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Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der sinngemäße Antrag,
2die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 7 K N01 anhängigen Klage vom 00.00.0000 gegen den Feststellungsbescheid der P. C. vom 16. Dezember 2024 in Bezug auf die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 22.2 (Perinatalzentrum Level 1) gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO anzuordnen,
3hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
4I.
5Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat gegenüber dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gemäß § 123 Abs. 5 VwGO Vorrang, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO statthaft ist. Das setzt voraus, dass das Klagebegehren im Hauptsacheverfahren auf die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts im Sinne des § 35 VwVfG gerichtet ist. Die Anfechtungsklage zielt auf die Beseitigung eines Nachteils durch Aufhebung dieses Verwaltungsakts ab, wohingegen die Verpflichtungsklage die Herbeiführung eines Vorteils (Erweiterung eines Rechtskreises) bezweckt. Die Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist demgemäß nicht gegeben, wenn ausschließlich eine Rechtserweiterung angestrebt wird.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2020 – 2 VR 2.20 –, juris Rn. 18; allgemein Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 123 Rn. 8 f.; Puttler, in: NK-VwGO, 5. Auflage 2018, VwGO, § 123 Rn. 28; Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 123 Rn. 26 f. (Stand: August 2024), jeweils m.w.N.
7Ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG liegt hier in Gestalt des Feststellungsbescheides der P. C. vom 16. Dezember 2024 vor. Einer Klage gegen diesen Bescheid kommt gemäß § 16 Abs. 5 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 702), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05. Dezember 2023 (GV. NRW. S. 1278), keine aufschiebende Wirkung zu. Er ist wegen der Nichtzuweisung der beantragten Leistungsgruppe 22.2 (Perinatalzentrum Level 1) ab dem 01. April 2025 auch belastend. Medizinische Leistungen dürfen diesbezüglich auf Basis des zuvor geltenden Feststellungsbescheides nur bis zum 31. März 2025 erbracht werden. Gleichwohl vermag die bloße, isolierte Anfechtung des Feststellungsbescheides vom 16. Dezember 2024 die Rechtsstellung der Antragstellerin noch nicht zu verbessern, so dass es an der Statthaftigkeit des Antrags, jedenfalls aber am Rechtsschutzbedürfnis mangeln könnte. Dies folgt aus § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW. Danach dürfen die den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörigen Leistungen nur erbracht werden, wenn diese Gruppen im Feststellungsbescheid zugewiesen worden sind. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörigen Leistungen nicht (mehr) erbracht werden dürfen, wenn sie im Feststellungsbescheid nicht (mehr) ausgewiesen sind.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 – S. 11 (n.v.).
9Der Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW liegt zugrunde, dass sich mit der Novellierung der §§ 12 f. KHGG NRW die Krankenhausplanung nicht mehr (allein) an der Bettenzahl orientieren soll; vielmehr hat der Gesetzgeber die in einem Gutachten von August 2019 zur Krankenhauslandschaft (veröffentlicht unter https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/mags/gutachten-krankenhauslandschaft-nordrhein-westfalen/3041) vorgeschlagene Planung medizinischer Leistungsbereiche und Leistungsgruppen eingeführt (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 KHGG NRW).
10Vgl. Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP: 3. Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, LT-Drucks. 17/11162, S. 27 f.; ferner OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 – S. 3 (n.v.); Bäune/Götz/Ströttchen, MedR 2023, 188 (189); Stollmann, Gesund-heitsrecht.blog Nr. 37, 2024, Seite 2.
11Auf der Grundlage dieser neuen Systematik ist das Erbringen von Leistungen ohne Zuweisung einer Leistungsgruppe nicht zulässig. Eine solche Zuweisung betreffend das Perinatalzentrum Level 1 enthält der vorherige Feststellungsbescheid vom 00.00.0000 nicht. Demgemäß wäre die bloße Suspendierung des Feststellungsbescheides vom 16. Dezember 2024 nicht ausreichend. Es bedürfte zusätzlich der Zuweisung zumindest einer allgemeinen Leistungsgruppe. Dementsprechend hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) bei den medizinischen Leistungen, für die es eine Umsetzungsfrist bis Mittwoch, den 31. Dezember 2025, eingeräumt hat, den bisherigen Versorgungsauftrag nicht einstweilen fortbestehen lassen. Vielmehr hat das MAGS die in Rede stehenden Leistungen durch Bescheid zunächst übergangsweise einer allgemeinen Leistungsgruppe zugewiesen, um sie zum 01. Januar 2026 einer spezifischen Leistungsgruppe zuzuweisen.
12Vgl. https://www.mags.nrw/umsetzung-der-neuen-krankenhausplanung-fuer-nordrhein-westfalen-im-zeitplan.
13Allerdings folgt daraus nicht, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ins Leere liefe. Die aufschiebende Wirkung verbietet – ungeachtet der dogmatischen Konstruktion als Vollzugs- oder Wirksamkeitshemmung –, dass Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aus dem suspendierten Verwaltungsakt gezogen werden.
14Vgl. hierzu umfassend Gersdorf, in: BeckOK VwGO, § 80 Rn. 24 ff. (Stand: 01. Januar 2024); Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 10 f.; Puttler, in: NK-VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 44 ff.; Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 80 Rn. 90 ff. (Stand: August 2024), jeweils m.w.N.
15Das ist hier nur gewährleistet, wenn als Konsequenz einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung für deren Dauer die Zuweisung zu einer (allgemeinen) Leistungsgruppe erfolgt, damit die Antragstellerin (vorläufig) so gestellt ist, als wäre der Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 nicht ergangen. Dass die aufschiebende Wirkung nicht ohne Folgen bleibt, scheint auch der Vorstellung des Gesetzgebers zu entsprechen. Er hat § 16 Abs. 5 Satz 1 KHGG NRW durch Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, des Hochschulgesetzes, der Universitätsklinikum-Verordnung und des Gesetzes zur Umsetzung des Transplantationsgesetzes vom 05. Dezember 2023 (GV. NRW. S. 1275) dahingehend geändert, dass Rechtsbehelfe gegen einen Feststellungsbescheid generell – nicht nur Rechtsbehelfe eines Dritten – keine aufschiebende Wirkung haben. Ziel dieser Regelung war, eine einheitliche Verfahrensweise für die Umsetzung des Krankenhausplans NRW 2022 sicherzustellen.
16Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung: Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, des Hochschulgesetzes, der Universitätsklinikum-Verordnung und des Gesetzes zur Umsetzung des Transplantationsgesetzes, LT-Drucks. 18/5804, S. 20.
17Dieser Änderung hätte es nicht bedurft, wenn die aufschiebende Wirkung ohnehin folgenlos bliebe, weil – wie der Antragsgegner meint – eine grundlegende Systemänderung vorgenommen worden ist.
18Selbst wenn man diesem Ansatz nicht folgte, wäre der Eilantrag als zulässig anzusehen. Denn er wäre dahingehend auszulegen, dass zusätzlich im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die vorläufige Zuweisung zu einer allgemeinen Leistungsgruppe ab dem 01. April 2025 begehrt wird: Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden; es hat vielmehr das tatsächliche Rechtschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück.
19Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juni 2024 – 9 C 5.23 –, juris Rn. 18 m.w.N.; vom 27. April 2020 – 2 B 48.19 –, juris Rn. 15 und vom 13. Januar 2012 – 9 B 56.11 –, juris Rn. 8; BayVGH, Beschluss vom 24. Juni 2019 – 8 CS 19.817 –, BeckRS 2019, 13900 Rn. 12; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2023 – 1 E 193/23 –, juris Rn. 6; vom 20. Oktober 2021 – 1 E 632/20 –, juris Rn. 3; Fertig, in: BeckOK VwGO, § 88 Rn. 6 (Stand: 01. Oktober 2023); Peters/Kujath, in: NK-VwGO, 5. Auflage 2018, § 88 Rn. 20; Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 88 Rn. 8.
20Die Auslegung des Antrags ist der Kammer auch bei einem anwaltlich vertretenen Kläger nicht verwehrt. In einem solchen Fall kommt zwar der Antragsformulierung gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2018 – 8 C 12.17 –, juris Rn. 11; Beschluss vom 13. Januar 2012 – 9 B 56.11 –, juris Rn. 8; BayVGH, Beschluss vom 24. Juni 2019 – 8 CS 19.817 –, BeckRS 2019, 13900 Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2021 – 2 A 1480/20 –, juris Rn. 54; Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 88 Rn. 16 (Stand: August 2024); Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 88 Rn. 9.
22Diese Grundsätze gelten für die Auslegung von Anträgen im Rahmen von Eilverfahren über § 122 Abs. 1 VwGO entsprechend.
23Vorliegend ist den Ausführungen zur Antragsbegründung eindeutig zu entnehmen, dass das Rechtsschutzbegehren darauf gerichtet ist, weiterhin und über den 01. April 2025 hinaus das Perinatalzentrum Level 1 betreiben zu können. Da dies, wie dargelegt, nach der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW zwingend die Zuweisung einer entsprechenden Leistungsgruppe im Feststellungsbescheid voraussetzt, ist offenkundig, dass auch dies dem im Rahmen des Eilverfahrens Gewollten entspricht. Untermauert wird dieses Verständnis durch einen Blick auf den im Klageverfahren 7 K N02 gestellten Antrag in der Klageschrift vom 00.00.0000. Hier ist neben der teilweisen Aufhebung des Feststellungsbescheides explizit die Verpflichtung des Antragsgegners beantragt, die Antragstellerin mit der Leistungsgruppe 22.2 mit 40 Fällen in den Krankenhausplan aufzunehmen.
24II.
25Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist aber unbegründet.
26Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragsgegners aus. Maßgebliches Kriterium innerhalb der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Denn an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kann kein öffentliches Interesse bestehen. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, so führt dies in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelmäßig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. September 2023 – 7 VR 4.23 –, juris Rn. 10; Beschluss vom 11. November 2020 – 7 VR 5.20 –, juris Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2025 – 21 B 11/25.AK –, juris Rn. 9; Gersdorf, in: BeckOK VwGO, § 80 Rn. 187 f. (Stand: 01. Januar 2024); Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 88; Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 80 Rn. 373 (Stand: August 2024).
28Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2020 – 7 VR 5/20 –, juris Rn. 8; BayVGH, Beschluss vom 07. November 2022 – 15 CS 22.1998 –, juris Rn. 25; Beschluss vom 18. September 2017 – 15 CS 17.1675 –, juris Rn. 11; Gersdorf, in: BeckOK VwGO, § 80 Rn. 191 (Stand: 01. Januar 2024); Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 88.
30Gemessen daran überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse des Antragsgegners gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.
311.) Die in Rede stehende Maßnahme erweist sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig.
32a) Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheides sind die §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 4 KHGG NRW. Danach werden Feststellungen über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch Bescheid der zuständigen Behörde getroffen.
33b) Er ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
34aa) Die P. C. ist für den Erlass des begehrten Feststellungsbescheides über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan gemäß § 35 KHGG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und Verfahren auf dem Gebiet des Krankenhauswesens des Landes Nordrhein-Westfalen (KHZVV) vom 21. Oktober 2008 (GV. NRW. 648), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. März 2024 (GV. NRW. S. 188), sachlich und örtlich zuständig.
35bb) Die planungsrechtliche Anhörung der Antragstellerin nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KHGG NRW ist erfolgt. Danach werden die Beteiligten gemäß § 15 KHGG NRW und die betroffenen Krankenhäuser zu dem regionalen Planungskonzept nach Absatz 1 von dem zuständigen Ministerium gehört. Der Antragstellerin ist mit Schreiben des MAGS vom 14. Juni 2024 Gelegenheit gegeben worden, sich zu den konkreten Erwägungen des Antragsgegners zur Krankenhausplanung in Bezug auf das Perinatalzentrum Level 1 zu äußern.
36c) Materiell-rechtlich erweist sich der Feststellungsbescheid mit Blick auf die Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 22.2 (Perinatalzentrum Level 1) als offensichtlich rechtmäßig.
37Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 05. Dezember 2024 (BGBl. I S. 400), besteht kein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan. Gleichwohl billigt das BVerwG einem Krankenhaus mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG einen entsprechenden Anspruch unter gewissen Voraussetzungen zu, nämlich dann, wenn es bedarfsgerecht, leistungsfähig und kostengünstig ist und zur Deckung des zu versorgenden Bedarfs kein anderes ebenfalls geeignetes Krankenhaus zur Verfügung steht (sog. Zulassungsanspruch auf der ersten Stufe). Erst wenn zur Bedarfsdeckung mehrere geeignete Krankenhäuser zur Verfügung stehen, entfällt ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den Krankenhausplan. An seine Stelle tritt ein Anspruch auf fehlerfreie Auswahlentscheidung (sog. Auswahlentscheidungsanspruch auf der zweiten Stufe).
38Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris Rn. 19; ferner BVerwG, Urteil vom 08. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris Rn. 12; Urteil vom 14. April 2011 – 3 C 17.10 –, juris Rn. 15; Nds.OVG, Beschluss vom 04. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 03. Juni 2014 – 13 A 2508/13 –, juris Rn. 10 m.w.N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03. November 2020 – 21 K 1844/18 –, juris Rn. 65 ff. m.w.N.; Lafontaine/Stollmann, in: Becker/Heitzig/Klöck/Lafontaine/Stollmann/Vollmar, Krankenhausgestaltungsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 16 Anm. 2.1 (Stand: August 2021).
39Diese Auslegung des § 8 Abs. 2 KHG wird durch das BVerfG bestätigt.
40Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 -, juris Rn. 77.
41Auf die vorliegende Konstellation, in der die Aufnahme in den Krankenhausplan lediglich in Bezug auf bestimmte Leistungsgruppen streitig ist, sind diese Überlegungen übertragbar.
42Vgl. zur Teilbarkeit eines Feststellungsbescheides Lafontaine/Stollmann in: Becker/Heitzig/Klöck/Lafontaine/Stollmann/Vollmar, Krankenhausgestal-tungsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 16 Anm. 3.6 m.w.N. (Stand: August 2021).
43Das der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes zugrundeliegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Verfahrensschritte:
44Auf der ersten Stufe stellt die nach Landesrecht zuständige Behörde – regelmäßig eine oberste Landesbehörde – den Krankenhausplan des Landes auf. Darin legt diese Behörde die Ziele der Krankenhausplanung fest (Krankenhauszielplanung), beschreibt räumlich, fachlich und nach Versorgungsstufen gegliedert den bestehenden und den erwartbaren Bedarf an Krankenhausversorgung (Bedarfsanalyse), stellt dem eine Aufstellung der zur Bedarfsdeckung geeigneten Krankenhäuser gegenüber (Krankenhausanalyse) und legt fest, mit welchem dieser Krankenhäuser der Bedarf gedeckt werden soll (Versorgungsentscheidung).
45Vgl. BVerwG, z.B. Urteile vom 26. April 2018 – 3 C 11.16 –, juris Rn. 24; vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, NVwZ 2009, 525; vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, NJW 1986, 796; Nds.OVG, Beschluss vom 04. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 50 f.; OVG NRW, Beschluss vom 24. August 2020 – 13 A 1861/19 –, juris Rn. 6; VG Minden, Urteil vom 05. April 2019 – 6 K 10369/17 –, juris Rn. 19 f.
46Auf der zweiten Verfahrensstufe wird gegenüber dem einzelnen Krankenhaus durch Bescheid festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG, § 16 Abs. 1 Satz 1 KHGG NRW).
47aa) Bedarfsanalyse
48Die der Entscheidung über die Planaufnahme eines Krankenhauses vorgelagerte Ermittlung des Bedarfs im Planungsgebiet durch den Antragsgegner ist voraussichtlich nicht zu beanstanden.
49Die Bedarfsanalyse ist eine Beschreibung des zu versorgenden Bedarfs der Bevölkerung an Krankenhausbetten. Dabei kann zwischen der als notwendig anzusehenden Beschreibung des gegenwärtig zu versorgenden Bedarfs sowie einer ebenfalls notwendigen Bedarfsprognose, also der Beschreibung des voraussichtlich in Zukunft zu erwartenden Bedarfs, unterschieden werden. Unter dem Bedarf im Sinne des Gesetzes ist dabei der tatsächlich auftretende und zu versorgende Bedarf und nicht ein mit dem tatsächlichen Bedarf nicht übereinstimmender erwünschter Bedarf zu verstehen.
50Vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. März 2004 – 1 BvR 88/00 –, NJW 2004, 1648; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, juris Rn. 55; OVG NRW, Beschluss vom 24. August 2020 – 13 A 1861/19 –, juris Rn. 16; Nds.OVG, Urteil vom 18. Juni 2019 – 13 LC 41/17 –, juris Rn. 42; VG Minden, Urteil vom 05. April 2019 – 6 K 10369/17 –, juris Rn. 28.
51Bei der Bedarfsanalyse ist der tatsächliche Bedarf festzustellen, der zu versorgen ist. Sowohl die Ermittlung des gegenwärtig zu versorgenden Bedarfs wie auch die Prognostizierung des voraussichtlich zukünftigen Bedarfs haben Feststellungen und Schätzungen zum Inhalt, die ausschließlich auf tatsächlichem Gebiet liegen.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, juris Rn. 56 m.w.N.
53Diese Feststellungen und Schätzungen können im Grundsatz in gleicher Weise wie jede sonstige Ermittlung von Tatsachen gerichtlich voll nachgeprüft werden.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, juris Rn. 56 m.w.N.
55Eine gewisse Einschränkung dieser grundsätzlichen Überprüfbarkeit kann sich in Fällen ergeben, in denen der Bedarfsanalyse nicht nur Tatsachen zugrunde liegen, die in der Vergangenheit oder in der Gegenwart eingetreten sind, sondern wenn auch in der Zukunft liegende Tatsachen berücksichtigt worden sind, deren Eintritt vorausschauend angenommen worden ist. Solche ebenfalls auf tatsächlichem Gebiet liegende Prognosen über die zukünftige Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse entziehen sich naturgemäß einer exakten Tatsachenfeststellung, wie dies für bereits eingetretene Tatsachen zutrifft. Wegen dieser Schwierigkeiten bei der Nachprüfung prognostischer Feststellungen und Schätzungen hat sich das Gericht insoweit auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die Behörde von zutreffenden Werten, Daten und Zahlen ausgegangen ist und ob sie sich einer wissenschaftlich anerkannten Berechnungsmethode bedient hat.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25.84 –, juris Rn. 56 m.w.N.
57Der Bedarfsfeststellung müssen valide Werte, Zahlen und Daten zugrunde liegen, die sich an den örtlichen Gegebenheiten und regionalen Bedarfsstrukturen ausrichten. Dementsprechend sind in die Bedarfsanalyse alle wesentlichen Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art, die den Bedarf beeinflussen, einzustellen, während Gesichtspunkte, die für den Bedarf unbeachtlich sind, unberücksichtigt zu bleiben haben. Die Analyse hat zunächst den landesweiten Versorgungsbedarf in räumlicher, fachlicher und struktureller Gliederung zu beschreiben. Wie die Gliederung im Einzelnen aussieht, nach welchem Verfahren und welcher – wissenschaftlich anerkannten – Methodik die Bedarfsanalyse vorgenommen wird, obliegt nach § 6 Abs. 4 KHG der Ausgestaltung durch das Landesrecht.
58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 3 B 17.11 –, juris Rn. 4; VG Minden, Urteil vom 05. April 2019 – 6 K 10369/17 –, juris Rn. 30, jeweils m.w.N.
59Den hier skizzierten Anforderungen dürfte die Bedarfsanalyse entsprechen. Der Antragsgegner hat den Bedarf für die Leistungsgruppe „Perinatalzentrum Level 1“ richtigerweise anhand der Anzahl der Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1250 Gramm ermittelt. Dies entspricht der Systematik des Krankenhausplans NRW 2022. Die in Rede stehende Leistungsgruppe ist eine der drei spezifischen Leistungsgruppen des Leistungsbereichs „Neonatologie“, also eines Spezialbereichs der Kinder- und Jugendmedizin (Leistungsbereich 23) nach Maßgabe der Weiterbildungsordnungen der beiden nordrhein-westfälischen Ärztekammern,
60vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 219,
61für den der Plangeber eine präzise Steuerung durch eine Abgrenzung für erforderlich hält.
62Vgl. Landtag NRW, Vorlage 17/5764, Neuaufstellung der Rahmenvorgaben des Krankenhausplans für das Land Nordrhein-WestfaIen, Seite 58; siehe auch Definition im Krankenhausplan NRW 2022, Seite 91.
63Die spezifischen Leistungsgruppen bilden ausschließlich die Versorgung der Kinder ab, während die geburtshilfliche Versorgung der Leistungsgruppe „Geburten“ (Leistungsbereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe) zugeordnet wird.
64Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 219.
65Die Zuordnung zu den spezifischen Leistungsgruppen erfolgt anhand der Gewichtsabgrenzungen (Aufnahmegewicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen gemäß § 136 Absatz 1 Nummer 2 SGB V i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 SGB V (Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene/QFR-RL) vom 20. September 2005 (Bundesanzeiger Nr. 2005 S. 15 684 vom 28. Oktober 2005), zuletzt geändert am 17. Oktober 2024 (Bundesanzeiger AT 20. Januar 2025 B 4) – nachfolgend: QFR-Richtlinie.
66Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 219 und 222.
67Das Perinatalzentrum Level 1 erfasst Frühgeborene mit einem geschätzten Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm oder mit einem Gestationsalter von unter 29 + 0 SSW (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 lit. a) QFR-Richtlinie).
68Die Anknüpfung an das Aufnahmegewicht fügt sich in die für die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht von unter 1250 Gramm geltende Mindestmengenregelung ein.
69Vgl. Regelungen des G-BA gemäß § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Mindestmengenregelungen, Mm-R) in der zuletzt am 21. Dezember 2023 geänderten und am 15. Februar 2024 in Kraft getretenen Fassung (Bundesanzeiger 14. Februar 2024 B8), Anlage Mindestmengenkatalog Nr. 8: Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht von unter 1250 g – jährliche Mindestmenge pro Standort eines Krankenhauses: 25.
70Auch der G-BA greift als Bezugspunkt für die Ermittlung der nachzuweisenden Mindestmengen nicht auf prognostische Annahmen bei der Aufnahme der Schwangeren zurück, sondern stellt für die Berechnung der Leistungsmenge auf das am Aufnahmetag (Geburtstag oder darauffolgender Kalendertag) ermittelte Aufnahmegewicht des Kindes ab (vgl. § 4 Abs. 2 QFR-Richtlinie). Das in der QFR-Richtlinie als weiteres Aufnahme- und Zuweisungskriterium angeführte Gestationsalter (32 + 0 bis ≤ 35 + 6 SSW) sowie sonstige Indikationen (Wachstumsretardierung des Fetus oder insulinpflichtiger Diabetes der Mutter) sind für die Bedarfsermittlung und -prognose der spezifischen Leistungsgruppen hingegen nicht maßgeblich.
71Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, Seite 97 und Seite 370: „Konsentierte_Definition_spezifische_LG“.
72Der Krankenhausplan NRW 2022 übernimmt weder die Systematik noch die in der QFR-Richtlinie verwandten Begrifflichkeiten für die dort benannten Versorgungsstufen. Dies ist nicht zu beanstanden, weil § 12 Abs. 3 KHGG NRW den Plangeber hierzu nicht verpflichtet und der QFR-Richtlinie auch keine unmittelbare planungsrechtliche Wirkung zukommt. Die QFR-Richtlinie bestimmt vielmehr (lediglich) der Qualitätssicherung dienende Anforderungen für die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen und Aufnahme- und Zuweisungskriterien von Schwangeren nach dem Risikoprofil der Schwangeren oder des Kindes (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 SGB V). Dazu gibt sie in der zugehörigen Anlage 1 Versorgungskonzepte zu den jeweiligen Versorgungsstufen vor.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 –, S. 19 (n.v.).
74Der Antragsgegner hat für das Jahr 2024 für die Leistungsgruppe „Perinatalzentrum Level 1“ einen Gesamtbedarf von 1.600 Fällen prognostiziert.
75Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, Seiten 222, 346.
76Dabei hat er als Basisjahr für die Bedarfsermittlung das Jahr 2019 zugrunde gelegt. Datengrundlage ist der von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK) erarbeitete InEK-Datensatz aller Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen für die Datenjahre 2013 bis 2019.
77Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, Seiten 83, 90, 107.
78Der Bedarf auf der Planungsebene Regierungsbezirk ist mit 424 Fällen angesetzt worden (vgl. Bl. 9 VV). Die Antragstellerin hat diese Angabe in ihrem Schriftsatz vom 00. Februar 0000 als zutreffend unterstellt. Auch mit ihrem Vortrag, es sei in ihrem Krankenhaus von einer steigenden Fallzahl auszugehen, vermag sie diese Zahl nicht zu erschüttern. Die Antragstellerin trägt hierzu vor, das Nachbarkrankenhaus, das Krankenhaus Düren, beabsichtige, die geburtshilfliche Versorgung einzustellen, so dass an ihrem – der Antragstellerin – Krankenhaus mit einem Anstieg der Geburten um 500 bis 600 zu rechnen sei; mit der Erhöhung der Geburtenzahlen würden auch mehr Frühgeborene des Levels 1 zu versorgen sein. Damit ist lediglich ein möglicher Anstieg der Fallzahlen am Krankenhaus der Antragstellerin dargetan. Der für die Planungsebene Regierungsbezirk angenommene Bedarf von 424 Fällen ist gleichwohl nicht in Frage gestellt, weil dieser auf der Ebene der Bedarfsanalyse unabhängig davon prognostiziert worden ist, wie viele Krankenhäuser die Versorgung von Frühgeburten übernehmen.
79bb) Auswahlentscheidung
80Schließlich wird sich die vom Antragsgegner vorgenommene Auswahlentscheidung voraussichtlich als vertretbar erweisen.
81Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KHG). Bei der nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG zu treffenden Entscheidung ist zwischen zwei Stufen zu differenzieren: Zunächst wird entsprechend § 1 Abs. 1 KHG geprüft, welche vorhandenen Krankenhäuser für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu sozial tragbaren Pflegesätzen geeignet sind. Nur wenn die Zahl der Betten, die in den dafür geeigneten Krankenhäusern vorhanden sind, die Zahl der für die Versorgung der Bevölkerung benötigten Betten übersteigt, ist sodann gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 1 KHG nach pflichtgemäßem Ermessen eine Auswahlentscheidung zwischen sämtlichen in Betracht kommenden bedarfsgerechten, leistungsfähigen und kostengünstigen Krankenhäusern zu treffen.
82Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 – 1 BvR 355/86 –, juris; BVerwG, Urteile vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris Rn. 18 m.w.N.; vom 18. Dezember 1986 – 3 C 67.85 –, juris Rn. 63; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris Rn. 33; Urteil vom 20. Mai 2009 – 13 A 2002/07 –, DVBl. 2009, 992; VG Düsseldorf, Urteil vom 03. November 2020 – 21 K 1844/18 – juris Rn. 63 m.w.N.; VG Minden, Urteil vom 05. April 2019 – 6 K 10369/17 –, juris Rn. 24 f.; Lafontaine/Stollmann, in: Becker/Heitzig/Klöck/Lafontaine/Stollmann/Vollmar, Krankenhausgestal-tungsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 16 Anm. 2.1.2 (Stand: August 2021); Prütting, Krankenhausgestaltungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage 2009, § 12 Rn. 14.
83Während die auf der ersten Entscheidungsstufe maßgeblichen Kriterien der Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit als unbestimmte Rechtsbegriffe der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen, ist die auf der zweiten Stufe im Rahmen des Auswahlermessens zu treffende Feststellungsentscheidung nur eingeschränkt gerichtlich dahingehend überprüfbar, ob die Behörde ihr Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
84Vgl. zu alldem BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 – 1 BvR 355/86 –, juris; BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 – 3 C 35.07 –, juris Rn. 19; Nds. OVG, Beschluss vom 04. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 51; Urteile vom 03. Februar 2011 – 13 LC 125/085 –, juris Rn. 36 ff. und vom 12. September 2019 – 13 LB 354/18 –, juris Rn. 67 jeweils m.w.N.
85Aus einer solchen Auswahlentscheidung muss hervorgehen, anhand welcher Kriterien der Antragsgegner die Qualität der Angebote der in Betracht kommenden Krankenhäuser beurteilt, wie er diese Kriterien gewichtet und welche krankenhausplanerischen Ziele er mit seiner Zusammenstellung der Auswahlkriterien verfolgt. Sodann sollte transparent sein, warum das ausgewählte Krankenhaus diese Kriterien am besten erfüllt.
86Vgl. BVerwG, Urteile vom 08. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris Rn. 12; vom 14. April 2011 – 3 C 17.10 –, juris Rn. 15; Nds.OVG, Beschluss vom 04. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris Rn. 12; VG Karlsruhe, Urteil vom 12. Dezember 2023 – 2 K 2547/22 –, juris Rn. 55; VG Düsseldorf, Urteil vom 01. Juli 2016 – 21 K 2483/14 –, juris Rn. 150.
87Gemessen daran dürfte die Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden sein. Die Nicht-Zuweisung ist zum einen – wie sich aus dem Anhörungsschreiben vom 14. Juni 2024 ergibt – mit dem Verweis auf leistungsstärkere Versorger und zum anderen mit dem Nicht-Erreichen der Mindestmenge begründet worden. Dass der Antragsgegner – wie im Schriftsatz der Antragstellerin vom 00.00.0000 formuliert – „ausschließlich“ auf die Zahl der versorgten Fälle abgestellt hat, kann demgegenüber nicht festgestellt werden.
88(1) Nicht-Erreichen der Mindestmenge
89Die P. C. hat in Bezug auf die zu erreichenden Mindestmengen eine Prognose angestellt, die einer gerichtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten dürfte. Die Einschätzung, dass das Krankenhaus der Antragstellerin mehrfach die aktuell geltende Mindestmenge nicht erreicht hat, beruht auf einer tragfähigen Grundlage.
90Ausgangspunkt in Bezug auf die Mindestmengen sind die Vorgaben für die Versorgungsstufe I „Perinatalzentrum Level 1“ der QFR-Richtlinie des G-BA. Auf sie wird im Krankenhausplan verwiesen.
91Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, Seite 223.
92Der Relevanz dieser Richtlinie kann nicht entgegengehalten werden, dass der Krankenhausplan seiner Rechtsnatur nach nur eine verwaltungsinterne Weisung ohne Bindungswirkung nach außen ist und seine Rechtswirkung sich in der Anweisung an die zuständige Landesbehörde erschöpft, die Aufnahme oder Nichtaufnahme der Krankenhäuser entsprechend dem Plan festzustellen.
93Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994 – 3 C 12.93 –, juris Rn. 25 m.w.N.: Die Rechtmäßigkeit eines krankenhausrechtlichen Feststellungsbescheides hängt nicht davon ab, ob der Inhalt des Planes rechtmäßig ist oder auch nur davon, dass der Bescheid den Inhalt des Planes übernimmt; Nds.OVG, Beschluss vom 04. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 50; OVG LSA, Beschluss vom 24. April 2023 – 1 L 51/22.Z –, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 13 A 734/15 –, juris Rn. 9; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13. April 2016 – L 3 KA 55/13 –, juris Rn. 24.
94Denn gäbe es den Krankenhausplan nicht, folgte die Verbindlichkeit der Richtlinie des G-BA aus den Bestimmungen des KHG. Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 5 KHG entscheidet bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der Erfüllung der in der Tabellenzeile „Auswahlkriterium“ der Anlage 1 zum SGB V für die jeweilige Leistungsgruppe genannten Qualitätskriterien, soweit vorhanden, nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, welchem Krankenhaus die jeweilige Leistungsgruppe zugewiesen wird. Unter Leistungsgruppen-Nr. 44 wird für das Perinatalzentrum Level 1 als Mindestvoraussetzung die Erfüllung der Anforderungen gemäß der vorgenannten Richtlinie des G-BA postuliert.
95Mit Beschluss vom 17. Dezember 2020 entschied der G-BA, die Regelungen gemäß § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Mindestmengenregelungen, Mm-R) in der Fassung vom 21. März 2006, zuletzt geändert am 16. Juli 2020, dahingehend zu ändern, dass die Mindestmenge von Frühgeburten mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm von 14 auf 25 erhöht wird. Für eine Übergangszeit galt eine Mindestmenge pro Standort von 14 Fällen (Jahre 2021 und 2022) sowie von 20 Fällen (2023). Demgemäß war auch das Krankenhaus der Antragstellerin gehalten, in den Jahren 2021 und 2022 eine Mindestmenge von jeweils 14 Fällen und im Jahr 2023 eine Mindestmenge von 20 Fällen zu erfüllen. Diese Vorgaben hat das Krankenhaus der Antragstellerin in einem Jahr – nämlich 2023 – nicht erfüllt:
96Jahr 2020: 25 Frühgeburten < 1250 Gramm (bei Mindestmenge 14),
97Jahr 2021: 28 Frühgeburten < 1250 Gramm (bei Mindestmenge 14),
98Jahr 2022: 21 Frühgeburten < 1250 Gramm (bei Mindestmenge 14),
99Jahr 2023: 19 Frühgeburten < 1250 Gramm (bei Mindestmenge 20).
100Gleichwohl ist der Antragsgegner zutreffend davon ausgegangen, dass das Krankenhaus die Mindestmenge nur in zwei Bezugsjahren erreicht hat. Denn dabei hat er die ab dem Jahre 2024 geltende Mindestmenge von 25 Fällen zugrunde gelegt. So hat die P. C. in dem streitgegenständlichen Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 ausgeführt, dass der Träger in den Vorjahren nicht die aktuell erforderliche Mindestmenge des G-BA für die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht unter 1250 Gramm erfüllt habe (Hervorhebung nicht im Original). Nur in zwei Bezugsjahren sei die neue G-BA-Mindestmenge erreicht worden; es sei nicht davon auszugehen, dass es dem Träger in der Gesamtschau aller Versorger im Regierungsbezirk möglich sei, die neue Mindestmenge weiterhin verlässlich jährlich zu erreichen (Hervorhebung nicht im Original). Das MAGS hat im Verwaltungsverfahren keinen abweichenden Standpunkt eingenommen. So hat es zwar wenig klar in dem Anhörungsschreiben vom 14. Juni 2024 ausgeführt, das Krankenhaus der Antragstellerin erhalte „im Rahmen einer Auswahlentscheidung zugunsten leistungsstärkerer Versorger sowie mit Blick auf die mehrfache Nicht-Erfüllung der Mindestmenge“ keine Zuweisung (Seite 22). Welche Mindestmenge gemeint ist, wird dabei nicht konkretisiert. Indes hat das MAGS in seinem Schreiben vom 00.00.0000 an die P. C. darauf abgestellt, dass nur in zwei Bezugsjahren die neue G-BA-Mindestmenge erreicht worden sei (Hervorhebung nicht im Original).
101Soweit in den Mindestmengen-Transparenzlisten der AOK (vorgelegt vom Antragsgegner als Anlage 5 der Antragserwiderung vom 00.00.0000, Bl. N03 ff. der Gerichtsakte) geringfügig abweichende Angaben enthalten sind, nämlich
1022020: 26 Frühgeburten,
1032021: 24 Frühgeburten,
1042022: 20 Frühgeburten,
1052023: 23 Frühgeburten,
106rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Auf dieser Grundlage wäre sogar davon auszugehen, dass die neue Mindestmenge von 25 in den Vorjahren nur einmal erreicht worden ist.
107Dass die Bezirksregierung Köln eine Mindestmenge von 25 zugrunde gelegt hat, dürfte sich als berechtigt erweisen.
108Für die Prognoseentscheidung – ihrem Wesen gemäß die kommenden Jahre betreffend – ist nicht von Belang, ob in der Vergangenheit niedrigere Mindestmengen erreicht worden sind: Nicht 14 oder 20 Frühgeburten mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm bilden die Zielmarke, die von der Antragstellerin nach dem neuen System der Krankenhausplanung – jährlich zuverlässig – zu erreichen ist, sondern 25. Demgemäß ist in der Prognose auf diese zukünftig zu erfüllende Anforderung abzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die P. C. das mehrfache Nicht-Erreichen dieser Mindestmenge als Kriterium herangezogen hat.
109Auf dieser Grundlage stellt sich die Tätigkeit der Antragstellerin wie folgt dar:
110Jahr 2020: 25 Fälle (bei Mindestmenge 25),
111Jahr 2021: 28 Fälle (bei Mindestmenge 25),
112Jahr 2022: 21 Fälle (bei Mindestmenge 25),
113Jahr 2023: 19 Fälle (bei Mindestmenge 25).
114Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf die vom Land NRW geförderten Umbauarbeiten hinweist, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Die Umbaumaßnahmen betrafen die Kinderklinik inclusive der Kinderintensivstation und den Kreißsaal und wurden vom Land Nordrhein-Westfalen mit rund N04. Euro gefördert. Der Antragsgegner hat sich mit diesem Umstand in letztlich nachvollziehbarer Weise auseinandergesetzt. Das Argument der Bezirksregierung Köln, die Förderung sei „nicht unter der Voraussetzung eines Perinatalzentrums Level 1“ erfolgt, überzeugt zwar kaum. Die Formulierung ist nicht eindeutig. Sollte sie so zu verstehen sein, dass die Förderung nicht an den (Weiter-)Betrieb eines Perinatalzentrums Level 1 geknüpft ist, trifft dies zwar zu. Die entscheidende Frage, ob in den Umbaumaßnahmen ein Grund dafür gesehen werden kann, dass die (neue) Mindestmenge in den Jahren 2022 und 2023 jeweils nicht erreicht worden ist, ist damit indes noch nicht beantwortet. Freilich hat die Bezirksregierung Köln weiter dargelegt, die Antragstellerin habe nicht mitgeteilt, dass es wegen der Umsetzung der Maßnahme zu Versorgungsengpässen kommen könnte. Den entsprechenden Vortrag der Antragstellerin im Eilverfahren, es sei abgestimmt gewesen, dass in der Zeit der Umbaumaßnahme die Mindestmengen nicht erreicht werden könnten, hat der Antragsgegner bestritten. Bereits mit Blick darauf kann jedenfalls im Eilverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass es in Bezug auf die Mindestmengen Absprachen zwischen der Antragstellerin und der Bezirksregierung Köln bzw. dem MAGS gegeben hat. Angesichts der nicht nur in Zusammenhang mit dem Krankenhausplan NRW 2022 bestehenden erheblichen Bedeutung der Mindestmengen ist es zudem kaum vorstellbar, dass ein erwartbares Nicht-Erfüllen der Mindestmenge im Jahre 2023 nicht thematisiert worden ist und demgemäß über etwaige Absprachen keine Unterlagen – noch nicht einmal in Form von E-Mails – existieren.
115Die Einschätzung des Antragsgegners, dass den Umbaumaßnahmen keine Relevanz für das Erfüllen der Mindestmenge zukommt, wird schließlich durch zwei Aspekte untermauert:
116Zum einen weisen die Fallzahlen in den Mindestmengen-Transparenzberichten der AOK bei allen erfassten Krankenhäusern mit Ausnahme des Klinikums Leverkusen von 2022 auf 2023 einen Rückgang auf. So war die Anzahl der Frühgeburten bei den GFO Kliniken Bonn um 28% (50 Frühgeburten in 2022, 36 in 2023), beim Universitätsklinikum Köln um rund 22% (130 in 2022, 101 in 2023) rückläufig, wohingegen der Rückgang bei dem Krankenhaus der Antragstellerin bei 5% lag (20 in 2022, 19 in 2023).
117Zum anderen ist die Antragstellerin dem Einwand des Antragsgegners nicht entgegengetreten, dass der zweite Teil der Umbauarbeiten erst im dritten Quartal 2024 beginnen konnte. Dann aber erschließt sich nicht, wieso gleichwohl – trotz fortwährender Umbauarbeiten – nach Angaben der Antragstellerin 34 Frühgeborene mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm im Perinatalzentrum Level 1 ihres Krankenhauses im Jahre 2024 versorgt worden sind.
118Ein anderes Bild ergibt sich auch nicht, wenn man einzelne behördliche Stellungnahmen im Vorfeld der Umbaumaßnahmen in den Blick nimmt. So ist in der ergänzenden baufachlichen Stellungnahme der Bezirksregierung R. vom 00.00.0000 von einer ganz erheblichen Verbesserung der perinatologischen Versorgung die Rede, wohingegen die aktuelle Kinderintensivstation als „eher ein Provisorium“ eingestuft wird. In der krankenhausplanerischen Stellungnahme der Bezirksregierung Köln – ohne Datum – zum Antrag auf Einzelförderung nach § 21a KHGG NRW wird ausgeführt, das Fördervorhaben diene der nachhaltigen Stärkung der Leistungsstrukturen in ländlichen Versorgungsgebieten. Allerdings umfasst die Perinatologie die medizinische Versorgung von Fötus und Schwangeren in der perinatalen Phase, die von der 28. Schwangerschaftswoche bis zum 7. Lebenstag reicht.
119Vgl. https://flexikon.doccheck.com/de/Perinatalmedizin.
120Demgemäß konzentriert sich die angesprochene Stärkung der Leistungsstrukturen nicht auf die Versorgung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm. Der Umbau der Kinderintensivstation kommt darüber hinaus auch älteren Kindern zugute. Daraus folgt, dass die – wohl noch nicht abgeschlossenen – Umbaumaßnahmen nicht zu der Annahme zwingen, dass eine Steigerung der Fallzahlen im Bereich der Versorgung von Frühgeborenen im Level 1 zu erwarten ist.
121(2) Leistungsstärkere Versorger
122Seine Einschätzung, dass die anderen Krankenhäuser in der Versorgung Frühgeborener mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm leistungsstärker als das Krankenhaus der Antragstellerin sind, hat der Antragsgegner nachvollziehbar dargelegt. So hat er mit Schriftsatz vom 00.00.0000 ausgeführt, dass das Krankenhaus der Antragstellerin über Jahre hinweg deutlich geringere Mengen an Level 1-Fällen als die übrigen Krankenhäuser aufweist, die einen Versorgungsauftrag für das Perinatalzentrum Level 1 erhalten haben. Er hat sich dabei auf die AOK-Mindestmengen-Transparenzberichte (vorgelegt vom Antragsgegner als Anlage 5 der Antragserwiderung vom 00.00.0000, Bl. N03 ff. der Gerichtsakte) bezogen. Darin sind u.a. die Fälle der Versorgung von Frühgeborenen mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm ausgeführt. Die über einen Sechsjahreszeitraum von 2018 bis 2023 aggregierten Fallzahlen der positiv beschiedenen Krankenhäuser liegen zwischen 691 Fällen (Universitätsklinikum Köln.) und 222 Fällen (Klinikum Leverkusen). Im Jahresdurchschnitt ergeben sich daraus 115,2 Fälle (Universitätsklinikum Köln.) und 37 Fälle (Klinikum Leverkusen). Damit liegt auch im Fall des schwächsten Krankenhauses mit einer Zuweisung für ein Perinatalzentrum Level 1 eine markante Über-Erfüllung der Mindestmenge von 25 vor. Das Krankenhaus der Antragstellerin fällt dagegen mit einer durchschnittlichen Fallzahl von 20,7 Fällen deutlich ab.
123Dass Fallzahlen voraussichtlich ein geeignetes und sachgerechtes Auswahlkriterium bilden, hat jüngst das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden. Es hat zur Begründung plausibel ausgeführt, dass die Qualität der Versorgung als erklärtes Ziel des Krankenhausplans NRW 2022 durch die Menge erbrachter Leistungen belegt werden kann, weil sich die qualitativ hochwertige Versorgung u.a. an der in der Vergangenheit ausgeübten Tätigkeit und den dadurch erworbenen Erfahrungen bemisst.
124Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 – S. 21 (n.v.); zur Eignung von Fallzahlen als sachgerechtes Auswahlkriterium allgemein VG R., Urteil vom 28. Februar 2022 – 5 K 47/21 –, juris Rn. 136 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. Mai 2015 – 7 L 668/15 –, juris Rn. 16 ff.
125Es liegt auf der Hand, dass mit einer höheren Anzahl von Frühgeburten auch eine steigende ärztliche Erfahrung und Routine verbunden ist. Dies gilt insbesondere für den Level 1-Bereich. Denn die Versorgung von Frühgeborenen in diesem Bereich stellt überdurchschnittliche fachliche Anforderungen an das Personal. Der G-BA führt hierzu nachvollziehbar aus, dass für die Qualität der Versorgung das Ineinandergreifen verschiedener Professionen, Qualifikationen und Fertigkeiten bzw. die Verfügbarkeit eines interdisziplinären und interprofessionellen Teams von erheblicher Bedeutung ist; zudem müssten alle involvierten Berufsgruppen durch regelmäßiges Praktizieren in den ineinandergreifenden Behandlungsschritten über ein Mindestmaß an klinischer und praktischer Erfahrung verfügen.
126Vgl. G-BA, Faktenblatt zur Erhöhung der Mindestmenge für die Versorgung von Frühgeborenen1 mit einem Aufnahmegewicht von unter 1250 Gramm, abrufbar unter https://www.g-ba.de/downloads/17-98-5530/Faktenblatt-MiMe_untergewichtige-Fruehgeborene_Logo.pdf.
127Deutlich wird das nicht zuletzt daran, dass nach der im Rahmen einer Pressekonferenz im August 2023 geäußerten Einschätzung des Vorsitzenden des G-BA, Prof. Josef Hecken, in Zusammenhang mit der Erhöhung der Mindestmenge zu viel von „Wohnortnähe“ gesprochen wird; es müsse viel mehr über Mortalität und Morbidität gehen; gerade bei der Frühchenversorgung von Kindern unter 1.250 Gramm könne man nachweisen, dass mit einer Mindestmenge von 25 das Sterberisiko im Krankenhaus um 5 % reduziert werde.
128Vgl. Deutsches Ärzteblatt: G-BA wehrt sich gegen Kritik bei Mindestmengen zur Versorgung von Frühchen, Ausgabe 8/2023, 17. August 2023, abrufbar unter
129https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/145308/G-BA-wehrt-sich-gegen-Kritik-bei-Mindestmengen-zur-Versorgung-von-Frühchen.
130Dieser Befund ist auch für die Beurteilung der Leistungsstärke eines Krankenhauses von Bedeutung: Das Sterberisiko sinkt mit steigender ärztlicher Erfahrung. Nichts anderes folgt aus der gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin e.V. (DGPM), der Arbeitsgemeinschaft Geburtshilfe und Pränatalmedizin in der Deutschen Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie e.V. (AGG), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin e.V. (GNPI), des Bundesverbandes „Das frühgeborene Kind“ e.V. und der Deutschen Stiftung Kranke Neugeborene (DSKN) aus November 2023, in der es u.a. heißt: „Die Versorgung von extrem unreifen Kindern in größeren Einrichtungen erhöht die Wahrscheinlichkeit, die zu frühe Geburt ohne Schädigung zu überleben – ein Ergebnis, für welches die betroffenen Familien sehr gerne vorübergehend längere Wege für Besuche akzeptieren“ (vorgelegt vom Antragsgegner als Anlage 3 der Antragserwiderung vom 00.00.0000, Bl. N05 ff. der Gerichtsakte).
131Angesichts dessen überzeugt der Einwand der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 00.00.0000 nicht, es fehle an einer belastbaren und wissenschaftlich fundierten Grundlage für die Annahme, dass höhere Fallzahlen eine höhere Qualität bedeuten würden. Soweit die Antragstellerin moniert, das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe in seinem Beschluss vom 13. Dezember 2024 lediglich davon gesprochen, dass Fallzahlen voraussichtlich ein geeignetes Kriterium seien, darf nicht verkannt werden, dass diese Aussage in einem Eilverfahren getroffen worden ist, sich das Gericht mithin – nach den im Eilrechtsschutz geltenden Maßstäben zutreffend – nicht abschließend festlegen musste.
132Die Antragstellerin vermag überdies nicht damit durchzudringen, dass der Krankenhausplan Fallzahlen nicht als Auswahlkriterium benennt. Bereits das Postulat einer zu erreichenden Mindestmenge impliziert das Anknüpfen an Fallzahlen. Hinzu kommt, dass das Erreichen der Mindestmenge im Krankenhausplan NRW 2022 als eine Mindestvoraussetzung ausgeformt; diese legen die Anforderungen fest, die ein Krankenhaus bzw. Standort mindestens erfüllen muss, um einen Versorgungsauftrag für die gewünschte Leistungsgruppe erhalten zu können. Folgerichtig wird weiter ausgeführt, dass eine Auswahlentscheidung im Sinne einer Bestenauslese zu treffen ist, wenn in einem regionalen Planungsverfahren die Zahl der auf Basis der Mindestanforderungen geeigneten Krankenhausstandorte die Zahl der zur bedarfsgerechten Versorgung erforderlichen Standorte übersteigt
133Vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 70.
134Bei dieser Auswahlentscheidung fordert der Krankenhausplan ausdrücklich die Berücksichtigung und Gewichtung aller Aspekte, die für die Entscheidung der Frage relevant sind, welcher der in Betracht kommenden 71 Krankenhausstandorte den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Wörtlich heißt es weiter: „Dabei kann es von Bedeutung sein, ob ein Krankenhausstandort die festgelegten Mindestanforderungen (z. B. bei der personellen Ausstattung) in einer Weise übererfüllt, die eine nachhaltigere und höhere Versorgungsqualität erwarten lässt als bei lediglich exakter Erfüllung der Mindestanforderungen“ (Hervorhebung im Original). Genau dieses Kriterium ist hier (auch) zugrunde gelegt worden.
135Nimmt man auf dieser Grundlage in den Blick, dass der Antragsgegner nicht nur auf das Erreichen der Mindestmenge, sondern auch auf die Leistungsstärke der in Betracht kommenden Häuser abgestellt hat, dürfte es vertretbar sein, dass die (gestiegene) Zahl versorgter Frühgeburten mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm in 2024 den Antragsgegner nicht zu einer abweichenden Auswahlentscheidung veranlasst hat. Zum einen ändert dieser Umstand nichts an den – wie dargelegt – durchweg niedrigen Fällen in der Vergangenheit. Selbst wenn es dem Krankenhaus der Antragstellerin prognostisch möglich wäre, die (neue) Mindestmenge stetig zu erfüllen, würde dies zum anderen nichts daran ändern, dass die ausgewählten Krankenhäuser aufgrund nachhaltig höherer Fallzahlen eine größere Leistungsstärke aufzuweisen haben.
1362.) Selbst bei einer offenen Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen würde das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin nicht überwiegen.
137In diesem Zusammenhang vermag der Hinweis der Antragstellerin darauf, ihr Krankenhaus leiste einen unverzichtbaren Beitrag zur Versorgung der besonders vulnerablen Frühgeborenen in der Region, nicht zu überzeugen. Er ist ersichtlich unsubstantiiert. So wird in der Antragsschrift in gerade einmal zwei Absätzen (Seiten 8 und 10) dargetan, warum der Beitrag des Krankenhauses der Antragstellerin unverzichtbar sein soll. Anhand dieser Ausführungen wird indes schon nicht klar, welche Kriterien zur Einordnung des Beitrags eines Krankenhauses als unverzichtbar oder verzichtbar überhaupt relevant sein sollen. Es wird lediglich festgestellt, dass das Krankenhaus der Antragstellerin die (hohen) Anforderungen der QFR-Richtlinie des G-BA erfülle und dass die Erreichbarkeit der Frühgeborenen gewährleistet sei. Diese Argumentation greift ersichtlich zu kurz, weil andere Krankenhäuser nicht in den Blick genommen werden. Zum einen bleibt so unberücksichtigt, dass die Krankenhäuser, die für den Betrieb eines Perinatalzentrums Level 1 ausgewählt worden sind, allesamt den Anforderungen der QFR-Richtlinie des G-BA Rechnung tragen. Zum anderen insinuiert der Verweis auf die Erreichbarkeit der Frühgeborenen für die Eltern, dass dies bei anderen Krankenhäusern nicht gegeben sei. Das kann so nicht gemeint sein; gleichwohl wird es differenzierter nicht vorgetragen. Auf dieser Grundlage hat die Kammer nicht den Eindruck gewinnen können, dass das Krankenhaus der Antragstellerin für die Versorgung der Frühgeborenen in der Region unverzichtbar sei. Zwar wird der Wegfall des Perinatalzentrums Level 1 im Krankenhaus der Antragstellerin zur Folge haben, dass längere Anfahrtswege vornehmlich nach D. oder C. zu bewältigen sein werden. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines Ermessensfehlers: Der Krankenhausplan NRW 2022 betont den besonderen Stellenwert der Erreichbarkeit von Geburtskliniken und Kinderkliniken in der Krankenhausplanung (vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 55). Maßgebliches Kriterium ist eine Fahrzeit von 40 Pkw-Fahrzeitminuten. Weiterhin ist einzubeziehen, dass Planungsebene die Ebene der P. ist (vgl. Krankenhausplan NRW 2022, S. 223). Demgemäß genügt es, wenn innerhalb von 40 Pkw-Fahrzeitminuten ein Versorger im Regierungsbezirk Köln erreichbar ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nicht alle Patienten in Düren-Birkesdorf, dem Standort des Krankenhauses der Antragstellerin, ihren Weg antreten, sondern mal näher zu D., mal in Richtung Köln wohnen, und zwar im Kreis Düren oder sogar außerhalb. Vor diesem Hintergrund bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Übersicht des Antragsgegners zu den Fahrzeiten nach D. oder in Richtung Köln in seiner Antragserwiderung vom 00.00.0000 (Seite 13 f.). Hierauf kann Bezug genommen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es – wie oben dargelegt – für die Versorgung gerade im Bereich Level 1 nicht so sehr auf die Erreichbarkeit eines Krankenhauses, sondern auf hohe Fallzahlen und die damit verbundene ärztliche Expertise ankommt. Mit anderen Worten ist hier die wohnortnahe Versorgung von untergeordneter Bedeutung, da trotzt geringfügig längerer Fahrzeiten für die Eltern einen höhere Überlebensrate für Kinder mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1250 Gramm zu erwarten ist.
138Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Weiterführung eines Perinatalzentrums Level 1 durch sie sei bis zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit an anderen Level 1-Krankenhäusern unverzichtbar. Der Rechtsschutz nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist primär subjektiv ausgerichtet. Geltend zu machen ist mithin die Verletzung eigener Rechte.
139Vgl. zu den Hauptfällen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage BVerwG, Urteil vom 05. April 2016 – 1 C 3.15 –, juris Rn. 16: allgemeines Strukturprinzip des Verwaltungsrechtsschutzes; OVG NRW, Urteil vom 04. November 2014 – 4 A 1058/13 –, juris Rn. 84; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 42 Rn. 71, 85 ff.; Sodan, in: NK-VwGO, 5. Auflage 2018, § 42 Rn. 382; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 42 Rn. 5 ff., jeweils m.w.N.
140Die Gewährleistung der Versorgung durch andere Krankenhäuser berührt demgegenüber nicht die Rechtssphäre der Antragstellerin, sondern der Patienten. Deren Rechte zu verfolgen ist allerdings nicht Aufgabe oder gar Verpflichtung der Antragstellerin. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob ihre Annahme zutrifft, dass die berücksichtigten Krankenhäuser (noch) nicht in der Lage seien, die Versorgung der Frühgeborenen mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm sicherzustellen. Zugleich erhellt hieraus, dass das Bestreiten mit Nichtwissen in Bezug auf die Sicherstellung einer Versorgung durch andere Krankenhäuser unbeachtlich ist. Die zunächst ablehnende Einschätzung der Antragstellerin ist überdies vom Antragsgegner in Abrede gestellt worden. Zudem hat der Vorstand der (nächstgelegenen) V. D. in seinem Schreiben vom 00.00.0000 an die Bezirksregierung Köln ausgeführt, dass seine Aufnahmemöglichkeiten für Frühgeborene in 2024 regelmäßig nicht ausgeschöpft würden, und die Konzentration der Perinatalzentren ausdrücklich begrüßt.
141Der Antragsgegner hat sich auch plausibel mit dem Einwand der Antragstellerin auseinandergesetzt, bei einem Vollzug des Feststellungsbescheides zum 01. April 2025 keine positive Mindestmengenprognose für das Jahr 2026 erhalten zu können. Er hat auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 2024 in dem Verfahren 13 B 419/24 hingewiesen. Darin hat das Gericht ausgeführt, dass die vorhandenen Strukturen nicht irreversibel zerschlagen würden; die Situation des betroffenen Krankenhauses würde sich nicht von Krankenhäusern unterscheiden, die erstmals einen Versorgungsauftrag erhalten und die erforderliche Struktur einschließlich Personal erst aufbauen müssten.
142Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 – S. 25 (n.v.).
143Die Antragstellerin tritt dem in ihrem Schriftsatz vom 00.00.0000 wenig plausibel entgegen, indem sie ausführt, eine solche Sichtweise verkenne die „Komplexität der Erbringung von spezialisierten Leistungen in einem Krankenhaus und insbesondere [die] Notwendigkeit der gesicherten Bindung des spezialisierten ärztlichen Personals.“
144Schließlich vermag die Kammer der Antragstellerin auch nicht in ihren finanziellen Erwägungen zu folgen. Zum einen dürfte zwar klar sein, dass sie infolge der Nicht-Zuweisung des Perinatalzentrums Level 1 Mindereinnahmen haben wird. Jedoch rechtfertigt dieser Umstand nicht die Korrektur der Auswahlentscheidung, die – wie aufgezeigt – primär an der Qualität der medizinischen Versorgung orientiert ist. Zum anderen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg geltend machen, die Zuweisung des Perinatalzentrums Level 1 sei unabdingbar für die Finanzierung des zugewiesenen Perinatalzentrums Level 2. Diese finanzielle Abhängigkeit wird nicht konkret dargetan, sondern lediglich behauptet. Es kommt hinzu, dass die Zuweisung einer Leistungsgruppe nicht dem Zweck dient, die Finanzierung medizinischer Leistungen in einem anderen Bereich zu gewährleisten. Mit anderen Worten: Kann das Perinatalzentrum Level 2 nicht ohne das Perinatalzentrum Level 1 finanziell profitabel betrieben werden, so widerspräche es den Prinzipien der Krankenhausplanung, daraus als Konsequenz die Zuweisung eines Perinatalzentrums Level 1 zu folgern.
145III.
146Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu einer vorläufigen Zuweisung einer allgemeinen Leistungsgruppe.
147Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.