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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist als Wohnungsgenossenschaft überwiegend in W tätig; zu ihrem Wohnungsbestand zählen rund 515 Wohnungen. Dazu gehören auch die Häuser Ostraße 1218 in W, für welche die Klägerin in vorliegendem Verfahren die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis zwecks Aufbringung eines Wärmedämmputzes begehrt.
3Die Gebäude Ostraße 1218 liegen im Geltungsbereich der Satzung der Stadt W für den Denkmalbereich Nr. 2 "S" (Denkmalbereichssatzung Nr. 2) vom 25. November 1999 – im Folgenden Denkmalbereichssatzung . Der räumliche Geltungsbereich dieser Denkmalbereichssatzung umfasst die Ostraße ab ihrem Abzweig von der T Straße bis zum Beginn der E-Straße sowie Bereiche der nördlich von der Ostraße abzweigenden Straßen Bstraße, E1straße und S1straße sowie der südlich von der Ostraße abzweigenden Straßen H Straße, Q-Straße und S1straße.
4Der Rat der Stadt W hatte in seiner Sitzung am 5. Mai 1998 auf Empfehlung des Bau- und Planungsausschusses die öffentliche Auslegung der Denkmalbereichssatzung beschlossen. Der Entwurf lag vom 10. August 1998 bis 9. September 1998 zur Einsichtnahme offen; die diesbezügliche Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt des Kreises W. Zugleich wurden die Bürger zu einem Informationsabend eingeladen, der am 13. August 1998 stattfand. Eine weitere Informationsveranstaltung erfolgte am 31. Mai 1999. In der Ratssitzung am 15. Juni 1999 beschloss der Rat der Stadt W den Erlass der Denkmalbereichssatzung; der Oberkreisdirektor W erteilte als zuständige Obere Denkmalbehörde mit Bescheid vom 22. September 1999 die erforderliche Genehmigung. Die Denkmalbereichssatzung wurde im Amtsblatt des Kreises W vom 9. Dezember 1999 öffentlich bekannt gemacht. Mit Schreiben vom 21. August 1998 hatte die Klägerin bezugnehmend auf die Bürgerinformationsveranstaltung vom 13. August 1998 zum Ausdruck gebracht, dass sie der Denkmalbereichssatzung grundsätzlich positiv gegenüberstehe und es für sehr sinnvoll halte, den siedlungsartigen Charakter des S festzuschreiben.
5Dem Erlass der Denkmalbereichssatzung liegt das Gutachten des Beigeladenen zum Denkmalbereich W, Siedlung S vom 26. August 1997 zugrunde; auf dieses Gutachten wird Bezug genommen. Ziel der Ausweisung eines Denkmalbereichs S sei der Erhalt des strukturellen städtebaulichen Zusammenhangs des Siedlungsganzen und der historischen Bausubstanz als zentralem Träger des Erscheinungsbildes. Die historische Bausubstanz sei von wenigen Ausnahmen abgesehen noch in ihrem historischen Zeugniswert für die Entwicklung des Kleinwohnungsbaus in der Siedlung S erhalten. Trotz Unterschiede in der Detailausführung ließen sich grundsätzliche Übereinstimmungen und wesentliche Charakteristika feststellen, die auf die gemeinsamen Ideale der damaligen Bauträger zurückzuführen und bis heute erkennbar seien. Ausweislich einer der Anlagen zu dem Gutachten war die Bautätigkeit in der Hand einer geringen Anzahl von Bauträgern und Architekten konzentriert. Der vorgeschlagene Denkmalbereich sei ein Zeugnis des Kleinwohnungswesens in Siedlungsform, wobei bereichsprägende Elemente der Grundriss, die aufgehende Bausubstanz und die zugehörigen Freiflächen seien. Grundzug des räumlichen Erscheinungsbildes von S sei eine dem Kleinwohnungsgedanken entsprechende Sachlichkeit und Schlichtheit sowohl der Einzelhäuser als auch der städtebaulichen Disposition und der Gestaltung des Straßenraums. Die historische Bausubstanz sei zentraler Träger des Erscheinungsbildes. Ihr Schutz beziehe sich vor allem auf den Erhalt von Material, Maß, Proportion, Anordnung sowie Groß- und Detailgestaltung, insbesondere Gebäudehöhen und –volumen, Baukörperstellung, Dachformen und –neigungen, Fensterformen, Baumaterialien. Die erhaltenswerten charakteristischen Elemente der Straßenzüge und Einzelhäuser wurden in Anlage 1 zu dem Gutachten vom 26. August 1997 beschrieben. Zu den Gebäuden Ostraße 1218 heißt es in Anhang 1 Baubeschreibungen :
6"Ostraße 12/14/16/18 vier Häuser unter einem Walmdach, zweigeschossig, je zwei Fensterachsen, verputzt, die mittleren zwei Häuser sind durch einen Zwerchgiebel mit Satteldach zu einer Einheit zusammengefasst (Betonung der Mitte), jeweils zwei Eingänge und Toilettenfenster liegen nebeneinander und werden zusammengefasst durch den konsolengestützten Türsturz, Eingänge liegen zurückversetzt, horizontale Gliederung durch Sockel und Fensterbankgesims, pro Haus eine Dachluke."
7Zuvor war geplant worden, Wohnblocks südlich und nördlich der Ostraße, zu denen auch die Baulichkeiten Ostraße 1218 gehörten, als ein Baudenkmal zu werten und einzutragen. Im Rahmen des Gutachtens des Beigeladenen zur Begründung der Denkmaleigenschaft wird auch auf die Betonung der Rechtwinkligkeit und Horizontale durch verbindende Gesimse an großen und kleinen Fenstern abgestellt.
8§ 3 – Sachlicher Geltungsbereich (Schutzgegenstand) – der Denkmalbereichssatzung lautet u.a. wie folgt:
9"Im Geltungsbereich dieser Satzung ist geschützt das Erscheinungsbild des Siedlungsgebiets, insbesondere der strukturelle städtebauliche Zusammenhang des Siedlungsganzen und die historische Bausubstanz als zentralem Träger des Erscheinungsbildes.
10Der Schutz der historischen Substanz bezieht sich insbesondere auf den Erhalt von Material, Maß, Proportion, Anordnung sowie Groß- und Detailgestaltung, z.B. Gebäudehöhen und –volumen, Baukörperstellung, Dachformen und –neigungen, Fensterformen. ....
11Das geschützte Erscheinungsbild, insbesondere die (bauliche) Abfolge des Siedlungsbildes ist durch Fotografien dargestellt (Anlage 5)."
12Anlage 5 enthält Fotografien des Türbereichs der Häuser Ostraße 12 und 14, die den nebeneinander liegenden Eingang mit Toilettenfenster zeigen zusammengefasst durch den konsolengestützten Türsturz, ferner die horizontale Gliederung durch Sockel und Fensterbankgesims. In § 4 der Denkmalbereichssatzung wird u.a. wegen der weiteren Details der Begründung zur Unterschutzstellung des Denkmalbereichs auf das nachrichtlich beigefügte Gutachten des Beigeladenen mit einer Beschreibung der die Siedlung prägenden baulichen Anlagen Bezug genommen.
13Durch Schreiben vom 12. Juli 2006 betreffend Modernisierung der Häuser Ostraße 1218 in W beantragte die Klägerin Wärmedämmungen an Fassaden und Dächern bei gleichzeitiger Dacherneuerung für diese Objekte. Aus dem beigefügten Leistungsverzeichnis über auszuführende Wärmedämmverbundsystemarbeiten Straßen, Hof und Giebelseiten; Außenfassade – geht hervor, dass die Verwendung von Fassadendämmplatten mit einer Dicke von 10 cm beabsichtigt ist. Die Klägerin führt in ihrem Antrag aus, die Stuckteile der Vorderfront würden mit dem Systemmaterial der Firma D nachgebildet; die Struktur der Gebäudeform bleibe damit weitestgehend erhalten.
14Die Klägerin zog diesen Antrag zwecks Prüfung von Alternativen bei dem Ortstermin am 5. September 2006 zurück, nachdem erhebliche denkmalrechtliche Bedenken gegenüber den Wärmedämmputzarbeiten geäußert worden waren.
15Auf den Antrag der Klägerin vom 14. November 2006 wurde durch Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2006 im Benehmen mit dem Beigeladenen die Erlaubnis nach der Denkmalbereichssatzung für die Erneuerung der Dacheindeckung erteilt.
16Mit Schreiben vom 28. Februar 2007 wiederholte die Klägerin hinsichtlich des Objektes Ostraße 1218 den Antrag, die Fassaden Wärme zu dämmen insbesondere wegen des Erfordernisses, den Energieverbrauch zu reduzieren. Die Klägerin wies in diesem Schreiben darauf hin, die Innendämmung im Mietwohnungsbau werde Schwierigkeiten verursachen; sie betonte des Weiteren, die Gebäude müssten sich auch bei umweltkritischen Mietinteressenten am Vermietungsmarkt behaupten, der Wohnungsbestand müsse dauerhaft vermietungsfähig bleiben.
17Mit dem an den Beigeladenen gerichteten Schreiben vom 18. Juni 2007 führte der Beklagte aus, die beantragte Maßnahme werde nicht für erlaubnisfähig gehalten, und bat um Stellungnahme. Der Beklagte wies darauf hin, eine denkmalrechtliche Erlaubnis in Bezug auf Wärmedämmarbeiten an Fassaden sei nach Einzelfallprüfung erteilt worden. Solche Erlaubnisse betrafen die Hausgruppen Ostraße 13 und Ostraße 28 sowie die Hausgruppen Bstraße 13, 24, 57 und 6. Die beiden Hausgruppen hätten ihr historisches Erscheinungsbild bereits durch den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg verloren; die Hausgruppen an der Bstraße zeigten sich schlicht und ohne Putzdekorationen. Die Dekorationen durch Ziegelsteingewänden an den Hauseingangstüren seien erhalten geblieben.
18In seiner Stellungnahme führte der Beigeladene durch Schreiben vom 5. Juli 2007 aus, die bei den Wohngebäuden Ostraße 1218 geplanten Wärmedämmmaßnahmen seien unter denkmalfachlichen Gesichtspunkten nicht erlaubnisfähig; insofern werde zu dem Entscheidungsvorschlag das Benehmen hergestellt. Der Gestaltwert des Denkmales spreche gegen die geplanten Maßnahmen, die neben den Veränderungen des Erscheinungsbildes und damit verbundenen Plastizität des Denkmals den völligen Verlust des Schutzgutes der historischen Baustoffe zur Folge hätte. Bei der Verbreiterung der Dicke der Außenhülle des Gebäudes würden die Fenster automatisch tiefer in der Fassade sitzen und somit die Anschlussstellen Gesims, Sohlbank, Fenstersturz als Detailpunkte durch die Vergrößerung der Laibungen verändert werden. Gleiches gelte für Türen. Die Oberflächengestaltung mit ihren historischen Anschlüssen, auch Dachanschlüssen, sei Schutzgut und die Veränderung des gesamten Erscheinungsbildes des Baukörpers durch Wärmedämmung nicht genehmigungsfähig.
19Die Klägerin wurde durch Schreiben des Beklagten vom 10. August 2007 zur beabsichtigten Ablehnung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis angehört. Durch Bescheid vom 4. März 2008 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin zur Erteilung einer Erlaubnis zur Durchführung der Wärmedämmung an Fassaden ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf den Schutz der historischen Substanz verwiesen; bei einer nach altem Erscheinungsbild erneuerten Fassade handele es sich nur noch um eine Kopie, die historische Bausubstanz sei vernichtet. Die hervorgehobenen Qualitäten seien als Geschichtszeugnis mit originalen Materialien, Details und Detailanschlüssen, Proportionen und Maßen zu erhalten. Der Gestaltwert des Denkmals spreche gegen die geplanten Maßnahmen, die neben den Veränderungen des Erscheinungsbildes und damit verbunden Plastizität des Denkmals den völligen Verlust des Schutzgutes der historischen Baustoffe zur Folge hätte.
20Mit ihrer am 29. März 2008 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, im Gebiet der Denkmalbereichssatzung seien Außenwärmedämmungen und Dacherneuerungen nicht unerheblichen Ausmaßes durchgeführt worden. Die Wärmedämmverbundfassaden bewirkten keine Veränderungen, die den Siedlungscharakter gefährdeten. Geschützt nach der Denkmalbereichssatzung sei die Siedlungsstruktur; bei den Gebäuden handele es sich nicht um Einzeldenkmäler. Eine Innendämmung sei sehr problematisch, habe Einfluss auf das Raumklima, verringere die Wohnfläche und führe dadurch zu Mieteinbußen. Bei steigender Verknappung von Energieressourcen sei herauszustellen, dass den Vorgaben des Klimaschutzes Rechnung zu tragen sei; die beantragte Wärmedämmung werde neben der Verringerung der Energiekosten die CO2-Belastung halbieren.
21Die Klägerin beantragt,
22den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 4. März 2008 zu verpflichten, die beantragte Wärmedämmung der Häuser Ostraße 1218 in W zu genehmigen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen,
25wobei er sich im Wesentlichen auf die in der Verwaltungsentscheidung aufgeführten Gründe stützt.
26Der Beigeladene beantragt,
27die Klage abzuweisen,
28wobei er im Wesentlichen auf seine schriftsätzliche Stellungnahme vom 31. Oktober 2008 hinsichtlich der Auswirkungen des Wärmedämmverbundsystems verweist.
29Gemäß Beweisbeschluss vom 21. August 2008 ist die Örtlichkeit in Augenschein genommen worden; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die Ortsbesichtigung vom 5. November 2008 verwiesen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe:
32Die zulässige Klage ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 4. März 2008, mit dem die denkmalrechtliche Erlaubnis zur Durchführung einer Sanierungsmaßnahme (Wärmedämmung an Fassaden) für die Gebäude Ostraße 1218 in W abgelehnt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
33Gemäß § 9 Abs. 1 a DSchG NRW bedarf der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde, wer Baudenkmäler verändern will – gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW unterliegt der Denkmalbereich mit der Unterschutzstellung den Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes. Gemäß § 5 Abs. 1 Denkmalbereichssatzung sind im Geltungsbereich der Satzung die Regelungen des § 9 DSchG NRW entsprechend anzuwenden; der schriftlichen Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde bedarf, wer Anlagen im Denkmalbereich verändern will, wenn durch die Maßnahme das geschützte Erscheinungsbild beeinträchtigt wird. Beide Voraussetzungen sind zu bejahen: Die Aufbringung der Wärmedämmung auf die Außenseite der Fassade verändert das Gebäude und beeinträchtigt das geschützte Erscheinungsbild, indem der konsolengestützte Türsturz sowie die horizontale Gliederung durch Sockel und Fensterbankgesims durch die Bauarbeiten beseitigt werden müssten und allenfalls nachgebildet werden könnten.
34Die Denkmalbereichssatzung vom 25. November 1999 ist formell rechtswirksam zustande gekommen; das Verfahren genügt den Vorgaben der §§ 5, 6 DSchG NRW. Insbesondere ist den interessierten Bürgern durch die Informationsabende am 13. August 1998 und 31. Mai 1999 Gelegenheit zu Bedenken und Anregungen gegeben worden. In der Sitzung des Rates der Stadt W am 15. Juni 1999, in welcher die Denkmalbereichssatzung beschlossen wurde, fasste der Rat zuvor den Beschluss, dass den zur Denkmalbereichssatzung eingereichten Anregungen und Bedenken nicht entsprochen werde.
35Gemäß § 5 Abs. 1 DSchG NRW werden durch Satzung der Gemeinde Denkmalbereiche unter Schutz gestellt. Gemäß § 2 Abs. 3 DSchG NRW sind Denkmalbereiche Mehrheiten von baulichen Anlagen, und zwar auch dann, wenn nicht jede dazugehörige einzelne bauliche Anlage die Voraussetzungen eines Denkmals erfüllt. Denkmalbereiche können Stadtgrundrisse, Stadt-, Ortsbilder und -silhouetten, Stadtteile und -viertel, Siedlungen, Gehöftgruppen, Straßenzüge, bauliche Gesamtanlagen und Einzelbauten sein sowie deren engere Umgebung, sofern sie für deren Erscheinungsbild bedeutend ist. Auch in materieller Hinsicht bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Siedlung S die Anforderungen an einen Denkmalbereich erfüllt; die Begründung ergibt sich aus dem der Denkmalbereichssatzung nachrichtlich beigefügten Gutachten des Beigeladenen vom 26. August 1997. Der Denkmalbereich ist ein Zeugnis des Kleinwohnungswesens in Siedlungsform. Grundzug des räumlichen Erscheinungsbildes von S ist eine dem Kleinwohnungsgedanken entsprechende Sachlichkeit und Schlichtheit sowohl der Einzelhäuser als auch der städtebaulichen Disposition und der Gestaltung des Straßenraums. Trotz der unterschiedlichen Bauphasen, Bauträger und Architekten ordnen sich die Bauten alle einer Grundform zumindest ihres Straßenzuges unter, was das Gesamterscheinungsbild der Siedlung auf einige Grundmuster reduziert. Die einzelnen Bauphasen zeigen dabei für den Städtebau ihrer Zeit jeweils typische Formen, sodass in S gleichsam bestimmte Teile einer Geschichte des Siedlungsbaus in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland ablesbar ist.
36Wie die Ortsbesichtigung vom 5. November 2008, deren Eindrücke der Kammer vermittelt worden sind, ergeben hat, ist die Denkmalbereichssatzung nicht zwischenzeitlich etwa durch vorgenommene Umbaumaßnahmen funktionslos geworden. Die Erlaubnis für Wärmedämmarbeiten an Fassaden wurde durch den Beklagten jeweils nach Einzelfallprüfungen erteilt. Teilweise hatten Hausgruppen ihr historisches Erscheinungsbild bereits durch den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg verloren. Ferner hat der Beklagte Wärmedämmarbeiten an Hausgruppen genehmigt, die schlicht und ohne Putzdekorationen errichtet sind. So ist auf das Gebäude Ostraße 57 die Wärmedämmung in einer Stärke von 10 cm aufgebracht worden; die Vorderfront dieses Hauses ist schlicht und weist keine Schmuckelemente auf. Eine Veränderung der Fassade hat insofern stattgefunden, als zuvor die Umrandung der Tür des Türeingangs vor die Putzschicht vorgetreten ist, jetzt tritt sie hinter der Dämmung zurück. Gleichermaßen liegen die Fensterlaibungen tiefer als zuvor. Bei den Häusern Bstraße 17 bzw. 26 haben wärmedämmende Maßnahmen stattgefunden. In der Örtlichkeit ist festzustellen, dass die Ziegelumrandungen der Türfassungen nach wie vor vorhanden sind, jetzt zurückliegend. Der Steinsockel war zuvor höher; die Dämmung ist soweit heruntergezogen worden, dass die Kellerdecke mitgedämmt worden ist; der Steinsockel ist aber als eigenständiges Gliederungselement nach wie vor in der Örtlichkeit erkennbar. Gleichermaßen ist die Steineinfassung des Türrahmens der Häuser E1straße 1016 bzw. 713 erhalten geblieben, auch der Sockel der Gebäude tritt als Strukturelement in der Örtlichkeit nach Wärmedämmung deutlich in Erscheinung. Auch unter Einbeziehung der bereits wärmegedämmten Gebäude ist die Siedlungsstruktur des Denkmalbereichs erhalten geblieben; bei dem Ortstermin am 5. November 2008 bestand insoweit Einigkeit zwischen den Beteiligten.
37Gemäß § 9 Abs. 2 a DSchG NRW ist die Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegen stehen. Nach § 5 Abs. 2 a Denkmalbereichssatzung ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn Gründe, die für den Erlass der Denkmalbereichssatzung maßgebend waren, nicht entgegen stehen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
38Gründe des Denkmalschutzes stehen einem Vorhaben entgegen im Sinne von § 9 Abs. 2 a DSchG NRW, wenn das Schutzobjekt durch die betreffende Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt,
39vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 1984, BRS 42 Nr. 137; Urteil vom 2. November 1988, BRS 48 Nr. 117.
40Dabei sind die im Einzelfall erheblichen Umstände zu ermitteln, wobei auch eine Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den in der Regel privaten Interessen, die für die erlaubnispflichtige Maßnahme streiten, zu erfolgen hat. Die Notwendigkeit der Interessenabwägung folgt bereits aus dem Begriff "entgegen stehen" selbst, dessen Sinngehalt eine abwägende Bewertung von sich gegenüber stehenden Positionen voraussetzt. Die Berücksichtigung der den Denkmalinteressen gegenüber stehenden privaten Belange bei der Anwendung dieses Tatbestandsmerkmals ist zudem nach der das Denkmalrecht NRW kennzeichnenden Systematik geboten. Während auf der ersten Stufe des denkmalrechtlichen Verfahrens, nämlich bei der Unterschutzstellung der betreffenden Objekte nach §§ 3 folgende DSchG NRW allein das öffentliche Erhaltungsinteresse eine Rolle spielt, sind auf der zweiten Stufe bei der auf Dauer angelegten Erhaltung und Nutzung der Denkmäler flexible Lösungen zu suchen, bei denen die Interessen der Eigentümer angemessen berücksichtigt werden. Die abwägende Berücksichtigung der privaten Belange in dem Verfahren nach § 9 Abs. 2 a DSchG NRW ist schließlich auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich. Denn der weit gefasste Denkmalbegriff des § 2 Abs. 1 DSchG NRW ist als zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nur gerechtfertigt, weil das Gesetz insgesamt auf einen gerechten Ausgleich zwischen den öffentlichen und privaten Belangen angelegt ist. Der verfassungsrechtlich gebotene Interessenausgleich erfolgt auf der zweiten Stufe des denkmalrechtlichen Verfahrens. Dieser Interessenausgleich erfordert eine Bewertung und Gewichtung sowohl der Auswirkungen des zu beurteilenden Vorhabens auf den denkmalwerten Bestand als auch der Zwecke, die mit der fraglichen Maßnahme verfolgt werden. Hierbei wird sich ein schutzwürdiges privates Interesse gegenüber den Belangen der Denkmalpflege umso eher durchsetzen, je geringfügiger die mit dem Vorhaben notwendig einhergehende Beeinträchtigung des Denkmals ist, während eine Maßnahme, die den Denkmalwert wesentlich mindern oder gar aufheben würde, allenfalls in Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen zugelassen werden kann,
41vgl. zum Vorstehenden OVG NRW, Urteil vom 23. April 1992 7 A 936/90 .
42Unter Heranziehung der aus einer Interessenabwägung herzuleitenden Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass dem Vorhaben der Klägerin Gründe des Denkmalschutzes im Sinne von §§ 9 Abs. 2 a DSchG NRW, 5 Abs. 2 a Denkmalbereichssatzung entgegen stehen.
43Wie § 3 der Denkmalbereichssatzung hervorhebt, ist im Geltungsbereich der Satzung das Erscheinungsbild des Siedlungsgebietes geschützt, insbesondere auch die historische Bausubstanz als zentralem Träger des Erscheinungsbildes. Der Schutz der historischen Substanz bezieht sich insbesondere auf den Erhalt von Material, Maß, Proportion, Anordnung sowie Groß- und Detailgestaltung, z.B. Gebäudehöhen und –volumen, Baukörperstellung, Dachformen und –neigungen, Fensterformen. Das geschützte Erscheinungsbild wird durch Fotografien dargestellt, die die Anlage 5 zur Denkmalbereichssatzung bilden. Fotografien zeigen den Eingangsbereich der Gebäude Ostraße 12/14, insbesondere den konsolengeschützten Türsturz sowie die horizontale Gliederung durch Sockel und Fensterbankgesims. Das der Denkmalbereichssatzung zugrunde liegende Gutachten des Beigeladenen vom 26. August 1997 beschreibt die erhaltenswerten charakteristischen Elemente der Straßenzüge und Einzelhäuser in Anlage 1. Hinsichtlich der Ostraße 1218 wird ausgeführt, es handele sich um vier Häuser unter einem Walmdach, zweigeschossig, je zwei Fensterachsen, verputzt, die mittleren zwei Häuser sind durch einen Zwerchgiebel mit Satteldach zu einer Einheit zusammengefasst (Betonung der Mitte), jeweils zwei Eingänge und Toilettenfenster liegen nebeneinander und werden zusammengefasst durch den konsolengestützten Türsturz, Eingänge liegen zurückversetzt, horizontale Gliederung durch Sockel und Fensterbankgesims. Die Ortsbesichtigung vom 5. November 2008 hat ergeben, dass bei dem Gebäude 1218 die Fassade bzw. die Schmuckelemente noch in dem Umfang erhalten sind, wie sie als Anlage zur Denkmalbereichssatzung beschrieben wurden. Durch die von der Klägerin beabsichtigte Aufbringung der Wärmedämmplatten würde die historische Bausubstanz als zentraler Träger des Erscheinungsbildes insoweit zerstört, als Material, Maß und Proportion nicht erhalten, sondern verfälscht und zerstört würden.
44Der Beigeladene hat zu den Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme Folgendes ausgeführt:
45"Im vorliegenden Fall würde bei einem Wärmedämmverbundsystem – egal wie dick die Dämmung auf der Außenseite der Fassade ausfallen würde – ein anderes Erscheinungsbild entstehen. Das Erscheinungsbild setzt sich aus den überlieferten Materialien auf "originalem Träger" zusammen und ist deshalb unter Schutz gestellt. Abgesehen von neuer Materialität würde dieses erneute Erschienungsbild nichts mehr mit der geschützten überlieferten Fassade zu tun haben.
46Dies würde sich wie folgend beschrieben auf den Baukörper auswirken: 1. Baukörper: Die historischen Schmuckprofile mit ihrer originalen Materialität, die den Charakter des Gebäudes mit seinem Erscheinungsbild definieren und die Denkmaleigenschaft des Denkmalbereiches in diesem Bereich vorherrschend ausmachen, würden im besten Fall ersetzt werden, in ihrer Proportion und Haptik jedoch massiv verändert werden. Die Länge des Gebäudes würde sich um das Maß der Dämmung vergrößern. Die Öffnungsgrößen der Fenster und Türen würden sich ebenfalls in ihrer Proportion verändern. Ebenso ändert sich das Detail im Trauf- und Ortgangbereich des Daches durch die vergrößerte Außenwanddicke. 2. Laibungstiefe der Fenster und der Hauseingangstüren: Die Fenster müssten mit der Stärke des Wärmedämmverbundsystems nach außen "wandern" und versetzt werden, damit die Laibungstiefe in der Außenansicht erhalten bleibt. Alternativ müssten die Laibungen gedämmt werden, so dass die Fensteröffnungen sich verringern würden, was sich wiederum negativ auf das Erscheinungsbild auswirken würde. 3. Materialität und Haptik: Die Materialität des jetzigen Außenputzes und der Schmuckelemente ginge verloren, eine Wärmedämmplatte auf der Fassade hat eine andere Haptik als das historische Material."
47Diesen zutreffenden Ausführungen folgt die Kammer. Das DSchG NRW hat dem Landschaftsverband mit seinem Denkmalpflegeamt in § 22 Abs. 3 Nr. 1 die Aufgabe der fachlichen Beratung und Erstattung von Gutachten in allen Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege übertragen. Diese Stelle ist damit in besonderer Weise dazu berufen, sachkundige Stellungnahmen, beispielsweise zur Schutzwürdigkeit von Denkmälern, abzugeben. Die fachliche Sachkunde der Denkmalpflegeämter der Landschaftsverbände ergibt sich aus der gesetzlichen Zuweisung der von ihnen im Rahmen der Denkmalpflege wahrzunehmenden Aufgaben, zu denen u.a. die Erstattung von Gutachten in allen Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege gehört. Der Einschätzung der Denkmalpflegeämter kommt nicht zuletzt wegen der in § 22 Abs. 4 DSchG NRW statuierten Weisungsunabhängigkeit eine wesentliche Bedeutung zu,
48vgl. zum Vorstehenden OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1985 – 11 A 1588/83 .
49Wegen der besonderen Betonung der historischen Bausubstanz als zentralem Träger des Erscheinungsbildes, der Herausstellung des Erhalts von Material, Maß und Proportion sowie der Einzelbeschreibung der Gebäude Ostraße 1218 mit ihren charakteristischen Elementen handelt es sich bei diesen Elementen der Fassade wie u.a. dem konsolengestützten Türsturz und der horizontalen Gliederung durch Sockel und Fensterbankgesims um Merkmale von wesentlicher denkmalpflegerischer Relevanz. Um ein altes Haus zeitgemäß nutzen zu können, ist es allerdings in aller Regel unabdingbar, das Gebäude mit technischen Errungenschaften der Gegenwart auszustatten. Eine Anpassung an die technische Entwicklung im Rahmen des Denkmalverträglichen wird mithin durch § 9 Abs. 2 DSchG NRW im Prinzip nicht ausgeschlossen; für jeden Einzelfall ist die Interessenabwägung vorzunehmen.
50Zwar hat die Klägerin ein schutzwürdiges privates Interesse an Energieeinsparmaßnahmen, jedoch ergibt sich aus Vorstehendem, dass die mit dem Vorhaben notwendig einhergehenden Beeinträchtigungen der historischen Bausubstanz erheblich sind. Für das Erscheinungsbild der Gebäude Ostraße 1218 spielen die herausgestellten Merkmale eine bedeutende Rolle in Form von gliedernden und gestaltenden Elementen der Fassade. Deren Bedeutung wird auch dadurch hervorgehoben, dass die Gebäudeteile ursprünglich als Denkmal eingetragen werden sollten. Im Rahmen des Interessenausgleichs sind die Auswirkungen des zu beurteilenden Vorhabens auf den denkmalwerten Bestand ins Auge zu fassen. Wie die Ortsbesichtigung vom 5. November 2008 gezeigt hat, weisen auch die folgenden Häuser 20/22/24/26/28 schmuckverzierte Fassaden auf; gleiches gilt für die gegenüberliegende Seite Ostraße 21/23 sowie 23 a/25. Hier befinden sich ebenfalls Rundbögen über den Eingängen bzw. den dazwischen liegenden schmalen Fenstern; gleichermaßen ist die Horizontale durch umlaufende Gesimse gegliedert. In diesem Straßenabschnitt zeigt sich deutlich diese Fassadengliederung bzw. Bestärkung der Horizontale. Die Häuser Ostraße 22/26 sind ebenfalls mit ihrem Türbereich in der Fotodokumentation dargestellt. Bei Zulassung der von der Klägerin begehrten Wärmedämmmaßnahmen bestünde kein rechtfertigender Grund, solche ebenfalls geplanten an den Häusern Ostraße 2028 und 2125 zu versagen. Damit würde die historische Bausubstanz als zentraler Träger des Erscheinungsbildes in diesem weitgehend ursprünglich erhaltenen kompletten Straßenabschnitt durch Veränderung von Material, Maß und Proportion weitgehend zerstört. Die Belange der Denkmalpflege setzen sich in diesem konkreten Fall gegenüber dem schutzwürdigen privaten Interesse der Klägerin durch; diese ist auf die Möglichkeiten der Innendämmung zu verweisen, wobei sich die Kammer der genannten nachteiligen Auswirkungen bewusst ist. Eine Maßnahme, die den Denkmalwert wesentlich mindert, kann allenfalls in Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen zugelassen werden; solche sind nicht gegeben.
51Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da der Beigeladene seinerseits einen Sachantrag gestellt und damit ein Kostenrisiko, § 154 Abs. 3 VwGO, auf sich genommen hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.