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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich im Zusammenhang mit dem Rückmeldeverfahren bezüglich einer Soforthilfe für Kleinstunternehmer und Soloselbständigemit der vorliegenden Klage gegen den Feststellungs- und Erstattungsbescheid der C. B. vom 27. November 2023, der der Klägerin ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Postzustellungsurkunde am 28. November 2023 zugestellt worden war.
3Hiergegen hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, die am 2. Januar 2024 bei Gericht eingegangen ist. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
4Die Klägerin beantragt – schriftsätzlich und sinngemäß –,
5den Bescheid vom 27. November 2023 aufzuheben.
6Die Beklagte beantragt – ebenfalls schriftsätzlich –,
7die Klage abzuweisen.
8Zur Begründung macht sie geltend, die Klage sei nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden.
9Das Gericht hat mit Verfügung vom 10. Januar 2024 darauf hingewiesen, dass die Klage auch nach Einschätzung der Kammer unzulässig sein dürfte, weil die einmonatige Klagefrist nicht eingehalten worden sei. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. April 2024 hat die Klägerin daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung ließ sie zunächst vortragen, sie habe die Klageschrift am 28. Dezember 2023 per Einschreiben an das Veraltungsgericht B. versandt und sei deshalb berechtigterweise davon ausgegangen, dass die Klageschrift fristgereicht beim Gericht eingehen würde. Mit Verfügung vom 12. April 2024 hat das Gericht hierzu darauf hingewiesen, dass die Klägerin wohl nicht darauf vertrauen durfte, dass die am 28. Dezember 2023 - dem Tag des Fristablaufs – bei der Post aufgegebene Klageschrift noch rechtzeitig vor Ablauf der Klagefrist, d.h. am selben Tag, bei Gericht eingehen würde. Gleichzeitig hat das Gericht mitgeteilt, es beabsichtige gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
10Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausgeführt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung für die Klägerin als Laie nicht klar verständlich sei. Darin heiße es, dass die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe „erhoben“ werden müsse. Die Klägerin habe dies so verstanden, dass die Aufgabe der Klageschrift zur Post am Fristablauftag ausreiche.
11Mit Beschluss vom 24. April 2024 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Das Gericht entscheidet – nach Anhörung der Beteiligten – über die Klage gemäß § 84 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da die durch Übertragungsbeschluss vom 24. April 2024 der Einzelrichterin gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragene Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
15Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO statthafte Klage ist bereits unzulässig. Sie ist nicht fristgemäß erhoben worden.
16Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. Die Bekanntgabe als fristauslösendes Ereignis erfolgte vorliegend gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) i.V.m. § 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz - LZG NRW) durch Zustellung mit Zustellungsurkunde am 28. November 2023.
17Demnach begann die einmonatige Klagefrist gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 29. November 2023 zu laufen und endete mit Ablauf des 28. Dezember 2022 (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Die Klageschrift ist jedoch erst am 2. Januar 2024 – und damit nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist – bei Gericht eingegangen.
18Vorliegend kann auch dem Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO nicht entsprochen werden.
19Gemäß dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist – hier die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO – einzuhalten. Insoweit ist es der Klägerin nicht gelungen, im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO glaubhaft zu machen, dass sie ohne Verschulden gehindert gewesen sein soll, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten. Sie hat die Klagefrist vielmehr schuldhaft, nämlich fahrlässig, versäumt.
20Fahrlässigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Fristwahrung diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war.
21Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 6. Oktober 1992 – 2 BvR 805/91 – Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1993, 847; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 27. August 1996 – 2 A 3398/95 –, juris Rn. 3, vom 22. Februar 2011 – 12 A 551/10 – juris und vom 8. Juni 2021 – 18 A 4322/18 –, juris Rn. 55.
22Es kommt darauf an, ob dem Betroffenen im Lichte der Gewährleistungen effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Frist versäumt hat bzw. dass er nicht alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, damit das Hindernis – hier die Unkenntnis vom Ende des Fristlaufs – baldmöglichst wegfällt.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2011 – 12 A 551/10 – juris.
24Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht gegeben, da die Klägerin nicht ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Bei einem Rechtsirrtum – hier dem Irrtum über die Bedeutung des Begriffs, Klage zu „erheben“ – trifft den Beteiligten nur dann ausnahmsweise kein Verschulden, wenn dieser den Irrtum auch bei sorgfältiger Prüfung nicht vermeiden konnte. Der Beteiligte muss die Rechtsmittelbelehrung beachten und sich sachkundig beraten lassen.
25Vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 10. Juni 2021 – L 16 AS 110/21-, juris rn. 15 m.w.N.
26Die Klägerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 27. November 2023 ordnungsgemäß darüber belehrt, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden kann. Dass die fristgerechte Klageerhebung den Eingang der Klage bei Gericht und nicht etwa (nur) bei der Post erfordert, hätte die Klägerin bei sorgfältiger Prüfung auch erkennen können, da es in der Rechtsbehelfsbelehrung weiter heißt, „die Klage ist bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (…) zu erheben.“ Es war von der Klägerin zu erwarten und ihr auch zumutbar, sich im Falle einer verbliebenen Unsicherheit Kenntnis darüber zu verschaffen, zu welchem Zeitpunkt eine Klage als „erhoben“ anzusehen ist oder sich ggf. fachgerecht beraten zu lassen. Auch dem juristisch nicht hinreichend vorgebildeten Beteiligten obliegt es, die erforderlichen Erkundigungen einzuholen, um Kenntnis von den Frist- und Formerfordernissen bei Klageerhebung oder bei der Einlegung eines Rechtsmittels zu erlangen. Unterlässt er dies, so handelt er nicht ohne Verschulden.
27Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. März 2024 – 13 LA 238/23 -, juris Rn. 13; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2023 – L 11 R 863/22 -, juris Rn. 27 m.w.N.; VG Augsburg, Urteil vom 9. Dezember 2010 – Au 2 K 10.563 -, juris Rn. 30.
28Selbst wenn die Klägerin sich nach alledem in einem Rechtsirrtum befunden haben sollte, kann dieser Irrtum damit jedenfalls nicht als unverschuldet angesehen werden.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
31Rechtsmittelbelehrung:
32Gegen diesen Gerichtsbescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
33Die Berufung ist nur zuzulassen,
341. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheides bestehen,
352. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
363. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
374. wenn der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
385. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
39Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss.
40Der Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen.
41Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen.
42An Stelle der Zulassung der Berufung kann mündliche Verhandlung beantragt werden; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Gerichtsbescheides bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) zu stellen.
43Der Antrag kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen.
44Spiegel
45Beschluss
46Die Einzelrichterin hat ferner am selben Tag
47beschlossen:
48Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf 9.000,00 Euro festgesetzt.
49Gründe:
50Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Nach der letztgenannten Vorschrift ist für die Streitwertfestsetzung in Fällen, in denen der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend. Dementsprechend ist vorliegend mit Blick auf die Höhe des angegriffenen Rückforderungsbetrages, der aus dem Beschlusstenor ersichtliche Streitwert anzunehmen.
51Rechtsmittelbelehrung:
52Gegen die Streitwertfestsetzung können die Beteiligten beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht entscheidet, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht überschreitet.
53Die Beschwerde kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen.
54Spiegel