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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Ustraße 0e in N, G1. Hieran grenzen in östlicher und südlicher Richtung die Grundstücke des Beigeladenen (G2, G3 und G4, postalisch S2straße 000 und Ustraße 0c, 0d), eines türkisch-islamischen Kulturvereins, an. Das Grundstück Ustraße 0c, 0d ist mit einem Wohnhaus bebaut, das von einem Vorbeter des Beigeladenen genutzt wird. Wegen der Lage der Grundstücke der Kläger und des Beigeladenen zueinander und der Bebauung wird im Übrigen auf die in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindlichen Karten Bezug genommen. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Fluchtlinienplans Nr. 301 der Stadt N.
3Unter dem 10. April 1991 (Bauschein Nr. 0000/1990) hatte der Beklagte dem L e.V. aus N eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines auf dem G2 befindlichen Teppichlagers in eine Begegnungsstätte mit Gebetsräumen, Teestube und Schulungsräumen für insgesamt 120 Personen sowie für die Errichtung von acht (zusätzlichen) Stellplätzen erteilt. Ausweislich der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen befand sich auf dem Vorhabengrundstück bereits eine Doppelgarage. In der Betriebsbeschreibung heißt es bezüglich der Betriebszeiten, Beten nach Maßgabe der Religionsrituale".
4Mit Bauschein vom 1. Oktober 2002 (Nr. 000/02) und Nachtragsgenehmigung (Nr. 1) vom 3. Februar 2003 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Jugendfreizeitgebäudes und zur Anlegung von 14 Stellplätzen auf den G2 und G3438 (postalisch ehemals Ustraße 0a). Über den Rohbau gelangte das Vorhaben nicht hinaus.
5Am 30. März 2004 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen antragsgemäß einen planungsrechtlichen Vorbescheid (Az.: 00/03) zur Errichtung einer Moschee auf dem Eckgrundstück S2straße/Ustraße in N (G2, G3) und unter dem 30. August 2004 eine Baugenehmigung (Bauschein Nr. 000/04) zur Errichtung einer Moschee mit Vereinslokal und Schulungs- sowie Büroräumen auf den G2, G3 und G4. Die für das Gebäude zulässige Personenzahl wurde auf höchstens 200 Personen begrenzt (vgl. Ziffer 1. der Bedingungen zur Baugenehmigung). Nachdem der Beigeladene gegen diese Nebenbestimmung Widerspruch erhoben hatte, änderte der Beklagte diese mit Bescheid vom 10. Oktober 2004 dahingehend ab, dass von der Beschränkung der Personenzahl die Gebetsräume ausgenommen sind, wenn diese zu religiösen Zwecken genutzt werden.
6Gegen die Baugenehmigung des Beklagten vom 30. August 2004 erhoben die Kläger unter dem 13. September 2004 Nachbarwiderspruch. Mit bei dem erkennenden Gericht am 22. November 2004 eingegangenem Schriftsatz suchten sie darüber hinaus um vorläufigen Rechtsschutz (4 L 3436/04) nach. Den Rechtsschutzantrag lehnte die Kammer mit Beschluss vom 17. Februar 2005 ab. Auf die Beschwerde der Kläger ordnete das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 13. Mai 2005 (21 B 459/05, zuvor 22 B 459/05) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Kläger gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 30. August 2004 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Oktober 2004 an. Auf die Gründe der vorgenannten Entscheidungen wird Bezug genommen.
7Nachdem der Beigeladene insbesondere die Anordnung der Stellplätze umgeplant hatte, beantragte er am 5. August 2005 erneut die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Moschee mit Vereinslokal und Schulungs- sowie Büroräumen auf dem Grundstück S2straße 000 in N. Das Staatliche Umweltamt E1 teilte dem Beklagten sodann unter dem 1. September 2005 mit, dass sich die Immissionssituation auf dem Grundstück der Kläger durch die Reduzierung der Stellplätze auf dem G2 und eine zum G1 geplante Mauer mit einer Höhe von 2 m noch weiter verbessern" werde. Gegen die Umplanung bestünden aus der Sicht des vorbeugenden Immissionsschutzes keine Bedenken.
8Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen unter dem 14. November 2005 (Bauschein Nr. 000/05) die Baugenehmigung, die er mit diversen Nebenbestimmungen versah. So dürfen sich in dem Gebäude und auf dem Grundstück des Beigeladenen tagsüber (zwischen 6.00 und 22.00 Uhr) insgesamt maximal 200 Personen - in der übrigen Zeit maximal 70 Personen - aufhalten (Ziffern 5. und 6. der Bedingungen zur Baugenehmigung). Nach Ziffer 7. dürfen die PKW-Stellplätze Nr. 4 bis 14 in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr nicht genutzt werden. Sie müssen während dieser Zeit mit einer Kette abgesperrt werden. Ferner muss dafür gesorgt werden, dass dort parkende Fahrzeuge die abzusperrenden Stellplätze bis 22.00 Uhr verlassen haben. Die Treppe im Minarett dient nach Ziffer 1. der Auflagen lediglich zu Wartungszwecken. Zum Grundstück der Kläger ist schließlich eine Einfriedung mit einer Höhe von zwei Metern herzustellen (vgl. Ziffer 2. der Auflagen). Wegen der Lage der Einfriedung und der Stellplätze wird auf den mit Genehmigungsvermerk versehenen amtlichen Lageplan verwiesen.
9Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2005 haben die Kläger Widerspruch gegen die Baugenehmigung des Beklagten vom 14. November 2005 erhoben und am 27. Dezember 2005 um vorläufigen Rechtsschutz (4 L 2415/05) nachgesucht. Den Eilantrag lehnte die Kammer mit Beschluss vom 6. März 2006 ab. Die Beschwerde der Kläger hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 30. Juni 2006 (10 B 471/06) ordnete das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Kläger gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 14. November 2005 an und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, das Vorhaben verstoße, soweit die Einfriedung" an der Grenze zum Grundstück der Kläger und in südlicher Richtung in einem weiteren Bereich von ca. 1 m auf dem Grundstück des Beigeladenen verlaufe, gegen die nachbarschützenden Abstandflächenvorschriften des § 6 BauO NRW. Auf die Gründe im Übrigen wird Bezug genommen.
10Unter dem 19. Juli 2006 beantragte der Beigeladene bei dem Beklagten erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Moschee mit Vereinslokal und Schulungs- und Büroräumen auf dem Grundstück S2straße 000 in N. Eine Einfriedung" ist in den Bauvorlagen nicht mehr vorgesehen. Die begehrte Baugenehmigung erteilte der Beklagte am 10. August 2006 (Bauschein Nr. 000/06) im Wesentlichen mit den Bedingungen" und Auflagen" der Genehmigung vom 14. November 2005. Mit Schreiben vom 1. September 2006 erhoben die Kläger hiergegen Widerspruch, den der Landrat des Kreises X mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2007, zugestellt am 9. Februar 2007, zurückwies.
11Am 8. März 2007 haben die Kläger Klage erhoben.
12Die Kläger beantragen,
13die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 10. August 2006 für die Errichtung einer Moschee mit Vereinslokal sowie Schulungs- und Büroräumen auf dem Grundstück S2straße 000 in N (G2, G3 und G4) und den Widerspruchsbescheid des Landrates des Kreises X vom 30. Januar 2007 aufzuheben.
14Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
15die Klage abzuweisen.
16Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Ortsterminsprotokoll vom 13. Februar 2008 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, der Verfahren 4 L 3436/04 und 4 L 2415/05 sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Landrates des Kreises X Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist unbegründet. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 10. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrates des Kreises X vom 30. Januar 2007 verletzt die Kläger nicht in nachbarschützenden Vorschriften (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
191. Die Kläger können sich gegen das dem Beigeladenen genehmigte Vorhaben nicht mit Erfolg mit einem Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit den Vorschriften der Baunutzungsverordnung wehren. Ein solcher Abwehranspruch wird bereits durch die Zulassung eines mit einer (faktischen) Gebietsausweisung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird. Der Gebietsgewährleistungsanspruch besteht dabei sowohl in durch Bebauungspläne festgesetzten Baugebieten als auch, was vorliegend mangels eines qualifizierten Bebauungsplans in Betracht zu ziehen ist, in faktischen Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2002, 10 B 1618/02; VG Braunschweig, Urteil vom 16. März 2005, 2 A 388/04.
21Das Vorhaben des Beigeladenen ist mit dem vorhandenen Gebietscharakter vereinbar. Die bauliche Nutzung in der Umgebung des Grundstücks des Beigeladenen stellt sich nach Auswertung des Akten- und Kartenmaterials sowie unter Berücksichtigung der Eindrücke des Berichterstatters im Ortstermin, die dieser der Kammer vermittelt hat, wie folgt dar: Entlang der Ustraße stehen im eingesehenen Bereich beidseits Wohnhäuser. Die nördliche Bebauung der L1nallee, die sich an das G5 in westlicher Richtung anschließt, ist ebenfalls durch Wohnhäuser geprägt. Hiervon hebt sich die straßennahe Bebauung an der S2straße (G3, G2, G5), an der auch das Grundstück des Beigeladenen liegt, deutlich ab. So ist auf dem Eckgrundstück L1allee/S2straße (G5) ein eingeschossiges Gebäude vorhanden, das gewerblich genutzt wird. In diesem Gebäude befindet sich ein chinesisches Restaurant (I"), eine Änderungsschneiderei und ein Küchenstudio (T Küchen). Hieran nördlich angrenzend liegt das Grundstück des Beigeladenen, auf dem sich unter anderem ein als Moschee genutztes eingeschossiges Gebäude befindet. Dies berücksichtigend, kann - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht davon ausgegangen werden, dass die nähere Umgebung des Vorhabens einem reinen Wohngebiet im Sinne des § 3 BauNVO entspricht. Vielmehr ist zwischen der reinen Wohnbebauung einerseits und der durch gewerbliche Nutzung geprägten straßennahen Randbebauung andererseits eine faktische Gebietsgrenze (zweier faktisch unterschiedlich genutzter Gebiete) anzunehmen, wobei nicht entscheidungserheblich ist, ob das zuletzt genannte Gebiet als - faktisch - allgemeines Wohngebiet oder Mischgebiet zu qualifizieren ist. Gegen die Annahme eines reinen Wohngebietes spricht jedenfalls, dass dort ein Küchenstudio weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist (vgl. § 3 Abs. 2, Abs. 3 BauNVO). Es handelt sich nicht um einen Laden, der zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dient" (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Ein täglicher Bedarf ist ein solcher, der zwar nicht notwendig an jedem Tag, aber regelmäßig und in kurzen (Hervorhebung durch die Kammer) Zeitabständen neu entsteht, so dass weitere Wege zu seiner Befriedigung nicht zugemutet werden sollen. Artikel zur Deckung des täglichen Bedarfs sind etwa Lebens- und Genussmittel, Getränke, Zeitungen, Zeitschriften und Drogerieartikel.
22Vgl. Brügelmann, BauGB, Loseblattsammlung, Band 6 (BauNVO), Stand: September 2007, § 3 Rdnr. 71 und 73.
23Auf eine Bedarfsdeckung im vorgenannten Sinne ist ein Küchenstudio nicht ausgerichtet. Auch das ebenfalls auf dem Grundstück S2straße 000 befindliche chinesische Restaurant (I") ist in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig. Der Verordnungsgeber hat in den Vorschriften der Baunutzungsverordnung zwischen Läden und Schank- und Speisewirtschaften differenziert (vgl. etwa § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Letztere hat der Verordnungsgeber nicht in § 3 BauNVO aufgenommen. Sie können in einem reinen Wohngebiet mithin auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
24Vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 24. November 1967, IV B 230.66; VGH Baden- Württemberg, Beschluss vom 14. November 1984, 3 S 2612/84 (zu Straußen- beziehungsweise Besenwirtschaften"); Ernst, Zinkahn, Bielenberg, BauGB, Loseblattsammlung, Band 5 (BauNVO), Stand: September 2007, § 3 Rdnr. 16; Jäde, Dirnberger, Weiss, BauGB und BauNVO, 4. Auflage, § 3 Rdnr. 39.
25Bei dem in Rede stehenden Restaurant handelt es sich um eine Schank- und Speisewirtschaft, weil im Vordergrund der Betätigung die Verabreichung von Speisen und Getränken steht. Offen bleiben kann, ob das gewerblich genutzte Gebiet an der S2straße als faktisches Mischgebiet (oder allgemeines Wohngebiet) zu qualifizieren ist, weil das streitgegenständliche Vorhaben des Beigeladenen als Anlage für kirchliche, kulturelle und soziale Zwecke in beiden Gebietstypen allgemein zulässig ist (vgl. §§ 4 Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO). Da als Ausfluss der staatlichen Neutralität auch die Baunutzungsverordnung weltanschaulich neutral ausgelegt werden muss, ist die geplante Moschee unter diese Vorschrift zu subsumieren und damit nach ihrer Art am streitgegenständlichen Standort allgemein zulässig.
26Vgl. auch zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Betsaales und einer Koranschule in einem allgemeinen Wohngebiet sowie in einem Mischgebiet: BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992, 4 C 50/89, JURIS; eine Moschee betreffend: VG Frankfurt, Urteil vom 29. August 2001, 3 E 815/01 (2).
272. Das in § 15 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme wird durch das genehmigte Vorhaben zu Lasten der Kläger nicht verletzt. Nach dieser Vorschrift sind die im jeweiligen Baugebiet an sich gestatteten baulichen Anlagen im Einzelfall unter anderem unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des betreffenden Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets dort unzumutbar sind (Satz 2 der genannten Vorschrift). Dies ist hier nicht der Fall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Baugebiet infolge der auf dem Grundstück des Beigeladenen seit nunmehr nahezu 17 Jahren vorhandenen Begegnungsstätte nicht unerheblich vorbelastet ist. Bereits unter dem 10. April 1991 hatte der Beklagte dem L e.V. aus N eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des auf dem G2 befindlichen Teppichlagers in eine Begegnungsstätte mit Gebetsräumen, Teestube und Schulungsräumen für insgesamt 120 Personen sowie für die Errichtung von acht (zusätzlichen) Stellplätzen erteilt (Bauschein Nr. 0000/1990). Bezüglich der Betriebszeiten hieß es ausweislich der mit Genehmigungsvermerk versehenen Betriebsbeschreibung Beten nach Maßgabe der Religionsrituale". Die von den Klägern in diesem Verfahren angegriffene Baugenehmigung des Beklagten vom 10. August 2006 begrenzt die Nutzung des Vorhabengrundstücks nachts auf maximal 70 Personen (vgl. Ziffer 6. der Bedingungen). Damit ist die maximal zulässige Zahl der Nutzer gegenüber der unter dem 10. April 1991 genehmigten Begegnungsstätte nachts um 50 Personen reduziert. Auch sonst werden die mit der Nutzung des unter dem 10. August 2006 genehmigten Vorhabens einhergehenden Störungen das Maß dessen, was zumutbar ist, nicht übersteigen. Durch den An- und Abfahrtsverkehr werden für die Kläger auf dem Vorhabengrundstück keine unzumutbaren Beeinträchtigungen entstehen. Unmittelbar an der rückwärtigen Grenze zum Grundstück der Kläger sind keine Stellplätze (mehr) angeordnet. Hinzu kommt, dass die Stellplätze Nr. 4 bis 14 in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr nicht genutzt werden dürfen. Sie müssen während dieser Zeit mit einer Kette abgesperrt werden. Ferner muss dafür gesorgt werden, dass dort parkende Fahrzeuge die abzusperrenden Stellplätze bis 22.00 Uhr verlassen haben (vgl. Ziffer 7. der Bedingungen zur Baugenehmigung vom 10. August 2006). In diesem Bereich können nachts lediglich die straßennah angeordneten Stellplätze Nr. 1 bis 3 sowie 15 und 16 genutzt werden, die auf der dem hinteren Grundstücksbereich der Kläger abgekehrten Seite liegen. Letztlich wird die Errichtung der Moschee auch die von der S2straße (L 000) verursachten Geräusch- und Geruchsbelästigungen abschirmen. Bei der S2straße handelt es sich um eine Hauptverkehrsstraße in N. Die durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) der S2straße liegt nach den Angaben des Beklagten, denen die Kläger nicht entgegengetreten sind, im Bereich nördlich der L1allee bei über 15.900 PKW- Einheiten. Auch sonst lässt sich für eine Rücksichtslosigkeit des genehmigten Vorhabens nichts feststellen. Im Einzelfall kann zwar ein Mangel an Stellplätzen gegen das bauplanungsrechtliche Verbot der Rücksichtnahme verstoßen. Sind aber Nachbargrundstücke eines Bauvorhabens, wie hier, durch Straßen- und Parksuchverkehr situationsvorbelastet, so kann ein Mangel an Stellplätzen nur dann gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, wenn mit dem Vorhaben eine Verschärfung der Verkehrssituation verbunden ist und die sich hieraus ergebende Gesamtbelastung die Eigentümer unzumutbar trifft.
28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juli 1998, 11 A 7238/95, JURIS, in dem ferner darauf hingewiesen wird, dass § 51 Abs. 1 und 2 BauO NRW selbst kein nachbarliches Abwehrrecht vermitteln, da die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Stellplatzpflicht ausschließlich und allein dem Schutz öffentlicher Interessen dienen.
29Ob ein Mangel an Stellplätzen vorliegt, kann hier offen bleiben. Denn mit dem Vorhaben des Beigeladenen geht keine Verschärfung im obigen Sinne einher. Für die Besucher der Begegnungsstätte, deren Anzahl in der Nutzungsänderungsgenehmigung vom 10. April 1991 auf 120 Personen beschränkt war, standen insgesamt zehn Stellplätze zur Verfügung. Dieses Verhältnis verbessert sich mit dem Neubauvorhaben des Beigeladenen. In dem Gebäude und auf dem Grundstück des Beigeladenen dürfen sich tagsüber (zwischen 6.00 und 22.00 Uhr) maximal 200 Personen und nachts (zwischen 22.00 und 6.00 Uhr) höchstens 70 Personen aufhalten (vgl. Bedingungen 5. und 6. zur Baugenehmigung vom 10. August 2006). Von den Besuchern können dabei tagsüber 20 und nachts 9 Stellplätze (Nr. 1 bis 3 und 15 bis 20) angefahren werden. Insbesondere während der Nachtzeit wird sich die Verkehrssituation vor dem Hintergrund, dass die maximal zulässige Zahl der Nutzer auf 70 Personen reduziert wurde, verbessern. Das, was zu Lasten der Kläger an Beeinträchtigungen übrig bleibt, müssen diese als Nachbarn einer seit langem genutzten Moschee hinnehmen, zumal ihr Grundstück, wie ausgeführt, an ein (auch) gewerblich genutztes Baugebiet angrenzt. Hinzu kommt, dass nach der gesetzlichen Wertung die Nachbarn einer in einem Baugebiet allgemein zulässigen kirchlichen und kulturellen Anlage die mit deren Benutzung üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen grundsätzlich hinzunehmen haben. Dazu gehört auch der An- und Abfahrtsverkehr der Besucher.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992, 4 C 50.89.
31Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass das Nachtgebet in der Sommerzeit regelmäßig in die Nachtzeit fällt. Vor dem Hintergrund, dass dieses Gebet nach den Angaben des Beigeladenen in der mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Nutzungsbeschreibung nur von wenigen Personen (20 bis 40) wahrgenommen wird, lässt bereits die damit verbundene relativ geringe Anzahl von Fahrzeugbewegungen eine erhebliche Störung der Nachtruhe nicht befürchten. Aus diesen Gründen liegt (auch) ein Verstoß gegen § 51 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW nicht vor, wonach Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden müssen, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Nicht zuletzt ist hinsichtlich des der Baugenehmigung des Beklagten vom 10. August 2006 zugrunde liegenden Lärmschutzkonzeptes (Regelungen hinsichtlich der Nutzug der Stellplätze, Beschränkung der Besucherzahlen, etc.) zu berücksichtigen, dass der Beklagte zum bauordnungsrechtlichen Einschreiten bis hin zum Erlass einer Nutzungsuntersagung berechtigt wäre, sollte eine von der Genehmigung abweichende Nutzung des Vorhabens aufgenommen werden.
323. Das Vorbringen der Kläger, mit Blick auf die Kapazität des genehmigten Vorhabens sei zu erwarten, dass zukünftig weitaus mehr als 200 Personen die Moschee nutzen würden, verhilft ihrer Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung kann grundsätzlich nur die erteilte Baugenehmigung sein, also ohne Rücksicht auf denkbare (formell illegale) Nutzungsänderungen, die gegebenenfalls wegen Abweichung von der Genehmigung untersagt werden können. Denn der Bauherr bestimmt mit seinem Baugesuch und den beigefügten Bauvorlagen den Prüfungsumfang und Genehmigungsgegenstand, auf den allein sich die Baugenehmigung beziehen kann. Eine Ausnahme gilt zwar dann, wenn bereits den Bauvorlagen zu entnehmen ist, dass die angegebene Nutzung in Wahrheit gar nicht beabsichtigt ist, sondern lediglich deklariert wird, um das Vorhaben genehmigungsfähig erscheinen zu lassen. In Fällen eines derartigen Etikettenschwindels" ist ausnahmsweise ein Durchgriff auf das wirklich Gewollte geboten, weil die Bauaufsichtsbehörde sich nicht zu Lasten betroffener Nachbarn auf den formalen Standpunkt stellen darf, sie habe lediglich eine nach dem Gesetz zulässige Nutzung antragsgemäß genehmigt.
33Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 26. April 1993, 6 L 169/90, JURIS.
34Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Den Bauvorlagen lässt sich nicht entnehmen, dass der Beigeladene eine Nutzung des Vorhabengrundstücks beabsichtigt, die von der ihm (zuletzt) unter dem 10. August 2006 erteilten Genehmigung abweicht. In der Nutzungsbeschreibung hat der Beigeladene im Einzelnen angegeben, wie viele Besucher durchschnittlich an den fünf täglichen Gebeten teilnehmen (vgl. Ziffer 2.3. und 4.2.2.f). Diese Besucherzahlen liegen deutlich unter 200. Dass die dortigen Angaben unzutreffend sind, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Klägern nicht substanziiert vorgetragen. Soweit der Beigeladene in der Nutzungsbeschreibung angegeben hat, dass das Nachtgebet im Fastenmonat Ramadan (das ungefähr in den Monaten April bis August nach 22.00 Uhr stattfindet) von ungefähr 40-70 Männern und ebenso vielen Frauen" besucht werde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Diesbezüglich ist in der angegriffenen Baugenehmigung durch die Begrenzung der Besucherzahl unter Ziffer 6. der Bedingungen" für die Zeit ab 22.00 Uhr eine eindeutige Regelung getroffen worden, an die sich der Beigeladene zu halten hat und die dem Beklagten bei einer von der Baugenehmigung abweichenden Nutzung die Möglichkeit zum Einschreiten bietet.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2006, 10 B 471/06, zu der zuvor von den Klägern angegriffenen und betreffend die Begrenzung der Besucherzahlen inhaltsgleichen Baugenehmigung des Beklagten vom 14. November 2005.
36Dabei ist von dem Beklagten in Rechnung zu stellen, dass sich die ihm nach § 61 Abs. 1 BauO NRW eingeräumte Überwachungspflicht verdichtet, sollten Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine formell illegale Nutzung des Vorhabens hindeuten. Er hat dann von Amts wegen aufzuklären, ob Anlass zum ordnungsbehördlichen Einschreiten besteht.
37Vgl. Gädtke/Temme/Heintz, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 10. Auflage, § 61 Rdnr. 11 mit weiteren Nachweisen.
384. An der inhaltlichen Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung bestehen keine Zweifel. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzung und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenen Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss dem Bauschein selbst - gegebenenfalls durch Auslegung - entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des Erklärungsinhalts der Baugenehmigung herangezogen werden müssen.
39Vgl. hierzu allgemein OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2007, 10 A 4372/05, JURIS, mit weiteren Nachweisen.
40Im vorliegenden Fall sind diese Anforderungen gewahrt. Der Nutzungsumfang ist insbesondere mit Blick auf die Bedingungen 5. und 6. der angegriffenen Baugenehmigung (Begrenzung der Besucherzahlen) klar geregelt. Überdies enthält die Nutzungsbeschreibung unter Ziffer 4. detaillierte Angaben zu der beabsichtigten Nutzung der einzelnen Räume.
415. Nicht zum Erfolg verhilft den Klägern ihr Vorbringen, die angegriffene Baugenehmigung des Beklagten vom 10. August 2006 verletze Vorschriften der Verordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Versammlungsstättenverordnung - VStättVO -). Die Vorschriften der Versammlungsstättenverordnung gelangen vorliegend nicht zur Anwendung, da sich in der Moschee (und auf dem Grundstück) nach Ziffer 5. der Bedingungen zur Baugenehmigung des Beklagten vom 10. August 2006 maximal 200 Personen (tagsüber) aufhalten dürfen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 VStättVO). Hinzu kommt, dass das streitbefangene Vorhaben im Wesentlichen Räume umfasst, die dem Gottesdienst gewidmet und demnach dem Anwendungsbereich der Verordnung entzogen sind (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 VStättVO).
426. Das genehmigte Vorhaben übt unter Berücksichtigung der Bauvorlagen und nach den Eindrücken des Berichterstatters im Ortstermin, die dieser der Kammer auch unter Hinweis auf die anlässlich des Ortstermins aufgenommenen Lichtbilder (vgl. Bilder 1 bis 4) vermittelt hat, keine erdrückende Wirkung auf die angrenzenden Wohnhäuser aus. Ob einem Baukörper erdrückende Wirkung zukommt, ist danach zu beurteilen, welche optischen Auswirkungen er auf das Nachbargrundstück in dessen schützenswerten Bereichen hat. Zwischen der Moschee und dem Wohnhaus der Kläger liegt noch das von dem Vorbeter des Beigeladenen genutzte Wohnhaus Ustraße 0c, 0d. Mit einer Traufhöhe von 35,37m über NN bleibt die Moschee noch unterhalb der Firsthöhe dieses Gebäudes (35,41m über NN). Zwar ist das Minarett deutlich höher (44,59m über NN). Diese bauliche Anlage ist aber auf Grund ihrer schlanken Ausführung optisch kein massives Bauwerk, das die Umgebung beherrscht. Zudem liegt es an der S2straße und damit auf der dem Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite des Beigeladenen.
43Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO, 100 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO), weil der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich mithin auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
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