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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger, seit dem 1. November 2022 Beamter auf Probe und Lehrer (A 12), begehrt die Anrechnung von Zeiträumen im Rahmen der Festsetzung der Erfahrungsstufe.
3Vom X.XX.XXXX bis zum X.XX.XXXX leistete der Kläger den Zivildienst ab. Das in dem Zeitraum 2005 bis 2012 absolvierte Studium der Sportwissenschaft schloss er am 30. August 2012 als Diplom-Sportwissenschaftler ab. Vom 1. August 2008 bis zum 1. August 2020 war er Betriebsleiter der von ihm und seiner Ehefrau gegründeten GbR.
4Ausweislich der von seiner Ehefrau unterschriebenen Tätigkeitsbeschreibung sei das Unternehmen unter dem Namen „G.“ gegründet worden. Es seien Cocktailkurse für Mitarbeiter aus dem Hotel, Restaurant und Catering (HoReCa) Bereich als Weiterbildungsmaßnahmen sowie ein deutschlandweites Cocktailcatering für Firmen- und Privatfeiern angeboten worden. Ferner seien Cocktailstände auf Großveranstaltungen betrieben worden. In zwei Eventlocations seien private Feiern und Firmenveranstaltungen geplant und durchgeführt worden. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers habe in dem Aufbau der Cocktailschule, der Erstellung von Lehrplänen für die Cocktailkurse und der Durchführung dieser Kurse gelegen. Diese Kurse hätten sich als Weiterbildungsmaßnahmen hauptsächlich an Auszubildende und Mitarbeiter aus dem HoReCa-Bereich gerichtet und seien auch an der Volkshochschule angeboten worden. Mit dem Erlangen der Ausbildereignungsprüfung sei der Kläger für die Betreuung der Auszubildenden zuständig gewesen. Weiterhin habe er Schulungen mit bis zu 100 Mitarbeitern verantwortet und die Mitarbeitenden regelmäßig in verschiedenen Themengebieten wie Service, Theke, Umgang mit dem Gast, Arbeitsschutz und Logistik geschult. Bei mehreren gastronomischen Projekten sei der Kläger als externer Berater (betriebswirtschaftliches Coaching und Mitarbeiterschulung) tätig geworden.
5Am XXX bestand der Kläger vor dem Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer die Prüfung nach der Ausbilder-Eignungsverordnung.
6Von 2015 bis 2020 war er ferner Mitgesellschafter der „I.“ (einer Bar) und von 2018 bis 2020 der „P.“ (einer Eventplanungsgesellschaft).
7Vom 5. August 2020 befristet bis zum 31. Oktober 2022 stellte das beklagte Land den Kläger als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft für die Fächer Sport und Biologie (TV- L 11) ein. Der Kläger absolvierte ein integriertes öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis, um berufsbegleitend die Befähigung für das Lehramt an Haupt-, Real- und Gesamtschulen in den Fächern Sport und Biologie zu erwerben. Mit Schreiben vom 30. Juli 2020 stufte das beklagte Land den Kläger ab dem 5. August 2020 in Stufe 1 ein. Zeiten einer Berufserfahrung oder förderlicher Zeiten nach § 16 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 TV-L lägen nicht vor. Unter dem 6. August 2020 wand sich der Kläger an das beklagte Land mit der Bitte um Überprüfung der Entscheidung.
8In der von seiner Ehefrau erstellten Tätigkeitsbeschreibung ist ergänzend zu den bisherigen Ausführungen angegeben, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers (85 %) in dem Aufbau der Cocktailschule, der Erstellung der Lehrpläne, der Durchführung von Cocktailkursen und im internen betrieblichen Gesundheitsmanagement gelegen habe. Die Cocktailkurse hätten sich als Weiterbildungsmaßnahmen hauptsächlich an Auszubildende und Mitarbeiter aus dem HoReCa-Bereich aber auch an Kinder und Jugendliche mit einem alkoholfreien Kurskonzept gerichtet. Der Unterricht habe in eigenen Ausbildungsräumlichkeiten sowie bei der VHS und an Berufsschulen stattgefunden. Neben dem Erlernen der Cocktailkunst habe das Konzept einen vitalen und sportlichen Aspekt umfasst. Der Kläger habe seine fachliche Kompetenz als Sportwissenschaftlicher einfließen lassen können, um Möglichkeiten, sich präventiv gegen die hohen physischen Belastungen in dieser Branche mit einer hohen Resilienz zu schützen (bewegte Pausen, Stressabbau, Entspannungsmethoden, arbeitspräventiver Muskelabbau und gesunde Ernährung). Im Jahr 2010 sei er als externer Trainer in einer Laufschule einer Praxis für Physiotherapie tätig gewesen.
9Mit Schreiben vom 20. August 2020 teilte die Schulleiterin der D.-schule, an der der Kläger eingesetzt wurde, mit, dass sich die Besetzung der Sportlehrer-Stelle schwierig gestaltet habe. Der Kläger habe sehr engagiert und motiviert gestartet und bringe aus seinen vorangegangenen Tätigkeiten hilfreiche Vorerfahrungen mit. Diese hätten ihm von Anfang an den Umgang mit der Schülerschaft erleichtert und sich positiv auf seine sich entwickelnde Rolle als Lehrer ausgewirkt.
10Unter dem 24. August 2020 erkannte das beklagte Land für seine Tätigkeit als Tarifbeschäftigter Lehrer die Zeiten als Geschäftsführer der GbR als förderliche Zeiten an.
11Ausweislich des Zeugnis vom 31. Oktober 2022 bestand der Kläger die Staatsprüfung für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen.
12Nach der Ernennung des Klägers zum Beamten auf Probe zum 1. November 2022 setzte das beklagte Land mit Bescheid vom 11. November 2022 ihm gegenüber die Erfahrungsstufe 4 fest. Die nächste Stufe erreiche er am 1. November 2023. Der in dem Zeitraum XXXX bis XXXX geleistete Zivildienst werde anerkannt. Dadurch erfolge eine Vorverlegung des Einstellungsmonats um zwölf Monate auf den 1. November 2021. Der Bescheid wurde dem Kläger am 13. Februar 2023 zugestellt.
13Der Kläger erhob unter dem 3. März 2023 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er über eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung als Geschäftsführer/Betriebsleiter verfüge. Diese Zeiten seien bei der Einstufung als Tarifbeschäftigter berücksichtigt worden.
14Unter dem 12. Juni 2023 teilte das beklagte Land mit, dass der Widerspruch nicht abschließend bewertet werden könne, und bat um die Einreichung von Nachweisen.
15Der Kläger reagierte hierauf nicht.
16Am 23. Oktober 2023 hat der Kläger zunächst eine Untätigkeitsklage erhoben und diese damit begründet, dass die Dokumente beim beklagten Land vorliegen würden und dieses gleichwohl den Widerspruch nicht bescheiden wolle. Das beklagte Land habe das ihm zustehende Ermessen bzgl. der Bewertung, ob eine förderliche Tätigkeit vorliege, bereits ausgeübt und sich mithin gebunden. Es könne keine andere Entscheidung als bei der Entscheidung als Angestellter getroffen werden.
17Nach mehrfacher gerichtlicher Aufforderung hat der Kläger unter dem 13. Juni 2024 vorgetragen, dass seine hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer der GbR vom 1. Februar 2008 bis zum 12. August 2020 - die in den Tätigkeitsbeschreibungen dargelegt sei – förderlich gewesen sei. Als weitere Nachweise könne er nur ein Programmheft der VHS aus dem Jahr XXXX vorlegen; er habe drei Kurse für erwachsene Teilnehmer angeboten. Weiter Unterlagen seien nicht vorhanden. Sämtliche Rechnungsbelege, die älter als 10 Jahre seien, seien zwischenzeitlich vernichtet worden. Zudem hat er eine Cocktailfibel und ein Schreiben der Schulleiterin vorgelegt.
18Danach hat das beklagte Land mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2024 den Widerspruch nicht abgeholfen und den Antrag auf Heraufsetzung der Erfahrungsstufe abgelehnt. Zur Begründung nahm es Bezug auf die Ausführungen im gerichtlichen Verfahren und betonte, dass sich die Lehrtätigkeit an einer Volkshochschule von der Lehrtätigkeit an einer Realschule hinsichtlich des Alters, der Freiwilligkeit an der Teilnahme und den vorgegebenen Lehrpläne unterscheide. Eine Tätigkeit an einem Berufskolleg sei vom Kläger nicht nachgewiesen worden; die Nachfragen am Berufskolleg hätten zu dem Ergebnis geführt, dass eine andere bei der GbR beschäftigte Person die Kurse am Berufskolleg im außerschulischen Bereich durchgeführt habe. Es bestehe zudem ein sachliches Missverhältnis zwischen den Tätigkeitsfeldern.
19Der Kläger beantragt wörtlich,
20das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Köln vom 11. November 2022 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. August 2024 zu verpflichten, ihn rückwirkend zum 1. November 2022 in die Erfahrungsstufe 7 einzustufen,
21hilfsweise stellt er unter Beweis, dass sich seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GbR mit einem Anteil von 70 % über die Konzeption, Vorbereitung und Durchführung von Kursen und Schulungen verhielt und mit einem Anteil von 30 % über sonstige Geschäftsführertätigkeiten außerhalb des Schulungsbetriebes durchgeführt wurde. Dies soll erfolgen durch das Einvernehmen der Ehefrau.
22Das beklagte Land beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung führt dieses aus, dass die ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage unzulässig gewesen sei. Der Kläger habe die geforderten Nachweise nicht vorgelegt und eine Bescheidung verhindert. Eine Bindung an die Festsetzung der Erfahrungsstufen im Angestelltenverhältnis bestehe nicht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 LBesG (Beteiligung der öffentlichen Hand an dem Unternehmen) seien nicht gegeben. Ob die Tätigkeit an der Cocktailschule förderlich sei, sei weder qualitativ noch quantitativ bewertbar. Die vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung stelle lediglich einen Eigenbeleg dar, Ausstellerin sei die Ehefrau des Klägers. Es fehle unter anderem die Angabe der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Zusätzlich könne der Aufbau der Cocktailschule und eines internen betrieblichen Gesundheitsmanagements kaum förderlich sein. Die Kurse hätten sich nur in untergeordnetem Umfang an Kinder und Jugendliche und vornehmlich an Auszubildende und Mitarbeiter aus dem HoReCa-Bereich gerichtet. Nur schulende/lehrende und konzeptionelle Tätigkeiten, die sich an Kinder und Jugendliche richten, könnten wegen ausreichenden Sachbezugs zur jetzigen Lehrertätigkeit als förderlich angesehen werden. Ferner habe der Kläger ab 2015 bzw. 2017 ein bzw. zwei weitere Gesellschaften als Gesellschafter geführt. Es seien daher weitere Angaben des Klägers notwendig, um zu prüfen, in welchem Umfang seine Tätigkeit in der Cocktailschule – sofern eine Förderlichkeit unterstellt werde – anerkannt werden könne.
25Dem Kläger ist in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
26Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheides nunmehr zulässige Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Der Bescheid vom 11. November 2022 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. August 2024 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch darauf, dass er ab dem 1. November 2022 in die Stufen 7 (A12) eingestuft wird.
29Maßgeblich für die erstmalige Festlegung der Grundgehaltsstufe und etwa anzuerkennender Erfahrungszeiten ist nach Maßgabe des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage an dem Ersten desjenigen Monats, in dem die erste Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Geltungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes wirksam wird (vgl. §§ 41, 29 Abs. 2 Satz 1 und 3 LBesG NRW in der aktuellen, seit dem 1. Juli 2016 unverändert geltenden Fassung).
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2018 - 1 A 1044/16 -, juris Rn. 30 f., m. w. N.
31Abzustellen ist daher auf den 1. November 2022. Der Kläger ist mit Wirkung vom 1. November unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12) ernannt worden (vgl. insoweit §§ 40 Satz 1, 29 Abs. 2 Satz 1 und Anlage 3 LBesG NRW).
32Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Erfahrungsstufe sind die §§ 29, 30 LBesG NRW. Eine Bindung an die Entscheidung der Festsetzung der Stufen im Angestelltenverhältnis nach den Regelungen des TV-L besteht nicht. Unabhängig von der Frage, ob die Festsetzung der Erfahrungsstufe im Angestelltenverhältnis rechtmäßig erfolgte, handelt es sich um ein anderes Regelungssystem mit anderen Anforderungen. Vorliegend kann nur eine Anrechnung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Landesbesoldungsgesetzes erfolgen.
33Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 LBesG NRW wird das Grundgehalt, soweit die Landesbesoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Stufen (Erfahrungsstufen) bemessen. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW wird mit der ersten Ernennung in ein Beamtenverhältnis mit Anspruch auf Dienstbezüge im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein Grundgehalt der ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsgrundgehalt) festgesetzt, soweit nicht berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 30 Abs. 1 LBesG NRW anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem das Beamtenverhältnis begründet wird (vgl. Satz 2 der Vorschrift). Nach Satz 3 der Vorschrift beginnt ausgehend von diesem Zeitpunkt der Stufenaufstieg. Gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 LBesG NRW steigt das Grundgehalt bis zur fünften Stufe im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren. Nach § 30 LBesG NRW können bestimmte berücksichtigungsfähige Zeiten bei der Stufenbestimmung anerkannt werden.
34Das beklagte Land hat in Anwendung dieser Vorschriften den Stufenbeginn rechtmäßig auf den 1. November 2021 vorverlegt. Der Stufenbeginn ist nicht aufgrund der Berücksichtigung weiterer Vordienstzeiten vorzuverlegen.
35Bei der ersten Stufenfestsetzung nach § 29 Absatz 2 werden als berücksichtigungsfähige Zeiten die in § 30 Abs. 1 Satz 1 LBesG NRW genannten Zeiten anerkannt.
36In einem ersten Schritt ist der Beginn des Stufenaufstiegs gemäß § 29 Abs. 2 S. 1 HS. 1 LBesG NRW zu ermitteln; dieser lag vorliegend auf dem 1. November 2022. Denn der Kläger wurde entsprechend § 29 Abs. 2 S. 1 LBesG NRW erstmals zum 1. November 2022 in ein Beamtenverhältnis mit Anspruch auf Dienstbezüge ernannt, nämlich zum Beamten auf Probe als Lehrer. Ab diesem Tag erhielt er erstmalig Dienstbezüge im Sinne der Vorschrift. Die erste mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesene Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe A 12 war die Stufe 4 (vgl. Anlage 6 zum LBesG NRW in der ab dem 1. Januar 2022 gültigen Fassung).
37Anzurechnen sind - in einem zweiten Schritt - berücksichtigungsfähige Zeiten u.a. gemäß § 30 LBesG NRW. Die Zivildienstzeit des Klägers vom XXX bis XXX wurde nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LBesG NRW anerkannt. Eine weitere Anerkennung von Vordienstzeiten des Klägers ist vom beklagten Land ermessensfehlerfrei nicht erfolgt.
38Der maßgebliche Zeitpunkt gem. § 29 Abs. 2 S. 1 HS. 1 LBesG NRW kann nicht auf den 1. August 2020 vorverlegt werden, als der Kläger einen Arbeitsvertrag beim beklagten Land abschloss und eine berufsbegleitende Ausbildung nach der Ordnung zur berufsbegleitenden Ausbildung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern (OBAS) an der D.schule durchführte. Die Durchführung dieser Ausbildung war Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung gewesen ist, vgl. § 13 Lehrerausbildungsgesetz (LABG) NRW i.V.m. § 31 Laufbahnverordnung (LVO) NRW und OBAS.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2019 - 3 A 2186/18 - n.V.
40Die tatbestandlichen Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Regelungen nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LBesG NRW, nach § 30 Abs. 1 Satz 2 LBesG NRW und nach § 30 Abs. 1 Satz 4 LBesG NRW liegen jeweils nicht vor.
41Ein Anspruch auf Zuerkennung von Vordienstzeiten nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LBesG NRW scheidet offensichtlich aus. Die vom Kläger (mit)betriebene GbR stellt keinen öffentlich-rechtlichen Dienstherren i.S.d. § 31 LBesG NRW oder einen sonstigen Arbeitgeber, der die im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhalts anwendet und an dem die öffentliche Hand durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise wesentlich beteiligt ist, dar.
42Die fraglichen Vordienstzeiten des Klägers von 2008 bis 2020 bei der GbR können auch nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 LBesG NRW anerkannt werden.
43Nach dieser Vorschrift können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit sie für die Verwendung der Beamtin oder des Beamten förderlich sind. Die Vorschrift ermächtigt die zuständige Behörde dazu, die fraglichen Zeiten nach pflichtgemäßem Ermessen ("können") anzuerkennen, und zwar in Abhängigkeit vom Grad der Förderlichkeit ("soweit") ganz oder teilweise. In Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch wird eine Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt, wenn sie entgeltlich ist, gewolltermaßen den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt, in der Regel den überwiegenden Teil der Arbeitskraft beansprucht und dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entspricht oder nahekommt.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 2005 - 2 C 20.04 -, juris Rn. 19, und Beschluss vom 5. März 2019 - 2 B 36.18 -, juris Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 9. Dezember 2022 - 1 A 2148/20 -, juris Rn. 34 und vom 9. April 2019 - 1 A 740/16 -, juris Rn. 27.
45Eine hauptberufliche Tätigkeit ist immer schon dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit ihrem Umfang nach mindestens die Hälfte der regulären Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten einnimmt. Die weiteren Kriterien müssen dann nicht mehr gesondert in den Blick genommen werden. Unter Berücksichtigung der Wertung der einschlägigen Regelungen über die Teilzeitbeschäftigung der Beamten kann aber auch eine Tätigkeit geringeren Umfangs („unterhälftige“ Beschäftigung) hauptberuflich ausgeübt werden, wenn sie nach den Lebensumständen des Betroffenen dessen (beruflichen) Tätigkeitsschwerpunkt bildet. Der zeitliche Mindestumfang der grundsätzlich allen Beamten eröffneten Teilzeitbeschäftigung bildet aber immer die zeitliche Untergrenze für die Annahme einer hauptberuflichen Tätigkeit.
46Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Mai 2005 - 2 C 20.04 -, juris Rn. 19 ff., und vom 24. Juni 2008 - 2 C 5.07 -, juris Rn. 13.
47Die Zuerkennung des Zeitraums 2008 bis September 2014 scheidet bereits aus, da innerhalb dieser Zeiten, Voraussetzungen für den Erwerb der Laufbahnbefähigung erworben wurden.
48Nach § 31 LVO NRW i.V.m. § 3 Abs. 2 LABG NRW erwirbt die Lehramtsbefähigung, wer den Vorbereitungsdienst geleistet und die dem Lehramt entsprechende Staatsprüfung bestanden hat. Nach § 13 Abs. 1 LABG NRW kann aus Gründen dringenden Personalbedarfs im Ausnahmefall eine berufsbegleitende Ausbildung nach Einstellung in den Schuldienst durchgeführt werden. Die Dauer der Ausbildung beträgt 24 Monate; sie schließt mit einer Staatsprüfung nach § 7 ab. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LABG NRW sind Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung (Nr. 1) ein Hochschulabschluss, der nach Regelstudienzeiten von insgesamt mindestens sieben Semestern an einer Hochschule nach § 10 Absatz 2 Satz 1 oder als Abschluss eines Masterstudiums an einer Fachhochschule erworben wurde und keinen Zugang zu einem Vorbereitungsdienst nach § 5 LABG NRW eröffnet, (Nr. 2) eine mindestens zweijährige pädagogische oder andere Berufstätigkeit oder eine mindestens zweijährige Betreuung eines minderjährigen Kindes nach Abschluss eines Hochschulstudiums und (Nr. 3) die Einstellung in den Schuldienst des Landes.
49In dem Zeitraum Februar 2008 bis August 2012 betrieb der Kläger neben seiner (behaupten) hauptberuflichen Tätigkeit bei der GbR ein Studium (und war nach Angaben seiner Ehefrau als Lauftrainer aktiv). Dieses war Voraussetzung für den Zugang zur Laufbahn, vgl. § 31 LVO i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 1 LABG NRW. Eine Berufstätigkeit von mindestens zwei Jahren nach Abschluss des Studiums – mithin in dem Zeitraum von September 2012 bis September 2014 – war ebenfalls Voraussetzung für den Zugang zum berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst, vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 LABG NRW.
50Inwieweit der Kläger in dem Zeitraum Oktober 2014 bis August 2020 hauptberuflich seine Betriebsleitertätigkeit bei der GbR ausübte, wenn er zudem ab 2015 bzw. 2017 (Mit-)Gesellschafter zweier weitere Gesellschaften war, blieb vage. Seine Angabe in der mündlichen Verhandlung, dass er bei den GmbHs lediglich Gesellschafter gewesen sei und die Tätigkeit zeitlich einen geringen Stellenwert eingenommen habe und er nur an Sitzung teilgenommen habe, waren kaum geeignet, seine berufliche Situation darzulegen. Dies kann aber offen bleiben. Ebenso wie sein in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellter Antrag, die Ehefrau dazu zu befragen, dass seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GbR sich mit einem Anteil von 70 % über die Konzeption, Vorbereitung und Durchführung von Kursen und Schulungen verhielt und mit einem Anteil von 30 % über sonstige Geschäftsführertätigkeiten außerhalb des Schulungsbetriebes. Hierbei ist anzumerken, dass diese Angabe im Widerspruch zum klägerischen Vortrag und den Angaben seiner Ehefrau in der Tätigkeitsbeschreibung (85 %) steht. Der Kläger gab zudem in der mündlichen Verhandlung an, dass seine Tätigkeitsverteilung von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr geschwankt habe. Dieser Beweisantrag kann im Ergebnis als unerhebliche Beweistatsache nach § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO abgelehnt werden, weil die Tatsache als wahr unterstellt werden kann, ohne dass sich am Ergebnis etwas ändert.
51Denn die Annahme des beklagten Landes, dass seine berufliche Tätigkeit nicht als förderlich für seine Laufbahn als Lehrer angesehen werden kann, ist nicht zu beanstanden.
52Eine Tätigkeit ist förderlich, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich bzw. von konkretem Interesse ist, d.h. wenn diese entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird. Bei der Bewertung der Förderlichkeit einer beruflichen Vortätigkeit sind im Wege eines Vergleichs alle möglichen Tätigkeiten innerhalb der Laufbahn und nicht bloß der zuerst ausgeübte Dienstposten in den Blick zu nehmen. Denn die Einstufung erfolgt für die gesamte Beschäftigungszeit des Beamten der jeweiligen Laufbahn. Bei der Frage, ob bestimmte vorherige Beschäftigungszeiten förderlich sind, sind daher auch mögliche Wechsel des Beamten auf andere Dienstposten der Laufbahn zu berücksichtigen.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2018 - 1 A 1044/16 -, juris Rn. 42 ff.
54In den Blick zu nehmen sind die für die jeweilige Laufbahn typischen und prägenden Tätigkeiten mit den Anforderungen, die diese an eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung stellen. Welche Anforderungen das sind, lässt sich anhand der Inhalte des jeweiligen Vorbereitungsdienstes bestimmen. Denn mit diesem bereitet der Dienstherr seine künftigen Beamten gerade auf jene Tätigkeiten vor, die sie typischerweise übernehmen werden.
55Vgl. VG Köln, Urteil vom 2. März 2023 - 15 K 7/20 -, juris Rn. 40.
56Die vom Kläger angegebene Tätigkeit als Betriebsleiter der GbR kann – wie vom beklagten Land angenommen – nicht als förderlich für eine Tätigkeit als Lehrer angesehen werden. Soweit der Kläger wiederholt vorträgt, er habe Schulungen und Cocktailkurse gehalten und hierzu ein VHS-Heft aus dem Jahr XXXX vorlegt, reicht dies nicht aus, um eine Förderlichkeit annehmen zu können. Bereits die Annahme des beklagten Landes, dass das Erstellen eines Konzeptes für einen/mehrere Cocktailkurse/s bzw. von Mitarbeiterschulungen nicht mit der Erstellung eines an einem Lehrplan orientierten Lehrkonzeptes vergleichbar sei, erschließt sich ohne Weiteres. Ebenfalls ist die Annahme, dass der Kläger durch das Halten von Schulungen gegenüber Erwachsenen keine pädagogischen Kenntnisse erlangt hat, nachvollziehbar. Es ist auch in keiner Weise erkennbar geworden, dass der Kläger während seiner Tätigkeit bei der GbR grundlegende beruflichen Kompetenzen für den Unterricht und vor allem die Erziehung, Beurteilung, Diagnostik, Beratung, Kooperation und Schulentwicklung sowie die wissenschaftlichen Anforderungen seiner Fächer (vgl. hierzu § 2 Abs. 2 Satz 2 LABG NRW) entwickelt hat. Dass der Kläger von der Schulleiterin als kompetente (und sich entwickelnde !) Lehrerpersönlichkeit, die engagiert in vielen Bereichen des Lehrbetriebes auftritt, wahrgenommen wird, führt zu keiner anderen Wertung. Dieser positive Eindruck ist nicht zwangsläufig auf seine Tätigkeit bei der GbR zurückzuführen, sondern lässt sich auch mit seiner Lebenserfahrung und Persönlichkeit erklären. Für eine solche kann aber nicht per se eine Anerkennung von Vordienstzeiten erfolgen.
57Ein Anspruch besteht auch nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 4 LBesG NRW.
58Nach dieser Vorschrift können Zeiten für zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen einer hauptberuflichen Tätigkeit erworben wurden, in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit insgesamt bis zu drei Jahren als berücksichtigungsfähige Zeiten anerkannt werden. Diese Vorschrift enthält auf der Tatbestandsseite mit dem Merkmal "in besonderen Einzelfällen" einen unbestimmten Rechtsbegriff und auf der Rechtsfolgenseite eine Ermessensermächtigung (sog. "Kopplungsvorschrift").
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 2 C 25.16 -, juris Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2022 - 1 A 2148/20 -, juris Rn. 91 f. m.w.N.
60Das Vorliegen eines besonderen Einzelfalls i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 4 LBesG NRW setzt zunächst voraus, dass die Zeiten, deren Anerkennung der Beamte begehrt, zu dem Erwerb einer solchen zusätzlichen Qualifikation geführt haben, die nicht nur selten vorkommt ("Einzelfällen"), sondern sich – darüber hinausgehend – von der Masse der Fälle erheblich und wesentlich abhebt und damit auch unter Anlegung eines strengen Maßstabes die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls rechtfertigt ("besonderen"). Weitere Voraussetzung ist, wie das Regelbeispiel "zur Deckung des Personalbedarfs" verdeutlicht, dass diese Qualifikation des Bewerbers für den Dienstherrn von besonderen Interesse sein muss, dass dieser also insoweit ein besonderes dienstliches Verwendungsinteresse hat.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 2 C 25.16 -, juris, Rn. 16 bis 21; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2022 - 1 A 2148/20 -, juris, Rn. 98.
62Als besondere Einzelfälle kommen in einer solchen Gesamtbetrachtung bereits tatbestandlich nur atypische Zusatzqualifikationen in Betracht, für die auf Seiten des Dienstherrn ein besonderes dienstliches Verwendungsinteresse besteht. Der Dienstherr verfügt über die personalwirtschaftliche Organisationsgewalt. Allein begrenzt durch das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) bestimmt er, welche Zusatzqualifikation im besonderen Einzelfall zur Anerkennung weiterer Erfahrungszeiten führt. Dass ihm mit dem Ziel der Festsetzung einer höheren Stufe des Grundgehalts Zusatzqualifikationen gleich welcher Art durch den eingestellten Beamten "aufgedrängt" werden, ist ausgeschlossen.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – 2 C 25/16 –, Rn. 21, juris)
64Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben besteht kein besonderer Einzelfall. Auch wenn nicht in Abrede gestellt wird, dass das beklagte Land einen dringenden Personalbedarf für die Einstellung von Lehrern hat und dies auch im Wortlaut von § 13 LABG NRW („aus Gründen dringenden Personalbedarfs“) deutlich wird, so besteht kein Automatismus für die Annahme, dass die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 4 LBesG NRW vorliegen. Vielmehr müssen weitere Besonderheiten des Einzelfalles hinzutreten. Dies ist im Hinblick auf den Kläger weder vorgetragen noch erkenntlich. Ein Seiteneinsteiger verfügt (zwangsläufig) über Berufserfahrungen, besondere Qualifikationen hat der Kläger in dem Zeitraum 2008 und 2020 nur im Hinblick auf die abgelegte Prüfung nach der Ausbilder-Eignungsverordnung erworben. Dass diese Qualifikation atypisch sein soll, ist nicht erkennbar. Es wird auch nicht erkennbar, dass daraus ein besonders Verwendungsinteresse des Klägers beim beklagten Land entstanden ist, der Kläger wird an einer Realschule tätig.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.