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Die Durchsuchung der Wohnräume des Antragsgegners unter der Anschrift G, C, am 30. Juli 2021 in der Zeit von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr zum Zweck der Vollziehung der Abschiebung des Antragsgegners wird angeordnet.
G r ü n d e :
2Der am 19. Juli 2021 gestellte Antrag ist zulässig, insbesondere ist für die Erteilung der begehrten Durchsuchungsanordnung zur Vollziehung der Abschiebung eines Ausländers der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
3Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris (Rn. 3).
4Der Antragsteller ist hinsichtlich der begehrten Durchsuchungsanordnung antragsberechtigt, denn die Ausländerbehörde des Antragstellers ist die nach § 71 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) i.V.m. §§ 1, 14 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) die für die Abschiebung des Antragsgegners zuständige Behörde.
5Der Antrag ist auch begründet.
6Rechtsgrundlage der beantragten Anordnung für die Durchsuchung der Wohnräume des Antragsgegners ist § 58 Abs. 6 Satz 1 und 3, Abs. 5 Satz 2, Abs. 8 Satz 1 AufenthG.
7Gemäß § 58 Abs. 6 AufenthG kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert (Satz 1 der Vorschrift). Die Wohnung umfasst dabei die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum, § 58 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 AufenthG. Dabei dürfen Durchsuchungen nach § 58 Abs. 6 AufenthG – sei es zur Tag- oder Nachtzeit – nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde, angeordnet werden (§ 58 Abs. 8 Satz 1 AufenthG).
8Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen für eine Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners liegen vor.
9Der Antragsteller ist gemäß § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. §§ 1 Satz 1 Nr. 4, 14 Abs. 1 ZustAVO für die Abschiebung des Antragsgegners zuständig.
10Der aus Nordmazedonien stammende Antragsgegner ist vollziehbar ausreisepflichtig. Er hat in der Vergangenheit bereits mehrere Asylanträge in der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Nachdem ein Antrag aus September 2013 auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens mit bestandskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) vom 21. November 2013 abgelehnt und dem Antragsteller unter Setzung einer Ausreisfrist von einer Woche die Abschiebung nach Mazedonien (jetzt Nordmazedonien) angedroht worden war, hat der Antragsgegner das Bundesgebiet zunächst verlassen. Die nach seiner Wiedereinreise im August 2015 gestellten Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie auf Abänderung der in dem Bescheid vom 21. November 2013 getroffenen Feststellungen zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Juni 2016 ab und führte aus, einer erneuten Abschiebungsandrohung bedürfe es gemäß § 71 Abs. 5 des Asylgesetzes (AsylG) nicht. Auf den hierauf gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag hat das Gericht mit Beschluss vom 5. September 2016 – 8 L 1065/16.A – die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, der Ausländerbehörde des Antragstellers mitzuteilen, dass die Abschiebung des Antragsgegners bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gleichzeitig erhobene Klage gegen den Bundesamtsbescheid vom 7. Juni 2016 nicht erfolgen dürfe. Die Klage wurde mit Urteil vom 30. April 2019 – 11 K 2788/16.A – abgewiesen, der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil (5 A 2276/19.A OVG) blieb erfolglos; das Asylfolgeverfahren ist seit dem 12. September 2019 rechtskräftig abgeschlossen. Mithin ist der Antragsgegner vollziehbar ausreisepflichtig. Die Frist zur freiwilligen Ausreise ist zwischenzeitlich lange abgelaufen.
11Der Zweck der Durchführung der Abschiebung erfordert auch die beantragte Durchsuchung. Für die Anordnung der Durchsuchung einer Wohnung ist es regelmäßig erforderlich, dass die Vollstreckungsmaßnahme bereits einmal daran gescheitert ist, dass sich der Betroffene in seiner Wohnung verborgen gehalten hat, oder dass aufgrund sonstiger Umstände konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die geplante Maßnahme hieran scheitern könnte.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 9 f.) unter Verweis auf Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschlüsse vom 13. April 2012 – I-15 W 131/12 –, juris (Rn. 14) und vom 27. Mai 2004 – 15 W 307/03 –, juris, (Rn. 4) sowie auf Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – 22 I 28/20 –, juris (Rn. 30) und auf VG Freiburg, Beschluss vom 2. März 2007 – 2 K 633/07 –, juris (Rn. 6); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2021 – OVG 3 M 143/20, OVG 3 M 144/20 –, juris (Rn. 9); a.A. OVG Bremen, Beschluss vom 5. August 2019 – 2 F 211/19 –, juris (Rn. 14).
13Nach diesen Maßgaben ist die Durchsuchung hier erforderlich. Zwar ist eine Abschiebemaßnahme gegen den Antragsgegner in der Vergangenheit noch nie daran gescheitert, dass sich der Antragsgegner in seiner Wohnung verborgen gehalten hat, es liegen vorliegend jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die für den 30. Juli 2021 geplante Abschiebung des Antragsgegners hieran scheitern könnte.
14Der Antragsgegner kommt seiner seit September 2019 bestehenden Ausreiseverpflichtung beharrlich nicht nach. Mit am 31. Oktober 2019 bei Gericht eingegangenem einstweiligen Rechtsschutzgesuch (12 L 1520/19) begehrte er unter Vorlage ärztlicher Atteste, in denen eine Depression, eine Diabetes- sowie eine Thromboseerkrankung diagnostiziert waren, die Verpflichtung des Antragstellers zum Absehen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren wurde von den Beteiligten im Februar 2020 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, nachdem sich der Antragsteller bereit erklärt hatte, bis zur Überprüfung der Reisefähigkeit des Antragsgegners im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu verzichten. Der Antragsgegner wurde sodann am 23. Juni 2020 von der Amtsärztin des Gesundheitsamtes des Antragstellers untersucht. Diese bescheinigte in ihrer Stellungnahme vom 25. Juni 2020 im Hinblick auf die Diabetes- und Thromboseerkrankung Flugreisetauglichkeit mit Einschränkungen und empfahl, bezüglich der psychischen Erkrankungen und etwaiger daraus resultierender Einschränkung der Reisefähigkeit ein fachpsychiatrisches bzw. -psychologisches Zusatzgutachten einzuholen. Mit einer derartigen Begutachtung erklärte der Antragsgegner sich nachfolgend einverstanden.
15Mit dem Antragsgegner am 3. September 2020 zugestelltem Schriftsatz vom 1. September 2020 benannte der Antragsteller den 21. September 2020 als Begutachtungstermin durch den als Gutachter bestellten Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Umweltmedizin und Verkehrsmedizin Dr. med. L, D-S, und forderte den Antragsgegner auf, sich an diesem Tag um 7:15 Uhr vor seinem Wohnhaus einzufinden, um zur Praxis des Gutachters verbracht zu werden. Der Antragsteller informierte auch den im Verwaltungsverfahren mandatierten Bevollmächtigten des Antragsgegners über den Untersuchungstermin. Letzterer teilte umgehend mit, ebenfalls an dem Termin teilnehmen zu wollen; Terminabsprachen hätten zwingend über ihn zu erfolgen. Der Antragsteller erklärte daraufhin, sein Schreiben vom 1. September 2020 sei keine Terminabsprache sondern eine Anordnung nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Der Bevollmächtigte des Antragsgegners beharrte nachfolgend auf seiner Rechtsansicht. Der Antragsgegner wurde am Morgen des 21. September 2020 nicht vor seinem Wohnhaus angetroffen; Ermittlungen in einer Asylunterkunft in C und an der Wohnanschrift seines Bruders blieben ohne Erfolg.
16Im Rahmen einer Vorsprache zur Verlängerung seiner Duldung am 29. Oktober 2020 wurde dem Antragsgegner eine auf den gleichen Tag datierte Anordnung einer für den 30. November 2020 anberaumten ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung seiner Reisefähigkeit ausgehändigt, in welcher auch das persönliche Erscheinen des Antragsgegners angeordnet war. Der Antragsgegner verweigerte die Leistung seiner Unterschrift auf dem entsprechenden Empfangsbekenntnis. Der Bevollmächtigte des Antragsgegners monierte diese Vorgehensweise umgehend gegenüber dem Antragsteller, trug vor, er „erwarte“, dass ein Termin mit seiner Kanzlei abgesprochen werde, ansonsten werde auch der Termin am 30. November 2020 „obsolet“ sein. Mit Bescheid vom 18. November 2020 ordnete der Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit des Antragsgegners und das persönliche Erscheinen des Antragsgegners in der Praxis des vorbenannten Gutachters am 30. November 2020 an. Der Bescheid wurde dem Antragsgegner – laut Vortrag seines Bevollmächtigten – am 27. November 2020 zugestellt. Der Antragsgegner nahm den Untersuchungstermin am 30. November 2020 nicht wahr.
17Am 3. Dezember 2020 erhob der Antragsgegner die vor der Kammer unter dem Aktenzeichen 12 K 3486/20 geführte Klage gegen die Verfügung vom 18. November 2020 und trug vor, sich grundsätzlich untersuchen lassen zu wollen, dies jedoch nur in Anwesenheit seines Bevollmächtigten. Zugleich beantragte er, den Antragsteller im Wege des einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, seine – des Antragsgegners – Abschiebung vorerst auszusetzen. Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hatte, dass die Abschiebung des Antragsgegners aktuell nicht geplant sei, da dessen Reisefähigkeit noch überprüft werden müsse, der in den gerichtlichen Verfahren mandatierte Bevollmächtigte des Antragsgegners jedoch keine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben hatte, wurde der Antrag mit Beschluss der Kammer vom 4. Februar 2021 – 12 L 1056/20 – abgelehnt. Im Klageverfahren wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass kein Anspruch auf die Ausgestaltung des Untersuchungstermins in der von dem Antragsgegner reklamierten Weise bestehen dürfte.
18Der Antragsgegner wurde am 1. März 2021 von dem Gutachter Dr. med. L im Hinblick auf seine Reisefähigkeit untersucht. In dem hierauf erstellten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 15. März 2021 ist unter anderem ausgeführt, das bei dem durchgeführten Coin-in-the-Hand-Test erzielte Ergebnis liege an der Grenze zum statistischen Zufall; der Befund spreche eindeutig für eine Simulation, denn fast alle Patienten mit organischen Gedächtnisstörungen schnitten bei diesem Test fast ohne Fehler oder sehr gut ab; bei der Simulation einer Gedächtnisstörung sei das Ergebnis meist nahe der Zufallswahrscheinlichkeit oder sogar schlechter. Die von dem Antragsgegner als regelmäßig – und auch noch am Untersuchungstag – eingenommen bezeichneten Psychopharmaka würden tatsächlich nicht eingenommen, da im Blut des Antragsgegners keine Medikamentenspiegel nachweisbar seien. Organ-neurologisch liege das Bild einer diabetischen Polyneuropathie bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ 2 vor, die Polyneuropathie stelle kein Hindernis für eine Rückführung des Antragsgegners in sein Heimatland dar, bei der Rückführung müsse jedoch die Diabeteserkrankung berücksichtigt werden. In psychischer Hinsicht fänden sich bei dem Antragsgegner keine wesentlichen Beeinträchtigungen; die erhobenen Befunde sprächen für eine schwere Aggravation bis hin zur Simulation. Diagnostische Voraussetzungen für die Feststellung einer höhergradigen depressiven Störung hätten nicht vorgelegen und lägen auch aktuell nicht vor. Eine Abschiebung des Antragsgegners stelle eine psychisch belastende Situation dar, die unter Umständen zu unvorhersehbaren Reaktionen, darunter auch demonstrativen Handlungen, führen könne. Die Befundkonstellation, insbesondere die erheblichen Diskrepanzen zwischen den Befunden und den Therapiemaßnahmen, die eindeutige Nicht-Einnahme der Antidepressiva sowie der Nachweis einer Simulation mittels Coin-in-the-Hand-Tests sprächen überwiegend dafür, dass die psychische Störung des Antragsgegners vorgeschoben sei, um eine Abschiebung zu vereiteln. Spontanreaktionen und demonstrative Suizidversuche während des Abschiebungsvorgangs seien möglich. Die Übergabe an einen psychiatrischen Facharzt am Zielflughafen werde empfohlen.
19Mit weiterem einstweiligen Rechtsschutzgesuch vom 18. Mai 2021 hat der Antragsgegner jüngst erneut beantragt, den Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, vorerst von seiner – des Antragsgegners – Abschiebung abzusehen, und zur Begründung ärztliche Stellungnahmen eines Facharztes für Psychiatrie vom 8. Juni 2021 vorgelegt, die den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Ausgestaltung von ärztlichen Attesten, mit denen die in § 60a Abs. 2c AufenthG normierte gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit eines Ausländers widerlegt werden kann,
20vgl. insofern: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27. Mai 2021 – 19 CE 21.708 –, juris (Rn. 13) m.w.N.,
21nicht einmal ansatzweise gerecht wurden. Das diesbezügliche einstweilige Rechtsschutzgesuch wurde mit Beschluss vom 30. Juni 2021 – 12 L 476/21 – abgelehnt.
22Nach dem gesamten Verhalten des Antragsgegners ist demnach ernsthaft damit zu rechnen, dass dieser versuchen wird, sich – auch durch Verbergen in der eigenen Wohnung – einer Abschiebung zu entziehen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es dem Antragsgegner selbstverständlich frei steht, seine Rechtsauffassung im laufenden Verwaltungsverfahren zu äußern und eventuell auch auf anwaltlichen Ratschlag hin verfügte Untersuchungstermine – wie hier am 21. September 2020 und 30. November 2020 geschehen – nicht wahrzunehmen, aber insbesondere die Ausführungen in dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 15. März 2021 bieten gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner alles in seinen Möglichkeiten Stehende dafür tun wird, seine Abschiebung in sein Heimatland zu vereiteln. Wenn der Gutachter insoweit von „möglichen Spontanreaktionen“ und der „Möglichkeit demonstrativer Suidzidversuche“ während des Abschiebungsvorgangs spricht, die die Übergabe an einen psychiatrischen Facharzt am Zielflughafen geboten erschienen lassen, so ist erst recht damit zu rechnen, dass der Antragsgegner sich einem Aufgreifen zwecks Zuführung zum Abflughafen durch Verbergen in seiner Wohnung zu entziehen versuchen wird.
23Außerdem hat der Antragsteller nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Antragsgegner am 13. April 2021 unter der angegebenen Anschrift aufhalten wird, denn der Antragsgegner ist seit mehreren Jahren melderechtlich unter der genannten Anschrift erfasst und hat sie auch im erst am 18. Mai 2021 eingeleiteten Verfahren 12 L 476/21 als ladungsfähige Anschrift angegeben.
24Die Durchsuchungsanordnung wird auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht.
25Dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz – GG) die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält und damit eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz vorsieht. Die Einschaltung des Richters soll insbesondere dafür sorgen, dass die Interessen des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu, weil nur so im Einzelfall die Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs sichergestellt werden kann.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 22 f.) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG), stattgebender Kammerbeschluss vom 14. Juli 2016 – 2 BvR 2474/14 –, juris (Rn. 18); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2021 – OVG 3 M 143/20, OVG 3 M 144/20 –, a.a.O. (Rn. 9); OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 – 2 S 262/19 –, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport (NVwZ-RR) 2020, 324 ff. = juris (Rn. 19).
27Gemessen daran ist die Durchsuchung verhältnismäßig.
28Die Maßnahme ist geeignet und auch erforderlich.
29Eine Maßnahme ist nur dann erforderlich, wenn aus den zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeigneten Mitteln das mildeste, also das die geschützte Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigende Mittel gewählt wird.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 24 f.) unter Verweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. September 2014 – 1 BvR 2108/14 –, juris (Rn. 19).
31Das ist hier der Fall. Der Antragsteller kann nicht darauf verwiesen werden, zunächst erfolglos eine Abschiebung gestützt auf die Betretenserlaubnis nach § 58 Abs. 5 AufenthG, für die der Richtervorbehalt nicht gilt,
32vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 26 f.),
33zu versuchen. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass dieses Mittel nicht zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeignet ist. Denn nach dem gesamten Verhalten des Antragsgegners ist – wie ausgeführt – damit zu rechnen, dass er versuchen wird, sich auch durch Verbergen in seiner Wohnung einer Abschiebung zu entziehen.
34Die Wohnungsdurchsuchung ist auch angemessen. Das Recht des Antragsgegners auf Wahrung seiner räumlich-gegenständlichen Privatsphäre vermag sich nicht gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einer zeitnahen Abschiebung des Antragsgegners durchzusetzen. Im Rahmen der Abwägung der betroffenen Schutzgüter ist zu berücksichtigen, dass es der Ausreisepflichtige selbst in der Hand hat, die Anwendung von Zwangsmitteln abzuwenden, indem er seiner gesetzlichen Ausreisepflicht freiwillig nachkommt.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 30 f.) unter Verweis auf OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 – 2 S 262/19 –, a.a.O. (Rn. 22).
36Von einer Anhörung des Antragsgegners sowie der Bekanntgabe der Durchsuchungsanordnung an diesen wird abgesehen, um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden. Das Absehen von der Anhörung ist in einem solchen Fall auch mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 34 ff.) unter Verweis auf seinen Beschluss vom 26. Oktober 2020 – 18 E 809/20 –, juris (Rn. 22) sowie auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. September 2004 – 2 BvR 2105/03 –, juris (Rn. 4) und auf Beschluss vom 16. Juni 1981 – 1 BvR 1094/80 –, juris (Rn. 54); OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 – 2 S 262/19 –, a.a.O. (Rn. 23).
38Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten fallen mangels Auflistung eines entsprechenden Gebührentatbestandes für Verfahren nach § 58 Abs. 8 Satz 1 AufenthG in der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht an. Außergerichtliche Kosten sind angesichts der fehlenden Beteiligung des Antragsgegners an dem Verfahren und dem deshalb fehlenden kontradiktorischen Charakter des Verfahrens nicht zu erstatten.
39Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, a.a.O. (Rn. 37 f.) unter Verweis auf OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 – 2 S 262/19 –, a.a.O. (Rn. 24).