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rechtmäßig versagte Zulassung zu einem Erweiterungskurs
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
2Der am 30. Juli 2021 wörtlich gestellte, sich auf die S. T. Europaschule (Gesamtschule) in X. beziehende Antrag,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig am Unterricht der E-Ebene in den Fächern Mathematik und Deutsch ab der Klasse 10 teilnehmen zu lassen,
4hat keinen Erfolg; er ist unbegründet.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) das Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
6Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Schüler zu einem Erweiterungskurs zuzulassen ist, sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Auch § 19 Abs. 4 der Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I (APO-S I) setzt allein die Existenz derartiger Kurse voraus, ohne die Zulassung zu diesen zu normieren. In Übereinstimmung mit Ziffer 19.4.1 Satz 3 der Verwaltungsvorschrift (VVzAPO-S I) zu § 19 Abs. 4 APO-S I ist davon auszugehen, dass die Zuweisungsentscheidung durch die Klassenkonferenz (§ 71 Abs. 1 Schulgesetz NRW (SchulG NRW)) zu treffen ist,
7vgl. VG Köln, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – 10 L 2242/16 –, juris, Rn. 6,
8die (auch im Übrigen) gemäß § 71 Abs. 2 SchulG NRW die Entscheidungen über die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Klasse, über Zeugnisse, Versetzungen und Abschlüsse sowie über die Beurteilung des Arbeitsverhaltens und Sozialverhaltens trifft. Bei der danach durch die Klassenkonferenz zu treffenden Entscheidung über die Aufnahme eines Schülers in einen Erweiterungskurs handelt es sich um eine fachlich-pädagogische Entscheidung, bei der der Klassenkonferenz ein Beurteilungsspielraum zukommt, in den die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise und nur in Einzelfällen eingreifen dürfen.
9OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 – 19 B 431/13 –, juris, Rn. 3; VG Köln, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – 10 L 2242/16 –, juris, Rn. 6 m.w.N.
10Die Klassenkonferenz überschreitet ihren prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum nur dann, wenn sie einen Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt oder sonst willkürlich handelt.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 19 B 971/14 –, juris, Rn. 2.
12Gemessen daran ist die Entscheidung der Klassenkonferenz, den Antragsteller in den – bereits im zweiten Halbjahr der Klassenstufe 9 besuchten – Grundkursen Deutsch und Mathematik zu belassen, nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klassenkonferenz den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hätte. Die Klassenkonferenz war insbesondere nicht allein deswegen gehalten, den Antragsteller zum Erweiterungskurs zuzulassen, weil dieser in den Fächern Deutsch und Mathematik jeweils die Note „befriedigend“ erhalten hat. Denn bei einer Entscheidung über die Teilnahme an einem Erweiterungskurs ist über die Note hinaus unter anderem die Entwicklung des Lernverhaltens zu berücksichtigen.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 – 19 B 431/13 –, juris, Rn. 4; VG Köln, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – 10 L 2242/16 –, juris, Rn. 10.
14Dies sieht auch Ziffer 19.4.1 Satz 3 VVzAPO-S I vor, wonach die Aufnahme in einen Erweiterungskurs mindestens befriedigende Leistungen voraussetzt. Aus der Verwendung des Begriffs „mindestens“, folgt, dass lediglich das Erreichen befriedigender Leistungen nicht zwangsläufig zur Zuweisung zu einem Erweiterungskurs führen soll, sondern dass die Klassenkonferenz auch weitere Umstände berücksichtigen darf.
15Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 21. April 2017 – 18 L 934/17 – und vom 6. Oktober 2016 – 18 L 3071/16 –, jeweils n.v.
16Derartige Umstände sprechen hier gegen die begehrte Zulassung des Antragstellers zu den Erweiterungskursen in den Fächern Deutsch und Mathematik in Form der Aufstufung. Insoweit ist im Protokoll der Zeugniskonferenz für die vom Antragsteller besuchte Klasse 9e betreffend das 2. Halbjahr des Schuljahres 2020/2021 vermerkt, dass der Antragsteller sich allgemein eher verschlechtert als verbessert habe. Des Weiteren haben der Abteilungsleiter II, Herr N. H. , in seiner Stellungnahme zur Nichtaufstufung des Antragstellers und ergänzend der Antragsgegner in der Antragserwiderung vom 9. August 2021 ausgeführt, die Fachkollegen und der Klassenlehrer hätten ihn in dienstlichen Gesprächen immer wieder darüber informiert, dass der Antragsteller wenig Leistungsbereitschaft zeige. Er habe sich aus vielen Formen der Erbringung von Leistungsnachweisen im Unterricht weitgehend zurückgezogen und Angebote der Lehrkräfte nicht genutzt. Die mangelnde Bereitschaft habe bis hin zur Leistungsverweigerung geführt. So sei der Antragsteller während des Onlineunterrichts zum Teil „verschwunden“ (leerer Stuhl während des Distanzunterrichtes). Speziell in den Fächern Deutsch und Mathematik hätten gegen eine Zulassung zum Erweiterungskurs neben der Notenlage der fehlende Einsatz des Antragstellers im Unterricht, deutliche fachliche Defizite sowie das Fehlen der für eine Aufstufung erforderlichen Kompetenzen gesprochen. Auch habe insgesamt die Sorge bestanden, der Antragsteller könne im Falle der Zulassung zu den begehrten Erweiterungskursen in eine Überforderungssituation geraten.
17Das Gericht sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Ausführungen zu zweifeln. Insbesondere hat der Antragsteller diesen in der Sache nichts Substanzielles entgegengebracht. Soweit er geltend macht, die Ursache der Verschlechterung seiner Leistungen habe in der Erteilung von Distanzunterricht gelegen und es stehe außer Zweifel, dass er im Wege der Durchführung des üblichen Präsenzunterrichts ohne weitere Mühe in den Fächern Deutsch und Mathematik auch die Erweiterungskurse meistern könne, setzt er schlicht seine Einschätzung an die Stelle der Einschätzung der Klassenkonferenz – ohne diese jedoch substantiiert zu erschüttern. Auch der Einwand, die Benotung im Fach Mathematik mit „befriedigend“ sei nicht nachvollziehbar, weil die einzige schriftliche Arbeit mit „gut“ bewertet worden sei, führt nicht zum (teilweisen) Erfolg des Antrags. Ungeachtet der im hiesigen Eilverfahren nicht weiter aufzuklärenden Frage, ob dies zutrifft, setzt sich die Note eines Fachs nach § 48 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW aus den Leistungen der „Schriftlichen Arbeiten“ und den „Sonstigen Leistungen im Unterricht“ zusammen und sind beide Beurteilungsbereiche bei der Notenbildung angemessen zu berücksichtigen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 SchulG NRW). Dabei ist ein Fachlehrer im Rahmen seines fachspezifischen Bewertungsvorrechts (schon) nicht dazu gehalten, das arithmetische Mittel der Einzelnoten zu vergeben.
18OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2000 – 19 A 3459/99 –, juris, Rn. 7 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1971 – VII C 51.70 –, juris.
19In diesem Sinne haben die Fachlehrer – wie oben bereits ausgeführt – in den Fächern Deutsch und Mathematik die Leistungen des Antragstellers nicht nur als insgesamt (lediglich) befriedigend, sondern darüber hinaus auch als nicht ausreichend für die Bewältigung eines Erweiterungskurses beurteilt.
20Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, dem Nachweis einer für den Erweiterungskurs tauglichen Leistungsfähigkeit habe entgegengestanden, dass während der Zeit, ab der ein Präsenzunterricht wieder möglich gewesen wäre, Praktika nachgeholt worden seien, die im 1. Schulhalbjahr 2020/2021 nicht hätten stattfinden können, führt dies ebenfalls nicht zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Zum einen erweist sich die Nachholung der Praktika als schulische Notwendigkeit, der im Übrigen alle Schüler unterlagen. Zum anderen können gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW Grundlage der Leistungsbewertung (lediglich) die tatsächlich erbrachten Leistungen eines Schülers sein, so dass hypothetische oder unter anderen Umständen erbrachte Leistungen rechtlich unerheblich sind.
21Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 7. April 2016 – 19 B 1369/15 –, juris Rn. 5 m.w.N.
22Schließlich lässt sich auch die Einwendung des Antragstellers, seine Eltern seien über seine Leistungsentwicklung nicht hinreichend informiert worden, nicht zugunsten des Antragstellers fruchtbar machen. Denn sie trifft nicht zu. Insoweit standen während des gesamten 2. Halbjahres 2020/2021 sowohl der ausdrückliche Wunsch der Eltern des Antragstellers im Raum, eine Zulassung des Antragstellers zu den Erweiterungskursen in den Fächern Deutsch und Mathematik zu erreichen, als auch die damit verbundene Problematik der hierfür nicht ausreichenden Leistungen des Antragstellers. Diesbezüglich hat der Abteilungsleiter II ausgeführt, die Eltern hätten immer wieder ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, den Antragsteller in den Fächern Mathematik und Deutsch aufzustufen, um ihm eine Qualifikation für die Oberstufe und in der Folge einen höheren Abschluss zu ermöglichen. Diesbezüglich seien sie jedoch von allen betroffenen Kolleginnen und Kollegen auf das schlechte Leistungsverhalten des Antragstellers hingewiesen worden. Bereits im März 2021 habe der Abteilungsleiter II den Vater des Antragstellers über den problematischen Leistungsstand telefonisch informiert. Auch im unmittelbaren Vorfeld der Zeugniskonferenz habe es entsprechende Kommunikation mit der Mutter des Antragstellers gegeben. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Möglichkeit einer Wiederholung der Klassenstufe 9 hingewiesen worden, um das von dem Antragsteller letztlich begehrte Erreichen eines höheren Abschlusses noch zu ermöglichen.
23Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG (halber Auffangwert).
24Rechtsmittelbelehrung:
25(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
26Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
27Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
28Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
29Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
30Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
31(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
32Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
33Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
34Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
35Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
36War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.