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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge (JSM) und einer Verwaltungsgebühr.
3Die Klägerin ist eine Stadt mit ca. 16.000 Einwohnern und liegt innerhalb des Siegerlands im Südwestteil des Rothaargebirges. Die zwölf Stadtteile werden weitestgehend über eine Mischwasserkanalisation entwässert, die zur zentralen Kläranlage Ferndorftal führt. In dieser werden daneben auch Sickerwässer der Abfalldeponie Winterbach in Netphen behandelt.
4Mit Bescheid vom 25. Februar 2011 erteilte die Bezirksregierung B der Klägerin die bis zum Jahr 2031 befristete Erlaubnis, das anfallende Abwasser aus der Kläranlage Ferndorftal nach näherer Maßgabe des Bescheides in die Ferndorf einzuleiten. Zudem wurde die JSM auf 4.034.384 m³ / a festgesetzt. Für den Bescheid wurde ferner eine Gebühr i.H.v. 0 EUR erhoben und die Klägerin wurde unter Verrechnung einer früheren Zahlung aufgefordert, einen Betrag von 0 EUR zu entrichten.
5Die Festsetzung der JSM erfolgte in Anwendung der nordrhein- westfälischen Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der JSM bei Einleitung von mit Niederschlagswasser vermischtem Schmutzwasser vom 4. Februar 1991 (JSM- VwV). Dabei wurden anhand der Tagesergebnisse zweier Niederschlagsmessstationen für den Zeitraum 2005 bis 2009 die Trockenwettertage im Sinne der JSM- VwV ermittelt, worunter nach der dortigen Regelung solche Tage zu verstehen sind, an denen selbst und an deren Vortag der Niederschlag weniger oder gleich 0,3 mm betrug. Die Ablaufwerte der Kläranlage an diesen Tagen wurden sodann aufs Jahr hochgerechnet und es wurde aus den Werten der genannten Jahre eine durchschnittliche JSM von 4.034.384 m³ / a errechnet.
6Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:
7Das Abwasserabgabenrecht verlange eine Festlegung der JSM, die unbeeinflusst von Wassermengen aus Niederschlägen sei. Werde die JSM, die in die Berechnung der Abwasserabgabe für Schmutzwasser Eingang finde, zu hoch angesetzt, indem Niederschlagswässer fälschlich dem Schmutzwasser zugerechnet würden, finde im Rahmen der Erhebung der Abwasserabgaben für Niederschlagswasser einerseits und für Schmutzwasser andererseits eine unzulässige Doppelveranlagung statt.
8Es fehle bereits an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage für eine Festsetzung der JSM, die die Einhaltung dieser Vorgabe gewährleiste.
9In den einzelnen Bundesländern bestünden sehr uneinheitliche Regelungen und Verfahren zur Ermittlung der abgabenrechtlich relevanten JSM.
10Sie werde teilweise in Anknüpfung an den Frischwasserbezug festgesetzt, was in ihrem Fall zu erheblich günstigeren Ergebnissen führen würde.
11Häufig werde die JSM dadurch ermittelt, dass wie in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Abflussmengen an Trockenwettertagen auf das Jahr hochgerechnet würden, wobei jedoch erhebliche Unterschiede in der Definition eines Trockenwettertags bestünden. So differierten die Regelungen zur Bestimmung eines Trockenwettertags, die insofern maßgeblichen Niederschlagswerte und die Regelungen betreffend die zu berücksichtigenden Nachlauftage. Zum Teil bleibe es dabei auch dem Anlagenbetreiber überlassen, einzelne Tage, an denen offensichtlich kein Trockenwetter herrschte, unberücksichtigt zu lassen.
12Verwendung fänden auch statistische Verfahren wie die Methode des gleitenden Minimums oder die Methode des Dichtemittels, während es in einigen Bundesländern gar keine näheren Vorgaben für die Ermittlung der JSM gebe.
13Die Unterschiede bei der Festsetzung der JSM in den Ländern verstießen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie zeigten auch, dass der Begriff der JSM nicht hinreichend bestimmt sei. Es liege zudem ein Verstoß gegen das Wesentlichkeitsgebot vor, denn der Gesetzgeber habe selbst näher regeln müssen, was er unter der JSM verstehe.
14Unabhängig von der fehlenden gesetzlichen Grundlage trage die Festsetzung der JSM in Anwendung der JSM- VwV verschiedenen in ihrem Fall gegebenen Besonderheiten nicht hinreichend Rechnung.
15So ergäben sich aus dem großen räumlichen Einzugsgebiet der der Kläranlage vorgeschalteten Kanalisation lange Nachlaufzeiten und es komme auch zu längeren Entleerungszeiten von Regenbecken im Kanalisationsnetz.
16Weiter würden örtliche Niederschlagsereignisse, die nur in Teilen des Einzugsgebiets stattfänden, bei den Messstationen, deren Daten bei der Berechnung der JSM verwendet worden seien, eventuell gar nicht erfasst.
17Zudem führten wegen der Lage in einer Mittelgebirgsregion Niederschlagsereignisse insbesondere bei Schneeschmelze erst nach Wochen oder Monaten zu einem hierauf zurückzuführenden Abfluss von Niederschlagswasser. Auch gelangten über gefrorene oder feuchtigkeitsgesättigte Böden in Hanglagen zeitversetzt Wässer in die Kanalisation, die kein Niederschlagswasser im Sinne des Abwasserrechts seien. Die Forderung, Regen- bzw. Schmelzwasser, das bei Straßendorflagen in die Täler hinab fließe, zu versickern oder in ein Gewässer einzuleiten, sei insofern überzogen.
18Schließlich speichere auch der Deponiekörper der Abfalldeponie Wintersbach Niederschlagswasser "wie ein Schwamm" und gebe es zeitversetzt in die Kanalisation ab.
19Aufgrund dieser Besonderheiten sei davon auszugehen, dass in ihrem Fall auf Niederschläge zurückzuführende Wassermengen in die Berechnung der JSM nach der JSM- VwV Eingang fänden. Dies werde dadurch belegt, dass die JSM im Sinne der JSM- VwV im direkten Zusammenhang mit der jährlichen Niederschlagsmenge steige und falle. Auch die ihrerseits mit einem intensiven Kostenaufwand und auch fachgerecht durchgeführten Kanalsanierungen sowie das Abklemmen von Fremdwasserzuflüssen hätten die JSM insofern nicht vermindert, so dass Kanalisationsschäden bzw. entsprechende Zuflüsse als Ursache für zu hohe, weil durch Fremdwasser beeinflusste Schmutzwasserabflüsse ausschieden.
20Die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für die Einleitungserlaubnis sei ebenfalls rechtswidrig.
21Sie erfülle mit der Abwasserbeseitigung im Interesse des Landes eine ihr vom Landesgesetzgeber auferlegte Pflichtaufgabe, ohne dass eine wirtschaftliche Betätigung vorliege. Sie sei daher nach § 8 Abs.1 Nr.4 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (GebG NRW) von Verwaltungsgebühren befreit, da sie die Gebühren auch nicht im Sinne des § 8 Abs.2 GebG NRW auf Dritte abwälzen könne. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass zahlreiche Wasserverbände, denen die Abwasserbeseitigung obliege, ausdrücklich von der Gebührenpflicht befreit seien und insofern kein sachlicher Grund bestehe, sie schlechter zu stellen.
22Die Höhe der Gebühr sei zudem nach einem Runderlass bemessen worden, der insofern keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstelle. Auch stamme er aus dem Jahr 1994 bzw. 2002 und könne daher nicht zur Auslegung später erlassener gebührenrechtlicher Vorschriften herangezogen werden, zumal auch die vom Erlass in Bezug genommene Norm des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) zwischenzeitlich aufgehoben worden sei.
23Abgesehen davon seien die geforderten Gebühren jedenfalls überhöht, denn die Kläranlage diene auch der Entwässerung städtischer Grundstücke, so dass die hierauf entfallenden anteiligen Gebühren nicht auf Dritte abgewälzt werden könnten. Die Erlaubnis zur Abwassereinleitung habe für sie zudem keinen pekuniären Wert.
24Die Klägerin beantragt,
25den Bescheid der Bezirksregierung B vom 25. Februar 2011 aufzuheben, soweit darin eine jährliche Jahresschmutzwassermenge von 4.034.384 m³ festgesetzt worden ist und soweit darin eine Gebühr in Höhe von 0 EUR festgesetzt worden sowie eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 0 EUR enthalten ist.
26Das beklagte Land beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Es macht zur Begründung geltend:
29Die Festsetzung der JSM in Anwendung der JSM- VwV sei rechtmäßig.
30Das hier vorgesehene Abstellen auf Trockenwettertage stelle eine anerkannte Methode zur Ermittlung der JSM dar und werde auch in anderen Bundesländern praktiziert. Zwar sei der Vorteil alternativer Berechnungsmodelle im Hinblick auf die topographischen und meteorologischen Verhältnisse des Einzugsgebiets der Klägerin nachvollziehbar. Keine Berechnungsmethode könne jedoch für jeden Einzelfall die Wirklichkeit wiedergeben, so dass entscheidend sei, dass innerhalb der geltenden Methode Binnengerechtigkeit herrsche. Es könne nicht für einige Gemeinden die Verwaltungsvorschrift, für die Klägerin aber ein anderes Verfahren herangezogen werden.
31An der JSM- VwV als einfacher und bewährter Methode werde auch in Ansehung der Einwände der Klägerin festgehalten.
32Zwar hätten andere Mittelgebirgskommunen in NRW ähnliche Probleme, doch seien die langen Nachlaufzeiten nach Regenereignissen in der Regel auf ein undichtes Kanalnetz zurückzuführen, d.h. auf einen erhöhten Fremdwasseranfall. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass in Gemeinden trotz umfangreicher Kanalsanierungen die JSM ansteige. Gründe hierfür könnten in einer unsachgemäßen Kanalsanierung liegen oder in der noch nicht weit fortgeschrittenen Sanierung privater Abwasserleitungen.
33Die unterschiedlichen Niederschlagssituationen im Einzugsgebiet der Kläranlage Ferndorftal würden seit einigen Jahren durch zwei Messstationen erfasst und nur wenn an beiden Stationen ein Trockenwettertag gemessen werde, werde dieser für die Berechnung herangezogen.
34Zeitlich versetzte Abflüsse aus Schneeschmelzen hätten bislang keine Berücksichtigung erfahren, was für alle Gemeinden in NRW ein genaueres Bild der JSM ergeben würde. Insofern werde vorgeschlagen, die Verwaltungsvorschrift anzupassen. Niederschlagswasser, das über Außengebiete (Hanglagen) der Kanalisation zugeführt werde, entspreche nicht den Regeln der Technik und müsse wie in anderen Gemeinden auch über Wegeseitengräben oder ähnliches in ein Gewässer eingeleitet oder versickert werden.
35Die Erhebung der Verwaltungsgebühr sei ebenfalls rechtmäßig. Die Klägerin könne die Gebühr im Sinne des § 8 Abs.2 GebG NRW auf Dritte abwälzen, indem sie sie in ihre Berechnung der Entwässerungsgebühren einbeziehe.
36Hinsichtlich der Gebührenbemessung seien pauschalierte Kriterien vorgesehen, die für alle Einleitungserlaubnisse gleich gälten und nicht weiter auf Besonderheiten des Einzelfalls zu untersuchen seien. Der einschlägige Runderlass sei zwar in der Tat noch nicht an gesetzliche Neuregelungen angepasst worden, werde jedoch bis zu einer redaktionellen Überarbeitung weiter angewandt.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst Beiakte verwiesen.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
39Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
40Soweit sich die Klage gegen die im Bescheid vom 25. Februar 2011 enthaltene Festsetzung einer JSM i.H.v. 4.034.384 m³ / a richtet, ist sie als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs.1 Alt.1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, aber unbegründet.
41Die isolierte Anfechtung der Festsetzung der JSM begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
42Gemäß § 69 Abs.1 S.1 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (LWG) ist die Jahresschmutzwassermenge zwar in dem die Abwassereinleitung zulassenden Bescheid festzusetzen. Es handelt sich jedoch um eine gegenüber der Einleitungserlaubnis selbständige Regelung, der insbesondere keine die zulässige Einleitungsmenge begrenzende Wirkung zukommt, sondern die der Ermittlung der Schadeinheiten der Schmutzwassereinleitung dient (vgl. § 69 Abs.1 S.1 LWG) und die insofern in die Berechnung der Abwasserabgabe Eingang findet (vgl. § 4 des Abwasserabgabengesetzes - AbwAG -). Die Erhebung einer Abwasserabgabe für Schmutzwasser bliebe dabei auch im Falle einer (isolierten) Aufhebung der Festsetzung der JSM möglich, denn abgesehen von der Möglichkeit, die JSM im Falle einer gerichtlichen Aufhebung für den in Rede stehenden Veranlagungszeitraum erneut behördlich festzusetzen, kann die Abwasserabgabe nach § 6 AbwAG grundsätzlich auch ohne bescheidmäßige Festlegung der JSM erhoben werden.
43Einer isolierten Anfechtung der Festsetzung der JSM steht auch nicht entgegen, dass die JSM zudem in die Berechnung der in Anlage 1 des Bescheides vom 25. Februar 2011 enthaltenen Überwachungswerte eingeflossen ist, die seitens der Klägerin nicht angegriffen worden sind (vgl. zur Berechnung Bl.79 der Beiakte). Wie die Bezirksregierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, würde die seitens der Klägerin erstrebte Verringerung der JSM allenfalls zu für sie günstigeren Überwachungswerten, nicht aber zu deren Verschärfung führen. Im Falle einer Reduzierung der festgesetzten JSM verbliebe daher keine Einleitungserlaubnis mit dann zu großzügigen Überwachungswerten.
44Die demnach zulässige Anfechtungsklage gegen die Festsetzung einer JSM von 4.034.384 m³ / a ist indes unbegründet, denn der angegriffene Bescheid vom 25. Februar 2011 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs.1 S.1 VwGO.
45Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge ist § 69 Abs.1 i.V.m. Abs.2 LWG.
46Hiernach hat die zuständige Behörde in dem die Abwassereinleitung zulassenden Bescheid zur Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten der Schmutzwassermenge von Amts wegen die Jahresschmutzwassermenge für das Schmutzwasser festzusetzen (Abs.1 S.1 und 2), die mindestens einmal in fünf Jahren zu überprüfen und erforderlichenfalls neu festzusetzen ist (Abs.1 S.4). Die Jahresschmutzwassermenge wird aus einzelnen von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermengen in kürzeren Zeiträumen hochgerechnet (Abs.2 S.1), wobei regelmäßig wiederkehrende Schwankungen des Schmutzwasseranfalls im Verlauf des Jahres oder kürzerer Zeitabschnitte angemessen zu berücksichtigen sind (Abs.2 S.2).
47Diese gesetzliche Regelung begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
48Dies gilt zunächst im Hinblick auf die gemäß Art.31 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verfassungsrechtlich gebotene Vereinbarkeit des Landesgesetzes mit bundesrechtlichen Regelungen.
49Insofern ist der Klägerin im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass bei der bundesrechtlich durch § 4 Abs.1 S.2 AbwAG geforderten Festlegung der Jahresschmutzwassermenge grundsätzlich nur Schmutzwasser im Sinne des § 2 Abs.1 S.1 Alt.1, Abs.1 S.2 AbwAG zu berücksichtigen ist. Neben Flüssigkeiten aus Anlagen im Sinne des § 2 Abs.1 S.2 AbwAG fällt hierunter insbesondere das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser, nicht hingegen das Niederschlagswasser im Sinne des § 2 Abs.1 S.1 Alt.2 AbwAG, d.h. das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser.
50Dieses Verständnis des Begriffs der Jahresschmutzwassermenge ergibt sich schon daraus, dass § 4 Abs.1 S.2 AbwAG mit dem Begriff der JSM ersichtlich an die abwasserabgabenrechtliche Definition des Schmutzwassers in § 2 Abs.1 AbwAG anknüpft. Es folgt weiter daraus, dass Schmutzwasser und Niederschlagswasser jeweils Gegenstand einer eigenständigen Abwasserabgabe sind, so dass dem Niederschlagswasser zuzurechnende Wassermengen zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung im Rahmen der Schmutzwasserabgabe in die Ermittlung der JSM grundsätzlich keinen Eingang finden sollen.
51Die Regelung des § 69 Abs.1 und 2 LWG greift das aus den bundesrechtlichen Vorgaben folgende Gebot, bei der Festlegung der JSM im Grundsatz nur Schmutzwasser im Sinne des § 2 Abs.1 AbwAG zu berücksichtigen, indes unzweifelhaft auf, indem sie insbesondere fordert, dass die JSM aus einzelnen "von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermengen" in kürzeren Zeiträumen hochgerechnet wird. Gibt das Landesgesetz demnach klar vor, dass Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der JSM prinzipiell die von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermengen sein sollen, so wird dem Regelungsgehalt der übergeordneten bundesrechtlichen Normen damit hinreichend Rechnung getragen.
52Soweit weder die bundesrechtlichen Regelungen des Abwasserabgabenrechts noch die nach dem Gesagten hiermit im Einklang stehende landesgesetzliche Regelung des § 69 Abs.1 und 2 LWG eine nähere Festlegung dahin enthalten, wie die von Niederschlagswasser bzw. von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermengen im Einzelnen zu ermitteln und hochzurechnen sind, ist auch dies von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
53Namentlich begegnet es insoweit weder im Hinblick auf das im Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Abs.3 GG verankerte Bestimmtheitsgebot noch in Bezug auf das ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende sog. Wesentlichkeitsgebot Bedenken, dass weitere Vorgaben für die Ermittlung der JSM in NRW nur in Form der JSM- VwV bestehen. Dies gilt auch dann, wenn man insoweit in Bezug auf die Klägerin als Kommune gleiche Maßstäbe anlegt wie hinsichtlich anderer abwasserabgabepflichtiger Einleiter, für die die Festsetzung der JSM aufgrund ihrer Maßstäblichkeit für die Höhe der Abwasserabgabe die Grundlage für einen Eingriff in ihre Grundrechte darstellen kann.
54Nach dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes ist der Gesetzgeber verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.
55Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 -, in: Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE), Band 49, S.89 ff.
56Das Gesetz muss insofern auch hinreichend bestimmt sein. Es muss die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen. Das Rechtsstaatsprinzip gebietet es, dass grundrechtsrelevante Vorschriften in ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt so klar formuliert sind, dass die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist und er sein Verhalten danach einrichten kann.
57Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1979 - 1 BvL 19/76 -, BVerfGE, Band 52, S.1 ff.
58Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen.
59Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 -, a.a.O.; Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 -, BVerfGE, Band 98, S. 218 ff. mit weiteren Nachweisen.
60Hiervon ausgehend sind die in Frage stehenden gesetzlichen Regelungen nicht zu beanstanden, denn der Bundes- und der Landesgesetzgeber haben mit der Vorgabe, dass die Ermittlung der abwasserabgabenrechtlich relevanten JSM möglichst unbeeinflusst von Niederschlagswasser bzw. Niederschlag zu erfolgen hat, den Maßstab für ihre Bestimmung im Wesentlichen vorgegeben. Eine noch weiter ins Einzelne gehende Detailregelung durch den Gesetzgeber selbst war mit Rücksicht auf den betroffenen Sachbereich und die Eigenart des fraglichen Regelungsgegenstandes demgegenüber nicht geboten.
61Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass im hier in Rede stehenden Fall einer Mischwasserkanalisation die Menge des durch Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderten Wassers (Schmutzwasser im engeren Sinne) und des bei Trockenwetter damit zusammen abfließenden Wassers (sog. Fremdwasser), das abwasserabgabenrechtlich ebenfalls zum Schmutzwasser zählt, nicht in der Weise bestimmt werden kann, dass die Durchflusswerte an der Kläranlage gemessen und ggf. aufs Jahr hochgerechnet werden, da sich das Schmutzwasser bereits im Zulauf zur Kläranlage mit Niederschlagswasser vermischt hat. Da, wie auch die Klägerin einräumt, andere praktikable Methoden für eine exakte und wirklichkeitsgetreue Erfassung des in einer Mischkanalisation tatsächlich anfallenden Schmutzwassers nicht existieren, ist es daher erforderlich, die nicht zum Schmutzwasser im Sinne des § 2 Abs.1 AbwAG zählenden Wassermengen rechnerisch aus der ermittelbaren Gesamtwassermenge, die durch die Kläranlage fließt, auszuscheiden. Alle insofern diskutierten Methoden können dabei nur zu näherungsweisen Ergebnissen führen, d.h. die tatsächlichen Wassermengen können lediglich mehr oder weniger genau geschätzt werden.
62In Ansehung dessen begegnet es - auch wenn die gewählte Berechnungsmethode die prognostizierte JSM und damit die Höhe der Abwasserabgabe beeinflusst - keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber selbst kein bestimmtes Verfahren zur Festlegung der JSM vorgeschrieben, sondern dessen Auswahl der Verwaltungspraxis und damit dem Bereich der - gerichtlich überprüfbaren - Rechtsanwendung überlassen hat.
63Die schätzungsweise Ermittlung der von Niederschlag unbeeinflussten JSM stellt ein komplexes Problem dar, bei dem sich, wie die Klägerin selbst umfangreich dargelegt hat und wie es auch der Ansicht der hiermit befassten Fachleute entspricht, insbesondere aufgrund der Vielzahl hierbei zu berücksichtigender Faktoren zahlreiche naturwissenschaftliche Fragen - etwa aus dem Bereich der Meteorologie, der Geologie, der Hydrologie oder der Topographie - stellen und bei dem darüber hinaus auch technische, statistisch- mathematische sowie rechtliche Erwägungen anzustellen sind. Dies zeigt nicht zuletzt die Vielfalt der in der Praxis verwendeten Modelle, die zur Berechnung der JSM entwickelt worden sind und in deren Ansehung etwa das fachkundige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein- Westfalen (LANUV) in einer Stellungnahme vom September 2010 die Überprüfung und etwaige Fortschreibung der bisher in NRW angewandten Methode als "äußerst komplex" bezeichnet hat.
64Dies berücksichtigend ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber selbst lediglich - insofern unmissverständlich - den Grundsatz normiert hat, dass Gegenstand der Berechnung der JSM und damit der Abwasserabgabe das von Niederschlagswasser bzw. Niederschlag unbeeinflusste Schmutzwasser zu sein hat, dass er indessen die Erarbeitung und die ggf. mit einem Fortschreiten maßgeblicher wissenschaftlicher Erkenntnisse angezeigte Fortentwicklung diesbezüglicher Ermittlungsmethoden der vollziehenden Gewalt überantwortet hat. Aufgrund der Schnittstellen mit naturwissenschaftlichen und technischen Fragen ist insofern gerade im Umwelt- und Technikrecht anerkannt, dass Detailregelungen in Bezug auf komplexe Regelungsgegenstände - auch in Ansehung ihrer Grundrechtsrelevanz - namentlich in Form von Verwaltungsvorschriften erfolgen können, wie dies vorliegend durch den Erlass der JSM- VwV geschehen ist.
65Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sind schließlich auch im Hinblick auf den in Art.3 Abs.1 GG normierten Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu beanstanden, was die Klägerin im Hinblick auf die unterschiedlichen Methoden zur Ermittlung der JSM rügt, die in den einzelnen Bundesländern Anwendung finden und die zu Unterschieden in der Bemessung der Abwasserabgabe führen können.
66Ein Verstoß des § 69 Abs.1 und 2 LWG gegen Art.3 Abs.1 GG scheidet insofern von vorneherein aus, da Normadressaten des LWG lediglich die Bürger Nordrhein- Westfalens sind und sein können. Der Landesgesetzgeber hat insofern keine Handhabe, für eine Gleichbehandlung der Bürger in NRW und in anderen Bundesländern zu sorgen, so dass unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten allenfalls die übergeordneten bundesrechtlichen Vorschriften des AbwAG mit der Erwägung zu beanstanden sein könnten, sie gewährleisteten in Ermangelung einer näheren Bestimmung der Methode zur Ermittlung der JSM keine hinreichend einheitliche Berechnung der Abwasserabgabe innerhalb des Bundesgebiets.
67Es begegnet jedoch auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Bundesgesetzgeber die Konkretisierung der bundesrechtlichen Vorgaben der Gesetzesanwendung in den Ländern überlassen hat. Der Bund war nicht aus Rechtsgründen gehalten, zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen etwa durch den Erlass einer bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift eine für sämtliche Bundesländer verbindliche Berechnungsmethode einzuführen (vgl. Art.84 Abs.2 GG). Der Erlass solcher allgemeiner Verwaltungsvorschriften steht im freien Ermessen der Bundesregierung,
68vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. März 1960 -2 BvG 1/57 -, BVerfGE Band 11, S. 6 ff.
69so dass in Ansehung dessen, dass der Vollzug von Bundesgesetzen grundsätzlich Ländersache und insofern auf Pluralität angelegt ist, eine Pflicht zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommt, etwa wenn die in dem verschiedenartigen Gesetzesvollzug liegende Abweichung im Hinblick auf die bezweckte Bundeseinheitlichkeit nicht mehr hinnehmbar ist.
70Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. November 1994 - 1 BvR 1048/90 -, JURIS.
71Eine solche Fallgestaltung ist hier mit Blick darauf, dass die grundsätzlichen Vorgaben für die Festlegung der JSM bereits im Bundesgesetz selbst angelegt sind und lediglich Detailregelungen zu deren Ermittlung in Rede stehen, die von vorneherein nur eine näherungsweise Schätzung der abwasserabgabenrechtlich relevanten JSM erlauben und bei denen zudem die Berücksichtigung topographischer, meteorologischer oder sonstiger Besonderheiten einzelner Bundesländer denkbar erscheint, nicht ersichtlich. Insbesondere wird die Lenkungs- und Finanzierungsfunktion der Abwasserabgabe durch die Anwendung unterschiedlicher Methoden zur Prognose der JSM nicht in Frage gestellt.
72Begegnen die gesetzlichen Grundlagen für die Festlegung der JSM nach allem keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, so hat das beklagte Land die JSM vorliegend auch im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen festgesetzt. Namentlich hat sie auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten gebietsbezogenen Besonderheiten der Vorgabe des § 69 Abs.2 S.1 LWG, die JSM aus von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermengen hochzurechnen, in Anwendung der JSM- VwV hinreichend Rechnung getragen.
73Die unter Ziffer 3 der JSM- VwV enthaltene Regelung zur Ermittlung der Trockenwettertage lautet im Einzelnen:
74"Zur Unterscheidung zwischen Trockenwettertagen und Regentagen sind die Ergebnisse von einer oder mehrerer Niederschlagsmessstationen im Entwässerungsgebiet oder auf der Abwasserbehandlungsanlage heranzuziehen. Dabei erfolgt die Festlegung des Trockenwettertages folgendermaßen: Es werden die Tagesmessergebnisse herausgesucht, an denen folgende Niederschlagsbedingungen erfüllt sind: N weniger oder gleich 0,3 mm am Tag und N weniger oder gleich 0,3 mm am Vortag. Sollten keine Niederschlagsmessungen vorliegen, kann hilfsweise die amtliche Niederschlagsstatistik des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden. Durch die Einbeziehung eines Nachlauftages werden in normalen Einzugsgebieten nachlaufende Regenabflüsse aus der Berechnung ausgeschlossen. Müssen in einem Netz weitere Nachlauftage berücksichtigt werden, so ist vom Einleiter oder Abgabepflichtigen ein Nachweis der Fließzeiten oder Beckenentleerungszeiten zu erbringen."
75Die mit Hilfe der Durchflussmesseinrichtungen ermittelten Tagessummen des Abwasserdurchflusses an den hiernach bestimmten Trockenwettertagen werden sodann auf das Jahr hochgerechnet, um die JSM zu erhalten.
76Diese Regelung erscheint grundsätzlich geeignet, die von Niederschlag unbeeinflusste JSM, die bei Mischwasserkanalisationen wie dargelegt nur näherungsweise geschätzt werden kann, in sachgerechter Weise zu prognostizieren. Die relativ - im Vergleich zu anderen Bundesländern - niedrige Marge von 0,3 mm Niederschlag pro Tag und die Berücksichtigung eines Nachlauftages bieten im Regelfall die Gewähr dafür, dass nennenswerte Mengen an Niederschlagswasser auch unter Berücksichtigung der Zeitspanne vom Einlauf in die Kanalisation bis zum Zulauf zur Kläranlage keinen Eingang in die Ermittlung der JSM finden.
77Dies stellt die Klägerin im Grundsatz - etwa hinsichtlich in flachen Lagen von NRW gelegener Kommunen ohne örtliche Besonderheiten - auch nicht in Abrede, sondern meint lediglich, dass wegen in ihrem Fall gegebener besonderer Umstände die nach diesen Vorgaben ermittelte JSM gleichwohl in erheblichem Maße von Niederschlag beeinflusst sei.
78Soweit sie zum Beleg dieser Tatsache darauf hinweist, dass in ihrem Fall in den vergangenen Jahren eine Korrelation zwischen Niederschlagsmengen und JSM nachweisbar sei, dass die JSM also mit der jährlichen Niederschlagsmenge sinke und steige, ist dies allein für die geltend gemachte Beeinflussung der JSM durch Niederschlagswasser im Sinne des § 2 Abs.1 S.1 Alt.2 AbwAG indes nicht aussagekräftig.
79Wie das beklagte Land zutreffend ausführt, kann die Erhöhung der JSM in Jahren mit hohen Niederschlägen vielmehr ohne weiteres darauf zurückzuführen sein, dass bei höheren Niederschlägen vermehrt sog. Fremdwasser, das anders als Niederschlagswasser zum Schmutzwasser im abwasserabgabenrechtlichen Sinne rechnet, in die Kanalisation gelangt. Der bei höheren Niederschlägen zu konstatierende Anstieg der JSM beruht dann nicht auf einem vermehrten Anfall von - bei der Ermittlung der JSM grundsätzlich außen vor zu lassendem - Niederschlagswasser, sondern auf einem - bei der Ermittlung der JSM zu berücksichtigenden - Anstieg des Fremdwassers, d.h. des bei Trockenwetter mit dem Schmutzwasser im engeren Sinne abfließenden Wassers.
80Als Quellen dieses sog. Fremdwassers kommen insbesondere über schadhafte Stellen der Kanäle oder der Hausanschlüsse eindringendes Grundwasser oder Sickerwasser sowie - ggf. unzulässigerweise der Kanalisation zugeleitetes - Drainagewasser, aber auch Grubenwasser, Wasser aus Gewässern, Brunnenüberläufen u.a.m. in Betracht.
81Vgl. etwa Fischer, "Fremdwasser im Kanal - jetzt noch teurer", Korrespondenz Abwasser (KA) 1990, S.1196 ff.; Barth/ Griem, "Fremdwasserzutritt zur Mischwasserkanalisation durch Drainageleitungen", KA 1998, S. 79 ff.; Pecher, "Fremdwasseranfall im Kanalnetz - ein wasserwirtschaftliches Problem ?", KA 1998, S. 2250 ff.
82Der Vortrag der Klägerin, sie habe in der Vergangenheit mit erheblichem Aufwand die Kanalisation saniert und auch Fremdwasserzuflüsse abgeklemmt, ist mangels näherer Darlegungen zu den im Einzelnen durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, dem sich daraus ergebenden aktuellen Zustand des Kanalnetzes, den im Hinblick auf gezielte Einleitungen konkret erfolgten Schritten und mit Blick auf die Vielzahl weiterer denkbarer Fremdwasserquellen - wie etwa undichte Hausanschlüsse - für sich genommen nicht geeignet, einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der JSM und einem Anstieg des Fremdwassers in niederschlagsreichen Jahren auszuschließen.
83Im Gegenteil wird ein solcher Zusammenhang durch das vorhandene Datenmaterial der örtlichen Messstellen betreffend die Jahre 2005 bis 2009 eher nahegelegt. Insofern ist augenfällig, dass den von der Bezirksregierung nach Maßgabe der JSM- VwV ermittelten Trockenwettertagen, an denen an der Kläranlage relativ hohe Ablaufwerte (20.000 m³ / d und mehr) gemessen wurden, häufig in einem Abstand von etwa 3-6 Tagen stärkere Niederschläge (10 mm oder mehr) vorausgingen. Dies gilt namentlich auch für Zeiten, in denen eine von der Klägerin geltend gemachte Beeinflussung durch Niederschlagsmengen infolge einer Schneeschmelze oder Abflüssen von gefrorenen Hängen jahreszeitbedingt ausgeschlossen ist, und deutet darauf hin, dass sich einige Tage nach stärkeren Niederschlägen die Menge des in die Kanalisation eindringenden Grund-, Sicker- oder Drainagewassers (oder auch des aus anderen Quellen stammenden Fremdwassers) erhöhen könnte.
84Auch der Hinweis der Klägerin, dass die von der Bezirksregierung ermittelte JSM etwa viermal so hoch liege wie der anzunehmende Wasserverbrauch der kommunalen Haushaltungen, spricht insofern nicht durchgreifend gegen die Vermutung, dass der Anstieg der JSM in niederschlagsreichen Jahren maßgeblich auf einem Anstieg der Fremdwassermenge beruht. Insofern fehlt es schon an einer substantiierten Darlegung der tatsächlichen Höhe des Frischwasserbezugs der kommunalen Haushalte, Gewerbebetriebe usf., denn die Klägerin hat insofern nicht die tatsächlichen Verbrauchszahlen mitgeteilt, sondern lediglich auf einen statistischen Wasserverbrauch abgehoben. Desweiteren hat sie keine auch nur näherungsweisen Angaben dazu gemacht, in welchem Umfang im Gemeindegebiet eine Eigenwasserversorgung stattfindet. Ungeachtet des Vorstehenden ist bei Mischwasserkanalisationen ein Fremdwasseranteil von 75 % und mehr aber ohnehin durchaus möglich,
85vgl. etwa Pecher, "Fremdwasseranfall im Kanalnetz - ein wasserwirtschaftliches Problem ?", KA 1998, S. 2250 ff.
86so dass sich aus der von der Klägerin angeführten Relation für sich genommen nichts Greifbares ergibt. Eine auch nur ungefähre Quantifizierung des in ihrem Fall anzusetzenden Fremdwasseranteils, die etwa über eine Nachtmessung möglich wäre,
87vgl. dazu Fischer, "Fremdwasser im Kanal - jetzt noch teurer", KA 1990, S.1196 ff.
88hat die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht unternommen.
89Liegen daher Anhaltspunkte dafür vor, dass die Korrelation zwischen Niederschlagsmenge und JSM auf einen erhöhten Fremdwasseranfall zurückzuführen sein kann, so hätte es in der vorliegenden Fallgestaltung einer substantiierten, durch konkrete Nachweise gestützten Darlegung seitens der Klägerin bedurft, dass tatsächlich die von ihr behaupteten Ursachen und nicht ein erhöhter Fremdwasseranfall für den Anstieg der JSM in niederschlagsreichen Jahren ausschlaggebend sind.
90Für einen Nachweis, dass die in der JSM- VwV für den Regelfall vorgesehene Ermittlung der JSM aufgrund atypischer Umstände im Einzelfall zu modifizieren ist, und für eine daran anknüpfende stärker differenzierende Ermittlung der JSM lässt bereits die JSM- VwV selbst hinsichtlich aller von der Klägerin angeführter und berücksichtigungsfähiger Ursachen für die Erhöhung der JSM in niederschlagsreichen Jahren Raum.
91Dies gilt ohne weiteres, soweit die Klägerin geltend macht, dass sich aus dem großen räumlichen Einzugsgebiet ihrer Kanalisation bzw. im Hinblick auf die Entleerungszeiten der Regenbecken in ihrem Kanalisationsnetz längere Nachlaufzeiten ergeben, als sie durch die Einbeziehung eines Nachlauftages in der JSM- VwV Berücksichtigung finden. Insoweit eröffnet Ziffer 3 der JSM- VwV (letzter Satz) unzweifelhaft die Möglichkeit, dass der Einleiter oder Abgabepflichtige den Nachweis erbringt, dass wegen der in einem konkreten Kanalnetz gegebenen, unüblich längeren Fließzeiten bzw. Beckenentleerungszeiten weitere Nachlauftage zu berücksichtigen sind, d.h. dass im Hinblick auf Zuflüsse von Regenwasser an konkret zu benennenden Stellen des Kanalnetzes bzw. im Hinblick auf bestimmte Regenbecken von längeren Ablaufzeiten als 48 Stunden auszugehen ist mit der Folge, dass ein berücksichtigungsfähiger Trockenwettertag generell erst nach einem weiteren / mehreren weiteren Nachlauftag(en) angenommen werden kann.
92Einen dahingehenden Nachweis hat die Klägerin indes weder in dem der angegriffenen Festsetzung vorangegangenen Verwaltungsverfahren - der dazu vorgelegte Verwaltungsvorgang enthält keine diesbezüglichen Belege - noch im Klageverfahren geführt, sondern sich insofern im Gegenteil schon ansatzweise substantiierter Angaben enthalten. Sie hat keine Einzelheiten zur Ausdehnung und sonstigen Beschaffenheit ihres Kanalnetzes (Gefälle u.ä.) vorgetragen und nicht näher konkretisiert, hinsichtlich welcher Ortsteile und in welchem Ausmaß hiervon ausgehend mit längeren Nachlaufzeiten zu rechnen sein könnte. Ebenso wenig hat sie näher dargelegt, in Bezug auf welche konkreten Regenrückhaltungen von längeren Ablaufzeiten als 48 Stunden auszugehen sein soll. Vielmehr hat sie im gerichtlichen Verfahren angegeben, dass sich die in ihrem Kanalnetz vorhandenen Becken im Regelfall innerhalb eines Tages entleeren, und weiter ausgeführt, die maximale Fließzeit im Kanalnetz von Hilchenbach bis Kredenbach zur Kläranlage betrage rund 6 - 8 Stunden (Bl.49 d.A., Fn.23). Greifbare Anhaltspunkte für nennenswerte, über einen Nachlauftag hinaus zeitversetzte Abflüsse sind daher nicht erkennbar, und es ist auch weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass ein dahingehender Nachweis, etwa mittels Färbeversuchen, nicht möglich bzw. mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden wäre.
93Soweit die Klägerin geltend macht, dass auch in seiner Menge vom Niederschlag abhängiges Sickerwasser aus dem Körper der Abfalldeponie Wintersbach zeitversetzt in die Kanalisation abgegeben werde, ist dieser Vortrag schon aus Rechtsgründen unerheblich. Niederschläge, die im Deponiekörper versickern und dann über die Kanalisation mitabgeleitet werden, gelten gemäß § 2 Abs.1 S.2 AbwAG als Schmutzwasser, denn es handelt sich um aus einer Anlage zum Behandeln, Lagern bzw. Ablagern von Abfällen austretende und gesammelte Flüssigkeiten.
94Vgl. Köhler /Meyer, AbwAG, 2. Auflage, § 2 AbwAG, Rz.40 ff.
95Unabhängig davon fehlt es aber auch im Hinblick auf die Sickerwässer der Deponie an im hier anhängigen Verfahren erbrachten substantiierten Angaben zur Länge der Nachlaufzeiten und zu den erst nach einem Nachlauftag abgeleiteten Wassermengen; erst recht fehlt es mithin an einem dahingehenden Nachweis im Sinne der JSM- VwV.
96Die Regelung unter Ziffer 3 der JSM- VwV (letzter Satz) lässt über einen Nachweis generell längerer Nachlaufzeiten infolge der o.g. Gründe hinaus desweiteren Raum dafür, hinsichtlich einzelner Tage, die nach der dortigen Grundregel als Trockenwettertage gelten würden, den Nachweis zu führen, dass der an diesem Tag gemessene Abfluss etwa aufgrund einer Schneeschmelze oder auch wegen zeitversetzt aus Hanglagen zufließender Niederschläge trotz eines niederschlagsfreien Zeitraums von 48 Stunden gleichwohl maßgeblich - d.h. in einem die Geringfügigkeitsschwelle von 0,3 mm übersteigenden Umfang - von Niederschlag beeinflusst war, so dass solche Tage bei der Berechnung der JSM auszuscheiden sind. Denn auch insofern handelt es sich, bezogen auf den jeweiligen Tag, letztlich um nichts anderes als einen Nachweis längerer Fließzeiten, der zur Berücksichtigung eines weiteren Nachlauftags in Bezug auf diesen Tag führt mit der Folge, dass dieser wegen der im Messergebnis enthaltenen Niederschlagsmengen als Trockenwettertag auszuscheiden ist. Der Wortlaut der Vorschrift - die zwar in ihrem vorletzten, nicht aber in ihrem letzten Satz an "Regenabflüsse" anknüpft und auch im Übrigen nicht nur auf Regen, sondern allgemein auf Niederschläge abstellt - lässt daher durchaus Raum dafür, dass der Einleiter / Abgabepflichtige etwa während einer Tauperiode hinsichtlich konkreter, an sich als Trockenwettertag geltender Tage den Nachweis einer maßgeblichen Beeinflussung durch Niederschlagswasser führt. Da Niederschlagsmengen gemäß § 69 Abs.2 S.1 LWG grundsätzlich aus der Berechnung der JSM herauszuhalten sind, sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung dafür, die Möglichkeit für einen solchen Nachweis zu eröffnen.
97Mit Blick auf das Vorbringen der Bezirksregierung in der mündlichen Verhandlung ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass ein dahingehender Nachweis im Grundsatz nicht nur in Bezug auf Schmelzwasser, sondern auch in Bezug auf an der Oberfläche von Hängen zeitversetzt abfließende Niederschlagsmengen zu berücksichtigen wäre, sofern diese an einzelnen Tagen tatsächlich in einem die Geringfügigkeitsschwelle übersteigenden Ausmaß anfallen und nachweisbar in die Kanalisation gelangen sollten.
98Zwar handelt es sich, soweit Niederschlag von natürlichen Hanglagen abfließt, nicht um Niederschlagswasser im Sinne des § 2 Abs.1 S.1 Alt.2 AbwAG, da es nicht von bebauten oder befestigten Flächen abfließt (was im Übrigen auch für von unbefestigten Flächen abfließendes Schmelzwasser gilt). Gemäß § 69 Abs.2 S.1 LWG ist es bei der Ermittlung der JSM im Grundsatz gleichwohl auszuscheiden, da es sich um die Schmutzwassermenge beeinflussende Niederschlagsmengen handelt. § 2 Abs.1 S.1 Alt.1 AbwAG steht diesem Verständnis nicht entgegen, denn da entsprechende Wassermengen oberflächlich abfließende Niederschläge darstellen, handelt es sich auch nicht um "bei Trockenwetter" mit dem Schmutzwasser i.e.S. zusammen abfließendes (Fremd-)Wasser im Sinne dieser Bestimmung.
99Einer Berücksichtigung entsprechender Niederschläge im Rahmen eines Einzelfallnachweises nach der JSM- VwV kann auch nicht entgegen gehalten werden, es erscheine vorzugswürdig, diese zu versickern bzw. in ein Gewässer einzuleiten, statt sie in die Kanalisation gelangen zu lassen. Solange der Klägerin nicht ordnungsbehördlich aufgegeben wird, Zuflüsse von Niederschlägen in die Kanalisation durch entsprechende Maßnahmen zu verhindern, sind vielmehr die tatsächlichen, zumindest geduldeten Verhältnisse maßgeblich.
100Ist nach der JSM- VwV mithin sowohl hinsichtlich anfallenden Schmelzwassers als auch hinsichtlich zeitversetzt von Hanglagen abfließender Niederschläge der Nachweis möglich, dass die an einem Trockenwettertag i.S.d. Grundregel gemessenen Abflusswerte maßgeblich von derartigen Niederschlägen beeinflusst waren und dieser daher bei der Hochrechnung der JSM außer Betracht zu lassen ist, lässt sich hiergegen auch nicht einwenden, dass ein dahingehender Nachweis nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu führen ist.
101Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung näher erörtert, ist es zwar erforderlich, dass die Klägerin zunächst valide Daten dahin liefert, dass unter bestimmten klimatischen Bedingungen an konkreten Orten im Gemeindegebiet tatsächlich solche Niederschlagsmengen in die Kanalisation gelangen, die die Geringfügigkeitsschwelle von 0,3 mm (300 ml / qm) überschreiten. Ist ein solcher Nachweis jedoch einmal erbracht, wird es für die Folgezeit bis auf weiteres genügen, die Tage, an denen im Gemeindegebiet entsprechende Rahmenbedingungen geherrscht haben, zu erfassen, damit sie aus der Ermittlung der JSM ausgeschieden werden können. Dies ist lediglich mit einem überschaubaren Aufwand verbunden, was nicht zuletzt daran deutlich wird, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung anders als das beklagte Land die Bereitschaft bekundet hat, künftig im oben beschriebenen Sinne zu verfahren. Ein dahingehender Nachweis seitens der Klägerin ist im hier betroffenen Festsetzungsverfahren allerdings nicht erbracht worden, so dass die Festsetzung der JSM im Ergebnis auch insoweit (noch) nicht korrekturbedürftig und zu beanstanden ist.
102Soweit die Klägerin schließlich mutmaßt, dass relevante örtliche Niederschlagsereignisse womöglich durch die beiden Wetterstationen, deren Messergebnisse bei Ermittlung der JSM verwertet wurden, nicht erfasst würden - was im Rahmen der Ziffer 3 JSM- VwV im Grundsatz die Einrichtung weiterer Messstationen gebieten könnte -, entbehrt auch dieser Vortrag substantieller Angaben dahin, in welchen Teilen des Einzugsgebietes dies aus welchen Gründen und in welchem Umfang der Fall sein soll. Einer näheren Konkretisierung hätte es insofern zumal vor dem Hintergrund bedurft, dass sich nach den Verwaltungsvorgängen auch bei einer Heranziehung zweier weiterer Messstationen keinen erheblichen Abweichungen von der seitens der Bezirksregierung ermittelten JSM zeigen.
103Die Klage gegen die Erhebung der im Bescheid vom 25. Februar 2011 festgesetzten Verwaltungsgebühr i.H.v. 0 EUR und die Aufforderung zur Zahlung von 0 EUR hat ebenfalls keinen Erfolg, denn der angefochtene Bescheid ist auch insofern rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs.1 S.1 VwGO.
104Rechtsgrundlage für die geforderte Gebühr ist § 2 GebG NRW i.V.m. der Tarifstelle 28.1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW) und Ziffer 2.1.4 des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (IV B 1 - 1990 - 33038) vom 17. März 1994.
105Hiernach wird für die Entscheidung über die Erlaubnis der Gewässerbenutzung (§§ 8, 10 WHG) eine Gebühr i.H.v. 0,1 v.H. des Wertes der Benutzung, der von der für die Entscheidung zuständigen Behörde festzusetzen ist, mindestens jedoch i.H.v. 100 EUR erhoben (Tarifstelle 28.1.2.1). Bei der Ermittlung des Wertes der Benutzung ist die Frist zugrunde zu legen, für die die Bewilligung erteilt wird (§ 14 Abs.2 WHG). Bei der Ermittlung des Wertes der Benutzung ist alsdann, ausgehend von dem jeweiligen Benutzungstatbestand (§ 9 Abs.1 und 2 WHG), auf den Zweck der Benutzung und die Bedeutung abzustellen, die derartige Gewässerbenutzungen allgemein für den Wasserhaushalt haben. Die hiernach für die Gewässerbenutzung jeweils einzusetzende Wertzahl wird vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein- Westfalen unter Berücksichtigung der allgemeinen Preisentwicklung durch Erlass bestimmt (Tarifstelle 28.1.2.1 i.V.m. 28.1.1.1). Diese Bestimmung ist für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer in Ziffer 2.1.4 des o.g. Runderlasses enthalten, wobei für das Einbringen und Einleiten von Abwasser, soweit dies nicht von Ziffer 2.1.4 b), c) oder d) erfasst wird, die Wertzahl in Abhängigkeit von der Einleitungsmenge pro Jahr (EUR / m³ / Jahr) festgesetzt worden ist.
106Soweit die Klägerin gegen die Gebührenerhebung einwendet, die Maßgeblichkeit der im Runderlass bestimmten Wertzahlen sei weder im Gebührengesetz noch in der AVerwGebO NRW vorgesehen, so dass die Gebührenberechnung ohne demokratisch- parlamentarische Legitimation erfolgt sei, trifft dies nicht zu. Nach der Regelung unter Tarifstelle 28.1.1.1 der AVerwGebO NRW, die ihrerseits auf der Ermächtigung des § 2 Abs.2 GebG NRW beruht, ist ausdrücklich eine Bestimmung der Wertzahlen durch Erlass vorgesehen.
107Dies ist angesichts dessen, dass bereits das GebG NRW und die AVerwGebO NRW selbst die maßgeblichen Kriterien für die Gebührenbemessung festlegen und dem Erlassgeber insofern nur die betragsmäßige Konkretisierung, namentlich auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Preisentwicklung, überlassen, auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Landesgesetzgeber mit den in §§ 3 und 4 GebG NRW enthaltenen Regelungen zur Gebührenbemessung die hierfür wesentlichen Maßstäbe anerkanntermaßen in einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Weise selbst bestimmt und konnte die Festlegung der Gebührensätze im Einzelnen dem Verordnungs- bzw. Erlassgeber überlassen.
108Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der die Wertzahlen enthaltende Runderlass von 1994 bei Inkrafttreten der novellierten AVerwGebO NRW im Jahr 2001 bereits - zur Konkretisierung der früheren AVerwGebO - erlassen worden war, da er inhaltlich den Maßgaben des geltenden GebG NRW und der AVerwGebO n.F. entspricht. Der Gebührenerhebung steht auch nicht entgegen, dass in Ziffer 2.1.4 des Runderlasses nach wie vor § 3 Abs.1 Nr.4 WHG a.F. erwähnt wird, denn es liegt auf der Hand, dass die Bestimmung der Wertzahlen an das dort ausdrücklich aufgeführte Einbringen von Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer anknüpft, auch wenn dieses nunmehr in § 9 Abs.1 Nr.4 WHG n.F. als Gewässerbenutzung definiert wird.
109Soweit die Klägerin einwendet, die Abwassereinleitung habe für sie keinen pekuniären Wert, begründet auch dies weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtliche Bedenken gegen die Gebührenerhebung.
110Gemäß § 3 Abs.1 GebG NRW hat zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis zu bestehen. Gemäß § 4 GebG NRW sind die Gebühren durch feste Sätze, nach dem Wert des Gegenstandes, nach der Dauer der Amtshandlung oder durch Rahmensätze zu bestimmen.
111Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer Verwaltungsgebühr ist hiernach zunächst der mit der Verwaltungstätigkeit verbundene Aufwand, der insbesondere auch dann eine Gebührenerhebung rechtfertigen kann, wenn diese - wie in der Praxis häufig - für den Gebührenschuldner ohne subjektiv empfundenen Wert zur Erfüllung seiner Obliegenheiten erbracht wird bzw. von diesem nicht erwünscht ist. Ein mit der Verwaltungstätigkeit verbundener geldwerter Vorteil ist demnach ebenso wenig notwendige Voraussetzung für eine Gebührenerhebung wie ein sonstiger subjektiv empfundener Nutzen für den Betroffenen.
112Hiervon ausgehend konkretisieren die Bestimmungen der AVerwGebO NRW zur Tarifstelle 28.1 die gesetzliche Regelung in nicht zu beanstandender Weise dahin, dass der hiernach maßgebliche Wert der Gewässerbenutzung nicht etwa nach dem jeweiligen geldwerten Vorteil für den konkreten Einleiter, sondern abstrakt nach der Frist der Bewilligung, dem jeweiligen Benutzungstatbestand, dem Zweck der Benutzung und der Bedeutung, die derartige Gewässerbenutzungen allgemein für den Wasserhaushalt haben, bemessen wird. Dies stellt eine unter Praktikabilitätsgesichtspunkten einleuchtende Pauschalierung dar, die den gesetzlichen Vorgaben hinreichend Rechnung trägt, da durch die genannten Kriterien einerseits dem mit der Verwaltungstätigkeit verbundenen Aufwand und ihrer Bedeutung Rechnung getragen wird. Durch ihre Anwendung wird andererseits typischerweise der Nutzen für den Einleiter in angemessener Weise berücksichtigt, der im Falle der Klägerin darin besteht, dass ihr durch die erteilte Einleitungserlaubnis die Erfüllung der ihr obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht ermöglicht wird.
113Die Klägerin ist als Gemeinde auch nicht nach § 8 Abs.1 Nr.4 GebG NRW von der Verwaltungsgebühr befreit. Dem steht § 8 Abs.2 GebG NRW entgegen, wonach die Befreiung nach § 8 Abs.1 Nr.4 GebG NRW nicht eintritt, soweit die in Absatz 1 Genannten berechtigt sind, von ihnen zu zahlende Gebühren Dritten aufzuerlegen, oder wenn sonstwie Dritte mit dem betreffenden Betrag belastet werden können.
114Letzteres ist hier der Fall. § 8 Abs.2, 2.Fall GebG NRW greift immer dann ein, wenn Dritte mit dem betreffenden Betrag auch nur mittelbar, insbesondere durch Einstellen als Rechenfaktor in allgemeine Gebühren, Beiträge oder private Entgelte belastet werden können. Ob das Entgelt letztlich tatsächlich entrichtet wird, ist unerheblich. § 8 Abs.2 2. Fall GebG NRW stellt für den Ausschluss der Gebührenfreiheit lediglich auf die rechtliche Möglichkeit ab, den betreffenden Gebührenbetrag auf Dritte umzulegen. Die Vorschrift soll bewirken, dass Dritten nicht die Gebührenfreiheit eines Hoheitsträgers zugute kommt, wenn die betreffende Gebühr auf sie abgewälzt werden kann. Allerdings ist für die Frage, ob überhaupt ("wenn") eine Verwaltungsgebühr auf Dritte umgelegt werden kann, das jeweilige Fachrecht maßgebend. Das Landesgebührengesetz trifft hierzu keine Aussage.
115Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 16. Februar 2007 - 9 A 605/04 -, JURIS-
116In Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin nicht von der Gebührenpflicht befreit, denn sie kann die von ihr zu entrichtende Verwaltungsgebühr für die Einleitungserlaubnis unstreitig in die Kalkulation ihrer Entwässerungsgebühren einstellen und so auf Dritte abwälzen, vgl. § 65 Abs.1 LWG. Es ist insoweit entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht erforderlich, dass die Gebühr als individualisierter Kostenbeitrag einem Dritten angelastet wird.
117Vgl. auch Landtagsdrucksache (LT- Drs) 12/3730, S.117.
118Soweit die Klägerin einwendet, sie könne die entrichtete Gebühr wirtschaftlich letztlich nicht abwälzen, soweit die Kläranlage auch der Entwässerung städtischer Grundstücke diene, greift auch dies nicht durch. Die Gebührenfreiheit nach § 8 Abs.1 GebG NRW entfällt gemäß § 8 Abs. 2 Alt.2 GebG NRW bereits dann, wenn die in Rede stehende Gebühr, wie hier, überhaupt als Kostenfaktor in die Berechnung einer Abgabe oder eines privaten Entgelts einfließen kann, auch wenn etwa die Gemeinde als Grundstückseigentümerin im Rahmen der Verteilung der Kosten neben anderen (Dritt-)Kostenträgern mitveranlagt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie jeweils im vorliegenden Fall - der nicht abwälzbare Anteil der Gebühr nicht von vorneherein bestimmt oder bestimmbar ist und das maßgebliche Fachrecht zudem erkennbar auf eine Abwälzung der Gebühr als Regelfall angelegt ist.
119Vgl. zu letzterem Gesichtspunkt OVG NRW, Urteil vom 16. Februar 2007 - 9 A 605/04 -, JURIS; zu ersterem Verwaltungsgericht (VG) Köln, Urteil vom 8. November 2002 - 25 K 2156/01 - und VG Aachen, Urteil vom 2. Februar 2007 - 7 K 1392/06 -, jeweils JURIS.
120Die Gebührenerhebung begegnet schließlich auch insofern keinen Bedenken, als die Klägerin hierdurch anders als verschiedene gesetzlich von diesen Gebühren befreite Wasserverbände zur Zahlung einer Verwaltungsgebühr für die Einleitung des Abwassers herangezogen wird. Im Falle von Wasserverbänden findet keine unmittelbare Abwälzung der Verwaltungsgebühren auf Dritte im Sinne des § 8 Abs.2 GebG NRW, sondern zunächst lediglich eine Umlage der Kosten auf die eigenen Verbandsmitglieder statt. Soweit es sich hierbei um Gemeinden oder andere Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, können diese die Kosten zwar ggf. ihrerseits an Dritte weitergeben, doch sind Mitglieder der Wasserverbände regelmäßig auch private Dritte, denen diese Möglichkeit verschlossen ist. Da diese insoweit im öffentlichen Interesse tätig sind, besteht für eine weitergehende gebührenrechtliche Privilegierung der Wasserverbände mithin ein sachlicher Grund.
121Da sich nach allem auch die durch § 14 Abs.1 S.3 Nr.4, 5 GebG NRW gedeckte Zahlungsaufforderung als rechtmäßig erweist, ist die Klage mit der sich aus § 154 Abs.1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
122Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
123Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs.1 S.1 VwGO liegen nicht vor.
124