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Das Verfahren ist erledigt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen Kläger und Beklagte zu je 1/2.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger ist Landwirt. Er betreibt auf seinem Grundstück mit der postalischen Bezeichnung E seinen Hof. Die Hofstelle verfügt über einen Kanalanschluss zur Ableitung des Niederschlagswassers, über den derzeit eine Fläche von 225 qm (Wohngebäude) in den bestehenden öffentlichen Mischwasserkanal entwässert. Die gesamte befestigte Fläche beträgt 8.531qm.
3Mit Niederschlagswassergebührenbescheid vom 17. Februar 2011 setzte die Beklagte für das Jahr 2011 u.a. eine Grundgebühr in der Höhe von 1.548,- Euro nach der Satzung über die laufenden Entwässerungsgebühren der Gemeinde S vom 16.12.1995 in der Fassung der 14. Änderungssatzung fest. Die Gebühr von 1.548.- Euro errechnete sich nach einem Gebührensatz von 18,00 Euro je 100 qm angefangener bebauter/befestigter Fläche, d.h. nach 86 Gebühreneinheiten x 18.- Euro, und unabhängig davon, ob diese Flächen abflusswirksam an den Kanal angeschlossen waren.
4Hiergegen hat der Kläger am 4. März 2011 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt:
5In dem durch die Kammer durchgeführten Erörterungstermin vom 30. November 2011 habe das Gericht unter Hinweis auf die Entscheidung des OVG NRW vom 25. August 1995 – 9 A 3907/93 – die Auffassung geäußert, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Niederschlagswassergrundgebühr bereits dann vorlägen, wenn eine Anschlussmöglichkeit für das zur Grundgebühr veranlagte Grundstück bestehe. Das OVG NRW habe aber in dieser Entscheidung gerade nicht ausgeführt, dass bereits die bloße Anschlussmöglichkeit als Voraussetzung für die Erhebung einer Grundgebühr ausreiche. Vielmehr heiße es in der Begründung dieser Entscheidung, dass der Tatbestand der Benutzung der Vorhalteleistung einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung jedenfalls ab dem Zeitpunkt erfüllt sei, von dem an der Betroffene einen Anschluss an das Leitungsnetz unterhalte. Von diesem Zeitpunkt an kämen die Vorhalteleistungen der öffentlichen Einrichtung in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes dem Anschlussnehmer voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig lieferbereit gehaltene Leitungsnetz jederzeit die weiteren Leistungen der öffentlichen Einrichtung (Stromzufuhr, Wasserzufuhr) abrufen bzw. sich der unerwünschten Stoffe entledigen könne. Voraussetzung sei danach, dass ein tatsächlicher Anschluss des fraglichen Grundstücks an das Leitungsnetz bestehe und nicht nur eine bloße Anschlussmöglichkeit. Soweit dies dem abgedruckten Sachverhalt in dem seinerzeit von dem OVG NRW zu entscheidenden Fall zu entnehmen sei, sei dort das gesamte Grundstück des Gebührenpflichtigen an den städtischen Mischwasserkanal angeschlossen gewesen. Vorliegend sei aber lediglich ein ganz geringer Teil des zur Grundgebühr veranlagten Grundstücks an den Mischwasserkanal der Beklagten angeschlossen, während der weitaus größere Teil nicht über einen Anschluss verfüge. Dementsprechend sei es ihm auch nicht möglich, jederzeit die weiteren Leistungen der öffentlichen Einrichtung – hier des Mischwasserkanals – in Anspruch zu nehmen. Es müsse vielmehr erst unter erheblichem technischen/baulichen und damit verbundenen erheblichen finanziellen Aufwand ein Anschluss der bisher nicht an den Kanal angeschlossenen Grundstücksteilflächen hergestellt werden. Im Gegensatz zu einem technisch vollständig an das öffentliche Leitungsnetz angeschlossenen Grundstück, bei dem die Einleitung des gesamten dort anfallenden Niederschlagswassers jederzeit möglich wäre und daher auch nachvollziehbar die Vorhalteleistung der Gemeinde in Anspruch genommen werde, werde wegen des weitgehend fehlenden Grundstücksanschlusses von ihm diese Vorhalteleistung eben nicht in Anspruch genommen. Diese Auffassung vertrete anscheinend auch das VG Köln in seinen Entscheidungen 14 K 1297/10 und 14 K 1336/10.
6Das Kanalnetz sei im Übrigen nicht ausreichend dimensioniert, wenn alle Eigentümer landwirtschaftlicher Hofflächen und vergleichbarer Liegenschaften im Außenbereich ihre in der Regel großen Flächen anschlössen. Das OVG NRW habe zwar entschieden, dass eine Grundgebühr veranlagt werden dürfe, auch wenn kein Niederschlagswasser über diesen Anschluss in die Kanalisation eingeleitet werde. Es sei aber ein unverhältnismäßiger Maßstab für die Berechnung gewählt worden. In seiner Entscheidung vom 30. April 2004 – 9 A 2522/03 - habe das OVG NRW entschieden, dass eine Differenzierung beim Gebührenmaßstab dann geboten sei, wenn das Maß der Inanspruchnahme der Vorhaltung so unterschiedlich sei, dass bei einer gleichmäßigen Umlage der erforderliche Zusammenhang zwischen der Höhe der Gebühren und dem Maß der Inanspruchnahme nicht mehr gegeben sei. Wie in dem von dem OVG NRW entschiedenen Fall werde er, der die von der Gemeinde vorgehaltene Leistung nur in einem ganz geringen Umfang in Anspruch nehme, im Vergleich zu den anderen Gebührenschuldnern unverhältnismäßig hoch belastet. Viele landwirtschaftliche Hofstellen verfügten über unmittelbar an die Hofstellen angrenzende ausreichende Freiflächen über die das Wasser vollständig oder zum Teil abgeleitet werde. Wegen der ggf. exorbitanten Verbrauchsgebühr sei auch nicht damit zu rechnen, dass er die Niederschlagsmengen, die er heute nicht in den Kanal leiteten, in Zukunft in den Kanal einleiten würde. Bei ihm – dem Kläger – käme man etwa auf eine Benutzungsgebühr von 9.128,17 Euro/Jahr.
7Bei ihm komme noch hinzu, dass das Niederschlagswasser von den Dachflächen einer im Fahre 2000 errichteten Kartoffellagerhalle in ein Löschwasserbecken entwässere. Diese Vorgehensweise sei ihm mit dem als Anlage beigefügten Nachtragsbauschein vom 4. April 2000 zum Bauschein vom 3. November 1999 des Kreises O zur Auflage gemacht worden. Die Kartoffellagerhalle habe demgemäß gar nicht an den Niederschlagswasserkanal angeschlossen werden dürfen, weshalb die Beklagte insoweit auch keine Vorhaltekosten in Form einer Niederschlagswassergebühr geltend machen dürfe.
8Die zum W zählenden Wirtschaftsgebäude entwässerten über Dachrinnen teilweise in den Innenhof des W. Von dort fließe das Wasser zunächst über die private Zufahrt zum E über einen Grobschlammfang in ein Feuchtbiotop. Das vom W abfließende Niederschlagswasser sowie das auf der privaten Zufahrt anfallende Niederschlagswasser sammelten sich an der tiefsten Stelle dieses Privatweges und würden in der beschriebenen Art und Weise dem Feuchtbiotop zugeführt. Würde er dies nicht dem Feuchtbiotop zuführen, würde dies trocken fallen. Insoweit leiste er sogar einen Beitrag zum Schutz von Natur und Landschaft.
9Das bei einer frei stehenden Scheune, die nicht mit Dachrinnen versehen sei, anfallende Niederschlagswasser werde über die belebte Bodenzone versickert.
10Aufgrund der dargestellten Umstände sei es unwahrscheinlich, dass er je sein Niederschlagswasser in den Kanal einleiten werde. Hinsichtlich der im Jahre 2010 errichteten Kartoffellagerhalle wäre dies nicht einmal zulässig.
11Hinzu komme, dass nach § 51 a LWG Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmalig bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen worden seien, zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah direkt oder ohne Vermischung mit Schmutzwasser über eine Kanalisation in ein Gewässer eingeleitet werden müsse, sofern dies ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich sei. In seinem Fall werde diese Regelung exakt befolgt, auch wenn seine Hofstelle vor dem 1. Januar 1996 errichtet worden sei. Die Einfahrt und die Innenhoffläche mit insgesamt 1.926 qm seien allerdings erst nach diesem Stichtag erstmalig befestigt worden. Von dem Waschplatz abgesehen werde das Niederschlagswasser in zwei Teiche geleitet, wo es versickere bzw. verdunste.
12Nach alledem halte die Beklagte für ihn eben kein Kanalnetz vor. Ihr entstünden insoweit schon keine Vorhaltekosten.
13Die Kammer hat in dem Erörterungstermin vom 30. November 2011 darauf hingewiesen, dass es bezüglich des in der Satzung vorgesehenen Maßstabes "je angefangene 100 qm bebauter oder befestigter Fläche des angeschlossenen Grundstücks" rechtliche Bedenken hat, weil es diesen Maßstab angesichts des Umstandes, dass der Beklagten die bebauten/befestigten Flächen quadratmetergenau bekannt sind, für zu "grob" hält.
14Mit der 15. Änderungssatzung hat darauf hin der Rat der Stadt S die Satzung über die laufenden Entwässerungsgebühren der Gemeinde S vom 16.12.1995 in der Fassung der 14. Änderungssatzung diesbezüglich rückwirkend zum 1. Januar 2011 geändert. § 5 Abs. 4 lautet nun:
15"Die Niederschlagswassergrundgebühr beträgt ab dem 1.1.2011 0,18 Euro pro m2 befestigte und/oder bebaute Grundstücksfläche. Für Grundstücksflächen, von denen Niederschlagswasser nur gedrosselt, über ein auf dem Grundstück errichtetes Regenrückhaltebecken oder sonst nur mit Einschränkungen in die Kanalisation eingeleitet werden kann, werden auf Antrag 50 % der Niederschlagswassergrundgebühr erhoben."
16Mit Änderungsbescheid vom 5. Januar 2012 hat die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid entsprechend der neuen Satzungsbestimmung angepasst und die Niederschlagswasser-Grundgebühr für das streitgegenständliche Grundstück auf (8.531 m² bebaute/befestigte Flächen des Grundstücks x 0,18 Euro/m² = 1.535,58 Euro – 50 % Reduktion wegen eingeschränkter Ableitungsmöglichkeit =) 767,79 Euro herabgesetzt.
17Zu der Reduzierung hat die Beklagte im Erörterungstermin bzw. schriftsätzlich ausgeführt, dass nach einer ihr erteilten Auskunft des Erftverbandes ein Generalentwässerungsplan aufgestellt worden sei, in dem das Kanalnetz in seiner Dimensionierung so geplant sei, dass im Prinzip alle versiegelten Flächen des Gemeindegebiets berücksichtigt seien und das Kanalnetz diese Flächen auch entwässern könnte. Eine Ausnahme bestehe für solche Außenbereichsgrundstücke, wie es hier im wesentlichen streitgegenständlich sei, die große bebaute/befestigte Hofflächen landwirtschaftlicher Betriebe aufwiesen. Nach Auskunft des Erftverbandes seien für solche Grundstücke nicht sämtliche bebauten/befestigten Flächen in die Kanalnetzplanung einbezogen worden. Dementsprechend könne dort bei einem Großregenereignis nicht von sämtlichen bebauten/befestigten Flächen abgeleitetes Regenabwasser in die Kanalisation unmittelbar aufgenommen werden. Bei einer entsprechenden Rückhaltung wäre dies aber ohne weiteres möglich. Vorliegend sei ohne nähere Prüfung unterstellt worden, dass das Niederschlagswasser nur gedrosselt in den Kanal eingeleitet werden könne. Bei der Änderung des Bescheides sei daher eine fünfzig prozentige Ermäßigung vorgenommen worden, obwohl der Kläger einen solchen Antrag nicht gestellt habe.
18Soweit die Beklagte den ursprünglichen Bescheid aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
19Der Kläger beantragt im Übrigen,
20den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 5. Januar 2012 insoweit aufzuheben, als damit eine Niederschlagswassergrundgebühr in Höhe von 767,79 Euro erhoben wird.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Den Ausführungen des Klägers scheine ein Fehlverständnis der Grundlage für die Erhebung einer Grundgebühr und der gerichtlichen Erörterung zugrunde zu liegen. Nach dem Verständnis der Beklagtenseite sei in dem Erörterungstermin keineswegs zum Ausdruck gekommen, dass eine Niederschlagswassergebühr erhoben werden könne, wenn eine Anschlussmöglichkeit an den öffentlichen Kanal bestehe. Die Kammer habe dargelegt, dass die Vorhalteleistung nicht in der bloßen Anschlussmöglichkeit an den Kanal zu sehen sei, sondern in der Möglichkeit der Einleitung, also der Benutzung der vorhandenen Anschlussleitung. Es bestehe deshalb auch keine Diskrepanz zu der von dem Kläger zitierten Entscheidung des OVG NRW vom 25. August 1995, in der ausgeführt werde, dass die Vorhalteleistung einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erbracht werde, ab dem der Betreffende einen Anschluss an das Leitungsnetz unterhalte. Wie das Gericht zutreffend ausgeführt habe, sei dies bei einem im Mischsystem entwässerten Grundstück immer dann der Fall, wenn die Entwässerungseinrichtungen des Grundstücks über einen Anschlusskanal mit dem Mischwasserkanal verbunden seien. Für die Leistungsbereitschaft der Kanalisation komme es nicht darauf an, ob Schmutz- oder Niederschlagswasser über die Hausanschlussleitung tatsächlich eingeleitet werde und auch nicht darauf, in welchem Umfang Niederschlagswasser eingeleitet werde. Die bloße Möglichkeit der Einleitung durch einen betriebsbereiten Anschlusskanal und nicht die Möglichkeit des Anschlusses begründeten die Gebührenpflicht für die Vorhalteleistung.
24Ob von dem Grundstück jeweils unmittelbar sämtliche Niederschlagswassermengen in die Kanalisation eingeleitet würden, sei keine Frage der Erfüllung des Gebührentatbestands, sondern des Umfangs der Gebührenpflicht. Dementsprechend sei nach der Entwässerungsgebührensatzung eine Ermäßigungsmöglichkeit für diejenigen Grundstücke vorgesehen, die nur gedrosselt oder über eine Regenrückhaltung sämtliches Niederschlagswasser in die Kanalisation einleiten könnten. Von dieser Ermäßigungsmöglichkeit habe die Beklagte auch ohne den Antrag des Klägers Gebrauch gemacht, als nur 50 % der Grundgebühr erhoben worden seien. Damit sei dem Umstand, dass das Niederschlagswasser nicht ungedrosselt eingeleitet werden könne, Rechnung getragen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend der Inhalt der Gerichtsakte in Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Der Einzelrichter, dem die Kammer das Verfahren nach § 6 VwGO zur Entscheidung übertragen hat, konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
28Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
29Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.
30Die mit Gebührenbescheid vom 5. Februar 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. Januar 2012 festgesetzte Niederschlagswasser-Grundgebühr für das Jahr 2011 von 767,69 Euro ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
31Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu der Grundgebühr bilden die §§ 1, 2, 4 und 6 des KAG NRW in Verbindung mit §§ 4 Absätze 1 und 7, 5 Abs. 4 der Satzung über die laufenden Entwässerungsgebühren der Gemeinde Rommerskirchen vom 16. Dezember 1994 in der Fassung der rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft gesetzten 15. Änderungssatzung vom 9. Dezember 2011 - GS - .
32Formelle Bedenken gegen die Satzung in der nunmehr vorliegenden Fassung des 15. Nachtrages sind weder geltend gemacht noch sonstwie ersichtlich. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Satzung nicht zu beanstanden. Sie steht - soweit das vorliegende Verfahren eine Überprüfung gebietet - mit den Vorschriften des KAG NRW und übergeordneten gebührenrechtlichen Grundsätzen in Einklang.
33Die 15. Änderungssatzung ist gemäß § 13 GS zum 1. Januar 2011 rückwirkend in Kraft gesetzt worden. Dadurch hat die Beklagte einen ursprünglichen Mangel der zuvor für das Veranlagungsjahr 2011 geltenden Satzung in rechtlich unbedenklicher Weise von Anfang an geheilt.
34Es ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass eine Gebührensatzung rückwirkend geändert werden kann, soweit dadurch Bedenken (der Rechtsprechung) an ihrer Wirksamkeit ausgeräumt werden sollen und wenn dem rückwirkenden Inkraftsetzen kein schützenswertes Vertrauen der betroffenen Gebührenpflichtigen entgegensteht. So liegen die Dinge hier.
35Durch die 15. Änderungssatzung hat die Beklagte vor allem die Regelungen der 14. Änderungssatzung zum Grundgebührenmaßstab und –satz für die Niederschlagswasserbeseitigung ersetzt, die bisher für den streitgegenständlichen Erhebungszeitraum des Jahres 2011 Geltung beanspruchten. Die Neufassung war erforderlich geworden, weil der in der 14. Änderungssatzung vorgesehene Maßstab für die Erhebung der Grundgebühr je "angefangener 100 qm befestigter und/oder bebauter Grundstücksfläche" rechtswidrig war. Er war im Hinblick auf die Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG an die gleichheitssatzgerechte Maßstabsbildung zu grob, weil der Beklagten die befestigten und/oder bebauten Flächen der Grundstücke im Gemeindegebiet aufgrund ihrer Flächenerhebung im Wesentlichen tatsächlich bekannt sind (vgl. das Protokoll des Erörterungstermins vom 30. November 2011). Infolge der Unwirksamkeit der Maßstabsregelung, die aus ihrer Rechtswidrigkeit folgt, war auch der seinerzeit vorgesehene Grundgebührensatz von "18,- Euro je angefangene 100 qm befestigter und/oder bebauter Grundstücksfläche" unwirksam. Denn dessen Berechnung hing unmittelbar von dem gewählten Bemessungsmaßstab ab. Wirksame Regelungen zu Grundgebührenmaßstab und –satz sind allerdings nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG für eine rechtmäßige Gebührenerhebung notwendig. Der Rat der Beklagten durfte die daher für eine rechtmäßige Gebührenerhebung -, d.h. für eine gleichheitssatzgerechte Verteilung der Kosten der Entwässerungseinrichtung auf ihre Benutzer, die durch eine rechtmäßige Maßstabswahl und eine dem gewählten Maßstab entsprechende Gebührensatzregelung bewirkt wird, - erforderliche 15. Änderungssatzung rückwirkend zum Jahresbeginn 2011 in Kraft setzen, um die bisherigen Satzungsmängel durch Festlegung des hinreichend "feinen" Maßstabes für die Bemessung der Grundgebühr von je "1 m² befestigter und/oder bebauter Grundstücksfläche" (§ 4 Abs. 7 GS) und eines diesem Maßstab entsprechenden Gebührensatzes von "0,18 Euro pro 1 m² befestigter und/oder bebauter Grundstücksfläche" (§ 5 Abs. 4 GS) für das Veranlagungsjahr 2011 zu beheben.
36Gegen das rückwirkende Inkrafttreten dieser Regelungen bestehen auch unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der von der Regelung Betroffenen aus folgenden Gründen keine Bedenken. Da aus den o.g. Gründen die Abgabensatzung rechtswidrig war, ermangelte es der Abgabenveranlagung an einer wirksamen Grundlage. Ohne eine solche Grundlage war aber der Benutzungs- und Gebührensachverhalt, der mit der – aufgrund der Regelungen in der Entwässerungsgebührensatzung ursprünglicher Fassung erkennbar – entgeltlichen Inanspruchnahme der Abwasseranlage begründet worden war, noch nicht abgeschlossen. Denn die Gebührensatzung in ihrer Ursprungsfassung konnte als rechtswidrige und daher rechtlich unwirksame Regelung ihre sich aus § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 bis 3 KAG ergebende Funktion nicht erfüllen, den Benutzern der Einrichtung deren (leistungswertdeckende) Kosten nach einem Inanspruchnahmemaßstab aufzuerlegen, der eine gleichheitssatzgerechte Verteilung bewirkt. Griff daher der Satzungsgeber mit seiner (rückwirkenden) Regelung nicht in einen bereits abgeschlossenen Abgabensachverhalt ein, handelt es sich hier um einen Fall einer sog. "unechten Rückwirkung" der Norm. Gegen das grundsätzlich zulässige unecht rückwirkende Inkrafttreten von - Satzungsmängel behebenden - Regelungen zum Gebührenmaßstab und zum Gebührensatz bestehen auch hier keine vertrauensschutzrechtlichen Bedenken. Kein Benutzer einer öffentlichen Einrichtung kann nämlich angesichts der kommunalabgabengesetzlichen Regelungen bei Unwirksamkeit der ursprünglichen, für die Zeit der Benutzung vermeintlich geltenden Satzungsregelungen zu Gebührensatz und -maßstab schutzwürdig darauf vertrauen, von einer Abgabepflicht nach Maßgabe gleichheitssatzgerechter Maßstäbe (im Sinne des § 6 Abs. 3 KAG) und in Höhe kostendeckender Gebührensätze (im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG) verschont zu bleiben.
37Vgl. zur Rückwirkungsproblematik bei Kommunalabgabensatzungen allgemein: Driehaus in Driehaus, Loseblattkommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 2, Rdnr. 32 ff., Stand: September 2007.
38Anhaltspunkte dafür, dass die Gebührenbelastung der Einrichtungsnutzer nach Maßgabe der schließlich für den betroffenen Veranlagungszeitraum beschlossenen Gebührenmaßstäbe und -sätze gänzlich außerhalb erwartbarer Höhen und damit in eventuell ausnahmsweise doch vertrauensschutzrelevanten Bereichen läge, bestehen – vor allem im Hinblick auf die bereits nach den Regelungen der 14. Änderungssatzung von den Gebührenpflichtigen zu gegenwärtigenden und sich durch den feineren Maßstab regelmäßig nur in geringfügigem Umfang verschiebenden Belastungen – nicht.
39Zudem sind keine Fälle denkbar bei denen nach dem neuen Maßstab - 0,18 Euro/m2 - eine höhere Veranlagung (Nachveranlagung) gegenüber dem früheren Maßstab - 18 Euro je angefangene 100 m2 - in Betracht kommt.
40Auch ansonsten begegnet die Satzung keinen Bedenken. Die Erhebung einer Grundgebühr neben einer nach der Inanspruchnahme der Einrichtung bemessenen Benutzungsgebühr (§ 6 Abs. 3 Satz 1 KAG NW) oder einer nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessenen Benutzungsgebühr (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NW), d.h. einer sog. Zusatz- oder Arbeitsgebühr, ist nach § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG NW grundsätzlich ausdrücklich zulässig.
41Unter Grundgebühr versteht man im allgemeinen eine Benutzungsgebühr, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- bzw. Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten ganz oder teilweise abgegolten.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 - 8 C 112.84 - KStZ 1987, 11.
43In diesem Sinne hat der Satzungsgeber den Begriff Grundgebühr auch verstanden, wie die ausdrückliche Erwähnung dieser Form der Inanspruchnahme einer Abwasseranlage durch den Begriff der "Vorhalteleistung" in § 4 Abs. 1 GS zeigt.
44Entgegen der klägerseitig vertretenen Auffassung nimmt ein Grundstück die durch die öffentliche Entwässerungseinrichtung gebotenen niederschlags(-ab-)wasserbezogenen Vorhalteleistungen nicht allein für die bebauten/befestigten Flächen in Anspruch, die abflusswirksam an den öffentlichen Kanal angeschlossen sind. Vielmehr nimmt – entsprechend den Regelungen zum Tatbestand der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen und zur Bemessung des Umfangs dieser Inanspruchnahme in § 4 Abs. 1 und 7 GS – ein Grundstück, das an einen zur Aufnahme von Niederschlags(-ab-) wasser bestimmten öffentlichen Kanal a n g e s c h l o s s e n ist, die Vorhalteleistung grundsätzlich für jeden einzelnen Quadratmeter befestigter und/oder bebauter Grundstücksfläche ab, ohne dass es auf dessen Abflusswirksamkeit ankäme. Die genannten Satzungsregeln sind bei sachgerechter Auslegung in dem dargelegten Sinne zu verstehen, da insbesondere in § 4 Abs. 1 GS von den "angeschlossenen Grundstücken" als Veranlagungsgegenstand die Rede ist.
45Die so verstandenen Satzungsregeln sind auch rechtens, denn sie beziehen entgegen der klägerseitigen Auffassung keine "Nichtleistung" in den Inanspruchnahmetatbestand ein.
46Der nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Gebührensatzung zu regelnde Tatbestand der gebührenauslösenden Inanspruchnahme einer Leistung einer öffentlichen Einrichtung setzt sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) aus einem tatsächlichen Element und regelmäßig auch aus einem Willenselement zusammen. Das bedeutet für die in Rede stehende Grundgebühr: die Tatbestandsregelung der Satzung muss eine tatsächliche u n d willentliche Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch den Gebührenschuldner erfassen, um die Gebühr rechtmäßigerweise entstehen lassen zu können. Diese Anforderung ist hier dadurch erfüllt, dass die Satzung die Gebührenentstehung in § 4 Abs. 1 GS wie dargelegt sinngemäß davon abhängig macht, dass ein Anschluss zwischen dem Grundstück und dem öffentlichen Kanal unterhalten wird.
47Der Tatbestand der (tatsächlichen und willentlichen) Benutzung der Vorhalteleistung einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ist jedenfalls ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem an der Betreffende einen Anschluss an das Leitungsnetz unterhält.
48Vgl. OVG NW, Urteile vom 25. August 1995 – 9 A 3907/93 und vom - 5. September 1985 - 2 A 2499/83 - KStZ 1986, 117.
49Von diesem Zeitpunkt an kommen die Vorhalteleistungen der öffentlichen Einrichtung in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes dem Anschlussnehmer nämlich bereits (tatsächlich) voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig abnahmebereit gehaltene Leitungsnetz sich jederzeit (und nur noch abhängig von seinen Willensentscheidungen) der unerwünschten Stoffe (Abwasser) entledigen kann. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des OVG NW geklärt, dass – bei entsprechender Satzungsgestaltung wie im vorliegenden Fall – die Grundgebühr, die ausschließlich der Deckung der invariablen Kosten (Vorhaltekosten) dient, sogar dann entsteht, wenn nur die Vorhalteleistung in Anspruch genommen wird.
50Vgl. OVG NW, Urteile vom 25. August 1995 und vom 5. September 1985, aaO.
51Für die Inanspruchnahme der von der Gemeinde für ein Grundstück vorgehaltenen Leistungsbereitschaft der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zur Aufnahme von Niederschlags(-ab-)wasser und damit für das Entstehen der Grundgebühr kommt es daher nicht darauf an, ob Niederschlags(-ab-)wasser, das sich bei Regenereignissen auf den bebauten/befestigten Flächen eines Grundstück sammelt [vgl. zur Abwasserdefinition: § 54 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), § 51 Abs. 1 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG)], tatsächlich in die öffentliche Kanalisation abgeleitet wird; dies ist nur für die Entstehung der zusätzlichen Arbeitsgebühr von Bedeutung. Vielmehr wird die über die Grundgebühr zu entgeltende Vorhalteleistung bereits dann willentlich für alle bebauten/befestigten Grundstücksflächen in Anspruch genommen, wenn von dem betroffenen Grundstück aus eine betriebsbereite Anschlussleitung unterhalten wird, über die Niederschlags(-ab-)wasser in einen öffentlichen Kanal abgeleitet werden kann.
52Die Einbeziehung aller bebauten /befestigten Flächen eines angeschlossenen Grundstücks in die Grundgebührenveranlagung ist gerechtfertigt, weil ihnen insgesamt ein Vorhaltevorteil geboten wird. Die Gemeinde, die grundsätzlich für die Abwasserbeseitigung zuständig ist (vgl. § 53 Abs. 1 LWG), hält nämlich die Entwässerungsbereitschaft regelmäßig für alle im Einzugsbereich eines Kanals liegenden bebauten/befestigten und damit entwässerungsrelevanten Grundstücksflächen vor und zwar unabhängig von ihrer aktuellen Abflusswirksamkeit. Denn diese Flächen sind üblicherweise – wegen ihrer potentiellen Abflusswirksamkeit – bei der Planung und Dimensionierung der Entwässerungsanlagen vorausschauend berücksichtigt worden; deswegen besteht im Übrigen für diese Flächen nach den gemeindlichen Entwässerungssatzungen regelmäßig auch ein Anschlussrecht. Durch ihre Dimensionierungsrelevanz haben auch die (noch) nicht abflusswirksamen bebauten/befestigten Flächen eines Grundstücks zur Entstehung der Vorhaltekosten beigetragen. Daher ist es sachgerecht, die angeschlossenen Grundstücke auch wegen dieser Flächen an den durch die Vorhaltung des Entwässserungsnetzes entstehenden Kosten, deren Finanzierung die Grundgebühr dient, zu beteiligen.
53Der mithin einerseits von der Gemeinde allen bebauten/befestigten Flächen eines Grundstücks – unabhängig von ihrer aktuellen Abflusswirksamkeit – tatsächlich gebotene (Vorhalte-)Vorteil der Entwässerungsbereitschaft wird andererseits vom Anschlussnehmer für sämtliche bebauten/befestigten Grundstücksflächen auch willentlich in Anspruch genommen, sobald er einen Grundstücksanschluss an den zur Aufnahme des Abwassers bereiten Kanal unterhält. Von dem Zeitpunkt der willentlichen Anschlussnahme an nimmt er der Gemeinde die allen bebauten/befestigten Flächen seines Grundstück gebotene Vorhalteleistung ab und nutzt das für alle Flächen bestehende vorhaltekostenintensive Entwässerungsangebot. Der Anschlussnehmer kann sich der Folgen der willentlichen Anschlussnahme, d.h. der Entstehung der Grundgebührenpflicht (auch) für die nicht abflusswirksam bebauten/befestigten Grundstücksflächen nicht dadurch entziehen, dass er die innere Verbindung von den bebauten/befestigten Flächen zur Anschlussleitung – entgegen der entsprechenden Verpflichtung aus dem Anschluss- und Benutzungszwang der gemeindlichen Entwässerungssatzung – nicht herstellt. Mit der willentlichen Anschlussnahme an einen Kanal, der zur Niederschlags(-ab-)wasserbeseitigung bestimmt ist, ist zugleich der Wille zur Inanspruchnahme der für die bebauten/befestigten Flächen des Grundstücks von der Gemeinde dem Grundstück insgesamt gebotenen niederschlags(ab-)wasserbezogenen Vorhalteleistungen verbunden; dies gilt auch, wenn im Einzelfall die Verbindung mit gewissen technischen Schwierigkeiten verbunden sein sollte, solange der Zumutbarkeitsrahmen des Anschluss- und Benutzungszwangs nicht überschritten wird. Nach der Herstellung der Anschlussleitung zwischen Grundstück und Kanal hat es der Gebührenschuldner allenfalls noch in der Hand zu entscheiden, ob und inwieweit er zusätzlich zu der Grundgebühr die Arbeitsgebühr zur Entstehung bringt, indem er die innere Verbindung zwischen den bebauten/befestigten Flächen seines Grundstücks und der Anschlussleitung tatsächlich herstellt; denn bereits durch die willentliche Anschlussnahme hat er die Grundgebühren für sämtliche bebauten/befestigten Flächen seines Grundstücks zur Entstehung gebracht, auch soweit sie mangels innerer Verbindung zum Anschlusskanal nicht in den Kanal entwässern, weil ihm bereits zu diesem Zeitpunkt der gesamte Vorhaltevorteil zufließt.
54Der gewählte Maßstab begegnet auch keinen sonstigen Bedenken. Für die Bemessung der - verbrauchsunabhängigen - Inanspruchnahme der Vorhalteleistung einer öffentlichen Einrichtung kommt regelmäßig nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NW in Betracht, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität orientieren kann.
55Vgl. OVG NW, Urteil vom 25. August 1995 a.a.O. unter Hinweis auf: BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 aaO.
56Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es bei einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab genügt, dass der von der Maßstabsregelung vorausgesetzte Zusammenhang zwischen Gebührenbemessung und Art und Umfang der Inanspruchnahme denkbar und nicht offensichtlich unmöglich ist. Diesen Anforderungen genügt der durch den Satzungsgeber gewählte Gebührenmaßstab, bei dem sich der Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung nunmehr "je Quadratmeter befestigter und/oder bebauter Grundstücksfläche" bemisst. Die Dimensionierung eines Kanalnetzes für die Ableitung von Regenwasser muss sich orientieren an den voraussichtlich bei starken Regenfällen dem Kanalnetz zufließenden Wassermengen. Die Zuflussmenge wird vor allem bestimmt durch die auf den an das Kanalnetz angeschlossenen Grundstücksflächen in einer bestimmten Zeiteinheit anfallende Regenmenge. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass - in etwa gleiche topographische Verhältnisse vorausgesetzt - von bebauten und/oder befestigten Grundstücksflächen mehr und schneller Regenwasser der Kanalisation zufließt als von anderen Grundstücksflächen, bei denen ein Teil der anfallenden Regenmenge versickern kann. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Satzungsgeber von den für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität maßgeblichen Parametern (Gesamtfläche eines angeschlossenen Grundstücks, Topographie dieser Fläche, Anteil der unbefestigten Fläche einerseits, der befestigten, überbauten und überdachten Fläche andererseits) die Parameter Gesamtfläche, Verhältnis der überbauten, überdachten und befestigten Fläche zu den unbefestigten Flächen und Topographie vernachlässigt und allein auf den bei starkem Regenfall den Zufluss vermutlich am stärksten beeinflussenden Zuflussfaktor abstellt, nämlich die Größe der auf dem angeschlossenen Grundstück vorhandenen befestigten und/oder überbauten Fläche. Im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsaussage erscheint die Annahme denkbar und nicht offensichtlich unmöglich, dass, je größer die bebaute und befestigte Fläche eines angeschlossenen Grundstücks ist, um so mehr Regenwasser der Regenkanalisation zufließen kann und um so mehr Regenwasserkanalisation für den möglichen Regenwasseranfall vorgehalten werden muss.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. August 1995 a.a.O.
58Auch der Umstand, dass gemäß der Darlegung der Beklagten im Erörterungstermin zur Dimensionierung des Kanalnetzes und seiner Aufnahmebereitschaft für Regenwasser bei einem Großregenereignis anders als im Regelfall bei v e r e i n z e l t e n Grundstücken im Gemeindegebiet nicht von sämtlichen bebauten/befestigten Flächen eines Grundstücks abgeleitetes Regenabwasser von der Kanalisation unmittelbar aufgenommen werden könnte, sondern dies nur bei einer entsprechenden Rückhaltung ohne weiteres möglich wäre und mithin nicht alle Grundstücke bei vollständigem Anschluss aller ihrer bebauten und befestigten Flächen das dort gesammelte Niederschlags(-ab-)wasser in die öffentliche Entwässerungsanlage ableiten könnten, steht der Rechtmäßigkeit der Grundgebührenveranlagung nach dem gewählten Maßstab der bebauten/befestigten Flächen eines angeschlossenen Grundstücks unabhängig von ihrer Abflusswirksamkeit als solcher aus folgenden Gründen hier nicht entgegen.
59Nach den von der Beklagten vorgelegten Zahlen über die Gebührenbedarfsberechnung entfallen – selbst wenn als Vorhaltekosten nur die jedenfalls verbrauchsunabhängig anfallenden kalkulatorischen Kosten angesetzt werden – von den kalkulatorischen (Vorhalte-)Kosten in Höhe von 2.328.485 Euro 44,4 % auf die Regenwasserentsorgung, d.s. 1.033.847,34 Euro; davon werden 414.000,- Euro, d.h. ca. 40 %, über die Niederschlagswasser-Grundgebühr veranlagt und nicht, wie die Beklagte fälschlicherweise zu Protokoll gegeben hat, 25 %. In diesem Zusammenhang ergeht der Hinweis, dass das Protokoll dennoch keiner Berichtigung bedarf, weil das, was protokolliert wurde, nämlich dass die Beklagte insoweit eine (unzutreffende) Zahl von 25 % angegeben hat, richtig war.
60Deckt eine Grundgebühr wie hier allenfalls vier Zehntel der Vorhaltekosten, steht der gewählte Gebührenmaßstab, nach dem die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung nach sämtlichen bebauten/befestigten Flächen eines angeschlossenen Grundstücks bemessen wird, auch dann nicht in einem unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten bedenklichen offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme, wenn einzelne Außenbereichsgrundstücke bei einem Vollanschluss ihr Niederschlags(-ab-)wasser nicht jederzeit in vollem Umfang ungedrosselt in die Kanalisation ableiten könnten. Zudem sieht § 5 Abs. 4 S. 2 GS vor, dass Grundstücke, von denen bei Vollanschluss Niederschlags (-ab-)wasser nur gedrosselt in den Kanal abgeleitet werden kann, auf Antrag in den Genuss einer 50-%-Grundgebührenreduktion kommen. Damit ist in der Satzung dem Umstand, dass diesen Grundstücken ausnahmsweise nur eine gegenüber dem Regelfall geminderte Vorhalteleistung geboten wird, durch die Umlegung nur von Teilen der Vorhaltekosten über den Grundgebührensatz und durch die Möglichkeit der Grundgebührenreduktion in ausreichender Weise Rechnung getragen.
61Soweit der Kläger unter Hinweis auf den Beschluss des OVG NRW vom 30. April 2004 – 9 A 2522/03 - geltend macht, dass nach dieser Entscheidung eine Differenzierung beim Gebührenmaßstab dann geboten sei, wenn das Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung so unterschiedlich sei, dass bei einer gleichmäßigen Umlage der erforderliche Zusammenhang zwischen der Höhe der Gebühren und dem Maß der Inanspruchnahme nicht mehr gegeben sei, geht dies ins Leere, weil vorliegend der Zusammenhang zwischen Inanspruchnahme und der Höhe der Gebühren offensichtlich gegeben ist. Das OVG NRW hat in der durch den Kläger zitierten Entscheidung die Zahl der Grundstücksanschlüsse als Maßstab für eine Entwässerungsgrundgebühr für ungeeignet gehalten, wenn trotz gleicher Zahl und Größe der Anschlüsse die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung sehr unterschiedlich ist. Dies kann nach Auffassung des OVG NRW dann der Fall sein, wenn nur über einen einzelnen Anschluss, der weniger als 10 % aller Anschlüsse ausmacht, die Vorhalteleistung in einem Maß in Anspruch genommen wird, das erheblich vom Maß der Inanspruchnahme der übrigen Anschlüsse abweicht, und wenn die Auswirkungen auf die Betroffenen erheblich sind (hier bejaht für den Fall, in dem das Klärwerk etwa zur Hälfte seiner Kapazität auf einen Anschluss ausgelegt war). Vorliegend ist aber Maßstab für die Grundgebühr die Größe der bebauten/befestigen Fläche; dieser Maßstab ist vom OVG NRW auch für die Grundgebühr wie bereits oben dargelegt anerkannt, weil durch ihn ein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung und deren Bemessung gewährleistet ist, der zu keinem offensichtlichen Missverhältnis in der Verteilungswirkung führt. Den Ausnahmefällen, in denen nur eine gedrosselte Zuleitung möglich wäre, ist wie dargelegt ausreichend Rechnung getragen.
62Gemäß den vorstehenden Ausführungen nimmt der Kläger hier für sämtliche veranlagten bebauten/befestigten Flächen seines Grundstücks die Vorhalteleistung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung in Anspruch, weil das Grundstück – was unstreitig ist – an den öffentlichen Mischwasserkanal angeschlossen ist, der auch für die Aufnahme von Niederschlags(-ab-)wasser bestimmt ist. Den Umstand, dass auch das streitgegenständliche Grundstück bei einem Vollanschluss seiner bebauten/befestigten Flächen das bei Starkregenereignissen anfallende Abwasser u.U. nur gedrosselt ableiten könnte, hat die Beklagte bei der Veranlagung durch die Gewährung der 50 % Gebührenreduktion berücksichtigt.
63Der Veranlagung aller bebauten/befestigten Flächen seines Grundstücks kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, er befülle von den Dachflächen der Kartoffellagerhalle aus einen baurechtlich geforderten Löschwasserteich und leite von weiteren Flächen Niederschlags(-ab-)wasser in ein Biotop. Auch wegen dieser Flächen bietet die Entwässerungseinrichtung dem angeschlossenen Grundstück den vollen Vorhaltevorteil.
64Nach der Entwässerungssatzung der Beklagten besteht nämlich für sämtliche bebauten/befestigten Flächen des streitgegenständlichen Grundstücks ein Anschluss- und Benutzungszwang bzgl. des öffentlichen Kanals. Anhaltspunkte dafür, dass die in Rede stehenden Flächen nicht dem Anschluss- und Benutzungszwang unterlägen, etwa weil der nutzungsberechtigte Grundstückseigentümer nach § 53 Absätze 3a Satz 1, 4 oder 5 LWG selbst entwässerungspflichtig wäre oder weil ein Anschluss der (noch nicht) abflusswirksamen Flächen (finanziell) unzumutbar wär und der Anschlussnehmer daher insoweit ohnehin durch die Vorhalteleistungen keinen Vorteil hätte, bestehen nicht. Da von bestimmten Grundstücksflächen tatsächlich Niederschlags(-ab-)wasser in den öffentlichen Kanal abgeleitet wird, ist ein Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Kläger nicht anzunehmen; ein solcher ist auch nicht behauptet.
65Solange Flächen eines angeschlossenen Grundstücks einer Anschluss- und Benutzungspflicht unterliegen, kann sich der Betroffene der aus der bloßen Anschlussnahme resultierenden Grundgebührenpflicht nicht dadurch entziehen, dass er den Anschluss pflichtwidrig unterlässt und das Abwasser, das der Nutzungsberechtigte nach § 53 Abs. 1c LWG der Gemeinde zu überlassen hat, eigenmächtig anderweitig entsorgt. Erst wenn und soweit er im Besitz einer von der Gemeinde erteilten Befreiung/Freistellung vom Anschluss- und Benutzungszwang wäre (vgl. § 53 Abs. 3a Satz 2 LWG), dürfte der Tatbestand der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der öffentlichen Abwassereinrichtung für die der Befreiung/Freistellung unterliegenden Flächen beendet sein, obwohl das Grundstück im Übrigen angeschlossen bliebe. Denn mit der Erteilung der Befreiung/Freistellung dürfte die Gemeinde zum Ausdruck gebracht haben, dass sie dem Grundstück die Vorhaltevorteile für den Zeitraum der Geltung der Befreiung/Freistellung bzgl. der von ihr erfassten Flächen nicht länger zukommen lassen will. Eine solche Befreiung hat die Beklagte aber hier nicht erteilt.
66Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, waren die Kosten nach billigem Ermessen zu verteilen. Dem entspricht es, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, weil sie insoweit den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben und sich damit in die Rolle der Unterlegenen begeben hat. Im Übrigen waren die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, weil er mit der Klage unterlegen ist, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kostenquote entspricht in etwa der von beiden nach ihrem Nachgeben bzw. Unterliegen zu tragenden Kostenlast.
67Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO ergangen.
68Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO).