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1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.044,41 Euro festgesetzt.
VERWALTUNGSGERICHT Aachen
3Beschluss
410 L 947/24
5In dem verwaltungsgerichtlichen
6hat
7die 10. Kammer des
8VERWALTUNGSGERICHTS AACHEN
9am 29. November 2024
10durch
11beschlossen:
121. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
152. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.044,41 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
18A. Der sinngemäß gestellte Antrag,
19die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 10 K 2944/24 erhobenen Klage gleichen Rubrums gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 28. Oktober 2024 hinsichtlich der Fahrtenbuchauflage wiederherzustellen und hinsichtlich der Gebührenfestsetzung anzuordnen,
20hat keinen Erfolg.
21I. Soweit sich der nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestellte Antrag auf die Gebührenfestsetzung bezieht und die Anordnung der nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (hier: Anforderung öffentlicher Kosten) entfallenen aufschiebenden Wirkung begehrt wird, ist der Antrag unzulässig.
22Denn der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Ein derartiges behördliches Aussetzungsverfahren lässt sich weder dem Verwaltungsvorgang noch dem Vorbringen der Beteiligten entnehmen. Das Erfordernis eines vorherigen behördlichen Aussetzungsverfahrens ist nicht lediglich eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung, sondern stellt eine Zugangsvoraussetzung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dar. Diese Zugangsvoraussetzung ist nach Stellung des gerichtlichen Aussetzungsantrages nicht mehr nachholbar.
23Vgl. dazu auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 13. Juli 2012 - 9 B 818/12 -, juris, Rn. 2 und 5, vom 21. Mai 2010 - 7 B 356/10 -, juris, Rn. 5, und vom 13. März 2008 - 12 B 253/08 -, juris, Rn. 1; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 180.
24Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO – drohende Vollstreckung – sind nicht ersichtlich.
25II. Hinsichtlich der Auferlegung der Fahrtenbuchauflage in der Ordnungsverfügung vom 28. Oktober 2024 ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO statthaft, da der vorbezeichneten Klage wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt.
26Der auch im Übrigen insoweit zulässige Antrag ist jedoch nicht begründet.
27Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht hat dazu zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung oder das Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs überwiegt. Maßgebliches Kriterium innerhalb der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich ein angefochtener Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt in der Regel das Aussetzungsinteresse des Antragstellers bzw. der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse; an der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheids besteht regelmäßig kein schutzwürdiges öffentliches Interesse.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2020 - 11 B 13/20 -, juris, Rn. 14.
29Stellt der sich Verwaltungsakt hingegen als offensichtlich rechtmäßig dar, überwiegt regelmäßig das Vollzugsinteresse. Lässt sich bei summarischer Überprüfung eine Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung zwischen den für eine sofortige Vollziehung sprechenden Interessen einerseits und dem Interesse des bzw. der Betroffenen an einer Aussetzung der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren andererseits an. Die Erfolgsaussichten sind dabei auch unabhängig von einer fehlenden Offensichtlichkeit einzubeziehen. Je höher diese sind, desto größer ist das Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten demgegenüber gering, fällt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts stärker ins Gewicht.
30Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Januar 2020 - 15 B 814/19 -, juris, Rn. 8, vom 28. Oktober 2011 - 2 B 1037/11 -, juris, Rn. 20, und vom 28. Dezember 1989 - 11 B 2793/89 -, juris, Rn. 1.
31In den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hat das Gericht darüber hinaus zu prüfen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde in formeller Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt ist.
32Diesen Maßstab zugrunde gelegt, liegen die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht vor.
331. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Erforderlich ist dabei eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem ihn belastenden Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden. § 31a StVZO gehört dabei zu den Vorschriften, bei denen zur Abwehr von Gefahren für typische Gemeinschaftsgüter, nämlich die Sicherheit und Ordnung des öffentlichen Straßenverkehrs, das besondere öffentliche Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts zusammenfällt und sich die Behörde bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken kann, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist. Dementsprechend ist auch den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bei der Anordnung des Sofortvollzugs einer Fahrtenbuchauflage bereits dann genügt, wenn die Begründung der Anordnung erkennen lässt, dass die Behörde diese Gesichtspunkte bei ihrer Interessenabwägung berücksichtigt hat. Die Einschlägigkeit der Begründung in Vergleichsfällen führt bei standardisierten Massenverfahren nicht dazu, dass das Merkmal einer individuellen, auf den Betroffenen bezogenen Begründung entfällt.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Januar 2006 - 8 B 1847/05 -, juris, Rn. 10 f., m. w. N.; OVG Saarl., Beschluss vom 18. Juli 2016 - 1 B 131/16 - juris, Rn. 7; Sächs. OVG, Beschluss vom 25. Juli 2016 - 3 B 40/16 -, juris, Rn. 7, m. w. N.
35Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner genügt. Denn er hat die Vollziehungsanordnung schriftlich gesondert begründet und dabei u. a. ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts der Aufklärung von Verkehrsverstößen sowie deren zukünftiger Verhinderung, die durch eine Fahrtenbuchauflage bewirkt werden sollen, sowie im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs ein besonderes öffentliches Interesse an einer zeitnahen Durchsetzung der Fahrtenbuchauflage bestehe. Das reicht regelmäßig aus. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Einzelfall eine abweichende Beurteilung geboten sein könnte, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
362. Auch überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse im Rahmen der im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das Individualinteresse des Antragstellers an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung. Die angefochtene Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 28. Oktober 2024 erweist sich bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig.
37a. Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage für die Dauer von fünfzehn Monaten findet ihre Rechtsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
38Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
39aa. Mit dem von dem Antragsteller gehaltenen Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000, wurde am 11. Juli 2024 um 9:36 Uhr in A., B- Straße (B01) im Bereich der Hausnummer 00 – Richtung D. –, innerhalb geschlossener Ortschaft die dort durch Verkehrszeichen 310 (gem. Anlage 2 zur StVO) i. V. m. § 41 Abs. 1 StVO angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 46 km/h überschritten (gemessene Geschwindigkeit toleranzbereinigt: 96 km/h). Dies ergibt sich aus den im Verwaltungsvorgang enthaltenen Aufzeichnungen und Angaben der Geschwindigkeitsmessanlage. Anhaltspunkte dafür, dass die angezeigte Geschwindigkeitsübertretung nicht erfolgt ist oder durch ein anderes Fahrzeug begangen worden sein könnte, bestehen nicht.
40bb. Die Feststellung des Fahrzeugführers war im Anschluss an diese Zuwiderhandlung vor Ablauf der nach §§ 26 Abs. 3, 24 Abs. 1, 6 Abs. 1 StVG i. V. m § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG geltenden dreimonatigen Verjährungsfrist (hier: am 11. Oktober 2024) nicht möglich.
41Unmöglich im Sinne dieser Vorschrift ist die Feststellung des verantwortlichen Fahrers dann, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Ob die Aufklärung angemessen war, richtet sich danach, ob die ermittelnde Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Fahrzeughalter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – über den mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den ihm bekannten oder auf einem ihm vorgelegten Lichtbild erkannten Fahrer benennt oder – insbesondere etwa auch, wenn der Fahrer auf dem Foto nicht zu erkennen ist – zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der ermittelnden Behörde können sich im Weiteren an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Behörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
42Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 31. Mai 2023 - 8 A 2361/22 -, juris, Rn. 27, und Beschlüsse vom 10. September 2019 - 8 B 774/19 -, juris, Rn. 3, und vom 15. Mai 2018 - 8 A 740/18 -, juris, Rn. 30 ff., m. w. N.; Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 47. Auflage 2023, § 31a StVZO, Rn. 31, 33 ff., m. w. N.
43Nach diesen Maßstäben ist ein für die Nichtermittlung des Fahrzeugführers ursächliches Ermittlungsdefizit der ermittelnden Behörde nicht ersichtlich. Die Bußgeldbehörde hat den Antragsteller als Halter des Fahrzeugs nicht nur durch Übersendung eines Fragebogens unter dem 22. Juli 2024 und Erinnerung vom 12. August 2024 zu dem Vorwurf – auch als Zeugen – angehört. Der Anhörungsbogen kam nicht in Rücklauf. Zwar ist zu konstatieren, dass die Anhörungsschreiben nicht an die aktuelle Anschrift des Antragstellers „E-Straße 02 in F.“, sondern an seine frühere Anschrift „E-Straße 03 in F.“ versandt wurden. Allerdings ist keines der beiden Schreiben als unzustellbar in Rücklauf geraten und auch der Antragsteller hat im gerichtlichen Verfahren erklärt, unter dem 22. Juli 2024 ein Anhörungsschreiben erhalten zu haben, so dass davon auszugehen ist, dass ihm jedenfalls das erste Anhörungsschreiben auch tatsächlich zugegangen ist. Zudem forderte die Bußgeldbehörde unter dem 2. September 2024 zu Vergleichszwecken ein Lichtbild des Antragstellers bei der Stadt Jülich (Meldebehörde) an. Darüber hinaus beauftragte sie unter dem 9. September 2024 ihren Ermittlungsdienst mit der Identifizierung und Anhörung des Fahrers. Ein Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes des Antragsgegners suchte daraufhin am 13. September 2024 um 10.15 Uhr die Adresse des Antragstellers auf. Ausweislich des angerfertigten Vermerks habe der Antragsteller erklärt, den Fahrer nicht zu kennen bzw. nicht zu erkennen. Er habe zudem erklärt, das Auto selbst nicht zu fahren, sondern es weiteren Personen zu überlassen.
44Hiernach war es der Verfolgungsbehörde nicht zuzumuten, über die getätigten Ermittlungsansätze hinaus weitere zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen durchzuführen. Die Feststellung des Fahrzeugführers hätte vielmehr einen unter Anlegung der vorgenannten Grundsätze unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand verlangt. Entgegen der im vorliegenden Verfahren geäußerten Auffassung des Antragstellers ist auch nicht ersichtlich, dass er von einem Aussageverweigerungsrecht – auf das er mit den Anhörungsschreiben vom 22. Juli 2024 und 12. August 2024 jeweils auf Seite 2 im Übrigen ausdrücklich hingewiesen wurde – Gebrauch gemacht hat. Vielmehr lässt sich dem Verwaltungsvorgang entnehmen, dass er dem Ermittlungsdienst gegenüber angegeben habe, den Fahrer nicht zu kennen bzw. nicht zu erkennen und das Auto dritten Personen zu überlassen. Dem ist der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Macht der Antragsteller von seinem Aussageverweigerungsrecht hingegen keinen Gebrauch, ist der Antragsgegner auch nicht gehalten, weitere Ermittlungen im familiären Umfeld des Halters anzustellen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller gegenüber dem Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes des Antragsgegners erklärt habe, das Fahrzeug „anderen Personen“, also nicht nur einer bestimmten Person bzw. einem bestimmten Personenkreis, zu überlassen.
45Ungeachtet dessen stünde auch die Ausübung eines Aussageverweigerungsrechts der Anwendbarkeit des § 31a StVZO regelmäßig nicht entgegen. Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, die Auflage zum Führen eines Fahrtenbuchs sei nur dann zulässig, wenn der betroffene Halter eines Kraftfahrzeugs nicht in der Lage sei, anzugeben, wer zum Zeitpunkt des Verkehrsdelikts das Fahrzeug geführt habe und dass der Antragsteller durch die Auferlegung der Pflicht zum Führen eines Fahrtenbuches für die Ausübung seines Aussageverweigerungsrechts bestraft werde, dringt er hiermit nicht durch. Die Fahrtenbuchauflage hat eine präventive und keine strafende Funktion. Sie stellt eine der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende Maßnahme der Gefahrenabwehr dar, mit der dafür Sorge getragen werden soll, dass künftige Feststellungen eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich sind. Die Führung eines Fahrtenbuchs kann deshalb selbst dann angeordnet werden, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind.
46Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Mai 2020 - 8 A 4299/19 -, juris, Rn. 18, und vom 25. Januar 2018 - 8 A 1587/16 -, juris, Rn. 13 f., m. w. N.
47Ein dem Antragsteller zustehendes Aussageverweigerungsrecht steht der Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen, nicht entgegen. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass mit der Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen, das Recht des Betroffenen gewahrt bleibt, sich im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren auf ein etwa bestehendes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu dürfen. Das mit der Ausübung dieser Rechte verbundene Risiko, dass auch zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung hingegen nicht von Verfassungs wegen hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren namentlich für andere Verkehrsteilnehmer im allgemeinen Interesse vorzubeugen. Der Halter eines Kraftfahrzeugs hat kein doppeltes Recht, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern oder auch nur einfach zu unterlassen und andererseits trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.
48Vgl. OVG NRW, u. a. Beschlüsse vom 7. März 2023 - 8 B 157/123 -, juris, Rn. 8 ff., und vom 12. Oktober 2020 - 8 E 785/20 -, jeweils m. w. N.
49Weitere Ermittlungsbemühungen waren der Bußgeldbehörde angesichts der fehlenden Mitwirkung durch den Antragsteller nicht abzuverlangen.
50b. Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere ist die Auferlegung eines Fahrtenbuchs für eine Dauer von fünfzehn Monaten nicht unverhältnismäßig. Nach gefestigter ober- und höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage und für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zurückzugreifen. Dabei ist bereits ab einem Punkt und auch bei einer ersten derartigen Zuwiderhandlung von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
51Vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 - 3 B 94.99 -, juris, Rn. 2, und Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, juris, Rn. 10; OVG NRW, Beschlüsse vom 15. März 2007 - 8 B 2746/06 -, juris, Rn. 20, m. w. N., und vom 27. Juli 2006 - 8 B 1224/06 -, juris, Rn. 6.
52An dieser rechtlichen Wertung hat sich auch durch die zum 1. Mai 2014 in Kraft getretene Neuordnung des bisherigen Systems mit 18 Punkten auf ein System mit 8 Punkten im Verkehrszentralregister bis zur Entziehung einer Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zu § 40 FeV nichts geändert.
53Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2015 - 3 C 13.14 -, Rn. 21 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 21. März 2016 - 8 B 64/16 -, juris, Rn. 31 ff., und vom 13. Januar 2016 - 8 A 1217/15 -, juris, Rn. 8 ff.
54Ausgehend davon hat der Antragsgegner zu Recht angenommen, dass es sich bei dem zugrundeliegenden Verkehrsverstoß vom 11. Juli 2024 um einen erheblichen Verstoß handelt, da eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 46 km/h innerorts mit zwei Punkten gemäß Ziffer 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV (i. V. m. Ziffer 11.3.7 der Tabelle 1c des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zur BKatV) zu bewerten ist und zudem die Verhängung eines Fahrverbots von einem Monat sowie ein Bußgeld in Höhe von 400 Euro zur Folge hat.
55Auch die Dauer der angeordneten Fahrtenbuchauflage von fünfzehn Monaten begegnet keinen Bedenken. Der Antragsgegner hat die Dauer der Fahrtenbuchauflage hinreichend begründet und ohne Ermessensfehler auf die Schwere des Verkehrsverstoßes abgestellt, die in dem genannten Punktesystem zum Ausdruck kommt. Die Dauer ist im Hinblick auf die Punktebewertung angemessen und stellt keine übermäßige Belastung dar. Der begangene Verkehrsverstoß rechtfertigt allein die angeordnete Dauer. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat den Erlass einer zwölfmonatigen Fahrtenbuchauflage bereits bei einem mit einem Punkt bewerteten und erstmalig begangenen Verkehrsverstoß als verhältnismäßig angesehen.
56Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Juli 2020 - 8 B 892/20 -, juris, Rn. 38, und vom 26. März 2018 - 8 B 233/18 -, juris, Rn. 9.
57Angesichts dessen bestehen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit einer lediglich um drei Monate längeren Fahrtenbuchauflage aus Anlass eines mit zwei Punkten bewerteten Verkehrsverstoßes keine Bedenken. Selbst Fahrtenbuchauflagen für eine Dauer von 24 Monaten können in solchen Fällen verhältnismäßig sein.
58Vgl. VG Aachen, Urteil vom 4. Mai 2023 - 10 K 2170/22 -, juris, Rn. 49 ff., m. w. N.
59Die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs sind wichtige Gemeinschaftsgüter, die die hier betroffenen privaten Interessen des Antragstellers überwiegen. Die mit der Verpflichtung zum Führen des Fahrtenbuchs für den Antragsteller verbundenen Unbequemlichkeiten müssen hinter dem öffentlichen Interesse, Verkehrsverstöße aufzuklären und zu verfolgen, zurücktreten.
60Die weiteren mit der Fahrtenbuchauflage in Zusammenhang stehenden Regelungen im streitgegenständlichen Bescheid (Ersatz- und Nachfolgefahrzeuge, Vorlage sowie Aufbewahrung des Fahrtenbuchs) begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Sie finden ihre Grundlage in § 31a Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 und 3 StVZO.
61Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 4164/96 -, juris, Rn. 50 f.
62B. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
63C. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Kammer orientiert sich dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OVG NRW,
64vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 10. September 2019 - 8 B 774/19 -, juris, Rn. 12, und vom 26. März 2018 - 8 B 233/18 -, juris, Rn. 13,
65an Ziffer 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach ist für jeden Monat der Dauer der Fahrtenbuchauflage ein Betrag von 400 Euro anzusetzen. Der sich daraus ergebende Betrag (15 x 400 Euro = 6.000 Euro) wird wegen der Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte reduziert. Darüber hinaus wird gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges ein Viertel der in dem streitgegenständlichen Bescheid angesetzten Gebühren in Ansatz gebracht.