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Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 13. Januar 2023 verpflichtet, gegen die Nutzung auf dem Grundstück F.-straße. 60, E. (G01) bauaufsichtlich im Wege einer Nutzungsuntersagung einzuschreiten.
Die Beklagte und der Beigeladene tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G02 (postalische Anschrift: V.-straße. 15, E.). Das Grundstück befindet sich im räumlichen Geltungsbereich des seit dem 30. März 1972 rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 8 D.-straße. der Gemeinde I. (B-Plan) in einem festgesetzten Reinen Wohngebiet (WR) und wurde von den Voreigentümern - den Eltern der Klägerin - in den Folgejahren nach Inkrafttreten des B-Plans mit einem Wohnhaus bebaut.
3Südwestlich an den rückwärtigen Grundstücksbereich grenzt das nicht vom räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans erfasste GG03 des Beigeladenen - ein Schützenverein - an. Die dort befindliche Schützenhalle ist an der nördlichen Grundstücksgrenze errichtet. Ihr Eingangsbereich und der asphaltierte Vorplatz befinden sich an der südlichen Gebäudeseite. Die Zuwegung zum Hauptgebäude führt von der südlichen Grundstücksgrenze über das Grundstück bis zum Vorplatz und wird von Rasenflächen flankiert. Nahe der östlichen Grundstücksgrenze sind zwei Nebengebäude erbaut.
4Für die Schützenhalle in ihrem ursprünglichen - circa im Jahre 1908 errichteten - baulichen Bestand liegt keine Baugenehmigung vor. Die älteste vorhandene Bauakte betreffend das Grundstück enthält eine im Jahre 1955 erteilte Genehmigung für eine Klosettanlage. In den Genehmigungsunterlagen ist der Umriss der Schützenhalle eingezeichnet. Im Laufe der Jahre wurden mehrere Baugenehmigungen für Änderungen der Schützenhalle, u.a. im Jahr 1972 für eine Erweiterung in östlicher Richtung, sowie für die Nebengebäude erteilt.
5Nach Nachbarbeschwerden wegen Lärmbelästigungen durch Veranstaltungen auf dem Grundstück des Beigeladenen und im Anschluss an bereits zuvor ab dem Jahr 1977 mit diesem und der Beklagten getroffene - teils zeitlich befristete - Abreden zur Bewältigung der Lärmproblematik trafen die Eltern der Klägerin und weitere Nachbarn mit dem Beigeladenen unter dem 4. Dezember 1986 eine weitere vertragliche Vereinbarung zur Regelung der Benutzung der Schützenhalle. Darin verpflichtete sich der Beigeladene u.a., die Halle nur noch Vereinen des Stadtteils I. für ganz oder teilweise über 22 Uhr hinausgehende Abendveranstaltungen mit Musik zur Verfügung zu stellen und keinerlei private Feiern und Feste nach 22 Uhr zuzulassen. Die Nachbarn verpflichteten sich u.a., die genannten Veranstaltungen zu dulden und im Falle des Grundstücksverkaufs mit dem Erwerber den Vertragsbeitritt zu vereinbaren sowie ihre Widersprüche gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf bauaufsichtliches Einschreiten durch die Beklagte zurückzunehmen.
6In den Folgejahren kam es weiterhin zu Lärmbeschwerden der Nachbarn.
7Mit Urteil vom 23. August 2010 - 2 O 412/08 - wies das Landgericht (LG) Paderborn eine auf Unterlassung der Überschreitung bestimmter Beurteilungspegel - u.a. 35 dB(A) nachts, hilfsweise 40 dB(A) nachts - sowie auf Feststellung der Aufhebung der Vereinbarung vom 4. Dezember 1986 gerichtete Klage u.a. der Eltern der Klägerin gegen den Beigeladenen ab. Die Widerklage des Beigeladenen auf Duldung bestimmter Veranstaltungen durch die Kläger wies das Gericht ebenfalls ab. Wegen des Inhalts der Urteilsbegründung wird auf die zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen.
8In dem beim Oberlandesgericht Hamm geführten Berufungsverfahren - I-24 U 139/10 - einigten sich die Parteien am 1. September 2011 im Wege eines Vergleichs. Darin verpflichtete sich der Beigeladene u.a., mit Ausnahme der jährlich stattfindenden Traditionsveranstaltungen bestehend aus dem Schützenfest an 3 Tagen, dem Winterball und dem Vorexerzieren, folgende Beurteilungspegel einzuhalten:
9- tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten 55 dB(A) und eine Geräuschspitze von 75 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A) und eine Geräuschspitze von 70 dB(A) sowie nachts 40 dB(A) - gemessen 0,5 m vor den Fenstern des Wohnhauses V.-straße. 15 - (Ziffer 1)
10- bei den 3 jährlich stattfindenden Kompaniefesten, derzeit Osterfeuer, Karneval und Erntedank (Bayernball), einen Wert von 55 dB(A) nachts 1 m vor den Fenstern der Kläger bis 24 Uhr und für die Zeit ab 24 Uhr den in Ziffer 1 genannten Wert (Ziffer 2).
11Ferner einigten sich die Parteien u.a. auf die Einpegelung eines zwischenzeitlich durch den Beigeladenen im östlichen Hallenteil verbauten Schallbegrenzers (sog. Limiter) und eine Schalldämmung des bisher nicht gedämmten Zwischentraktes zwischen den beiden Hallenteilen (Altbestand einerseits und Erweiterungsbau andererseits).
12Der Vater der Klägerin legte den Vergleich im Oktober 2011 der Beklagten vor. In der Folgezeit gingen weiterhin Beschwerden der Eltern der Klägerin, insbesondere über die Überschreitung der vereinbarten Lärmgrenzen, bei der Beklagten ein.
13Laut Vermerk der Beklagten vom 18. April 2012 konnten im Rahmen der daraufhin erfolgten örtlichen Feststellungen keine störenden Geräusche wahrgenommen werden.
14Der Beigeladene holte im Zuge der vereinbarten Einpegelung des Schallbegrenzers zum Nachweis der Einhaltung der vereinbarten Lärmgrenzen einen Mess- und Prüfbericht des Dipl.-Ing. T. R. vom 13. Juni 2012 ein. Nach der schallmesstechnischen Untersuchung des Gutachters wird bei Einstellung des Limiters auf 93 dB(A) im Terrassenbereich des klägerischen Wohnhauses ein äquivalenter Dauerschallpegel von < 38 dB(A) erreicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Mess- und Prüfbericht sowie auf die hierauf bezogene ergänzende Stellungnahme des Dipl.-Ing. T. R. vom 6. Dezember 2014 Bezug genommen.
15In einem weiteren beim LG Paderborn geführten Klageverfahren - 5 S 111/14 - einigten sich die Eltern der Klägerin und der Beigeladene mit Vergleich vom 27. Mai 2015 insbesondere auf folgende Regelungen:
16- auf dem Vereinsgelände werden im Kalenderjahr nicht mehr als insgesamt 12 Veranstaltungen, sowie innerhalb von 5 Jahren 1 weitere Veranstaltung durchgeführt oder durch Dritte durchgeführt, die über 22 Uhr hinausgehen (Ziffer 1.)
17- bis auf das Schützenfest an drei Tagen, den Winterball sowie das Vorexerzieren sind die Lärmgrenzen gem. Ziffer 1 des Vergleichs vom 1. September 2011 einzuhalten (Ziffer 2.)
18- hinsichtlich der 3 Kompaniefeste sind die Lärmgrenzen aus Ziffer 2 des o.g. Vergleichs einzuhalten (Ziffer 3.).
19In den Jahren darauf gingen weitere Beschwerden u.a. der Eltern der Klägerin wegen Ruhestörungen unter Hinweis auf Nichtbeachtung des Vergleichs bei der Beklagten ein.
20Zudem gingen die Eltern der Klägerin bis Ende 2019 weiter zivilgerichtlich im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 27. Mai 2015 gegen den Beigeladenen vor.
21Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2022 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, „mit den Mitteln der Bauaufsicht und ggf. auch unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten gegen die Nutzung auf dem Grundstück des Beigeladenen einzuschreiten“ und machte zur Begründung im Wesentlichen geltend, das Grundstück werde als sog. „Schützenhalle“ für Veranstaltungen multipler Art genutzt, von denen unzulässige Immissionen auf ihr Grundstück einwirkten.
22Wegen der ab dem Jahr 2022 vereinsseitig oder von dritter Seite erfolgten Nutzung der Schützenhalle bzw. deren Vorplatzes wird auf die durch den Beigeladenen zu den Gerichtsakten gereichte Veranstaltungsübersicht verwiesen.
23Mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Bescheid vom 13. Januar 2023 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus: Die vor den Zivilgerichten geschlossenen Vergleiche entfalteten für sie keine Bindungswirkung. Das spätere Hinzukommen des Wohngebietes führe zu einer höheren Duldungspflicht. Es seien allenfalls die Grenzwerte eines Allgemeinen Wohngebietes (WA) einzuhalten. Außerdem sei das ihr zustehende Ermessen nicht auf Null reduziert. Wie sich auch aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Minden vom 26. Januar 2016 - 1 K 1485/15 - ergebe, habe sie ermessensfehlerfrei die in den zivilgerichtlichen Vergleichen übernommenen Duldungspflichten der Klägerin berücksichtigen dürfen. In der Vergangenheit vorgetragene angebliche Lärmbelästigungen seien entweder nicht nachgewiesen oder vor Ort überwiegend nicht festgestellt worden.
24Die Klägerin hat am 30. Oktober 2023 die vorliegende Klage erhoben.
25Zur Begründung macht sie im Wesentlichen Folgendes geltend: Die Nutzung der Schützenhalle und der Freiflächen des Grundstücks sei nicht von einer Baugenehmigung gedeckt und verstoße zu ihren Lasten gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Durch die zahlreichen Veranstaltungen inkl. des zugehörigen Zu- und Abgangsverkehrs sowie insbesondere die musikalischen Übungen des Spielmannszuges des Beigeladenen würden die gemäß Nr. 3.1 des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen für die Messung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen bei Freizeitanlagen vom 23. Oktober 2006 (Freitzeitlärmerlass NRW) für ein WR geltenden Immissionsrichtwerte, die trotz der Randlage ihres Grundstücks zum unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 des Baugesetzbuchs (BauGB) wegen der insoweit schon auf Planungsebene durchgeführten Abwägung maßgeblich seien oder jedenfalls lediglich um 2 bis 3 dB(A) zu erhöhen seien, überschritten. Hierfür spreche auch das Sachverständigengutachten des Dipl. Ing. T. R. vom 13. Juni 2012, in welchem darauf hingewiesen werde, dass bei Einsatz anderer bzw. fremder Musikanlagen mit hoch eingestelltem Bassanteil und Musikstücken mit hoher Dynamik gegebenenfalls sogar ein Geräuschpegel von 40 dB(A) überschritten werde. Hinzu komme u.a., dass der Gutachter - was auch in einer von ihren Eltern eingeholten Stellungnahme der DEKRA vom 21. Oktober 2014 bemängelt worden sei - keine Zuschläge für Impulshaltigkeit, Informationshaltigkeit und/oder Tonhaltigkeit berücksichtigt habe. Die Immissionsrichtwerte seien auch nicht gemäß Nr. 3.4 Freizeitlärmerlass NRW zu erhöhen, soweit es sich bei den Veranstaltungen um Volksfeste oder ähnliche Veranstaltungen handele. Die Beklagte habe weder Ausnahmegenehmigungen gemäß §§ 9, 10 des Landes-Immissionsschutzgesetzes (LImSchG NRW) noch eine ordnungsbehördliche Verordnung nach diesem Gesetz erlassen. Der Beigeladene habe indes gegen § 10 LImSchG NRW verstoßen.
26Ungeachtet dessen sei nicht entscheidungserheblich, welche Immissionsrichtwerte konkret eingehalten werden müssten, da mangels eines fehlenden Betriebs- und/oder Nutzungskonzepts und einer schalltechnischen Untersuchung keinerlei Daten darüber vorlägen, welche Schallleistungspegel auf dem Grundstück der Beigeladenen erreicht würden. Ohne ein solches Konzept des Beigeladenen dürfe die Anlage nicht betrieben werden.
27Eine Bindungswirkung der zivilgerichtlichen Vergleiche bestehe ihr gegenüber nicht. Sie sei nicht Partei des allein in Bezug auf zivilrechtliche Abwehransprüche geschlossenen Vergleichs gewesen. Darüber hinaus seien die Vereinbarungen als gegenstandslos zu betrachten, weil sich die Nutzungen des Grundstücks des Beigeladenen mittlerweile quantitativ und qualitativ verändert hätten.
28Das Entschließungsermessen der Beklagten sei auf Null reduziert. Es stehe ihr aber jedenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung zu. Der Anspruch bestehe schon angesichts der konkreten Wahrscheinlichkeit, dass bei den stattfindenden ungenehmigten, unlimitierten und naturgemäß emissionsträchtigen Nutzungen eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte nicht ausgeschlossen werden könne. Mangels Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens obliege es nicht ihr, die tatsächliche Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu belegen.
29Die Klägerin beantragt,
30die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 13. Januar 2023 zu verpflichten, bauaufsichtlich gegen die Nutzung auf dem Grundstück W.-straße 60, . (G01) einzuschreiten,
31hilfsweise,
32die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 13. Januar 2023 zu verpflichten, über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten vom 10. Oktober 2022 gegen die Nutzung auf dem Grundstück W.-straße 60, E. (G01) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie nimmt wie folgt Stellung: Die Nutzung der Schützenhalle sei gegenüber der Klägerin nicht rücksichtslos. Die in den zivilgerichtlichen Vergleichen getroffenen Regelungen seien in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch der Klägerin auch für sie bindend. Jedenfalls bestünden schon keine von der Klägerin nachzuweisenden Verstöße des Beigeladenen gegen die vergleichsvertraglichen Vorgaben. Hinreichend objektive Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung insbesondere durch Richtwertüberschreitungen seien nach umfassender Sachverhaltsermittlung nicht gegeben und auch nicht substantiiert geltend gemacht. In der Vergangenheit seien Maßnahmen zur Begrenzung von Lärmimmissionen, wie etwa durch Einbau des Limiters oder entsprechende Auflagen in Gestattungen, unternommen worden. Zahlreiche Lärmbeschwerden hätten sich auch auf Veranstaltungen zur Tagzeit bezogen, Belästigungen seien vor Ort aber nicht festgestellt worden. Insbesondere tagsüber führe auch der vorhandene Straßenverkehrslärm dazu, dass darüberhinausgehende Geräusche auf dem Schützenplatz hinnehmbar seien.
36Der Beigeladene beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Er schließt sich dem Vortrag der Beklagten an und trägt ergänzend im Wesentlichen vor: Für die Schützenhalle und sämtliche Veränderungen seien ordnungsgemäße Baugenehmigungen vorhanden, die von den Rechtsvorgängern der Klägerin auch nie klageweise angegriffen worden seien. Für die Nutzung der Außenflächen sei keine Genehmigung erforderlich.
39Im Umfeld des klägerischen Grundstücks befänden sich mit einem Supermarkt sowie der W.-straße als Hauptverbindungsstraße weitere Lärmquellen. Die Klägerin lege eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte nicht dar. Das gelte umso mehr, als seit 2019 keinerlei Vollstreckungsmaßnahmen aus den vorhandenen Titeln mehr durchgeführt worden seien. Ihre Einwendungen seien durch die zivilgerichtlichen Vergleiche, die eine abschließende Regelung auch im Hinblick auf das öffentliche Recht zum Ziel gehabt hätten, überholt. Die Nutzungen auf dem Grundstück hätten sich auch nicht zum Nachteil der Klägerin geändert. Der Freizeitlärmerlass NRW sei weder anwendbar noch lägen entsprechende Verstöße vor, zumal auch die Vergleiche die entsprechenden immissionsrechtlichen Vorgaben und der Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) berücksichtigten. Nach der von ihm übernommenen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit vom 27. Dezember 1974 sei er gegenüber der Beklagten verpflichtet, die Halle an Einwohner, ansässige Vereine und Verbände usw. für Veranstaltungen jederzeit zur Verfügung zu stellen.
40Die Berichterstatterin hat am 1. August 2024 einen Ortstermin durchgeführt, in dem sie das streitgegenständliche Grundstück in Augenschein genommen und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll und die angefertigten Lichtbilder verwiesen.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
42Entscheidungsgründe:
43Die Klage hat Erfolg.
44Sie ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere am 30. Oktober 2023 fristgerecht erhoben worden. Die Klagefrist betrug gemäß § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr, da die alle Voraussetzungen eines Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) erfüllende Antragsablehnung des Bürgermeisters der Beklagten vom 13. Januar 2023 nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war.
45Die Klage ist schon mit dem Hauptantrag begründet.
46Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 13. Januar 2023 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Klägerin steht ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten der Beklagten gegen die auf dem Grundstück F.-straße. 60 in E. stattfindende Nutzung zu, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
47Ein Anspruch eines Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten gemäß §§ 58 Abs. 2, 82 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass das angegriffene Vorhaben nicht durch eine bestandskräftige Baugenehmigung gedeckt ist (hierzu 1.) und zu Lasten des Nachbarn gegen Nachbarrechte verstößt (hierzu 2.). Die bloße Rechtswidrigkeit der baulichen Anlage reicht nicht aus. Insbesondere kann der Nachbar aus einer formellen Illegalität allein nachbarliche Abwehrrechte nicht herleiten. Es muss vielmehr ein zu seinen Lasten gehender Verstoß gegen eine jedenfalls auch ihn nachbarschützende Vorschrift des öffentlichen Rechts festzustellen sein.
48Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 4. Dezember 2020 - 2 A 560/17 -, juris Rn. 40 f. m.w.N.
49Im Weiteren darf der Nachbar seine Abwehrrechte nicht verwirkt haben (hierzu 3.) und es muss das Ermessen der Behörde zugunsten des Nachbarn auf Null reduziert sein (hierzu 4.).
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2018 - 2 A 393/17 -, juris Rn. 17 f. m.w.N.
51Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
521. Der bauliche Bestand der Schützenhalle samt Vorplatz und Zuwegung sowie die in Zusammenhang mit den auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen stattfindenden Nutzungen sind nicht von einer Baugenehmigung gedeckt.
53Die bei der Beklagten vorhandenen Bauakten enthalten keine Baugenehmigung für die Schützenhalle in ihrem ursprünglichen Bestand, sondern bloß Genehmigungen für deren bauliche Änderungen und Erweiterungen sowie für die auf dem Grundstück errichteten Nebenanlagen.
54Im Zuge der Erteilung dieser Genehmigungen, die im Übrigen - worauf an dieser Stelle jedenfalls mit Blick auf die ab dem Jahr 1972 erfolgte östliche Erweiterung der Schützenhalle ergänzend hingewiesen sei - offenbar zum Teil abweichend vom Genehmigungsbestand zur Ausführung gelangt sind (fehlende bauliche Trennung zwischen Erweiterungsbau und Zwischentrakt/Bestandshalle) bzw. mitunter abweichend hiervon genutzt werden (teils vollständige Nutzung als Veranstaltungsfläche unter Ausschluss der Nutzung als Speiseraum), ist der Ursprungszustand der Schützenhalle auch nicht „mitgenehmigt“ worden. Denn es finden sich schon in keiner der vorliegenden Bauakten vollständige Grundriss- und Ansichtszeichnungen der gesamten Halle. Darüber hinaus erstreckt sich eine für ein bestimmtes Bauvorhaben erteilte Baugenehmigung nicht auf ein anderes Vorhaben, das lediglich in den Bauvorlagen als Bestand dargestellt und von der Baugenehmigungsbehörde nicht gestrichen worden ist. Um eine den Bestand erfassende Genehmigung annehmen zu können, bedarf es weiterer konkreter Anhaltspunkte, wie etwa die Einzeichnung einer Grünkorrektur durch die Behörde,
55vgl. VG Hannover, Urteil vom 21. April 2021 - 12 A 5974/17 -, juris Rn. 108 m.w.N.,
56an der es hier jedoch fehlt.
57Auch der Vorplatz und die Zuwegung sind nicht im vorstehenden Sinne mitgenehmigt worden. Insoweit handelt es sich aber um bauliche Anlagen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, die als nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche Erschließungsanlagen von der gemäß § 60 Abs. 1 BauO NRW zu erteilenden Baugenehmigung für die Schützenhalle umfasst würden. Der Vorplatz wäre unabhängig davon auch selbstständig genehmigungspflichtig, da er nicht unter die verfahrensfreien Plätze nach § 62 Nr. 14 BauO NRW fällt. Der Einwand des Beigeladenen, für die Nutzungen auf den Außenflächen bedürfe es keiner Baugenehmigung, trifft daher - jedenfalls in dieser Pauschalität - nicht zu. Dem von ihm erwähnten Urteil des VG Minden vom 19. November 2013 - 1 K 792/11 - lag schon deshalb ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, weil auf dem vom Gericht als „Multifunktionsfläche“ bezeichneten Grundstück keine bauliche Hauptanlage vorhanden war, welcher die im Freien bzw. in Zelten ausgeübte Nutzung zuzuschreiben gewesen wäre.
582. Die aktuell stattfindenden Nutzungen auf dem Grundstück des Beigeladenen verstoßen nach den hier einschlägigen Beweislastgrundsätzen zu Lasten der Klägerin gegen das bei - wie hier - im unbeplanten Innenbereich belegenen Vorhaben entweder über § 34 Abs. 2 BauGB nach § 15 Abs. 1 Satz 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) anwendbare oder im Merkmal des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot.
59Das Gebot der Rücksichtnahme soll die bei Verwirklichung von Bauvorhaben bzw. der Nutzung baulicher Anlagen aufeinanderstoßenden Interessen angemessen ausgleichen. Ob eine bauliche Anlage das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, hängt im Wesentlichen von den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es danach wesentlich auf eine Abwägung an zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dementsprechend ist das Rücksichtnahmegebot verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird.
60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, juris Rn. 64.
61Vorliegend ist davon auszugehen, dass die der Klägerin zumutbaren Immissionswerte (hierzu a) auf ihrem Grundstück überschritten werden (hierzu b).
62a) Was Geräuschimmissionen anbelangt, wird die Schwelle der Zumutbarkeit grundsätzlich verbindlich durch die TA Lärm festgelegt. Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der unzumutbaren Belästigung oder Störung in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren prinzipiell zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Zumutbarkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Zumutbarkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als die TA Lärm insbesondere durch Kann-Vorschriften (zum Beispiel Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (zum Beispiel Nr. A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm) Spielräume eröffnet.
63Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, juris Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 - 2 A 2249/09 -, juris Rn. 96.
64Ist die TA Lärm nicht (unmittelbar) anwendbar und gilt für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen auch kein anderes normatives Regelwerk bindend, bleibt die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschen gerade von atypischen, wegen ihrer Vielgestaltigkeit in ihren Lärmauswirkungen schwer greifbaren Anlagen weitgehend der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten. Diese Einzelfallwertung richtet sich maßgeblich insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit; dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz ebenso mitbestimmend wie eine etwaige tatsächliche oder rechtliche Vorbelastung. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus die einzelnen Schallereignisse, ihr Schallpegel und ihre Eigenart (zum Beispiel Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) sowie ihr Zusammenwirken.
65Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, juris Rn. 6; OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 - 2 A 2249/09 -, juris Rn. 99.
66Im Rahmen der solchermaßen vorzunehmenden Gesamtabwägung können technische Regelwerke, die der Erfassung der Geräuschcharakteristik und des daraus folgenden Störgrads der jeweils zur Beurteilung anstehenden Anlage am nächsten kommen, als Orientierungshilfe beziehungsweise „grober Anhalt“ herangezogen werden.
67Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 - 2 A 2249/09 -, juris Rn. 100.
68Als Orientierungshilfe für die Beurteilung der von der Schützenhalle ausgehenden Geräuschimmissionen kann - als sachnächstes technisches Regelwerk - auf die Freizeitlärmrichtlinie NRW zurückgegriffen werden. Der (unmittelbare) Anwendungsbereich der TA Lärm ist nicht eröffnet, weil die Schützenhalle und ihr Außengelände als Freizeitanlage im Sinne von Nr. 1 der Freizeitlärmrichtlinie NRW durch Nr. 1 b) der TA Lärm von deren Geltung ausgenommen ist.
69Gemäß Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 der Freizeitlärmrichtlinie NRW sind Freizeitanlagen Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Während die TA Lärm auf Anlagen zugeschnitten ist, die überwiegend dem Arbeitsleben zuzurechnen sind, will die Freizeitlärmrichtlinie NRW dem Umstand Rechnung tragen, dass Konflikte aufgrund von Geräuschen durch Freizeitanlagen in der Regel dann auftreten, wenn ein Teil der Bevölkerung in der Freizeit (in den Abendstunden, an Wochenenden und Sonn- und Feiertagen) Entspannung durch Ruhe sucht, ein anderer sich dagegen durch Aktivitäten in Freizeitanlagen erholen will (vgl. Nr. 3 der Freizeitlärmrichtlinie NRW). Daher werden die von Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen zwar grundsätzlich nach der TA Lärm bewertet, von deren Bewertungsmaßstäben allerdings mit Blick auf die Besonderheiten des Freizeitlärms durch die Vorgabe bestimmter Ruhe- und Beurteilungszeiten Ausnahmen gemacht werden sollen (vgl. Nr. 3.1 und Nr. 3.3 der Freizeitlärmrichtlinie NRW).
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 - 2 A 2249/09 -, juris Rn. 104.
71Vor diesem Hintergrund entspricht das den Gegenstand des Verfahrens bildende Grundstück mit seinen baulichen Anlagen einer Freizeitanlage i. S. d. Nr. 1 der Freizeitlärmrichtlinie NRW. Durch den Beigeladenen wird es für Feste und andere Freizeitveranstaltungen sowie vereinsinterne Versammlungen genutzt. Darüber hinaus findet eine Vermietung an Dritte für Festivitäten und sonstige Veranstaltungen statt, die sich schwerpunktmäßig als Freizeitgestaltung und nicht als Bestandteil des Arbeitslebens begreifen lassen.
72Ist die Freizeitlärmrichtlinie NRW als Orientierungshilfe im Rahmen der einzelfallbezogenen Gesamtabwägung zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen einschlägig, kann zur Bemessung des Schutzniveaus des Grundstücks der Klägerin trotz dessen Lage in einem festgesetzten WR aber nicht Nr. 3.1 e) der Freizeitlärmrichtlinie NRW herangezogen werden, wonach die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in einem WR tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten 50 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen 45 dB(A) und nachts 35 dB(A) betragen.
73Angesichts der besonderen Randlage des Grundstücks der Klägerin und der weiteren hier vorliegenden Einzelfallumstände, insbesondere der bei Errichtung ihres Wohnhauses bereits gegebenen Vorbelastung, ist dessen Schutzwürdigkeit derart gemindert, dass dort stärkere Lärmimmissionen mit bis zu den nach Nr. 3.1 d) der Freizeitlärmrichtlinie NRW für ein WA maßgeblichen, 5 dB(A) höheren Immissionsrichtwerten liegenden Beurteilungspegeln als zumutbar erscheinen.
74Nach der Rechtsprechung im Rahmen der Anwendung der TA Lärm bemisst sich die Schutzwürdigkeit nach einem Zwischenwert, wenn ein Grundstück am Rande eines Gebiets liegt, das an ein Gebiet mit einer in wesentlicher Hinsicht anderen Schutzwürdigkeit grenzt.
75Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. November 2008 - 4 B 58.08 -, juris Rn. 8, und vom 12. September 2007 - 7 B 24.07 -, juris Rn. 4 f.
76Diese Grundsätze sind auch für die Freizeitlärmrichtlinie NRW von Belang, die insoweit keine ausdrücklichen Regelungen enthält, aber eingangs ihrer Nr. 3 grundsätzlich eine Bewertung nach der TA Lärm vorsieht.
77Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Dezember 2014 - 7 A 2623/13 - juris Rn. 56.
78Im Falle des Vorliegens eines Bebauungsplans setzt eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots durch Zwischenwertbildung für die aufeinanderprallenden unterschiedlichen Nutzungen aber voraus, dass der Bebauungsplan für die Lösung noch Raum lässt. Daran fehlt es, wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt bereits auf Ebene des Bebauungsplans abgewogen worden ist.
79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2015 - 2 A 616/14 -, juris Rn. 13.
80Vorliegend besteht allerdings keinerlei Anhalt für die auch von der Klägerin nur pauschal behauptete Annahme, dass das Rücksichtnahmegebot durch den B-Plan bereits in diesem Sinne aufgezehrt ist. Gegen eine insofern abschließende Abwägung auf Planungsebene spricht vielmehr die differenzierte Gebietsartfestsetzung mit WA-Gebieten und einem WR-Gebiet im Bereich des klägerischen Grundstücks, welche bei Beachtung des durch das WR-Gebiet entstehenden Nutzungskonflikts (erst recht) nicht nachvollziehbar wäre. Hinzu kommt, dass sich auch die Begründung des B-Plans nicht zu der hervorgerufenen Konfliktlage verhält.
81Bei der Bildung eines Zwischenwerts zwischen bestehenden Baugebieten ist methodisch so vorzugehen, dass die Immissionsrichtwerte zu ermitteln sind, die für die benachbarten Gebiete bei jeweils isolierter Betrachtung maßgeblich sind, und daraus unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ein Mittelwert zu bilden ist. Dieser Ausgangspunkt darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass der Mittelwert der Sache nach das arithmetische Mittel zweier Richtwerte ist. Hiergegen steht bereits, dass die Lärmberechnung nicht auf arithmetischen, sondern auf logarithmischen Vorgaben beruht. Bei einem solchermaßen zu gewinnenden Mittelwert müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit zudem die Ortsüblichkeit und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der in Konflikt tretenden Nutzungen von Bedeutung sein kann.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. April 2022 - 8 A 1575/19 -, juris Rn. 116.
83Hier grenzt das im festgesetzten WR gelegene Grundstück der Klägerin westlich unmittelbar an den unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB an. Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass dieses angrenzende Gebiet, in dem sich neben dem Schützenplatz auch ein Feuerwehrgerätehaus und Wohnnutzungen befinden, ein faktisches WA gemäß § 4 BauNVO darstellt, wo nach der Freizeitlärmlinie NRW Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten, 50 dB(A) tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen und 40 dB(A) nachts einzuhalten sind.
84Denn selbst ausgehend hiervon erachtet das Gericht eine deutliche Erhöhung der nach Nr. 3.1 e) der Freizeitlärmrichtlinie NRW für ein WR geltenden Immissionsrichtwerte um bis zu 5 dB(A), d.h. für den hier besonders relevanten Nachtzeitraum auf bis zu 40 dB(A), schon angesichts der seit Jahrzehnten bestehenden Vorbelastungen mit Emissionen von Nichtwohnnutzungen für angemessen.
85Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung ist nämlich zusätzlich zu der Randlage des klägerischen Grundstücks zu berücksichtigen, dass sowohl die Schützenhalle - der östlich angebaute Hallenteil wurde bereits im Jahre 1972 genehmigt und wurde bis 1974 erbaut - als auch das Gebäude der Feuerwehr schon vor der Errichtung des Wohnhauses der Klägerin vorhanden waren und die Rechtsvorgänger der Klägerin mit entsprechenden Immissionsbelastungen, insbesondere durch Feierlichkeiten des Beigeladenen und andere Veranstaltungen, die üblicherweise in einer Schützenhalle - auch durch Dritte und zur Nachtzeit - durchgeführt werden, rechnen mussten. Dies gilt umso mehr, als der Vater der Klägerin selbst Mitglied im Schützenverein war und ihm die von dem Grundstück konkret ausgehenden Lärmbelastungen bekannt gewesen sein mussten. Dieser faktischen und im baulichen Bestand teilweise formell legalisierten Vorbelastung kommt auch eine das klägerische Grundstück deutlich prägende Kraft zu, so dass eine Erhöhung der für das WR geltenden Richtwerte um bis zu 5 dB(A) sachgerecht erscheint.
86Vgl. zu einer Erhöhung um 5 dB(A) angesichts dieser Gesichtspunkte: OVG NRW, Urteil vom 11. Oktober 2017 - 7 D 52/15.NE -, juris Rn. 32.
87b) Ob die derart ermittelten, um bis zu 5 dB(A) über den nach Nr. 3.1e) Freizeitlärmrichtlinie NRW liegenden Immissionsrichtwerte durch die Nutzung des Grundstücks des Beigeladenen überschritten werden, lässt sich auf Grundlage der derzeit vorliegenden Erkenntnisse weder positiv feststellen noch belastbar ausschließen, da es - wie noch auszuführen ist - an hinreichend belastbaren Angaben zur konkreten Nutzung und den hierdurch tatsächlichen entstehenden Lärmemissionen fehlt. Das insofern bestehende non liquet geht jedoch - abweichend von der Grundregel, dass der Anspruchsteller die materielle Beweislast hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen trägt - in Anwendung der bei den hier vorliegenden besonderen Sachverhaltsumständen einschlägigen Beweislastgrundsätze zu Lasten der Beklagten.
88Es kann u.a. zu einer Vermutung der Nachbarrechtswidrigkeit zum Vorteil des Nachbarn führen, wenn ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben ungenehmigt in Betrieb geht und den Nachbarn mit Immissionen konfrontiert, deren Ausmaß ungeprüft ist und die bei typisierender Betrachtung das objektiv erkennbare Potential in sich tragen, konkret rücksichtslos zu sein. Der sich nicht rechtstreu verhaltende Vorhabenträger soll auch insofern nicht besser stehen, als der Vorhabenträger, der sich rechtmäßig verhält und ein Genehmigungsverfahren durchläuft.
89Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2013 - 2 A 1227/13 -, juris Rn. 14; VG Minden, Urteil vom 15. Januar 2024 - 1 K 1510/20 -, juris Rn. 42 ff.
90Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Beklagte ist der ihr danach - unter Ausschluss weiterer Ermittlungstätigkeit des Gerichts - obliegenden Pflicht, die Vermutung der Nachbarrechtswidrigkeit zu widerlegen oder zumindest darzulegen bzw. nachzuweisen, dass die Nutzung des Grundstücks des Beigeladenen der Klägerin zumutbar ist, nicht nachgekommen.
91Wie bereits ausgeführt, ist der derzeit stattfindende (Gesamt-)Betrieb der Schützenhalle und der zugehörigen baulichen Außenanlagen formell illegal.
92Auch hat die Beklagte das Ausmaß der von der Nutzung auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Lärmimmissionen entgegen ihren Obliegenheiten aus § 24 VwVfG NRW,
93vgl. zu den Anforderungen an die Sachaufklärungspflicht der Bauaufsichtsbehörden: OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2021 - 2 A 2901/19 -, juris Rn 78 f.,
94nicht konkret geprüft.
95Auf Nachbarbeschwerden hin hat sie lediglich punktuelle Feststellungen vor Ort getroffen, die überdies ohne technische Hilfsmittel erfolgten. Eine aussagekräftige Prüfung der von der Grundstücksnutzung des Beigeladenen konkret auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Lärmbelastung durch ein diese Nutzung bewertendes schalltechnisches Gutachten hat bislang nicht stattgefunden.
96Eine genaue Untersuchung der Lärmimmissionen konnte auch nicht unter Verweis auf die mit dem Mess- und Prüfbericht des von dem Beigeladenen beauftragten Dipl. Ing. T. R. vom 13. Juni 2012 und dem in dem Klageverfahren beim LG Paderborn - 2 O 412/08 - im Rahmen der Beweisaufnahme eingeholten Sachverständigengutachten bereits vorliegenden Erkenntnisse unterbleiben. Diese sind - wie unten näher ausgeführt wird - nicht geeignet, eine für die Klägerin unzumutbare Lärmverursachung auszuschließen. Gleiches gilt - was ebenfalls im Weiteren ausführen ist - im Hinblick auf etwaige von den Rechtsvorgängern der Klägerin in der Vergangenheit privatrechtlich mit dem Beigeladenen vereinbarte Lärmgrenzwerte und Duldungen.
97Bei typisierender Betrachtung trägt die in Rede stehende (Gesamt-)Nutzung unter Berücksichtigung ihrer Bandbreite auch das objektiv erkennbare Potential in sich, konkret rücksichtslos zu sein.
98Nach der von dem Beigeladenen an das Gericht übersandten Auflistung von Veranstaltungen und sonstigen Nutzungen in den Jahren 2022 bis 2024, Stand: 13.Oktober 2024, finden auch in den Ruhezeiten und teilweise nachts sowohl in der Halle als auch davor unter anderem Veranstaltungen und andere Aktivitäten statt, bei denen bei typisierender Betrachtung mit einer erheblichen Immissionsbelastung durch eine nicht unerhebliche Besucherzahl, Musikbegleitung und sonstige Geräuschquellen zu rechnen ist. Dies betrifft etwa die in der Halle stattfindenden, zum Teil mit Nutzungen im Freien verbundenen Feste des Beigeladenen sowie Dritter, aber auch sonstige Veranstaltungen, insbesondere soweit sie, wie z.B. der Weihnachtsmarkt oder der Zirkus, ohne Einhausung des Lärms auf dem Vorplatz stattfinden.
99Eine von diesen Veranstaltungen - als insoweit nicht abtrennbarem Teil der auf dem Grundstück der Beigeladenen erfolgenden (Gesamt-)Nutzung - ausgehende Rücksichtlosigkeit zulasten der Klägerin vermögen auch die o.g. Sachverständigengutachten nicht auszuschließen. Diese beziehen sich schon im Ausgangspunkt nicht auf den derzeit auf dem Grundstück stattfindenden Gesamtbetrieb mit Innen- und Außennutzung. Es handelt sich bloß um anlassbezogene Messungen zur Ermittlung des bei Veranstaltungen in der Halle und Einsatz der vereinseigenen Musikanlage hervorgerufenen Lärmpegels. Die durch die Nutzung der Außenanlagen hervorgerufenen Lärmimmissionen waren von vornherein nicht Gegenstand der gutachterlichen Überprüfungen.
100Aber auch soweit ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch in der Halle stattfindende Veranstaltungen in Rede steht, bilden die Sachverständigengutachten keine hinreichend verlässliche Basis für die Annahme, dass der davon auf das klägerische Grundstück einwirkende Lärm zumutbar ist. Ganz im Gegenteil bieten sie aufgrund verschiedener Unwägbarkeiten und Abweichungen von den fachlichen Standards der TA Lärm für das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen,
101vgl. zur Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren: BVerwG - 4 A 13.18 -, juris Rn. 46,
102sogar konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es jedenfalls bei Veranstaltungen in der Halle mit Musik durchaus zu einer Überschreitung des für die Nachtzeit maßgeblichen Immissionsrichtwertes von bis zu 40 dB(A) kommen kann.
103Der Dipl. Ing. T. R. hat in seinem Mess- und Prüfbericht vom 13. Juni 2012 bei seiner Messung im Terrassenbereich der Klägerin einen äquivalenten Dauerschallpegel von < 38 dB(A) durch die von der vereinseigenen Musikanlage in der Halle ausgehenden Geräuschimmissionen unter - zumindest nicht durch Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung verbindlich vorgeschriebenem - Einsatz des in der Halle eingebauten Limiters festgestellt.
104Die Messung wurde aber nicht während einer Veranstaltung durchgeführt, sondern bei leerer Halle. Ob weitere im tatsächlichen Veranstaltungsbetrieb vorhandene Immissionsquellen, wie etwa zusätzlich zu der Musik aus dem Inneren der Halle dringende Geräusche, das Öffnen von Türen und Fenstern und/oder der Aufenthalt von Personen vor der Halle sowie der An- und Abfahrtsverkehr, zu einer Erhöhung des von dem Gutachter gemessenen Lärmpegels mit der Folge einer Richtwertüberschreitung führen oder ob und inwieweit eine Geräuschüberdeckung durch die aus der Halle dringende Musik stattfindet, ist aus dem Gutachten nicht ersichtlich und kann im Nachhinein auch nicht verlässlich beurteilt werden. Gleiches gilt - worauf auch die Klägerin unter Bezugnahme auf die von ihren Eltern eingeholte Stellungnahme der DEKRA vom 21. Oktober 2014 hingewiesen hat - hinsichtlich der Frage, ob und ggf. in welcher Höhe dem Messergebnis gemäß Nrn. A.3.3.5 und A.3.3.6 TA Lärm Zuschläge für eine Impuls-, Ton-und/oder Informationshaltigkeit hinzuzurechnen sind. Darüber hinaus weist der Gutachter selbst darauf hin, dass es bei dem - hier nicht ausgeschlossenen - Einsatz fremder, basslastig einstellbarer Musikanlagen und Musikstücken mit einer hohen Dynamik möglich sei, dass es zu einem Immissionspegel von über 40 dB(A) kommen könnte. Im Übrigen hat der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Februar 2014 selbst unter Ziffer 5. darauf hingewiesen, dass die durch ihn vorgenommene Messung im östlichen Hallenbereich keine Aussagekraft bezüglich einer - hier nach dem Dafürhalten der Kammer ebenfalls nicht auszuschließenden - Ausrichtung geräuschintensiver Veranstaltungen (mit Live-Musik und/oder „eigener“ elektroakustischer Verstärkung) über 22:00 Uhr hinaus in anderen Hallenbereichen hinsichtlich der Einhaltung der maßgeblichen Lärmwerte habe. Es bedürfe insoweit vielmehr einer gesonderten - hier aber bislang nicht erfolgten - Prüfung, ob das Schalldämmvermögen der Bauteile dieser Hallenbereiche für einen „Nachtbetrieb“ ausreiche und ob gegebenenfalls auch hier zusätzlich Schallpegelbegrenzungsanlagen zu installieren seien. Demnach hält der Gutachter eine Grenzwertüberschreitung unter den genannten Voraussetzungen selbst nicht für ausgeschlossen.
105Nach alldem bedarf es keiner näheren Erörterung, ob die Messung im Übrigen den hier maßgeblichen fachlichen Standards der TA Lärm entspricht. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Messung an dem nach Nrn. A 3.3.2, A.1.3. des Anhangs 1 zur TA Lärm maßgeblichen Messort stattgefunden hat, eine nähere Befassung mit Fremdgeräuschen bzw. der bestehenden Vorbelastung erforderlich gewesen wäre und ob die Messdauer mit Blick auf Nr. 6.4 Satz 5 TA Lärm hinreichend gewesen ist.
106Der in dem Verfahren beim LG Paderborn - 1 O 412/08 - beauftragte Gutachter hat - allerdings bereits vor der im Vergleich vom 1. September 2011 vereinbarten Schalldämmung des Zwischentraktes - sogar einen Lärmpegel von 41,3 dB(A) gemessen. Hierzu hat er ausweislich des Urteils des LG Paderborn vom 23. August 2010 zwar ausgeführt, aufgrund der bei der Messung vorhandenen Umgebungsgeräusche habe der von der Schützenhalle tatsächlich ausgehende Lärmpegel nicht isoliert gemessen werden können und daher ein Abzug vorgenommen werden müssen, so dass im Ergebnis von einem Immissionswert von unter 40 dB(A) auszugehen sei. Auf welcher fachlichen Grundlage diese nicht näher bezifferte Reduzierung des Messergebnisses beruhen könnte, ist jedoch nicht ersichtlich. Unabhängig davon fehlt es der Messung auch deshalb an Aussagekraft für die Prüfung des öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs der Klägerin, weil der Gutachter in der gerichtlichen Beweisaufnahme selbst angemerkt hat, die Musikanlage sei während seiner Messung nicht so laut eingestellt gewesen, wie dies sonst der Fall sein könnte. Dass das Zivilgericht eine weitere Messung mit der Begründung, die Parteien hätten sich den Messtermin ausgesucht, nicht für erforderlich gehalten hat, mag nach den Beweisgrundsätzen im Zivilverfahren zutreffend gewesen sein. Im vorliegenden Verfahren sind diese jedoch nicht anwendbar und die Beweiswürdigung des Zivilgerichts auch nicht bindend.
107Keine andere Beurteilung der potentiellen Rücksichtslosigkeit ergibt sich, wenn man die in Ziffer 1 des Vergleichs vom 1. September 2011 vereinbarten und im Vergleich vom 27. Mai 2015 bestätigten, ab 24 Uhr auch für die Kompaniefeste geltenden Lärmgrenzen zugrunde legt, welche den nach Nr. 3.1 d) Freizeitlärmrichtlinie NRW für ein WA geltenden Richtwerten entsprechen und somit nur geringfügig über den nach obiger Einzelfallbeurteilung einzuhaltenden Werten liegen. Angesichts dessen kommt es insofern an dieser Stelle nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich die Klägerin diese Vereinbarung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben noch entgegenhalten lassen muss oder ob der Abwehranspruch der Klägerin bezogen auf niedrigere als die vereinbarten Immissionsrichtwerte wieder aufgelebt ist, weil die Nutzung des Schützengrundstücks im Laufe der Jahre erheblich geändert worden ist und damit einhergehend eine wesentliche Änderung der Betroffenheit der Klägerin eingetreten ist.
108Vgl. hierzu mit Blick auf einen verwirkten nachbarlichen Abwehranspruch: VG Minden, Urteil vom 15. Januar 2024 -1 K 1510/20 - juris Rn. 129 ff. m.w.N.
109Dem der Grundstücksnutzung innewohnenden Potential einer Rücksichtslosigkeit kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die dort stattfindenden Veranstaltungen und sonstigen Aktivitäten (sämtlich) als seltene Ereignisse oder allgemein akzeptierte Traditionsveranstaltungen gemäß Nrn. 3.2 und 3.4 der Freizeitlärmrichtlinie NRW einzustufen sind.
110Hinsichtlich der Nutzungen im Freien, welche bislang nicht Gegenstand schalltechnischer Untersuchungen waren und für deren Lärmimmissionspegel bislang auch sonst keinerlei Anhalt vorliegt, stellt sich die Frage des Vorliegens der Privilegierungstatbestände nach Nrn. 3.2 und 3.4 der Freizeitlärmrichtlinie NRW schon deshalb nicht, weil die Ablehnung eines gestellten Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten mit der Erwägung, die Immissionsbelastung der Wohnnachbarn sei u.a. unter Berücksichtigung von Erwägungen der Sozialadäquanz bzw. der Seltenheit einzelner Vorkommnisse zumutbar, überhaupt nur sachgerecht möglich ist, wenn das Maß der Immissionsbelastung bekannt ist resp. hinreichend aufgeklärt wurde.
111Vgl. ähnlich zur Begründung eines Ermessensfehlers: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (Bay. VGH), Beschluss vom 8. November 2021 - 15 B 21.1473 - juris Rn. 73.
112Ob in Bezug auf Veranstaltungen in der Halle eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheint, weil auf Grundlage der vorliegenden Sachverständigengutachten jedenfalls eine Überschreitung der bei seltenen Ereignissen bzw. Traditionsveranstaltungen zumutbaren Immissionsrichtwerte ausgeschlossen werden kann, kann hier dahinstehen.
113Denn die als „Gesamtbetrieb“ zu betrachtende tatsächliche Nutzung der Halle beschränkt sich nicht auf solche besonderen Veranstaltungen, bei denen der Klägerin höhere als die nach Vorstehendem unter 2. a) maßgeblichen Immissionsrichtwerte zumutbar sind.
114In der Schützenhalle finden nach der Auflistung von Veranstaltungen und sonstigen Nutzungen in den Jahren 2022 bis 2024, Stand: 13.Oktober 2024, des Beigeladenen u.a. auch von Dritten durchgeführte Feiern und ähnliche Veranstaltungen bis nach 22 Uhr statt (jährliche Weihnachtsfeier Autohaus U., Helfertag der Stadt E. für die Helfer beim Tornado Unwetterereignis am 26. August 2022, Kommersabend des M. Spielmannszugs am 21. April 2023, Betriebsfeier der Stadt E. am 3. November 2023), welche schon ganz offensichtlich keine allgemein akzeptierten Traditionsveranstaltungen mit Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft darstellen, bei denen - jedoch in aller Regel nur bis Mitternacht - sogar Ausnahmen von den für seltene Ereignisse maßgeblichen Immissionsrichtwerten in Betracht kommen.
115Vgl. hierzu: OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2016 - 4 B 581/16 - juris Rn. 11 ff. m.w.N.
116Diese Veranstaltungen können auch nicht ohne Weiteres als seltene Ereignisse gemäß Nr. 3.2 der Freizeitlärmrichtline NRW angesehen werden.
117Seltene Ereignisse i.S.d. Nr. 3.2 der Freizeitlärmrichtlinie NRW sind solche, die als Besonderheiten beim Betrieb der Anlage gelten können, die mit dem bestimmungsgemäßen - typischen - Anlagenbetrieb zusammenhängen, als solche vorhersehbar und von einer gewissen Dauer sind und die zu einem lärmverursachenden Betrieb führen.
118Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2011 - 2 A 2249/09 -, juris Rn. 151.
119Bloße Schwankungen innerhalb des Normalbetriebs der Anlage, die bei wertender Betrachtung nicht als außergewöhnlicher Betriebszustand angesehen werden können, sind keine seltenen Ereignisse.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2012 - 2 A 2973/11 -, juris Rn. 10.
121Ein außergewöhnlicher Betriebszustand, der nach der TA Lärm privilegiert wäre, kann nur aus dem Betrieb der Anlage selbst resultieren, nicht aber aufgrund von organisatorischen Maßnahmen im Vorfeld oder außerhalb des eigentlichen Anlagenbetriebes.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2012 - 2 A 2973/11 -, juris Rn.14.
123Ausgehend von der eingereichten Auflistung von Veranstaltungen und sonstigen Nutzungen des Beigeladenen, liegen sowohl von ihm selbst als auch von Dritten durchgeführte, über 22 Uhr hinaus andauernde Veranstaltungen in der Halle innerhalb des faktischen Nutzungsspektrums und machen damit den Normalbetrieb der Halle aus. Hierfür spricht auch § 15 c) der Geschäftsordnung des Beigeladenen, wonach die Schützenhalle „allen M. Vereinen, den Vereinsmitgliedern und weiteren Personen“ zur Verfügung steht. Hierzu hat sich der Beigeladene auch in der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit vom 27. Dezember 1974 verpflichtet.
124Abgesehen davon ist - was nach den oben dargestellten Beweislastregeln zulasten der Beklagten geht - derzeit jedenfalls nicht feststellbar, ob die Schützenhalle den Stand der Lärmminderungstechnik einhält, was Nr. 3.2 Freizeitlärmrichtlinie NRW für eine Privilegierung aber zwingend voraussetzt.
1253. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist schließlich auch nicht verwirkt. Dies gilt jedenfalls soweit nach Vorstehendem unter 2. von einer Überschreitung der in den Vergleichen vom 1. September 2011 und vom 27. Mai 2015 vereinbarten Lärmgrenzen auszugehen ist. Auch stellt sich die Geltendmachung ihrer Nachbarrechte insoweit nicht aus sonstigen Gründen, etwa unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens, als Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben dar.
126Bei dem öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch eines Nachbarn handelt es sich um ein grundstücksbezogenes Recht. Ein neuer Eigentümer rückt in die Rechtsstellung des früheren ein. Vertrauensschaffende Handlungen bzw. vertrauensschaffendes Nichtstun des Rechtsvorgängers muss sich der neue Eigentümer entgegenhalten lassen.
127Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Juni 2014 - 2 A 2757/12 -, juris Rn. 139 m.w.N.
128Verwirkung setzt - erstens - das Verstreichen eines längeren Zeitraums seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts und - zweitens - besondere Umstände voraus, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Besondere Umstände werden sich regelmäßig aus einem aktiven Tun des Nachbarn ergeben, beispielsweise aus Erklärungen, die der Bauherr als Einverständnis werten kann. Sie können aber auch in einer Untätigkeit des Nachbarn liegen, nämlich dann, wenn der Nachbar zu positivem Tun verpflichtet war. Nachbarn stehen regelmäßig in einem besonderen nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis zueinander und sind deshalb nach Treu und Glauben verpflichtet, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst gering zu halten. Besondere Umstände können sich daher etwa daraus ergeben, dass der Nachbar diese Pflicht zum Handeln verletzt hat, indem er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch die Baumaßnahme nicht ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend gemacht und seine Rechte erst wahrgenommen hat, als der Bauherr die Bauarbeiten bereits beendet hatte.
129Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. August 2020 - 10 A 3633/18 -, juris Rn. 34 m.w.N.
130Vorliegend haben sich die Voreigentümer und Eltern der Klägerin seit Errichtung ihres Wohnhauses in den 70er-Jahren immer wieder u.a. bei der Beklagten über Lärmimmissionen vom Grundstück des Beigeladenen beschwert und sind hiergegen auch in mehreren zivilgerichtlichen Verfahren vorgegangen. Angesichts der hier vorliegenden von Beginn an bestehenden Konfliktsituation ist deshalb schon fraglich, ob allein durch eine zwischenzeitliche Untätigkeit der Eltern der Klägerin eine Vertrauensgrundlage und ein für eine Verwirkung weiter erforderliches tatsächliches Vertrauen des Beigeladenen überhaupt noch hätte begründet werden können. Jedenfalls hätte es für die berechtigte Annahme, die Eltern der Klägerin hätten sich in Abkehr ihres vorherigen Widerstandes entschieden, gegen die Lärmbelästigungen auf ihrem Grundstück nicht mehr vorzugehen, das Verstreichen eines erheblichen Zeitraums des Nichtstuns der Eltern der Klägerin bedurft, für welches sich weder aus den Beiakten noch aus dem Vortrag der Beteiligten konkrete Anhaltspunkte ergeben. Soweit der Beigeladene geltend macht, seit 2019 sei kein Verfahren zur Vollstreckung des Vergleiches vom 27. Mai 2015 mehr eingeleitet worden, mag dies zutreffen. Die Eltern der Klägerin haben sich aber auch im Jahre 2020 und in den Folgejahren über den vom Grundstück des Beigeladenen ausgehenden Lärm beschwert.
131Eine vertrauensschaffende Handlung liegt entgegen der Auffassung des Beigeladenen auch nicht in der im Rahmen der Vereinbarung vom 4. Dezember 1986 abgegebenen Erklärung, ihre Widersprüche gegen eine Ordnungsverfügung der Stadt E. aus dem Jahre 1985 betreffend Anträge auf bauaufsichtliches Einschreiten zurückzunehmen und Veranstaltungen von M. Vereinen bis nach 22 Uhr mit Musik zu dulden. Ungeachtet der Frage des Fortbestandes dieser Vereinbarung sowie der Tatsache, dass die Nutzung des Grundstücks derzeit nicht entsprechend beschränkt ist, kann in der Duldungserklärung der Eltern der Klägerin selbst in Bezug auf die davon erfassten Veranstaltungen kein umfassender Rechtsverzicht im Sinne eines Einverständnisses mit unbegrenzten Lärmimmissionen gesehen werden.
132Ob in der Vereinbarung bestimmter Immissionsrichtwerte in den Vergleichen von 2011 und 2015 eine vertrauensschaffende Handlung in Bezug auf die Duldung dieser Werte liegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls musste der Beigeladene bei - den hier in Rede stehenden - Richtwertüberschreitungen gerade damit rechnen, dass gegen ihn vorgegangen wird, was ausweislich der in den darauffolgenden Jahren bei der Beklagten eingegangenen Beschwerden und zivilrechtlichen Vollstreckungsverfahren auch geschehen ist.
133Vor diesem Hintergrund kann letztlich auch offenbleiben, ob die abgeschlossenen Vergleiche infolge einer von der Klägerin im Nachgang angenommenen qualitativen und quantitativen Änderung der Nutzungen auf dem Grundstück des Beigeladenen noch Gültigkeit beanspruchen.
134Vgl. in diesem Zusammenhang allgemein zur Verwirkung im Zusammenhang mit einer immissionsträchtigen Nutzungsintensivierung: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18. August 2009 - 6 K 3595/06 -, juris Rn. 65.
1354. Das der Beklagten eingeräumte Ermessen ist auch auf Null reduziert. Dies gilt sowohl im Hinblick auf das Entschließungsermessen (hierzu a.) als auch auf Ebene des Handlungsermessens (hierzu b.).
136a. Aus dem Zweck der bauordnungsbehördlichen Eingriffsermächtigung folgt (allein), dass die Behörde - wenn eine bauliche Anlage gegen Nachbarrechte verstößt - regelmäßig, d. h. vorbehaltlich des Vorliegens eines besonders gelagerten Einzelfalls, zugunsten des in seinen Rechten verletzten Nachbarn einschreiten muss.
137Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Dezember 2020 - 2 A 393/17 - juris Rn. 17 f. m.w.N.
138Darüber hinaus hat die Beklagte bei Ausübung ihres Entschließungsermessens zu berücksichtigen, dass sie bei Verstößen gegen Bundesrecht (Rücksichtnahmegebot), grundsätzlich gehalten ist, im Rahmen ihres nach Landesrecht bestehenden Entschließungsermessens dem Bundesrecht Geltung zu verschaffen.
139Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. April 1998 - 4 B 144.97 -, juris Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 10 A 1671/09 -, juris Rn. 56.
140Daher besteht regelmäßig bei formell illegalen und wegen eines Verstoßes gegen Bundesrecht materiell baurechtswidrigen baulichen Anlagen kein Ermessensspielraum der Bauaufsichtsbehörden, wenn nicht ganz besondere Umstände vorliegen, die einem Einschreiten entgegenstehen.
141Ein solcher Einzelfall liegt hier aber nicht vor. Insbesondere kann die Beklagte ihre Ablehnung nicht mit der Erwägung begründen, ein bauaufsichtliches Vorgehen sei wegen der o.g. zivilrechtlichen Vergleiche nicht erforderlich. Dem von ihr in diesem Zusammenhang zitierten Urteil des VG Minden vom 26. Januar 2016 - 1 K 1485/15 - lag schon deshalb ein wesentlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, weil sich die Klägerin jenes Verfahrens zuvor in einem zivilgerichtlichen Vergleich in eigener Person zur Duldung privater Feste bei Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte selbst bereiterklärt hatte. Vorliegend haben sich hingegen die Rechtsvorgänger der Klägerin mit dem Beigeladenen zivilrechtlich geeinigt ohne eine Regelung für den Fall der Rechtsnachfolge im Grundstückseigentum zu treffen. Zwischen der Person der Klägerin und dem Beigeladenen entfaltet der Vergleich vom 27. Mai 2015 keine Bindungswirkung. Daher dürfte es der Klägerin auch nicht oder jedenfalls nicht ohne Weiteres möglich sein, Verstöße gegen die vergleichsvertraglichen Regelungen unmittelbar aus dem Vergleich vom 27. Mai 2015 gegen den Beigeladenen zu vollstrecken. Schon vor diesem Hintergrund konnte auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Beigeladenen darauf entstehen, dass gegen Überschreitungen der vereinbarten Immissionsrichtwerte auch im Falle der Rechtsnachfolge allein auf dem Zivilrechtsweg vorgegangen wird.
142b. Das Handlungsermessen der Beklagten ist aktuell auf den Erlass einer Nutzungsuntersagung gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW reduziert. Eine Beseitigungsverfügung als intensivere Maßnahme kommt nicht in Betracht, da der materielle Baurechtsverstoß nicht durch die bauliche Substanz, sondern durch die darin ausgeübte Nutzung hervorgerufen wird. Nach hinreichender Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen kann - jedenfalls im Hinblick auf die bestehende Lärmproblematik - voraussichtlich auch eine formelle Legalität durch Erteilung einer Baugenehmigung, wenn auch für einen im Nutzungsspektrum beschränkten oder von weiteren Lärmschutzmaßnahmen abhängigen Betrieb, erreicht werden.
143Die Nutzungsuntersagung ist auch für den gesamten mit der - nach den vorstehenden Ausführungen in Rede stehenden - Nutzung der baulichen Anlagen in Zusammenhang stehenden Betrieb auf dem streitgegenständlichen Grundstück auszusprechen. Dies folgt nicht nur aus der formellen Illegalität, sondern auch aus der hier vorzunehmenden Betrachtung der Grundstücksnutzung als nicht ohne Weiteres und insbesondere nicht gegen den Willen des Beigeladenen in zulässige und unzulässige Nutzungen aufspaltbarer „Gesamtbetrieb“. Es ist weder Aufgabe des Gerichts noch der Beklagten, dem Beigeladenen ein Betriebskonzept zuzuschneiden, bei dem auch ohne weitere Prüfung unzumutbare Lärmimmissionen ausgeschlossen werden können, noch kann ihm ein derart eingeschränkter Betrieb gegen seinen Willen auferlegt werden.
144Auch im Baugenehmigungsverfahren obliegt es allein dem Bauwilligen, Art und Umfang seines Vorhabens durch den Bauantrag festzulegen. Dies bedingt aber zugleich, dass weder die Genehmigungsbehörde noch ggf. die Verwaltungsgerichte - von Sonderfällen abgesehen - befugt sind, ein vom Bauherrn einheitlich zur Genehmigung gestelltes Vorhaben aufzuteilen und hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit zu differenzieren.
145Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2021 - 2 B 328/21 -, juris Rn. 10 ff. m.w.N.
146Gegenstand der planungsrechtlichen Beurteilung ist vielmehr der Gesamtbetrieb mit all seinen nach dem Willen des Bauherrn funktional und räumlich eingegliederten Teilen.
147Vgl. allgemein: BVerwG, Urteil vom 15. November 1991 - 4 C 17.88 -, juris Rn. 13 ff.
148Unbeschadet der im vorliegenden Verfahren allein maßgeblichen Verletzung von Nachbarrechten der Klägerin weist die Kammer ergänzend darauf hin, dass es Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde ist, u.a. bei der Nutzung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden (§ 58 Abs. 2 BauO NRW). Daher obliegt es den Bauaufsichtsbehörden, die Einhaltung des formellen Baurechts zu überwachen und ggf. bei erkannten Verstößen aufgrund der negativen Vorbildwirkung und der Gefahr der Erschütterung des Rechtsbewusstseins der Allgemeinheit auch durchzusetzen.
149Vgl. zur sog. Ordnungsfunktion des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens etwa: OVG NRW, Beschluss vom 13. April 2023 – 2 B 1235/22 – juris Rn. 85.
150Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene ist an den Verfahrenskosten zu beteiligen, weil er einen Sachantrag gestellt hat, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO.
151Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Sätze 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
152Rechtsmittelbelehrung:
153Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
154Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
155Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
156Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
157G. C. Y.
158Ferner hat die Kammer - ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richterinnen -
159beschlossen:
160Der Streitwert wird auf 15.000,- € festgesetzt.
161Gründe:
162Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach ist der Streitwert, soweit - wie hier - nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das Gericht orientiert sich hierbei am Streitwertkatalog der Bausenate des OVG NRW vom 22. Januar 2019 (veröffentlicht in BauR 2019 S. 610). Nach Nr. 7 a) des Katalogs ist für Nachbarklagen bei Beeinträchtigungen eines Wohngrundstücks regelmäßig ein Rahmen von 7.500 € bis 20.000 €, mindestens 1.500 €, vorgesehen. Hier hält die Kammer angesichts der von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen ihres Wohngrundstücks einen Streitwert in Höhe von 15.000,- € für angemessen.
163Rechtsmittelbelehrung:
164Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.
165Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
166G. C. Y.