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Zu den Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens auf die Rundfunkgebührenpflicht.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung i.H.v. 110 % des zu vollstrecken-den Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger ist seit Mai 1995 mit einem Radio und einem Fernsehgerät als Rundfunkteilnehmer angemeldet (Teilnehmer Nr. 00000000).
3Nach eigenen Angaben ist er seit mehreren Jahren durchgehend wegen einer geistigen Behinderung Empfänger von Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe. Aus diesem Grunde wurde er mehrfach von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, unter anderem in den Zeiträumen von Juni 2004 bis Mai 2007 und von August bis Oktober 2007.
4Für weitere Zeiträume setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger mit folgenden Bescheiden Rundfunkgebühren jeweils einschließlich eines Säumniszuschlages i.H.v. 5 Euro fest:
5- 2. November 2007 für die Monate Juni und Juli 2007 in Höhe von insgesamt 39,06 EUR,
6- 1. Februar 2008 für die Zeit von November 2007 bis Januar 2008 in Höhe von insgesamt 56,09 EUR,
7- 1. Mai 2008 für die Zeit von Februar bis April 2008 in Höhe von insgesamt 56,09 EUR und
8- 1. August 2008 für die Zeit von Mai bis Juli 2008 in Höhe von insgesamt 56,09 EUR.
9Nachdem die Begleichung der mit oben genannten Bescheiden festgesetzten Rundfunkgebühren unter dem 2. Oktober 2008 angemahnt worden war, meldete sich der Kläger ausweislich zweier Vermerke bei der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (GEZ) am 13. Oktober 2008 telefonisch. Danach wurde dem Kläger bei dieser Gelegenheit sein Kontostand erklärt. Daraufhin habe er um Ratenzahlung gebeten und angekündigt, einen vorsorglichen Befreiungsantrag zu stellen und einen Bewilligungsbescheid über Grundsicherung in beglaubigter Kopie nach Erhalt nachzureichen. Dementsprechend übersandte die GEZ dem Kläger unter dem 14. Oktober 2008 einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht und bot ihm eine entsprechende Ratenzahlung an. Der Kläger nahm die Ratenzahlungen auf. Unterlagen zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gingen indes zunächst bei der GEZ nicht ein.
10Ausweislich eines weiteren Vermerkes wurde der Kläger am 11. März 2009 in einem Telefonat erneut über den Kontostand, die Gebührenpflicht und die Möglichkeiten der Befreiung informiert. Noch unter demselben Datum wurden dem Kläger erneut ein Befreiungsantrag und ein Ratenzahlungsangebot übersandt.
11Daraufhin stellte der Kläger unter dem 16. März 2009 – bei der GEZ nach Angaben des Beklagten noch im selben Monat eingegangen – einen neuerlichen Befreiungsantrag und übersandte hierzu seinen Bewilligungsbescheid über Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung in der Zeit von November 2008 bis Oktober 2009 sowie den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 5. Mai 2008 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit (Az. 61 IK 35/08). Einen entsprechenden Befreiungsantrag stellte der Kläger auch im September 2009 und reichte hierzu den Bewilligungsbescheid für den Zeitraum November 2009 bis Oktober 2010 nach. Hierauf kam es zu zwei weiteren Befreiungen von der Rundfunkgebührenpflicht mit Bescheiden vom 14. April 2009 (für die Monate April bis Oktober 2009) und 8. Januar 2010 (für die Zeit von November 2009 bis Oktober 2010).
12Das Amtsgericht Duisburg kündigte dem Kläger mit Beschluss vom 7. September 2009 im oben genannten Insolvenzverfahren Restschuldbefreiung an (§ 291 der Insolvenzordnung – InsO) und hob schließlich mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 dieses Verfahren mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung auf (§ 200 InsO).
13Mit Bescheid vom 6. November 2009 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Rundfunkgebühren für die Zeit von August 2008 bis einschließlich März 2009 in Höhe von insgesamt 144,09 EUR einschließlich eines Säumniszuschlages i.H.v. 5 Euro fest.
14Hiergegen erhob der Kläger mit Fax vom 7. Dezember 2009 Widerspruch und verwies zur Begründung darauf, dass er seit dem Jahr 2005 durchgehend Sozialhilfeempfänger sei, er daher rückwirkend von der Gebührenpflicht zu befreien und der Gebührenbescheid gemäß § 49 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) aufzuheben sei.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2010 – dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10. Februar 2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt – wies der Beklagte diesen Widerspruch zurück und führte hierzu aus: Die Befreiung beginne mit dem Monat, der auf den Monat der Antragstellung folge. Eine rückwirkende Befreiung sei nicht zulässig, auch wenn die Befreiungsvoraussetzungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hätten, eine Antragstellung jedoch nicht erfolgt sei. Für den festgesetzten Zeitraum liege ein Antrag auf Gebührenbefreiung nicht vor. Daher bestehe für diesen Zeitraum Gebührenpflicht.
16Mit der hiergegen gerichteten Klage vom 10. März 2010 trägt der Kläger vor: Er habe auch für die hier streitigen Zeiträume rechtzeitig und ordnungsgemäß Befreiungsanträge über den Weg des Sozialamtes Duisburg gestellt. Diese seien offensichtlich nicht bei der GEZ angekommen. Nach Angaben des für ihn bei der Stadt Duisburg zuständigen Sozialarbeiters sei es jedoch nicht selten, dass derartige Befreiungsanträge an die GEZ gerade bei Sozialhilfeempfängern wie zufällig verloren gingen. Er könne mit seinen beschränkten Mitteln keine Rundfunk- und Fernsehgebühren bezahlen. Daher sei er gemäß § 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien und der Gebührenbescheid gemäß § 49 Abs. 1 VwVfG NRW aufzuheben. Auch eine rückwirkende Änderung des Gebührenbescheides sei durch den RGebStV nicht ausgeschlossen. Insbesondere enthalte § 6 RGebStV keinen dem § 37 Abs. 2 S. 1 SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende vergleichbaren Ausschluss der rückwirkenden Aufhebung von Bescheiden der GEZ. Im Übrigen habe sich die Gebührenforderung des Beklagten erledigt. Denn der Beklagte habe offensichtlich trotz Kenntnis des Insolvenzverfahrens seine Forderungen gegen ihn nicht zur Tabelle nach §§ 175 ff. InsO angemeldet. Bei einer Privatinsolvenz bestehe das Vollstreckungsverbot des §§ 88, 90 InsO auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fort, da die Restschuldbefreiung nach § 291 Abs. 1 InsO angekündigt worden sei (vgl. §§ 201 Abs. 3, 294 InsO). Vor diesem Hintergrund bestünden konkrete Anhaltspunkte für die Nichtigkeit des streitbefangenen Bescheides. Mit diesem Bescheid versuche der Beklagte, nachdem durch Beschluss des Amtsgerichts Duisburg seine Masselosigkeit festgestellt worden sei, eine durch das Insolvenzverfahren untergegangene Gebührenforderung durchzusetzen. Dies mache den Bescheid sittenwidrig im Sinne des §§ 44 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 VwVfG NRW. Bei den mit ihm geltend gemachten Gebühren handele es sich um Masseverbindlichkeiten, die der Restschuldbefreiung unterfielen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Zahlungszeitpunkte nach § 4 Abs. 3 RGebStV auf einen Zeitpunkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fielen. Denn bei der Rundfunkgebührenpflicht handele es sich um eine Art Dauerschuldverhältnis. § 301 InsO beziehe sich bezüglich des Ausschlusses von der Restschuldbefreiung indes nur auf Neugläubiger, zu denen die Landesrundfunkanstalt aufgrund des "Dauerschuldverhältnisses" nicht zähle. Einschlägig seien vielmehr §§ 103, 55 InsO. Ihm werde die durch Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Informationsfreiheit genommen, wenn er zwar Fernseher bzw. Radio behalten (§ 811 der Zivilprozessordnung – ZPO), aber wegen Nichtleistungsfähigkeit hinsichtlich der Rundfunkgebühren diese Geräte nicht zum Empfang bereithalten dürfe. Außerdem werde er in seinem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass er – obwohl massefrei und insolvent – laufende Rundfunkgebühren bezahlen solle. Hinsichtlich der Frage der Rundfunkgebührenpflicht im Falle der Insolvenz eines Sozialhilfeempfängers bedürfe es einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht.
17Der Kläger beantragt,
181. den Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. November 2009 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2010 aufzuheben,
192. den Beklagten zu verpflichten, ihn für den Zeitraum von August 2008 bis März 2009 von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er führt hierzu aus: Nach Ablauf der gewährten Gebührenbefreiung zum Ende des Monats Oktober 2007 habe der Kläger zunächst keinen Folgeantrag auf Rundfunkgebührenbefreiung gestellt, obwohl er im Rahmen eines Telefonats auf die Möglichkeit einer vorsorglichen Antragstellung hingewiesen und ihm ein entsprechendes Antragsformular übersandt worden sei. Erst am 16. März 2009 habe er einen erneuten Befreiungsantrag gestellt. Ein entsprechender Antrag sei jedoch zwingende Voraussetzung für die Befreiung von Rundfunkgebührenpflicht. Soweit der Kläger einwende, für den streitgegenständlichen Zeitraum rechtzeitige Befreiungsanträge beim Sozialamt Duisburg gestellt zu haben, so werde dies bestritten. Der Kläger sei nach allgemeinen Beweisregeln gehalten, den Zugang der Befreiungsanträge beim Beklagten zu beweisen. Eine rückwirkende Gebührenbefreiung schließe die Regelung des § 6 Abs. 5 RGebStV aus. Die Rechtsauffassung des Klägers zu den Auswirkungen des Insolvenzverfahrens hätte zur Folge, dass dieser sowie sonstige Rundfunkteilnehmer, die sich in Insolvenz befänden, Rundfunkgeräte nutzen könnten, ohne hierfür Gebühren zahlen zu müssen. Es sei nicht zutreffend, dass es sich beim Rundfunkteilnehmerverhältnis um so etwas wie ein Dauerschuldverhältnis handele. Grundsätzlich werde die Rundfunkgebühr monatlich für die Nutzung von Rundfunkempfangsgeräten bezahlt. Sie entstehe jeweils mit Beginn des betreffenden Monats.
23Das erkennende Gericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers mit Beschluss vom 8. Juni 2010 abgelehnt, das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) die hiergegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 17. Januar 2011 zurückgewiesen (Az. 16 E 721/10).
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Der Einzelrichter hat von der vom Kläger angeregten Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer gemäß § 6 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abgesehen, da sich auch aus der aktuellen Prozesslage nicht ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.
27Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat nicht den mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht im Zeitraum von August 2008 bis einschließlich März 2009 (1.) und die mit dem Klageantrag zu 1. angegriffene Festsetzung der Rundfunkgebühren für diesen Zeitraum gegenüber dem Kläger mit Bescheid des Beklagten vom 6. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 2. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (2.), vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
281. Der Kläger war für die Monate von August 2008 bis einschließlich März 2009 nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien, obwohl er auch in diesem Zeitraum Empfänger von Grundsicherung bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel des SGB XII) war. Denn nach dieser Vorschrift wird eine solche Befreiung nur auf Antrag und, wie der Regelung des § 6 Abs. 5 Hs. 1 RGebStV zu entnehmen ist, nur für Zeiten nach Antragstellung, d.h. nicht rückwirkend ausgesprochen. § 6 Abs. 5 Hs. 1 RGebStV sieht nämlich vor, dass der Beginn der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht in der Entscheidung über den Antrag auf den Ersten des Monats festgesetzt wird, der dem Monat folgt, in dem der Antrag gestellt wird. Der Kläger hat nach seiner bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Befreiung jedoch erstmals wieder unter dem 16. März 2009 beim Beklagten einen Befreiungsantrag gestellt. Zuvor hatte er telefonisch im Oktober 2008 einen (vorsorglichen) Befreiungsantrag lediglich angekündigt.
29Dass der Kläger nach eigenem Bekunden beim Sozialamt Duisburg Befreiungsanträge eingereicht hat, ist insoweit unbeachtlich. Derartige Befreiungsanträge sind gemäß § 6 Abs. 4 RGebStV bei der für die Erhebung von Rundfunkgebühren zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen. Für den streitbefangenen Zeitraum sind solche Anträge beim Beklagten oder der von ihm beauftragten GEZ jedenfalls nicht zur Akte gelangt. Der Beklagte bestreitet insoweit den Eingang. Der Kläger hat den Zugang solcher Anträge beim Beklagten auch nicht nachgewiesen. Er ist hierfür jedoch beweispflichtig.
30Denn bei dem Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne von § 130 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Eine Willenserklärung wird, wenn sie in Abwesenheit des Empfängers abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Nach § 130 Abs. 3 BGB findet die Regelung des § 130 Abs. 1 BGB auch bei Erklärungen gegenüber einer Behörde Anwendung. Grundsätzlich obliegt daher dem Erklärenden für das Zugehen der Willenserklärung die entsprechende Beweislast.
31Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 26. April 2001 - 4 A 5369 -.
322. Vor diesem Hintergrund ist auch die Festsetzung der Rundfunkgebühren gegenüber dem Kläger für den Zeitraum von August 2008 bis einschließlich März 2009 mit Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. November 2009 rechtlich nicht zu beanstanden.
33Rechtsgrundlage der Heranziehung sind §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 1 und Abs. 2 RGebStV. Der Kläger war im genannten Zeitraum für die von ihm zum Empfang bereitgehalten Rundfunkempfangsgeräte gebührenpflichtig. Insbesondere war er in diesem Zeitraum nicht gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht befreit und hatte nach oben Gesagten auch keinen Anspruch auf eine solche Befreiung. Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Zulässigkeit einer rückwirkenden Aufhebung des Gebührenbescheides wegen zu gewährender Befreiung stellt sich insoweit nicht, da nach den gesetzlichen Vorgaben – wie gesehen – die Befreiung selbst jedenfalls nicht rückwirkend erfolgen kann.
34Die Höhe der für den streitbefangenen Zeitraum festgesetzten Rundfunkgebühren sowie des Säumniszuschlags begegnet keinen Bedenken. Die Höhe der Rundfunkgebühr ergibt sich aus § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages in der Fassung des Achten und Elften Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge. Der Säumniszuschlag findet seine Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 18. November 1993 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 3. Juni 2002, die gemäß § 4 Abs. 7 RGebStV mit Genehmigung der Landesregierung erlassen wurde.
35Wie bereits im Prozesskostenhilfeverfahren festgestellt, ist die dem Bescheid vom 6. November 2009 zugrunde liegende Gebührenforderung – entgegen dem Vortrag des Klägers – auch nicht in dessen Insolvenzverfahren untergegangen. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers ist mit dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts Duisburg am 5. Mai 2008 eröffnet und mit dem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren überreichten Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 15. Oktober 2009 mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung wieder aufgehoben worden. Dem Kläger ist zwar mit weiterem Beschluss vom 7. September 2009 eine Restschuldbefreiung angekündigt worden (vgl. § 291 der Insolvenzordnung – InsO). Diese wird aber gemäß §§ 286, 301 Abs. 1 InsO nur gegen Insolvenzgläubiger wirken. Hierzu zählen nach § 38 InsO nur Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Die Forderung des Beklagten auf Entrichtung der mit Bescheid vom 6. November 2009 festgesetzten Rundfunkgebühren ist jedoch frühestens zu einem ersten Teil im August 2008 entstanden, also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so dass insoweit keine Restschuldbefreiung eintreten wird.
36Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. September 2005 – 7 C 05.2201 -, juris (Rn. 6); Lang in: Braun, Insolvenzordnung – Kommentar, 3. Aufl., § 301 Rn. 2 f.
37Dass der Beklagter hinsichtlich der hier fraglichen Rundfunkgebühren nicht Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO ist, räumt der Kläger letztlich selbst ein, indem er ausführt, dass es sich bei diesen Gebühren um Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 InsO handelt. Bereits der Wortlaut des § 301 Abs. 1 InsO spricht dagegen, derartige Masseverbindlichkeiten der Restschuldbefreiung zu unterwerfen.
38Vgl. offenlassend BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - IX ZR 73/06 -, juris (Rn. 16); verneinend Niedersächsisches FG, Beschluss vom 18. August 2010 - 3 K 124/09 -, juris (Rn. 32); Stephan in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 301 Rn. 8; Haarmeyer in: Smid (Hrsg.), Insolvenzordnung – Kommentar,2. Aufl., § 301 Rn. 5.
39Jedenfalls aber ist dem Kläger eine Restschuldbefreiung bisher lediglich gemäß § 291 InsO angekündigt worden. Nach dem betreffenden Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 7. September 2009 beträgt die Laufzeit der Abtretung sechs Jahre ab dem 5. Mai 2008, so dass eine Restschuldbefreiung gemäß § 300 Abs. 1 InsO frühestens im Mai 2014 erteilt werden kann.
40Auch das Vorbringen des Klägers zu etwaigen insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverboten führt nicht weiter. Abgesehen davon, dass derartige Verbote nicht der Festsetzung der Gebührenforderungen, sondern allenfalls ihrer Vollstreckung entgegenstehen dürften, greifen solche Verbote vorliegend nicht ein. Das Vollstreckungsverbot bei Masseverbindlichkeiten nach § 90 InsO ist spätestens mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 15. Oktober 2009 und damit vor Erlass des streitgegenständlichen Gebührenbescheides vom 6. November 2009 entfallen. Dasjenige des § 294 Abs. 1 InsO für die Wohlverhaltensperiode gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für Massegläubiger gerade nicht.
41So BGH, a.a.O.
42Schließlich bedarf es auch nicht der vom Kläger angeregten "Vorlage an das Bundesverfassungsgericht" zur Klärung der Frage der Rundfunkgebührenpflicht im Falle der Insolvenz eines Sozialhilfeempfängers. Denn diese Frage stellt sich nicht, da der Rundfunkgebührenstaatsvertrag die Möglichkeit der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gerade für Empfänger entsprechender Sozialleistungen vorsieht (§ 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV). Dass das diesbezügliche Antragserfordernis den Rundfunkteilnehmer nicht in seinen Grundrechten verletzt, liegt auf der Hand.
43Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
44Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.