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In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
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wegen
Anordnung der Prüfung einer überwachungsbedürftigen Anlage nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz hier: Regelung der Vollziehung und Prozesskostenhilfeantrag
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg am 18. Juli 2011 durch
den Richter am Verwaltungsgericht Kaufhold, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Haghgu, den Richter Basteck beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
2I. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zulässig, aber unbegründet. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine - wie von § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. §§ 114ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) verlangt - hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen unter II. verwiesen.
3II. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer unter dem Aktenzeichen 1 K 1156/11 gegen die Ordnungsverfügung der Bezirksregierung Arnsberg vom 24. März 2011 erhobenen Klage hinsichtlich der Regelungen zu lit. B. Ziff. 1. bis 3. wiederherzustellen,
4ist als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
5Die Bezirksregierung hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in der angefochtenen Verfügung unter lit. B. Ziffern 1. - 3. getroffenen Regelungen in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Interesse an der (sofortigen) Vollziehung der vorgenannten Regelungen der angefochtenen Verfügung überwiegt das (Aufschub-) Interesse der Antragstellerin, hiervon vorerst verschont zu bleiben. Zum einen stellen sich die Regelungen bei der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig dar (dazu folgend unter 1.). Zum anderen ist auch im Übrigen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der Verfügung Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage einzuräumen (dazu folgend unter 2.).
61. Die in der angefochtenen Verfügung unter B. Ziffern 1. - 3. getroffenen Anordnungen sind offensichtlich rechtmäßig.
7a) Dies gilt zunächst für die Regelung zu B. Ziffer 1. der Verfügung. Darin hat die Bezirksregierung angeordnet, dass die Antragstellerin an der in ihrem Betrieb vorhandenen Schneidmühlenanlage (Schredderanlage) die nach § 14 Abs. 1 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV -) erforderliche Prüfung zum Gefahrenfeld "Explosionsschutz" durch eine für den Bereich des Explosionsschutzes benannte zugelassene Überwachungsstelle i. S. der Vorschrift oder durch die "Inburex Consulting Gesellschaft für Explosionsschutz und Anlagensicherheit mbH" in Hamm durchzuführen hat.
8Rechtsgrundlage für diese Anordnung ist § 15 Abs. 1 des Gesetzes über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (Geräte- und Produktsicherheitsgesetz - GPSG -) i. V. m. § 14 Abs. 1 BetrSichV. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 GPSG kann die zuständige Behörde - das ist die Bezirksregierung (vgl. § 1 der Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes) - im Einzelfall die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung der durch Rechtsverordnung nach § 14 GPSG auferlegten Pflichten anordnen. Durch § 14 Abs. 1 Nr. 4 GPSG wird die Bundesregierung ermächtigt, zum Schutze der Beschäftigten und Dritter vor Gefahren durch Anlagen, die mit Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen (überwachungsbedürftige Anlagen), durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass solche Anlagen einer Prüfung vor Inbetriebnahme, regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen und Prüfungen auf Grund behördlicher Anordnungen unterliegen. Dementsprechend ist in § 14 Abs. 1 BetrSichV bestimmt, dass eine überwachungsbedürfte Anlage erstmalig und nach einer wesentlichen Veränderung nur in Betrieb genommen werden darf, wenn die Anlage unter Berücksichtigung der vorgesehenen Betriebsweise durch eine zugelassene Überwachungsstelle auf ihren ordnungsgemäßen Zustand hinsichtlich der Montage, der Installation, den Aufstellungsbedingungen und der sicheren Funktion geprüft worden ist.
9Die Voraussetzungen für eine daran anknüpfende Anordnung, eine solche Prüfung durchzuführen, liegen in Bezug auf die im Betrieb der Antragstellerin eingesetzte Schneidmühlenanlage vor.
10Die betreffende Schneidmühle bzw. Schredderanlage unterfällt der BetrSichV. Letztere gilt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BetrSichV (auch) für überwachungsbedürftige Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 7 GPSG, soweit es sich um Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen handelt, die Geräte, Schutzsysteme oder Sicherheits-, Kontroll- oder Regelvorrichtungen im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 94/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen (ABl. EG Nr. L 100 S. 1) - Richtlinie 94/9/EG - sind oder beinhalten. Nach Art. 1 Abs. 3 a) der Richtlinie 94/9/EG gelten als Geräte im vorgenannten Sinne Maschinen, Betriebsmittel, stationäre oder ortsbewegliche Vorrichtungen, Steuerungs- und Ausrüstungsteile sowie Warn- und Vorbeugungssysteme, die einzeln oder kombiniert zur Erzeugung, Übertragung, Speicherung, Messung, Regelung und Umwandlung von Energien und/oder zur Verarbeitung von Werkstoffen bestimmt sind und die eigene potentielle Zündquellen aufweisen und dadurch eine Explosion verursachen können.
11Diese Voraussetzungen für die Anwendung der BetrSichV sind hinsichtlich der im Betrieb der Antragstellerin eingesetzten Schneidmühlenanlage gegeben.
12aa) Bei dieser handelt es sich um eine überwachungsbedürftige Anlage im Sinne von § 2 Abs. 7 Nr. 6 GPSG.
13Überwachungsbedürftige Anlagen sind danach u. a. Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen. Was Letzteres ist, ist zwar nicht ausdrücklich im GPSG geregelt, lässt sich jedoch der Richtlinie 94/9/EG entnehmen. Diese ist (u. a.) durch das GPSG in nationales Recht umgesetzt worden und demzufolge nach dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung nationalen Rechts zur näheren Bestimmung dessen, was unter einem explosionsgefährdeten Bereich im Sinne des GPSG zu verstehen ist, heranzuziehen. Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 94/9/EG bestimmt insofern - in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 10 Satz 1 BetrSichV -, dass ein explosionsgefährdeter Bereich ein solcher ist, in dem die Atmosphäre aufgrund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse explosionsfähig werden kann. Um einen solchen Bereich handelt es sich hier.
14Dabei ist vorauszuschicken, dass eine explosionsfähige Atmosphäre im vorgenannten Sinne gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 94/9/94 - und nach der gleichlautenden Definition in § 2 Abs. 8 BetrSichV - ein Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben unter atmosphärischen Bedingungen ist, in dem sich der Verbrennungsvorgang nach erfolgter Entzündung auf das gesamte unverbrannte Gemisch überträgt. Nach der von der Antragstellerin eingeholten Stellungnahme der J. mbH (J. GmbH) vom 14. April 2010 weist die betreffende Schneidmühlenanlage bzw. deren Aufstellungsort verschiedene Bestandteile bzw. Gegebenheiten auf, in denen sich ein explosionsfähiges Staub-Luftgemisch, d. h. eine explosionsfähige Staubatmosphäre ausbilden kann.
15Die Schneidmühle wird zur Zerkleinerung von Hart-PVC-Teilen (Rollladen, Fensterprofile) betrieben. Dabei wird das Material zunächst in grobe Stücke zerkleinert und abgesaugt; sodann werden die gröberen Stücke durch einen ersten Zyklon - die Grobabscheidung - abgeschieden; der verbleibende Luftstrom wird über einen Ventilator einem weiteren Zyklon - der Feinstaubabscheidung - zugleitet; dort werden die verbliebenen Feinstäube abgeschieden, wobei der Austrag in untergestellte Säcke erfolgt. Bei dem beschriebenen Betrieb der Schneidmühlenanlage fallen nach der erwähnten Stellungnahme der J. GmbH Stäube an, die grundsätzlich in der Lage sind, explosionsfähige Staubatmosphären zu bilden. Zu dieser Einschätzung ist die J. GmbH aufgrund des Ergebnisses der Untersuchung einer Probe aus dem Entstaubungsbereich der Schneidmühlenanlage durch das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in St. Augustin gelangt. Dieses hat in seinem Bericht vom 9. Oktober 2009 festgestellt, dass die untersuchten Materialien in der Lage sind, staubexplosionsfähige Gemische auszubilden und sie der Staubexplosionsklasse St. 1 zugeordnet.
16Die J. GmbH - ein auf dem Gebiet der (industriellen) Anlagensicherheit, insbesondere dem Explosionsschutz tätiges Unternehmen (vgl. www.J. .com) - kommt in ihrer Stellungnahme nachvollziehbar ferner zu der Einschätzung, dass es konkret im Inneren des Ventilators und des zweiten, zur Feinstaubabscheidung eingesetzten Zyklons der Schneidmühlenanlage aufgrund von möglichen bzw. nicht auszuschließenden Staubablagerungen bzw. Rückverstaubungen zu kurzzeitigen staubexplosionsgefährdeten Atmosphären kommen kann; gleiches gilt mit Rücksicht auf mögliche Verwirbelungen von Staubansammlungen bzw. -ablagerungen auch hinsichtlich des nach dem zweiten Zyklon aufgestellten Staubsammelgefäßes und für die nähere Umgebung des Aufstellungsbereichs des zweiten Zyklons im Radius von drei Metern bis zur dortigen Hallendecke. Angesichts dieser überzeugend begründeten Feststellungen vermag die Kammer dem Vorbringen der Antragstellerin, von der Schneidmühlenanlage gehe keine Explosionsgefahr aus, der nach den Vorschriften der BetrSichV begegnet werden müsse, nicht zu folgen. Zwar empfiehlt die J. GmbH in ihrer Stellungnahme, die o. g. vier Bereiche der Schneidmühlenanlage lediglich der Zone 22 des Anhangs 3 der BetrSichV zuzuordnen. Damit werden Bereiche gekennzeichnet, in denen "bei Normalbetrieb eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem berennbaren Staub normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig" auftreten. Die J. GmbH hat in ihrem Bericht jedoch ausdrücklich klargestellt, dass insofern störungsbedingte Zustände zu betrachten, mit anderen Worten relevant sind. Sie hat die Empfehlung der Zuordnung der vorgenannten Bereiche zur Zone 22 gerade damit begründet, dass es - wie ausgeführt - in diesen zur Ausbildung einer explosionsfähigen Atmosphäre kommen kann und insofern angenommen, dass dort - noch - relevante Explosionsgefahren zu besorgen sind.
17Entgegen der Ansicht der Antragstellerin setzt die Annahme einer Anlage in explosionsgefährdeten Bereichen im Sinne von § 2 Abs. 7 Nr. 6 GPSG auch nicht etwa voraus, dass die Explosionsgefahr nicht von der Anlage selbst, sondern lediglich daher herrührt, dass sie in einem Raum gelegen ist, der wegen seiner Beschaffenheit gerade im Zusammenwirken mit der zu überwachenden Anlage eine Explosionsgefahr hervorruft. Vielmehr kommt es für die Beurteilung, ob ein explosionsgefährdeter Bereich im vorgenannten Sinne gegeben ist, auf eine Betrachtung der Gesamtumstände an und nicht etwa auf eine alleinige Bewertung der betreffenden Anlage einerseits und/oder aber der Örtlichkeit, in der sie sich befindet, andererseits. Dafür spricht bereits der Wortlaut des zur Auslegung der nationalen Bestimmungen - hier von § 2 Abs. 7 Nr. 6 GPSG - heranzuziehenden Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 94/9/EG. Darin wird - wie ausgeführt - ein explosionsgefährdeter Bereich als ein solcher definiert, in dem die Atmosphäre aufgrund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse explosionsfähig werden kann. Zu den demnach u. a. maßgeblichen betrieblichen Verhältnissen gehört auch der im Rahmen des Betriebs erfolgende Einsatz der betreffenden Anlage - hier der Schneidmühlenanlage - und die damit verbundenen Auswirkungen auf ihre (nähere) Umgebung, insbesondere auf die sie umgebende Atmosphäre. Ferner legt auch der u. a. mit dem GPSG, der BetrSichV und der Richtlinie 94/9/EG verfolgte Sinn und Zweck, einen Schutz vor Explosionsgefahren zu gewährleisten, die Schlussfolgerung nahe, dass die betreffenden Bestimmungen, wenn sie - wie die Antragstellerin meint - für Anlagen gelten sollen, von denen für sich genommen keine (Explosions-) Gefahren ausgehen können, erst recht für solche Anlagen zum Tragen kommen müssen, von denen bereits allein entsprechende Gefahren ausgehen können. Dies gilt umso mehr, als es - soweit ersichtlich - für derartige Anlagen keine besonderen Bestimmungen zur Gewährleistung des Schutzes vor den mit ihrem Einsatz bzw. Betrieb zusammenhängenden speziellen Explosionsgefahren gibt. Das dargestellte Verständnis der erwähnten Bestimmungen trägt im Übrigen dem im - auch hier einschlägigen - Bereich des Gefahrenabwehrrechts anerkannten Gebot effektiver Gefahrenbeseitigung Rechnung. Dem würde es nicht gerecht, wenn vor einem entsprechenden Einschreiten behördlicherseits zunächst zu klären wäre, ob die fraglichen Gefahren allein von der Anlage ausgehen oder nur bzw. auch aufgrund ihres Einsatzortes gegeben sind. Eine solche strikte Unterscheidung der Ursachen für im Zusammenhang mit dem betrieblichen Einsatz von Anlagen gegebene Explosionsgefahren dürfte in der Praxis nur schwerlich und oftmals überhaupt nicht vorgenommen werden können.
18Ob für Anwendbarkeit der BetrSichV über § 1 Abs. 2 BetrSichV neben den konkreten Anforderungen des § 2 Abs. 7 GPSG auch der generelle Anwendungsbereich des GPSG eröffnet sein muss, kann dahin stehen. Denn jedenfalls ist dem hier so. Gemäß § 1 Abs. 2, 1. Fall GPSG gilt das GPSG - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - auch für die Errichtung und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen, die - wie die von der Antragstellerin in ihrem (Gewerbe-) Betrieb eingesetzte Schneidmühlenanlage - gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen.
19bb) Bei der Schneidmühlenanlage handelt es sich zudem - wie § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BetrSichV für die Anwendbarkeit der BetrSichV ferner voraussetzt - um eine Anlage in explosionsgefährdeten Bereichen, die ein Gerät, ein Schutzsystem oder eine Sicherheits-, Kontroll- oder Regelvorrichtung im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 94/9/EG ist oder beinhaltet. Die Schneidmühle ist ein solches Gerät. Als Geräte in diesem Sinne gelten nach dem erwähnten Artikel u. a. Maschinen, Betriebsmittel, stationäre oder ortsbewegliche Vorrichtungen, Steuerungs- und Ausrüstungsteile, die zur Verarbeitung von Werkstoffen bestimmt sind und die eigene potentielle Zündquellen aufweisen und dadurch eine Explosion verursachen können. Die Schneidmühle wird - wie dargelegt - bestimmungsgemäß zur (Weiter-) Verarbeitung des Werkstoffes PVC eingesetzt. Es ist nach der Stellungnahme der J. GmbH auch vom Vorhandensein potentieller Zündquellen auszugehen, die eine Explosion hervorrufen können. Als solche Zündquellen sind zunächst die Motorantriebe der Schneidmühlenanlage zu nennen. Verschiedene ihrer Komponenten - jedenfalls die zur Grob- und Feinabscheidung eingesetzten Zyklone sowie der zum Weitertransport des Feinstaubs eingesetzte Ventilator - werden durch einen Motor bzw. mehrere Motore angetrieben. Nach der Stellungnahme der J. GmbH können sich Motorbestandteile infolge des Motorbetriebes aufheizen; ferner kann die elektrische Installation eines Motors zu Funkenschlag führen. Außerdem stellt der in der Schneidmühlenanlage zum Transport des Staubs eingesetzte Ventilator eine Zündquelle im vorgenannten Sinne dar, weil durch Reib- und Schleifvorgänge auch bei dem Betrieb von nicht elektrischen Betriebsmitteln (mechanische) Funken und heiße Oberflächen entstehen können.
20Kein anderes Ergebnis folgt aus dem weiteren Vortrag der Antragstellerin, die BetrSichV und insbesondere § 14 Abs. 1 BetrSichV sei nicht anwendbar, weil die Zoneneinteilung in Anhang 3 der BetrSichV sich nur auf Pflichten beziehe, die einen Arbeitgeber träfen, und sie - die Antragstellerin - in solcher in Ermangelung des Einsatzes von Arbeitnehmern beim Anlagenbetrieb nicht sei. Zuzugestehen ist zwar, dass nach der "Vorbemerkung" des Anhangs 3 der BetrSichV die nachfolgende Zoneneinteilung nur für Bereiche vorgesehen ist, in welchen nach den §§ 3, 4 und 6 BetrSichV vom Arbeitgeber Maßnahmen zu ergreifen sind. Die hier einschlägigen Bestimmungen des Abschnittes 3 der BetrSichV, insbesondere § 14 Abs. 1 BetrSichV gelten jedoch ungeachtet einer solchen, gemäß § 5 Abs. 1 BetrSichV (nur) vom Arbeitgeber hinsichtlich der von ihm seinen Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel vorzunehmenden Zoneneinteilung. Die "Besonderen Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen" des Abschnitts 3 der BetrSichV und insbesondere § 14 Abs. 1 BetrSichV setzen nicht voraus, dass es sich um ein von einem Arbeitgeber eingesetztes bzw. zur Verfügung gestelltes Arbeitsmittel handelt, sondern beziehen sich - wie sich schon aus der Überschrift dieses Abschnittes ergibt - auf "überwachungsbedürftige Anlagen". Damit diese Bestimmungen zum Tragen kommen, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass es sich um eine überwachungsbedürftige Anlage im Sinne dieser Vorschriften handelt. Das ist hier - wie oben ausgeführt - der Fall. Dies steht mit der Verordnungsermächtigung in § 14 Abs. 1 GPSG im Einklang. Diese besteht nicht nur zum Schutz von Beschäftigten, sondern auch zum Schutz Dritter vor Gefahren durch überwachungsbedürftige Anlagen. Das GPSG gilt außerdem grundsätzlich nicht nur für überwachungsbedürftige Anlagen, durch die Beschäftigte gefährdet werden (vgl. § 1 Abs. 2, 2. Fall GPSG), sondern - wie ausgeführt - auch für solche, die - wie vorliegend - gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen (vgl. § 1 Abs. 2, 1. Fall GPSG).
21Handelt es sich nach alledem bei der im Betrieb der Antragstellerin eingesetzten Schneidmühlenanlage um eine überwachungsbedürftige Anlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrSichV, § 2 Abs. 7 Nr. 6 GPSG, Art. 1 der Richtlinie 94/9/EG, unterliegt sie den diesbezüglichen "Besonderen Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen" der BetrSichV, insbesondere § 14 Abs. 1 BetrSichV. Dies gilt ungeachtet dessen, dass - so der Vortrag der Antragstellerin - ihr Betrieb "in der vorliegenden Form" bereits seit mehr als vierzig Jahren existiert und die BetrSichV in Gänze erst am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Denn nach der in § 27 Abs. 2 Satz 1 BetrSichV getroffenen Übergangsregelung bleiben für die vor dem 1. Januar 2003 erstmalig in Betrieb genommenen überwachungsbedürftigen Anlagen die bisher geltenden Vorschriften nur hinsichtlich der an sie zu stellenden Beschaffenheitsanforderungen maßgebend. Die in der BetrSichV enthaltenen Betriebsvorschriften - dazu gehört insbesondere § 14 Abs. 1 BetrSichV - müssen mit Ausnahme des hier nicht relevanten § 15 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 BetrSichV spätestens bis zum 31. Dezember 2007 angewendet werden, vgl. § 27 Abs. 2 Satz 3 BetrSichV. Hat zuvor - wie hier - eine solche (erstmalige) Prüfung nicht stattgefunden, ist sie nunmehr durchzuführen.
22Die Anordnung, die Prüfung nach § 14 Abs. 1 BetrSichV vorzunehmen, ist schließlich zur Durchführung der durch Rechtsverordnung nach § 14 GPSG auferlegten Pflichten, nämlich der betreffenden Prüfungspflicht erforderlich. Sind damit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 GPSG für die hier unter lit. B. Ziffer 1. der angefochtenen Verfügung getroffene Anordnung, die Schneidmühlenanlage einer Prüfung gemäß § 14 Abs. 1 BetrSichV zu unterziehen, gegeben, begegnet diese auch im Übrigen bei der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es ist weder etwas dafür vorgetragen noch ersichtlich, dass die Bezirksregierung das ihr insofern zustehende Ermessen im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO fehlerhaft ausgeübt haben könnte. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragstellerin aufgegeben worden ist, die fragliche Prüfung von einer für den Bereich des Explosionsschutzes zugelassenen Überwachungsstelle (vgl. § 14 Abs. 1 BetrSichV) oder von der J. GmbH vornehmen zu lassen. Unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 BetrSichV ist der Antragstellerin ggf. auf ihren Antrag in - mindestens entsprechender - Anwendung von § 21 des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen zu gestatten, die Vornahme der entsprechenden Prüfung statt dessen durch eine (ggf. andere) befähigte Person (vgl. § 2 Abs. 7 BetrSichV) durchführen lassen zu können.
23b) Auch die unter lit. B. Ziffern 2. und 3. der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Der Antragstellerin ist darin aufgegeben worden, die Auftragsbestätigung der beauftragten Stelle und deren Angabe des Vorlagetermins der Prüfbescheinigung vorzulegen und die beauf- tragte Stelle mit der Übersendung der Prüfbescheinigung zu beauftragen. Auch diese Maßnahmen beruhen auf § 15 Abs. 1 GPSG. Bei den getroffenen Maßnahmen handelt es sich um solche, die im Sinne der Vorschrift, zur Durchführung der nach § 14 BetrSichV auferlegten Pflichten erforderlich sind. Sie dienen der weiteren Umsetzung und Nachweisführung der zuvor unter lit. B. Ziffer 1. der angefochtenen Verfügung angeordneten Durchführung der Prüfung nach § 14 Abs. 1 BetrSichV. Auch insofern sind bei der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Bezirksregierung das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft ausgebübt haben könnte.
242. Es besteht auch ein - das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegendes - besonderes öffentliches Interesse daran, die unter lit. B. Ziffern 1. und 3. der angefochtenen Verfügung getroffenen Anordnungen sofort zu vollziehen. Dies folgt aus den nach den obigen Ausführungen mit dem Betrieb der Schneidmühlenanlage verbundenen (Explosions-) Gefahren (auch) für Dritte, denen durch die genannten Anordnungen begegnet werden soll. Diese dienen dem Schutz der grundrechtlich gewährleisteten Rechte Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Dass entsprechende Rechtsgutbeeinträchtigungen zu besorgen sind, hat der Antragsgegner unter Hinweis auf möglicherweise über das Betriebsgelände hinausgehende Folgen einer etwaigen Explosion mit Rücksicht auf den direkt angrenzenden öffentlichen Verkehrsweg sowie die benachbarten Unternehmen zur Genüge dargetan. Angesichts dessen haben die - vornehmlich wirtschaftlich begründeten - Interessen der Antragstellerin daran, den Anordnungen vorläufig nicht nachkommen zu müssen, zurück zu treten.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
26Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes.