Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Kopien der Sitzungsniederschriften des Ausschusses für Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt zu überlassen, auf die im Schreiben der Beklagten vom 25. September 2018 Bezug genommen worden ist (d.h. der Sitzungen vom 30. November 2016, vom 22. Februar 2017 und vom 29. März 2017 ).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger begehrt von der Beklagten mehrere Auskünfte im Zusammenhang mit der Errichtung einer Lichtzeichensignalanlage (LSA) zur Kontrolle des Durchfahrtverkehrs in der P nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW).
3Der Kläger und seine Ehefrau führten im Jahr 2013 vor dem erkennenden Gericht ein Klageverfahren - 2 K 2305/13 -, in welchem sie die Verpflichtung der Beklagten begehrten, weitere verkehrsrechtliche Maßnahmen zur tatsächlichen Verkehrsberuhigung der P zu ergreifen. Am 22. September 2016 schlossen sie in diesem Verfahren einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, ihren Antrag nach Abschluss der durch den Ausschuss für Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt (ASVU) am 27. April 2016 beschlossenen Vorgehensweise gemäß den Ziffern 2, 3 und 4 der Niederschrift über diese Sitzung, d.h. nach abschließender Beratung gemäß Ziffer 4, neu zu bescheiden.
4In der ASVU-Sitzung vom 27. April 2016 wurde die Verwaltung beauftragt, auf der Basis der Ergebnisse einer Bürgerbefragung aus dem Jahr 2015 folgende Maßnahmen zu veranlassen:
5- Gespräche mit der ASEAG/dem AVV über den Einsatz von barrierefreien „Kleinbussen“ in dem betroffenen Bereich (Burgstraße) zu führen und die hiermit verbundenen Kosten zu ermitteln.
6- Einen Fachplaner mit der Erarbeitung eines Konzepts nach den im Schreiben der Fraktionen von CDU und SPD vom 16. März 2016 genannten Vorgaben, einschließlich der Kostenermittlung für die Umsetzung des Konzepts, z.B. Einrichtungs- und Unterhaltungskosten des Verkehrsüberwachungssystems, zu beauftragen (Ziffer 2).
7Außerdem wurde die Verwaltung beauftragt, diese Maßnahmen dem ASVU in seiner nächsten Sitzung zur Beratung vorzulegen und im Anschluss daran eine öffentliche Bürgerbeteiligung durchzuführen, bei der die Maßnahmen vorgestellt und diskutiert werden sollten (Ziffer 3.). Schließlich sollte die Verwaltung auf Basis der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung einen abschließenden Vorschlag erstellen und dem ASVU zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen (Ziffer 4).
8In dem in Ziffer 2 genannten Schreiben der Fraktionen von CDU und SPD vom 16. März 2016 heißt es:
9„Es ist eine externe verkehrstechnische Expertise einzuholen. Das Konzept soll sich wie folgt am Beratungsergebnis orientieren:
10a) Der Bereich Burgstraße/Vogelsangstraße wird für den Durchgangsverkehr geschlossen. Dies soll nicht durch Schranken oder Poller erfolgen. Es ist zu prüfen, inwieweit dies mit Mitteln der heutigen Verkehrstelematik umgesetzt werden kann. Denkbar wäre z.B. eine Lösung mit einem zweiseitigen Messsystem, das an einer Stelle für den beidläufigen Verkehr jeweils mit einer Blitzeinheit und einer Kennzeichenkamera ausgestattet ist. (...) Am Beispiel der Stadt Monschau und anderen Städten orientiert ist eine solche Umsetzung möglich. (...)
11b) Insgesamt ist zu beachten, dass die Durchfahrt für die Befragten weiter offen bleibt. Auch die Erreichbarkeit der Anlieger für Zulieferer, Besucher muss gewährleistet sein.
12c) Zudem bitten wir zu prüfen, wie auch bei den Durchfahrtberechtigten die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung wirksamer erreicht werden kann.
13d) Der Öffentliche Personennahverkehr fährt den Bereich wie bisher weiter an. Mit der X ist zu prüfen, ob die bisherigen großen Busse gänzlich oder außerhalb der Spitzenzeiten durch kleinere, barrierefreie Fahrzeuge ersetzt werden können.“
14In der Folgezeit fanden am 30. November 2016, am 22. Februar 2017 und am 29. März 2017 weitere Sitzungen des ASVU statt, in denen das Thema „Verkehrssituation Q“ auf der Tagesordnung stand. In diesen stellte der von der Beklagten beauftragte Verkehrsplaner, die G, die Untersuchungsergebnisse der von ihm erstellten Verkehrsanalyse anhand einer Präsentation vor,
15vgl. Anlage 3 zur Niederschrift der Sitzung des ASVU vom 30. November 2016, unter J,
16und beantwortete einen schriftlichen Fragenkatalog der SPD-Fraktion.
17Vgl. Anlage 1 zur Vorlage TOP A) 5 zur Sitzung des ASVU vom 22. Februar 2017, unter J
18Die Verwaltung der Beklagten erarbeitete eine Kostenermittlung - zunächst i.H.v. 69.000 €, später korrigiert auf 80.000 € - sowie einen umsetzbaren Vorschlag für die Variante 2 aus der Verkehrsanalyse mit einer LSA in Höhe der E.
19Vgl. Vorlage zur Sitzung des ASVU am 29. März 2022, unter J
20Am 26. April 2017 erfolgte eine Bürgerbeteiligung zur Errichtung einer LSA zur Kontrolle des Durchfahrtverkehrs in der Burgstraße, in der die G die Analyse der Verkehrssituation im Bereich P und die von ihr vorgeschlagene Lösungsmaßnahme - Errichtung einer LSA in der Gebietsmitte mit zwei Varianten - präsentierte.
21Vgl. Anlage zur Vorlage TOP A) 3 zur Sitzung des ASUV vom 7. Juni 2017, unter J
22In der Sitzung vom 7. Juni 2017 beschloss der ASUV nach abschließender Beratung, die Verwaltung zu beauftragen, entsprechend den Ausführungen des Verkehrsplaners in der am 26. April 2017 durchgeführten Bürgerbeteiligung eine LSA zur Kontrolle des Durchfahrtsverbots in Höhe der Vogelsangstraße Nr. 4 zu errichten.
23Am 29. August 2017 fand ein Ortstermin mit den beteiligten Ämtern und der später mit der Ausführung der LSA beauftragten Firma statt, in dem die Hintergründe der Aufgabenstellung und die Rahmenbedingungen thematisiert wurden.
24Der Bau- und Vergabeausschuss (BVA) der Beklagten tagte am 19. Oktober 2017 und beschloss in nicht-öffentlicher Sitzung unter TOP B) 19 die „Vergabe der Bau-leistung zur Errichtung einer LSA zur Kontrolle des Durchfahrtsverbots in der Q“.
25Am gleichen Tag beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm eine Kopie der Vorlage zu TOP B) 19 dieser Sitzung des BVA nach dem IFG NRW zu überlassen.
26Mit Schreiben vom 24. November 2017 teilte die Beklagte ihm das Ergebnis der Sitzung des BVA zu TOP B) 19 wie folgt mit:
27„Der Bau- und Vergabeausschuss beschließt einstimmig, die Vergabe der Bauleistungen zur Errichtung einer Lichtzeichenanlage (LSA) zur Kontrolle des Durchfahrtverbots an die Firma … zu einer Auftragssumme in Höhe von …“
28Im Übrigen erklärte sie, dass eine Kopie der Vorlage nicht zur Verfügung gestellt werden könne, weil gemäß § 7 Abs. 1 IFG NRW ein Antrag auf Informationszugang für Entwürfe zu Entscheidungen, für Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung sowie für Protokolle vertraulicher Beratungen abzulehnen sei. Das gelte auch für die Niederschrift über die Beratung des BVA. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war dem Schreiben nicht beigefügt.
29Mit Schreiben vom 26. November 2017 wiederholte der Kläger den Antrag und ergänzte ihn dahin, dass er auch die Überlassung einer Kopie des Berichts zu TOP B) 19 der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 wünsche, der der Niederschrift über die Sitzung als Anlage 9 beigefügt sei.
30Mit weiterem Schreiben vom 13. Dezember 2017 bat der Kläger unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 IFG NRW um Mitteilung, welche Ergebnisse die Anfang Dezember 2017 durchgeführte Fahrplanänderung der X für die Q gebracht habe.
31Mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 verwies die Beklagte auf ihr Schreiben vom 24. November 2017. Ein weitergehender Anspruch bestehe nicht, da es sich um nicht öffentliche Unterlagen handele. Sie verwies den Kläger auf das Recht, die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI NRW) anzurufen. Die Informationen zur Fahrplanänderung der X würden von anderer Seite zugeleitet.
32Mit Schreiben vom 1. Januar 2018 stellte der Kläger klar, dass er nur Informationen über den Beratungsgegenstand einschließlich der dazu vorliegenden Sachinformationen sowie über die abschließende Entscheidung des BVA zu TOP B) 19 der Sitzung vom 19. Oktober 2017 erbeten habe. Diese seien gemäß § 7 Abs. 3 IFG NRW zu erteilen. Des Weiteren bat er um Übersendung einer Kopie der Ausschreibungsunterlagen zur LSA in der Q.
33Mit Schreiben vom 8. Januar 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, welche Einigungspunkte mit der X erzielt worden seien (ab Dezember 2017 Einsatz von Midi-Bussen montags bis freitags auf der Linie 72 bei jeder zweiten Fahrt und ab Februar 2018 Ersatz des Gelenkbusses als Verstärkerfahrt im Schülerverkehr durch Standardlinienbus). Aus Sicht der X seien weitere Maßnahmen (Einsatz weiterer Midibussen auf der Linie 72, Systemumstellung auf Anrufsammeltaxis, Rufbusse oder andere alternative Systeme) nicht möglich bzw. das Vorhalten und Wechseln unterschiedlicher Bustypen logistisch und wirtschaftlich nicht darstellbar. Dass die Linienführung nicht geändert werden solle, sei eine politische Entscheidung.
34Mit Schreiben vom 1. Februar 2018 teilte die Beklagte mit, dass der Beratungsgegenstand und die abschließende Entscheidung zu TOP B) 19 der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 dem Kläger, soweit zulässig, bereits mitgeteilt worden seien.
35Mit Schreiben vom 6. Februar 2018 wandte sich der Kläger an die LDI NRW.
36Mit Email vom 5. April 2018 wies die LDI NRW die Beklagte darauf hin, dass Unterlagen, die eine vertrauliche Beratung vorbereiteten, nicht automatisch von dem Verweigerungsgrund des § 7 Abs. 1 IFG NRW umfasst seien. Geschützt werde der Diskussionsverlauf im Beratungsgremium, nicht aber das Diskussionsthema und die Arbeitsgrundlagen, auf deren Basis die Beratung erfolgt sei. Der Begriff des Protokolls erfasse nur die förmliche Niederschrift der wesentlichen Punkte einer Sitzung des Gremiums. Der Antrag des Klägers beziehe sich nicht auf das durch § 7 Abs. 1 IFG NRW geschützte Protokoll, sondern auf Informationen über den Beschlussvorschlag, den zugrunde liegenden Sachverhalt und das Beratungsergebnis. Diese Informationen unterfielen nicht dem Schutzbereich der Vorschrift.
37Mit E-Mail vom 23. April 2018 nahm die Beklagte dahin Stellung, dass dem Beschluss des BVA zu TOP B) 19 in der Sitzung vom 19. Oktober 2017 ein Beschluss des ASVU vom 7. Juni 2017 über die Errichtung einer LSA zur Kontrolle des Durchfahrtverbots in Höhe der E vorangegangen sei. Dieser Beschluss und die ihm vorangegangenen Beratungen und Beschlüsse seien öffentlich und dem Kläger bekannt. In der streitgegenständlichen Beschlussvorlage werde auf diese Beschlusslage hingewiesen. Das sei dem Kläger bereits mitgeteilt worden. Darüber hinaus enthalte die Anlage ein Angebot der Firma, die den Auftrag erhalten habe, sowie die diesem Angebot zugrunde liegende technische und wirtschaftliche Kalkulation und die Preise. Diese Daten dürften nicht veröffentlicht werden, da es sich um sensible Unternehmensdaten handele, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stünden, nicht offenkundig seien und an deren Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse des Unternehmens bestehe. Sie gäben Details zur Preiskalkulation preis. Zudem ließen sie Rückschlüsse auf den Bau und die Funktionsfähigkeit der Anlage zu.
38Mit E-Mail vom 21. Mai 2018 wies die LDI NRW zu dem Versagungsgrund des Schutzes des Geschäftsgeheimnisses darauf hin, dass ein Gesamtpreis ohne Bezifferung der einzelnen Preiskomponenten keine Rückschlüsse auf die Preiskalkulation zulasse und daher zu offenbaren sei. Zudem enthalte die Stellungnahme keine Ausführungen dazu, inwieweit dem Bieter durch die Offenbarung ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde.
39Mit Schreiben vom 15. August 2018 bat der Kläger ferner um Mitteilung,
40wie vielen Fahrzeugen eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Burgstraße erteilt worden sei (Stand: Ende Juli 2018) und
wie viele Mitarbeiter mit der Abwicklung der Anträge befasst seien,
sowie unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 IFG NRW um Informationen
44zur Leistungsbeschreibung für die LSA in der P bzw. um Kopien der Ausschreibungsunterlagen und
über die Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G.
Mit Mail vom 3. September 2018 teilte die Beklagte der LDI NRW mit, dass das beauftragte Unternehmen eine Einsicht in die Unterlagen ablehne.
48Mit Schreiben vom 25. September 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die C als Vertragspartnerin für die städtischen Lichtzeichensignalanlagen aufgefordert worden sei, eine Anlage nach den Beschlüssen des ASVU zu konzipieren. Dies sei in Zusammenarbeit mit der K geschehen, die die Erfassungseinrichtungen, d.h. die Kameras und die Auswertungssoftware bereitstelle. Aus diesem Grund sei keine Ausschreibung erfolgt, da Teile der Busanforderungsanlage hätten weiter verwendet werden müssen. Die C habe wie folgt Stellung genommen: Bei der Lichtzeichensignalanlage handele es sich um eine spezielle und einzigartige Anlage. Aufgrund ihrer speziellen Anforderungen seien einzigartige technische Komponenten eingesetzt worden, die speziell für diesen Anwendungsfall bestimmt und angepasst worden seien. Einer Weitergabe von Unterlagen in jeglicher Art und Weise könne nicht zugestimmt werden, da dabei Know-how und betriebsinterne Informationen preisgegeben würden. Nicht weitergegeben werden dürften insbesondere Angebote mit entsprechenden Preisen, Kalkulationsunterlagen mit entsprechenden Preisinformation sowie bauspezifische technische Informationen und Konzepte. Ferner teilte die Beklagte mit, dass dem beauftragten System der Beschluss des ASVU vom 2. Juni 2017 (richtig: 7. Juni 2017) zugrunde liege, der „das Ergebnis einer umfangreichen und umfassenden Beratung des Ausschusses in mehreren Sitzungen“ gewesen sei. Die Sitzungsunterlagen hierzu lägen dem Kläger vor. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
49Mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 wies der Kläger darauf hin, dass ihm nicht „sämtliche Sitzungsunterlagen über die Beratungen des ASVU in mehreren Sitzungen“ vorlägen und bat um deren Übersendung. Er stellte klar, dass er nicht um Unterlagen der C über Know-how, betriebsinterne Vorgänge, Kalkulationsgrundlagen o.ä. gebeten habe. Angefordert habe er nur die Ausschreibungsunterlagen über die Leistungskriterien der LSA, d.h. eine Leistungsbeschreibung über Zweck, Funktion, Arbeitsweise und sonstige Anforderungen, die Grundlage der Vergabe gewesen seien. Sein Antrag vom 15. August 2018 zu den Unterlagen zum Auftrag an die G sei unbearbeitet.
50Mit E-Mail vom 17. Oktober 2018 wies die LDI NRW die Beklagte darauf hin, dass im Schreiben vom 25. September 2018 der Informationsantrag vom 15. August 2018 betreffend die Durchfahrtgenehmigungen nicht beschieden worden sei. Im Übrigen habe der Kläger wiederholt um Übersendung eines rechtsmittelfähigen Bescheids hinsichtlich seiner Anträge vom 19. Oktober 2017, vom 3. Dezember 2017 und vom 15. August 2018 gebeten. Die Schreiben der Beklagten vom 24. November 2017 und 15. Dezember 2017 enthielten keine Rechtsbehelfsbelehrung und genügten nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.
51Mit förmlichem Bescheid vom 9. November 2018, zugegangen am 12. November 2018, lehnte die Beklagte den Antrag vom 19. Oktober 2017 auf Überlassung einer Kopie der Vorlage zu TOP B) 19 der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 und der Anlage 9 zur Sitzungsniederschrift ab. Dem Kläger könnten über die bereits erteilten Auskünfte hinaus keine weiteren Informationen gegeben werden. Ein Antrag auf Informationszugang sei abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen, für Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung sowie für Protokolle vertraulicher Beratungen. Nach Abschluss des Verfahrens seien die Informationen zugänglich zu machen. Das sei bezüglich des Beschlusses des BVA zu TOP B) 19 erfolgt. Im Übrigen beruhe dieser Beschluss auf einem Beschluss des ASVU vom 7. Juni 2017 zur Errichtung einer LSA zur Kontrolle des Durchfahrtsverbotes in Höhe der Vogelsangstraße 4, der ebenso wie die vorangegangenen Beratungen und Beschlüsse des ASVU öffentlich gewesen und dem Kläger bekannt sei. Darüber hinaus enthielten die Vorlage und ihre Anlage ein Angebot der Firma, die den Auftrag erhalten habe, sowie die diesem Angebot zugrunde liegende technische und wirtschaftliche Kalkulation und die Preise. Diese Daten dürften nicht veröffentlicht werden, da es sich um sensible Unternehmensdaten handele, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stünden, nicht offenkundig seien und an deren Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse des Unternehmens bestehe. Die Daten gäben Details zur Kalkulation preis. Zudem ließen sie Rückschlüsse auf den Bau und die Funktionsfähigkeit der Anlage zu. Das betroffene Unternehmen sei mit deren Weitergabe nicht einverstanden. Bei diesen Informationen handele es sich auch nicht um Informationen über den Beschlussvorschlag, den zugrunde liegenden Sachverhalt oder das Beratungsergebnis.
52Mit Schreiben vom 12. November 2018 wies die Beklagte darauf hin, dass der Antrag vom 15. August 2018 betreffend die Durchfahrtsgenehmigungen und der Anzahl der befassten Mitarbeiter mit E-Mail vom 7. September 2018 beantwortet worden sei.
53Mit Schreiben vom 28. November 2018 entgegnete der Kläger, dass dem Antrag betreffend die Durchfahrtgenehmigungen nicht entsprochen worden sei. Er bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Auch bat er um Mitteilung der Zahl der erteilten Durchfahrtgenehmigungen für den Bereich Burgstraße mit Stand 1. November 2018 und um Beantwortung der Frage nach der Anzahl der mit den Verwaltungsvorgängen befassten Mitarbeiter bzw. dem wöchentlichen Zeitaufwand, wozu er auch die Abwicklung der (Nicht-) Ahndungen bei geblitzten Durchfahrten rechne.
54Der Kläger hat am 10. Dezember 2018 Klage erhoben.
55Er macht geltend, die Klage sei zulässig, insbesondere habe vor Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden müssen. Ihm stünden die beantragten Informationen zu. Er sei als natürliche Person anspruchsberechtigt i.S.v. § 4 Abs. 1 IFG NRW, die Beklagte sei auskunftspflichtig i.S.v. § 2 Abs. 1 IFG NRW und die Anträge bezögen sich auf Informationen i.S.v. § 3 IFG NRW. Ein Ausschlussgrund liege nicht vor. Der Antrag könne nicht nach § 5 Abs. 4 IFG NRW damit abgelehnt werden, dass ihm die Informationen bereits zur Verfügung gestellt worden seien oder er sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen könnten. Sollten Teile der beantragten Informationen allgemein zugänglich sein, wäre die Beklage im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, ihm mitzuteilen, welche Informationen wo zu finden seien. Dies habe sie nicht getan. Anhaltspunkte für einen Ablehnungsgrund nach § 6 IFG NRW seien nicht ersichtlich. Ein Fall des § 7 IFG NRW liege ebenfalls nicht vor. Er begehre keine Entwürfe oder Notizen. Es gehe ihm allein um die Vorlage, die Grundlage für die Beschlussfassung des BVA in der Sitzung vom 19. Oktober 2017 gewesen sei. Diese beinhalte das vorläufige Ergebnis der vorangegangenen Sitzungen des BVA und des ASVU. Sie enthalte auch keine Darstellung des Willensbildungsprozesses. Der Diskussionsverlauf lasse sich ihr nicht entnehmen. Im Übrigen sei sie nach § 7 Abs. 3 IFG NRW nach Abschluss des Verfahrens zugänglich zu machen. Der Ausschlussgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des § 8 IFG NRW stehe ebenfalls nicht entgegen. Weder begehre er die detaillierte Aufschlüsselung des Angebots noch wolle er wissen, wie die LSA konkret funktioniere. Er wolle lediglich darüber informiert werden, welche Eigenschaften einer LSA gewollt gewesen seien und worauf sich die gesuchten Eigenschaften stützten. Darunter fielen nicht die Unterlagen zu den Entscheidungsprozessen. Wenn es keine Ausschreibungsunterlagen gebe, gebe es aber anderen Schriftverkehr mit potentiellen Bietern oder Auftragnehmern, den er sehen wolle. Untersuchungskriterien und -ziele könnten etwas anderes sein als die vorgelegten „Beschlussunterlagen“. Die Beklagte verfüge offenbar nicht über Untersuchungskriterien und -ziele. Er begehre auch keine Informationen über personenbezogene Daten (§ 9 IFG NRW). Die Informationsanträge betreffend die Durchfahrtgenehmigungen und die Fahrplanänderungen habe die Beklagte nicht beschieden. Sie teile auch nicht mit, weshalb die Informationen der Geheimhaltung unterfielen und warum eine teilweise Vorlage oder eine Schwärzung ggf. sensibler Daten nicht möglich sei.
56Mit weiterem Bescheid vom 20. Dezember 2018 lehnte die Beklagte den Antrag betreffend die Durchfahrtgenehmigungen für die Q ab. Das Informationsbegehren sei mit Email vom 7. September 2018 beantwortet worden, wonach bis zum damaligen Zeitpunkt 1.321 Durchfahrtsgenehmigungen erteilt worden seien. Soweit der Kläger um Mitteilung des Ist-Zustandes zum 1. November 2018 gebeten habe, sei eine Auskunft nicht möglich, weil die Anzahl der Genehmigungen nicht datenscharf festgehalten werde. Es könne nur der Stand heute mitgeteilt werden. Aktuell seien 1.350 Durchfahrtberechtigte registriert. Sofern der Kläger Informationen zur Anzahl der mit den Verwaltungsvorgängen in Sachen Q befassten Mitarbeitern bzw. dem wöchentlichen Zeitaufwand begehre, könne dazu keine Auskunft erteilt werden, da diese Daten nicht festgehalten würden und damit nicht vorhanden seien. Es seien wechselnde Mitarbeiter mit der Bearbeitung befasst.
57Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2019 hat der Kläger den Bescheid vom 20. Dezember 2018 in die Klage einbezogen.
58Die Beklagte habe damit seinen Informationsantrag nicht ausreichend beantwortet. Vielmehr stellten sich viele weitere Fragen: So habe die Beklagte den Anstieg der Zahl der Genehmigungen von 1.321 laut Email vom 7. September 2018 auf 1.350 laut Bescheid vom 20. Dezember 2018 nicht nachvollziehbar begründet. Die Auswahlkriterien seien intransparent und ineffektiv, so dass die Vorlage weiterer Unterlagen angemessen sei. Die Mitteilung über die Nichtfeststellbarkeit des Umfangs der Tätigkeit der Mitarbeiter sei nicht nachvollziehbar, da eine umfangreiche Datenpflege insoweit erforderlich sei. Es sei mitzuteilen, wie viele Personen für die Arbeiten abgestellt seien und in welcher Zeit die Arbeiten vorgenommen würden. Ggf. sei dies zu schätzen. Auch wolle er angesichts der Angabe der Beklagten, dass mehrere Mitarbeiter mit den Tätigkeiten befasst seien, als betroffener Anwohner wissen, wie mit den erhobenen Daten unter Berücksichtigung des Datenschutzes umgegangen werde und wer Zugang zu den Daten habe. Auch der Informationsantrag zu den Unterlagen bezüglich der Fahrplanänderungen der ASEAG sei nicht beantwortet.
59Der Kläger hat zunächst schriftsätzlich beantragt,
60die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 9. November 2018 und vom 20. Dezember 2018 zu verpflichten, ihm die am 19. Oktober 2017, 26. November 2017, 13. Dezember 2017, 1. Januar 2018, 25. Juni 2018 (richtig: 4. Oktober 2018) und 15. August 2018 beantragten Auskünfte zu erteilen, insbesondere
611. die Vorlage und die Anlage 9 zur Sitzungsniederschrift zu TOP B) 19 der Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses vom 9. Oktober 2017 (Antrag vom 19. Oktober 2017 und vom 26. November 2017),
2. die Ausschreibungsunterlagen zur Lichtzeichensignalanlage in der Q (Antrag vom 1. Januar 2018),
3. die Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G (Antrag vom 15. August 2018),
4. die Sitzungsniederschriften des Ausschusses für Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt der Beklagte zum Thema Q (Antrag vom 25. Juni 2018, richtig: 4. Oktober 2018),
5. den Zeitaufwand für die Durchfahrtgenehmigungen und Ahndungen der Verstöße und die Unterlagen (Antrag vom 15. August 2018),
6. die Unterlagen bezüglich der Fahrplanänderung der X für die Q (Antrag vom 13. Dezember 2017).
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 9. November 2018 und vom 20. Dezember 2018 zu verpflichten, ihm die am 19. Oktober 2017, 26. November 2017, 13. Dezember 2017, 1. Januar 2018, 25. Juni 2018 (richtig: 4. Oktober 2018) und 15. August 2018 beantragten Auskünfte, die im Zusammenhang mit der Lichtzeichensignalanlage P stehen und nicht der Geheimhaltung unterliegen, zu erteilen.
74Der Kläger hat in dem Erörterungstermin der Kammer vom 14. April 2022 die Klageanträge zu Ziffer 5. und 6. zurückgenommen.
75Er beantragt nunmehr schriftsätzlich,
76die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 9. November 2018 und vom 20. Dezember 2018 sowie der formlosen Bescheide vom 24. November 2017, 15. Dezember 2017, 1. Februar 2018 und vom 25. September 2018 zu verpflichten, ihm auf seine Anträge folgende Unterlagen zu überlassen bzw. folgende Auskünfte zu erteilen:
771. eine Kopie der Vorlage und der Anlage 9 zur Sitzungsniederschrift (Bericht) zu TOP B19 der Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses vom 19. Oktober 2017 (Antrag vom 19. Oktober 2017 und vom 26. November 2017),
782. Kopie der Ausschreibungsunterlagen zur Lichtzeichensignalanlage in der Q (Antrag vom 1. Januar 2018),
793. Informationen über die Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G (Antrag vom 15. August 2018),
804. Kopie sämtlicher Sitzungsniederschriften des Ausschusses für Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt, auf die im Schreiben der Beklagten vom 25. September 2018 Bezug genommen worden ist (Antrag vom 4. Oktober 2018).
81Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
82die Klage abzuweisen.
83Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. nimmt sie auf den Bescheid vom 9. November 2018 Bezug. Ergänzend führt sie aus, dem Kläger seien die Informationen zu dieser Thematik bereits zugänglich gemacht worden. Die darüber hinaus begehrten Informationen könnten ihm wegen des Geheimhaltungsgebotes nicht zugänglich gemacht werden. Es handele sich um geheimhaltungsbedürftige Geschäftsgeheimnisse Dritter. Das Unternehmen habe sein Einverständnis mit der Weitergabe der Informationen nicht erteilt. Was den Klageantrag zu 2. angehe, gebe es keine Ausschreibungsunterlagen zu der LSA. Die Anforderungen seien in einem Ortstermin mit der beauftragten Firma erörtert worden, in dem diese auch ein Aufmaß genommen habe. Soweit der Kläger Informationen zu den Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G begehre (Klageantrag zu 3.), seien diese sämtlich in den Beschlussunterlagen des ASVU enthalten, die öffentlich und auch dem Kläger bekannt seien, da er an allen maßgeblichen Sitzungen des ASVU teilgenommen habe. Bezüglich Klageantrags zu 4. werde auf die Ausführungen zu 3. verwiesen.
84Mit Beschluss vom 8. März 2022 hat die Kammer das Verfahren auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
85Am 14. April 2022 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Die Beteiligten haben in diesem Termin auf mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
86Im Anschluss an den Erörterungstermin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. Mai 2022 die Niederschrift über die Sitzung des ASVU vom 7. Juni 2017 mit den Anlagen 1 bis 3 sowie die Vorlage und die Anlage 9 zur Sitzungsniederschrift zu TOP B) 19 der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 vorgelegt, wobei in der Vorlage der Name der beauftragten Firma und die Auftragssumme und die Anlage 9, bestehend aus 9 Seiten, jeweils überschrieben mit „M“, vollständig geschwärzt waren. Die Beklagte hat hierzu erläutert, dass es sich bei den geschwärzten Inhalten um technische Spezifikationen und Preise der C handele.
87Auf Hinweis der Einzelrichterin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Juni 2022 bestätigt, dass es sich bei den von ihr vorgelegten geschwärzten 9 Seiten zur Vorlage der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 um das Angebot der C handele. Hinsichtlich des Klagantrags zu 2. hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie sämtliche Stellen im Haus gebeten habe, „sämtliche Dokumente, die zur Spezifikation der Anforderungen an die Auftragnehmerin gegeben worden seien (Schreiben, Emails etc.)“, vorzulegen. Schriftliche Unterlagen, etwa ein Vermerk zum Orttermin, lägen bei ihr jedoch nicht vor. In Bezug auf den Klageantrag zu 3. hat die Beklagte mehrere Unterlagen vorgelegt, nämlich den Auftrag der Beklagten vom 4. August 2016 an die G für die Erstellung der „Verkehrsanalyse P“, die Rechnung der G vom 21. Juli 2017, eine E-Mail der G vom 1. August 2017 mit ihren Bankdaten und eine Zahlungsanordnung der Beklagten vom 1. August 2017 an die G - Ingenieurgesellschaft ‑ richtig: G - für „Verkehrsanalyse P“, wobei sämtliche Beträge geschwärzt sind. Die Beklagte hat hierzu mitgeteilt, dass sie sämtliche Stellen im Haus gebeten habe, den Auftrag an die G wegen der Untersuchung vorzulegen. Bezüglich des Klageantrags zu 4. hat sie mitgeteilt, dass die Angelegenheit in den Sitzungen vom 27. April 2016 und vom 7. Juni 2016 (richtig: 2017) beraten worden sei. Die Sitzungsunterlagen hierzu lägen dem Kläger vor.
88Der Kläger hält die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Erfüllung seines Informationsbegehrens für nicht ausreichend. Die Beklagte habe nicht erklärt, warum eine ursprünglich mit 69.000 € kalkulierte LSA letztlich 250.000 € gekostet habe und die Auftragsvergabe ohne Ausschreibung erfolgt sei sowie welchen Untersuchungsgegenstand die Beauftragung der G gehabt habe. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. seien die Schwärzungen in der Vorlage zu der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 unzulässig. Die Beklagte habe insoweit keine Verweigerungsgründe vorgetragen, zumal fünf Jahre nach der Beschlussfassung. Im Übrigen sei wegen der Schwärzung gerade unbekannt, ob dort tatsächlich die C und ein Auftragsvolumen von 250.000 € stehe. Die Komplettschwärzung des Angebots der C sei ebenfalls unzulässig. Der Hinweis der Beklagten, dass es sich dabei um technische Spezifikationen und Preise der Firma handele, trage fünf Jahre nach der Beschlussfassung als Begründung nicht, da die Preise gestiegen seien und auch die technischen Anforderungen sich geändert hätten. Allenfalls käme eine Schwärzung einzelner, mit Geheimhaltungsinteressen konkret begründeter Passagen in Betracht. Im Übrigen sei schon unklar, ob es sich bei den geschwärzten Blättern um die Anlage 9 und das Angebot der C handele. Auch werde bestritten, dass die Beklagte überhaupt bei der Firma angefragt habe, ob und in welchem Umfang die Anlage 9 herausgegeben werden könne. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. sei das Informationsbegehren ebenfalls nicht erfüllt. Wenn es keine Ausschreibung gegeben habe, dann müsse es zumindest ein Gesprächsprotokoll zu dem Ortstermin geben, in dem die technischen Anforderungen der Beklagten an die LSA festgelegt worden seien. Dieser sei vorzulegen. Das Klagebegehren zu 3. sei nach wie vor nicht erfüllt. Auch das Klagebegehren zu 4., das auf sämtliche Sitzungsniederschriften des ASVU gerichtet sei, auf die im Schreiben vom 24. September 2018 Bezug genommen werde, sei nicht erfüllt.
89Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und des anlässlich des Informationsbegehrens des Klägers entstandenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten.
90E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
91Die Kammer kann mit Einverständnis der Beteiligten, welches diese im Erörterungstermin vom 14. April 2022 erklärt haben, ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 1 VwGO).
92I. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat (Klageanträge zu 5. und 6.), war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
93II. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. ist die Klage zum Teil unzulässig, zum Teil unbegründet.
941. Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm eine Kopie der Vorlage zu TOP B19 der Sitzung des BVA der Beklagten vom 19. Oktober 2017 zu überlassen, ist die Klage bereits unzulässig.
95Denn das für jeden Rechtsbehelf erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse an einer gerichtlichen Entscheidung liegt im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt er gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) vor. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11. Mai 2022 die vom Kläger begehrte Vorlage zu TOP B19 der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 vorgelegt, wobei allerdings der Name der beauftragten Firma und die Auftragssumme geschwärzt waren.
96Soweit der Kläger die Überlassung einer nicht geschwärzten Version der Vorlage, d.h. die Offenlegung des Namens der beauftragten Firma und der Auftragssumme, begehrt, fehlt es auch insoweit an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Die Beklagte hat dem Kläger bereits mit Schreiben vom 25. September 2018 mitgeteilt, dass die C mit der Errichtung der LSA beauftragt worden sei. In diesem Schreiben hat sie auch die Stellungnahme C zu dem Informationsantrag des Klägers (vgl. Email vom 31. Juli 2018, Blatt 25 des Verwaltungsvorgangs) im Originalwortlaut mitgeteilt. Die Beklagte hat in dem Erörterungstermin vom 14. April 2022 und auch in dem nachfolgenden Schriftsatz vom 29. Juni 2022 nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die C den Auftrag zur Errichtung der LSA erhalten hat. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Dem Kläger ist damit der Name der beauftragten Firma bereits bekannt. Eine gerichtliche Verpflichtung der Beklagten zur Offenlegung des Namens durch Überlassung einer ungeschwärzten Version der Vorlage würde daher nicht zu einer Verbesserung seiner Rechtsposition führen.
97Nichts anderes gilt bezüglich der begehrten Offenlegung der Auftragssumme. Diese lässt sich bereits hinreichend klar der Begründung der Finanzierung auf Seite 2 der Vorlage entnehmen (Ansatz im Haushaltsplan mit 240.500 € und korrigierter Kostenansatz der Verwaltung von 250.000 €, der sich mit dem Angebot bestätigt hat). Dies entspricht im Übrigen auch den Kostenschätzungen in der Übersicht der P (240.000 € für eine Säule bzw. 200.000 € für einen Mast), die als Anlage 6 der - dem Kläger bekannten (vgl. sein Schreiben vom 1. Mai 2016 für die Einwohnerfragestunde in der ASVU-Sitzung vom 27. April 2016) - Vorlage für die Sitzung des ASVU vom 27. April 2016 beigefügt war. Zudem hat der Kläger im Erörterungstermin vom 14. April 2014 selbst die Auftragssumme mit 250.000 € als ihm bekannt benannt (vgl. Seite 3, 1. Absatz der Protokolls).
98Selbst wenn man das Rechtsschutzinteresse nicht als entfallen ansehen wollte, wäre die Klage insoweit jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen unter 2. unbegründet.
992. Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm eine Kopie der Anlage 9 zur Sitzungsniederschrift zu TOP B19 der Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 zu überlassen, ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet.
100Die Beklagte hat bereits im Bescheid vom 9. November 2018 sowie im Erörterungstermin vom 14. April 2022 ausgeführt und in den nachfolgenden Schriftsätzen vom 11. Mai 2022 und vom 29. Juni 2022 nochmals ausdrücklich bestätigt, dass es sich bei der Anlage 9 - und bei den von ihr mit Schriftsatz vom 11. Mai 2022 übersandten, vollständig geschwärzten Unterlagen (9 Seiten, jeweils überschrieben mit „M“) - um das Angebot der C nebst Anlagen und bei den geschwärzten hat um technische Spezifikationen und Preise dieser Firma handelt. Die Kammer den keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Der Kläger ist den Angaben der Beklagten auch nicht substantiiert entgegengetreten. Allein der Umstand, dass die Anlage 9 in der Niederschrift über die - öffentliche - Sitzung des BVA vom 19. Oktober 2017 als „Bericht“ bezeichnet wird, vermag solche Zweifel nicht zu begründen. Insbesondere hat die Beklagte auf ausdrückliche Aufforderung des Gerichts im Erörterungstermin vom 14. April 2022 (vgl. Seite 5 der Niederschrift) den Inhalt der Anlage 9 nochmals überprüft und deren Inhalt in dem vorbeschriebenen Sinne bestätigt.
101Der Bescheid der Beklagten vom 9. November 2018 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Anspruch auf Überlassung einer - ungeschwärzten - Kopie der Anlage 9 zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
102Gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.
103a) Der Kläger ist als natürliche Person zwar anspruchsberechtigt. Die Beklagte ist als kommunale Behörde auch eine öffentliche Stelle i.S.v. § 2 Abs. 1 IFG NRW und damit anspruchsverpflichtet. Ferner handelt es sich bei der Anlage 9 um amtliche Informationen, d.h. auf Informationsträgern vorhandene Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang - hier der Tätigkeit des BVA der Beklagten - erlangt worden sind (vgl. § 3 Satz 1 IFG NRW).
104b) Der Informationsanspruch ist auch nicht aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen.
105Insbesondere enthalten § 14 Abs. 8 VOB/A 2016 bzw. § 14a Abs. 9 VOB/A 2019, wonach in öffentlichen Vergabeverfahren von Bauleistungen abgegebene Angebote und ihre Anlagen - auch bei Freihändiger Vergabe - sorgfältig zu verwahren und ‑ zeitlich unbegrenzt -,
106vgl. nur Planker, in Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, Teil A/B, 7. Aufl. (2020), § 14a VOB/A, Rn. 36,
107geheim zu halten sind (vgl. hierzu näher im Folgenden unter c), keine spezialgesetzliche Bestimmung i.S.v. § 4 Abs. 2 IFG NRW. Denn sie regeln nicht den - anspruchsförmig ausgestalteten - Zugang zu Informationen, sondern schließen ihn aus.
108Vgl. ebenso zu § 17 Abs. 3 VOL/A-EG a.F. und § 5 Abs. 1und 2 VgV: BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 24.19 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris, Rn. 74.
109Zudem handelt es sich bei der VOB/A, die bei der Vergabe von Bauleistungen im Unterschwellenbereich ‑ wie hier - Anwendung findet, um Verwaltungsvorschriften, d.h. reines Innenrecht und damit nicht um Rechtsvorschriften i.S.v. § 4 Abs. 2 IFG NRW.
110Vgl. zu § 1 Abs. 3 IFG: Schoch, IFG, 2. Aufl. (2016), § 1 Rn. 344.
111c) Dem Informationsanspruch steht jedoch der zwingende Versagungsgrund des § 8 IFG NRW („ist“) i.V.m. § 14 Abs. Abs. 8 VOB/A 2016 bzw. § 14a Abs. 9 VOB/A 2019 entgegen.
112Nach § 8 Satz 1 IFG NRW ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Entsprechendes gilt für Informationen, die wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse geheim zu halten sind (§ 8 Satz 2 IFG NRW). Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Gewährung des Informationszugangs hat und der eintretende Schaden nur geringfügig wäre (§ 8 Satz 3 IFG NRW).Im Zweifelsfall ist der oder dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 8 Satz 4 IFG NRW). Betroffen sein kann auch eine öffentliche Stelle (§ 8 Satz 5 IFG NRW).
113Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses ist im IFG NRW nicht näher definiert, sondern wird von diesem so vorausgesetzt, wie er in der Rechtsprechung entwickelt worden ist (vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 13). Daher ist auf Rechtsprechung und Schrifttum zu anderen Vorschriften, die diesen Rechtsbegriff verwenden - u.a. § 2 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen - zurückzugreifen. Danach sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (sinngemäß) alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen.
114Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 -, juris, Rn. 87; BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 ‑ 7 C 2.09 -, juris, Rn. 50; OVG NRW, Urteil vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris, Rn. 91 ff.
115Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Die Offenlegung der begehrten Informationen muss also die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens schwächen und die des Konkurrenten fördern, mithin wettbewerbsrelevant sein.
116Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, juris, Rn. 50.
117Das schutzwürdige Interesse bemisst sich danach, ob ein verständiger Unternehmer Informationen der betreffenden Art geheim halten würde. Davon ist insbesondere bei solchen Informationen auszugehen, die den Kernbereich der betrieblichen Informationssphäre betreffen.
118Vgl. Seidel, in: Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 8, Rn. 878 ff.
119Schutzwürdig sind insbesondere Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können. Auch konkrete Vertragsgestaltungen können geschützt sein. Weitere Beispiele sind Zeichnungen, Planungsunterlagen und Modelle von technischen Bauten oder Geräten.
120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 -, juris, Rn. 87; BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2011 ‑ 20 F 14.10 -, juris, Rn. 17.
121Der Ausschlusstatbestand des § 8 Satz 1 IFG NRW setzt zusätzlich voraus, dass durch die Offenbarung der Informationen ein wirtschaftlicher Schaden droht. Ein Schaden ist jede Einbuße an einem Recht oder Rechtsgut. Wirtschaftlich ist der Schaden, wenn letztlich das Vermögen eine Einbuße erleidet. Im Fall der Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses wird die Einbuße oftmals in der Schwächung der Wettbewerbssituation bestehen, die sich nur mittelbar auswirkt. Liegt ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung vor, folgt daraus in der Regel auch, dass durch die Offenbarung ein Schaden eintreten würde. Die in Anspruch genommene öffentliche Stelle bzw. der betroffene Dritte müssen konkret und substantiiert deutlich machen, inwiefern sich dessen Wettbewerbssituation durch die Offenbarung des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nachhaltig verschlechtern würde.
122Vgl. OVG NRW, Urteile vom 18. August 2015 - 15 A 97/13 -, juris, Rn. 101, und vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris, Rn. 119.
123Gemessen daran hat die Beklagte hinreichend konkret und substantiiert dargelegt, dass es sich bei der Anlage 9, d.h. dem Angebot der C nebst Anlagen und den diesem zugrunde liegenden technischen Spezifikationen und Preisen, um Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse handelt. Es geht insofern um Tatsachen, die auf ein Unternehmen, die C, bezogen sind. Die Informationen sind auch nur einem begrenzten Personenkreis - dem Unternehmen bzw. dessen Mitarbeitern sowie der Beklagten - zugänglich und damit nicht offenkundig. Nach dem mit E-Mail vom 31. Juli 2018 ausdrücklich verlautbarten Willen der C sollen die Unterlagen auch geheim gehalten werden. Schließlich hat das Unternehmen auch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung der Unterlagen. Die Offenlegung des Angebots mit technischen Spezifikationen und Preisen wäre geeignet, ein exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen potentiellen Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Technische Spezifikationen und technische Details sowie Preise und Preiskalkulationen sind nach den vorstehenden Maßstäben schutzwürdig. Denn aus ihnen können sich für potentielle Konkurrenten am jeweiligen Markt nicht nur für den aktuellen Auftrag, sondern auch für zukünftige Aufträge Rückschlüsse auf die technischen Herstellung des Produkts oder die Preisgestaltung des Unternehmens ergeben, die die Wettbewerbssituation des Konkurrenten insoweit verbessern kann, als dass er Kenntnisse erlangen könnte, durch die sein eigener Betrieb leistungsfähiger bzw. kostengünstiger würde. Er könnte technische oder kaufmännische Kenntnisse erlangen und diese bei seiner eigenen Herstellung oder Preiskalkulation berücksichtigen. Durch solch zusätzliches Wissen könnte er in die Lage versetzt werden, Kunden des Unternehmens durch verbesserte eigene Angebote abzuwerben.
124In welchem Umfang das Angebot der C derart schutzwürdige Daten enthielten, bedarf hier keiner weiteren Aufklärung. Denn das Geheimhaltungsinteresse des Unternehmens in Bezug auf sämtliche Angebotsunterlagen wird abstrakt-generell bereits durch die Vorgaben des Vergaberechts begründet, die im Rahmen von § 8 Satz 1 IFG NRW als Wertungsnormen zu beachten sind.
125Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris, Rn. 114.
126Die Beklagte hat nach ihren Angaben im Schreiben vom 25. September 2018 und ihren Erläuterungen im Erörterungstermin vom 14. April 2022 seinerzeit allein die C als bestehende Vertragspartnerin der städtischen Lichtzeichensignalanlagen zur Angebotsabgabe für den Bau der in Rede stehenden Anlage aufgefordert und damit der Sache nach eine sog. Freihändige Vergabe der Bauleistung i.S.v. § 3 Abs. 3 VOB/A 2016 bzw. § 3 Nr. 3 VOB/A 2019 ohne Wettbewerb im Unterschwellenbereich (vgl. § 1 Abs. 2 VOB/A-EU, § 106 Abs. 1 und 2 GWB i.V.m. Art. 4 RL 2014/24/EU: 5,186 Mio. €) durchgeführt. Ein Direktauftrag ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens schied aus, da dieser nur bei Bauleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 3.000 € ohne Umsatzsteuer in Betracht kam (vgl. § 3a Abs. 4 VOB/A 2019), der nach sämtlichen Kalkulationen der Beklagten deutlich überschritten war. Bei einer Freihändigen Vergabe werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahren (§ 3 Abs. 3 VOB/A 2016) bzw. in einem vereinfachten Verfahren (§ 3 Nr. 3 VOB/A 2019) vergeben. Jedoch sind auch bei einer Freihändigen Vergabe gewisse Mindestverfahrensregeln zu beachten. Unter anderem gelten besondere Geheimhaltungsvorschriften. So sind gemäß § 14a Abs. 9 VOB/A 2016 bzw. § 14a Abs. 9 VOB/A 2019 bei Zulassung schriftlicher Angebote die Angebote und ihre Anlagen sorgfältig zu verwahren und geheim zu halten. Dies gilt auch bei einer Freihändigen Vergabe. Dabei gilt die Geheimhaltungspflicht schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen zeitlich unbegrenzt, d.h. auch nach Abschluss des konkreten Vergabeverfahrens.
127Vgl. Planker, in Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, Teil A/B, 7. Aufl. (2020), § 14a VOB/A, Rn. 36; Stollhoff, in: Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. (2022) § 14 VOB/A Rn. 43; allgemein auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2017 - 15 B 832/15 - juris, Rn. 15 ff.
128Das Gebot, die Angebote und ihre Anlagen insgesamt geheim zu halten, ist Ausfluss eines strengen Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitsgrundsatzes. Es dient vorrangig der Sicherung des geistigen Eigentums der Bieter an ihren Angebotsinhalten, der Wahrung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie der Gewährleistung des Wettbewerbs auch nach Öffnung der Angebote.
129Vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 4. Oktober 2011 - VbK-26/2011 -, Beck-online.
130Davon ausgehend unterliegt das Angebot der C insgesamt mit allen seinen Anlagen auch nach Abschluss des damaligen Vergabeverfahrens schon gemäß § 14a Abs. 9 VOB/A 2016 bzw. § 14a Abs. 9 VOB/A 2019 der Geheimhaltung. Dass es sich bei der VOB/A um Verwaltungsvorschriften handelt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn - wie ausgeführt - sind deren Vorschriften bei der Frage, ob die tatbestandliche Voraussetzung des § 8 Satz 1 IFG NRW - Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis - erfüllt ist, als allgemeine Wertungsnormen zu beachten, die gerade auch die Beklagte binden, und zwar über Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der allgemeinen Verwaltungspraxis auch im Außenverhältnis. Raum für eine allgemeine Interessenabwägung, die eine Berücksichtigung besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls (z.B. Spezialauftrag) oder auch zeitliche Aspekte ‑ wie der Kläger dies fordert - ermöglichte, besteht insoweit nicht.
131Da es sich bei der Preisgestaltung um den Kernbereich von Geschäftsgeheimnissen handelt, umfasst die Vertraulichkeitspflicht des Vergaberechts in Bezug auf Angebote insbesondere auch solche Unterlagen, die schutzwürdige Inhalte des Angebots, namentlich die Preisangabe - wie hier die Vorlage zu TOP B19 der Sitzung des BVA der Beklagten vom 19. Oktober 2017 - wiedergeben.
132Vgl. ebenso: VG Berlin, Urteil vom 9. März 2017 - 2 K 111.15 -, juris, Rn. 35 sowie nachgehend OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2018 - OVG 12 B 8.17 - juris, Rn. 52.
133Besteht demnach ein berechtigtes Interesse der C an der Geheimhaltung der Anlage 9, d.h. ihres Angebots nebst Anlagen, ist nach den vorstehenden Maßstäben die Möglichkeit des Entstehens eines wirtschaftlichen Schadens regelmäßig - und so auch hier - indiziert.
134Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Ausnahmeregelung des § 8 Satz 3 IFG NRW eingreift. Anhaltspunkte dafür, dass die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Gewährung des Informationszugangs haben könnte, sind nicht erkennbar. Im Gegenteil dürfte in einem Fall, in dem - wie hier - Wertungen des Vergaberechts eine Offenbarung generell und ohne zeitliche Begrenzung untersagen, vielmehr ein öffentliches Interesse an dem Nichtbekanntwerden der Information bestehen.
135Vgl. ähnlich: OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2017 - 15 B 832/15 - juris, Rn. 22.
136Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der durch die Offenbarung ‑ wegen des berechtigten Interesses der C indiziert - eintretende Schaden nur geringfügig wäre.
137III. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
138Der - formlose - Bescheid der Beklagten vom 25. September 2018, mit dem diese den Antrag des Klägers vom 15. August 2018 auf Überlassung der Ausschreibungsunterlagen für die LSA zur Durchfahrtkontrolle der Sache nach abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aus § 4 Abs. 1 IFG NRW keinen Anspruch auf Überlassung dieser Unterlagen ableiten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
139Der Informationsanspruch nach § 4 Abs.1 IFG NRW bezieht sich, wie schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift folgt, allein auf bei einer öffentlichen Stelle vorhandene amtliche Informationen. Dies ergibt sich auch aus den Begriffsdefinitionen in § 3 IFG NRW, wonach Informationen im Sinne des Gesetzes alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen sind, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden (Satz 1), und Informationsträger alle Medien sind, die Informationen in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder in sonstiger Form speichern können (Satz 2).
140Vorliegend fehlt es insofern an bei der Beklagten vorhandenen Informationen. Die Beklagte hat dem Kläger bereits im Bescheid vom 25. September 2018 mitgeteilt und auch nochmals im Erörterungstermin vom 14. April 2022 sowie im Schriftsatz vom 11. Mai 2022 erläutert, dass bei der Vergabe der Bauleistung für die in Rede stehende LSA keine öffentliche Ausschreibung stattgefunden habe. Die Vergabe der Bauleistung sei - wie ausgeführt - im Wege einer Freihändigen Vergabe an die C erfolgt. Nach Angaben der Beklagten sei Hintergrund dafür gewesen, dass die Firma Stührenberg Vertragspartnerin der Beklagten für sämtliche Ampelanlagen in der Stadt sei. Insbesondere habe das vorhandene Ampelanforderungssystem für die Busse an die zu errichtende LSA zur Durchfahrtskontrolle angepasst und darin integriert werden müssen. Die (technischen) Anforderungen an die LSA seien im Rahmen eines Ortstermins mit dem beauftragten Unternehmen erörtert worden.
141Die Kammer hat keinen Anlass, diese Angaben der Beklagten in Zweifel zu ziehen. Auch der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass tatsächlich eine öffentliche Ausschreibung bezüglich der LSA stattgefunden hat. Im Gegenteil rügt er gerade, dass die Beklagte rechtswidrig keine öffentliche Ausschreibung durchgeführt habe. Diese von der Klägerseite aufgeworfene Rechtsfrage ist jedoch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens, welches allein auf die Prüfung der Frage gerichtet ist, ob dem Kläger Informationsansprüche nach dem IFG NRW zustehen.
142Wenn es aber keine öffentliche Ausschreibung zu der Auftragsvergabe der LSA gegeben hat, können auch keine Ausschreibungsunterlagen nebst Leistungsbeschreibung vorhanden sein, deren Überlassung der Kläger nach § 4 Abs. 1 IFG NRW verlangen könnte.
143Nichts anderes gilt, soweit der Kläger im Erörterungstermin vom 14. April 2022 klargestellt hat, dass er mit „Ausschreibungsunterlagen“ im Klageantrag zu 2. nicht nur Ausschreibungsunterlagen im engeren Sinne, sondern auch solche Unterlagen meine, in denen die Beklagte die technischen Anforderungen für die LSA für den Auftragnehmer beschrieben habe (vgl. Seite 2 und 4 der Sitzungsniederschrift).
144Hierzu hat die Beklagte auf gerichtlichen Hinweis mit Schriftsatz vom 29. Juni 2022 mitgeteilt, dass sämtliche Stellen im Haus gebeten worden seien, „sämtliche Dokumente vorzulegen, die zur Spezifikation der Anforderungen an die Auftragnehmerin gegeben worden seien (Schreiben, Emails etc.)“. Ergebnis der Anfrage sei gewesen, dass schriftliche Unterlagen, insbesondere ein Vermerk zu dem Orttermin, bei ihr nicht vorlägen.
145Auch insoweit besteht für die Kammer kein greifbarer Anhalt, die Richtigkeit der Angaben der Beklagten in Zweifel zu ziehen. Auch der Kläger ist diesem Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten.
146Sind aber nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten bei ihr keine Unterlagen vorhanden, aus denen sich die technischen Anforderungen entnehmen lassen, die sie der C bezüglich der Konstruktion der LSA vorgegeben hat, geht der Informationsanspruch des Klägers auch insoweit ins Leere. Insbesondere besteht trifft die Beklagten auch keine Pflicht, die vom Kläger begehrten Informationen nachträglich zu beschaffen. Das gilt auch, soweit die Beklagte es ggf. unter Verstoß gegen den Grundsatz der Aktenwahrheit und -vollständigkeit es pflichtwidrig unterlassen haben sollte, die technischen Anforderungen für die LSA zu dokumentieren, insbesondere keinen Vermerk über den Ortstermin gefertigt haben sollte.
147Denn „vorhanden“ i.S.v. § 4 Abs. 1 IFG NRW sind nur Informationen, die tatsächlich Bestandteil der Verwaltungsunterlagen der informationspflichtigen Stelle sind. Die Behörde trifft keine Informationsbeschaffungspflicht. Sie ist nicht gehalten, die begehrten Informationen durch Untersuchungen erst zu generieren. Eine inhaltliche bzw. statistische Aufbereitung der vorhandenen Informationen durch die Behörde kann mit dem Informationsanspruch nicht verlangt werden. Lediglich soweit sie die Antworten auf gestellte Fragen aus den vorhandenen Unterlagen mittels einer bloßen Übertragungsleistung heraussuchen muss, ist dies vom Informationsanspruch umfasst.
148Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Februar 2022 - 15 E 326/20 -, juris, Rn. 10, und vom 13. Juli 2017 - 15 E 146/17 -, juris, Rn. 15; auch Frankewitsch, in: Pabst/Frankewitsch, IFG NRW, Kommentar, 1. Aufl. (2022), § 4 Rn. 40.
149Die vom Kläger begehrten Informationen sind auch nicht etwa deshalb „vorhanden“ i.S.v. §§ 3 und 4 IFG NRW, weil davon auszugehen sein dürfte, dass die Beklagte bzw. deren Verwaltungsmitarbeiter über das entsprechende Wissen verfügen. Durch § 3 IFG NRW werden nur durch Informationsträger gespeicherte Daten erfasst, d.h. es bedarf einer Verkörperung der Information. An einer solchen fehlt es bei schlichtem „Wissen“ von Amtsträgern, insbesondere ist das menschliche Gedächtnis kein „Speichermedium“ i.S.v. § 3 Satz 2 IFG NRW.
150Vgl. OVG NRW, Beschlusse vom 23. Februar 2022 - 15 E 326/20 -, juris, Rn. 113 ff.
151IV. Hinsichtlich des Klageantrags zu 3. ist die - ursprünglich mangels Bescheidung des Antrags auf Überlassung von Informationen über die Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G vom 15. August 2018 zulässigerweise als Untätigkeitsklage (§ 75 Satz 1 VwGO) erhobene Klage - nachträglich unzulässig geworden.
152Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 29. Juni 2022 mitgeteilt, dass sie auf den gerichtlichen Hinweis vom 17. Juni 2022 sämtliche Stellen im Haus gebeten habe, den Auftrag an die G wegen der Untersuchung, d.h. die von ihr entsprechend dem Beschluss des ASVU vom 27. April 2016 beauftragte Verkehrsanalyse P vorzulegen. Zugleich hat sie dem Gericht alle ihr in diesem Zusammenhang hausintern überlassenen Unterlagen vorgelegt. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass bei der Beklagten darüber hinaus weitere Unterlagen hinsichtlich der Auftragserteilung G vorhanden sein könnten.
153Hat die Beklagte jedoch alle bei ihr zu dem der G erteilten Auftrag vorhandenen Unterlagen vorgelegt, ist damit aber das diesbezügliche Informationsbegehren des Klägers erfüllt worden und zugleich auch das für die Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse entfallen.
154Dass die von der Beklagten im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen inhaltlich nicht die Informationen enthalten, die sich der Kläger offenbar mit seinem Informationsantrag versprochen hat - Informationen über die Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G - vermag daran nichts zu ändern. Wie bereits ausgeführt, gewährt § 4 Abs. 1 IFG NRW lediglich einen Anspruch auf Überlassung vorhandener amtlicher Informationen, nicht aber auf die Beschaffung nicht vorhandener Informationen oder die Beantwortung bestimmter Fragen, die sich betroffene oder interessierte Bürger im Interesse der Nachvollziehbarkeit, Transparenz und insbesondere auch Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines bestimmten Verwaltungshandelns - hier die von der Beklagten ergriffenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung der Burgstraße - stellen.
155Im Übrigen weist die Kammer, ohne dass es rechtlich darauf ankäme, darauf hin, dass sich die vom Kläger inhaltlich begehrten Informationen über die Untersuchungskriterien und -ziele des Auftrags an die G hinreichend deutlich aus dem Schreiben der Fraktionen von CDU und SPD vom 16. März 2016 ergeben dürften, das Grundlage für den Beschluss des ASVU vom 27. April 2016 über die Beauftragung eines Fachplaners mit der Erstellung einer Verkehrsanalyse und eines Konzepts für ein Verkehrsüberwachungssystem ergeben dürfte. Dort sind alle relevanten Eckpunkt für den von der Verwaltung erteilten Auftrag bereits auf politischer Ebene festgelegt worden. Dieses Schreiben ist dem Kläger bereits im Verfahren - 2 K 2305/13 - vorgelegt worden.
156V. Hinsichtlich des Klageantrags zu 4. - Überlassung sämtlicher Sitzungsniederschriften des ASVU, auf die im Schreiben der Beklagten vom 25. September 2018 Bezug genommen wird - hat die Klage Erfolg.
1571. Die Klage ist insoweit als Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 VwGO zulässig. Der diesbezügliche Antrag des Klägers vom 4. Oktober 2018 ist bis heute nicht beschieden. Insbesondere ist im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung inzwischen auch die dreimonatige Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO abgelaufen.
158Die Klage hat sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht dadurch erledigt, dass diese mit Schriftsatz vom 11. Mai 2022 die Niederschrift über die Sitzung des ASVU vom 7. Juni 2017 nebst Anlagen vorgelegt und mit Schriftsatz vom 29. Juni 2022 darauf hingewiesen hat, dass dem Kläger die Sitzungsunterlagen über die Sitzungen des ASVU vom 27. April 2016 und vom 7. Juni 2016 (richtig: 2017), in denen die Angelegenheit beraten worden sei, bekannt seien.
159Wie die Kammer bereits in ihrem Hinweis vom 17. Juni 2022 ausgeführt hat, hat sich der Klageantrag zu 4. damit nicht erledigt. Dieser ist nach Konkretisierung im Erörterungstermin vom 14. April 2014 auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet, ihm eine Kopie sämtlicher Sitzungsniederschriften des ASVU zu überlassen, auf die im Schreiben der Beklagten vom 25. September 2018 Bezug genommen worden ist. In diesem Schreiben heißt es: „Dem beauftragten System liegt ein Beschluss des ASVU vom 2. Juni 2017 (richtig: 7. Juni 2017) zugrunde, der das Ergebnis einer umfangreichen und umfassenden Beratung des ASVU in mehreren Sitzungen war.“ Damit wird offensichtlich auf Beratungen des ASVU in vorangegangenen Sitzungen Bezug genommen, deren Inhalt dem Kläger bekannt sein soll. Dies entspricht auch den Angaben der Beklagten in ihrer E-Mail an die LDI vom 23. April 2018. Es hat jedoch - wie im Tatbestand dieser Entscheidung dargestellt - nach der dem Kläger bekannten ersten Sitzung vom 27. April 2016 - die Sitzungsniederschrift dazu wurde dem Kläger bereits im Verfahren 2 K 2305/13 überreicht - noch weitere Sitzungen des ASVU gegeben, in denen das Thema „Verkehrssituation Q“ erörtert und das weitere Vorgehen hierzu beschlossen worden ist. Es ist allerdings weder vorgetragen worden noch ist dies sonst ersichtlich, dass die Beklagte dem Kläger die Niederschriften auch dieser Sitzungen des ASVU vom 30. November 2016, vom 22. Februar 2017 und vom 29. März 2017 bereits überlassen hat.
1602. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch darauf zu, dass sie ihm auch die begehrten - weiteren - Sitzungsniederschriften des ASVU überlässt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
161Zunächst war der Informationsantrag des Klägers vom 4. Oktober 2018 auch nicht etwa zu unbestimmt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 IFG NRW). Denn im Schreiben der Beklagten vom 25. September 2018 wird der Kläger gerade auf Sitzungsunterlagen von nicht näher bezeichneten Sitzungen des ASVU verwiesen, so dass er seinen Antrag allein wegen der Unbestimmtheit der Angaben der Beklagten nicht näher präzisieren konnte.
162Dem Informationsanspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW steht insbesondere auch nicht der Verweigerungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW entgegen.
163Nach dieser Vorschrift kann der Antrag abgelehnt werden, wenn die Information der Antragstellerin oder dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist (1. Alt.) oder wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann (2. Alt.).
164Hier liegen schon die Tatbestandsvoraussetzungen des im behördlichen Ermessen stehenden („kann“) Versagungsgrundes nicht vor.
165Die erste Alternative der Vorschrift ist nicht erfüllt, weil - wie bereits ausgeführt - weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass dem Kläger die begehrten Informationen, d.h. die Niederschriften auch der Sitzungen des ASVU vom 30. November 2016, vom 22. Februar 2017 und vom 29. März 2017, bereits zur Verfügung gestellt worden sind. Damit ist zwar in erster Linie gemeint, dass die öffentliche Stelle, bei der der Informationsantrag gestellt worden ist, oder eine andere öffentliche Stelle (vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12) dem Antragsteller den Zugang zu den begehrten Informationen schon einmal gewährt hat. Die Regelung ist aber - zumindest analog - auch dann anwendbar, wenn der Antragsteller aus anderen Gründen tatsächlich bereits über die Informationen verfügt. Das folgt aus ihrem Sinn und Zweck, unnötigen Aufwand für die öffentlichen Stellen zu vermeiden.
166Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 2015 - 8 A 1073/14 -, juris, Rn. 66; zum inhaltsgleichen § 9 Abs. 3 IFG: Schoch, IFG, Kommentar, 2. Aufl. (2016), § 9 Rn. 42 f.
167Dabei ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Antragstellers darzulegen, dass er über die begehrten Informationen nicht bereits verfügt. Vielmehr handelt es sich um einen Ablehnungsgrund, für dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft, d.h. die Beklagte. Eine Verschiebung der Darlegungslast auf den Antragsteller kommt nur dann in Betracht, wenn konkrete, über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er über die begehrten Informationen bereits vollständig verfügt.
168Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 2015 - 8 A 1073/14 -, juris, Rn. 68; zu § 9 Abs. 3 IFG: Schoch, IFG, Kommentar, 2. Aufl. (2016), § 9 Rn. 44.
169Davon ausgehend hat die Beklagte nicht dargetan, dass der Kläger bereits über die Niederschriften auch der Sitzungen des ASVU vom 30. November 2016, vom 22. Februar 2017 und vom 29. März 2017 verfügt. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass sie selbst oder eine andere Stelle ihm diese Unterlagen bereits überlassen hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger über die Sitzungsniederschriften aus anderen Gründen bereits vollständig verfügt, bestehen ebenfalls nicht. Er hat im Verwaltungsverfahren vielmehr ausdrücklich geltend gemacht, dass ihm diese Unterlagen nicht vorliegen. Auch sonst lässt sich seinem Vortrag im Klageverfahren kein Anhalt dafür entnehmen, dass er über die Sitzungsniederschriften bereits verfügt. Allein aus der Tatsache, dass der Kläger über die Angelegenheit „Verkehrssituation Q“ insgesamt sehr gut informiert ist und ggf. auch in den öffentlichen Sitzungen des ASVU vom 30. November 2016, vom 22. Februar 2017 und vom 29. März 2017 persönlich anwesend gewesen ist, lässt sich ebenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit schließen, dass ihm die fraglichen Sitzungsniederschriften tatsächlich bereits vorliegen.
170Die zweite Alternative des § 5 Abs. 4 IFG NRW ist ebenfalls nicht erfüllt. Zwar zählt zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen im Sinne der Vorschrift auch das Internet.
171Vgl. zu § 9 Abs. 3 IFG: Schoch, IFG, Kommentar, 2. Aufl. (2016), § 9 Rn. 48.
172Auch hat die Beklagte - wie heute allgemein üblich - sämtliche Einladungen und Niederschriften über die Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse und damit auch die des ASVU auf ihrer Internet unter „J“ eingestellt. Dort sind auch die hier streitgegenständlichen Sitzungsniederschriften zu finden.
173Es fehlt allerdings an der weiteren Voraussetzung der Vorschrift, dass der Antragsteller die Informationen auch in zumutbarer Weise beschaffen kann. In den Fällen des § 5 Abs. 4, Alt. 2 IFG NRW ist die Behörde schon aufgrund ihrer Beratungspflicht gemäß § 25 VwVfG regelmäßig gehalten, dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände die notwendige Unterstützung für eine zielgerichtete und zielgenaue Suche der betreffenden Informationen in allgemein zugänglichen Quellen zu geben. Ist die begehrte Information im Internet als allgemein zugängliche Quelle zu finden, wird eine pauschale Verweisung hierauf in aller Regel nicht ausreichend sein, weil damit weder der gebotenen Würdigung der individuellen Umstände hinreichend Rechnung getragen noch der Informationszugang vereinfacht wird. Vielmehr muss die informationspflichtige Stelle regelmäßig - und so auch hier - die genaue Fundstelle im Internet angeben, um von der an sich bestehenden Pflicht zur „eigenhändigen“ Informationsgewährung befreit zu werden.
174Vgl. zu § 9 Abs. 3 IFG: Schoch, IFG, Kommentar, 2. Aufl. (2016), § 9 Rn. 40, 48, 51 ff.
175Gemessen daran ist im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass der Kläger sich die begehrten Sitzungsniederschriften in zumutbarer Weise aus dem Internet selbst beschaffen konnte. Der Erhalt der begehrten Informationen erforderte schon wegen des ungenauen und pauschalen Verweises der Beklagten im Schreiben vom 25. September 2018 auf dem Kläger angeblich bekannte Sitzungsunterlagen „einer umfangreichen und umfassenden Beratung des ASUV in mehreren Sitzungen“ einen nicht unerheblichen Suchaufwand in sämtlichen im Internet eingestellten Niederschriften des ASUV im Zeitraum vom 27. April 2016 bis zum 7. Juni 2017. Diesen hat letztlich die Kammer im Rahmen der ihr von Amts wegen obliegenden Sachverhaltsaufklärung geleistet. Eine derartige Verfahrenshandhabung seitens der Beklagten entspricht angesichts der ihr nach dem IFG NRW obliegenden Pflichten jedoch nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, durch einen im Grundsatz freien Zugang zu Informationen die Transparenz der Verwaltung sowie die Nachvollziehbarkeit, Akzeptanz und auch Kontrolle behördlicher Entscheidungen und der zugrunde liegenden politischen Beschlüsse zu erhöhen (vgl. LT-Drs., 13/1311, S. 1 f.).
176VI. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 2 VwGO. Dabei hat die Kammer das klägerische Interesse an dem Auskunftsbegehren insgesamt mit dem gesetzlichen Auffangstreitwert (5.000,00 €) bemessen und sodann anteilmäßig auf die sechs Klageanträge verteilt (1/6). Hinsichtlich der Klageanträge zu 5. und 6. ergibt sich die Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 VwGO, weil der Kläger die Klage insoweit zurückgenommen hat, hinsichtlich der Klageanträge zu 1. bis 4. aus § 154 Abs. 1 VwGO unter Berücksichtigung des jeweiligen Unterliegens (Klageanträge zu 1. bis 3. Kläger, Klageantrag zu 4. Beklagte). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.