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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Eigentümer eines in K.-L. gelegenen Einfamilienhauses, das er vermietet. Er begehrt vom beklagten Land die Gewährung von Billigkeitsleistungen für im Zusammenhang mit der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 entstandene Fahrt- und Übernachtungskosten. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
3Unter dem 13. September 2022 stellte der Kläger bei der Bezirksregierung B. einen Förderantrag nach Ziffer 4. der Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2022 (im Folgenden: Förderrichtlinie), die die Unterstützung von Betroffenen bei der Beseitigung von Schäden, die durch das Hochwasser- und Starkregenereignis im Juli 2021 verursacht worden sind, zum Ziel hat. Zur Begründung gab er an, das von ihm vermietete Einfamilienhaus sei von der Flut betroffen gewesen. Insgesamt seien ihm für den Gebäudeschaden Kosten in Höhe von 18.046,83 Euro entstanden. Zusätzlich habe er Fahrt- und Übernachtungskosten in Höhe von 9.068,30 Euro aufwenden müssen. Insoweit seien Kosten für insgesamt 26 Fahrten entstanden. Die einfache Entfernung betrage 270 km von seinem Wohnort zum vermieteten Objekt. Die Fahrten seien notwendig gewesen für Gespräche mit Handwerksfirmen, Aufmessungen, die Überwachung der Arbeiten, Absprachen mit dem Mieter sowie für die Abnahme nach erfolgter Leistung. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Pkw-Kosten ergebe sich für die im Zeitraum vom 14. Juli 2021 bis Juni 2022 erfolgten Fahrten ein Kostenbetrag in Höhe von 8704,80 Euro. Hinzu kämen Übernachtungen in Höhe von 292,50 Euro sowie 71 Euro. Zudem habe er an Aushilfen im April/Mai 2022 insgesamt 300 Euro gezahlt.
4Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Oktober 2022 bewilligte die Bezirksregierung B. dem Kläger eine Billigkeitsleistung in Höhe von 14.437,46 Euro. Nicht förderfähig seien Zahlungen für Aushilfen in Höhe von 300 Euro sowie die geltend gemachten Fahrt- und Übernachtungskosten. Eigenleistungen und private Zahlungen an Aushilfen seien nicht förderfähig. Das Gleiche gelte für entstandene Fahrt- und Übernachtungskosten wegen notwendiger Fahrten zum vermieteten Objekt. Förderfähig sei daher nur eine Schadenssumme in Höhe von 18.046,83 Euro. Hiervon könnten nach der Förderrichtlinie 80 % bewilligt werden.
5Am 23. November 2022 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Gewährung einer Billigkeitsleistung für die Fahrt- und Übernachtungskosten weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, nach der Flutkatastrophe habe er bis Juni 2022 notwendige Fahrten zu seinem Mietobjekt in L. durchführen müssen. Es habe sich um Fahrten zur Schadensaufnahme und -begutachtung, zur Verbringung von Stromaggregaten und Bautrocknern zum Schadensort, zu Aufräumarbeiten und zur Entsorgung des gesamten Kellerinventars, zu Treffen mit Handwerkern zur Angebotserstellung und zum Aufmaß, zur Auswahl von Material, zur Beaufsichtigung und Koordination von Handwerkern und zur Abnahme der Handwerkerleistungen gehandelt. Erst nach vollständigem Abschluss aller Instandsetzungsarbeiten sei der Förderantrag gestellt worden. Die im angefochtenen Bescheid in Abzug gebrachten Fahrt- und Übernachtungskosten seien nach der Förderrichtlinie förderfähig. Danach seien alle im direkten Zusammenhang mit der Flutkatastrophe entstandenen Kosten förderfähig. Das treffe auf die geltend gemachten Kosten zu. Insbesondere handele es sich nicht um lediglich mittelbar durch das Flutgeschehen verursachte Kosten. Die Kosten für die Fahrten und Übernachtungen seien tatsächlich entstanden und auch unmittelbar durch die Flut verursacht. Sie könnten durch Einzelbelege nachgewiesen und konkreten Terminen zugeordnet werden. Sinn und Zweck der Förderrichtlinie sei, dass Betroffene eine staatliche Unterstützung erhielten, die unverschuldet durch die Unwetterkatastrophe in eine finanzielle Ausnahmesituation geraten seien. Das treffe in seinem Fall zu. Fahrtkosten, die ein Handwerker für im Zusammenhang mit der Flut erbrachte Leistungen oder die Lieferung von Material oder Baugeräten abrechne, seien ohne Zweifel förderfähig. Anderes könne aber nicht gelten, wenn der Geschädigte die Fahrten selbst auf sich nehme, um erforderliche Gerätschaften zum Schadensort zu transportieren oder um Arbeiten am Schadensort selbst durchzuführen, zu überwachen oder zu unterstützen. Damit seien diese Kosten aber unmittelbar durch das Hochwasser entstanden und erstattungsfähig.
6Der Kläger beantragt,
7das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheids der Bezirksregierung B. vom 26. Oktober 2022 zu verpflichten, ihm die beantragte Billigkeitsleistung für Fahrt- und Übernachtungskosten in Höhe von 7.254,64 Euro zu gewähren.
8Das beklagte Land beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags führt es aus, dass ein grundsätzlicher Anspruch auf Gewährung einer Förderung schon nicht bestehe. Das eingeräumte Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Die Ablehnung des Antrags hinsichtlich der Fahrt- und Übernachtungskosten sei in Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium entsprechend der Verwaltungsübung aller beteiligten Bezirksregierungen erfolgt. Die streitigen Kostenpositionen seien nicht förderfähig. Förderfähig seien die Kosten zur Beseitigung unmittelbarer Schäden durch direkte Einwirkung des Schadensereignisses unter anderem an Wohngebäuden bis zur Höhe des entstandenen Schadens. Nach der Konzeption der Richtlinie solle diese die individuell entstandenen Schäden kompensieren, eine Überkompensation sei auszuschließen. Im Fall des Klägers seien die Kosten förderfähig, die zur Beseitigung der unmittelbaren Schäden am Wohngebäude notwendig gewesen seien. Dazu hätten Kosten für Baumaterial sowie die Leistungen fachkundiger Handwerker gehört. Die Anwesenheit des Klägers am Schadensort habe hingegen weder unmittelbar der Schadensbeseitigung gedient noch sei diese Hilfe notwendig gewesen. Aufträge hätten beispielsweise fernmündlich oder elektronisch vergeben werden können. Eine Förderfähigkeit von Fahrt- und Übernachtungskosten sei weder positiv geregelt in der Förderrichtlinie, noch spreche aus anderen Regelungen etwas für die Förderfähigkeit. Fahrt- und Übernachtungskosten seien Aufwendungen, die dem Kläger lediglich mittelbar entstanden seien und die er freiwillig gemacht habe. Diese Kosten fielen als zumutbare Eigenleistungen unter die Schäden, die nach der Richtlinie nicht leistungsrelevant seien. Dies entspreche ständiger Verwaltungspraxis.
11Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Vorsitzenden als Berichterstatter anstelle der Kammer erklärt.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des beklagten Landes Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die Klage, über die der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten als Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO), hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
15Die Voraussetzungen für die begehrte Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Landes Nordrhein-Westfalen zur Beseitigung von Schäden an öffentlicher und privater Infrastruktur sowie zum Wiederaufbau anlässlich der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 (Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen) vom 6. Mai 2022 (im Folgenden: FR) liegen nicht vor. Die Ablehnung einer Billigkeitsleistung für Fahrt- und Übernachtungskosten im Bescheid der Bezirksregierung B. vom 26. Oktober 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf die Bewilligung, noch auf eine Neubescheidung seines Antrags (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16I. Nationale Förderrichtlinien stellen grundsätzlich bloße verwaltungsinterne, das Ermessen für die Verteilung staatlicher Leistungen lenkende Verwaltungsvorschriften dar. Anders als Gesetze und Rechtsverordnungen begründen sie nicht schon durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte und damit verbundene Ansprüche der Zuwendungsbewerber auf Gewährung der Zuwendung. Sie unterliegen auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung, da sie keine Rechtsnormen sind. Sie sind lediglich dazu bestimmt, für die Verteilung der Fördermittel Maßstäbe zu setzen, und sollen auf diese Weise die Ausübung des Ermessens durch die Bewilligungsbehörde steuern. Dem Zuwendungsgeber allein obliegen die Ausgestaltung des Förderverfahrens und die Interpretation der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften.
17Vgl. BVerwG, u. a. Urteile vom 14. März 2018 - 10 C 1.17 -, juris, Rn. 15, vom 25. April 2012 - 8 C 18.11 -, juris, Rn. 31, und vom 23. April 2003 - 3 C 25.02 -, juris, Rn. 14, m. w. N.; OVG NRW, u. a. Urteil vom 5. März 2024 - 21 A 1986/21 -, juris, Rn. 47 ff., und Beschluss vom 26. März 2024 - 4 A 275/22 -, juris, Rn. 9; Bay. VGH, Beschlüsse vom 7. April 2020 - 6 ZB 19.1647 -, juris, Rn. 6, und vom 17. November 2010 - 4 ZB 10.1689 -, juris, Rn. 19; Sächs. OVG, Urteil vom 30. April 2020 - 6 A 713/17 -, juris, Rn. 23; VG Aachen, Urteil vom 16. September 2020 - 7 K 212/20 -, juris, Rn. 22, jeweils m. w. N.
18Der Normgeber ist bei der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, nicht „willkürlich‟ verteilen. Finanzielle Zuwendungen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen dem Normgeber jedoch in sehr weitem Umfang zu Gebote. Solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Ob der Normgeber die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, ist hingegen nicht zu prüfen.
19Vgl. BVerfG, u. a. Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 -, juris, Rn. 49, und Beschluss vom 13. Juni 1979 - 1 BvL 97/78 -, juris, Rn. 18; BVerwG, Urteile vom 6. April 2022 - 8 C 9.21 -, juris, Rn. 25, und vom 14. März 2018 - 10 C 1.17 -, juris, Rn. 18, jeweils m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 5. März 2024 - 21 A 1986/21 -, juris, Rn. 63.
20Eine über ihre zunächst nur verwaltungsinterne Bindung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird Verwaltungsvorschriften nur durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) vermittelt, wobei dies nur in der Gestalt erfolgt, die die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. Entscheidend ist mithin, wie die zuständige Behörde die Verwaltungsvorschriften im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung in ständiger, vom Normgeber gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.
21Vgl. BVerwG, u. a. Urteile vom 14. März 2018 - 10 C 1.17 -, juris, Rn. 15 ff., vom 23. April 2003 - 3 C 25.02 -, juris, Rn. 17, und vom 2. Februar 1995 - 2 C 19.94 -, juris, Rn. 18; OVG NRW, u. a. Urteile vom 5. März 2024 - 21 A 1986/21 -, juris, Rn. 49, 51, und vom 8. September 2023 - 4 A 3042/19 - juris, Rn. 66 f.; Bay. VGH, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 6 ZB 20.438 -, juris, Rn. 15.
22Auch die Verwaltungspraxis als solche unterliegt einer nur eingeschränkten gerichtlichen Prüfung. Bildet allein die aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Willkürgrenze den gerichtlichen Prüfungsmaßstab, ist regelmäßig unerheblich, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gibt, für die gute oder sogar bessere Gründe sprechen. Auch sie muss sich allein am Willkürverbot messen lassen.
23Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 19. April 2024 - 6 K 2961/22 -, juris, Rn. 59 ff., 61, m. w. N.; VG Regensburg, Urteil vom 12. September 2022 - RN 5 K 20.932 -, juris, Rn. 84.
24II. Ausgehend von dem vorstehend dargelegten Prüfungsmaßstab ist die Ablehnung der hier begehrten Billigkeitsleistung für die geltend gemachten hochwasserbedingten Fahrt- und Übernachtungskosten rechtlich nicht zu beanstanden.
25Bei der streitgegenständlichen Förderrichtlinie handelt es sich unzweifelhaft um eine verwaltungsinterne ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift im vorgenannten Sinn. Dies ergibt sich unmittelbar schon aus Ziffer 1.2.2 FR, in der bestimmt ist, dass ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsleistung nicht besteht, sondern die Bewilligungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel entscheidet.
26Die Voraussetzungen für die Gewährung einer hier vor allem auf die Ziffern 4.1 und 4.4.2 FR gestützten Billigkeitsleistung als Aufbauhilfe für Privathaushalte liegen nicht vor.
27Nach Ziffer 4.1 FR sind grundsätzlich förderfähig im Sinne eines Wiederaufbaus Maßnahmen zur Beseitigung unmittelbarer Schäden, bei denen durch direkte Einwirkung des Schadensereignisses bauliche Anlagen und Wege beschädigt oder zerstört wurden (Satz 1). Diese Schäden können Sachschäden an Vermögenswerten wie Gebäuden, Garagen und vergleichbaren Stellplätzen sowie Hausrat und im Falle von Unternehmen oder privaten Vermieterinnen und Vermietern auch Einkommenseinbußen aufgrund einer vollständigen oder teilweisen Unterbrechung der Geschäftstätigkeit während eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten nach Schadenseintritt umfassen (Satz 2).
28Nach Ziffer 4.4.2 FR sind - ggf. allerdings gedeckelt auf 80 % (vgl. Ziffer 4.4.1 FR) - die Kosten zur Beseitigung von Schäden an Wohngebäuden, sonstigen baulichen Anlagen, die für die Funktionsfähigkeit der privaten Wohngebäude einschließlich Garagen und Stellplätze erforderlich sind, an Gewässeruferbefestigungen, die von ihrer Funktion her keinen wasserwirtschaftlichen Zielen dienen, sowie Maßnahmen zur Neuerrichtung oder zum Erwerb von gleichartigen Wohngebäuden als Ersatz für durch das Schadensereignis zerstörte oder das nachweislich nicht mehr nutzbare Wohngebäude - einschließlich der baulichen Sicherung - auch an anderer Stelle (Ersatzvorhaben) sowie an untergeordneten Gewerberäumen in Gebäuden mit überwiegendem Wohnzweck, bis zur Höhe des entstandenen Schadens förderfähig (Nr. 1). Außerdem sind förderfähig die Kosten für anerkannte Maßnahmen des Denkmalschutzes (Nr. 2), die Kosten für die Erstellung von Gutachten sowie für Planungsunterlagen (Nr. 3), die Kosten für den eigenen Hausrat (Nr. 4), die Kosten von Abriss- und Aufräumarbeiten, soweit sie mit dem Schaden in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Nr. 5), die Kosten für begleitende Maßnahmen wie Moderation, Beratung, Austausch und Wissensvermittlung (Nr. 6), in begründeten Fällen auch Kosten für Modernisierungsmaßnahmen (Nr. 7) sowie Einkommenseinbußen von Unternehmen (Nr. 8) und Vermieterinnen und Vermietern (Nr. 9).
29Dass diese Förderkriterien willkürlich sind und auf sachfremden Erwägungen beruhen, ist weder vom Kläger aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Lediglich die Anwendung der Regelung steht vorliegend im Streit. Zwischen den Beteiligten ist namentlich streitig, ob die geltend gemachten Fahrt- und Übernachtungskosten noch zu den unmittelbaren Schäden zählen, für die die Förderrichtlinie die Gewährung einer Billigkeitsleistung vorsieht.
30Die dies verneinende Begründung der Bezirksregierung B. in ihrem Bescheid vom 26. Oktober 2022 ist nach Maßgabe der zuvor dargelegten Grundsätze und unter Berücksichtigung des weitgehend freien und nur durch das Willkürverbot begrenzten Handlungsspielraums des Staates bei der Gewährung finanzieller Zuwendungen aus Billigkeitsgründen sowie des insoweit lediglich eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsrahmens im Ergebnis nicht zu beanstanden.
31Wie zuvor im Einzelnen dargelegt, ist für einen möglichen Anspruch (allein) maßgeblich, wie die zuständige Behörde die - willkürfreie - Regelung im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung in ständiger, vom Normgeber gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist. Insoweit gilt hier Folgendes:
321. Die (ständige) Verwaltungspraxis wird regelmäßig näher durch die Förderrichtlinie selbst und die hierzu ergangenen ministeriellen Erlasse sowie die im Internet für potentielle Antragsteller frei zugänglichen Informationen zur Antragstellung konkretisiert, namentlich u. a. durch die von der Landesregierung NRW veröffentlichten „Informationen zu den Aufbauhilfen für Privathaushalte und Unternehmen der Wohnungswirtschaft“ und „Fragen und Antworten für Privathaushalte und Unternehmen der Wohnungswirtschaft“,
33vgl. u. a. hierzu die Internetpräsenz der Landesregierung NRW, abrufbar unter https://www.land.nrw/wiederaufbauhilfe,
34sowie die weiteren umfassenden, auf der Internetpräsenz der Landesregierung zudem verlinkten Informationen des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD NRW) auf dessen Internetpräsenz (https://www.mhkbd.nrw/), insbesondere den vom Ministerium herausgegebenen 58-seitigen „Leitfaden für die ´Aufbauhilfen für Privathaushalte und Unternehmen der Wohnungswirtschaft´ - UPDATE-3“ mit Stand vom 1. September 2022.
35Vgl. https://www.mhkbd.nrw/system/files/media/docu ment/file/23-12-20_am-leitfaden-wiederaufbau-privat haushalte-update-3_0.pdf.
36Alle Unterlagen stellen im Ergebnis jeweils eine Verlautbarung des beklagten Landes dar, wie es die Förderrichtlinien versteht und zu handhaben gedenkt. Liegen Anhaltspunkte für eine abweichende ständige Verwaltungspraxis nicht vor, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Bewilligungsbehörden die Gewährung der Billigkeitsleistungen auf der Grundlage dieser Erlasse, Hinweise und Informationen vornehmen.
372. Zu der hier streitgegenständlichen Frage einer Förderfähigkeit von Fahrt- und Übernachtungskosten Privater verhält sich die Förderrichtlinie nicht. Auch in den Verlautbarungen des beklagten Landes fehlt es - soweit ersichtlich - an Ausführungen zu dieser Frage. Insoweit ist dem Kläger daher zwar zuzugeben, dass nicht ausdrücklich geregelt ist, dass Fahrt- und Übernachtungskosten grundsätzlich nicht förderfähig sind. Aber das Gegenteil, also eine Förderfähigkeit dieser Schadenspositionen, ist ebenso wenig ausdrücklich geregelt. Insbesondere sind Fahrt- und Übernachtungskosten nicht aufgeführt in dem Katalog der förderfähigen Schadenspositionen in Ziffer 4.4.2 FR.
38Ausgehend hiervon hat das beklagte Land im Verfahren ausgeführt, dass in Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium und nach übereinstimmender Verwaltungspraxis aller fünf beteiligten Bezirksregierungen Fahrt- und Übernachtungskosten Privater, wie sie im vorliegenden Fall geltend gemacht werden, zu den mittelbaren Schäden zu zählen sind, die nach der Förderrichtlinie nicht förderfähig sind.
39Dafür, dass sich im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Antrag des Klägers eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis entwickelt und das beklagte Land in anderen Fällen gleichwohl eine Billigkeitsleistung auch für derartige Kostenpositionen gewährt hat, fehlt es an jedweden Anhaltspunkten. Nach den unbestrittenen Angaben des beklagten Landes ist dies auch nicht der Fall.
403. Diese Verwaltungspraxis, die eine Förderung von Fahrt- und Übernachtungskosten ausschließt, erweist sich auch nicht als willkürlich.
41Das beklagte Land hat im Klageverfahren insoweit zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei den geltend gemachten Fahrt- und Übernachtungskosten um Aufwendungen handele, die dem Kläger nur mittelbar entstanden seien und die er freiwillig gemacht habe, die damit eher den zumutbaren Eigenleistungen zuzuordnen seien. Als Eigentümer einer Immobilie müsse der Kläger einen eigenen Verwaltungsaufwand leisten, von dem er auch im Falle einer Naturkatastrophe nicht befreit sei. Die Entstehung und Höhe dieser Kosten hänge vor allem auch von der privaten Lebensgestaltung des Antragstellenden ab. Würden Fahrtkosten als förderfähig anerkannt, könnten sich hierauf auch Eigentümer berufen, die infolge des Hochwassers aus dem Ausland angereist seien und gegebenenfalls sogar Flugkosten gehabt hätten. Eine Förderung dieser Kosten sei vom Zuwendungsgeber nicht gewollt. Ihm habe bei Erlass der Richtlinie zudem klar vor Augen gestanden, dass förderfähig grundsätzlich nur solche schadenbedingten Kosten sein sollten, über die ein Dritter dem Geschädigten eine Rechnung stellen könne, insbesondere also Rechnungen über Handwerkerleistungen und erforderliche Baumaterialien. Eine Ausnahme habe der Richtliniengeber allein für Einkommenseinbußen gemacht, die ebenfalls regelmäßig nur mittelbar entstünden. Hier werde der Unmittelbarkeitsgrundsatz aus Ziffer 1.1.1 FR aber ausnahmsweise und ausdrücklich durchbrochen. Für andere Fälle sei dies gerade nicht geregelt und auch nicht gewollt. Mittelbare Schäden seien daher, wie sich auch aus Ziffer 2.2 lit. c) FR ergebe, grundsätzlich nicht förderfähig.
42Diese Begründung ist im Ergebnis jedenfalls vertretbar und von sachlichen Gesichtspunkten getragen und daher von dem großen Entscheidungsspielraum der Behörde gedeckt. Wie eingangs bereits ausgeführt, hat allein der Zuwendungsgeber die Interpretationshoheit über die Regelungen seiner Förderrichtlinie. Allein er entscheidet im Rahmen der durch das Willkürverbot gezogenen Grenzen darüber, wer leistungsberechtigt ist, für welche Schäden eine Förderung gewährt wird und in welcher Höhe die Billigkeitsleistung erfolgt. Dem Zuwendungsbewerber ist eine Auslegung - hier: ob Fahrt- und Übernachtungskosten noch zu den unmittelbaren Schäden im Sinne der Förderrichtlinie zählen - damit ebenso verwehrt wie dem Gericht. Ob der Normgeber die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat bzw. ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis der Bewilligungsbehörde Alternativen gibt, für die unter Umständen sogar bessere Gründe sprechen, ist - wie im Einzelnen bereits aufgezeigt - nicht Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Ein allein gerichtlich überprüfbarer Verstoß gegen das Willkürverbot liegt hier jedenfalls nicht vor.
43Für das Vorliegen eines atypischen Falls mit einer hieraus resultierenden Möglichkeit, eine unbillige Härte im Sinne von Ziffer 7.15 FR anzunehmen und im Einzelfall eine Förderung auch für Fahrt- und Übernachtungskosten vorzunehmen, ist schließlich ebenfalls weder etwas substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Richtliniengebers sind aus notwendigen oder jedenfalls sachlich vertretbaren Pauschalierungen resultierende und dabei nicht jeder einzelnen Fallgestaltung in vollem Umfang gerecht werdende Nachteile regelmäßig hinzunehmen. Diese sind gerade typisches Ergebnis von derartigen Pauschalierungen.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.