nicht etwa bei ihrer Verhinderung ein anderer diese Aufgabe wahrgenommen hätte. Ungeachtet der Frage, ob die Art der Benennung einen Rechtsfehler enthalten könnte, ist damit ein Streit über den richtigen Vertreter o. ä. ausgeschlossen. Beide Obergutachter, Prof. U1. und Prof. T2. , übernehmen für die Gutachten mit ihren Namen die Letztverantwortung (dazu im Einzelnen siehe unten).
131Insofern steht der Verwertbarkeit des Obergutachtens Prof. U1. vom 1. Oktober 2019 auch nicht die Verfahrensrüge des Klägers gemäß § 407a Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO entgegen. Dies wird auf die mangelnde Untersuchung des Klägers durch Prof. U1. und die Frage der Letztverantwortung des Obergutachters gestützt und damit dürfte eine Verletzung des § 407a Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 ZPO gemeint sein. Rechtsfehler sind insofern jedoch nicht festzustellen. Zwar ist die Rüge des Klägers im Ansatz zu Recht erfolgt, Prof. U1. habe das Obergutachten vom 1. Oktober 2019 nicht mit einer seine Letztverantwortung verdeutlichenden Wendung wie „einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“ unterzeichnet. Ein solcher oder ein vergleichbarer Zusatz fehlt im Gutachten in der Verwaltungsakte am Ende vollständig. Es existiert lediglich die Unterschrift des Prof. U1. neben denjenigen der Assistenzärztin und des Oberarztes. Jedoch hat Prof. U1. dies in seiner Stellungnahme gegenüber dem Gericht vom 26. Februar 2021 klargestellt und die Letztverantwortung für das Gesamt-Obergutachten vom 1. Oktober 2019 übernommen im Sinne von „einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“. Da dies erfolgt ist, kann von einer unzulässigen Delegation im Sinne von § 407a Abs. 2 S. 1 ZPO nicht die Rede sein. Auch die Frage der Letztverantwortung ist eindeutig beantwortet.
132Zugleich ist die Frage der Einbeziehung der Assistenzärztin Dr. med. X1. und des Oberarztes Dr. med. A. als wissenschaftliche Mitarbeiter bei der Begutachtung durch Prof. U1. sowie das Fehlen einer stattgefundenen persönlichen Untersuchung des Klägers durch den Obergutachter Prof. U1. selbst nicht zu beanstanden. § 407a Abs. 2 ZPO oder andere Rechtsvorschriften sind nicht verletzt.
133Hierzu gelten die folgenden Grundsätze, weil bei der Verwertung von Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren die Beteiligten im Gerichtsverfahren dieselben Rechte haben, die sie bei einem gerichtlichen Sachverständigengutachten hätten,
134vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2020 – 2 B 30/19 –, juris Leitsatz 3, Rn. 24 ff.:
135Der Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten persönlich vorzunehmen, sondern darf bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter – insbesondere zu Einzeluntersuchungen – heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen muss jedoch die volle persönliche Verantwortung des gerichtlichen Sachverständigen wahren. Innerhalb der dadurch gezogenen Grenzen steht es im Ermessen des Sachverständigen, auf welche Art und Weise er sich die für die Begutachtung erforderliche Sachkenntnis verschafft. Diese Befugnis wird durch § 407a Abs. 2 Satz 2 ZPO bestätigt. Die nach außen erkennbare Übernahme der Letztverantwortung wird durch Wendungen wie „mit Befund und Beurteilung einverstanden“ oder „einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“ verdeutlicht. Soweit sich der Sachverständige seiner Mitarbeiter oder einer anderen Person bedient, hat er sie gemäß § 407a Abs. 2 S. 2 ZPO namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt. Wenn sich aus der Eigenart des Gutachtenauftrags nicht ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird oder es auf seinen persönlichen Eindruck während der gesamten Begutachtung ankommt, kann der Sachverständige Einzeluntersuchungen daher auch durch Hilfskräfte oder Mitarbeiter durchführen lassen.
136Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 1984 – 8 C 97/83 –, juris Rn. 22 – 24; Urteil vom 28. Februar 1992 – 8 C 48/90 –, juris Rn. 9 f.; Beschluss vom 24. November 2015 – 2 B 37/15 –, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2008 – 13 A 2643/07.A –, juris Rn. 8 ff.
137Die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach eine persönliche Begegnung zwischen dem mit der Untersuchung beauftragten Gutachter und der zu begutachtenden Person unverzichtbar sei,
138BSG, Urteil vom 7. Mai 2019 – B 2 U 25/17 R –, juris,
139ist hier nicht anwendbar, weil es sich um eine im Sozialrecht verwurzelte besondere Konstellation und Rechtsprechung handelt, in der dieses Erfordernis aus dem Gutachterauswahlrecht des Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII entnommen wird.
140Nach diesen Grundsätzen ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass der Obergutachter Prof. U1. den Kläger nicht persönlich untersucht hat und mit diesem überhaupt nicht persönlich in Kontakt gekommen ist. Insofern ist auf die Nachfrage des Gerichts durch die Stellungnahme des Prof. U1. vom 26. Februar 2021 in transparenter Weise offengelegt, dass die Untersuchung und Erhebung der Befunde beim Kläger zum internistischen Obergutachten vom 1. Oktober 2019 durch die Assistenzärztin Dr. X1. (am 19. März 2018) erfolgt ist. Die Auswertung und Beurteilung der Befunde erfolgte dann gemeinsam durch Frau Dr. X1. und den Oberarzt Dr. A. . Der Sachverständige Prof. U1. hat alles mit den beiden gemeinsam durchgesprochen, sich erkennbar sowohl die Befunde als auch deren Beurteilung erläutern lassen. Sie sind nach seiner Aussage auf diese Weise gemeinsam zum Ergebnis der Begutachtung in Bezug auf die Berufsfähigkeit des Klägers gelangt. Dies ist in transparenter Weise vom Sachverständigen gegenüber dem Gericht in der genannten Stellungnahme offengelegt worden. Auch wenn im Grundsatz natürlich die persönliche Untersuchung – jedenfalls irgendein persönlicher Kontakt – des Gutachters mit der zu begutachtenden Person anzustreben ist und die Regel sein sollte, ist nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu entscheiden, ob dies tatsächlich unverzichtbar ist. In eben dieser Weise versteht das Gericht auch die vom Kläger angeführte AWMF-Leitlinie 94/001 „Allgemeine Grundlagen der medizinischen Begutachtung“, wo zur Frage der Eigenverantwortlichkeit ausgeführt wird, der namentlich benannte Sachverständige habe die Kernaufgabe des Gutachtens, die Bewertung der erhobenen Daten und Befunde, selbst durchzuführen; er müsse sich jedenfalls einen persönlichen Eindruck von dem zu Begutachtenden, seinen Beschwerden und den erhobenen Befunden verschaffen, um die aus Rechtsgründen erforderliche Letztverantwortung übernehmen zu können. Zunächst ist festzustellen, dass diesen Leitlinien kein für das Gericht zwingend zu berücksichtigender Rechtscharakter zukommt, und es sich zudem um Leitlinien der Deutschen Gesellschaften für neurowissenschaftliche Beurteilung, für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, für Chirurgie sowie für Gynäkologie und Geburtshilfe handelt und die Anwendbarkeit bei internistischer Untersuchung wie hier damit nicht eindeutig ist. Zudem ist nicht sicher, dass der „persönliche Eindruck“ nach der Leitlinie eine persönliche Untersuchung oder persönlichen Kontakt erfordert, weil in der Leitlinie gesondert für die psychiatrische Begutachtung die nicht delegierbare persönliche Exploration und Untersuchung gefordert wird. Das Gericht geht jedenfalls davon aus, dass im hier vorliegenden Einzelfall die persönliche internistische Untersuchung nicht die entscheidende Bedeutung hatte und deren Fehlen deshalb unschädlich war. Der Obergutachter Prof. U1. hatte sowieso ohne persönliche Fachkunde und insofern spezielle Untersuchungsmöglichkeiten und Kenntnisse das Obergutachten zum psychiatrischen Fachgebiet und das Zusatzgutachten zum augenärztlichen Fachgebiet einzubeziehen. Da nach dem Inhalt des Obergutachtens Prof. U1. vom 1. Oktober 2019 sich zudem die augenärztliche Erkrankung am Keratokonus und das psychiatrische Erkrankungsbild in Bezug auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers in den Vordergrund drängten und diese wesentlich bestimmten, war auch die internistische Untersuchung im Fall des Klägers von nachrangiger Bedeutung. Die am 19. März 2018 in der Klinik des Prof. U1. von Frau Dr. X1. durchgeführte internistische Untersuchung des Klägers und deren Ergebnisse hatten sämtlich für die Leistungsbeurteilung des Klägers kein entscheidendes Gewicht. Ohne erkennbare maßgebliche Bedeutung der internistischen Untersuchung am 19. März 2018 standen die wesentlichen und für die Multimorbidität des Klägers entscheidenden vielfältigen Erkrankungen aufgrund der bei der Begutachtung vorliegenden Unterlagen fest, ohne dass dies gesonderter Befundung oder Untersuchung bedurfte. Dabei erforderten sowohl die im Rahmen der körperlichen Untersuchung am 19. März 2018 vorgenommene Oberbauchsonografie als auch der sog. „Fibroscan“ bezogen auf die Leber des Klägers und die „Laborchemie“ auf der Grundlage von Blutabnahme und Urinprobe nicht die hohe Kunst des Klinikdirektors, und betrafen überhaupt nicht die entscheidenden Erkrankungen des Klägers. Sie dienten der Abrundung des Bildes und gehören bei einem internistischen Gutachten nach den Regeln der Kunst zum Standard, ohne jedoch hier maßgebliche Bedeutung zu haben. Diese Untersuchung des Klägers am 19. März 2018, die dort erhobenen Befunde konnten in fachlicher Hinsicht unproblematisch von der Assistenzärztin im vierten Ausbildungsjahr zur Fachärztin erhoben werden, und bei der Auswertung war der Privatdozent als Oberarzt und zugleich Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie mehr als ausreichend qualifiziert. Es ist davon auszugehen, dass sich Prof. U1. von den ausgewerteten Befunden, wie sie im Obergutachten vom 1. Oktober 2019 dargestellt sind, ausreichende Kenntnis verschafft hat und alle relevanten Gesichtspunkte, Befunde und deren Beurteilung aus dem internistischen Fachgebiet – neben den Teilgutachten aus dem psychiatrischen und augenärztlichen Fachgebiet – in seine Beurteilung einbezogen hat. Von einer sicheren Dokumentation der Untersuchungsergebnisse, wie sie im Gutachten dargestellt sind, ist auszugehen. In dieser speziellen Situation, in der der internistischen Untersuchung nicht eine entscheidende Bedeutung zukommt, sondern diese eher Routine ist, konnte der Obergutachter auf die persönliche Untersuchung des Klägers ohne Verstoß gegen Regeln der Gutachter-Kunst verzichten.
141Vgl. im Wesentlichen ähnlich im Einzelfall: BayVGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 – 14 ZB 03.2441 –, Juris Rn. 3; VG Berlin, Urteil vom 27. April 2012 – 5 K 50.10 –, juris 25 (gegen BSG, a. a. O.); VG Würzburg, Urteil vom 11. Dezember 2002 – W 6 K 00.1349 –, juris (Zulässigkeit arbeitsteiliger Begutachtung).
142Zudem ist in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) anerkannt, dass eine persönliche Untersuchung durch einen Sachverständigen nicht zwingend erforderlich ist, wenn diesem ausreichende ärztliche Bescheinigungen von ausreichend unterrichteten Fachleuten oder Behandlern der zu begutachtenden Person über die Diagnosen und die bisher durchgeführten Behandlungsmaßnahmen vorlagen, aufgrund denen das Gutachten erstellt werden konnte, soweit nicht ein zugrunde gelegter unzutreffender Sachverhalt oder eine wesentliche Veränderung bis zur Entscheidung des Gerichts erkennbar oder substantiiert vorgetragen ist,
143vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2011 – 17 A 2507/09 –, n.v.; Beschluss vom 24. Januar 2011 – 17 A 129/09 –, juris Rn. 20; erkennendes Gericht, Urteil vom 7. Juni 2017 – 20 K 4644/16 –, S. 14, n.v.
144Wenn dies rechtlich möglich ist, ist auch die Verwertung der persönlichen Untersuchung durch wissenschaftliche Mitarbeiter durch den Sachverständigen im Grundsatz zulässig.
145Auch im Übrigen kann das Gericht nicht feststellen, dass der Obergutachter Prof. U1. beim Gutachten vom 1. Oktober 2019 sein Ermessen über die Art des Einsatzes von wissenschaftlichen Mitarbeitern, die er im Einzelnen in der Stellungnahme vom 26. Februar 2021 transparent gemacht hat, überschritten hat. Er hat erkennbar die Letztverantwortung eindeutig übernommen und dargelegt, dass er sich mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern, an deren Qualifikation im Hinblick auf die übernommenen Teilaufgaben keine Zweifel bestehen, über die Begutachtung gemeinsam beraten habe und sie zusammen die Entscheidung zur Berufsunfähigkeit des Klägers – in seiner Letztverantwortung – getroffen hätten. Das Gericht geht davon aus, dass er sich über alle wesentlichen Befunde und Auswirkungen unterrichtet hat, alle durch Unterlagen ermittelten Diagnosen und Krankheitsbilder zur Kenntnis genommen sowie insbesondere die Teilgutachten zum psychiatrischen und augenärztlichen Fachgebiet eigenverantwortlich in die eigene Beurteilung einbezogen hat. Er hat das Fehlen eigener Untersuchung zweifelsfrei offengelegt und dies auch in der Art der Versicherung zur Letztverantwortung ohne Verweis auf eigene Untersuchung verdeutlicht („einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“).
146Das vom Obergutachter Prof. U1. nach Abstimmung mit dem Beklagten in Auftrag gegebene Zusatzgutachten zum ophthalmologischen Fachgebiet, das entscheidende Gesichtspunkte zur Leistungsfähigkeit des Klägers enthält, unterliegt ebenfalls keinen Zweifeln, die dessen Verwertbarkeit entgegenstehen. An der augenärztlichen Fachkunde (und Unparteilichkeit) des Zusatzgutachters Univ.-Prof. Dr. med. X. als Direktor der Klinik für Augenheilkunde der Uniklinik S1. B2. bestehen keine Zweifel. Er hat das Gutachten mit „einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“ neben einer Assistenzärztin N2. und seinem Oberarzt Privatdozent Dr. med. G1. unterzeichnet und der Kläger hat insofern keine Rügen erhoben. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Letztverantwortung des Gutachters und dessen Ermessensausübung zu seiner Aufgabenteilung mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern zu zweifeln. Inhaltlich ist das augenärztliche Zusatzgutachten aufgrund einer gründlichen Anamnese und einer alle Einzelheiten umfassenden augenärztlichen Untersuchung bei Auswertung der Angaben des Klägers zu seinen das augenärztliche Fachgebiet betreffenden Beschwerden sowie den bisher erfolgten Therapiemaßnahmen erstellt worden. Erkennbar liegen auch seine Angaben zu den möglichen Belastungen seiner Augen, deren Grenzen und den folgenden Beschwerden bei der Arbeit als Steuerberater – insbesondere in zeitlicher Hinsicht – der augenärztlichen Gutachteneinschätzung zugrunde. Im Ergebnis kommt das Gutachten zu der Einschätzung, dass Bildschirmtätigkeit täglich drei Stunden ausgeführt werden könne, wobei kurze Pausen zur Applikation von benetzenden Augentropfen ermöglicht werden sollten, ebenso wie Pausen außerhalb von geschlossenen Räumen. Aus augenärztlicher Sicht könne nicht beurteilt werden, welche Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters der Kläger noch ausführen könne. Es gebe keine weiteren Therapiemaßnahmen zur Verbesserung der augenärztlichen Situation. Die Einschränkung bestehe dauerhaft und werde mit fortschreitendem Alter eher zunehmen. All dies ist nachvollziehbar, überzeugend und widerspruchsfrei. Die hier erzielten Ergebnisse sind – wie gesagt – im Obergutachten Prof. U1. fehlerfrei wiedergegeben und soweit erkennbar in sachangemessener Weise in die Beurteilung einbezogen worden.
147Gleiches gilt im Ergebnis für das Obergutachten auf dem psychiatrischen Fachgebiet vom 14. März 2018 des Prof. Dr. Dr. T2. unter Einbeziehung der testpsychologischen Zusatzuntersuchung vom selben Datum. Die testpsychologische Zusatzuntersuchung unterzeichnete Prof. T2. „einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“ gemeinsam mit dem Psychologen, M.Sc., Dr. rer. medic. D1. . Insbesondere für derartige psychologische Testungen im Rahmen von psychiatrischen Begutachtungen hält die Rechtsprechung die Arbeitsteilung zwischen Gutachter und einem wissenschaftlichen Mitarbeiter bzw. einer Hilfskraft für zulässig, wenn der Gutachter die Letztverantwortung übernimmt,
148vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. November 2015 – 2 B 37/15 –, juris Rn. 5-8.
149Insofern liegen keine Zweifel des Gerichts und keine Rügen des Klägers vor, auch wenn anscheinend Dr. D1. die Testungen durchgeführt hat. An der kompetenten Durchführung der testpsychologischen Zusatzuntersuchung am 10. Januar und 12. Januar 2017 mit 14 durchgeführten standardisierten psychologischen Testverfahren ist nichts auszusetzen. Diese sind umfassend mit einer detaillierten Erläuterung von Durchführung und Ergebnissen dargestellt. Die Ergebnisse sind nachvollziehbar. Nach einer Anamnese des Klägers, einer Darstellung des klinischen Eindrucks und der Verhaltensbeobachtung kommt die Zusatztestung zu einem zusammenfassenden Untersuchungsbefund, welcher aus den Testergebnissen abgeleitet wird, in dieser Weise nachvollziehbar und widerspruchsfrei ist. An der Möglichkeit des Obergutachters Prof. Dr. Dr. T2. , hierfür die Letztverantwortung zu übernehmen, bestehen keine Zweifel. Die dortigen Ergebnisse sind in ihren wesentlichen Aussagen, soweit für den psychiatrischen Obergutachter erforderlich, im psychiatrischen Obergutachten übernommen worden.
150Auch das psychiatrische Obergutachten vom 14. März 2018 ist nach den oben dargelegten Maßstäben verwertbar und verschafft dem Gericht in überzeugender Weise die Fachkunde für diesen Teilbereich. Insofern ist es zurecht im Obergutachten Prof. U1. mit seinen maßgeblichen Aussagen und Ergebnissen zugrunde gelegt worden. An der Fachkunde des Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. soc. T2. als Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Uniklinik S1. B2. mit den Qualifikationen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Zusatzbezeichnungen Forensische Psychiatrie (der DGPNN sowie Ärztekammer Nordrhein) und Zertifizierter Gutachter Psychiatrie und Psychotherapie (DGNB) bestehen keine Zweifel. Gerade mit der kombinierten Qualifikation als ärztlicher Spezialist im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychologe und Psychotherapeut mit entsprechenden Abschlüssen und Qualifikationen sowie der besonderen Zertifizierung als Gutachter macht ihn für die vorliegende Aufgabe hervorragend geeignet. Er hat für das unter Mitwirkung der Assistenzärztin erstellte Gutachten die Letztverantwortung übernommen. Der Kläger ist dort eingehend – auch i.V.m. der testpsychologischen Zusatzuntersuchung – in ambulant durchgeführten psychiatrischen Untersuchungen am 10. Januar, 12. Januar und 24. Januar 2018 eingehend persönlich begutachtet worden. Auf der Grundlage einer ausführlichen und zutreffenden Übersicht über die Aktenlage zu der Behandlungs- und Erkrankungshistorie des Klägers nach dem Verwaltungsvorgang des Beklagten, zutreffender Darstellung und Berücksichtigung der vorangegangenen Gutachten Prof. B. sowie Prof. U. (mit Dr. med. Q. psychiatrisch-neurologisch und Dr. med. S. internistisch) wird eine eingehende Anamnese des Klägers nach dessen Angaben mit früheren körperlichen Erkrankungen, psychischen Erkrankungen sowie zu allen anamnestisch relevanten Bereichen erhoben. Sodann wird mit körperlicher Untersuchung, neurologischem Befund und psychischem Befund eine durch Untersuchung erhobene Grundlage gelegt und durch die wesentlichen Ergebnisse der testpsychologischen Zusatzuntersuchung ergänzt. Auf dieser Grundlage kommt der Obergutachter zum Ergebnis einer anhaltenden affektiven Störung im Sinne einer Dysthymia (ICD 10 F34.1) als chronische depressive Verstimmung, die nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig nicht die Kriterien für eine leichte oder mittelgradige rezidivierende depressive Störung erfüllt. Dies wird nach den Kriterien des ICD 10 begründet, die einzelnen vorliegenden Kriterien werden aus den erhobenen Befunden abgeleitet und aus Sicht des Gutachtens eine insgesamt leichte Ausprägung psychischer Beschwerden festgestellt. Die festgestellten psychischen Beschwerden werden testpsychologisch ergänzt um Auffälligkeiten der Aufmerksamkeit bei insgesamt durchschnittlicher kognitiver Gesamtbefähigung. Zudem hätten sich testpsychologisch auch Hinweise auf depressive Verstimmung gefunden. Als Folge der Befunde aus dem psychiatrischen Fachgebiet sieht das Gutachten keine Einschränkungen in inhaltlich-qualitativer Hinsicht zu den Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters. Die kognitiven Beeinträchtigungen im Sinne von Konzentrationsstörungen seien mit etwas mehr Ruhepausen zur Erholung verbunden und könnten dazu führen, dass die Sichtung von Unterlagen geringgradig mehr Zeit in Anspruch nehme. Der Kläger könne eine Tätigkeit mindestens zwei Stunden kontinuierlich ausüben, wonach eine 15-30-minütige Pause erfolgen solle. Dies wird mit einer leicht reduzierten Aufmerksamkeit und Konzentrationsstörungen sowie der Sehstörung begründet, die zu rascherer Ermüdung der Augen führe, wodurch der Kläger derzeit in seiner Leistungsfähigkeit etwas beeinträchtigt sei. Insgesamt sieht das psychiatrische Obergutachten den Kläger in der Lage, die Vorbehaltsaufgaben als Steuerberater vollschichtig auszuüben, wenn entsprechende Arbeitsunterbrechungen wahrgenommen werden.
151Das psychiatrische Obergutachten ist mit seiner Herleitung der Ergebnisse insbesondere auch durch die Einbeziehung der testpsychologischen Zusatzuntersuchung vom 14. März 2018 überzeugend und valide. Abgesehen von geringfügigen Beeinträchtigungen der selektiven Aufmerksamkeit und der allgemeinen Wachsamkeit waren andere Aufmerksamkeitsaspekte und die allgemeine Konzentrationsleistung intakt. Ebenfalls waren keine Beeinträchtigungen der für Steuerberater besonders wichtigen sogenannten Exekutivfunktionen feststellbar, insbesondere im Bereich Konzepterfassung, Wahrnehmungsgeschwindigkeit und kognitiver Flexibilität. Insgesamt wird eine durchschnittliche allgemeinintellektuelle Leistungsfähigkeit bei teilweise leicht beeinträchtigten Aufmerksamkeitsleistungen und intakten Exekutivfunktionen festgestellt, ohne Hinweis auf eine erworbene Beeinträchtigung des visuellen oder verbalen Gedächtnisses. Beim Abschnitt „klinischer Eindruck und Verhaltensbeobachtung“ kommt das Gutachten zu der Einschätzung, das generelle Arbeitstempo des Klägers sei als hoch zu bezeichnen; die Umstellung zwischen verschiedenen Aufgaben sei problemlos verlaufen und auch eine erhöhte Ermüdbarkeit sei auch nach einer mehrstündigen Testung nicht festzustellen gewesen. Diese Befunde stützen die Einschätzung des psychiatrischen Obergutachtens, dass der Kläger im Grundsatz alle Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters ausführen kann und insbesondere die hohen intellektuellen Anforderungen, gerade zu den sog. Exekutivfunktionen, weiter bei ihm gegeben sind.
152Sowohl das psychiatrische Obergutachten Prof. T2. vom 14. März 2018 als auch das augenärztliche Zusatzgutachten Prof. X. vom 31. März 2019 sind mit ihren wesentlichen Aussagen und Ergebnissen im Gesamt-Obergutachten Prof. U1. vom 1. Oktober 2019 in zutreffender und sachgemäßer Weise einbezogen worden. Die Ergebnisse aus dem psychiatrischen und augenärztlichen Fachgebiet sind vom Gesamt-Obergutachten nachvollziehbar und überzeugend zusammengeführt worden. Das Gesamtergebnis der Leistungsfähigkeit von mindestens vier Stunden täglich für die Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters unter Berücksichtigung von erforderlichen Pausen mit weiteren Anforderungen ist in nachvollziehbarer und detailgenauer Abwägung bei widerspruchsfreier Gesamteinschätzung begründet worden.
153Dabei geht die Rüge des Klägers fehl, die Begrenzung seiner Leistungsfähigkeit auf vier Stunden täglich habe sich schon aus dem psychiatrischen Obergutachten des Prof. T2. ergeben, und die zusätzlichen Belastungen im augenärztlichen und internistischen Bereich hätten sich nicht mehr ausgewirkt. Das psychiatrische Obergutachten ging vielmehr von vollschichtiger Leistungsfähigkeit als Steuerberater bei Einhaltung von Pausen nach jeweils 2 Stunden kontinuierlicher Tätigkeit aus.
154Das Gesamt-Obergutachten vom 1. Oktober 2019 einschließlich der Teilgutachten aus dem psychiatrischen und dem augenärztlichen Fachgebiet ist nicht wegen des vom Kläger gerügten Zeitablaufs unverwertbar. Auch wenn der angesprochene Zeitablauf Besonderheiten aufweist und insgesamt als suboptimal zu bewerten ist, macht dieser das Gesamt-Obergutachten nicht unverwertbar und nimmt diesem auch nicht die Überzeugungskraft. Von den psychiatrischen Untersuchungsterminen einschließlich testpsychologischer Zusatzuntersuchung im Januar 2018 und dem darauf basierenden psychiatrischen Obergutachten vom 14. März 2018 ging es im Grundsatz zügig zum internistischen Untersuchungstermin am 19. März 2018 in der Klinik für Innere Medizin des Prof. U1. mit Untersuchung durch die Ärztin Dr. med. X1. . Sodann erfolgte die Beauftragung des ophthalmologischen Zusatzgutachtens bei Prof. X. mit gewisser Verzögerung im Juni 2018, wo erst neun Monate nach der internistischen Untersuchung am 22. Januar 2019 die ausführliche ambulante augenärztliche Untersuchung stattfand. Insofern mag eine Terminabsage auf Seiten des Klägers erfolgt sein, wie der Beklagte vorträgt, die lange Bearbeitungszeit im augenärztlichen Fachgebiet scheint jedoch keinesfalls allein auf den Kläger zurückzuführen zu sein. Das augenärztliche Zusatz-Gutachten auf der Grundlage der Untersuchung erfolgte dann rund zwei Monate später unter dem 31. März 2019. Bis zum Gesamt-Gutachten Prof. U1. vom 1. Oktober 2019 vergingen noch einmal sechs Monate, ohne dass aktenmäßig ein besonderer Grund hierfür ersichtlich ist. Soweit nachvollziehbar gab es anscheinend Probleme in Organisation und Begutachtungsablauf bei der S1. B2. insbesondere in der Klinik des Prof. U1. . Die Zeitdauer von etwa einem Jahr und neun Monaten vom ersten Begutachtungsschritt mit Untersuchungen beim psychiatrischen Gutachter im Januar 2018 bis zum Abschluss des Gutachtens mit Datum Anfang Oktober 2019 ist als lang zu bezeichnen, überschreitet nach den Gegebenheiten dieses Falles jedoch nicht eine zulässige Gesamtdauer, die die Verwertbarkeit sowie inhaltliche Richtigkeit und Überzeugungskraft ausschließt bzw. durchgreifend infrage stellt. Dabei ist nach den gerichtsbekannten Verhältnissen im Klinikalltag bei einer Kombination aus drei wissenschaftlichen Teilgutachten aus verschiedenen medizinischen Sachgebieten mit hochprofilierten Klinikdirektoren als Gutachtern regelmäßig von einer längeren Bearbeitungszeit auszugehen. Bei drei derartigen Teilgutachten ist schon bei einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von vier Monaten mit einer Gesamtdauer von einem Jahr zu rechnen, wenn die Teilgutachten nicht parallel erstellt werden. Hier kam es im Jahr 2018 zu einer längeren Verzögerung beim Abwarten des augenärztlichen Zusatzgutachtens, wo allein sechs Monate ab Erteilung des Auftrags bis zur ambulanten Untersuchung verstrichen waren. Dies kann nur auf organisationsbedingtem und von Überlastung geprägtem Zeitablauf bei der Erstattung von Gutachten zurückgeführt werden. Gleiches gilt für die Verzögerung bis zur Fertigstellung des Gesamt-Obergutachtens des Prof. U1. von weiteren etwa sechs Monaten. Letztlich ist die zu erwartende Bearbeitungsdauer von rund einem Jahr bei ordentlichen Abläufen um etwa neun Monate überschritten, was der Verwertung hier nicht entgegensteht. Insbesondere wegen erkennbar vergleichsweise stabilen gesundheitlichen Verhältnissen beim Kläger mit im Grundsatz dauerhaften Einschränkungen durch die chronischen somatischen Erkrankungen im internistischen Bereich einerseits und die dauerhaft relativ nachteilige Situation durch den Keratokonus im Bereich des augenärztlichen Fachgebiets ist von sich wenig verändernden gesundheitlichen Verhältnissen beim Kläger auszugehen. Hierdurch hat der längere Zeitablauf bei der Gesamteinschätzung keine relevanten Auswirkungen auf die inhaltliche Richtigkeit. Auch im Bereich der psychiatrischen Begutachtung liegen keine Hinweise auf eine erhebliche Veränderung vor, die die Richtigkeit der Gesamteinschätzung ernsthaft infrage stellen würden. Auch der Kläger hat solches weder vorgetragen noch hierauf hinweisende Unterlagen vorgelegt. In Bezug auf den Zeitraum zwischen Januar 2018 und Oktober 2019 ist in psychischer Hinsicht keine erhebliche, insbesondere für die Leistungsfähigkeit des Klägers nachteilige, Veränderung ersichtlich.
155Auf der Grundlage dieser Einschätzung ist die damit für den Zeitpunkt Oktober 2019 valide und aus Sicht des Gerichts zutreffende sowie überzeugende Gesamteinschätzung zur Leistungsfähigkeit des Klägers als Steuerberater auch unter zeitlichen Gesichtspunkten für diese Gerichtsentscheidung aktuell immer noch aussagekräftig. Der Beklagte hat nach Eingang der Gesamt-Obergutachten bei ihm Mitte Oktober 2019 die ablehnende Entscheidung zügig herbeigeführt, intern Mitte Dezember 2019 entschieden, nach außen gegenüber dem Kläger wirksam mit dem Ablehnungsbescheid von Anfang Januar 2020. Nach der entsprechenden Klageerhebung ist die als ausgesprochen komplex und umfangreich zu bezeichnende Klage rund sechs Monate nach Vorliegen von Klagebegründung und Klageerwiderung zügig gefördert worden und kommt jetzt zur Entscheidung. Die nach dem Datum des Gesamt-Obergutachtens vom 1. Oktober 2019 weiter verstrichenen etwa 18 Monate stehen einer Entscheidung des Gerichts ohne Einholung eines eigenen Sachverständigengutachtens auf der Grundlage der Sachverständigengutachten im Verwaltungsverfahren nicht entgegen. Dieser Zeitraum ist zwar schon recht lang und addiert sich mit dem zeitlichen Ablauf in der Erstellung des Gutachtens, der dargestellt wurde. Im vorliegenden Einzelfall ist dies jedoch weniger bedeutsam als in anderen Fällen mit stärkerer auf die Gesundheit bezogener Veränderung. Auch hier ist von Bedeutung, dass in Bezug auf die medikamentös gut eingestellten und insgesamt sich – zum Glück – wenig verändernden somatischen Erkrankungen im internistischen Bereich sowie in Bezug auf die Augenerkrankung Keratokonus keine erheblichen Veränderungen zu erwarten sind. Es liegen hierfür auch keine aussagekräftigen Hinweise im Klageverfahren vor. Der am ehesten sich verändernde Bereich der psychischen Erkrankung in Gestalt eines depressiven Krankheitsbildes hat sich soweit ersichtlich seit Januar 2018 nicht wesentlich verändert. Gerade hierzu hat der Kläger nichts Gesondertes vorgetragen und es sind hierzu keine Unterlagen vorgelegt worden. Dies hätte bei erheblichen – insbesondere negativen – Veränderungen nahegelegen. Selbst wenn die von Prof. T2. diagnostizierte Dysthymia zeitweilig die Grenze zu einer rezidivierenden depressiven Störung mit leichter oder gelegentlich mittelgradiger Ausprägung erreicht haben sollte, ist nicht erkennbar, wieso dies am Gesamtergebnis etwas geändert hätte, da aus psychiatrischer Sicht von Prof. T2. eine vollschichtige Leistungsfähigkeit gesehen wurde. Die Untergrenze der Leistungsfähigkeit im Gesamt-Obergutachten von mindestens vier Stunden wurde sehr stark durch den Keratokonus definiert und ergab sich im Übrigen aus einer eingeschränkten Belastbarkeit aufgrund der Vielzahl somatischer internistischer chronischer Erkrankungen mit gewisser Leistungsminderung durch die psychische Erkrankung. Aus diesen Gründen reicht das Obergutachten vom 1. Oktober 2019 aus dem Verwaltungsverfahren dem Gericht auch zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. Eine weitere Sachverhaltsermittlung durch Einholung eines eigenen Sachverständigengutachtens durch das Gericht drängt sich nicht auf.
156Die Gesamteinschätzung der Leistungsfähigkeit von mindestens vier Stunden täglich im Obergutachten der Professoren U1. /T2. /X. findet Bestätigung im sowohl im Ergebnis als auch in den Diagnosen im Wesentlichen übereinstimmenden interdisziplinären Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren des Prof. Dr. med. L1. U. (Institut für W. – J. ), welches zu eben diesem Gesamtergebnis kommt. Das interdisziplinäre Gutachten vom 20. Juli 2017 besteht aus den Teilgutachten zum internistischen Fachgebiet vom 11. Juli 2017 (Prof. U. gemeinsam mit dem Internisten und Gastroenterologen Dr. med. B1. S. ) sowie dem neurologisch-psychiatrischen Teilgutachten vom 20. Juli 2017 (gemeinsam mit der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. med. I3. Q. ). Beide Teilgutachten gehen sehr ausführlich auf die im Verwaltungsvorgang des Beklagten durch Unterlagen ersichtliche Krankheits-Vorgeschichte des Klägers seit Anfang 2016 unter eingehender Auswertung aller vorliegenden Unterlagen und Befunde ein und erheben beim Kläger selbst seine eigene anamnestische Vorgeschichte nach seinen Angaben. Insofern wird eine erschöpfende Berücksichtigung aller vorliegenden Unterlagen zu den verschiedenen gesundheitlichen Einschränkungen eindrücklich erkennbar. Nach eigener internistischer Untersuchung am 3. Juli 2017 kommt das internistische Fachgutachten zu den im Tatbestand dargestellten im Wesentlichen mit dem (internistischen) Obergutachten übereinstimmenden Diagnosen. Auch internistisch wird die Augenerkrankung Keratokonus, die hier nur als Teil des internistischen Gutachtens erfasst und vorliegend über Unterlagen bewertet wird, als vorrangige Diagnose in Bezug auf die Einschränkung der Leistungsfähigkeit als Steuerberater gesehen. Andere internistische Diagnosen und chronische Erkrankungen werden in ihrem aktuellen Zustand mit aktueller Behandlung und Medikation sowie der Auswirkungen für die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers nachvollziehbar bewertet. Das internistische Teilgutachten schließt in Bezug auf die Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters die Vertretung von Mandanten vor Finanzgerichten sowie Durchführung von Außenprüfungen aus und hält Beratungen im Rahmen der Steuerdeklaration, im Rahmen der Steuerrechtsdurchsetzung sowie der Steuergestaltung und freiwillige Prüfungen für qualitativ unbeeinträchtigt möglich. Die Tätigkeit könne zwei Stunden am Stück ausgeübt werden, danach sei eine Pause von 30 Minuten erforderlich, vor allem wegen schneller Ermüdung insbesondere des rechten Auges. Insgesamt sei der Kläger noch in der Lage, die Tätigkeit eines Steuerberaters mindestens vier Stunden täglich und 20 Stunden wöchentlich auszuüben. Das quantitative Leistungsvermögen sei durch die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit limitiert. Diese Situation sei auch dauerhaft. Die dort noch gesehene mögliche Verbesserung durch eine operative Behandlung des rechten Auges stellte sich nach dem augenärztlichen Zusatzgutachten Prof. X. vom 31. März 2019 nicht mehr als möglich dar, da nach der Untersuchung für das internistische Gutachten Prof. U. / Dr. med. S. am 3. Juli 2017 der therapeutische Eingriff am rechten Auge zum Keratokonus in Gestalt des sog. Crosslinking am 6. Juli 2017 stattgefunden haben soll. Eine weitere Verbesserung könne nicht mehr hergestellt werden. Hier erklären sich die unterschiedlichen Einschätzungen zur Therapie der Augenerkrankung im internistischen Teilgutachten Prof. U. / Dr. S. im Vergleich mit dem augenärztlichen Zusatzgutachten Prof. X. .
157Das in gleicher Weise überzeugend und umfassend erstellte psychiatrisch-neurologische Teilgutachten kommt zum identischen Gesamtergebnis. Nach eingehender Auswertung der gesamten Aktenlage basiert es ebenfalls auf einer Untersuchung am 3. Juli 2017 und erhebt beim Kläger eine ausführliche anamnestische Vorgeschichte einschließlich aktueller psychischer Verfassung, Beschwerden und Behandlung. Nach einer ausführlichen ärztlichen Untersuchung mit neurologischem und psychischem Untersuchungsbefund werden auch zwei Testverfahren angewandt und das Gutachten kommt auf dieser Grundlage zu seinen Ergebnissen. Das psychiatrisch-neurologische Teilgutachten kommt zu der Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig mittel- bis schwergradiger Episode (ICD 10 F33.1) und zu einer Gesamteinschätzung des positiven und negativen Leistungsbildes des Klägers: Er sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten ohne höhere psychische Stressbelastung z.B. durch Termindruck und Unfallgefahr und mit wenig Belastung für die Sehfähigkeit (d. h. ohne Belastungsfaktoren für die Hornhaut) in Teilzeit durchzuführen. In Bezug auf die ausdifferenzierten Gutachtenfragen des Beklagten wird dies in Bezug auf die Vorbehaltsaufgaben eines Steuerberaters dahin konkretisiert, dass er vermehrte Regenerationsphasen bei reduzierter Stressresistenz benötige. Er sei in der Lage, Steuererklärungen und Aufstellung von Jahresabschlüssen durchzuführen und Privatpersonen hinsichtlich der Planung steuerrelevanter Sachverhalte zu beraten. Dabei sei er wegen einer verminderten Belastbarkeit sowie Schwierigkeiten, Termine sicher einhalten zu können, in Bezug auf den Aspekt Rechtsschutz beeinträchtigt, ebenso hinsichtlich der Vertretung von Mandanten vor Gericht. Freiwillige Prüfungen und Beratungen in Fragen der Steuergestaltung könnten prinzipiell durchgeführt werden. Er sei bei Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung auf ein hohes Maß an Flexibilität angewiesen durch die Sehbehinderung, die somatischen Beeinträchtigungen und reduzierte Stressresistenz. Insgesamt bestehe hierzu die Einschätzung, die verminderte Belastbarkeit des Klägers sei neben der Augenerkrankung durch die fragile Balance der somatischen Erkrankungen und die leichtere Erschöpfbarkeit im Rahmen der depressiven Erkrankung begründet. Dies ist eine nachvollziehbare und durchweg überzeugende Zusammenfassung der gesundheitlichen Probleme mit ihren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers.Aus der Augenerkrankung wird die Notwendigkeit einer Arbeitsunterbrechung von etwa 30 Minuten nach ca. zwei Stunden durchgehender Arbeit abgeleitet. Der depressiven Erkrankung und der daraus folgenden Erschöpfbarkeit wird eine deutlich verminderte Leistungsfähigkeit entnommen, die zu einer verminderten Stressresistenz führe, sodass aus psychiatrischer Sicht die jeweils mögliche zusammenhängende Arbeitsdauer in einem geschätzten Zeitraum von 3-4 Stunden liege, also oberhalb des durch die Augenerkrankung vorgegebenen Zeitraums. Im Hinblick auf die Kombination aus Augenerkrankung und depressiver Erkrankung solle deshalb eine tägliche Arbeitszeit von vier Stunden nicht überschritten werden. Zu therapeutischen Besserungsmöglichkeiten geht das Gutachten davon aus, dass die verminderte psychophysische Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit dem Muster der chronischen somatischen Erkrankungen und der psychischen Reaktionen darauf bestenfalls durch eine gute Bearbeitung der zugrunde liegenden seelischen Belastungsfaktoren stabil gehalten werden könne; von einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Sinne einer Rückkehr zur Vollzeittätigkeit sei nicht auszugehen. Der Unterschied der Diagnosen zwischen dem neurologisch-psychiatrischen Teilgutachten Prof. U. / Dr. Q. mit einer rezidivierenden depressiven Störung bei gegenwärtig mittelgradiger oder schwergradiger Episode und der vom psychiatrischen Obergutachten Prof. T2. gesehenen Dysthymia begründet sich nach Einschätzung des Gerichts aus einer tatsächlichen Veränderung der psychischen Befindlichkeit des Klägers, die von den jeweiligen Gutachtern zu verschiedenen Untersuchungszeitpunkten jeweils zutreffend eingeschätzt wurde, weil sie sich tatsächlich verändert haben dürfte. Augenscheinlich hatte die Wiedereingliederung des Klägers in den Arbeitsprozess durch Aufnahme der Tätigkeit als Referent im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung …….., C6. in I5. , Beamter auf Probe als Regierungsrat im höheren Dienst) eine stabilisierende und positive Auswirkung auf die psychische Befindlichkeit des Klägers. Vorherige Selbstzweifel, Verunsicherung und negative Selbstbilder traten anscheinend zurück. Zugleich ist festzuhalten, dass das interdisziplinäre Gutachten Prof. U. vom 20. Juli 2017 insgesamt zur Leistungsfähigkeit von vier Stunden täglich im Beruf als Steuerberater kam, auch bei der schwereren psychischen Diagnose und in diesem Bereich verminderter Leistungsfähigkeit. Gemeinsam mit der Augenerkrankung hielt jenes Gutachten vier Stunden täglich für möglich, ebenso wie das Obergutachten Prof. U1. vom 1. Oktober 2019 (im letzteren Falle: mindestens vier Stunden). Dieses berücksichtigte zwar eine günstigere psychische Diagnose, kam aber in Anbetracht der Augenerkrankung und der Vielfalt chronischer somatischer Erkrankungen im Zusammenhang mit der depressiven Symptomatik ebenfalls zu einer Leistungsfähigkeit von (mindestens) vier Stunden täglich. Insofern mag das Obergutachten auch die Ergebnisse der Vorgutachten im Sinne der Betrachtung der Entwicklung über einen längeren Zeitraum einbezogen haben, was sich auch der ausführlichen Darstellung der Vorgutachten in den jeweiligen Obergutachten entnehmen lässt. In der Zusammenschau bestätigen jedenfalls diese Gutachten das übereinstimmend genannte Gesamtergebnis zur Leistungsfähigkeit des Klägers von (mindestens) vier Stunden täglich und mindestens 20 Stunden wöchentlich im Beruf des Steuerberaters.
158Dass für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum ab Januar 2018 bis aktuell die weniger schwerwiegende psychische Diagnose einer Dysthymia für den Kläger bei der durchgehenden und für ihn anscheinend in psychischer Hinsicht positiv wirksamen Vollzeit-Beschäftigung im höheren Dienst des Bundes eine gültige und seinem Beschwerdebild angemessene diagnostische Beschreibung sein dürfte, wird auch durch eine Selbsteinschätzung des Klägers bestätigt. In der von ihm mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. April 2021 vorgelegten Selbstauskunft mit Datum vom 20. März 2021 in einem Sozialrechtsstreit über einen höheren Grad der Behinderung S 29 SB 343/21 gibt der Kläger bei den aktuell vorliegenden Erkrankungen zu Ziffer 2.j) eine „affektive Störung im Sinne einer Dysthymia“ an (Gerichtsakte Bl. 198). Beim Kläger, der sich mit seinen Erkrankungen und der medizinischen Fachterminologie aus den verschiedenen Fachgebieten sehr gut auskennt und diese nach Aktenlage zutreffend und kundig verwendet, hat dies Aussagekraft. Es hat mithin zumindest indizielle Bedeutung für den Verlauf seiner psychischen Befindlichkeit bis aktuell. Anderes hat der Kläger nicht vorgetragen. Zu der nach Aktenlage im Frühjahr 2017 begonnenen psychotherapeutischen Behandlung hat er nichts Näheres vorgetragen, ebenso wenig wie zu einer etwaigen psychiatrischen Behandlung (durch Prof. Dr. B. oder andere). Dies spricht gegen eingetretene, insbesondere negative, Veränderungen im psychischen Bereich.
159Das ärztliche Gutachten der Prof. Dr. med. H. B. vom 19. April 2017 einschließlich Ergänzungen vom 8. Mai 2017 und 12. Juni 2017 überzeugt gegenüber den zuvor erörterten Sachverständigengutachten nicht. Zunächst ist Prof. Dr. B. als Oberärztin der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum E. und Ärztin für Neurologie sowie Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie allein für das neurologische sowie psychiatrische Fachgebiet einschließlich Psychotherapie gut qualifiziert und für den gesamten sonstigen Bereich der chronischen internistischen Erkrankungen und insbesondere auch der Augenerkrankung keine geeignete und qualifizierte Gutachterin. Zudem erfüllen die von ihr stammenden genannten Schriftstücke kaum die Ansprüche an ein ärztliches Gutachten sondern sind eher kurze ärztliche Stellungnahmen. Das ursprüngliche „Gutachten“ vom 19. April 2017 führt (inhaltlich im Grunde auf zwei Seiten) wesentliche internistische Diagnosen des Klägers auf und zeigt die Entwicklung mit HIV-Infektion und Krebserkrankung sowie Keratokonus und Diabetes auf, einschließlich erfolgter Behandlungen. Daraus werden apodiktisch Leistungsminderungen ohne nähere Begründung abgeleitet, wobei auch eine benannte Untersuchung durch Prof. B. nicht mit Datum bezeichnet und auch in ihren Einzelheiten oder wesentlichen Ergebnissen nicht detailliert dargestellt wird. Es ist überhaupt nicht klar, woher Prof. B. ihr Wissen hat und wie sie ihre Schlüsse zieht. Sie äußert sich im ursprünglichen Gutachten allein zu außerhalb des neurologischen und psychiatrischen Fachgebiets liegenden Erkrankungen und die Herkunft ihrer Kenntnisse der Person des Klägers und seines Gesundheitszustandes – also des Gegenstandes der Begutachtung – bleibt offen.Erkennbar ist sie zudem auch Behandlerin des Klägers, der sie z.B. in der Selbstauskunft gegenüber dem Sozialgericht vom 20. März 2021 für den Bereich Nervenarzt zu Ziff. 3.d) benennt (Gerichtsakte Bl. 198). Auch schon vor der Stellungnahme der Prof. B. vom 19. April 2017 hatte der Kläger beim Beklagten eine von Prof. B. augenscheinlich als Behandlerin erstellte Bescheinigung vom 29. November 2016 mit dem Ergebnis der Einschätzung einer Berufsunfähigkeit mit seinem für dieses Klageverfahren entscheidenden BU-Antrag vom 12. Dezember 2016 vorgelegt. Nach allgemeinen Regeln der ärztlichen Kunst und des Gutachtenwesens ist ein behandelnder Arzt regelmäßig für die Gutachter-Rolle ausgeschlossen. Hier ist nichts dafür ersichtlich, warum von dieser Grundregel abgewichen werden sollte. Ausnahmsweise könnte sie Gutachten erstellen, wenn es nicht anders möglich wäre und sichergestellt ist, dass der im Grundsatz bestehende Interessen- und Rollenkonflikt zwischen der Rolle als Behandler und derjenigen als Gutachter unter Kontrolle ist. Hier ist das Gutachten aber auch nach allen anderen Gesichtspunkten wenig aussagekräftig und nicht überzeugend. Auch die zwei weiteren Stellungnahmen auf Nachfrage des Beklagten tragen zu diesem Gesamteindruck bei. Prof. B. scheint darum bemüht, das dem Kläger, ihrem Patienten, günstige Ergebnis unbedingt zu begründen. Das zeigt sich schon daran, dass sie in der ersten Stellungnahme vom 19. April 2017 und der ersten Ergänzung vom 8. Mai 2017 jeweils ein Ergebnis auswirft, das nach ihrem Eindruck für Berufsunfähigkeit reichen soll. Auf den Hinweis des Beklagten, dass dies nicht reiche, bessert sie jeweils nach und kommt nach der Angabe „3 Stunden täglich möglich“ im Schreiben vom 8. Mai 2017 dann auf Nachfrage und nachgebessert in der Stellungnahme vom 12. Juni 2017 zu dem aus Sicht des Beklagten für Berufsunfähigkeit nach dessen Anfrage gegenüber Prof. B. ausreichenden Urteil, der Kläger sei nur noch max. zwei Stunden pro Tag arbeitsfähig. Die hierfür nachgeschobene Begründung, die depressive Erkrankung sei zuvor nicht erwähnt worden, weil von erfolgreicher psychotherapeutischer Behandlung ausgegangen worden sei, wirkt vorgeschoben, nachdem diese Erkrankung zuvor in keiner Weise überhaupt Erwähnung fand. Darüber hinaus ist auch nicht begründet, warum die depressive Erkrankung die Leistungsfähigkeit von drei auf max. zwei Stunden täglich reduzieren soll. Auch die Auswirkungen der somatischen Erkrankungen auf die Leistungsfähigkeit und die hieraus folgende Einschränkung auf drei Stunden täglich wird nicht nachvollziehbar begründet. Die Stellungnahmen der Prof. B. haben aber schon aus den verschiedenen anderen vorgenannten Gründen nur geringes Gewicht gegenüber den sehr aussagekräftigen, fachkundigen, aufwendigen weiteren (wirklichen) Sachverständigengutachten im Verwaltungsverfahren, die vorstehend detailliert erörtert wurden. Die mangelnde Fachkompetenz für die internistischen Erkrankungen des Klägers bei Prof. B. zeigt sich auch darin, dass die aus Sicht aller anderen Gutachter zur Leistungsminderung des Klägers im Vordergrund stehende Augenerkrankung am Keratokonus in der Stellungnahme vom 19. April 2017 zwar erwähnt, aber bei den als leistungsmindernd beschriebenen chronischen Erkrankungen (Seite 3 der Stellungnahme) nicht aufgeführt ist. Die nachfolgenden ergänzenden Stellungnahmen holen dies ebenfalls nicht nach.
160Auch alle sonstigen im Verwaltungsvorgang vorhandenen sowie im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen begründen keine durchgreifenden Zweifel an der Überzeugungskraft des Obergutachtens Professor U1. /T2. /X. vom 1. Oktober 2019. Zugleich weisen diese – insbesondere die kurz vor der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 23. April 2021 eingereichten vielfältigen Anlagen – nicht auf nachträglich eingetretene nachteilige Veränderungen der Leistungsfähigkeit des Klägers in erheblicher Weise bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hin, die noch zu berücksichtigen wären oder Anlass für weitere Sachverhaltsermittlungen sein könnten. Eine Leberbiopsie in der Uniklinik C1. von November 2019 weist nicht auf erhebliche negative Veränderungen seiner Lebererkrankung hin. Die sodann erkennbare gewisse Gewichtszunahme (bei schon zuvor bestehender Adipositas) mit darauf gründendem Reha-Antrag von Januar 2020, die auch zu einem Klinik-Aufenthalt von Ende August bis Mitte September 2020 in der G2. -Klinik in Bad T3. mit Ziel von Gewichtsreduzierung, Ernährungsverbesserung usw. führte, hat keine erhebliche Bedeutung. Der Aufenthalt in der B3. klinik in C9. Anfang Mai 2020 diente bei Problemen mit der Einstellung der Insulinbehandlung des Diabetes gewissen Umstellungen, weist jedoch nicht auf erhebliche negative Veränderungen hin und drückt eine sinnvolle Lösung von Detailproblemen zu dieser Erkrankung aus. Der Bericht über eine PET in der Uniklinik L. im Mai 2020 steht im Zusammenhang mit der Krebs-Nachsorge/-Vorsorge zum früheren Hodgkin-Lymphom; hier wird nach Durchführung von Untersuchungen, auch CT Hals/Thorax/Abdomen, ein Hinweis auf ein Rezidiv verneint. Der Bericht über eine endoskopische Nasennebenhöhlen-Operation in der D4. in C8. im Juli 2020 hat keine erhebliche Bedeutung. Die entsprechenden Untersuchungen zu seiner Leber in der Inneren Abteilung der D4. zur Nephrologie von Ende Juli 2020 weisen auf seine bereits bekannten Leberprobleme hin, die weiterhin aber nicht bedrohlich werden und sich im Bereich des vorher Bekannten bewegen. Das Blutbild mit Werten von Mitte Juli 2020 enthält vom Internisten die Empfehlung von Vitamin B12 und einem Präparat Testotop; das ist hier nicht von erheblicher Bedeutung. Die Nachuntersuchung für die F. -Versicherung zur Berufsunfähigkeit vom 21. Dezember 2020 durch die Uniklinik C1. ist insofern interessant, weil neben Leistungsaspekten mit 100 % Berufsunfähigkeit die Berufsunfähigkeit für den Kläger in Bezug auf Bildschirmarbeit auf 50 %, zur Steuerdeklaration mit nur 20 % und hinsichtlich der Erstellung von Gutachten mit 30 % bewertet wird. Dies weist auf für den Kläger als Steuerberater mögliche Vorbehaltsaufgaben in einem Umfang hin, der mit dem Ergebnis des Obergutachtens vom 1. Oktober 2019 nicht in Widerspruch steht. Zugleich wird dort als Gesamteinschätzung als positives Leistungsbild benannt: Vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten in leidensgerecht wechselnden Haltungen; hinsichtlich geistiger Belastung könne im Rahmen der Schwerbehinderung ein überschaubares Aufgabenfeld in ruhiger Arbeitsatmosphäre ohne ausgeprägten Zeit und Leistungsdruck bearbeitet werden. Auch der Widerspruchsbescheid des BAPersBw vom 8. April 2021 zur Kostenübernahme der Rehabilitation in der G2. -Klinik und insbesondere Restkosten nach Beihilfe und Versicherung entscheidet im Ergebnis negativ zulasten des Klägers, weil die Maßnahme schon vor Entscheidung über die Kostenübernahme angetreten worden sei; daneben wird davon gesprochen, dass der Kläger derzeit in vollem Umfang dienstfähig sei. Dies wird auf ein innerhalb der Wehrverwaltung erstelltes Gutachten vom 8. Juli 2020 (C7. IuD III 4 PuVD) gestützt, wonach der Kläger weder dienstunfähig, noch begrenzt dienstfähig, sondern wie bisher dienstfähig sei. Es wird von Dienstfähigkeit bei bekannten gesundheitlichen Einschränkungen gesprochen, was vor dem Umstand passt, dass der Kläger mit der Vielzahl der nach den hiesigen Unterlagen bei ihm sicher vorliegenden erheblichen chronischen gesundheitlichen Einschränkungen gleichwohl in Vollzeit als Beamter des höheren Dienstes, derzeit als Oberregierungsrat, tätig ist.
161Allen vom Beklagten eingeholten Gutachten, die oben eingehend erörtert wurden, kann – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht entgegengehalten werden, dass der Beklagte den Gutachtern keine ausreichenden Vorgaben für die Erledigung des Gutachtenauftrags gemacht habe. Die Vorgaben des Beklagten für die Gutachter sind aus Sicht des Gerichts – auch im Vergleich mit der gerichtsbekannten Praxis anderer Versorgungswerke der freien Berufe – sehr gut (vergleiche z.B. Verwaltungsvorgang, Beiakte 2, Bl. 399 ff.): Zum einen werden aussagekräftige und die maßgeblichen Gesichtspunkte in Bezug auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit eines Mitglieds eines Versorgungswerks in Verbindung mit dem rechtlich geprägten und in der Lebenswirklichkeit vorhandenen Berufsbild der Steuerberater umfassende Gutachtenfragen zur Beantwortung durch die Gutachter gestellt. Sodann ist ein für einen nicht zum Berufsfeld der Steuerberater gehörigen Außenstehenden verständliches Berufsbild der Steuerberater beigefügt und sodann eine Liste der Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater gemäß § 33 StBerG sowie der mit dem Beruf der Steuerberater vereinbaren Aufgaben gemäß § 57 Abs. 3 StBerG nebst weiteren Aufgaben, Arbeitsbedingungen im Regelfall und Erläuterungen zur Fortbildungspflicht angehängt. Insbesondere die Vorbehaltsaufgaben sind gut nachvollziehbar in vier grundlegende Bereiche aufgegliedert, die jeweils mit wirklichkeitsnahen und für den Außenstehenden verständlichen Unterpunkten versehen sind und auf diese Weise vorstellbar und bildhaft werden. Mehr als dies kann an Vorgaben unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gefordert werden.
162Bei allem ist insbesondere nach dem psychiatrischen Obergutachten Prof. T2. einschließlich der testpsychologischen Zusatzuntersuchung erkennbar, dass die kognitiven Fähigkeiten des Klägers und insbesondere die Exekutivfunktionen nach eingehender Testung weiterhin ausreichend vorhanden sind. Gerade diese Begutachtung verdeutlicht, dass der Kläger trotz aller nachvollziehbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen jedenfalls zu Teilbereichen aus den Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater intellektuell und nach allen kognitiven Fähigkeiten noch in der Lage ist, auch wenn seine gegenwärtige Verfassung aus seiner Sicht gegenüber seinen früheren Möglichkeiten ein Rückschritt sein mag. Dann ist aber keine Berufsunfähigkeit als Steuerberater festzustellen.
163Aus Sicht des Gerichts liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich diese Einschätzung zur Leistungsfähigkeit des Klägers für das Berufsbild der Steuerberater bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in entscheidungserheblicher Weise verschlechtert hätte. Die mit Schriftsatz vom 23. April 2021 vorgelegten Unterlagen weisen – wie vorstehend dargestellt – nicht auf eine solche Entwicklung hin und geben keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Ebenfalls hat sein Bevollmächtigter für den nicht anwesenden Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung vorgetragen.
164Insbesondere die tatsächlich vom Kläger ausgeübten beruflichen Tätigkeiten seit Januar 2018 bis aktuell sind – neben den die Entscheidung isoliert tragenden Sachverständigengutachten aus dem Verwaltungsverfahren – ein starkes Indiz dafür, dass die Einschätzung, er könne noch mindestens vier Stunden täglich als Steuerberater tätig sein, jedenfalls nicht zu hoch gegriffen ist, da der Kläger eine Vollzeittätigkeit als Beamter auf Lebenszeit im höheren Dienst ausgeübt hat und bis heute ausübt: Zunächst als Referent Controlling beim C6. in I5. im Geschäftsbereich des C7. , sodann im Aufstellungsstab der D3. des C7. in C8. und anschließend beim Bundesaufsichtsamt ….. in M. . Wenn der Kläger jenen – sicher im Vergleich zu seinen früheren herausgehobenen Positionen weniger fordernden und damit gesundheitlich besser verträglichen – Dienstposten bzw. dienstlichen Verwendungen im Wesentlichen gerecht werden konnte und kann, ist nicht ersichtlich, warum eine Halbtags-Tätigkeit als Steuerberater mit gewisser Geduld und Kreativität beim Finden eines weniger fordernden und belastenden Arbeitsplatzes sowie auch mit etwaigem Gehaltsverzicht als Ausgleich für geringere Stressbelastung und Leistungsfähigkeit für den Kläger im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten nicht leistbar sein sollte.
165Eine andere Einschätzung zur Berufsunfähigkeit des Klägers ist entgegen seiner Auffassung auch weder deshalb geboten, dass eine berufliche Rehabilitation durch den Kostenträger befürwortet wurde, welcher davon ausging, dass die bisherige Tätigkeit als Steuerberater nicht mehr möglich sei, noch weil die privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen seit 2013 von Berufsunfähigkeit ausgehen und entsprechende Leistungen erbringen, trotz einer Nachuntersuchung im Dezember 2020. Sowohl im Bereich des SGB III als auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um ein vollständig anderes System mit anderen Maßstäben, weshalb eine Bindung an dortige Entscheidungen oder auch nur deren Indizwirkung ausschließt. Auch die privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen unterliegen anderen Regeln, insbesondere reicht dort regelmäßig eine Berufsunfähigkeit von 50 % und Bezugspunkt ist die jeweils letzte konkret ausgeübte Tätigkeit. Beides gilt nach den dargestellten Maßstäben nicht für die Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 17 StBVS.
166Auf der Grundlage dieser Feststellungen zum Sachverhalt ist eine dauerhafte Berufsunfähigkeit des Klägers als Steuerberater nicht festzustellen. Wenn er mindestens vier Stunden täglich an fünf Werktagen in der Woche als Steuerberater tätig sein kann, ist die Untergrenze der Berufsfähigkeit nicht unterschritten. Von einer fehlenden Arbeitsmarktgängigkeit kann beim Kläger im Grundsatz schon angesichts seiner seit 2018 ausgeübten Vollzeit-Tätigkeit als Lebenszeitbeamter des höheren Dienstes in der X2. und im Bereich der G3. nicht die Rede sein. Diese Tätigkeiten sprechen jedenfalls dafür, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers als Steuerberater mit mindestens vier Stunden täglich nicht zu hoch angesetzt ist. Ob es die Frage aufwirft, ob jene Einschätzung zu gering liegt und dem Kläger mehr möglich ist, ist hier ohne Bedeutung, da bei Leistungsfähigkeit für mindestens vier Stunden täglich als Steuerberater Berufsunfähigkeit im Sinne von § 17 StBVS ausscheidet. Es bedarf deshalb keiner Ermittlungen zu der Frage, ob die vom Kläger seit Anfang 2018 ausgeübte Tätigkeit als Beamter des höheren Dienstes in der X2. und im Bereich der G3. unmittelbar „eins zu eins“ der Tätigkeit als Steuerberater gleichzustellen ist. Eine solche Annahme trifft das Gericht nicht und setzt diese Tätigkeiten nicht gleich, weil es darauf nicht ankommt.
167Weil dies nicht entscheidungserheblich ist, ist der Hilfsbeweisantrag des Klägers zur Verschiedenheit der Tätigkeit als Beamter und der Tätigkeit als Steuerberater abzulehnen, weil die von ihm benannte Beweistatsache als wahr unterstellt werden kann. Das Gericht kommt zur Abweisung der Klage aufgrund der vorliegenden Gutachten zur Berufsfähigkeit des Klägers, die die Abweisung tragen.
168Ebenso war der Hilfsbeweisantrag in Bezug auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Berufsfähigkeit des Klägers abzulehnen, weil dem Gericht mit den Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren, insbesondere dem Obergutachten vom 1. Oktober 2019 unter Berücksichtigung der Teilgutachten Prof. U1. /T2. /X. aussagekräftige Gutachten vorliegen, die nach dem Vorstehenden verwertbar sind, in Bezug auf die keine Rechtsfehler vorliegen, und die dem Gericht die erforderliche Fachkunde vermitteln. Auf § 412 ZPO i.V.m. § 98 VwGO kommt es insofern nicht an, weil dies nur die Frage eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens nach bereits vorliegendem gerichtlichen Sachverständigengutachten regelt. Die Maßstäbe für die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nach einem (verwertbaren) Sachverständigengutachten aus dem Verwaltungsverfahren sind jedoch materiell im Ergebnis im Wesentlichen identisch,
169vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2020, a. a. O.
170Ein gerichtliches Sachverständigengutachten war deshalb nicht erforderlich und der Hilfsbeweisantrag infolgedessen abzulehnen. Auch eine weitere Sachverhaltsermittlung von Amts wegen drängte sich nicht auf.
171Ob es dem Kläger tatsächlich gelingen wird, auf dem Arbeitsmarkt eine Stelle als Steuerberater mit einem Umfang von 20 Wochenstunden/vier Stunden täglich zu finden, die sich dabei möglichst auch auf stressarme Tätigkeiten ohne Termin- und Leistungsdruck beziehen sollte, ist dabei nicht entscheidungserheblich. Die Satzung des Beklagten deckt nur das Risiko ab, aus gesundheitlichen Gründen aus der Tätigkeit als Steuerberater kein hinreichendes Einkommen zu haben. Nicht erfasst ist das Risiko, auf dem vorhandenen Arbeitsmarkt nicht zum Zuge zu kommen, solange dieser generell geeignete Betätigungsmöglichkeiten auch für solche Steuerberater bietet, die nur Teilbereiche des Berufsbildes und gegebenenfalls in Teilzeit abdecken können,
172vgl. OVG Münster, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 5 A 2437/06 -, zitiert nach juris (zu Architekten).
173Dies gilt auch für die Satzung des Beklagten, da die Versorgungswerke nach gleichen Grundstrukturen und Regelungszwecken funktionieren. Es ist hier kein Grund dafür ersichtlich, dass es in Bezug auf den Beklagten anders sein sollte.
174Dass entsprechende Teilzeitstellen für Steuerberater mit eingeschränktem Tätigkeitsspektrum nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen und sie allenfalls ausnahmsweise als sog. Nischenarbeitsplätze existieren, ist aber nicht feststellbar. Werden durch den Tätigkeitsbereich, die tägliche bzw. wöchentliche Arbeitszeit und die Gestaltung des Arbeitsplatzes für den Kläger Stress und Zeitdruck vermieden und Pausen sowie andere für ihn erforderliche Umstände ermöglicht (insbesondere die Hilfsmittel für die Augenerkrankung), kann er entsprechende Stellen im Grundsatz finden. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger nicht in den von ihm früher ausgeübten hervorgehobenen Positionen mit ausgesprochener Spezialisierung und soweit erkennbar außergewöhnlich guter Bezahlung aufgrund von Fachkompetenz und hoher Leistung bei Leistungsdruck, Stressbelastung und anderem mehr tätig werden kann. Er wird sich auf ein eingeschränktes Tätigkeitsfeld beschränken und angesichts verminderter Belastungsfähigkeit auch ein nicht nur im Hinblick auf die Teilzeittätigkeit sondern auch in Bezug auf seine zu erwartende Leistungsfähigkeit reduziertes Einkommen akzeptieren müssen, weil er anderes nicht mehr gesundheitlich schaffen dürfte. Dies ist für ihn nachvollziehbar unerfreulich, aber seiner Gesundheit geschuldet. Dass er derzeit in Vollzeit unter Verzicht auf besonders herausgehobene Positionen und mit verringerten Anforderungen als Beamter des höheren Dienstes – mit entsprechend geringerem Einkommen als früher – tätig sein kann, verdeutlicht, zu was er bei reduzierten Anforderungen in der Lage ist. Ähnliches dürfte bei Halbtags-Tätigkeit auch als Steuerberater für ihn möglich sein. Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung auch ein Tätigkeitsfeld umschrieben, in dem der Kläger bei geringeren Anforderungen und ohne für ihn nicht zu bewältigenden Stress tätig sein könnte. Dass dies nicht zu existenzsicherndem Einkommen führen könne, ist nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger auf arbeitsrechtlicher Grundlage argumentiert, die besonderen Anforderungen an seinen Arbeitsplatz und die Erbringung seiner Arbeitsleistung mit Pausen jeweils nach zwei Stunden kontinuierlicher Tätigkeit sowie außerhalb geschlossener Räume, lasse sich nicht realisieren, überzeugt dies nicht. Warum dies auf individualvertraglicher Ebene und in Einzelabstimmung mit einem potenziellen Arbeitgeber (im Angestelltenverhältnis) bei etwaig notwendigem Gehaltsverzicht nicht rechtlich oder tatsächlich möglich sein sollte, ist nicht erkennbar. Ob der Kläger für sich in einer freiberuflichen Tätigkeit oder im Angestelltenverhältnis – gegebenenfalls auf Stundenbasis – die Realisierung der für ihn möglichen Arbeitsleistung als Steuerberater anstrebt, ist seiner Einschätzung und Entscheidung überlassen. Zugleich geht der Einzelrichter zum einen davon aus, dass der Kläger bei einer lediglich etwa halbschichtigen Tätigkeit als angestellter Steuerberater mit eingeschränktem Aufgabenbereich ohne besondere Stressbelastung oder Leistungsdruck weniger Ausfalltage haben dürfte als es derzeit im Vollzeit-Beamtenverhältnis bei ihm der Fall zu sein scheint. Zum anderen sind die nach seinen Angaben sehr zahlreichen Arzttermine für die erfolgreiche Einstellung, Kontrolle und Balance der vielfältigen Erkrankungen bei einer Teilzeit-Tätigkeit besser mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinbaren, weil es dann möglich sein dürfte, die Arzttermine in Zeiten ohne Arbeitsverpflichtung zu legen. Hierdurch dürften sich zwei von ihm als Problem in seinen Arbeitsverhältnissen der letzten Jahre geschilderte Schwierigkeiten mit einiger Wahrscheinlichkeit (überwiegend) erledigen. Die Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit durch die Kombination vielfältiger und nicht unerheblicher chronischer internistischer Erkrankungen wird in den Sachverständigengutachten, die das Gericht seiner Einschätzung zugrunde legt, in nicht geringem Umfang berücksichtigt, weil die in psychischer Hinsicht nach dem Obergutachten vom 1. Oktober 2019 (auf der Grundlage Obergutachten Prof. T2. ) mögliche vollschichtige Tätigkeit deshalb auf eine etwa halbschichtige (mindestens vier Stunden täglich) Leistungsfähigkeit reduziert wird.
175Bei allem ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht gezwungen ist, eine vorstehend erörterte, seiner Leistungsfähigkeit soweit erkennbar entsprechende Tätigkeit zu suchen, zu finden und auszuüben. Er kann weiter als Beamter auf Lebenszeit im höheren Dienst tätig bleiben. Er kann lediglich nicht vom Beklagten die begehrte Rente wegen Berufsunfähigkeit erhalten. Dies ist im Interesse der dortigen Versichertengemeinschaft für ihn in seiner derzeitigen Situation nach den Regelungen des § 17 StBVS ausgeschlossen.
176Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
177Rechtsmittelbelehrung:
178Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
179Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
180Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
181Die Berufung ist nur zuzulassen,
1821. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1832. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1843. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1854. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1865. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
187Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
188Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
189Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
190Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
191Beschluss:
192Der Streitwert wird auf 211.954,22 Euro festgesetzt.
193Gründe:
194Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 14.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 erfolgt. Zur Begründung wird auf den Beschluss vom 5. Februar 2020 und die Angaben im Schriftsatz des Beklagten vom 4. Februar 2020 Bezug genommen,
195vgl. zu den Maßstäben: OVG NRW, Beschluss vom 1. April 2016 – 17 E 245/16 –.
196Rechtsmittelbelehrung:
197Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
198Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
199Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
200Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
201Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
202War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.