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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 0.000 Euro vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer außerordentlichen Wirtschaftshilfe in Gestalt der Überbrückungshilfe III Plus.
3Die Klägerin zu 1., bestehend aus den Klägern zu 2. und 3., ist Inhaberin eines XY-büros für Orts-, Regional- und Landesplanung. Der Kläger zu 3. arbeitet hauptberuflich als Professor für Konstruktives Entwerfen an der Fachhochschule G.. Die Klägerin zu 2. hält 99% der Anteile der Klägerin zu 1. Zur Haftungsbeschränkung haben sich die Kläger zu 2. und 3. zu einer GmbH zusammengeschlossen.
4Die C. GmbH tritt als Generalplaner auf und beauftragt die Klägerin zu 1. mit der Abwicklung aller Projekte einschließlich des Managements. Diese Abwicklung beinhaltet u.a. die Unterbeauftragung von Dienstleistern. Arbeiten, die die Klägerin zu 1. nicht durchführen kann, z.B. Tragwerksplanung, vergibt die GmbH an Dritte. Nach erfolgreicher Abwicklung eines Projekts stellt die Klägerin zu 1. die Kosten der GmbH in Rechnung. Diese behält 10% des Umsatzes als Regiepauschale für sich. Geschäftsführerin der GmbH ist die Klägerin zu 2. Hierfür erhält sie ein Gehalt von jährlich 0.000 Euro.
5Für die GmbH war ein Antrag auf Überbrückungshilfe gestellt, aber wieder zurückgezogen worden (AntragsNr.: abc000-00000).
6Am 24. August 2021 beantragte die Klägerin zu 1. die Gewährung einer Überbrückungshilfe III Plus in Höhe von 00.0000,00 Euro als Fixkosten (Antragsnummer abc000-00001).
7Das beklagte Land gewährt auf der Grundlage von § 53 LHO NRW i.V.m. den Richtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen zur fortgesetzten Gewährung von Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen 2021 („Überbrückungshilfe III“ und „Überbrückungshilfe III Plus“), Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie – V A 3 – 81.11.18.02 – vom 10. Februar 2021 und überarbeitet am 30. September 2021, 3. aktualisierte Fassung vom 14. März 2022 (nachfolgend: Förderrichtlinien), eine anteilige Finanzierung betrieblicher Fixkosten als Billigkeitsleistung.
8Antragsberechtigt sind gemäß Buchstabe B Ziffer 3 der Förderrichtlinien für einen Fördermonat im Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2021 von der Corona-Krise betroffene Unternehmen gemäß Buchstabe B Ziffer 2 Abs. 3 sowie Soloselbständige im Sinne von Buchstabe B Ziffer 2 Abs. 3a und selbständige Angehörige Freier Berufe im Haupterwerb, wenn
9a) sie ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt für steuerliche Zwecke erfasst sind,
10b) sie nicht bereits am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Absatz 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) waren (…) und
11c) ihr Umsatz in dem entsprechenden Monat im Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2021 Corona-bedingt im Sinne von Buchstabe B Ziffer 2 Absatz 7a um mindestens 30 Prozent gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zurückgegangen ist (…). Kleine und Kleinstunternehmen, sowie Soloselbstständige oder selbstständige Angehörige der freien Berufe können wahlweise als Vergleichsgröße den jeweiligen monatlichen Durchschnitt des Jahresumsatzes 2019 zum Vergleich heranziehen (…).
12Mit vorläufigem Bescheid vom 15. Juni 2022 gewährte die Bezirksregierung der Klägerin zu 1. eine Überbrückungshilfe III Plus dem Grunde nach.
13Mit Schreiben vom 04., 15. und 28. Februar 2022 fragte die Bezirksregierung nach, inwiefern ein coronabedingter Umsatzrückgang vorliege und mit welcher Tätigkeit die Kläger zu 2. und 3. ihren Haupterwerb bestreiten würden. Hierauf legten die Kläger mit Schreiben vom 10. März 2023 die Einkommensteuerbescheide für 2019 und 2020 der Kläger zu 2. und 3. vor; zugleich nahmen sie den Antrag auf Überbrückungshilfe III Plus bezüglich bestimmter Fixkostenpositionen i.H.v. 0.000,00 Euro zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 10. März 2022 verwiesen.
14Mit Schreiben vom 30. März 2022 erklärte die Bezirksregierung, dass nur Unternehmen im Haupterwerb antragsberechtigt seien, wenn u.a. ein coronabedingter Umsatzeinbruch von mindestens 30% vorliege; mit Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2019 sei aufgezeigt worden, dass der Kläger zu 3. seinen Haupterwerb aus einer Angestelltentätigkeit bestreite und daher gar nicht antragsberechtigt sei. Der Haupterwerb der Klägerin zu 2. liege in der GmbH. Die Klägerin zu 2. könne nicht für beide Gesellschaften antragsberechtigt sein.
15Hierauf erwiderten die Kläger mit Schreiben vom 01. April 2022, dass die Klägerin zu 2. bei der GmbH auf 450 Euro-Basis angestellt sei. Sie beziehe ihr Haupteinkommen nicht aus der GmbH, sondern aus der Klägerin zu 1., an der die Klägerin zu 2. zu 99% beteiligt sei.
16Mit mehreren Schreiben, zuletzt vom 24. November 2022, teilte die Bezirksregierung mit, dass nach Nr. 1.1 der FAQ zur Überbrückungshilfe bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Unternehmen ohne weitere Beschäftigte zumindest ein Gesellschafter im Haupterwerb für das Unternehmen tätig sein müsse (mindestens 51% der Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit). Mit Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2019 sei aufgezeigt worden, dass der Kläger zu 3. seinen Haupterwerb aus einer Angestelltentätigkeit bestreite und daher gar nicht antragsberechtigt sei. Der Haupterwerb der Klägerin zu 2. liege in der GmbH. Mangels Antragsberechtigung könne dem Antrag daher nicht entsprochen werden.
17Mit Bescheid vom 05. Januar 2023, gerichtet an die Klägerin zu 1. mit der Angabe des Klägers zu 3. in der nachfolgenden Zeile, lehnte die Bezirksregierung den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, es fehle an der Antragsberechtigung. Der Kläger zu 3. übe die freiberufliche Tätigkeit nicht im Haupterwerb aus. Aus dem Einkommensteuerbescheid 2019 gingen für die Klägerin zu 2. Einkünfte aus Gewerbetrieb i.H.v. 0.000,00 Euro, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 0.000,00 Euro und Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. - 00.000,00 Euro hervor. Damit sei die Voraussetzung nicht erfüllt, dass der überwiegende Teil der Einkünfte aus freiberuflicher Arbeit stamme.
18Die Kläger haben am 18. Januar 2023 Klage erhoben. Sie machen geltend:
19Die Tätigkeit bestehe aus der selbständigen GbR-Tätigkeit, bei der die Klägerin zu 2. 99 % der Anteile hält. Aufgrund der Corona-Krise sei deshalb auch der Verlust in der Haupttätigkeit gegeben. Aus den Unterlagen sei ersichtlich, dass hier trotzdem der Haupterwerb liege, denn diese bestimme die Haupttätigkeit der Klägerin zu 2. Darüber hinaus habe sie bei der Klägerin zu 2. auch Entnahmen i.H.v. 0.000,00 Euro vorgenommen, die zum Bestreiten des Lebensunterhaltes notwendig gewesen seien. Dementsprechend seien die anderen Einkünfte untergeordnet.
20Die GmbH sei nur aus haftungsrechtlichen Gründen vorgeschaltet worden. Sie leite die Aufträge zur Bearbeitung an die Klägerin zu 1. weiter. Deshalb sei es auch nur möglich, in der GmbH eine Geschäftsführerin – die Klägerin zu 2. – zu bestellen und ihr eine nicht selbständige Vergütung von 450 Euro pro Monat auszuzahlen (0.000 Euro jährlich). Ohne Erarbeitung in der Klägerin zu 1. wäre dies nicht möglich. Damit sei letztlich die Tätigkeit in der Klägerin zu 1. für die 0.000,00 Euro und für die 0.000,00 Euro verantwortlich. Die Tätigkeit der Klägerin zu 1. sei auch für die weiteren Einkünfte i.H.v. 0.000,00 Euro verantwortlich. Hierbei handele es sich nämlich um die Hausverwaltungsvergütung für die in dem Haus ansässige Klägerin zu 1.
21Die Klage war ursprünglich von allen drei Klägern erhoben worden. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2024 haben die Kläger zu 2. und 3. die Klage zurückgenommen. Die Klägerin zu 1. beantragt nunmehr,
22das beklagte Land unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides der Bezirksregierung vom 05. Januar 2023 zu verpflichten, ihr antragsgemäß eine Überbrückungshilfe III Plus zu gewähren.
23Das beklagte Land beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Es führt aus, die Klägerin zu 1. sei nicht antragsberechtigt, da sie nicht habe nachweisen können, dass sie für den Haupterwerb der Kläger zu 2. und 3. verantwortlich sei. Nach der Verwaltungspraxis seien Soloselbstständige antragsberechtigt, wenn der überwiegende Teil der Summe der Einkünfte (das heißt mindestens 51 Prozent) aus der selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit stammt. Kapitaleinkünfte zählten nicht zu den Einkünften aus selbstständiger oder freiberuflicher Tätigkeit. Bezugspunkt sei das Jahr 2019 (vgl. Ziffer 1.1 FAQ). Die Klägerin zu 1. gelte als Soloselbstständige, da sie keine Mitarbeiter beschäftige. Als geeigneter Nachweis für die Herkunft der Einkünfte werde der Einkommensteuerbescheid 2019 angesehen. Danach hätten weder die Klägerin zu 2. noch der Kläger zu 3. ihren Haupterwerb aus dem Unternehmen generiert. Nach dem Einkommensbescheid würden 0.000 Euro aus nichtselbstständiger Arbeit, 0.000 Euro aus dem Gewerbebetrieb und -00.000 Euro aus selbstständiger Arbeit stammen. Auch sei im Verwaltungsverfahren von dem prüfenden Dritten dargestellt worden, dass die Haupteinnahmequelle eine GmbH gewesen sei, nicht die Klägerin zu 1. Damit würden die Haupteinnahmen nicht aus der Klägerin zu 1. erzielt. Ob die Tätigkeit und Arbeitskraft hauptsächlich für die Klägerin zu 1. verwendet worden sei, sei hierfür unbeachtlich, da die Verwaltungspraxis ausdrücklich auf die erzielten Einkünfte abstelle. Außerdem könne der in dem Einkommenssteuerbescheid angegebene negative Umsatz nicht coronabedingt erklärt werden. 2019 habe es noch keine Corona-Krise gegeben.
26Haupterwerb der Klägerin zu 2. sei die C. GmbH. Dass es sich um einen Mini-Job handele, spreche nicht per se gegen die Annahme eines Haupterwerbs. Der Kläger zu 3. sei aufgrund seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der Lage, den Lebensunterhalt auch der Klägerin zu 2. zu bestreiten.
27Dem Einkommensteuerbescheid für 2019 sei nicht zu entnehmen, dass und in welcher Höhe Entnahmen erfolgt seien. Dies spreche dafür, dass es keine gegeben habe. Es werde bestritten, dass die Klägerin zu 2. Privatentnahmen aus der Klägerin zu 1. getätigt habe.
28Dem Einkommensteuerbescheid komme eine Indizwirkung zu. Er sei nach der ständigen Verwaltungspraxis der allein maßgebliche Nachweis.
29Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31Im Umfang der Klagerücknahme (Klage der Kläger zu 2. und 3.) ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
32Im noch rechtshängigen Umfang (Klage der Klägerin zu 1.) hat die Klage keinen Erfolg.
33I.
34Sie ist zwar zulässig. Die Klägerin zu 1. ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) i.S.d. § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähig, da anerkannt ist, dass sie Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.
35Vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 – juris Rn. 5; jüngst Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 15. November 2023 – 4 A 1/22 –, juris Rn. 23.
36Die Klägerin zu 1. ist auch klagebefugt, da sie (Inhalts-)Adressat des belastenden Verwaltungsakts ist und damit eine Verletzung in eigenen Rechten nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, vgl. § 42 Abs. 2 VwGO.
37II.
38Die Klage ist aber nicht begründet. Der Bescheid der Bezirksregierung vom 05. Januar 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin zu 1. nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von Überbrückungshilfe III Plus (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
391.) Ein unmittelbarer Rechtsanspruch auf die beantragte Förderung besteht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung nicht.
402.) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der Förderrichtlinie und der ständigen Verwaltungspraxis.
41Förderrichtlinien begründen nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Nur dieser bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Zudem bestimmt nur er den Förderzweck sowie die Modalitäten der Förderung, legt seine Richtlinien aus und richtet die Förderpraxis seinen Vorstellungen entsprechend aus.
42Vgl. Nds.OVG, Urteil vom 15. September 2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 41 ff.; Urteil vom 21. April 2022 – 10 LC 204/20 – juris Rn. 31; Urteil vom 05 Mai 2021 – 10 LB 201/20 –, juris Rn. 30; BayVGH, Beschluss vom 08. November 2021 – 6 ZB 21.1889 –, juris Rn. 19; Beschluss vom 03. Mai 2021 – 6 ZB 21.301 -, juris Rn. 8 m.w.N.; VG Ansbach, Urteil vom 29. Januar 2024 – AN 15 K 23.1634 –, juris Rn. 88 m.w.N.; VG Würzburg, Urteil vom 01. Dezember 2023 – W 8 K 23.611 –, juris Rn. 30; VG Hamburg, Urteil vom 08. November 2023 – 16 K 3083/22 –, juris Rn. 44.
43Das heißt, der Subventionsgeber hat die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften.
44Vgl. BayVGH, Beschluss vom 14. September 2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; Beschluss vom 17. November 2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.; VG München, Urteil vom 10. März 2023 – M 31 K 22.1123 – juris Rn. 31.
45Demgemäß ist das Gericht bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die auf verwaltungsinternen Vergaberichtlinien beruhen, nicht zur eigenständigen – gar erweiternden – Richtlinienauslegung befugt.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 – 10 C 15.14 –, juris Rn. 24; Urteil vom 26. April 1979 – 3 C 111/79 –, juris Rn. 24; SächsOVG, Urteil vom 15. Januar 2024 – 6 A 776/20 –, juris Rn. 20; VGH BW, Urteil vom 13. Juli 2023 – 14 S 2699/22 –, juris Rn. 22; BayVGH, Beschluss vom 08. November 2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 6; NdsOVG, Urteil vom 24. März 2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2017 – 4 A 516/15 – juris Rn. 23; VG Stuttgart, Urteil vom 31. Januar 2024 – 3 K 5412/22 – juris Rn. 47 m.w.N.; VG Ansbach, Urteil vom 29. Januar 2024 – AN 15 K 23.1634 –, juris Rn. 90; VG Würzburg, Urteil vom 15. Dezember 2023 – W 8 K 23.546 – juris Rn. 24.
47Zur Feststellung der tatsächlich geübten Verwaltungspraxis kann neben den einschlägigen Förderbestimmungen ergänzend auf öffentliche Verlautbarungen des Mittelgebers zurückgegriffen werden, wenn sie Aufschluss über die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis geben. Dies gilt hier namentlich für die im Internet veröffentlichten FAQ November- und Dezemberhilfe, herausgegeben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen und vom Bundesministerium der Finanzen,
48- zuletzt mit Stand vom 11. August 2023 wegen Anpassungen zur Schlussabrechnung, vgl. Ziffer 3.12; Anhaltspunkte dafür, dass etwaige frühere Fassungen der FAQ November- und Dezemberhilfe hinsichtlich der hier maßgeblichen Ziffern inhaltlich abwichen, bestehen nicht -,
49unter denen auf häufig gestellte bzw. zu erwartende Fragen Antworten formuliert sind.
50Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 8. November 2023 – 16 K 1953/22 –, juris Rn. 27; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 03. Dezember 2021 – 19 K 2760/20 -, juris Rn. 38 f.; VG Halle (Saale), Urteil vom 25. April 2022 – 4 A 28/22 –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. September 2022 – 16 K 5167/21 –, juris Rn. 32 ff.
51Insoweit ist auch hier zu beachten, dass maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung nicht der Wortlaut der einschlägigen Verlautbarungen ist, sondern ausschließlich das Verständnis des Mittelgebers und die daraus resultierende tatsächliche Verwaltungspraxis der von ihm mit dem Vollzug betrauten Bewilligungsstelle.
52Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 8. November 2023 – 16 K 1953/22 –, juris Rn. 27.
53Allerdings gebietet Art. 3 Abs. 1 GG eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Richtlinien dienen dazu, eine Art. 3 Abs. 1 GG entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten.
54Vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Mai 2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6; VG Würzburg, Urteil vom 01. Dezember 2023 – W 8 K 23.611 –, juris Rn. 32.
55Sie setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung.
56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 08. April 1997 – 08.04.1997 – 3 C 6/95 –, juris Rn. 19; BayVGH, Urteil vom 11. Oktober 2019 – 22 B 19.840 –, juris Rn. 23; HessVGH, Beschluss vom 01. März 2010 – 11 A 2800/09.Z -, juris Rn. 9; VG Würzburg, Urteil vom 03. August 2020 – W 8 K 20.743 –, juris Rn. 23.
57Der Zuwendungsbewerber hat so Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden.
58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 08. April 1997 – 3 C 6.95 –, juris Rn. 20; Nds.OVG, Urteil vom 27. Mai 2020 – 2 LC 21/17 –, juris Rn. 27; BayVGH, Urteil vom 11. Oktober 2019 – 22 B 19.840 –, juris Rn. 26; VG Köln, Urteil vom 19. Januar 2024 – 16 K 6921/20 – juris Rn. 34; VG Halle (Saale), Urteil vom 14. Juli 2023 – 3 A 205/20 –, juris Rn. 20; VG Würzburg, Urteil vom 03. August 2020 – W 8 K 20.743 –, juris Rn. 24.
59Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich dabei nur auf Ermessensfehler, die dem Bescheid zu entnehmen sein müssen. Entscheidend ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und inwieweit sie daher durch den Gleichheitssatz gebunden ist.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 – 10 C 15.14 –, juris Rn. 24; SächsOVG, Urteil vom 15. Januar 2024 – 6 A 776/20 –, juris Rn. 20; OVG NRW, Urteil vom 08. September 2023 – 4 A 3042(19 – juris Rn. 66 ff. m.w.N.; VGH BW, Urteil vom 13. Juli 2023 – 14 S 2699/22 –, juris Rn. 22; VG Ansbach, Urteil vom 29. Januar 2024 – AN 15 K 23.1634 –, juris Rn. 90; VG Würzburg, Urteil vom 01. Dezember 2023 – W 8 K 23.611 –, juris Rn. 27.
61Nach diesen Kriterien erweist sich die Ablehnung des Antrags der Klägerin zu 1. im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung als rechtlich nicht zu beanstanden.
62Die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes folgt daraus, dass nach der gängigen Verwaltungspraxis jeweils die zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Richtlinien herangezogen werden. Zudem stünde es in eklatantem Widerspruch zu den Grundsätzen der Haushaltswirtschaft, für einen bestimmten, in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen zu bejahen, obwohl deren Voraussetzungen erst nachträglich entstanden sind. Eine sachgerechte Planung der Mittelvergabe schiede damit aus. Vertrauensgesichtspunkte lassen eine andere Handhabung nicht notwendig erscheinen. Denn auf die hier in Rede stehenden Mittel besteht kein Rechtsanspruch. Sie stellen vielmehr eine freiwillige Maßnahme dar, bei der der Behörde ein weiter Ermessensspielraum zukommt, so dass ein schutzwürdiges Vertrauen – auch mit Blick auf die begrenzte Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln – ohnehin nicht gebildet werden kann.
63Vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 27 Februar 2023, 22 ZB 22.2554, juris Rn. 14; vom 02. Februar 2022, 6 C 21.2701, juris Rn. 10; vom 18. Mai 2020 - ZB 20.438 -, juris Rn. 15; VG München, Urteile vom 21. Juli 2023, M 31 K 22.3462, juris Rn. 25 f.; und vom 23. Februar 2022 – M 31 K 21.418 –, juris Rn. 22 m.w.N.; VG Leipzig, Urteil vom 21. April 2022 – 5 K 76/21 –, juris Rn. 20; VG Würzburg, Urteil vom 26. Juli 2021 – W 8 K 20.2031 –, juris Rn. 21; VG Weimar, Urteil vom 17. September 2020 – 8 K 609/20 –, juris Rn. 26; vgl. auch SächsOVG, Urteil vom 16. Februar 2016 – 1 A 677.13 –, juris Rn. 67.
64a) Gegen die Verwaltungspraxis des beklagten Landes, nach der die Förderung auf den Haupterwerb beschränkt bleibt, ist nichts zu erinnern. Dem dürfte die nachvollziehbare Erwägung zugrunde liegen, dass nur ein hoher Umsatz dem Fördermittelempfänger eine wirtschaftlich ausreichende Lebensgrundlage gewährleistet; überdies ist die Annahme plausibel, dass dies am ehesten bei einer Tätigkeit gegeben ist, die von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und dem hierfür zu erbringenden zeitlichen Aufwand den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt, wohingegen niedrige Umsätze eher auf eine Tätigkeit im Nebenerwerb schließen lassen dürften.
65Vgl. zu diesen Erwägungen VG Weimar, Urteil vom 17. September 2020 – 8 K 609/20 –, juris Rn. 32.
66b) Bei der Frage, ob die Klägerin zu 2. ihren Haupterwerb aus der Klägerin zu 1. bestreitet, hat das beklagte Land zudem in letztlich nicht angreifbarer Weise nur auf den die Kläger zu 2. und 3. betreffenden Bescheid des Finanzamts Aachen-Stadt für 2019 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 30. März 2021 abgestellt.
67aa) Zwar vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass gemäß der Verwaltungspraxis des beklagten Landes bei der Bestimmung des Haupterwerbs eines Gesellschafters einer GbR ausschließlich der Einkommensteuerbescheid maßgeblich sei:
68Zum einen geben die Verlautbarungen des beklagten Landes zu der in Rede stehenden Überbrückungshilfe III Plus hierfür nichts her. So ergeben sich insbesondere aus FAQ Ziffer 1.1 – hierauf wird in dem Schriftsatz vom 23. Februar 2024 verwiesen – keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass ausschließlich der Einkommensteuerbescheid relevant sein könnte.
69Zum anderen weckt die Handhabung im konkreten Fall Zweifel an der alleinigen Relevanz des Steuerbescheides. Die Bezirksregierung hat sich in der Prüfung nicht mit dem Einkommensteuerbescheid begnügt. Vielmehr hat es weitere Unterlagen angefordert – exemplarisch kann hier auf die Schreiben vom 03. November 2021 (Gesellschaftsvertrag der GbR) und vom 17. November 2021 (Betriebswirtschaftliche Auswertungen) verwiesen werden – und zahlreiche Fragen gestellt. Soweit hierzu in dem Schriftsatz des beklagten Landes vom 23. Februar 2024 erläutert worden ist, die Dokumente seien „aus anderen Gründen“ angefordert worden, und das beklagte Land habe – im Rahmen der Amtsermittlung – versucht, mehrere Förderungsvoraussetzungen gleichzeitig geprüft, vermag das nicht zu überzeugen. Denn welche anderen Gründe dies sein sollen, konnte in der mündlichen Verhandlung nicht zureichend erläutert werden. Der Begründungsansatz, im Sinne eines verwaltungseffizienten Vorgehens die Antragsvoraussetzungen nicht eine nach dem anderen zu prüfen, sondern mehrere bzw. alle zugleich, ist noch eingängig. Freilich darf der Kontext nicht ausgeblendet werden, in dem die Fragen gestellt worden sind. Unauffällig ist insoweit die E-Mail der Bezirksregierung Köln vom 28. Februar 2022, in der danach gefragt worden ist, mit welcher Tätigkeit die Kläger zu 2. und 3. jeweils ihren Haupterwerb bestreiten, und um Vorlage der Einkommensteuerbescheide des Jahre 2019 und 2020 gebeten worden ist. Ferner heißt es in den E-Mails der Bezirksregierung Köln vom 23. März 2022 und vom 23. Mai 2022 (et passim), mit Vorlage des Einkommensteuerbescheides sei aufgezeigt worden, dass die Klägerin zu 2. ihren Haupterwerb durch die GmbH bestreiten würde. In den E-Mails vom 23. Mai 2022, vom 07. Juni 2022, vom 15. Juni 2022 und vom 20. Juni 2022 ist die Bezirksregierung Köln demgegenüber zunächst auf den Einkommensteuerbescheid für 2019 eingegangen, doch damit enden die Ausführungen zur Frage des Haupterwerbs nicht – was aber zu erwarten gewesen wäre, wenn es allein auf den Steuerbescheid ankäme. Explizit heißt es vielmehr: „Ich frage nochmals: Aus welchen Unternehmen bestreitet, bzw. bestritt Frau Orawiec ihren Haupterwerb ?!“ (Kommafehler im Original). Diese Frage belegt, dass sich die Aufklärungsbemühungen der Bezirksregierung Köln sehr wohl, und diesbezüglich über den Einkommensteuerbescheid hinausgehend, auf die Frage Haupterwerb oder Nebenerwerb bezogen haben. Noch deutlicher wird das bei der E-Mail der Bezirksregierung Köln vom 07. September 2022. Nach der redundanten Frage nach dem Haupterwerb der Klägerin zu 2. heißt es weiter: „Sollte der Haupterwerb Ihrer Mandantin in der GbR liegen, deren Nachweis zu erbringen ist, wird auch eine nach Monaten aufgeschlüsselte BWA der Jahre 2019 und 2020 benötigt, um den Förderanspruch zu ermitteln.“ Diese Aussage lässt deutlich erkennen, dass die Bezirksregierung Köln auch in Ansehung des bereits bekannten Einkommensteuerbescheides das Bestehen eines Haupterwerbs in der Klägerin zu 1. und, darauf aufbauend, einen Förderanspruch für möglich erachtet hat.
70Demgemäß wird in dem ablehnenden Bescheid vom 05. Januar 2023 zur Feststellung, dass kein Haupterwerb vorliegt, nicht nur auf den Einkommensteuerbescheid abgestellt, sondern auch auf weitere Unterlagen, nämlich den Körperschaftssteuerbescheid der C. GmbH und „die Aufstellung“ (Seite 2 des Bescheides).
71Schließlich mag die Handhabung des vorliegenden Falles für die ständige Verwaltungspraxis des beklagten Landes nicht charakterisch sein. Indes wäre dann zu erwarten gewesen, dass das in diesem Falle korrigiert wird. Das ist über einen langen Zeitraum und noch – wie dargelegt – im ablehnenden Bescheid selbst nicht geschehen. Zu konstatieren ist ferner, dass das beklagte Land im Klageverfahren widersprüchlich vorgetragen hat. So hat es in dem Schriftsatz vom 23. Februar 2024 zwar, wie eingangs wiedergegeben, zunächst erklärt, der Einkommensteuerbescheid sei der allein maßgebliche Nachweis (Seite 5 des Schriftsatzes). Indes hat es in demselben Schriftsatz dem Steuerbescheid lediglich Indizwirkung beigemessen (Seite 4 des Schriftsatzes unten). Auch in dem Schriftsatz vom 05. April 2023 (Seite 7) hat das beklagte Land nicht nur auf die in dem Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einnahmensituation abgestellt. Vielmehr ist auch die – angebliche – Aussage des prüfenden Dritten im Verwaltungsverfahren zum Haupterwerb zugrunde gelegt worden, die Haupteinnahmequelle sei eine GmbH gewesen.
72Auf dieser Grundlage kann eine ständige Verwaltungspraxis in dem vom beklagten Land beschriebenen Sinne, dass ausschließlich der Einkommensteuerbescheid für die Bestimmung des Haupterwerbs maßgeblich sei, nicht festgestellt werden.
73bb) Entscheidend gegen einen Erfolg der Klage zumindest in Gestalt einer Neubescheidung des Antrags spricht aber, dass dem Einkommensteuerbescheid ungeachtet der Ausführungen zu aa) eine Indizwirkung nicht abgesprochen werden kann (1) und diese hier nicht entkräftet worden ist (2).
74(1) Die Indizwirkung des Einkommensteuerbescheides beruht darauf, dass sich anhand der der Festsetzung der Einkommensteuer zugrunde gelegten Einkünfte Rückschlüsse auf den in die Erwerbstätigkeit investierten zeitlichen Aufwand und somit darauf ziehen lassen, ob die Tätigkeit im Haupt- oder Nebenerwerb ausgeübt wird. So dürfte auch die Aussage des VG Hamburg in seinem Urteil vom 9. Mai 2023 – 16 K 2227/22 –, juris Rn. 41, zu verstehen sein, dass der Einkommensteuerbescheid „Grundlage und Ausgangspunkt“ zur Bestimmung des maßgeblichen Einkommens bildet. Danach ist festzustellen: Der Kläger zu 3. ist nicht im Haupterwerb für das Unternehmen, d.h. die Klägerin zu 1., tätig. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 2019 vom 30. März 2021 erzielte er keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit beliefen sich auf -000 Euro, die aus nichtselbständiger Arbeit auf 00.000 Euro. Auch die Klägerin zu 2. erfüllt nicht das Kriterium, dass der überwiegende Teil der Summe der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit stammt. In Bezug auf das Referenzjahr 2019 erzielte sie bei isolierter Betrachtung des Einkommensteuerbescheides Einkünfte aus Gewerbetrieb i.H.v. 0.000,00 Euro, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 0.000,00 Euro und Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. -00.000 Euro.
75(2) Die hierauf beruhende Schlussfolgerung des beklagten Landes ist bis zum Erlass des ablehnenden Bescheides nicht entkräftet worden.
76Grundsätzlich ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Klägerin zu 1. die Indizwirkung hätte entkräften können. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen der Kammer in ihrem Hinweisbeschluss vom 22. Januar 2024, Ziffer II, verwiesen werden.
77Indes sind die Entnahmen im Verwaltungsverfahren nicht belegt worden, und darauf kommt es an: Bei der Förderentscheidung im Rahmen der Corona-Wirtschaftshilfen tritt neben das Interesse an materieller Einzelfallgerechtigkeit das Allgemeininteresse an der zügigen Bearbeitung der Anträge in Masseverfahren u.a. in Gestalt der Überbrückungshilfen, die zur Verhinderung von schon bestehenden, existenziellen Liquiditätsengpässen eingerichtet worden sind.
78Vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Juli 2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 21; VG Bayreuth, Urteil vom 31. Juli 2023 – B 8 K 21.1306 –, juris Rn. 65.
79Zudem ist die Bewilligungsstelle im Förderverfahren besonders auf Angaben des Antragstellers angewiesen, die sie nicht selbst auf Richtigkeit überprüfen kann. Insofern muss die Förderentscheidung häufig anhand von Angaben, die lediglich einer Überprüfung auf Plausibilität unterzogen werden können, getroffen werden. Lediglich durch die Überprüfung des prüfenden Dritten sowie die vorgelagerte Strafbarkeit nach § 264 StGB, der ausnahmsweise schon unrichtige oder unvollständige vorteilhafte Angaben im Subventionsverfahren mit ganz erheblichen Strafen belegt, kann insofern eine gewisse Sicherheit hinsichtlich der Richtigkeit tatsächlicher Angaben erreicht werden. Dies begründet auch eine zur allgemeinen Mitwirkungsobliegenheit (vgl. § 26 Abs. 2 VwVfG NRW) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht des Antragstellers im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben.
80Vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Juni 2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16; VG Bayreuth, Urteil vom 31. Juli 2023 – B 8 K 21.1306 –, juris Rn. 67.
81Deswegen liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen.
82Vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Juni 2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21; VG Bayreuth, Urteil vom 20. März 2023 – B 8 K 21.361 –, juris Rn. 106 ff.; VG Halle, Urteil vom 25. April 2022 – 4 A 28/22 HAL – juris Rn. 28; VG München, Urteil vom 20. September 2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 und 26 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 29. November 2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. 38; VG Weimar, Urteil vom 29. Januar 2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31.
83Dies gilt noch vielmehr für zentralisierte (Massen-)Förderverfahren, bei denen die bewilligende Behörde in der Regel auf die Abfrage typischerweise relevanter Informationen in den Antragsformularen angewiesen ist. Gleichzeitig bestehen bei diesem Verfahren nur geringe bis keine Möglichkeiten zur Überprüfung der Situation vor Ort oder zur Befragung des Antragstellers in Person, da die Kontaktaufnahme oft nur über Online-Plattformen stattfinden kann.
84Vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 31. Juli 2023 – B 8 K 21.1306 –, juris Rn. 68.
85Hier ist zwar für die Klägerin zu 1. in dem Schreiben vom 15. Dezember 2022 im Verwaltungsverfahren ausgeführt worden, dass es Entnahmen der Klägerin zu 2. aus der Klägerin zu 1. gebe, die höher lägen als der Verdienst aus der C. GmbH; hierzu ist auf Jahresabschlüsse verwiesen worden. Vorgelegt worden sind diese aber nicht. Dem Einwand in der mündlichen Verhandlung, dass diese von der Bezirksregierung Köln hätten angefordert werden können, ist zunächst entgegenzuhalten, dass dies in der vorliegenden Konstellation nicht aus der Pflicht der Behörde zur Beratung und Auskunft gemäß § 25 VwVfG NRW gefolgert werden kann. Denn aus den oben beschriebenen Besonderheiten des über ein Online-Portal abzuwickelnden, zeitkritischen Massenverfahrens, das besonders auf die Mitwirkung der jeweiligen Antragsteller angewiesen ist, ergibt sich, dass es in diesem Fall dem Antragsteller obliegt, aus eigener Initiative vorweg alle Kostenpositionen mit den maßgeblichen Informationen mitzuteilen.
86Vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 31. Juli 2023 – B 8 K 21.1306 –, juris Rn. 70.
87Außerdem darf nicht übersehen werden, dass der entscheidende Hinweis sehr wohl gegeben worden ist. Denn schon in der E-Mail vom 07. September 2022 hat die Bezirksregierung Köln erklärt: „Sollte der Haupterwerb Ihrer Mandantin in der GbR liegen, deren Nachweis zu erbringen ist, wird auch eine nach Monaten aufgeschlüsselte BWA der Jahre 2019 und 2020 benötigt, um den Förderanspruch zu ermitteln“ (Hervorhebung nicht im Original). Hiermit hat die Behörde unmissverständlich auf die Notwendigkeit eines Nachweises für den Haupterwerb der Klägerin zu 2. durch die Klägerin hingewiesen. Demgemäß hätte ein Beleg – wohl in Form des Jahresabschlusses der Klägerin zu 1. für das Jahr 2019 – für die im Verwaltungsverfahren lediglich behaupteten Entnahmen vorgelegt werden müssen. Auch auf die Erinnerungs-Mail vom 04. Oktober 2022, in der ausdrücklich auf die E-Mail vom 07. September 2022 Bezug genommen und darauf hingewiesen worden ist, dass wegen fehlender Mitwirkung der Antrag vollständig abgelehnt werden kann, sind Belege nicht eingereicht worden. Die Antwort des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. in seiner Funktion als prüfender Dritter auf die E-Mail vom 07. September 2022 mit Schreiben vom 02. Dezember 2022 nimmt unter Frage 9 (Seite 3 des Schreibens) lediglich auf die Betriebswirtschaftlichen Auswertungen Bezug, die aber die Entnahmen nicht belegen.
88Ausgehend von dem nach der ständigen Verwaltungspraxis maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung muss der Vortrag im Klageverfahren demgegenüber unberücksichtigt bleiben.
89Vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2023 – 22 ZB 22.2554 –, juris Rn. 14; SächsOVG, Beschluss vom 27. Februar 2023 – 6 B 305/22 –, juris Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2023 – 4 A 3042/19 –, juris Rn. 3; VG Saarland, Urteil vom 12. April 2024 – 1 K 309/23 –, juris Rn. 65; VG Würzburg, Urteil vom 01. Dezember 2023 – W 8 K 23.611 –, juris Rn. 35; VG München, Urteil vom 22. November 2022 – M 31 K 21.6438 –, juris Rn. 30; VG Augsburg, Urteil vom 19. Juli 2023 – Au 6 K 22.1310 –, juris Rn. 52; VG Weimar, Urteil vom 17. September 2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26; siehe auch schon BayVGH, Beschluss vom 14. September 2020, 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 12; VG Würzburg, Urteil vom 08. Februar 2021 – W 8 K 20.1180 –, Rn. 27 und 50, jeweils zur Stichtagsregelung bei Baukindergeld.
90Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht oder erkennbar war, konnte und musste das beklagte Land im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nicht berücksichtigen, sodass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, im Nachhinein keine Berücksichtigung finden können.
91Vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 31. Juli 2023 – B 8 K 21.1306 –, juris Rn. 90 m.w.N.; VG Weimar, Urteil vom 17. September 2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 25 f. m.w.N.
92Nichts anderes gilt für den Nachweis, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt erfüllt sind. So ist es unerheblich, dass im Klageverfahren für die Kammer nachvollziehbar und vermutlich auch für das beklagte Land nicht fernliegend vorgetragen worden ist, dass der Haupterwerb der Klägerin zu 2. durch die Klägerin zu 1. erzielt wird.
93Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.