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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet ungeachtet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO); dies ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen.
4II.
5Der – sinngemäße – Antrag des Antragstellers,
6den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm unverzüglich Zugang zu einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zu gewähren,
7bleibt ohne Erfolg.
8Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet, da die Streitigkeit über den staatlich regulierten Zugang zu der von dem Antragsteller begehrten Schutzimpfung – in Ansehung sämtlicher vorliegend für einen Anspruch in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlagen – eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art darstellt und hierfür keine abdrängende Sonderzuweisung existiert. Es ist nicht der sozialgerichtliche Rechtsweg nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eröffnet, weil sich der hier geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer Schutzimpfung nicht gegen eine gesetzliche Krankenversicherung, sondern (gegenwärtig) gegen einen Hoheitsträger richtet. Insoweit nimmt die Kammer Bezug auf die umfassenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen in dessen Beschluss vom 11. Januar 2021 – 20 L 1812/20 –, juris, Rn. 11 ff., denen sie folgt.
9Der Antrag des Antragstellers ist als solcher nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
10Die Kammer legt den Antrag dahingehend aus, dass dieser sich nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen, sondern gegen den Antragsgegner als Rechtsträger der unteren Gesundheitsbehörde richtet, da letztere für die Gewährung der begehrten Schutzimpfung zuständig sein dürfte.
11Entsprechend § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gegen den Rechtsträger der Behörde zu richten, welche die begehrte Handlung vorzunehmen hat.
12Vgl. Schoch/Schneider, VwGO, Loseblattkommentar, 39. Ergänzungslieferung Juli 2020, VwGO, § 123 Rn. 108.
13Nach § 6 Abs. 1 S. 1 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) in der für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Fassung vom 8. Februar 2021, Bundesanzeiger (BAnz), AT 08.02.2021 V1, werden Leistungen nach § 1 Abs. 1 der Verordnung – also insbesondere die Verabreichung des Impfstoffes – in Impfzentren und durch mobile Impfteams, die den Impfzentren angegliedert sind, erbracht. Die Impfzentren werden von den Ländern oder im Auftrag der Länder errichtet und betrieben (vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 CoronaImpfV), sodass die Zuständigkeit für die Verabreichung des Impfstoffes grundsätzlich bei dem Land Nordrhein-Westfalen liegt.
14Durch den gerichtsbekannten Erlass des Ministeriums für Gesundheit, Arbeit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MAGS) vom 4. Dezember 2020 dürfte zwar keine wirksame Übertragung der Zuständigkeit für die Verabreichung des Impfstoffes auf die Kreise und kreisfreien Städte als Träger des Öffentlichen Gesundheitsdienstes entsprechend § 6 Abs. 2 S. 1 CoronaImpfV erfolgt sein.
15So jedoch: Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. Januar 2021 – 20 L 1812/20 –, juris, und Beschluss vom 25. Januar 2021 – 20 L 79/21 –, juris, Rn. 22; VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Januar 2021 – 7 L 48/21 –, juris, Rn. 10.
16Gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 CoronaImpfV bestimmen die obersten Landesgesundheitsbehörden und die von ihnen bestimmten Stellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit das Nähere zur Organisation der Erbringung der Schutzimpfungen.
17Es kann offen bleiben, ob hiermit überhaupt eine Ermächtigung zur Übertragung der Zuständigkeit für die Erbringung der Schutzimpfungen insgesamt (und nicht nur zur Übertragung einzelner organisatorischer Leistungen) eingeräumt wird. Jedenfalls dürfte eine solche Zuständigkeitsübertragung mittels Erlasses nicht wirksam möglich gewesen sein. Nach § 17 des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (Landesorganisationsgesetz – LOG NRW) können Gemeinde und Gemeindeverbände aufgrund des § 5 dieses Gesetzes für zuständig erklärt werden. Nach § 5 Abs. 2 LOG NRW ist, sofern eine oberste Landesbehörde durch Bundes- oder Landesrecht ermächtigt wurde, Befugnisse zu übertragen – wie hier ggf. durch die bundesrechtliche Regelung des § 6 Abs. 2 S. 1 CoronaImpfV –, von dieser Ermächtigung durch Rechtsverordnung Gebrauch zu machen, sofern nicht besondere Gründe die Zuständigkeit der obersten Landesbehörde erfordern. Der – soweit ersichtlich – nicht veröffentlichte ministerielle Erlass vom 4. Dezember 2020 stellt keine solche Rechtsverordnung dar und dürfte schon deshalb den Anforderungen des § 5 Abs. 2 LOG NRW an eine Zuständigkeitsübertragung nicht genügen.
18Die Zuständigkeit des Antragsgegners für das Verabreichen von Schutzimpfungen und die hiermit im Zusammenhang stehende Entscheidung über die Auswahl bevorzugt zu impfender Personen dürfte jedoch aus den Regelungen der §§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW) folgen. Nach §§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1 ÖGDG NRW haben die Kreise und kreisfreien Städte als untere Gesundheitsbehörden u.a. die Aufgabe der Mitwirkung an der Gesundheitsförderung, der Prävention und dem Gesundheitsschutz. Nach § 6 Abs. 2 ÖGDG NRW führen sie diese Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung aus. Die untere Gesundheitsbehörde trägt zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei und wirkt auf die Sicherstellung des notwendigen Impfangebotes und einer ausreichenden Impfberatung hin sowie kann beides auch selbst durchführen Die Durchführung von Schutzimpfungen, wie sie auch durch § 20 Abs. 5 S. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ermöglicht wird, dürfte hierunter fallen. Der Erlass vom 4. Dezember 2020 stützt sich eben auf diese genannten Regelungen und dürfte insoweit eine Weisung der obersten Aufsichtsbehörde nach § 9 Abs. 2 ÖGDG NRW darstellen.
19Der Antragsteller besitzt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
20Zwar fehlt dieses grundsätzlich, wenn ein Antragsteller sein Begehren vor Antragstellung bei Gericht nicht bei der zuständigen Verwaltungsbehörde vorgebracht hat,
21vgl. Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (NK-VwGO), 5. Auflage 2018, VwGO § 123 Rn. 70,
22wie dies hier der Fall sein dürfte.
23Trotz Fehlens eines vorherigen Antrags bei der zuständigen Behörde kann das Rechtsschutzbedürfnis aber bejaht werden, wenn das Verlangen einer solchen vorherigen Antragstellung lediglich eine bloße Förmlichkeit darstellen würde, weil die Behörde klar zu erkennen gegeben hat, dass sie den Antrag ohnehin ablehnen wird.
24Vgl. NK-VwGO, a.a.O., m.w.N.
25So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hat mit seinem Schriftsatz vom 25. Januar 2021 erklärt, dass der Antragsteller derzeit – auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Vorerkrankungen – keinen Anspruch auf eine Schutzimpfung habe. Hiermit hat er deutlich gemacht, dass ein Antrag des Antragstellers auf priorisierte Gewährung einer Schutzimpfung erfolglos bleiben würde. Vor diesem Hintergrund kann dem Antragsteller nicht abverlangt werden, dass er gleichwohl vor der gerichtlichen Entscheidung noch einen Antrag bei der Behörde stellt.
26Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch unbegründet.
27Das Gericht kann eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 S. 1 VwGO) oder, zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen.
28Mit der Verabreichung der Schutzimpfung begehrt der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hier bereits eine (endgültige) Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung. Dies ist aus Gründen der effektiven Rechtsschutzgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG) nur dann gerechtfertigt, aber auch geboten, wenn der Erfolg der Hauptsacheklage überwiegend wahrscheinlich ist und das Abwarten für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn dem nicht ausnahmsweise überwiegende gewichtige Gründe entgegenstehen.
29Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 7. Januar 2015 – 1 B 1260/14 –, juris, Rn. 5, m.w.N.
30Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO nicht vor. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch – im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anspruchs auf unverzügliche Verabreichung einer Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2-Virus – glaubhaft gemacht.
31Einen solchen Anspruch kann er nicht aus § 1 Abs. 1 S. 1 und 2 CoronaImpfV herleiten.
32Hiernach haben Personen i.S.d. Satzes 2 der Norm (zu denen der Kläger gehört) im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe einen Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus. Nach § 1 Abs. 2 S. 1 CoronaImpfV haben die Länder und der Bund den vorhandenen Impfstoff jedoch grundsätzlich so zu nutzen, dass die Anspruchsberechtigten in einer in vier Stufen (höchste Priorität, hohe Priorität, erhöhte Priorität und übrige Anspruchsberechtigte) gegliederten Reihenfolge berücksichtigt werden.
33Mit höchster Priorität haben die in § 2 Abs. 1 CoronaImpfV benannten Personen Anspruch auf eine Schutzimpfung. Hierbei handelt es sich um Personen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1), die in stationären und teilstationären Einrichtungen zur Behandlung, Betreuung oder Pflege älterer oder pflegebedürftiger Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind (Nr. 2), die im Rahmen ambulanter Pflegedienste regelmäßig ältere oder pflegebedürftige Menschen behandeln, betreuen oder pflegen, sowie Personen, die im Rahmen der ambulanten Pflege Begutachtungs- oder Prüftätigkeiten ausüben (Nr. 3), die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem sehr hohen Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, in Rettungsdiensten, als Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, in den Impfzentren im Sinne von § 6 Abs. 1 S. 1 CoronaImpfV sowie in Bereichen, in denen für eine Infektion mit dem Virus relevante aerosolgenerierende Tätigkeiten durchgeführt werden (Nr. 4), sowie die in medizinischen Einrichtungen regelmäßig Personen behandeln, betreuen oder pflegen, bei denen ein sehr hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus besteht, insbesondere in der Onkologie oder Transplantationsmedizin (Nr. 5).
34Der Antragsteller ist keiner dieser besonders bevorzugten Personengruppen zuzuordnen. Aufgrund seiner geltend – indes schon nicht wie erforderlich glaubhaft – gemachten Vorerkrankungen Adipositas und Diabetes Mellitus kann er allenfalls Anspruch auf Gewährung einer Schutzimpfung mit hoher Priorität (vgl. § 3 CoronaImpfV) haben, nicht aber auf eine „unverzügliche“ Impfung. Ebenso ist es ihm nicht möglich, eine Priorisierungsgruppe zu überspringen, da § 1 Abs. 2 S. 2 CoronaImpfV eine vorrangige Impfberücksichtigung nur innerhalb der einschlägigen Gruppe zulässt.
35Es kann offen bleiben, ob die Priorisierungsregelungen der Coronavirus-Impfverordnung verfassungskonform sind. Insbesondere bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, ob die Verordnung gegen den in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) verankerten Parlamentsvorbehalt oder gegen den in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG normierten Schutzanspruch verstößt. Die aus einer etwaigen Verfassungswidrigkeit resultierende Nichtanwendbarkeit der Priorisierungsregelungen der Rechtsverordnung würde jedenfalls nicht zu dem geltend gemachten Anspruch des Antragstellers auf unverzüglichen Erhalt der Schutzimpfung führen können.
36Ein Anspruch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen besteht – auch im Rahmen der weiter in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen in § 20 Abs. 5 S. 1 IfSG und Art. 2 Abs. 2 S. 1, 3 Abs. 1 GG – stets allein im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitäten (vgl. hier: § 1 Abs. 1 S. 1 CoronaImpfV, wonach ein Anspruch nur „im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe“ besteht). Die ihr zur Verfügung stehenden Kapazitäten müssen die Behörden allerdings nach sachlich gerechtfertigten Differenzierungskriterien verteilen.
37Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. Januar 2021 – 20 L 1812/20 –, juris, Rn. 50; VG Hannover, Beschluss vom 25. Januar 2021 – 15 B 269/21 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 1992 – 15 B 4474/92 –, juris, Rn. 4 (zur Begrenzung des Anspruchs auf Teilhabe an gemeindlichen Einrichtungen).
38Es ist gerichtsbekannt, dass dem Bund und den Ländern derzeit lediglich eine sehr begrenzte Menge an Impfdosen zur Verfügung steht und der Impfstoff nur sukzessive nachgeliefert wird, sodass keine zeitnahe Impfung aller anspruchsberechtigten Personen erfolgen kann. Insgesamt wurden in Nordrhein-Westfalen bislang (Stand: 11. Februar 2021) 764.478 Impfdosen (sowohl Erst- als auch Zweitimpfung) verabreicht, was einer Impfquote – also dem Anteil aller bisher Geimpften an der Gesamtbevölkerung – von 2,8 % hinsichtlich der Erstimpfung und 1,4 % in Bezug auf die Zweitimpfung entspricht.
39Vgl. die unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronav irus/Daten/Impfquoten-Tab.html;jsessionid=4C9BE0F723836754FD 1994E415F28E3E.internet072 abrufbare Tabelle, zuletzt abgerufen am 12. Februar 2021.
40Im gesamten Zuständigkeitsgebiet des Antragsgegners konnten bislang lediglich insgesamt 3.380 Erstimpfungen verabreicht werden.
41Vgl. https://www.corona-kvwl.de/impfbericht, zuletzt abgerufen am 12. Februar 2021.
42Dafür, dass dem Antragsgegner ein Überschuss an Impfdosen zur Verfügung stünde, die bislang noch nicht verimpft worden sind, ist nichts ersichtlich.
43Die aktuelle – durch die Priorisierungsregelungen der Coronavirus-Impfverordnung vorgegebene – Verteilung des vorhandenen Impfstoffes durch den Antragsgegner stellt sich als sachlich gerechtfertigt dar. Insbesondere besteht keine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Antragstellers gegenüber Personen mit höchster Impfpriorisierung. Auch eine systematische Ungleichbehandlung ist nicht zu erkennen. Eine Verteilung des vorhandenen Impfstoffes zunächst an besonders vulnerable Personengruppen sowie an Personen, die regelmäßigen Kontakt mit besonders gefährdeten Personengruppen haben, stellt sich vielmehr als verhältnismäßig dar.
44Vgl. VG Hannover, Beschluss vom 25. Januar 2021 – 15 B 269/21 –, juris, Rn. 28; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. Januar 2021 – 20 L 79/21 –, juris, Rn. 42.
45Die von der Coronavirus-Imfpverordnung vorgegebene Priorisierung steht im Einklang mit den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO). Aufgrund einer nach wissenschaftlichen Maßstäben vorgenommenen Risikobewertung sowie unter Berücksichtigung der nicht zu beanstandenden Impfziele der Verhinderung schwerer COVID-19-Verläufe, des Schutzes von Personen mit besonders hohem arbeitsbedingten Expositionsrisiko, der Verhinderung von Transmission und des Schutzes in Umgebungen mit einem hohen Anteil vulnerabler Personen und solcher mit hohem Ausbruchspotential sowie der Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens, kommt diese zu der Bewertung, dass für den überwiegenden Teil der COVID-19-Patienten eine gute Prognose bestehe. Zunehmendes Alter bringe die höchste Risikoerhöhung mit sich. Daneben würden etwa bestehende Vorerkrankungen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
46Vgl. Beschluss der STIKO zur 2. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung (STIKO-Empfehlung), S. 37, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/05_21.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 12. Februar 2021.
47An der sachlichen Vertretbarkeit dieser Bewertung bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel.
48Entsprechend ihrer Risikobewertung hat die Ständige Impfkommission eine Priorisierungsverteilung des vorhandenen Impfstoffes in sechs Stufen empfohlen.
49Vgl. STIKO-Empfehlung, S. 61.
50Innerhalb der ersten Stufe wird eine Impfung von Bewohnern von Senioren- und Altenpflegeheimen, von Personen im Alter von oder von mehr als 80 Jahren, von Personal mit besonders hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen, von Personal in medizinischen Einrichtungen und andere Personen mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen, von Pflegepersonal in der ambulanten oder stationären Altenpflege und von anderen in Senioren- und Altenpflegeheimen Tätigen mit Kontakt zu den Bewohnern empfohlen.
51Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. Januar 2021 – 20 L 79/21 –, juris, Rn. 50 (im Hinblick auf die seinerzeitige Fassung der STIKO-Empfehlung, die insoweit keine Änderung erfahren hat).
52Diese Priorisierung dürfte gerechtfertigt sein. Es besteht wohl ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, sowohl Leib und Leben besonders vulnerabler Personen vor den Folgen einer Infektion zu schützen als auch die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitssystems sicherzustellen. Hinter diesem Interesse muss das Individualinteresse einer Person, die nach gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht einem besonders priorisierten Personenkreis zuzuordnen ist, an einer sofortigen Schutzimpfung zurückstehen.
53Vgl. VG Hannover, Beschluss vom 25. Januar 2021 – 15 B 269/21 –, juris, Rn. 20.
54Der Antragsteller ist keiner der benannten Personengruppen mit höchster Impfpriorität zuordnen. Die von ihm geltend gemachten Vorerkrankungen lassen sich gegenwärtig maximal in Stufe 3 (Diabetes Mellitus, Adipositas) und Stufe 4 (Arterielle Hypertonie, Inhaftierung) einordnen, sodass ihm kein Anspruch auf unverzügliche Schutzimpfung zusteht.
55Dass der Antragsteller aufgrund der Situation in der Justizvollzugsanstalt im Rahmen einer Ermessensreduzierung auf Null eine sofortige Schutzimpfung beanspruchen könnte, ist nicht glaubhaft gemacht.
56Die besondere Situation in Gemeinschaftsunterkünften ist in den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission berücksichtigt worden. Dabei wurde von ihr die Infektionsgefahr im Ergebnis mit nachvollziehbarer Begründung so bewertet, dass Bewohner von Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende sowie Obdachlosenunterkünften in Stufe 3 der empfohlenen Priorisierung (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV), Inhaftierte hingegen in Stufe 4 eingeordnet wurden (was letztlich für alle Betreffenden eine Einordnung in die Personengruppe des § 4 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV – und damit lediglich in die „erhöhte Priorität“ – zur Folge haben dürfte).
57Der Antragsteller hat ferner nicht glaubhaft gemacht, dass in der hier betroffenen Justizvollzugsanstalt außergewöhnlich schlechte Hygienebedingungen vorherrschen. Abgesehen davon wäre er gegebenenfalls zunächst gehalten, bei den zuständigen Stellen um Abhilfe der behaupteten Hygienemängel nachzusuchen. Für einen von der Risikoeinschätzung der STIKO hinsichtlich inhaftierter Personen losgelösten Anspruch auf unverzügliche Gewährung der Schutzimpfung ist jedenfalls vorliegend nichts ersichtlich.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
59Die Streitwertfestsetzung ergeht nach §§ 63 Abs. 2 S. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Kammer legt hierbei aufgrund der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache den Auffangstreitwert von 5.000,- EUR zugrunde.
60Rechtsmittelbelehrung:
61Gegen die Entscheidung mit Ausnahme der Versagung der Prozesskostenhilfe und der Streitwertfestsetzung kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, Postanschrift: Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Sofern die Begründung nicht mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, ist sie bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster; Postanschrift: Postfach 6309, 48033 Münster) einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
62Die Beschwerde und deren Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden.
63Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen.
64Gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe kann vom Betroffenen auch persönlich innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, Postanschrift: Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht entscheidet, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
65Die Beschwerde kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV eingereicht werden.
66Gegen die Streitwertfestsetzung können die Beteiligten auch persönlich Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht entscheidet, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht überschreitet.
67Die Beschwerde kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV eingereicht werden.