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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer des Grundstückes mit der postalischen Bezeichnung "N 6" in P. Das Grundstück ist mit einem im Juni 2010 bezugsfertig gewordenen Einfamilienhaus bebaut. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes soll das auf den bebauten bzw. befestigten Flächen des Grundstücks anfallende Niederschlags(-ab-)wasser in einen öffentlichen (offenen) Wassergraben abgeleitet werden. Das auf 178 m² der bebauten bzw. befestigten Flächen des Grundstücks anfallende Niederschlags(-ab-)wasser wird auch in einen öffentlichen (offenen) Wassergraben abgeleitet. In einer ersten Flächenerklärung hatten die Kläger allerdings angegeben, dass von den insgesamt 240 m² bebauter bzw. befestigter Fläche des Grundstücks Niederschlags(-ab-)wasser in den Graben geleitet werde.
3Daher zog die Beklagte die Kläger mit Bescheid vom 26. April 2011 wegen des Grundstücks zunächst zu Niederschlagswassergebühren für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 in Höhe von 132.- Euro (= 240 m² x 1,10 Euro/m²/Jahr; anteiliger Zeitraum) und für das Jahr 2011 in Höhe von 264,- Euro (= 240 m² x 1,10 Euro/m²) heran.
4Zur Begründung der am 27. Mai 2011 erhobenen Klage haben die Kläger Folgendes vorgetragen. Die Gebührenfestsetzung sei rechtswidrig, weil sie ihr Niederschlags(-ab-) wasser nicht in die öffentliche Kanalisation einleiteten. Gemäß Bebauungsplan sei ihnen aufgegeben, das Niederschlags(-ab-)wasser in eine angrenzende Grünfläche, eine naturnahe Parkanlage oder einen Wassergraben einzuleiten. Die Ableitung in den Wassergraben hätte sie einen baulichen Aufwand im Wert von 1.500.- Euro gekostet. Sie seien daher nach § 8 Abs. 4 der städtischen Entwässerungssatzung von der Überlassungspflicht freigestellt. Nachbarn hätten von der Beklagten einen sog. Null-Bescheid erhalten und müssten keine Niederschlagswassergebühren zahlen. Die Beklagte könne nicht einerseits von ihnen Gebühren verlangen und von den Nachbarn nicht.
5Nachdem die Kläger mit Erklärung vom 16. Mai 2011, bei der Beklagten eingegangen am 25. Mai 2011, mitgeteilt hatten, dass in den Wassergraben Niederschlags(-ab-) wasser nur von bebauten bzw. befestigten Flächen im Umfang von 178 m² eingeleitet werde, hat die Beklagte im Laufe des Klageverfahrens die Veranlagung herabgesetzt und mit Bescheid vom 1. Juli 2011 die Heranziehung der Kläger zu Niederschlagswassergebühren für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 auf einen Betrag in Höhe von 97,90 Euro (= 178 m² x 1,10 Euro/m²/Jahr; anteiliger Zeitraum) und für das Jahr 2011 in Höhe von 195,80 Euro (= 178 m² x 1,10 Euro/m²) gesenkt.
6Die Kläger beantragen sinngemäß,
7den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2011 in der Fassung, die er durch den Bescheid vom 1. Juli 2011 gefunden hat, aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie tritt der Klagebegründung unter Bezugnahme auf ihre Bescheide entgegen und führt ergänzend aus: Das klägerische Grundstück sei an einen offenen Wassergraben angeschlossen, der der Entwässerung der angrenzenden Grundstücke diene; das Abwasser werde in den C, ein natürliches Fließgewässer, eingeleitet. Der Graben, den sie selbst unterhalte, sei Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung. Daher seien die Kläger gebührenpflichtig.
11Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Der Einzelrichter, dem die Kammer das Verfahren nach § 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat, konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
14Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Sie ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden, soweit die Beklagte die ursprüngliche Festsetzung der Niederschlagswassergebühren in dem Bescheid vom 26. April 2011 durch den Bescheid vom 1. Juli 2011 herabgesetzt hat; soweit die danach verbliebene Festsetzung angefochten ist, ist die Klage unbegründet.
15Der angefochtene Bescheid vom 26. April 2011 ist in der Fassung, die er durch den Bescheid vom 1. Juli 2011 gefunden hat, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16Die Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu den Niederschlagswassergebühren für die veranlagten Zeiträume bilden §§ 1, 2, 4 und 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit §§ 18 – 20, 22 und 23 der "Entwässerungssatzung der Stadt P vom 18. Dezember 2006" (ES) in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 lit b) der Abgabesatz-Satzungen 2010 bzw. 2011 vom 21. Dezember 2009 bzw. vom 13. Dezember 2010.
17Danach ist der Gebührenanspruch für die Veranlagungszeiträume in der geforderten Höhe entstanden. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzungsbestimmungen, die der Heranziehung zugrundeliegen, sind weder geltend gemacht noch - soweit das vorliegende Verfahren eine Überprüfung gebietet - ersichtlich. Auch bzgl. der individuellen Heranziehung der Kläger zu den Gebühren, die in Anwendung dieser Satzungsbestimmungen erfolgte, bestehen dem Grunde und der Höhe nach keine rechtlichen Bedenken. Insoweit ist ohnehin nur streitig, ob die Kläger den gebührenauslösenden Inanspruchnahmetatbestand erfüllen. Dies ist entgegen ihrer Auffassung aber der Fall.
18Die Kläger haben in den veranlagten Zeiträumen den in der Entwässerungssatzung festgelegten Tatbestand erfüllt, an den die Benutzungsgebührenpflicht nach § 38 AO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) KAG NRW sowie § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 2 und § 6 KAG NRW anknüpft. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ES erhebt die Stadt nämlich für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage zur Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers Gebühren. Wie sich aus der Regelung in § 22 Abs. 1 ES des näheren ergibt, besteht die Inanspruchnahme in der Einleitung von Niederschlags(-ab-)wasser, das von den bebauten, überbauten und / oder befestigten Grundstücksflächen unmittelbar oder mittelbar in die öffentliche Abwasseranlage gelangt. Diesen Inanspruchnahmetatbestand haben die Kläger erfüllt, indem sie das von bebauten und befestigten Flächen ihres Grundstücks abfließende Niederschlags(-ab-)wasser in einen städtischen Wassergraben einleiten und zwar von Flächen im unstreitigen Umfang von 178 m². Damit nahmen sie die Leistungen der öffentlichen Abwasseranlage in Anspruch, so dass sie dem Grunde nach zur Zahlung von Gebühren als Gegenleistung verpflichtet sind.
19Entgegen der Auffassung der Kläger erfüllt nicht nur die Ableitung von Abwasser in einen öffentlichen Kanal, sondern dessen Ableitung in jeglichen Teil der öffentlichen Abwasseranlage den Benutzungstatbestand. Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 8 lit. a) ES gehören zur öffentlichen Abwasseranlage das gesamte öffentliche städtische Entwässerungsnetz einschließlich aller technischen Einrichtungen und u.a. insbesondere auch offene und geschlossene Gräben und Versickerungsanlagen, soweit sie von der Stadt entsprechend ihrer Zweckbestimmung und im Einklang mit den Vorschriften des Wasserrechts zur öffentlichen Abwasserbeseitigung benutzt werden. Wie die Erwähnung von Versickerungsanlagen zeigt, ist der in § 2 Nr. 8 lit. a) ES verwendete Begriff des "Entwässerungsnetzes" nicht so zu verstehen, dass er die öffentliche Abwasseranlage auf Anlagen beschränken soll, die untereinander physisch vernetzt sind; vielmehr soll er die Gesamtheit der zu öffentlichen Entwässerungszwecken bestimmten Anlagen des gemeindlichen Entwässerungssystems erfassen, das sich über das Stadtgebiet erstreckt und in diesem zweckbestimmten Sinne ein "Netz" bildet. Denn jedenfalls Versickerungsanlagen können ihren Abwasserbeseitigungszweck isoliert erfüllen, auch ohne mit dem übrigen Kanalnetz der Gemeinde physisch verbunden zu sein.
20Ob auch der hier zur Ableitung genutzte Wassergraben, der nach dem einschlägigen Bebauungsplan als "öffentliche Grünfläche – Wassergraben" festgesetzt und zur Aufnahme des von den angeschlossenen Grundstücken abgeleiteten Niederschlags(-ab-) wassers bestimmt ist, Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung ist, hängt davon ab, ob er technisch geeignet ist, den Entwässerungszwecken der Einrichtung zu dienen, und ob er von der Gemeinde auch durch Widmung zu diesem Zweck bestimmt ist.
21Vgl. in diesem Sinne Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 31. August 2010 – 15 A 89/10 –, S. 5 des Beschlussabdrucks m.w.N.
22Ein Anlageteil ist für den Zweck der Abwasserbeseitigungseinrichtung technisch geeignet, wenn er die unschädliche Ableitung der Abwässer sicherstellt. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn die Anlage die Grundstücksabwässer aufnimmt und sie aus dem Bereich des zu entwässernden Grundstücks soweit ableitet, dass die Abwässer nicht mehr zu erheblichen Belästigungen für das ableitende Grundstück führen können. Was danach mit den Abwässern im Verlauf der gemeindlichen Abwasseranlage geschieht, d.h. die Frage, wie die Gemeinde mit dem Abwasser zu seiner weiteren Entsorgung verfährt, berührt den gebührenbelasteten Nutzer, dessen Grundstück ordnungsgemäß entwässert wird, nicht.
23Vgl. in diesem Sinne Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil 7. September 1987– 2 A 993/85 –,OVGE 39, 179 (184).
24An der Eignung des städtischen Wassergrabens, das von dem angeschlossenen klägerischen Grundstück abgeleitete Niederschlags(-ab-)wasser in dem genannten Sinne aufzunehmen und unschädlich abzuleiten, bestehen keine Zweifel; solche sind auch nicht geltend gemacht.
25Der Wassergraben ist von der Beklagten ferner auch dazu gewidmet worden, als Teil der gemeindlichen Entwässerungsanlagen den Zwecken der Abwasserbeseitigung zu dienen.
26Eine (betriebsfähige) Anlage wie der hier in Rede stehende Wassergraben wird zu einem Teil einer Entwässerungseinrichtung durch Widmung, d.h. durch die in der Form eines Verwaltungsaktes erfolgende Bestimmung der zu widmenden Sache dazu, dem öffentlichen Entwässerungszweck zu dienen. Da die Widmung von Sachen zu Entwässerungszwecken nicht formgebunden ist, kann sie auch konkludent erfolgen,
27vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. September 1987 – 2 A 993/85 – OVGE 39, 179 (184 f.),
28d.h. durch "Indienststellung" des Anlagenteils für die Einrichtungszwecke unter nach außen erkennbarer formloser Bekundung des Widmungswillens.
29Dabei belegt hier schon der (nach außen erkennbare) Umstand, dass mit Wissen und Wollen und auf (bauplanerische) Veranlassung der Beklagten durch die Klägerseite Niederschlags(-ab-)wasser in den auf entsprechender bauplanerischer Grundlage eigens zu (öffentlichen) Entwässerungszwecken erstellten Wassergraben eingeleitet wird, dass auch dieser als Teil des städtischen Entwässerungs-"netzes" der Entsorgungsaufgabe der Entwässerungseinrichtung zu dienen bestimmt ist. Hinzu kommt, dass der der Niederschlags(-ab-)wasserbeseitigung dienende Wassergraben von der Beklagten auch unterhalten wird. Dies ist ein weiteres Indiz für seine Widmung als Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung.
30Einer wirksamen Widmung des Wassergrabens als Teil der öffentlichen Abwasseranlage steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Graben auch um ein Gewässer im wasserrechtlichen Sinne handeln könnte.
31Gegen die wasserrechtliche Gewässereigenschaft des Grabens spricht allerdings, dass nach der Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 Satz 2 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG) Anlagen zur Ableitung von Abwasser und gesammeltem Niederschlags(-ab-)wasser, dem hier einschlägigen Fall, sowie Straßenseitengräben keine Gewässer sind. Diese landesgesetzliche Ausnahme vom bundeswasserrechtlichen Gewässerbegriff nach § 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) findet ihre Rechtfertigung in § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG. Danach können die Länder kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung von den Bestimmungen des WHG ausnehmen; zu "Gewässern" dieser Art zählen nach den im WHG genannten Beispielsfällen insbesondere auch Straßenseitengräben als Bestandteil von Straßen und Entwässerungsgräben.
32Selbst wenn für die den hier in Rede stehenden Abwassergraben aber eine Gewässereigenschaft unterstellt würde, stünde diese Eigenschaft der Bewertung des Wassergrabens als Teil der öffentlichen Abwasseranlage nicht entgegen.
33Nach der sog. Zwei-Naturen/Funktionen-Theorie, die sowohl vom Bundesverwaltungsgericht als auch von dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vertreten wird, ist es nämlich nicht ausgeschlossen, dass ein Gewässer im wasserrechtlichen Sinne zugleich Teil einer öffentlichen Abwasseranlage sein kann. Es ist daher eine Frage des Einzelfalls, ob ein bestimmtes Gewässer gleichzeitig Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung ist oder nicht.
34Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 28. April 2008 – 7 B 16/08 –, (veröffentlicht in juris) und Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 18. Dezember 2007 - 9 A 2398/03 -, (veröffentlicht in juris).
35Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Gewässer im Einzelfall Bestandteil einer öffentlichen Entwässerungsanlage ist, ist zu berücksichtigen, dass die öffentliche Anlage jedenfalls an der Stelle endet, an der das Abwasser dem natürlichen Wasserkreislauf endgültig übergeben wird, ohne dass noch eine weitere abwassertechnische Behandlung erfolgt.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 1991, - 2 A 2455/89 –, m.w.N. aus der Rechtsprechung.
37Da der Wassergraben künstlich mit der Zweckbestimmung hergestellt worden ist und dazu unterhalten wird, das auf den angeschlossenen Grundstücken anfallende Niederschlags(-ab-)wasser zu sammeln und dem natürlichen Vorfluter des Buchenbaches zuzuführen, wird das Abwasser erst mit dessen Ableitung in diesen Bach dem natürlichen Wasserkreislauf endgültig übergeben. Denn zuvor findet durch die Sammlung und Ableitung des Abwassers in dem Entwässerungsgraben noch eine entwässerungstechnisch "geordnete" Behandlung des Niederschlags(-ab-)wassers in dem Sinne statt, dass es über das künstliche Grabensystem zu einer mittelbaren und "zentralisierten", wasserrechtlich zuträglichen, d.h. dem Fassungsvermögen des Vorfluters angepassten Ableitung des von den angeschlossenen Grundstücken abgeleiteten Niederschlags(-ab-)wassers in den Bach und zu keinem "dezentralen" Abfluss des Abwassers von den einzelnen Grundstücken in den Bach kommt.
38Vor diesem Hintergrund ist das künstlich angelegte, öffentliche Abwassergrabensystem jedenfalls nicht rechtlich zwingend als außerhalb der öffentlichen Entwässerungsanlage stehend zu bewerten, so dass die Abwassergräben nach der Zwei-Naturen/Funktionen-Theorie selbst als Gewässer von der Stadt auch wirksam als Teil der öffentlichen Entwässerungsanlage gewidmet werden konnten.
39Der Hinweis der Kläger auf die Befreiungsmöglichkeit vom Anschluss- und Benutzungszwang nach § 8 Abs. 4 Satz ES geht bzgl. der hier maßgeblichen Frage, ob sie die öffentliche Entwässerungseinrichtung nutzen, ins Leere, da die Kläger durch die Ableitung ihres Niederschlags(-ab-)wassers in den Graben die öffentliche Abwasseranlage tatsächlich nutzen und sie zur Abwasserbeseitigung in Anspruch nehmen. Da die Kläger im Einverständnis mit der Beklagten Anschluss an das öffentliche Grabensystem genommen haben, kann keine Rede davon sein, dass ihnen eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang erteilt worden wäre.
40Erfüllen mithin die Kläger durch die Ableitung von Abwasser in den Wassergraben den Inanspruchnahmetatbestand der Entwässerungssatzung, sind sie als Grundstückseigentümer auch Gebührenschuldner (vgl. § 20 Abs. 1 ES) und dem Grunde nach zu Recht zu den streitgegenständlichen, nicht festsetzungsverjährten Abwassergebühren veranlagt worden.
41Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der auf der Grundlage der einschlägigen Satzungsbestimmungen über Gebührensatz und -maßstab festgesetzten Niederschlagswassergebühren des Jahres 2010 (anteilig) und des Jahres 2011, die bis zum 1. Januar 2011 entstanden sind (vgl. §§ 22 und 23 ES in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. a) ASS 2010 und 2011), sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insoweit ist die Gebührenfestsetzung auch nicht streitig.
42Unerheblich für den Umfang der Gebührenpflicht ist es, wie das von der öffentlichen Abwasseranlage, deren Teil der Wassergraben ist, aufgenommene und aus dem Bereich des zu entwässernden Grundstücks entfernte Abwasser auf seinem weiteren Weg behandelt wird. Ob das Abwasser – je nach der Behandlungsart, die in dem gemeindlichen Abwasserbeseitigungskonzept vorgesehen ist, durch dessen Umsetzungsmaßnahmen die Entwässerungsaufgaben nach § 53 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG) regelmäßig ordnungsgemäß erfüllt werden (vgl. § 53 Abs. 1a LWG), –nach der Übernahme durch die Abwassereinrichtung über einen Kanal noch einer Klärung zugeführt wird, ob es über einen Kanal oder Graben nach kurzem Streckenverlauf ungeklärt in einen natürlichen Vorfluter eingeleitet wird, ob es auf dem Weg zum Vorfluter schon teilweise versickert wird oder ob es ortsnah einer Versickerung zugeführt wird, spielt für die Gebührenpflicht und ihre Höhe keine Rolle, solange das Grundstück selbst ordnungsgemäß entwässert wird.
43Vgl. in diesem Sinne: OVG NRW, Urteil vom 7. September 1987 - 2 A 993/85 - OVGE 39, 179 (184).
44Denn der Gebührenzahler erhält mit der Ableitung seines Abwassers in eine Anlage der Einrichtung die volle, durch die Gebührenzahlung zu entgeltende Entwässerungsleistung: Er wird sein Abwasser gefahrlos "los" und die Gemeinde übernimmt die Verantwortung für dessen weitere Beseitigung. Die Arbeitsergebnisse aller dieser Formen der Abwasserbeseitigung sind für den Anschlussnehmer in diesem Sinne gleichwertig. Da die Bemessung der Gebühren nicht kostenbezogen, sondern leistungsbezogen erfolgt,
45vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 1979 - II A 371/77 -,
46ist es bei dieser Sachlage nicht unangemessen, auch die Anschlussnehmer eines Wassergrabens mit dem gleichen Gebührensatz zu veranlagen wie Anschlussnehmer, die ihr Niederschlagswasser in einen Kanal entsorgen. Denn die Gemeinde bietet in beiden Fällen dem Gebührenschuldner eine gleichwertige Gegenleistung. Sie sorgt für eine ordnungsgemäße Entwässerung, gleich ob sie das Abwasser über einen (offenen) Wassergraben oder etwa über ein Rigolensystem in einen Bach ableitet oder ob sie das Abwasser zunächst über einen Kanal und ev. sogar über eine Kläranlage führt, bevor sie es in einen Vorfluter einleitet. Die Grundstücksanschlusskosten an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage hat der Anschlussnehmer im Übrigen in allen diesen Fällen selbst zu tragen.
47Schließlich können die Kläger gegen ihre Heranziehung auch nicht mit Erfolg einwenden, dass Nachbarn keine Niederschlagswassergebühren zu zahlen hätten, sondern ihnen vielmehr "Null-Bescheide" erteilt worden wären. Dieser Vortrag ist zu schon zu unsubstantiiert, um mit diesem unterschiedlichen Heranziehungsverhalten einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) begründen zu können. Denn die Beklagte hat mit der Klageerwiderung mitgeteilt, dass jeder Eigentümer, der seine befestigten Flächen in die öffentliche Abwasseranlage entwässert, auch zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird. Es ist vor diesem Hintergrund schon nicht klar, ob der Fall der ungenannten Nachbarn, auf den die Kläger sich beziehen, mit dem der Kläger überhaupt vergleichbar ist. Denn es ist auch denkbar, dass die Nachbarn entweder kein Abwasser in die Anlage einleiten oder dem Beklagten die Einleitung bislang verschwiegen haben. Abgesehen davon gibt es aber auch keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht; die Beklagte ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG gesetzlich zwingend verpflichtet, die Benutzungsgebühren zu erheben, weil die Entwässerungseinrichtung überwiegend dem Vorteil einzelner Personen, d.s. hier alle Nutzer, dient.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
49Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO).