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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung von Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes L.-straße (vorher I.-straße) 10 auf dem Grundstück G01.
3Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Durchführungsplans Nr. 2/3 „Bahnhof/P.“ der Beklagten in der Fassung der 3. Änderung. Dieser setzt für das Grundstück die Nutzung Kerngebiet (MK) fest. Des Weiteren liegt das Grundstück im Geltungsbereich der örtlichen Bauvorschriften der Beklagten „Q. Innenstadt“.
4Die an die L.-straße grenzenden Räumlichkeiten des Erdgeschosses des Gebäudes wurden in der Vergangenheit als Ladenlokal genutzt.
5Am 6. März 2023 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung nach Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens für den Rückbau des Ladenlokals in zwei Ladenlokale und die Änderung der Nutzung. Nach den dem Bauantrag beigefügten Bauvorlagen ist durch die Errichtung einer Trennwand ein Ladenlokal mit einer Fläche von 79,74 m² und ein weiteres Ladenlokal mit einer Fläche von 37 m² vorgesehen. In der Betriebsbeschreibung für gewerbliche Anlagen heißt es, es sei beabsichtigt, in den Ladenlokalen Automaten aufzustellen, diese vorwiegend mit Snacks, Tabakwaren und Spirituosen zu bestücken und die Waren sowohl an Werktagen als auch an Sonn- und Feiertagen von 6:00 Uhr bis 5:00 Uhr zum Verkauf anzubieten. Eine Anlieferung sei tagsüber in der Zeit von 16:00 bis 18:00 Uhr von der L.-straße (I.-straße) aus vorgesehen. Hinter den Ladenlokalen sind für Kunden jeweils zwei Parkplätze pro Ladenlokal vorgesehen. Dem Bauantrag ist hinsichtlich des Ladenlokals 1 eine Automatendeklaration beigefügt, wonach in den Automaten 1 bis 3 Wasserpfeifen, Tabak, Vapes und alkoholhaltige gekühlte Getränke, in den Automaten 4 bis 7 verpackte Snacks wie Twix, Mars, Snickers und Chips angeboten werden sollen, und es sich bei dem Automaten 8 um einen Zigarettenautomaten handeln soll.
6Das im Baugenehmigungsverfahren beteiligte Amt für Immissionsschutz und Kreislaufwirtschaft, Sachgebiet Immissionsschutz, des Kreises V. teilte in seiner immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme vom 31. März 2023 mit, gegen die Erteilung der Baugenehmigung keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken zu erheben, wenn der Baugenehmigung nach näherer Maßgabe konkretisierte Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz der Gebäude I.-straße 8 und 12 und des Gebäudes I.-straße 10 (erstes Obergeschoss) hinzugefügt würden.
7Mit Schreiben vom 7. Juni 2023 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass der Betrieb eines Supermarktes mit Warenautomaten gemäß § 3 des Sonn- und Feiertagsgesetz Nordrhein-Westfalen (FeiertagsG NRW) an Sonn- und Feiertagen nicht gestattet sei. Gemäß § 1 Abs. 2 FeiertagsG NRW gelte der Schutz von Mitternacht bis Mitternacht. Sie weise darauf hin, dass alkoholhaltige Getränke, die nicht unter § 20 Nr. 1 des Gaststättengesetzes (GastG) fielen, in Warenautomaten-Supermärkten nur verkauft werden dürften, wenn entsprechende technische Vorrichtungen vorhanden seien, sodass entweder der Warenautomaten-Supermarkt insgesamt oder die betreffenden einzelnen Automaten für Kinder und Jugendliche gesperrt seien. Der Verkauf von CBD-Produkten solle nur nach vorheriger Beteiligung der Ordnungsbehörde und der Lebensmittelüberwachung erfolgen. Sie forderte den Kläger insofern auf, die Bauantragsunterlagen zu ändern.
8Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Juni 2023 vertrat der Kläger die Auffassung, dass ein Verstoß gegen § 3 FeiertagsG NRW durch den Betrieb der Warenautomaten nicht vorliege. Das Gesetz sei zum Schutz von Arbeitnehmern erlassen worden, die er jedoch in den Ladenlokalen nicht beschäftige. Potentielle Kunden bedienten die vollautomatisierten Warenautomaten selbstständig und bedürften keiner Unterstützung. Die Beklagte gehe rechtsirrig davon aus, dass er – der Kläger – einen Supermarkt mit Warenautomaten betreiben wolle. Dies sei nicht der Fall, weil die Lebensmittel ausschließlich aus den Warenautomaten heraus verkauft würden. Er verweise auf das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Freiburg vom 17. Januar 2013 – 4 K 1022/12 –, wonach dies zulässig sei. Derartige Warenautomaten würden im Stadtgebiet der Beklagten bereits jetzt an 24 Stunden und 7 Tagen in der Woche betrieben. Soweit in Warenautomaten alkoholhaltige Getränke angeboten würden, sei durch technische Vorrichtungen anhand einer erforderlichen Ausweiskontrolle gewährleistet, dass einzelne Automaten für Kinder und Jugendliche versperrt seien. Die zuständige Ordnungsbehörde könne sich vor Ort von der technischen Vorrichtung und deren Funktion selbst überzeugen. Den Verkauf von CBD- Produkten werde er unterlassen. Die äußere Tagesruhe werde durch seine Warenautomaten ebenso wenig gestört, wie durch Zigaretten- oder andere Automaten, die im Freien 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche für Kunden zugänglich seien. Bei den beiden Ladenlokalen handele es sich um zwei unabhängig voneinander bestehende gewerbliche Betriebe, deren Eigentümer unterschiedliche gewerbetreibende Personen seien.
9Die Beklagte wies den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit E-Mail vom 19. Juli 2023 daraufhin, die Ablehnung des Bauantrags zu beabsichtigen.
10Mit Bescheid vom 21. Juli 2023 lehnte die Beklagte den Bauantrag des Klägers ab und führte zur Begründung aus: Dem Vorhaben stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen. Eine Baugenehmigung könne daher nach § 74 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) nicht erteilt werden. Bei dem beabsichtigten Betrieb eines „Kiosk“ – wie in der Gewerbeanmeldung angegeben – handele es sich um eine Verkaufsstelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Ladenöffnungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LÖG NRW), weil darin von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann gewerblich angeboten würden. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW dürften Verkaufsstellen nur an Werktagen ohne zeitliche Begrenzung geöffnet sein. Außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten nach Absatz 1 sei gemäß § 4 Abs. 2 LÖG NRW das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf an jedermann außerhalb von Verkaufsstellen verboten. Eine Ausnahme nach § 5 Abs. 1 LÖG NRW, wonach Verkaufsstellen ausnahmsweise am Sonn- und Feiertagen geöffnet sein durften, liege nicht vor. Des Weiteren liege ein Verstoß gegen das FeiertagsG NRW vor, weil Sonn- und Feiertage besonders geschützt würden. Ein Fall der als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden Regelung in § 4 FeiertagsG NRW liege offensichtlich nicht vor. Weder sei der Betrieb eines „Kiosk mit Warenautomaten“ an Sonn- und Feiertagen nach dem Bundes- oder Landesrecht allgemein oder im Einzelfall ausdrücklich zuzulassen (Nr. 1), noch dienten die vom Kläger angebotenen Waren den Bedürfnissen des Verkehrs (Nr. 2). Das Einkaufen entspreche auch nicht einer Arbeit, die der Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung im Sinne der Nr. 5 diene. Anhaltspunkte für die Erteilung einer Ausnahme nach § 10 FeiertagsG NRW bestünden ebenfalls nicht. Angesichts des Umstandes, dass für das Einkaufen regelmäßig sechs Wochentage zur Verfügung stünden, bestehe kein dringendes Bedürfnis an einer darüberhinausgehenden Einkaufsmöglichkeit am Sonn- und Feiertagen. Es sei damit zu rechnen, dass auch abends und nachts an Sonn- und Feiertagen vermehrt eingekauft werde, sodass sich Anwohner durch vorbeifahrende Autos, zugeschlagene Autotüren und erhöhtes Lärmaufkommen gestört fühlen könnten, das von den Kunden des Klägers verursacht werde. Dies stehe dem Sonn- und Feiertagsschutz entgegen. Auch sei aufgrund des Alkoholverkaufs mit erheblichen Störungen der Nachbarschaft und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu rechnen.
11Des Weiteren setzte die Beklagte nach dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) i.V.m. der allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVwGebO NRW) eine Gebühr i.H.v. 83,00 € fest.
12Der an den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers adressierte Bescheid wurde durch die Beklagte per Postzustellungsurkunde am 2. August 2023 zur Post gegeben und am selben Tag per E-Mail versandt.
13Daraufhin hat der Kläger am 2. Oktober 2023 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er ergänzend zu seinem vorprozessualen Vorbringen geltend macht: Die Klage sei zulässig. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2023 sei seinem Verfahrensbevollmächtigten erst am 30. August 2023 zugegangen. Der Bescheid sei wohl am 5. August 2023 bei dem im Nachbargebäude R.-straße 10, Z. ansässigen türkischen Verein abgegeben worden. Ein Mitglied des Vereins habe den Briefumschlag jedoch erst am 30. August 2023 an den Kanzleimitarbeiter seines Prozessbevollmächtigten, Herrn F., übergeben. Der Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig. Ihm stehe der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung zu, weil ihr keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstünden. Das LÖG NRW sei auf Warenautomaten nicht anwendbar. Der Betrieb seines Automaten-Lebensmittelgeschäfts, in dem unter anderem alkoholische Getränke, wie Bier und Wein verkauft würden, sei kein Betrieb eines Supermarktes mit Warenautomaten. Wenn er im Rahmen der Gewerbeanmeldung angegeben habe, einen vollautomatischen „Kiosk“ betreiben zu wollen, habe er diesen Begriff lediglich umgangssprachlich verwendet. Bei seinem Automatengeschäft liege weder ein umschlossener Raum vor, noch biete ein Verkäufer Auslagen an. Die Räumlichkeit, in dem die Warenautomaten aufgestellt seien, sei stets offen, nicht verschlossen und für jede Person frei zugänglich. Soweit in der alten Fassung des Ladenschlussgesetzes des Bundes (LSchG) in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Warenautomaten noch ausdrücklich als Verkaufsstellen definiert worden seien, seien diese durch Änderungsgesetz vom 15. Mai 2003 aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausgenommen worden, da ihre Einbeziehung nicht mehr zeitgemäß sei. Die nach dem Inkrafttreten der Föderalismusreform und der erfolgten Übertragung der Gesetzeskompetenz für das Ladenschlussrecht in Kraft getretene LÖG NRW vom 16. November 2006 habe den zweistufigen Aufbau des vorherigen Bundesgesetzes, somit seine Systematik für die Bestimmung des Anwendungsbereichs übernommen. Daraus folge die Unanwendbarkeit des Gesetzes auf Warenautomaten. Die für die Anwendbarkeit auf seinen Betrieb erforderlichen Voraussetzungen nach § 1 LÖG NRW lägen nicht vor, weil es sich nicht um eine Verkaufsstelle handele. Definieren lasse sich der Warenautomat als Vorrichtungen zur Ausgabe von Waren mittels einfacher mechanischer Vorgänge. Bei der Entgegennahme des Entgelts durch Einwurf von Münzen, Geldscheinen oder Geldkarten und Kreditkarten und der sich daran anschließenden Warenausgabe gebe es keinen persönlichen Kontakt mit Verkaufspersonal. In rechtlicher Hinsicht stelle die Aufstellung eines Warenautomaten nach überwiegender Ansicht als ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages bedingt durch die Verfügbarkeit der Ware dar. Der Einwurf von Münzen bzw. die Durchführung des Bezahlvorgangs mittels Geldkarte lasse sich als Annahme umschreiben und dadurch ein Vertragsschluss begründen. Die Auffangvorschrift des § 4 Abs. 2 LÖG NRW, die mit § 20 Abs. 1 des vorherigen LSchG vergleichbar sei, sei ebenfalls nicht anwendbar. Der darin enthaltene Begriff des gewerblichen Feilhaltens setze das Anbieten zum Verkauf an jedermann von einer nicht ortsfesten Stelle oder Einrichtung voraus. Die Warenautomaten seien jedoch ortsfest angebracht. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift folge, dass Warenautomaten auch von der landesrechtlichen Regelung nicht erfasst sein sollten. Damit stünden dem Verkauf aus Warenautomaten keine ladenschlussrechtlichen Hindernisse mehr entgegen. Hauptsächliches Ziel des LÖG NRW sei der Schutz der in den Ladengeschäften beschäftigten Angestellten gewesen. Eine Einschränkung der Öffnungszeiten von Warenautomaten sei mit dem Schutz von Angestellten nicht zu begründen. Gegen das Verbot gemäß § 3 FeiertagsG NRW werde ebenfalls nicht verstoßen. Die danach erforderliche öffentlich bemerkbare Arbeit, die geeignet sein müsse, die äußere Ruhe der Sonn- und Feiertage zu stören, liege nicht vor. Der Verkauf von Lebensmitteln aus Warenautomaten sei mit dem Betreten eines Ladengeschäfts nicht gleichzusetzen, da kein reger Verkehr von Personen/Kunden verursacht werden könne. Aufgrund der unmittelbaren Nähe der von ihm aufgestellten Warenautomaten zum Hauptbahnhof der Stadt G. könnten Reisende Waren aus den Automaten käuflich erwerben. Es bestehe daher kein Unterschied zu den Warenautomaten, die auf den jeweiligen Zuggleisen sowie auf einem Bahnhofsgelände aufgestellt worden seien. Auch andere Verbraucher zögen den Verkauf aus Warenautomaten vor, um gerade einen plötzlich auftretenden Bedarf während der Ladenschlusszeiten zu decken. Im Normalfall werde der Verbraucher den Einkauf im offenen Ladengeschäft vorziehen, da das Warensortiment in den Warenautomaten nach Art und Menge begrenzt sei und dem individuellen Geschmack nur wenig Rechnung tragen könne. Zudem fehle die Beratung durch das Verkaufspersonal sowie die Möglichkeit, die Ware auf Qualität zu prüfen. Vor dem Hintergrund der erheblichen Investitionskosten lohne sich das Aufstellen von Automaten nur, wenn sie keinem Ladenschluss unterlägen. Es liege auch kein Verstoß gegen das Verbot des
14§ 4 Abs. 2 LÖG NRW vor, weil es sich nicht um das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf außerhalb von Verkaufsstellen handele, das außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten verboten sei. Er beabsichtige in Zukunft nur noch die Aufstellung von Warenautomaten in einem zwischen den beiden Ladenlokalen nach baulichen Veränderungen befindlichen Zwischenraum.
15Der Kläger beantragt – sinngemäß –,
16die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Juli 2023 zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 6. März 2023 eine Baugenehmigung für den Rückbau Ladenlokal im zwei Ladenlokale (Automaten für Lebensmittel) im Erdgeschoss des Gebäudes G01 zu erteilen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen
19Ergänzend zu den Ausführungen des ablehnenden Bescheids erwidert sie: Sie habe bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Klagefrist. Leider sei die Zustellungsurkunde nicht in Rücklauf gekommen. Letztlich glaube sie es dem Kläger, dass der Bescheid seinem Bevollmächtigten erst am 30. August 2023 zugestellt worden sei. Die Klage sei aber unbegründet. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung lägen nicht vor. Bei dem Automaten-Lebensmittelgeschäft handele es sich um eine Verkaufsstelle im Sinne des LÖG NRW, weil dort unzweifelhaft Waren zum Verkauf gewerblich an jedermann angeboten würden. Es spiele keine Rolle, ob diese von einem Verkäufer angeboten bzw. „ausgehändigt“ würden oder vom Kunden in Selbstbedienung aus einem Automaten „gezogen“ würden. Dass der Begriff des Warenautomaten im LÖG NRW anders als im früheren LSchG keine ausdrückliche Erwähnung mehr finde, lasse nicht den Rückschluss zu, die Vorschriften seien für Betriebsstätten mit Warenautomaten nicht anwendbar. Dies könne jedoch letztlich dahinstehen, da die in § 4 Abs. 1 LÖG NRW normierte Ladenöffnungszeit nach § 4 Abs. 2 LÖG NRW auch für das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf an jedermann außerhalb von Verkaufsstellen gelte. In diesem Zusammenhang weise der Kläger ausdrücklich darauf hin, die Räumlichkeit mit den Warenautomaten sei für jede Person frei zugänglich. Ob und inwieweit der Raum verschlossen sei oder verschlossen werden könne, sei unerheblich, weil es sich hier in baulicher Hinsicht um einen von Wänden umschlossenen Raum handele. Zudem solle der Geschäftsraum nicht durchgehend geöffnet sein, weil der Kläger selbst nach der eingereichten Betriebsbeschreibung eine tägliche Schließungszeit von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr vorgesehen habe. Die von ihm aufgestellten Warenautomaten seien auch nicht mit dem Verkauf aus Automaten oder in Verkaufsstellen im Bereich des Q. Hauptbahnhofs gleichzusetzen, weil die dort praktizierte Verkaufstätigkeit nicht der Ausnahmeregelung des § 9 LÖG NRW für Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen unterfalle. Die Argumentation des Klägers hinsichtlich der fehlenden Anwendbarkeit des FeiertagsG NRW verfange nicht. Es sei unerheblich, wodurch der Kundenverkehr und das damit gegebenenfalls verbundene Verkehrsaufkommen an Sonn- und Feiertagen verursacht würden. Hinzu komme, dass sich das Geschehen angesichts der anderweitig nicht oder nur sehr eingeschränkt vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen gerade auf derartige Automatengeschäfte konzentrieren dürfe. Die dort angebotenen Waren dienten nicht der Deckung eines plötzlich auftretenden Lebensmittelbedarfs, weil es sich um keine gewöhnlichen Lebensmittel oder verderblichen Waren, sondern das Angebot hauptsächlich Zigaretten, E-Zigaretten, Tabak, alkoholhaltige Getränke und Snacks in Form von Süßigkeiten und Salzgebäck umfasse. Derartige Verkaufstätigkeiten gehörten nicht zu den Ausnahmen nach § 4 FeiertagsG NRW. Davon abgesehen bestünden faktisch ausreichende Möglichkeiten, derartige Waren an Sonn- und Feiertagen etwa in Gaststättenbetrieben, Tankstellen sowie auf Bahnhöfen oder in Zigarettenautomaten zu erwerben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum hohe Investitionskosten den Sonn- und Feiertagsverkauf rechtfertigen könnten. Zwar dienten die Einschränkungen des Sonn- und Feiertagsgesetzes auch dem Schutz von Arbeitnehmern, dies sei jedoch nicht der alleinige Zweck der Regelungen. In der Wirkung eines solchen Gewerbebetriebes nach außen spielten die Unterschiede zu „gewöhnlichen“ Ladengeschäften keine bedeutsame Rolle. Ihre Auffassung entspreche der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (HessVGH) sowie der Verwaltungsgerichte (VG) Hamburg und Schleswig-Holstein. Für die derzeitig tatsächlich realisierten Betriebszeiten von jeweils 6.00 Uhr bis 5.00 Uhr an Werktagen habe sie entgegen der Annahme des Klägers auch noch keine Baugenehmigung erteilt. Für die Ladenlokale liege bei ihr derzeit ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für verschiedene Nutzungen (Supermarkt-, Friseur- und Tattoostudio, Automatenverkauf für einen kleinen Bereich) vor, über die sie noch nicht entschieden habe.
20Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14. März 2024 gemäß § 6 Abs. 1 VwGO auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
21Die Einzelrichterin hat am 13. Mai 2024 an Ort und Stelle einen Erörterungstermin durchgeführt. In dem Termin haben die Beteiligten zur Niederschrift ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO erklärt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
24Das Gericht entscheidet nach der Übertragung des Rechtsstreits und dem erklärten Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 6 Abs. 1,101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch die Einzelrichterin.
25Die Klage bleibt ohne Erfolg.
26Sie ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthaft und zulässig. Die Klage wurde insbesondere fristgerecht gemäß § 74 VwGO erhoben. Danach muss die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Hier lässt sich der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides als Beginn der Monatsfrist, für den die Beklagte darlegungs- und nachweispflichtig ist, nicht bestimmen. Wie die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts zu erfolgen hat, ist in § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) geregelt. Nach Absatz 1 Satz 1 ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe nach Satz 2 ihm gegenüber vorgenommen werden. Hier hat die Beklagte sich dazu entschieden, die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers durchzuführen. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland – wie hier – durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW). Dies gilt nach Satz 3 der Vorschrift nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte sich dazu entschieden, den Ablehnungsbescheid per Postzustellungsurkunde bekannt zu geben. Damit richtet sich die Bekanntgabe, hier durch Zustellung, nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW). Für die Ausführung der Zustellung gelten nach § 3 Abs. 2 LZG NRW die §§ 177-182 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Nach § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177-181 ZPO eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Die Zustellungsurkunde ist nach Absatz 3 der Vorschrift unverzüglich zurückzuleiten. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte den Zustellungsauftrag am 2. August 2023 entsprechend § 3 LZG NRW der Post übergeben. Es fehlt jedoch zum Nachweis der Zustellung an der Rücksendung der Urkunde an die Beklagte, aus der sich der Zeitpunkt und die wirksame Zustellung ergeben. Damit fehlt es hier nach den vorgenannten Vorschriften an der Bestimmbarkeit des Tages der Bekanntgabe und somit dem Beginn der Klagefrist. Eine Heilung des Zustellungsmangels durch den tatsächlichen Zugang des Ablehnungsbescheides ist nach § 8 LZG NRW ebenfalls nicht eingetreten. Eine Kenntnisnahme des Bescheides durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 2. August 2023 ist von der Beklagten nicht nachgewiesen. Die Übersendung der E-Mail vom 2. August 2023 stellt auch keine elektronische Bekanntgabe dar, weil diese den Anforderungen, die das Gesetz in § 41 Abs. 1 VwVfG NRW an eine elektronische Bekanntgabe stellt, nicht genügt.
27Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für die von ihm begehrte Nutzungsänderung gegen die Beklagte nicht zu. Der insoweit ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2023 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
28Die Baugenehmigung ist nach § 74 Abs. 1 BauO NRW zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Begriff der öffentlich-rechtlichen Vorschriften umfasst das gesamte öffentliche Recht.
29Vgl. Hellhammer-Hawig in: Schönenbroicher/Kamp/Henke, Bauordnung Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage 2022, § 74 BauO NRW, Rn. 44; Hüwelmeier in: Spannowsky, Saurenhaus, Beck Online-Kommentar, 19. Edition, Stand: 1. Juli 2024, § 74 BauO NRW, Rn. 43.
30Zu diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören auch die Vorschriften des LÖG NRW und des FeiertagsG NRW. Die beabsichtigte Nutzung der Räumlichkeiten für den Betrieb von Automatengeschäften verstößt gegen § 4 Abs. 1 LÖG NRW. Danach dürfen Verkaufsstellen an Werktagen ohne zeitliche Begrenzung geöffnet sein (allgemeine Ladenöffnungszeit) (Nr. 1.). Daraus folgt, dass Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht geöffnet sein dürfen. Bei den Automatengeschäften handelt es sich um Verkaufsstellen in diesem Sinne. Nach § 2 LÖG NRW in der Fassung vom 16. November 2006 gilt dieses Gesetz für die Öffnung von Verkaufsstellen und das gewerbliche Anbieten von Waren außerhalb von Verkaufsstellen. Verkaufsstellen im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 3 Abs. 1 LÖG NRW Ladengeschäfte aller Art, Apotheken und Tankstellen (Nr. 1) und sonstige Verkaufsstände, falls in ihnen ebenfalls von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann gewerblich angeboten werden. Dem gewerblichen Anbieten steht das Zeigen von Mustern, Proben und Ähnlichem gleich, wenn Warenbestellungen in der Einrichtung entgegengenommen werden. (Nr. 2). In den im Erdgeschoss des Gebäudes L.-straße 10 in G. gelegenen, durch eine zu den Öffnungszeiten durch eine Tür für jedermann betretbaren Räumlichkeiten, sollen aus darin aufgestellten Warenautomaten, somit in und aus einer festen Stelle ständig Waren zum Verkauf an jedermann gewerblich angeboten werden. Die Automatengeschäfte weisen wesentliche Merkmale eines Ladengeschäfts im herkömmlichen Sinne auf. Um ein Ladengeschäft handelt es sich bei einer Betriebsstätte im stationären Einzelhandel, in der den Kunden Waren angeboten werden.
31Vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/laden
32Gemäß § 12 der Abgabenordnung (AO) ist eine Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes L.-straße 10 stellen eine feste Geschäftseinrichtung dar, die der Tätigkeit des Klägers als Unternehmer und Betreiber der Automaten zum Zwecke des Anbietens von Waren im stationären Einzelhandel in G. dient. In der Geschäftseinrichtung L.-straße 10 sollen einem unbegrenzten Kundenkreis Waren des stationären Einzelhandels zum ständigen Verkauf gewerblich angeboten werden. Wie ein Ladengeschäft bietet die Geschäftseinrichtung den Kunden Schutz vor Witterungseinflüssen. Dadurch besteht für potentielle Kunden die Möglichkeit des längeren Verweilens in den Räumlichkeiten zum Zwecke der optischen Erfassung des Warenangebots, der eigenen Warenauswahl und schließlich des Treffens einer Kaufentscheidung. Ein Ladengeschäft im Sinne dieser Vorschrift setzt auch nicht etwa einen persönlichen Kontakt zu einem im Laden Beschäftigten voraus. Auch in Ladengeschäften im herkömmlichen Sinn ist es inzwischen möglich und üblich, die Ware ohne jeglichen Kontakt zu Personal auszusuchen und den Kaufvertrag durch einen kontaktlosen Bezahlvorgang an einer Scankasse abzuschließen.
33Vgl. zur Anwendbarkeit ähnlicher landesrechtlicher ladenöffnungsrechtlicher Regelungen, bzw. der Sonn- und Feiertagsgesetze auf ähnliche Betriebe: VG Hamburg, Beschluss vom 3. November 2023 – 7 E 3608/23 –, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 22. Dezember 2023 – 8 B 77/22 –, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 5. August 2011 – 9 S 989/009 –, juris, Rn. 20 ff.
34Nichts Anderes folgt aus dem Zweck der Vorschrift. Gemäß § 1 Satz 1 LÖG NRW dient das Gesetz der Schaffung und Sicherung einer allgemeinen Ladenöffnungszeit für Verkaufsstellen sowie dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe. In der Gesetzesbegründung (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 14/2478 vom 5. September 2006) heißt es hierzu:
35„A. Problem und Reglungsbedarf:
36Die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren nachhaltig verändert. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten ist eine Angleichung der Rahmenbedingungen von Verkaufsstellen erforderlich. Eine grundlegende Neukonzeption des Ladenschlussgesetzes und damit auch Anpassung an die veränderten Arbeit-, Lebens-und Konsumgewohnheiten der Menschen ist zukünftig Aufgabe der Landesgesetzgeber.
37B. Lösung
38Der vorliegende Entwurf des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten enthält eine genaue gesetzliche Beschreibung der Zeiten, an denen Waren gewerblich verkauft werden dürfen. Differenziert wird zwischen Werktagen und Sonn- und Feiertagen. Der Werktag wird generell für den Verkauf freigegeben. An Sonn- und Feiertagen ist der Verkauf grundsätzlich nicht gestattet. Ausnahmen vom Ladenschlussgebot an Sonn- und Feiertagen werden nur für den Verkauf bestimmter Waren sowie für bestimmte Verkaufsstellen zugelassen. Ebenso wird die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen geregelt.“
39Aus dem Zweck der Angleichung von Rahmenbedingungen für Verkaufsstellen unter Wettbewerbsgesichtspunkten folgt, dass grundsätzlich keine Verkaufsstelle im Vergleich zu einer anderen Verkaufsstelle durch die Möglichkeit erweiterter Öffnungszeiten einen Wettbewerbsvorteil haben soll. So läge der Fall hier aber, wenn Automatengeschäfte im Vergleich zu anderen Verkaufsstellen (auch mit Personal) an Sonn- und Feiertagen Waren verkaufen dürfen.
40Der Zweck des Gesetzes erschöpft sich auch nicht etwa im Schutz von Arbeitnehmern. Mit der Formulierung „Ebenso“ hat der Landesgesetzgeber seinen Willen bekundet, dass die Regelung der Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen gleichwertig neben dem zuvor genannten Zweck, nämlich dem grundsätzlichen Verkaufsverbot an Sonn- und Feiertagen stehen soll. Auch hat das LÖG NRW – wie entsprechende Gesetze in anderen Bundesländern – gegenüber dem Ladenschlussgesetz, das hauptsächlich dem (Arbeits-)schutz der in den Verkaufsstellen Beschäftigten diente, die Öffnungszeiten fast vollständig liberalisiert. Die Schließzeiten sind nach § 5 LÖG NRW nur noch auf Sonn- und Feiertage (bis teilweise auf den 24. Dezember) beschränkt. Die Sonn- und Feiertage werden gemäß § 1 FeiertagsG NRW nach Maßgabe des Gesetzes besonders geschützt. Sie dienen der Arbeitsruhe und der äußeren Ruhe des Tages. Dies folgt schon aus § 3 FeiertagsG NRW, wonach an diesen Tagen Arbeiten verboten sind, die die äußere Ruhe des Tages stören. Bei erlaubten Arbeiten sind danach unnötige Störungen und Geräusche zu vermeiden. Der damit zur Durchsetzung gebrachte, bundesverfassungsrechtlich in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) angeordnete Schutz der Sonn- und staatlich anerkannten Feiertage gebietet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass an Sonn- und Feiertagen in der Regel die typische „werktägliche Geschäftigkeit“ zu ruhen hat und sie der Möglichkeit der „seelischen Erhebung“ dienen.
41Vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – 1 BvR 2857/07 –, juris, Rn. 152.
42Die Ladenöffnung ist insoweit von besonderer Bedeutung, weil von ihr eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeits- und Betriebsamkeitswirkung ausgeht, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird. Diese Wirkung wird nicht nur durch die in den Verkaufsstellen tätigen Arbeitnehmer und sonstigen Beschäftigten ausgelöst, sondern wesentlich auch durch den Kundenverkehr. Auf diese Weise bestimmt die Ladenöffnung maßgeblich das öffentliche Bild des Tages. Damit werden notwendig auch diejenigen betroffen, die weder arbeiten müssen noch einkaufen wollen, sondern Ruhe und seelische Erhebung suchen, namentlich auch die Gläubigen christlicher Religionen und die Religionsgemeinschaften selbst, nach deren Verständnis der Tag ein solcher der Ruhe und der Besinnung ist.
43Vgl. zum Vorstehenden BVerfG, a.a.Bahnhof/P., Rn. 165.
44Ob die Schließung von Verkaufsstellen zum Schutze des Charakters der Sonn- und Feiertage beiträgt, bestimmt sich folglich nicht nur danach, ob und in welchem Umfang in ihnen Verkaufspersonal anwesend ist, sondern nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als werktägliche Veranstaltung.
45Vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 3. November 2023 – 7 E 3608/23 –, juris, Rn. 20 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen.
46Dem entspricht das Automatengeschäft hier aber, weil dadurch Kundenverkehr mit den entsprechenden Geräuschen und dem optischen Eindruck der Geschäftsmäßigkeit erzeugt wird. Ein maßgeblicher Aspekt ist dabei auch, dass allein der Ausschank von Alkohol außerhalb üblicher Ladenöffnungszeiten eine erhöhte Betriebsamkeit durch Kundenverkehr hervorruft, weil dieser von bestimmten Kundengruppen oft abends, nachts und am Wochenende eingekauft wird. Auch ermöglicht es das Angebot von Alkohol in den Automaten potentiellen Kunden an Sonn- und Feiertagen im Falle eines objektiv oder subjektiv auf andere Weise nicht mehr zu realisierenden Alkoholerwerbs in dem Automatengeschäft weiter Alkohol erwerben und anschließend konsumieren zu können. Während beispielsweise ein Gastwirt einem bereits in gesundsheitsbedenklich alkoholisierten Gast den Alkoholausschank verwehren kann, ermöglicht das Automatengeschäft diesem den weiteren Alkoholerwerb ohne Einschränkung. Sowohl der Erwerb als auch der anschließende Konsum kann dabei sogar aufgrund der Öffnung des Automatengeschäfts in diesem selbst oder aber in engem räumlichen Zusammenhang damit erfolgen und mit einer erheblichen Geräuschentwicklung zur Nachtzeit an Sonn- und Feiertagen für die benachbarten Anwohner einhergehen. Dies ist mit dem zuvor dargestellten Schutz der Sonn- und Feiertage nicht vereinbar.
47Ob einzelne Warenautomaten dem LÖG NRW grundsätzlich nicht unterfallen,
48vgl. Offengelassen auch: VG Hamburg, Beschluss vom 2. November 2023
49- 7 E 3608/23 –, juris, Rn. 16,
50ist hier nicht entscheidungserheblich, weil sich das Vorhaben des Klägers hiervon aus den vorgenannten Gründen maßgeblich unterscheidet.
51Auch aus der Gesetzeshistorie folgt nicht, dass Automatengeschäfte dem Begriff des Ladengeschäfts und des LÖG NRW nicht unterfallen. Aufgrund der vormaligen konkurrierenden Gesetzbebungskompetenz war die Ladenöffnung bundesgesetzlich im Ladenschlussgesetz geregelt. § 7 Abs. 1 LSchG enthielt eine Regelung, wonach Warenautomaten aus dem Anwendungsbereich des § 3 LSchG, wonach Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein mussten, ausgenommen waren „falls sie von dem Inhaber einer Verkaufsstelle oder mit seiner Zustimmung von einem andern in räumlichem Zusammenhang mit dieser aufgestellt und in ihnen nur Waren feilgehalten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst geführt werden“. Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass diese Regelung mit Art. 12 Abs. 1 GG eines klagenden Automatenaufstellers (Automaten mit Rasierklingen) unvereinbar und deshalb nichtig war,
52vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Februar 1962 – 1 BvR 198/57 –, juris,
53strich der Bundesgesetzgeber den Begriff der Warenautomaten aus § 7 Abs. 1 LSchG. Diese Streichung von Warenautomaten aus dem Bundesgesetz führt indes nicht zu der Annahme, die Vorschriften des LÖG NRW seien auf Automatengeschäfte nicht anwendbar. Dies folgt zum einen daraus, dass im Rahmen der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz für das „Recht des Ladenschlusses“ aufgrund einer Änderung des Grundgesetzes zum 1. September 2006 aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (a.F.) herausgenommen und auf die Länder übertragen wurde; sich somit schon wegen der Unterschiedlichkeit des Normgebers der gesetzgeberische Wille des Bundesgesetzgebers nicht auf den Landesgesetzgeber übertragen lässt. Zum anderen handelt es sich bei dem Automatengeschäft um eine neue Erscheinungsform des Ladengeschäfts im Wirtschaftsleben und Geschäftsverkehr, die der Bundesgesetzgeber in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht im Blick haben konnte. Diese bleibt die Streichung der „Warenautomaten“ aus dem LSchG für Automatengeschäfte ohne wesentliche Aussagekraft im Hinblick auf den gesetzgeberischen Willen bleibt.
54Dem in der Rechtsprechung vereinzelt gebliebenen Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg,
55vgl. VG Freiburg, Urteil vom 17. Januar 2013 – 4 K 1022/12 –,
56schließt sich das erkennende Gericht demgegenüber nicht an.
57Die Voraussetzungen für einen ausnahmsweisen erlaubten Betrieb der Automatengeschäfte an Sonn- und Feiertagen nach § 5 LÖG NRW liegen hier nicht vor. Nach Absatz 1 dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein: 1. Verkaufsstellen, deren Kernsortiment aus einer oder mehrerer der Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften oder Backe und Konditorwaren besteht, für die Abgabe dieser Waren und eines begrenzten Randsortiments für die Dauer von 5 Stunden., 2. Verkaufsstellen von themenbezogenen Waren oder Waren zum sofortigen Verzehr auf dem Gelände oder im Gebäude einer Kultur-oder Sportveranstaltung oder in einem Museum während der Veranstaltung-und Öffnungsdauer, sofern sie der Versorgung der Besucherinnen und Besucher dienen oder 3. Verkaufsstellen landwirtschaftlicher Betriebe, deren Kernsortiment aus selbst erzeugten landwirtschaftlichen Produkten besteht, für die Abgabe dieser Waren und eines begrenzten Randsortiments für die Dauer von 5 Stunden. Nach Absatz 2 dürfen am Sonn- und Feiertagen leicht verderbliche Waren und Waren zum sofortigen Verzehr außerhalb von Verkaufsstellen angeboten werden. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall, weil das in den Automatengeschäften angebotene Warensortiment dem nicht entspricht und auch der sonst in der Ausnahmevorschrift geforderte räumliche oder landwirtschaftliche Bezug ebenso wenig gegeben ist, wie der Bezug zu einer Veranstaltung.
58Ebenso wenig greift hier die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 LÖG NRW. Danach dürfen Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen des Schienenverkehrs an Sonn- und Feiertagen für den Verkauf von Reisebedarf während des ganzen Tages geöffnet sein, am 24. Dezember jedoch nur bis 17.00 Uhr. Das Automatengeschäft L.-straße 10 befindet sich zwar in Laufnähe des Q. Bahnhofs, nicht jedoch, wie vom Gesetz gefordert, auf einem Personenbahnhof.
59Die Gebührenfestsetzung in dem Ablehnungsbescheid ist auf der Grundlage der in Bezug genommenen Rechtsvorschriften nicht zu beanstanden.
60Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGBahnhof/P.
61Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
62Die Berufung gegen das Urteil wird gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Hinsichtlich der Öffnungszeiten von Automatengeschäften an Sonn- und Feiertagen herrscht eine unterschiedliche Praxis im Zuständigkeitsbereich der Baugenehmigungsbehörden in Nordrhein-Westfalen. Daher erachtet das erkennende Gericht die Frage der Anwendbarkeit des LÖG NRW auf Automatengeschäfte als grundsätzlich klärungsbedürftig.
63Rechtsmittelbelehrung:
64Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
65Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
66Die Berufung und deren Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen.
67Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen.
68U.
69B e s c h l u s s:
70Ferner hat die Kammer
71b e s c h l o s s e n:
72Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes auf 15.000,00 € festgesetzt, weil dies dem Interesse des Klägers an der begehrten Baugenehmigung für die Nutzungsänderung entspricht.
73Rechtsmittelbelehrung:
74Gegen die Streitwertfestsetzung können die Beteiligten beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht entscheidet, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht überschreitet.
75Die Beschwerde kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen.
76U.