Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Der 1958 geborene Kläger ist Facharzt für innere Medizin, seit 2009 niedergelassener Arzt und betreibt in E. zusammen mit Herrn Dr. N. C. eine privatärztliche Gemeinschaftspraxis. Er wendet sich gegen die Heranziehung zum ärztlichen Notfalldienst.
3Mit Beschluss vom 22. Januar 2008 (Schm/D 2.1/2101) entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte E. – Kammer I – bei der Kassenärztlichen Vereinigung O. , Bezirksstelle E. , dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im wesentlichen mit der im einzelnen ausgeführten Begründung, es habe Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegeben. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, den der Berufungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung O. am 23. Juli 2008 (41/08) zurückwies.
4Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 26. November 2015 darauf hin, dass er zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst verpflichtet, im aktuellen Notdienstplan jedoch nicht berücksichtigt worden sei. Er werde daher mit dem nächsten Notfalldienstplan eingeteilt. Mit Heranziehungsbescheid vom 29. Februar 2016 zog sie ihn gemäß Dienstplan vom 18. Februar 2016 für drei Termine zum organisierten ärztlichen Notfalldienst heran. Es handelte sich um den 27. April 2016, den 28. August 2016 und den 30. Dezember 2016. Zur Begründung hieß es unter anderem, der Kläger übe seit mehreren Jahren eine privatärztliche Tätigkeit in E. aus, ohne bisher zum Notfalldienst eingeteilt worden zu sein. Zur Funktionsfähigkeit des Notfalldienstes sei es erforderlich, auch ihn daran zu beteiligen. Der Bescheid wurde am 1. März 2016 zugestellt.
5Der Kläger hat am 14. März 2016 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Er sei ausschließlich in privatärztlicher Praxis tätig und habe keine Kassenzulassung. Diese sei ihm auf Betreiben der Kassenärztlichen Vereinigung O. mit Bescheid vom 21. Februar 2008 entzogen worden mit der Begründung, er sei zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet. Man habe ihm Abrechnungsmanipulationen vorgeworfen. Die damals festgestellte Ungeeignetheit bestehe nach wie vor. Wenn er aber einerseits zur vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet sei, könne man ihn nicht andererseits zur notfallärztlichen Versorgung heranziehen. Dies sei ein Ausschlusskriterium gemäß § 4 Abs. 2 der Notfalldienstordnung der kassenärztlichen Vereinigung O. und der Ärztekammer O. (§ 5 Abs. 2 der aktuellen Fassung). Hinzu komme, dass er mangels Kassenarztzulassung seine im Rahmen der notfallärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen gegenüber den Krankenkassen nicht abrechnen könne. Er könne nur privat abrechnen, wohingegen gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung – auch im Rahmen des ärztlichen Notdienstes – hätten. Er sei daher gezwungen, seine diesbezüglichen Leistungen honorarfrei zu erbringen, was man ihm nicht zumuten könne. Der angefochtene Bescheid sei daher aufzuheben.
6Soweit die Kassenärztliche Vereinigung O. ihn einerseits ausgeschlossen, ihm andererseits zwischenzeitlich eine Abrechnungsnummer zugeteilt habe, setze sie sich in Widerspruch zu ihrem vorhergehenden Verhalten. Er könne nicht mit anderen Privatärzten verglichen werden, die in der Regel bewusst auf ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verzichtet hätten, während ihm die weitere Teilnahme untersagt worden sei.
7Der Kläger beantragt,
8den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 zur Heranziehung zum ärztlichen Notfalldienst in E. aufzuheben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie trägt vor, der Kläger sei nunmehr Privatarzt und unterliege ihrem Zuständigkeitsbereich. Sie habe ihn nicht aus dem ärztlichen Notdienst ausgeschlossen. Die Entscheidungen der Kassenärztlichen Vereinigung O. hätten keinen unmittelbaren Einfluss oder gar eine bindende Wirkung auf ihre Entscheidungen. Die Kassenärztliche Vereinigung O. habe dem Kläger zudem nach einer Rücksprache am 25. August 2016 eine Abrechnungsnummer zugeteilt, so dass er auch gesetzlich Versicherte im Rahmen des Notdienstes abrechnen könne. Es handele sich um eine so genannte 75er-Abrechnungsnummer, die alle Privatärzte von der Kassenärztlichen Vereinigung erhielten, die am ärztlichen Notdienst teilnehmen müssten.
12Nachdem die Beklagte unter dem 17. März 2016 die sofortige Vollziehung der Einteilung des Klägers zum ärztlichen Notdienst angeordnet hatte, hat der Kläger am 13. Mai 2016 einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (7 L 1704/16). Die Beteiligten haben dieses Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem klargestellt worden war, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, die Notdienste vom 27. April 2016 und 28. August 2016 wahrzunehmen; man ging davon aus, dass bis zum Notdienst am 30. Dezember 2016 eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen sei.
13Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage hat keinen Erfolg.
16Sie ist zwar als Anfechtungsklage zulässig, aber nicht begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
17Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung zum ärztlichen Notdienst ist § 30 Nr. 2 des Heilberufsgesetzes NRW (vom 9. Mai 2000, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. April 2016, GV. NRW. S. 230 – HeilBerG –). Hiernach haben Kammerangehörige, die ihren Beruf ausüben, insbesondere die Pflicht, grundsätzlich am Notfalldienst teilzunehmen, wenn sie ambulant ärztlich oder zahnärztlich tätig sind. Das nähere hierzu regelt gemäß § 31 HeilBerG die Notfalldienstordnung.
18Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor.
19Er ist gemäß § 1a Abs. 1 der Satzung der Ärztekammer O. vom 23. Oktober 1993, zuletzt geändert am 21. November 2015 (vgl. www.aekno.de), Angehöriger der Ärztekammer O. , da er in E. als niedergelassener Arzt praktiziert und damit im Bereich O. seinen Beruf ausübt.
20Dass er die ärztliche Tätigkeit weiter ausüben will, ist unstreitig.
21Der Kläger ist auch ambulant tätig. Er praktiziert in eigenen Praxisräumen.
22Schließlich ist er auch nach Maßgabe der Gemeinsamen Notdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung O. und der Ärztekammer O. (in der Fassung vom 26. September 2015/21. November 2015, Rheinisches Ärzteblatt 2016, 53 ff., nachfolgend: NDO) zur Teilnahme am organisierten ärztlichen Notdienst verpflichtet. Diese Verpflichtung betrifft insbesondere gemäß § 1 Abs. 1 e) NDO die niedergelassenen Privatärzte, zu denen der Kläger gehört.
23Nicht am Notfalldienst beteiligt sind danach nur Krankenhausärzte, Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst und Ärzte, die ihre Berufstätigkeit nicht ausüben. Da der Kläger dieser Gruppe nicht angehört und eine dritte Gruppe im ärztlichen Berufsrecht nicht vorgesehen ist, ist er als niedergelassener Arzt anzusehen, der zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet ist.
24Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 14. Juli 2011, 13 B 395/11 (JURIS).
25Eine Kassenzulassung ist nicht Voraussetzung für die Teilnahmeverpflichtung. Vielmehr ist den Kassenpatienten für den Fall der Notfallbehandlung eigens die Möglichkeit eingeräumt, sich auch durch einen Privatarzt behandeln zu lassen, vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die Heranziehung auch von Privatärzten durch die genannte Vorschrift und die weitergehenden Konkretisierungen durch Berufsordnung und NDO ist mit dem Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, die Privatärzte von der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten auszunehmen.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1982, 3 C 21/81, BVerwGE 65, 362; OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2009, 13 A 3775/06, NRWE.
27Auch der Einwand des Klägers, er könne als Privatarzt ohne Kassenzulassung die im Rahmen des Notfalldienstes erbrachten Leistungen an gesetzlich Versicherten nicht abrechnen, greift nicht durch. Die kassenärztliche Vereinigung hat ihm zu diesem Zweck eine Abrechnungsnummer zugewiesenen. Dass die Abrechnung dennoch nicht möglich sein soll, hat der Kläger auch in seinem letzten Schriftsatz vom 20. September 2016 nicht länger behauptet.
28Der Kläger kann sich ferner nicht auf die Ungeeignetheit zur Teilnahme am Notdienst im Sinne des § 5 NDO berufen. Hiernach kann der Arzt bei Ungeeignetheit für eine qualifizierte Durchführung des Notdienstes vom Notdienst ausgeschlossen werden (Abs. 1). Ungeeignet ist in diesem Sinne ist insbesondere, wer nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße oder qualifizierte Durchführung des Notdienstes bietet oder wenn sonstige Gründe vorliegen, die den Arzt als Vertragsarzt ungeeignet erscheinen lassen (Abs. 2). Über den Ausschluss entscheidet bei Privatärzten der Vorstand der Ärztekammer O. (Abs. 3). Indes hat der Vorstand der Ärztekammer O. im vorliegenden Fall den Kläger nicht vom Notdienst ausgeschlossen und beabsichtigt dies ausweislich der Klageerwiderung auch nicht. Eine Verpflichtung zum Notdienst besteht damit im Grundsatz und dauert so lange fort, bis der Vorstand der Ärztekammer O. den Ausschluss vorgenommen hat.
29Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, weist das Gericht ergänzend darauf hin, dass – ungeachtet des Fehlens einer Ausschlussentscheidung durch den Vorstand der Ärztekammer O. – der Kläger auch keinen Anspruch auf Ausschluss vom Notdienst nach Maßgabe des § 5 NDO haben dürfte. Zum Einen steht keineswegs fest, dass er für eine qualifizierte Durchführung des Notdienstes ungeeignet ist. Insbesondere ist dies nicht zwingende Folge des durch den mit Bescheid der Kassenärztlichen Vereinigung vom 21. Februar 2008 erfolgten Entzug der Kassenzulassung wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges, weil das Risiko eines weiteren Abrechnungsbetruges schon wegen der nur selten stattfindenden Notdienste deutlich geringer sein dürfte als bei einer regelmäßigen Kassentätigkeit. Zum anderen steht selbst bei Vorliegen der Ungeeignetheit für eine qualifizierte Notdienstdurchführung der Ausschluss vom Notdienst im Ermessen des Vorstandes der Ärztekammer O. . Anhaltspunkte dafür, dass insoweit eine Ermessensreduktion auf Null vorliegt, wurden weder geltend gemacht noch sind sie sonst ersichtlich.
30Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides vom 29. Februar 2016 ergeben sich schließlich nicht daraus, dass der Kläger nun nach Jahren ärztlicher Tätigkeit ohne Kassenzulassung erstmals wieder zum Notfalldienst herangezogen wird. Entscheidend ist allein, ob heute die Voraussetzungen für die Heranziehung vorliegen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen hätte, der beim Kläger die berechtigte Erwartung begründet hätte, er werde auch künftig nicht herangezogen werden. Das ist jedoch nicht der Fall. Die bloße Unterlassung der Heranziehung – weitere Umstände sind nicht ersichtlich – ist nicht geeignet, einen solchen Vertrauenstatbestand zu begründen.
31Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708, 711 ZPO.
32Beschluss:
33Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
34Gründe:
35Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.