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Landschaftsrechtliche Ordnungsverfügung
1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 5 K 651/20 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 10. Februar 2020 erhobene Klage wird hinsichtlich Ziffer 2. der Ordnungsverfügung wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 3 b. der Ordnungsverfügung angeordnet.
Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte.
2. Der Streitwert wird auf 10.000,-- € festgesetzt.
G r ü n d e:
2I.
3Die Antragstellerin betreibt den Onlinedienst ………, eine 2010 gegründete Internetplattform, die ihren Nutzern u.a. einen Routenplaner, ein Tourenverzeichnis und ein soziales Netzwerk für Outdoor‑Aktivitäten zur Verfügung stellt. Mit dem Routenplaner kann der Nutzer eigenständig Touren für ausgewählte Sportarten zusammenstellen. Im Rahmen einer solchen Tourenplanung gibt er die Sportart ‑ beispielsweise Mountainbike -, sein Fitnesslevel und die Wegstrecke an. Die Software generiert sodann neben den möglichen Streckenverläufen ein Höhenprofil, prognostiziert gemäß den gewählten Parametern die Dauer der Tour und stellt die Daten im GPX‑Format zur Weiterleitung für GPS‑gestützte Navigationsgeräte zur Verfügung; mit Hilfe einer App kann auf diesen Geräten u.a. eine Sprachnavigation erfolgen. Außerdem gibt die Software die auf der Strecke anzutreffenden Wegtypen (z.B. Singletrail, Weg, Fahrradweg, Nebenstraße, Straße) und die Wegbeschaffenheit (z.B. naturbelassen, loser Untergrund) an. Der Nutzer hat die Möglichkeit, sich die auf der ‚……..Karte‘ verzeichnete Route über einen sog. Layer als ‚OpenCycleMap‘ oder ‚OpenStreetMap‘ anzeigen zu lassen. Auf sämtlichen Karten werden sog. ‚Highlights‘ verzeichnet. Hierbei handelt es sich nach den Angaben der Antragstellerin in dem Handbuch ‚Die ……….Highlights‘ um Lieblingsorte ‑ beispielsweise ‚flowige‘ Singletracks, besonders glatte Straßenabschnitte, grandiose Gipfel, verwunschene Schlösser, Biergärten ‑ der Angehörigen der ……….Community, die auf der Plattform der Antragstellerin u.a. Routenbeschreibungen nebst Kommentaren und Fotos einstellen können. Ruft der Nutzer ein Highlight auf, wird er regelmäßig auf von der Antragstellerin selbst erarbeitete ‚Top‑Mountainbike‑Touren‘ zu dem Highlight hingewiesen. Die Tourenvorschläge beinhalten vielfach das jeweilige Highlight als einen von mehreren Streckenabschnitten. So benennt beispielsweise die ‚Rurbrücke ‑ Krawutscheturm Runde‘ den sog. Burgtrail als ersten Streckenabschnitt. Die Nutzung der Website der Antragstellerin, das Herunterladen der zugehörigen App und die Planung der Touren sind kostenlos; weitergehende Funktionen wie die Planung von Mehrtagestouren, die Sprach‑Navigation und Offline‑Karten sind kostenpflichtig.
4Die Nutzungsbedingungen der Antragstellerin lauten auszugsweise wie folgt:
5„ … 12. Rechtseinräumung durch den Nutzer an den von ihm eingestellten Inhalten
61. Stellt der Nutzer Inhalte (vor allem, aber nicht ausschließlich, in Form von Texten, GPS-Tracks, Fotos, Videos und Grafiken) auf die Plattform von ………ein und macht diese Inhalte für andere Nutzer zugänglich, räumt der Nutzer ………das nicht ausschließliche, d.h. nicht exklusive und räumlich nicht beschränkte Recht ein, diese von ihm selbst eingestellten Inhalte über alle von …………..verwendeten bzw. technisch angebundenen Medien (v.a. über das Internet und Mobiltelefone) öffentlich zugänglich zu machen und an andere Nutzer ‑ gleich, über welche Verbindung - weiterzuleiten. Von der vorbezeichneten Rechtseinräumung umfasst ist auch das Recht von ……….., die von einem Nutzer eingestellten Inhalte zu bearbeiten, insbesondere hieran alle technisch erforderlichen Anpassungen (z.B. hinsichtlich der Auflösung von Fotos) vorzunehmen.
72. Die Nutzungsrechte, die ………..gemäß vorstehender Ziffer 12.1 an den von einem Nutzer eingestellten Inhalten eingeräumt werden, erlöschen nicht in dem Zeitpunkt, in dem der Vertrag über die Nutzung der Dienste von ………..gemäß nachstehender Ziffer 18. endet oder die vom Nutzer eingestellten Inhalte von ihm selbst aus dem System von ………..entfernt, d.h. gelöscht werden. …
814. Sorgfältige Auswahl einer Tour durch den Nutzer, Prinzip der Eigenverantwortung
9… 2. Dem Nutzer ist ferner bekannt, dass einzelne von ……….vorgeschlagene Touren ‑ aus welchen Gründen auch immer ‑ vorübergehenden oder länger dauernden Sperrungen (z.B. durch die örtlichen Behörden auf Grund von Lawinengefahren) unterliegen können. Es obliegt daher allein dem Nutzer, örtlichen (behördlichen) Anordnungen über die Sperrung einer Tour und Warnhinweisen (z.B. im Internet, Radio, TV über Lawinengefahren) genügend Beachtung zu schenken und sein Verhalten danach auszurichten.
1017. Vorübergehende Sperrung eines Nutzers, Löschung von Inhalten durch ……..
111. Sollten sich für ………….konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich ein Nutzer bei der Plattform von ………….gesetzeswidrig verhält, insbesondere einen die Schutzrechte Dritter verletzenden Inhalt in das System von ……….einstellt oder sonstige Verstöße gegen die vorliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen begangen hat oder noch begeht, ist ……….berechtigt, die rechtlich zu beanstandenden bzw. rechtlich bedenklichen Inhalte ohne Vorankündigung gegenüber dem betroffenen Nutzer von der Plattform von ………...zu entfernen und/oder den sich (möglicherweise) gesetzeswidrig verhaltenden Nutzer nach einer entsprechenden Vorankündigung vorübergehend, d.h. bis zur Klärung der gegen den betroffenen Nutzer gerichteten Vorwürfe von der Nutzung der Dienste von ………..auszuschließen. …“
12Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin unter dem 30. September 2019 auf, die Touren ‚Trail hinter der Burg‘, ‚Geheim-Trail‘, ‚MTB-Verbotstrail‘ und ‚Singletrail am Dresbach‘ bis zum 31. Oktober 2019 aus jeder Form der Veröffentlichung zu streichen. Das Veröffentlichen der Routen, die verbotswidrig auf Wander- und Trampelpfaden durch Landschafts- und Naturschutzgebiet führten, stellte ein widerrechtliches Handeln dar, das mit einem Ordnungsgeld belegt werden könne.
13Die Strecken ‚Trail hinter der Burg‘ und ‚Geheim-Trail‘ befinden sich in einem Bereich, der im Landschaftsplan 3 L. /O. des Antragsgegners (im Folgenden: Landschaftsplan 3) als Naturschutzgebiet ‚Buntsandsteinfelsen im S. von V. bis B. ‘ (Ziffer 2.1-1 des Plans) ausgewiesen ist. Die Strecken ‚MTB‑Verbotstrail‘ und ‚Singletrail am Dresbach‘ durchqueren Bereiche, die im Landschaftsplan 7 ………..des Antragsgegners (im Folgenden: Landschaftsplan 7) als Naturschutzgebiete (‚Wehebachtalsystem mit Nebenbächen‘ und ‚Teilflächen im I. mit Schieferbergbauflächen von der …… X. bis zum H. C. ‘ - Ziffern 2.1-4 und 2.1-5 des Plans) bzw. als Landschaftsschutzgebiet (‚P. I. ‘ und ‚S1. ‘ - Ziffern 2.2-1 und 2.2-5 des Plans) ausgewiesen sind. Lediglich zwei Teilabschnitte der Routen liegen außerhalb eines Schutzgebiets (‚Singletrail am Dresbach‘ - 100 m) bzw. führen über einen befestigten Weg (‚Trail hinter der Burg‘ - 770 m). Nach Ziffern 2.1 II 16 und 2.2 II 15 Landschaftspläne 3 und 7 ist es u.a. verboten, in Naturschutzgebieten Flächen außerhalb von befestigten oder besonders dafür gekennzeichneten Wegen und Straßen mit Fahrrädern zu befahren und in Landschaftsschutzgebieten Flächen außerhalb von ausgewiesenen Straßen, Wegen, Park- und Stellplätzen mit Fahrrädern zu befahren.
14Die Gemeinde L. wies den Antragsgegner unter dem 10. Dezember 2019 darauf hin, dass auf der Polizeiwache L. Beschwerden über Mountainbike‑Touren in dem Bereich N. zwischen M. /S2. in Richtung T. /P1. erhoben worden seien. In diesem Bereich befinde sich neben Waldflächen auch ein Naturschutzgebiet.
15Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 10. Februar 2020, zugestellt am 15. Februar 2020, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, die vorgenannten Routenvorschläge binnen 4 Wochen nach Zustellung der Ordnungsverfügung von ihrer Internetseite zu entfernen (Ziffer 1.) sowie ab sofort, auf ihrer Internetseite keine Routenvorschläge mehr zu veröffentlichen, die Streckenführungen enthielten, deren Befahren mit Fahrrädern durch Festsetzungen von Landschaftsplänen und Schutzgebietsverordnungen innerhalb des Kreises E. untersagt sei (Ziffer 2.). Er drohte der Antragstellerin zugleich für eine Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1. der Ordnungsverfügung und für jeden Fall einer Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2. der Verfügung Zwangsgelder in Höhe von 1.000,‑‑ € an (Ziffer 3a und b). Nach §§ 3 Abs. 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) i.V.m. § 2 Abs. 1 Gesetzes zum Schutz der Natur in Nordrhein‑Westfalen (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG) überwachten die für Natur- und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften des Bundes- und Landesnaturschutzgesetzes, der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Vorschriften sowie der unmittelbar geltenden europarechtlichen Vorschriften zum Naturschutz und träfen nach pflichtgemäßen Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen. Da das Veröffentlichen von Routen, auf denen gemäß den einschlägigen Landschaftsplänen ein Fahren mit dem Fahrrad nicht erlaubt sei, die Gefahr begründe, dass Mountainbiker, die auf die Routenvorschlägen eingingen, gegen die Vorgaben der Landschaftspläne verstießen, sei er gehalten, der Antragstellerin die vorgenannten Maßnahmen aufzugeben. Ein Einschreiten sei im Ermessenwege geboten, weil dem Schutz von Natur und Landschaft auf Grund ihres eigenen Wertes als Grundlage für Leben und Gesundheit von Menschen, zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt, der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und Landschaft für die Allgemeinheit einen höheren Stellenwert genieße als das Handlungsrecht der Antragstellerin. Die Ordnungsverfügung erweise sich auch als verhältnismäßig, weil andere mögliche und geeignete, weniger beeinträchtigende Maßnahmen nicht ersichtlich seien. Die Antragstellerin sei als Handlungsstörerin richtiger Adressat der Ordnungsverfügung. Nach § 17 Abs. 1 OBG seien Maßnahmen gegen den Verursacher der Gefahr zu richten. Eine Gefahr in diesem Sinne verursache auch, wer durch ein Verhalten eine Situation gewollt herbeiführe, in der zwangsläufig von Dritten eine Gefahr ausgehe. Eine solche Situation sei hier gegeben, weil die Mountainbiker, die auf die Vorschläge der Antragstellerin eingingen, gegen die Vorgabe der Landschaftspläne verstießen.
16Die Antragstellerin hat am Montag, dem 16. März 2020 Klage erhoben und den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.
17Sie ist der Ansicht, dass sich die angefochtene Ordnungsverfügung bereits deshalb als rechtswidrig erweise, weil die Vollziehungsanforderung dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht genüge. Die Anordnung stelle auf eine drohende, nachhaltige und nicht wieder auszugleichende Schädigung des Naturhaushalts ab. Eine solche sei aber u.a. deshalb nicht zu befürchten, weil bei den Nutzern von Outdoor‑Angeboten ‑ also einem Personenkreis, der bewusst die Natur aufsuche ‑ von einem verantwortungsvollen Verhalten auszugehen sei. Zu einem solchen Verhalten gehöre es, bei Passagen, die keine Radnutzung zuließen, vom Rad abzusteigen und zu schieben oder alternativ auf andere Strecken auszuweichen.
18Ferner seien hinsichtlich Ziffer 1. der angefochtenen Verfügung die Voraussetzungen der Generalklausen der §§ 3 Abs. 2 BNatSchG, 2 Abs. 1 LNatSchG nicht erfüllt. Das Befahren der in Rede stehenden Routen, die ausschließlich über in offiziellen Karten ausgewiesene Wege führten, stelle sich nicht als naturrechtswidrig dar. Denn nach § 59 Abs. 1 BNatSchG sei das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung allen gestattet und damit auch in Natur- und Landschaftsschutzgebieten zulässig. Das naturschutzrechtliche Verständnis eines Wege im Sinne von § 59 Abs. 1 BNatSchG sei äußerst weit. Dieser müsse weder über eine besondere Ausstattung noch über einen besonderen Ausbauzustand verfügen; auch unbefestigte Feldwege, Wanderpfade, Trampelpfade und Steige seien daher als Weges im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren. Unabhängig hiervon fehle es aber auch an einer Ermächtigungsgrundlage für die Löschungsanordnung soweit die Routenvorschläge über Gebiete führten, die nicht in Natur- oder Landschaftsschutzgebieten lägen.
19Außerdem könne der Antragsgegner sie hinsichtlich Ziffer 1. der Ordnungsverfügung nicht als Störerin heranziehen. Die gefahrenrechtliche Verantwortlichkeit sei nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung zu ermitteln. Danach verursache derjenige verantwortlich die Gefahr, der mit seinem Verhalten die Schwelle zu einer konkreten Gefahrenlage unmittelbar überschreite. Hierbei handele es sich um denjenigen, der die zeitlich letzte Ursache gesetzt habe. Dies seien hier die Radfahrer. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners habe sie auch nicht die Stellung eines Zweckveranlassers inne. Die Rechtsprechung nehme zwar an, dass auch ein als Veranlasser auftretender Hintermann mit verantwortlich sein könne, wenn dessen Handlung zwar nicht die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreite, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bilde. Eine derartige natürliche Einheit bestehe indes nur bei demjenigen, der die durch den Verursacher bewirkte Gefahr gezielt oder bezweckt als zwangsläufige Folge seines eigenen Verhaltens auslöse. Letzteres sei bei ihr jedoch nicht der Fall; denn sie führe die durch die Radfahrer bewirkten Schädigungen des Naturschutzgebietes nicht bewusst herbei. Im Gegenteil bemühe sie sich, mögliche Verstoße zu verhindern, indem sie die ……‑Nutzer in ihrem Handbuch, ihren Nutzungsbedingungen, in Rahmen von Online‑Seminaren und in sozialen Medien auf die Gefahr von Zutrittsbeschränkungen und die Pflicht, sich über örtliche Gegebenheiten zu informieren und die entsprechenden öffentlich‑rechtlichen Vorschriften zu beachten, hinweise. Außerdem habe das Anbieten von Routenvorschlägen Verstöße gegen naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht zwangsläufig zur Folge und sei auch nicht der alleinige Faktor dafür, dass sich die Nutzer in Einzelfällen möglicherweise rechtswidrig verhielten. Vielmehr treffe der Radfahrer eine eigenverantwortliche Entscheidung. Es stehe ihm frei, entsprechend den lokalen Gegebenheiten den auf der Karte verzeichneten Routenvorschlägen zu folgen oder hiervon abzuweichen; hier gelte das Gleiche wie beim Einsatz eines Navigationsgerätes.
20Soweit der Antragsgegner ihr in Ziffer 2. der Ordnungsverfügung ein Unterlassen auferlege, sei sie schon deshalb nicht als Störerin einzustufen, weil zu ihren Gunsten das sog. Host‑Provider‑Privileg eingreife. Als Diensteanbieterin, die fremde Informationen ‑ das Kartenmaterial des OpenStreetMap‑Projekts bzw. die Highlights ihrer Nutzer - für Dritte speichere, könnten ihr keine Überwachungspflichten auferlegt werden. Gemäß § 7 Abs. 2 des Telemediengesetzes (TMG) seien Diensteanbieter nämlich gerade nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinwiesen. Unabhängig hiervon sei sie gemäß § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG aber auch deshalb für die fremden Informationen nicht verantwortlich, weil sie von dem Inhalt des dem Projekt OpenStreetMap entnommenen Kartenmaterials und den Routenvorschlägen ihrer Nutzer keine Kenntnis habe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass nach § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt blieben. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfe eine Behörde und/oder ein Gericht eines Mitgliedstaates gegen einen Hosting‑Anbieter zum einen keine Verfügung erlassen, die diesen verpflichte, allgemein die von ihm gespeicherten Informationen zu überwachen, und ihn zum anderen auch nicht zwingen, aktiv nach Umständen zu forschen, auf denen der rechtswidrige Inhalt beruhe. Schließlich verstoße die Überwachungsverpflichtung aber auch gegen die Grundsätze der Plattformhaftung. Denn die vom Antragsgegner beanstandeten Inhalte seien nicht rechtswidrig. Daneben ergebe aber auch eine Abwägung ihrer Grundrechtspositionen (Art. 5 Abs. 1, 12, 14 GG) und derjenigen ihrer Nutzer (Art. 5 Abs. 1 GG) mit denen des Antragsgegners (Art. 20a GG) ein Übergewicht zu ihren Gunsten und sei ihr eine Verhinderung der angeblichen Verletzungshandlungen technisch nicht möglich und wirtschaftlich nicht zumutbar. Da es im Kreisgebiet des Antragsgegners u.a. 77 Naturschutzgebiete, 137 Landschaftsschutzgebiete und 17 Natura 2000‑Gebiete gebe, für die inhaltlich unterschiedliche Regelungen Geltung beanspruchten, sei es nicht möglich, die streitbefangenen Routen mit Hilfe eines Filtersystems zu ermitteln. Eine Projektion der Schutzgebiete auf die verwendeten Karten sei technisch nicht möglich und lasse auch keinen Schluss auf die jeweiligen Nutzungsmöglichkeiten zu.
21Die Antragstellerin beantragt,
22die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 5 K 651/20 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 10. Februar 2020
23wiederherzustellen, soweit ihr hierdurch aufgegeben worden ist, vier Routenvorschläge auf ihrer Internetseite zu löschen (Ziffer 1.) sowie zukünftig keine Routenvorschläge auf dieser Seite mehr zu veröffentlichen, die Streckenführungen enthalten, deren Befahren mit Fahrrädern durch Festsetzungen von Landschaftsplänen und Schutzgebietsverordnungen untersagt ist (Ziffer 2.),
anzuordnen, soweit ihr hierdurch Zwangsgelder in Höhe von (jeweils) 1.000,‑‑ € angedroht worden sind (Ziffer 3a. und b.).
Der Antragsgegner beantragt,
28den Antrag abzulehnen.
29Die Beseitigungsverfügung (Ziffer 1. der angefochtenen Verfügung) erweise sich als rechtmäßig. Das Befahren der streitgegenständlichen Routen verstoße gegen landschaftsrechtliche Verbotstatbestände. Mit Ausnahme von kurzen Streckenabschnitten führten die in Rede stehenden Routen über nicht befestigte und/oder nicht für das Fahren mit Fahrrädern ausgewiesene Wanderwege und Trampelpfade mit zumeist nur geringer Breite, auf denen ein Fahren mit Fahrrädern nach Ziffern 2.1 II. 16 und 2.2. II 15 der Landschaftspläne 3 und 7 nicht gestattet sei. Sämtliche Strecken seien nicht dafür geeignet, ganzjährig mit einem mit Front- oder Heckantrieb ausgestatteten Personenkraftwagen bzw. mit forst- und landwirtschaftlichen Transportfahrzeugen befahren zu werden und werden deshalb nicht die Voraussetzungen für die Annahme eines befestigten Weges erfüllen. Im Gegenteil handele es sich hierbei, wie die von ……..‑Nutzern auf der Internetseite der Antragstellerin eingestellten Fotos belegten, teilweise nicht einmal um Trampelpfade, sondern um ‚wilde‘ Abkürzungen über steile Hänge. Die durch das Fahrradfahren mit hoher Geschwindigkeit bedingte Bodenerosion und das damit einhergehende Überfahren von geschützten und gefährdeten Tierarten, die die Wege als Orte zum Sonnenbaden und Aufwärmen nutzten, führe zu irreparablen Schäden des Naturhaushalts. Überdies komme es an Engpässen in steilen Hängen auch zu Gefahrensituationen mit anderen Erholungssuchenden.
30Er habe die Antragstellerin auch zu Recht als Störerin in Anspruch genommen. Als Störer gelte derjenige, der durch sein Verhalten eine Situation herbeiführe, in der zwangsläufig von Dritten eine Gefahr ausgehe. Eine solche Situation sei hier gegeben. Das Einstellen der Routenvorschläge in das Internet beinhalte nachweislich die Gefahr, dass die Radfahrer den Vorschlägen folgten und hierdurch gegen die Vorgaben der Landschaftspläne verstießen. Mountainbiker, die von Dritten auf ihr Fehlverhalten angesprochen würden, würden sich zu ihrer Rechtfertigung regelmäßig auf die Routenvorschläge auf der Internetseite der Antragstellerin berufen.
31Ziffer 1. der angefochtenen Ordnungsverfügung erweise sich auch als verhältnismäßig. Insbesondere sei das Löschen von Streckenabschnitten nicht geeignet, zu dem gewünschten Erfolg zu führen. Es sie vielmehr davon auszugehen, dass Mountainbiker den im Schutzgebiet gelegenen Abschnitt, der vielfach die Hauptattraktion der ursprüngliche Route bilde, auch dann beführen, wenn eine Route vor einem Schutzgebiet ende und im Anschluss an dieses weiterführe.
32Die Löschungsanordnung in Ziffer 2. der Ordnungsverfügung erweise sich ebenfalls als rechtmäßig. Der Plattformbetreiber sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BHG) bei einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung nicht nur verpflichtet, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren. Er habe vielmehr auch Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Schutzverletzungen komme, und müsse daher alle technisch möglichen und ihm zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um einer Wiederholungsgefahr zu begegnen. Hiervon ausgehend habe die Antragstellerin die Pflicht, die in Schutzgebieten gelegenen Strecken zu überprüfen und hierbei auf automatisierte Techniken zurückzugreifen. Sie habe beispielsweise die Möglichkeit, die Abgrenzungen der Natur- und Landschaftsschutzgebiete, die über die entsprechenden GIS‑Portale des Landes Nordrhein-Westfalen heruntergeladen werden könnten, auf die Kartengrundlagen zu projizieren und ihren Nutzern aufzugeben, vor dem Befahren einer in diesen Gebieten gelegenen Route eine (Unbedenklichkeits‑)Bescheinigung der Unteren Naturschutzbehörde oder der Unteren Forstbehörde beizubringen. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich; insbesondere sei das Löschen der Routen nach deren Beanstandung keine geeignete Handlungsalternative. Denn die Erfahrungen in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass die Routen nach deren Löschung durch anders bezeichnete Routen mit größtenteils identischer Streckenführung ersetzt würden. So seien beispielsweise die streitgegenständlichen Routen zwischenzeitlich durch die fast streckengleichen Routen ‚Burgtrail Teil 1 und 2‘, ‚Trail rund um die Burg‘, ‘Schöner Trail‘, ‚Obermaubacher Trail‘, ‚Rund um O. ‘, ‚Eiche und Fels‘ und ‚Schöne‑Trail‑Kombination‘ ausgetauscht worden. Die aufgezeigte ‚Veränderungsdynamik‘ der Routen führe nicht nur dazu, dass die Untere Landschaftsbehörde/Untere Forstbehörde im Laufe eine Jahres hunderte von Routen prüfen und bemängeln müsste, sondern habe auch zur Folge, dass die Routen weiterhin befahren und die Natur fortlaufend in einem nicht hinnehmbaren Maß geschädigt werde.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zum vorliegenden Verfahren und zum Verfahren 5 K 651/20 sowie der im Verfahren 5 K 651/20 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.
34II.
351. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
36In formeller Hinsicht begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung vom 10. Februar 2020 keinen rechtlichen Bedenken. Sie genügt insbesondere dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zweck des in dieser Vorschrift normierten Erfordernisses einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ist ‑ neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrags befassten Gerichts ‑ vor allem, die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) zu zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzugs besonders sorgfältig zu prüfen. Den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt daher jede schriftliche Begründung die ‑ sei sie auch sprachlich oder gedanklich noch so unvollkommen ‑ zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält.
37Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein‑Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 18. Mai 2011 ‑ 5 B 1323/10 -, juris Rn. 5.
38Gemessen daran ist die Begründung der Vollziehungsanordnung nicht zu beanstanden. Darin hat der Antragsgegner im Kern ausgeführt, dass er die sofortige Vollziehung für geboten halte, weil ansonsten weitere Verstöße von Radfahrern gegen Naturschutzrecht erfolgen könnten und daher die Gefahr einer nachhaltigen und nicht wieder auszugleichenden Schädigung der Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete und damit des Naturhaushalts bestehe. Mit dieser Begründung hat der Antragsgegner zu erkennen gegeben, dass er sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst ist, und dargelegt, aus welchen Gründen er diese Anordnung für geboten hält. Ob die angeführten Erwägungen den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind, ist, anders als die Antragstellerin offenbar meint, für die Frage der formellen Rechtsmäßigkeit der Vollziehungsanordnung ‑ die von der materiellen Frage, ob ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht, zu unterscheiden ist ‑ unerheblich.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2016 ‑ 13 B 903/16 ‑, juris Rn. 7.
40Im Rahmen des Aussetzungsantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht abschätzen, bedarf es einer Abwägung aller relevanten Umstände, insbesondere der Vollzugsfolgen, um zu ermitteln, wessen Interessen für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang gebührt.
41Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 22. März 2010 ‑ 7 VR 1/10 -, juris Rn.13.
42Nach diesen Maßstäben fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus, soweit der Antragsgegner dieser durch Ziffer 1. der angefochtenen Verfügung aufgegeben hat, die Routenvorschläge für die Mountainbike‑Routen ‚Trail hinter der Burg‘, ‚Gemein-Trail‘, ‚Verbotstrail‘ und ‚Singletrail am Dresbach‘ auf ihrer Internetseite zu löschen (dazu unter a.); im Übrigen ist dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen (dazu unter b.).
43a. Ziffern 1. und 3a. der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 10. Februar 2020 erweisen sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
44Der für den Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LNatSchG als untere Landschaftsbehörde zuständige Antragsgegner konnte die Beseitigungsverfügung auf §§ 3 Abs. 2, 26 BNatSchG, 2 Abs. 3 LNatSchG i.V.m. den landschaftsrechtlichen Verbotstatbeständen der Ziffern 2.1 II. und 2.2 II. und 2.1 II 16 und 2.2 II 15 der Landschaftspläne 3 und 7 stützen. Das Verbot der Beeinträchtigung eines Landschaftsschutzgebietes gemäß § 26 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit einer durch Verordnung erfolgten Schutzgebietsausweisung kann im Wege der naturschutzrechtlichen Generalklauseln durchgesetzt werden. Die Generalklauseln der §§ 3 Abs. 2 BNatSchG, 2 Abs. 1 Satz 3 LNatSchG ermächtigen die für die Naturschutz- und Landschaftspflege zuständigen Behörden, nach pflichtgemäßen Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen für die Einhaltung der Vorschriften des BNatSchG und der aufgrund des BNatSchG erlassenen Vorschriften zu treffen. Nach § 26 Abs. 2 BNatSchG sind in einem Landschaftsschutzgebiet im Sinne von § 26 Abs. 1 BNatSchG unter besonderer Beachtung des § 5 Abs. 1 BNatSchG und nach näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Das anwendbare Schutzregime ergibt sich insoweit nicht aus § 26 Abs. 2 BNatSchG selbst, sondern aus der jeweiligen Schutzerklärung.
45Vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden‑Württemberg, Beschluss vom 30. März 2020 ‑ 5 S 3419/19 -, juris Rn. 18 ff.
46Nach dieser Maßgabe ist bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung das Befahren der Routen „Trail hinter der Burg“, „Geheim‑Trail“, „Verbotstrail“ und „Singletrail am Dresbach“ mit dem Fahrrad als verbotene Handlung im Sinne von § 26 BNatSchG i.V.m. den Ziffern 2.1 II. und 2.2 II. und 2.1 II 16 und 2.2 II 15 der Landschaftspläne 3 und 7 zu bewerten (aa.). Die Antragstellerin ist auch als Verursacherin des Verstoßes anzusehen (bb.). Auf der Rechtsfolgenseite begegnet die Entscheidung des Antragsgegners ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Das Gebot, die vorgenannten Routen von der Internetseite der Antragstellerin zu entfernen, erweist sich insbesondere als verhältnismäßig (cc.).
47aa. Das Befahren der hier in Rede stehenden Routen mit einem Fahrrad verstößt gegen die Vorgaben der Landschaftspläne 3 und 7.
48Gemäß Ziffern 2.1 II. und 2.2 II. der Landschaftspläne 3 und 7 sind in den festgesetzten Naturschutzgebieten generell nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Gebietes oder seiner Bestandteile oder zu seiner nachhaltigen Störung führen können und in den festgesetzten Landschaftsschutzgebieten alle Handlungen untersagt, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Insbesondere ist es nach Ziffern 2.1 II. 16 und 2.2. II 15 der Landschaftspläne u.a. verboten, in Naturschutzgebieten Flächen außerhalb von befestigten oder besonders dafür gekennzeichneten Wegen und Straßen mit Fahrrädern zu befahren und in Landschaftsschutzgebieten Flächen außerhalb von ausgewiesenen Straßen, Wegen, Park- und Stellplätzen mit Fahrrädern zu befahren.
49Gegen diese Vorschriften haben in der Vergangenheit nach den Feststellungen des Antragsgegners, denen die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten ist, Fahrradfahrer verstoßen, die entsprechend den Vorschlägen in dem Routenplaner der Antragstellerin die in Rede stehenden Routen befahren haben. Denn bei diesen Strecken, die das im Geltungsbereich des Landschaftsplans 3 gelegene Naturschutzgebiet ‚Bundsandsteinfelsen im S. von V. bis B. ‘ (‚Trail hinter der Burg‘ und ‚Geheimtrail‘) bzw. die im Geltungsbereich des Landschaftsplans 7 gelegenen Naturschutzgebiete ‚Wehebachtalsystem mit Nebenbächen‘ (‚Verbotstrail‘) und ‚Teilflächen im I. mit Schieferbergbauflächen von der S3. X. bis zum H. C. ‘ (‚Verbotstrail‘) und/oder die dortigen Landschaftsschutzgebiete ‚P. I. ‘ (‚Verbotstrail‘) und ‚S1. ‘ (‚Singletrail am Dresbach‘) in Teilbereichen durchqueren, handelt es sich nach den glaubhaften Angaben des Antragsgegners, denen die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten ist ‑ abgesehen von zwei kurzen Teilstrecken ‑ nicht um befestigte oder besonders für das Fahrradfahren gekennzeichnete bzw. hierfür ausgewiesene Wege und Straßen, sondern vielmehr um unbefestigte Wege mit einer geringen Breite.
50Dass auch …………‑Nutzer den Routenvorschlägen folgen, ergibt sich nicht nur aus den Feststellungen des Antragsgegners, wonach Radfahrer sich zur Rechtfertigung ihres Verhaltens häufig auf die Routenverschläge der Antragstellerin beziehen, sondern auch aus deren eigenen Angaben auf der Internetplattform der Antragstellerin. Dort waren am 18. Januar 2020 beispielsweise als von ………..‑Nutzern stammende Tipps‘ zu dem Highlight ‚Schöner Trail‘ ‑ einem Streckenabschnitt des im Landschaftsschutzgebiet ‚S1. ‘ gelegenen (vormaligen) ‚Singletrails am Dresbach‘ - folgende Anmerkungen eingestellt:
51Caro Caramba
Super, langer, flowiger Trail mit Bikeparkcharakter
5428. Juni 2020
55Holger
Toller Trail, an einer Stelle liegt aktuell (Ende August 18) eine kleinerer Baum. Ist aber über die Wiese zu Umfahren. Etwas Wurzeln sonst ebener Untergrund, Kehren und kleinere Abfahren. Toll, toll, toll. …
5828. August 2018
59Richard
Wunderbarer Trail! Lohnt sich immer wieder.
6229. August 2018
63need for speed
toller Trail, am besten abwärts in Richtung P1. fahren.
6613. April 2020
67Moritz
Toller Abschnitt, nur leider übersäht von umgestürzten Bäumen, war am 12.April 2020 nicht mehr flüssig zu befahren. Es musste oft das Rad übergehoben werden.
7013. April 2020
71Da Suem
Der Trail ist wieder frei, also Vollgas, aber Vorsicht auf Spaziergänger
7424. Mai 2020
75MTB‑Schule macHartmann.de
Flowiger Trail mit ein, zwei schweren Stellen.
7814. Juni 2020
79Abgefragt am 18. Januar 2020 unter: https://www............de/highlight/0000000.
80Diesen Anmerkungen lässt sich nicht nur entnehmen, dass ………..‑Nutzer den durch Schutzgebiete verlaufenden Routenvorschlägen folgen, sondern auch, dass bei Nutzern von Outdoor‑Angeboten ‑ anders als von der Antragstellerin behauptete - nicht stets von einem verantwortungsvollen Verhalten ausgegangen werden kann.
81Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht, dass nach § 59 Abs. 1 BNatSchG das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung allen gestattet ist, und dass die zum Zwecke der Erholung nutzbaren Straßen und Wege weder über eine besondere Ausstattung noch über einen bestimmten Ausbauzustand verfügen müssen, so dass auch unbefestigte Feldwege, Wanderpfade, Trampelpfade und Steige als Wege im Sinne der Vorschrift einzustufen sind, wenn sie tatsächlich begehbar sind und mit gewisser Regelmäßigkeit zum Zwecke der Fortbewegung genutzt werden.
82Vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2019, § 59 BNatSchG Rn. 8; Giesberts/Reinhardt in: BeckOK, Umweltrecht, Stand: Oktober 2020, § 59 BNatSchG Rn. 10.
83Denn nach § 59 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG können die Länder das Betretungsverbot aus wichtigen Gründen einschränken. Das Bundesrecht verweist in dieser Hinsicht auf Gründe des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Feldschutzes sowie der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Die Einschränkung des Betretens aus wichtigen Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ermöglicht vor allem landschaftsrechtliche Beschränkungen des Betretens von ökologisch sensiblen Zonen. Insbesondere dem Schutz von Biotopen und Lebensstätten seltener Tier- und Pflanzenarten kann Vorrang vor dem Erholungsinteresse eingeräumt werden. Dabei können die Einschränkungen des Betretungsrechts nicht nur durch Gesetz, sondern auch durch Schutzgebietsausweisungen erfolgen.
84Vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, a.a.O,. § 59 Rn. 16; Giesberts/Reinhardt in BeckOK, a.a.O,. § 59 Rn. 18; Frenz-Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage, § 59 Rn. 33.
85Eine solche Einschränkung des Betretungsverbots ist hier durch die Ziffern 2.1 II 16 und 2.2 II 15 der Landschaftspläne 3 und 7 erfolgt.
86bb. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin auch zu Recht als Störerin in Anspruch genommen.
87Da § 3 Abs. 2 BNatSchG und § 2 Abs. 3 LNatSchG keine Regelungen zu den als Störer in Anspruch zu nehmenden Personen treffen, ist mangels Spezialregelung auf die allgemeinen Grundsätze des Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen.
88Vgl. Brinktrine in: BeckOK, a.a.O., § 3 BNatSchG Rn. 31.
89Nach diesen Grundsätzen ist ‑ anders als nach der im Zivil- und Wettbewerbsrecht geltenden Störerhaftung, die im Kern jegliche Mitverantwortung umfasst ‑,
90vgl. BGH, Urteile vom 18. Oktober 2001 ‑ I ZR 22/99 -, GRUR 2002, 618 ff., und vom 14. Mai 2013 ‑ VI ZR 269/12 -, juris Rn. 24 -,
91Störer nur derjenige, dessen Verhalten die Gefahr „unmittelbar“ herbeiführt, also bei einer wertenden Zurechnung die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreitet. Personen, die entfernte, nur mittelbare Ursachen für den eingetretenen Erfolg setzen, also nur den Anlass für unmittelbare Verursachung durch andere geben, sind keine Verursacher.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 ‑ 7 B 12/08 -, juris Rn. 3.
93Nach der gebotenen wertenden Betrachtungsweise kann allerdings auch ein als „Veranlasser“ auftretender Hintermann (mit)verantwortlich sein, wenn dessen Handlung zwar nicht die polizeirechtliche Gefahr überschreitet, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizeipflicht rechtfertigt.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2018 ‑ 4 A 218/16 -, juris Rn. 34, und vom Urteil vom 9. Februar 2012 ‑ 5 A 2382/10 -, juris Rn. 45.
95Als Bewertungskriterium dafür, ob ein Verhalten die maßgebliche Gefahrenschwelle überschreitet, ist auf die Rechtswidrigkeit der Verursachungshandlung und auf die Zuordnung von Risikosphären abzustellen. Eine Handlung überschreitet dann die Gefahrengrenze, wenn sie nicht mehr denjenigen Anforderungen entspricht, die die Rechtsordnung im Interesse eines störungsfreien Gemeinschaftslebens verlangt. Umgekehrt kann nicht derjenige Störer sein, der sich den Forderungen der Rechtsordnung entsprechend verhält und lediglich die von der Rechtsordnung vorgesehene Möglichkeit der Rechtsausübung in sozialüblicher Weise wahrnimmt. Dabei kommt es im Recht der Gefahrenabwehr auf ein Verschulden der handelnden Personen nicht an, vielmehr gilt es, Verantwortungsbereiche objektiv zuzurechnen. Es ist mithin darauf abzustellen, in wessen Risiko- und Pflichtensphäre die Verantwortung für einen gefährlichen Zustand fällt.
96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. September 2017 ‑ 16 A 1920/09 -, juris Rn. 95; OVG Rheinland‑Pfalz, Urteil vom 26. November 2008 ‑ 8 A 10933/08 -, juris Rn. 27.
97Für die Bewertung, wann die Gefahrengrenze überschritten wird, sind im Anwendungsbereich des Telemediengesetzes die Haftungsgrundsätze der §§ 7 bis 10 TMG heranzuziehen.
98Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 2010 ‑ 27 L 143/10 -, BeckRS 2010, 49835; Paal in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, Stand: Februar 2020, § 7 TMG Rn. 9.
99Sie schränken die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern nach den allgemeinen Gesetzen ein und wirken insoweit wie ein „Filter“ für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Verletzungstatbestandes.
100Vgl. hierzu und zu dem Folgenden: Gerecke in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021, 53. Abschnitt: Rechtsfragen der Internetplattformen, Rn. 6; siehe auch: Gersdorf/Pall in: BeckOK, a.a.O., § 7 TMG Rn 6.
101Mit den §§ 7 bis 10 TMG wurden die Bestimmungen der C-Commerce-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Ihre Rechtfertigung erlangen die Haftungsprivilegierungen aus dem Umstand, dass sie letztlich für automatisierte Vorgänge gelten, bei denen der Plattformbetreiber keine Kontrolle der Inhalte vornimmt und unter normalen Umständen ohne Hinweis auf die Rechtsverletzung auch nicht vornehmen kann. Dementsprechend bestimmt § 7 Abs. 1 TMG, dass Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind. Gemäß § 7 Abs. 2 TMG sind Diensteanbieter im Sinne von §§ 8 bis 10 TMG, d.h. Diensteanbieter, die fremde Informationen anbieten, nicht verpflichtet, die von ihnen ermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG bleiben Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach §§ 8 bis 10 TMG unberührt. Hieraus ergibt sich, dass ein Diensteanbieter, der keine eigenen rechtswidrigen Inhalte im Internet anbietet und Kenntnis von der Nutzung eines Internetdienstes weder hat noch haben kann noch im Nachhinein erlangt hat, nicht als Störer nach allgemeinem Ordnungsrecht zu qualifizieren ist, sondern nur als Nichtstörer herangezogen werden kann.
102Vgl. zu Letzterem: OVG NRW, Beschluss vom 26. Januar 2010 ‑ 13 B 760/09 -, DBVl. 2010, 442 ff. = juris Rn. 12.
103Ausgehend hiervon ergibt sich eine Verantwortlichkeit der Antragstellerin nach den allgemeinen Gesetzen. Ihr kommt insbesondere nicht die Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG zugute, der nur den klassischen Hosting Provider betrifft, der sich als Vermittler auf die rein technische und automatische Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten beschränkt und der keine aktive Rolle übernimmt, die ihm Kenntnis dieser Informationen oder eine Kontrolle hierüber verschafft.
104Vgl. hierzu: von Petersdorf‑Campen in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, a.a.O., § 10 TMG Rn. 27 f.
105Denn die Antragstellerin ist nicht als Hosting Provider, sondern als Dienstanbieterin im Sinne von § 7 Abs. 1 TMG zu qualifizieren, die eigene Informationen zur Nutzung bereithält.
106Die Verantwortlichkeit gemäß § 7 Abs. 1 TMG erfasst nicht nur eigene Informationen im engeren Sinne, sondern auch solche fremden Informationen, die sich der Diensteanbieter zu eigen macht. Von einem Zu‑eigen‑Machen ist dabei auszugehen, wenn der Diensteanbieter außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichen Inhalte übernommen hat, was aus objektiver Sicht auf der Grundlage der Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung gebeten.
107Vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2016 ‑ VI ZR 34/15 -, juris Rn. 17.
108Für ein Zu‑eigen‑Machen spricht, wenn der Diensteanbieter eine inhaltlich‑redaktionelle Überprüfung der auf seiner Internetseite eingestellten fremden Inhalte auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt; dies gilt auch dann, wenn für die Nutzer des Internetportals erkennbar ist, das die Inhalte nicht vom Betreiber, sondern von Dritten stammen.
109Vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 ‑ I ZR 240/12 ‑, GRUR 2015, 485 ff.
110Ein Zu‑eigen‑Machen kann sich auch aus der Art der Präsentation der Inhalte ergeben, wie zum Beispiel der Verwendung eines eigenen Layouts, Wasserzeichens, Logos oder einer sonstigen eigenen Markierung des Diensteanbieters für fremde Inhalte. Insoweit kommt im Online‑Bereich auch ein Zu‑eigen‑Machen bei der Verwendung von Frames und Inline‑Links in Betracht, mit denen eine fremde Information mit werbendem Inhalt in die eigene Webseite des Diensteanbieters einbezogen wird. Ein Indiz für ein Zu‑Eigen‑Machen ist schließlich auch eine wirtschaftliche Zuordnung der Inhalte durch den Diensteanbieter. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass sich der Diensteanbieter in seinen Nutzungsbedingungen für fremde Inhalte umfangreiche Rechte einräumen lässt.
111Vgl. Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, a.a.O., § 7 TMG Rn. 5 mit zahlreichen Nachweisen zur Rspr.
112Nach diesen Maßstäben hat sich die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin beanstandeten Routen zu eigen gemacht. Die Antragstellerin beschränkt sich entgegen ihren Angaben im vorliegenden Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht darauf, Daten, die sie aus ‚Open‑Street‑Map‘ oder ‚Open Cycle Map‘ entnommen hat bzw. von ihren Nutzern erhalten hat, an Dritte weiterzugeben. Sie bereitet diese Daten vielmehr auf, indem sie auf der Basis der Angaben der Nutzer zur gewünschten Wegstrecke, ihrem Fitnesslevel und der Sportart Tourenvorschläge erarbeitet, die Aussagen zu den anzutreffenden Wegetypen und der Wegbeschaffenheit beinhalten. Außerdem verzeichnet sie auf den Karten sog. Highlights. Hierbei handelt es sich gemäß den Angaben der Antragstellerin in dem Handbuch ‚Die …………Highlights‘ um Lieblingsorte ‑ beispielsweise ‚flowige‘ Singletracks, besonderes glatte Straßenabschnitte, grandiose Gipfel, verwunschene Schlösser, Biergärten -, die ……….‑Nutzer auf die Plattform der Antragstellerin eingestellt und mit Kommentaren und Fotos versehen haben. Die Highlights werden auf Internetseite der Antragstellerin nicht automatisch freigeschaltet, sondern nach einer Bewertung veröffentlicht. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Regelungen in Ziffern 12. und 17. der Nutzungsbedingungen der Antragstellerin, durch welche sich die Antragstellerin u.a. von ihren Nutzern das Recht einräumen lässt, eingestellte Medien zu bearbeiten und bei einem gesetzeswidrigen Verhalten und/oder Verstößen gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu entfernen. Dementsprechend werden die Highlights den …………‑Nutzern auf der Plattform der Antragstellerin auch nicht als einzelne Mitteilungen, sondern in gesammelter Form präsentiert. Ferner werden die Highlights als Streckenabschnitte in Tourenvorschläge aufgenommen, die von der Antragstellerin erarbeitet und den Nutzern mit dem Vermerk vorgestellt werden, dass diese Vorschläge auf tausenden von Aktivitäten beruhten, die andere Personen mit …………durchgeführt hätten. So beinhalteten die ‚Top‑Mountainbike‑Touren‘ zu dem durch ein Schutzgebiet verlaufenden Highlight ‚Burgtrail‘ beispielsweise diesen Trail als einen von mehreren Streckenabschnitten. Die Nutzung der Webseite der Antragstellerin, das Herunterladen der zugehörigen App und die Planung der Touren ist zwar kostenlos; weitergehende Funktionen wie das Planen von Mehrtagestouren und eine Sprach‑Navigation der geplanten Touren über Handy sind aber kostenpflichtig. Durch das beschriebene Vorgehen, das eine redaktionelle Kontrolle fremder Inhalte und deren teilweise Vermarktung umfasst, übernimmt die Antragstellerin aus Sicht eines objektiven Nutzers die Verantwortung für die zur Verfügung gestellten Inhalte. Zu Gunsten der Antragstellerin wirkt sich auch nicht der Hinweis aus, dass es sich bei den ‚Highlights‘ um fremde Inhalte handele. Denn spätestens durch die Übernahme der ‚Highlights‘ in ihre eigenen Tourenvorschläge erweckt die Antragstellerin den zurechenbaren Anschein, sich mit den fremden Inhalten zu identifizieren.
113Unabhängig hiervon wäre die Antragstellerin selbst bei Anwendung der Privilegierung nach § 10 TMG gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG zur Löschung der Routenvorschläge verpflichtet. Die Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG umfasst nämlich nicht die Störerhaftung. § 10 TMG betrifft lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung des Diensteanbieters.
114Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2007 ‑ VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004, vom 30. Juni 2009 ‑ VI ZR 210/08 -, VersR 2009, 1417, vom 22. Juli 2010 ‑ I ZR 139/08 -, GRUR 2011, 152 und vom 25. Oktober 2011 ‑ VI ZR 93/10 -, BGHZ 191, 219; siehe auch: Gerecke in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, a.a.O., Rn. 17.
115Dies ergibt sich aus der Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG, wonach die Verpflichtung zur Entfernung von Informationen und der Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleibt. Wird ein rechtswidriger Beitrag eingestellt, ist der Betreiber beispielsweise gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches als Störer zur Unterlassung und, wenn nur über die Beseitigung der Daten die Unterlassung durchgesetzt werden kann, zur Löschung verpflichtet. Ebenso wie der Verleger die von einem Presseerzeugnis ausgehende Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist, ist der Betreiber eines Internetforums Herr des Angebots und kann der Verletzte deshalb Löschungs- und Unterlassungsansprüche gegen ihn richten.
116Vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 ‑ VI ZR 196/08 -, juris Rn. 14.
117Darüber hinaus ist der Diensteanbieter nach § 10 Abs. 1 Satz 1 TMG auch nur solange nicht für fremde Informationen, die er für einen Nutzer speichert, verantwortlich, wie er keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information hat (Nr. 1) und er unverzüglich tätig geworden ist, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald er diese Kenntnis erlangt hat (Nr. 2). Hier hat die Antragstellerin spätestens durch die Mitteilung des Antragsgegners vom 30. September 2019 Kenntnis von der Naturrechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Tourenvorschläge erhalten, so dass sie ab diesem Zeitpunkt selbst dann, wenn sie die Stellung eines Hosting Providers inne gehabt hätte, zur Löschung der Tourenvorschläge verpflichtet gewesen wäre.
118Haftet die Antragstellerin mithin nach allgemeinen Vorschriften, so ist sie ‑ wie bereits ausführlich dargelegt ‑ als Zweckveranlasserin anzusehen, wenn das Veröffentlichen der hier streitgegenständlichen Routenvorschläge zwar nicht die ordnungsrechtliche Gefahrenschwelle überschreitet, aber mit der durch die Mountainbiker unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die ihre Einbeziehung in die Ordnungspflicht rechtfertigt.
119Letzteres ist hier der Fall. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist der Wirkungs- und Verantwortungszusammenhang zwischen dem Einstellen der streitgegenständlichen Routenvorschläge in das Internet und dem Befahren der Routen durch Mountainbiker so eng, dass die (Mit-)Veranlassung durch die Antragstellerin und der (Gefahren-)Erfolg als Einheit angesehen werden muss. Zwar bezweckte die Antragstellerin das störende Verhalten der Mountainbiker nicht. Jedoch war nahezu sicher zu erwarten, dass jedenfalls ein Teil der ………..‑Nutzer die vorgeschlagenen Wege nutzen würde. Insoweit kann auf die vorzitierten ‚Tipps‘ der …………‑Nutzer zu dem Highlight ‚Schöner Trail‘ verwiesen werden. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, dass das zur Verfügung stellen von auf eine spezielle Nutzergruppe (hier: Mountainbiker) abgestimmten Routenvorschlägen dazu führt, dass die Routen von den Nutzern auch dann mit Fahrrädern befahren werden, wenn dies durch die einschlägigen Landschaftspläne verboten wird.
120In diesem Zusammenhang weist die Kammer zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten ergänzend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst ein Plattformbetreiber, dem einer der Privilegierungstatbestände der §§ 8 bis 10 TMG zu Gute kommt, nach § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG nicht nur verpflichtet ist, den beanstandeten Inhalt zu sperren, sondern vielmehr auch Vorsorge dafür zu treffen hat, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.
121Vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 ‑ I ZR 304/01 -, juris Rn. 49; siehe auch: Gerecke in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, a.a.O., Rechtsfragen der Internetplattformen Rn. 32 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. des BGH.
122Mit dieser Verpflichtung dürfte es nicht zu vereinbaren sein, Routenvorschläge, die von der Antragsgegnerin beanstandet worden sind, erneut in dieser oder einer leicht abgewandelten Form ‑ beispielsweise in zwei Routen aufgeteilt - unter einer neuen Bezeichnung auf der Internetseite der Antragstellerin zu veröffentlichen. Ein entsprechendes Vorgehen der Antragstellerin könnte der Antragsgegner daher zum Anlass für ein weiteres Einschreiten nehmen.
123cc. Ermessensfehler liegen nicht vor. Insbesondere genügt die Beseitigungsanordnung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie ist zur Gefahrenabwehr geeignet und erforderlich und führt auch nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Insbesondere ist der Antragstellerin eine Löschung der ‑ auf Anregungen ihrer Nutzer zurückgehenden ‑ Routen gemäß Ziffer 12 und 17 ihrer Nutzungsbedingungen ohne weiteres möglich.
124Die auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein‑Westfalen (VwVG NRW) gestützte Androhung des Zwangsgeldes (Ziffer 3a.), die gemäß § 63 Abs. 2 VwVG mit dem Verwaltungsakt verbunden werden kann und in dem Fall, dass ein Rechtsmittel ‑ wie hier ‑ keine aufschiebende Wirkung hat, auch verbunden werden soll, ist mit 1.000,‑‑ € weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
125b. Ziffern 2. und 3c. der angefochtenen Ordnungsverfügung erweisen sich hingegen nach summarischer Prüfung als rechtswidrig.
126Öffentlich‑rechtliche Maßnahmen gegen Störer haben im Regelfall rechtseinschränkenden Charakter und müssen daher einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert, dass die Maßnahme zur Verfolgung eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist. Geeignet ist dabei nur die zur Gefahrenabwehr zwecktaugliche Verfügung, die nichts tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt.
127Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 10. April 1997 ‑ 2 BvL 45/92 -, BVerfGE 96, 10 ff. und vom 20. Juni 1984 ‑ 1 BvR 1494/78 -, BVerfGE 67, 157 ff.
128Hier bestehen an der Geeignetheit der Verfügung durchgreifende Bedenken. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin untersagt, Routenvorschläge auf ihre Internetseite einzustellen, die Streckenführungen enthalten, deren Befahren mit Fahrrädern durch Festsetzungen von Landschaftsplänen und Schutzgebietsverordnungen im Kreis E. untersagt ist. Hiermit hat er ihr zugleich die Verpflichtung auferlegt, sämtliche Routenvorschläge daraufhin zu überprüfen, ob die empfohlenen Wege gemäß den einschlägigen Landschaftsplänen befahren werden dürfen. Letzteres dürfte der Antragstellerin indes nicht mit einem zumutbaren Aufwand möglich sein. Denn die geforderte Prüfung ist weder mit Hilfe der Landschaftspläne der Antragsgegnerin, die zur Beschaffenheit der in den Schutzgebieten befindlichen Wege keine Aussage treffen, noch mit Hilfe sonstiger Karten möglich. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners enthalten insbesondere die Karten des Projektes OpenStreetMap für die erforderliche Prüfung keine hinreichend aussagekräftigen Angaben. Insbesondere lässt die Tatsache, dass auf den Karten neben den verschiedenen Radwegen nur Wald-, Feld- und Fußwege verzeichnet sind, nicht den Schluss zu, dass es sich bei diesen Wegen, die in der Reit- und Wanderkarte des Projektes u.a. als Feld-, Schotter- und Wiesenweg oder Pfad bezeichnet werden, grundsätzlich um nicht befestigte Wege im Sinne der Ziffer 2.1 II 16 bzw. 2.2. II 15 der Landschaftspläne 3 und 7 handelt. Sie bedeutet lediglich, dass es sich hierbei nicht um offizielle Radwege handelt. Kann die Antragstellerin den ihr zur Verfügung stehenden Karten aber die Qualität der Wege nicht eindeutig entnehmen, so müsste sie diese mit Hilfe von Ortsbesichtigungen ermitteln, was ihr wegen des damit verbundenen hohen Aufwandes nicht zuzumuten ist.
129Zu einer Verhältnismäßigkeit der Maßnahme führt ‑ anders als der Antragsgegner meint ‑ auch nicht, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, die Schutzgebiete auf ihre Karten zu projizieren und ihre Nutzer dazu anzuhalten, vor dem Befahren der Wege mit dem Fahrrad eine ‚Unbedenklichkeitsbescheinigung‘ der zuständigen Behörde einzuholen. Dies gilt schon deshalb, weil die Antragstellerin durch ein entsprechendes Vorgehen der ihr durch Ziffer 2. der Ordnungsverfügung auferlegten, deutlich weitergehenden Verpflichtung, keine Routen auf ihre Internetseite einzustellen, die gemäß den Vorgaben der einschlägigen Landschaftspläne und Schutzgebietsverordnungen mit Fahrrädern nicht befahren werden dürfen, nicht gerecht würde.
130Die Voraussetzungen für die Androhung von Zwangsgeldern in Höhe von 1.000,-- € je Verstoß (Ziffer 3b.) nach §§ 55, 57 Abs. 1 Nr. 2 und 63 VwVG NRW liegen ebenfalls nicht vor. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Anordnung eines Zwangsgeldes ist nach § 55 VwVG NRW u.a., dass der durchzusetzende Verwaltungsakt unanfechtbar ist oder ein Rechtmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Hier ist Ziffer 2. der angefochtenen Ordnungsverfügung, gegen die die Antragstellerin fristgemäß Klage erhoben hat, indes nicht unanfechtbar und hat die gegen die gegen diese Ziffer gerichtete Klage der Antragstellerin aus den vorgenannten Gründen aufschiebende Wirkung.
131Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1322. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Kammer bewertet das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Durchführung des zugehörigen Hauptsacheverfahrens 5 K 651/20 mit 20.000,-- €. Wegen des lediglich vorläufigen Charakters des vorliegenden Verfahrens ist dieser Wert nur zur Hälfte anzusetzen.