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Eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis, die Klage müsse in deutscher Sprache abgefasst sein, ist unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO.
Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 201527. März 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger stellte am 27. Februar 201527. Februar 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG beschränkten Asylantrag. Am 2. März 20152. März 2015 erhielt das Bundesamt eine Meldung aus dem Eurodac-Datenbestand, aus der hervorgeht, dass der Kläger bereits in BulgarienBulgarien anhand seiner Fingerabdrücke im Eurodac-Datenbestand erfasst wurde. Am 4. März 20154. März 2015 ersuchte das Bundesamt Bulgarien mit Hinweis darauf, dass der Kläger laut Eurodac-Datenbestand am 6. August 2014 dort einen Asylantrag gestellt habe, um Wiederaufnahme des Klägers. Bulgarien lehnte das Gesuch mit beim Bundesamt am 20. März 201520. März 2015 eingegangenem Schreiben unter Hinweis darauf ab, dass eine Übernahme des Klägers nach den Bestimmungen der Dublin-VO ausscheide, da dem Kläger dort bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei („refugee status“). Ein Übernahmeersuchen könne daher allein nach Maßgabe der internationalen Rückübernahmeabkommen bei der hierfür zuständigen bulgarischen Behörde (Generaldirektorat der Grenzpolizei, Innenministerium) gestellt werden.
3Mit Bescheid vom 27. März 2015 lehnte das Bundesamt in Ziffer 1 des Bescheides den Asylantrag als unzulässig ab. In Ziffer 2 des Bescheides drohte das Bundesamt dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an, falls er das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens verlasse; der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei; der Kläger dürfe nicht nach Syrien abgeschoben werden. Ziffer 1 des Bescheides begründet das Bundesamt unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 ‑ 10 C 7/13 – damit, dass der Kläger aufgrund der Schutzgewährung in Bulgarien gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG keine weitere Schutzgewährung verlangen könne und daher ein erneutes Anerkennungsverfahren unzulässig sei. Zu Ziffer 2 des Bescheides wird in der Begründung ausgeführt: Die Unzulässigkeit des Asylantrages ergebe sich aus dem Schutzstatus im sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG). Da der Kläger dorthin abgeschoben werden solle, ordne das Bundesamt nach § 34a AsylVfG grundsätzlich die Abschiebung an. Eine Abschiebungsandrohung sei allerdings als milderes Mittel gegenüber der Anordnung ebenfalls zulässig. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 AsylVfG.
4Dem Bescheid war eine Rechtbehelfsbelehrung beigefügt, die folgende Textpassage enthält:
5„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht (…) erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend.
6Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. (…)“
7(Hervorhebung im Original)
8Ferner war dem Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache beigefügt, verbunden mit dem Hinweis, die maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung sei ausschließlich diejenige in der Amtssprache Deutsch.
9Der Bescheid wurde dem Kläger am 4. Mai 20154. Mai 2015 im Wege der Aushändigung durch einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
10Der Kläger hat am 3. Juni 20153. Juni 2015 anwaltlich vertreten Klage erhoben und für den Fall der Versäumung der Klägerfrist Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs macht er im Wesentlichen geltend: Ihm sei bei der Übergabe des Bescheides dessen Inhalt nicht erklärt worden. Er spreche nur arabisch und kurdisch. Er habe daher keine Kenntnis vom Inhalt des Bescheides erlangt. Am 3. Juni 2015 habe ihn ein syrischer Staatsbürger nach dem Stand seines Asylverfahrens gefragt. Nachdem er diesem den Bescheid gezeigt habe, habe dieser sofort den Kontakt zu der von ihm nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwältin hergestellt. Noch am gleichen Tage habe diese Klage erhoben.
11Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
12den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2015 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
16Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 28. April 2016 der Vorsitzenden als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
17Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind.
20Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unzulässig.
21Die Klage ist unzulässig, soweit sie Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides zum Gegenstand hat.
22Zwar dürfte die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage statthaft sein. Dem Kläger fehlt es jedoch an der erforderlichen Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO. Dies gilt selbst dann, wenn der Ausspruch, der Asylantrag werde als unzulässig abgelehnt, objektiv rechtswidrig ist, etwa weil es an einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage für diesen Ausspruch fehlt. Die für Entscheidungen des Bundesamtes über einen Asylantrag einschlägigen Vorschriften der §§ 29 ff, 71, 71a AsylG sehen einen Ausspruch des Inhalts, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wird, nicht vor. Das Bundesamt hat in seiner Begründung zu Ziffer 1 des Bescheides auch keine Rechtsgrundlage genannt, sondern auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 – verwiesen. Auch dieser Entscheidung ist indes nicht zu entnehmen, dass das Bundesamt zu einer Ablehnung eines Asylantrages als unzulässig ermächtigt ist. Denn ein solcher Ausspruch war nicht Gegenstand des vom BVerwG entschiedenen Rechtsstreits. Vielmehr hatte das Bundesamt im dort entschiedenen Fall das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (jetzt: §§ 32, 33 Abs. 1 AsylG) wegen der Fiktion einer Antragsrücknahme eingestellt. Dieser Ausspruch ist vom BVerwG bestätigt worden, wobei es ausdrücklich offen ließ, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden könne,
23Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 24.
24In dem vom BVerwG entschiedenen Fall hatte das Bundesamt zudem über den vom dortigen Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (jetzt: § 4 AsylG),
25der von der Einstellung des Asylverfahrens wegen fingierter Rücknahme des Asylantrages aufgrund alten Rechts nicht erfasst war, vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 28,
26eine (negative) Sachentscheidung getroffen, nämlich in Nummer 2 des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen. Diese Sachentscheidung bestätigte das BVerwG im Ergebnis, indem es darauf verwies, dass die Geltendmachung eines Anspruches auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig sei, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden sei.
27vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 28 - 31.
28In dem betreffenden Fall hatte das Bundesamt im Übrigen auch eine (negative) Sachentscheidung über die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes getroffen, die das BVerwG ebenfalls bestätigte,
29vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 32 f.
30Es bedarf aber auch vorliegend keiner Entscheidung, ob die hier streitgegenständliche Ablehnung des Asylantrages des Klägers als unzulässig (eventuell nach dem Ergebnis einer Auslegung oder Umdeutung) vom Gesetz gedeckt ist, also der objektiven Rechtsordnung entspricht. Denn dem Kläger fehlt für eine hiergegen gerichtete Klage die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, das heißt eine Rechtsposition, aufgrund derer er eine für ihn günstigere Entscheidung über seinen Asylantrag beanspruchen kann.
31Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese sog. Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann.
32BVerwG, stRspr, vgl. etwa Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6/13 –, Rdn. 15 m.w.N., juris.
33So liegt es hier. Dem Kläger steht eine Rechtsposition, die durch den Ausspruch in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides geschmälert wird, nicht zu. Denn er hat unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine Sachentscheidung über sein Begehren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, weil sein hierauf gerichteter Asylantrag nach geltendem Recht unzulässig ist,
34vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 31.
35Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, Rdn. 29 f verwiesen, denen das Gericht sich anschließt:
36„Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 ‑ BVerwG 10 B 28.10 ‑ Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).
37Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16).“
38Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft („refugee status“) zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
39Eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO steht dem Kläger bezüglich der Regelung in Ziffer 1 des Bescheides auch nicht mit Blick auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Bestimmtheitsgebot zu, das in § 37 Abs. 1 VwVfG seinen Niederschlag gefunden hat.
40Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird. Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts.
41BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 – 9 C 7/11 –, Rdn. 15 m.w.N., juris.
42Auch mit Blick auf diese rechtlichen Vorgaben wird die Rechtsposition des Klägers durch den Ausspruch in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise geschmälert. Denn die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig, die ausweislich der Begründung im Bescheid darauf gestützt ist, dass der Kläger bereits in Bulgarien als Flüchtling anerkannt ist, genügt offensichtlich diesen Anforderungen. Sie lässt hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei erkennen, dass das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes (ohne Sachprüfung) ablehnt. Zwar lässt sich diesem Ausspruch ‑ anders als bei einer Bescheidung des Asylantrages nach einer der von §§ 29 ff, 71, 71a AsylG vorgesehenen Alternativen ‑ nicht ohne Weiteres entnehmen, welche Abschiebungsregelung (Abschiebungsanordnung oder -androhung) hieran in zulässiger Weise geknüpft werden kann. Dies begründet indes keine Unbestimmtheit der in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides getroffenen Regelung nach dem Maßstab des § 37 VwVfG,
43a.A. VG Berlin, Urteil vom 22. Februar 2016 – 23 K 183.15 A, Rdn. 13 ff, juris; so tendenziell ferner: VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 – 5 L 1659/14.TR –, Rdn. 11, juris.
44Denn die Abschiebungsregelung ist nicht Teil des Ausspruches über den Asylantrag, sondern stellt einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der selbständig anfechtbar ist. Es ist dem Betroffenen möglich und zumutbar, die Frage, ob und gegebenenfalls welche Abschiebungsregelung auf die in seinem Fall ergangene Entscheidung über den Asylantrag gestützt werden kann, im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Abschiebungsregelung zu klären.
45Die Klage ist indes in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und begründet.
46Die insoweit gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft. Denn die Abschiebungsandrohung stellt eine den Kläger belastende Regelung dar.
47Die Klage wurde auch fristgerecht erhoben. Zwar erfolgte die Klageerhebung nicht innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 AsylVfG in der maßgeblichen zum Zeitpunkt der Klageerhebung gültigen Fassung (zwei Wochen nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides). Dies führt aber nicht zur Verfristung der Klageerhebung. Denn die zweiwöchige Klagefrist wurde nicht in Gang gesetzt. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid angefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
48Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie (generell) geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen,
49BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 ‑ 6 C 77.78 ‑, BVerwGE 57, 188, 190; Beschluss vom 14. Februar 2000 ‑ 7 B 200.99 -, Rdn. 3, m.w.N., juris; Urteil vom 21. März 2002 ‑ 4 C 2/01 -, Rdn. 12, juris; Beschluss vom 31. August 2015 ‑ 2 B 61/14 ‑, juris.
50Die dem hier streitgegenständlichen Bescheid beigefügte Rechtbehelfsbelehrung war in diesem Sinne geeignet, bei dem Betroffenen einen solchen Irrtum hervorzurufen. Denn sie ist geeignet, bei einem Betroffenen den falschen Eindruck zu erwecken, dass eine Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ausschließlich schriftlich und in deutscher Sprache beim Verwaltungsgericht eingereicht werden kann.
51Zwar gibt der erste Teil des betreffenden Satzes
52‑ „Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen“ ‑
53nur den Wortlaut des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO wieder und kann daher für die Ordnungsgemäßheit der Rechtsbehelfsbelehrung unschädlich sein,
54vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 10. April 1991 ‑ 5 UE 3750/89 ‑, Rdn. 26, juris.
55Der zweite Satzteil
56‑ „und in deutscher Sprache abgefasst sein.“ ‑
57geht jedoch darüber hinaus. Dieser kann sinnvoll nur so verstanden werden, dass er formale Anforderungen an die sprachliche Äußerung formuliert, mit der wirksam Klage erhoben werden kann. Dem in diesem Satzteil verwendeten Verb „abfassen“ kommt ganz überwiegend die Bedeutung einer schriftlichen Äußerung zu. Es ist gleichbedeutend mit anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen, niederlegen,
58vgl. Duden, Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl., zum Stichwort „abfassen“, Ziff 1.
59Der Hinweis auf die Erforderlichkeit der Verschriftlichung der Prozesshandlung der Klageerhebung ist irreführend. Er erweckt den falschen Eindruck, dass der Betreffende selbst für die Schriftform zu sorgen hat.
60So auch VG Augsburg, Beschluss vom 3. Dezember 2014 – Au 7 S 14.50321 –, Rdn. 26, juris, mit zusätzlichem Verweis auf den Wortlaut einer dem dort streitgegenständlichen Bescheid beigefügten englischsprachigen Rechtsbehelfsbelehrung.
61Dies steht in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Nach dieser Norm kann beim Verwaltungsgericht die Klage auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. Der fehlerhafte Hinweis auf die Schriftform erschwert dem Betroffenen die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77.78 – BVerwGE 57, 188, 190 (zu den gleichartigen Formerfordernissen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
63Zudem erweckt der Hinweis auf die erforderliche Verwendung der deutschen Sprache bei der Klageerhebung den irreführenden Eindruck, dass eine Klageerhebung unter Verwendung einer anderen Sprache nicht (fristwahrend) möglich sei. Zwar können nach verbreiteter Auffassung mit Blick auf § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG, wonach die Gerichtssprache deutsch ist, Eingaben an das Gericht in anderer Sprache grundsätzlich keine fristwahrende Wirkung entfalten,
64vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., 2015, § 184 Rdn. 5 ff m.w.N., auch zum Meinungsbild und zu Ausnahmen von diesem Grundsatz.
65Etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die Eingabe einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthält, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt; hier kommt es auf die Wahrung der vorgeschriebenen Form an,
66Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., 2015, § 184 Rdn. 5.
67Wird die Klage gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben, genügt es, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber noch verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen. Dies kann sich auch aus dem Verhalten des Vorsprechenden mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke ergeben. Zudem kann der die Niederschrift aufnehmende Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 190 GVG auch den Dienst eines Dolmetschers wahrnehmen, so dass es einer deutschsprachigen Äußerung des Rechtsschutzsuchenden nicht notwendig bedarf.
68Der mit dieser Rechtslage nicht in Einklang stehende Hinweis, die Klageerhebung müsse in deutscher Sprache formuliert sein, ist ebenfalls geeignet, einen Betroffenen ‑ insbesondere einen der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Ausländer als typischen Adressaten eines Bescheides des Bundesamtes ‑ von der (rechtzeitigen) Klageerhebung abzuhalten.
69Unerheblich ist, dass die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im vorliegenden Fall für die Verspätung der Klageerhebung nicht kausal gewesen sein dürfte, weil der Kläger nach eigenen Angaben die Rechtsbehelfsbelehrung nicht verstanden hat. Denn § 58 VwGO macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 ‑ 3 C 23.08 ‑, BVerwGE 134, 41, Rdn. 17 und juris, m.w.N.
71Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, welchen Inhalt die dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache hat. Das Bundesamt verbindet die in arabischer Sprache abgefasste Rechtsbehelfsbelehrung selbst mit dem Hinweis, dass ausschließlich die in der Amtssprache Deutsch verfasste Rechtsbehelfsbelehrung maßgeblich sei. Abgesehen davon fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die arabische Übersetzung der deutschen Rechtsbehelfsbelehrung deren Fehlerhaftigkeit nicht teilt.
72Die Klageerhebung erfolgte innerhalb der nach alledem gemäß § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzten Jahresfrist.
73Die Klage ist insoweit auch begründet. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 27. März 2015 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
74Die Abschiebungsandrohung lässt sich entgegen der im Bescheid dargelegten Begründung nicht auf §§ 26a, 34a AsylG stützen. Es kann dahinstehen, ob überhaupt der Anwendungsbereich dieser Regelungen eröffnet ist, wenn ‑ wie hier ‑ der Asylantrag nicht mit einem Ausspruch nach §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG beschieden wird, sondern als unzulässig abgelehnt wird. Denn jedenfalls ermächtigt § 34a AsylG das Bundesamt lediglich zum Erlass einer Abschiebungsanordnung, nicht jedoch zum Erlass einer Abschiebungsandrohung,
75vgl. im Einzelnen: BayVGH, Beschluss vom 23. November 2015 ‑ 21 ZB 15.30237 ‑, Rdn. 4 ff, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2015 ‑ 13 K 2288/15.A ‑, Rdn. 69, juris; VG Münster, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 8 K 436/15.A –, Rdn. 14 ff, juris; VG Berlin, Urteile vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906.14 A –, Rdn. 34 ff und vom 20. November 2015 ‑ 23 K 864.14 A ‑, Rdn. 32, beide bei juris; VG Ansbach, Urteil vom 11. April 2016 – AN 3 K 16.50013 –, Rdn. 43 ff, juris.
76Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage aber auch nicht in §§ 34 Abs. 1 Satz 1, 38 AsylG. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine nachträgliche Auswechslung der Ermächtigungsgrundlage überhaupt zulässig ist. Ferner bedarf es keiner Entscheidung, ob bzw. inwieweit § 34a AsylG als Spezialregelung die Anwendung der §§ 34 Abs. 1, 38 AsylG ausschließt.
77Denn es liegen schon die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht vor. Nach dieser Norm erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
781. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,2a. dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
793. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und
804. der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
81Es fehlt hier an der Voraussetzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG. Denn das Bundesamt hat bislang nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG im Falle des Klägers in Bezug auf Bulgarien als den vorgesehenen Zielstaat der Abschiebung nicht vorliegen.
82Der streitgegenständliche Bescheid enthält diesbezüglich keine Entscheidung. Der Tenor enthält keinen Ausspruch zu der Frage, ob ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt. Auch den Gründen des streitgegenständlichen Bescheides kann eine Entscheidung des Bundesamtes hierüber nicht entnommen werden. Die Tatsache, dass ohne eine (Mit-)Prüfung solcher Abschiebungsverbote das Bundesamt die Abschiebungsandrohung nicht hätte erlassen dürfen, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass das Bundesamt tatsächlich hierzu eine Entscheidung treffen wollte und getroffen hat,
83a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 – 2a K 2466/15.A –, Rdn. 38, juris.
84Auch der Begründung des Bescheides lassen sich keine Überlegungen entnehmen, die hinreichend erkennen ließen, dass das Bundesamt nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien geprüft und verneint hat. Zwar enthält die Begründung Ausführungen zu der Situation für Flüchtlinge in Bulgarien. Diesen fehlt aber jeglicher rechtlicher Anknüpfungspunkt. Es lässt sich nicht ansatzweise erkennen, nach welchem Maßstab das Bundesamt zu der zusammenfassenden Feststellung kommt, es gebe "keine generellen Sachverhalte (...), die gegen die Abschiebung nach Bulgarien" sprächen. Die dieser Feststellung vorausgehend im Bescheid dargelegten erheblichen Lücken bei der Gesundheitsversorgung von anerkannten Flüchtlingen und weiteren Probleme bei der Grundversorgung (z.B. Zugang zu angemessenen und bezahlbaren Unterkünften) werden in keiner Weise rechtlich gewürdigt.
85Eine solche Prüfung war auch nicht mit Blick auf Art. 16a Abs. 2 GG, §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG und das diesen Normen zu Grunde liegende „Konzept der normativen Vergewisserung“ entbehrlich. Zum einen stützte das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrages gerade nicht auf diese Normen, sondern lehnte den Asylantrag als unzulässig ab. Abgesehen davon schließen es die genannten Normen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar grundsätzlich aus, sich bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat auf Gefährdungen gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berufen,
86vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, Rdn. 186 f., juris.
87Dem kann der Schutzsuchende jedoch damit entgegentreten, dass sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist,
88BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, Rdn. 189 f, juris.
89Die Prüfung, ob ein vom normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangener Sonderfall vorliegt, weil der Drittstaat (hier: Bulgarien) anerkannte Flüchtlinge unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterwirft, erfordert eine aktuelle Gesamtwürdigung der zu dieser Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen,
90vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 – 2 BvR 273/16 –, Rdn. 11, juris; vgl. ferner VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 – 2a K 2466/15.A –, Rdn. 46, juris.
91Dies hat das Bundesamt unterlassen.
92Ohne eine entsprechende (negative) Feststellung des Bundesamtes erweist sich die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheides als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Insbesondere kann der fehlende Ausspruch seitens des Bundesamtes nicht durch eine inzidente Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaates (hier: Bulgarien) im Rahmen der Überprüfung der Abschiebungsandrohung seitens des Gerichts ersetzt werden. Anders als der Erlass einer Abschiebungsanordnung setzt derjenige einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG stets voraus, dass das Bundesamt eine (ausdrückliche) Feststellung dazu getroffen hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen,
93vgl. VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 - 5 L 1659/14.Tr -, Rdn. 18, juris; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906.14 A ‑, Rdn. 41, juris; BeckOK AuslR/Pietzsch, AsylG § 34 Rdn. 23.1, beck-online; Funke/Kaiser, in: GK-AsylVfG (Stand: Dezember 2015) § 34 Rdn. 43; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, § 31 AsylG Rdn. 3; vgl. ferner bei Ablehnung eines Asylantrages nach § 71a AsylVfG: VGH Kassel, Beschluss vom 11. August 2014 ‑ 10 A 2348/13.Z.A. ‑, Rdn. 5, juris; vgl. speziell zur Erforderlichkeit der Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse: VG Ansbach, Urteil vom 11. April 2016 ‑ AN 3 K 16.50013 ‑, Rdn. 50 f, juris.
94Wenn das Bundesamt ‑ wie hier ‑ nicht nach dem gemäß § 31 Abs. 4 AsylVfG modifizierten Prüfprogramm entschieden hat, muss es gemäß § 31 Abs. 2 und 3 AsylG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über das Asylbegehren befinden. Dies ist schon deswegen unvermeidlich, weil sich in einem solchen Fall nur die Alternative stellt, entweder dem Ausländer ein Bleiberecht für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren oder ihn ins Herkunftsland abzuschieben.
95OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. September 1996 - 25 A 790/96.A -, Rdn. 9 ff m.w.N., juris.
96Die Entscheidung darüber lässt sich aber, wenn ‑ wie hier ‑ die Zuerkennung internationalen Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Schutzgewährung in einem anderen Staat rechtlich ausgeschlossen ist, ohne Prüfung der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht treffen,
97VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, Rdn. 42, juris.
98Stellt das Bundesamt im Einzelfall fest, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, so vermag dies unter den in § 25 Abs. 3 AufenthG genannten Voraussetzungen einen Anspruch des Betroffenen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu begründen. Auf die aus diesem Grund bestehende Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesamtes über nationale Abschiebungsverbote weist auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 34 AufenthG mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) ausdrücklich hin. Dort heißt es: „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann eine Abschiebung nunmehr nur noch androhen, wenn neben der Asylberechtigung, der Flüchtlingseigenschaft und einem Aufenthaltstitel auch Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 2 bis 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist. Mit der Änderung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 2 bis 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wird.“
99BT-Drucks. 17/5470, S. 31, zu Art. 4 Nr. 3.
100Mangels einer entsprechenden Feststellung des Bundesamtes in Bezug auf den vorgesehenen Zielstaat der Abschiebung (hier: Bulgarien) ist die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
101Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs.1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG.
102Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 S. 3, 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.