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1. Mit der Feststellungsklage nach § 43 VwGO kann ein Bauherr gerichtlich klären lassen, ob sein Vorhaben vom baurechtlichen Bestandsschutz umfasst wird.
2. Die bauaufsichtliche Zustimmung nach § 97 BauO NW 1962 ist einer Baugenehmigung gleichzustellen und kann Bestandsschutz vermitteln.
3. Hat die ehemalige Deutsche Bundespost ein Verwaltungsgebäude zum Zwecke des Fernmeldenotdienstes zulässigerweise errichtet, ist die Nachnutzung zu privaten Wohn- und Bürozwecken nicht vom Bestandsschutz umfasst.
4. Die Verfestigung einer Splittersiedlung im Außenbereich ist gegeben, wenn der bisher in Anspruch genommene räumliche Bereich der Splittersiedlung weiter aufgefüllt, die betroffene Außenbereichsfläche also verdichtet wird. Zu befürchten ist diese Verfestigung, wenn das Vorhaben im Außenbereich unerwünscht ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Klägerin beabsichtigt, in einem Gebäude der ehemaligen Deutschen Bundespost eine Wohn- und Büronutzung aufzunehmen. Sie verlangt die gerichtliche Feststellung, dass diese Nutzung vom baurechtlichen Bestandsschutz des Gebäudes erfasst ist, hilfsweise, dass die Beklagte verpflichtet wird, den beantragten Bauvorbescheid zur planungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Nutzung zu erteilen.
3Das Gebäude der Klägerin liegt in K/ L an der C-Straße (Hausnummer 00). Es ist zweigeschossig und besitzt eine Grundfläche von ca. 12 m x 30 m. Ein Bebauungsplan für das Gebäudegrundstück, Gemarkung L, Flur 0, Flurstücke 000, besteht nicht. Der Flächennutzungsplan stellt es als Fläche für den Gemeinbedarf dar, und zwar für die Einrichtung „Post“ (Planzeichen: Posthorn).
4Im Hintergelände des Grundstücks erstreckt sich eine befestigte Fläche von knapp 19.000 m². Dort befinden sich drei Hallen. Nördlich und westlich wird das Gebäudeflurstück 000 von einer Waldfläche umgeben. Südlich grenzen an das Flurstück 000 Freiflächen an. Im nordöstlichen Grenzverlauf liegt das Flurstück 001, das im Eigentum der Deutschen Telekom AG steht und mit einem ca. 36 Meter hohen Antennenträger bebaut ist.
5Die westliche Seite der C-Straße , an der die vorbeschriebenen Bauten der Klägerin liegen, ist ansonsten unbebaut. Die Straße zweigt im Norden von der U-Straße ab und mündet im Süden in die E-Straße . Sie besitzt eine Nord-Süd-Länge von ca. 500 m und eine Breite von ca. 5 m.
6Die östliche Seite der C-Straße weist folgende Bebauung auf: Im Norden ein Wohngebäude ( C-Straße 0 und 0), daran südlich anschließend das Hintergelände eines Steinmetzbetriebes, der über die parallel verlaufende U-Straße erschlossen ist (B Grabsteine, F Straße 00). Weiter südlich, dem streitbefangenen Gebäude ( C-Straße 00) gegenüberliegend, bis zur ersten Einmündung der R-Straße eine dreigliedrige Reihenhauszeile ( C-Straße 00 bis 00). Im weiteren Verlauf der Straße bis zur zweiten und dritten Einmündung der R-Straße auf einer Länge von ca. 200 m weitere Wohnbebauung.
7Historisch haben sich Baubestand, Genehmigungslage, Nutzung und Eigentumslage auf dem Vorhabengrundstück ( C-Straße 00) wie folgt entwickelt:
8In den 1960er Jahren errichtete die damalige Deutsche Bundespost den Baubestand als Einrichtung des Fernmeldenotdienstes („Kurzwellenanlage L“). Die Anlage sollte der zivilen Verteidigung dienen, indem sie die Telekommunikation im Krisenfall sicherstellt. Das Telekommunikationswesen unterfiel seinerzeit ihrer hoheitlichen Aufgabe, im Rheinland dem Zuständigkeitsbereich der Oberpostdirektion Köln. Zur Errichtung der Kurzwellenanlage erwarb die Bundesrepublik im Jahr 1965 Eigentum an dem vormals als Wald- und Feldfläche dienenden Grundstück.
9Mit Bescheid vom 4. Mai 1966 stimmte der damalige Regierungspräsident Aachen als Obere Bauaufsichtsbehörde der Errichtung der Anlage zu. Der Zustimmungsbescheid betraf insbesondere die Errichtung von drei Hallen. Ferner umfasste die Zustimmung das – hier in Rede stehende – Gebäude am Eingang des Grundstücks. Im Keller des zweigeschossigen Gebäudes sollten eine Waschküche, ein Trockenraum, ein (Dienstwohnungs-) Keller, die Heizung, Lager für die Hausverwaltung und für Schutzkleidung sowie ein Strahlungsschutzbau für 50 Personen entstehen. Das Erdgeschoss hingegen sollte mit sanitären Anlagen, einer Kleiderablage, einer Küche, einem Aufenthaltsraum und einem Krankenzimmer für die Belegschaft ausgestattet werden. Zudem war ein Hausmeister- und Pförtnerzimmer samt Aktenraum vorgesehen. Im Obergeschoss sollten neben Besprechungs-, Schreib-, Büro-, Unterrichts-, und Bereitschaftsräumen noch 5 (Dienstwohnungs-) Räume als Wohnfläche dienen.
10In der Folge errichtete und nutzte die Deutsche Bundespost das Gebäude entsprechend. Die in den Plänen ersichtlichen „(Dienstwohnungs-) Räume nutzte ein Hausmeister mit seiner Familie.
11Mit Zustimmungsbescheiden vom 6. Juni 1967, 7. Juni 1967, 13. Juni 1983 und 17. November 1989 ließ der Regierungspräsident Aachen weitere Vorhaben auf dem streitbefangenen Grundstück zu (Tankanlage, Einleitung von Regen- und geklärtem Abwasser in einen Vorflutgraben, Lagerung von sechs fahrbaren Ortsvermittlungsstellen, Anschluss der Kurzwellenanlage L an die städtische Kanalisation).
12Aus der Deutschen Bundespost ging nach ihrer Privatisierung zum 1. Januar 1995 u.a. die Deutsche Telekom AG hervor, die im Mai 1995 als Eigentümerin des Vorhabengrundstücks in das Grundbuch eingetragen wurde. Auf ihren Antrag genehmigte der Beklagte am 31. Oktober 1996 die Errichtung eines 36 Meter hohen Antennenträgers, der der Versorgung des Stadtgebietes mit den Mobilfunknetzen D1, D2 und E-Plus diente.
13Die Deutsche Telekom AG nutzte das Grundstück in Fortführung des Fernmeldenotdienstes für ihr Disaster Recovery Management (DRM). In dieser Phase überließ die Deutsche Telekom AG die Räumlichkeiten des streitbefangenen Gebäudes im Erdgeschoss für knapp ein Jahr einem Autoteilehandel und die Hausmeisterwohnung im Obergeschoss für mehrere Jahre einer Privatperson zu Wohnzwecken.
14Am 26. November 2012 wurde die Klägerin mit ihrem Ehemann als Eigentümer zu gleichen Teilen in das Grundbuch eingetragen. Im Zeitpunkt der Eintragung lag eine Nutzung durch den Autoteilehandel nicht mehr vor. Im Zuge des Eigentumswechsels beendete eine Mieterin im Obergeschoss ihr Mietverhältnis. In der Folge schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen Mietvertrag mit der Deutschen Telekom AG zur weiteren Nutzung des Vorhabengrundstücks. Dieser Mietvertrag wurde zum 31. August 2015 beendet. Nach dem Tod ihres Mannes wurde die Klägerin am 27. April 2018 als Alleineigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Infolge gescheiterter Verkaufs- und Nutzungsgespräche mit der Beklagten überließ die Klägerin der Deutschen Post AG eine der drei Hallen ab dem 1. November 2018 als Ausgangsstandort für die Zustellung von Postsendungen im Stadtgebiet.
15Am 11. Juli 2019 stellte die Klägerin beim Bauordnungsamt der Beklagten den – hier hilfsweise weiterverfolgten – Antrag auf Erteilung eines planungsrechtlichen Bauvorbescheides betreffend die zukünftige Nutzung des auf dem Grundstück Gemarkung L, Flur 0, Flurstücke 000 vorhandenen zweigeschossigen Bestandsgebäudes. Es seien ‑ ohne Veränderung der Gebäudekubatur‑ drei Wohneinheiten im Obergeschoss und Büros im Erdgeschoss geplant.
16Mit Versagungsbescheid vom 20. November 2019, zugestellt am 26. November 2019, lehnte die Beklagte den Antrag ab und erließ am gleichen Tag einen Gebührenbescheid. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben liege auf der unbebauten westlichen Seite der C-Straße und damit im planungsrechtlichen Außenbereich. Es stelle kein privilegiertes Vorhaben dar und beeinträchtige als sonstiges Vorhaben öffentliche Belange, indem es den Darstellungen des geltenden Flächennutzungsplanes widerspreche. Dieser sehe eine Gemeinbedarfsfläche für die Post vor. Aus der Entstehungsgeschichte der Darstellung folge, dass sie sich auf die ehemalige Kurzwellenanlage L und deren Zweck als Fernmeldenotdienst beziehe. Eine allgemeine Büro- und Wohnnutzung sei von der Darstellung nicht gedeckt. Weiterhin entstehe eine Splittersiedlung, da eine bauliche Fortentwicklung des Außenbereichs durch die Zulassung der beabsichtigten Nutzung nicht eingrenzbar sei.
17Die Klägerin hat am 23. Dezember 2019 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht: Sie habe einen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Die beabsichtigte Nutzung sei zulässig. Das betreffende Gebäude befinde sich im Innenbereich. Es handele sich um eine Art Eingangsgebäude, das den notwendigen Zusammenhang zur östlich gelegenen Bebauung herstelle, indem es unmittelbar an der C-Straße errichtet worden sei. Damit liege eine organische Verbindung im Sinne der Rechtsprechung zwischen der Bebauung auf beiden Straßenseiten vor. Anders als die Beklagte meine, könne die C-Straße den Bebauungszusammenhang zu der auf der östlichen Straßenseite vorhandenen Gewerbe- und Wohnnutzung nicht unterbrechen. Dazu sei sie zu schmal. Sie lasse selbst einen zweispurigen Gebrauch kaum zu. Die maßgebliche Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich sei vielmehr erst westlich des Vorhabengrundstücks mit dem Beginn der dortigen Waldflächen als einer topographische Besonderheit im Sinne der Rechtsprechung anzunehmen. Aufgrund der vorliegenden Wohn- und Gewerbenutzung lasse sich die nähere Umgebung als Mischgebiet einordnen, in das sich das Nutzungsvorhaben ohne Weiteres einfüge. Aber selbst wenn man von einer Außenbereichslage ausgehe, könnten die Darstellungen des Flächennutzungsplanes dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Die Darstellungen seien unwirksam. Der sog. Kurzwellenanlage L habe es an der allgemeinen Zugänglichkeit gefehlt, die eine Gemeinbedarfsanlage aber voraussetze. Im Übrigen beeinträchtige das Vorhaben keine öffentlichen Belange. Insbesondere lasse es die Verfestigung einer Splittersiedlung nicht befürchten.
18Die Klägerin hat ursprünglich sinngemäß beantragt,
19den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu Nutzungsänderung und Umbau des Wohn- und Bürogebäudes in K L, C-Straße 00, zu erteilen,
20hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über den beantragten Bauvorbescheid zu Nutzungsänderung und Umbau des Wohn- und Bürogebäudes in K L, C-Straße 00 erneut ermessensfehlerfrei unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden,
21und den Gebührenbescheid der Beklagten vom 20. November 2019 aufzuheben.
22Das Gericht hat die gegen den Gebührenbescheid vom 20. November 2019 erhobene Klage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2021 zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und im Übrigen die Umstellung des Klageantrags angeregt.
23Nunmehr beantragt die Klägerin,
24festzustellen, dass die beabsichtigte Nutzung des Eingangsgebäudes als Verwaltungs- und Wohngebäude auf dem Grundstück der Gemarkung L, Flur 0, Flurstück 000, vom Bestandsschutz erfasst ist,
25hilfsweise, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Bauvoranfrage in der Fassung vom 4. August 2021 positiv zu bescheiden.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie hält an ihrem Bescheid fest und vertieft die dortigen Ausführungen.
29Der Berichterstatter hat im Beweis- und Ortstermin vom 9. Juli 2021 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls und der Lichtbilder verwiesen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32Die Kammer entscheidet über den zuletzt gestellten Antrag.
33Die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Umstellung bzw. Präzisierung des Klagebegehrens begegnet als gesetzlich privilegierte Klageänderung keinen Zulässigkeitsbedenken, vgl. § 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
34Die umgestellte Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.
35Das gilt für den Hauptantrag. Dieser ist zulässig, aber unbegründet.
36Das mit ihm verfolgte Begehren auf gerichtliche Feststellung der Reichweite des baurechtlichen Bestandsschutzes ist als Feststellungklage zulässig.
37Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Ein Rechtsverhältnis meint rechtliche Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von Personen zueinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht.
38Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20. November 2003 – 3 C 44/02 – , juris, Rn. 18.
39Hierzu gehört auch die Frage, ob eine Bebauung bzw. Nutzung vom Bestandsschutz erfasst ist.
40Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Urteil vom 07. Mai 2019 – 2 A 2995/17 – , juris, Rn. 37.
41Darum geht es hier. Genießt das streitbefangene Eingangsgebäude mit einer Nutzung als Wohn- und Bürogebäude baurechtlichen Bestandsschutz, kann die Klägerin die von ihr beabsichtigte Nutzung ohne Weiteres aufnehmen.
42Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interessen an der baldigen Feststellung im Sinne des § 43 VwGO. Hierzu genügt jedes nach der Sachlage anzuerkennende schutzwürdige Interesse ideeller, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 02. November 1990 – 5 B 100.90 – , juris, Rn. 5.
44Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einer für sie günstigen Feststellung über den Bestandsschutz ergibt sich aus der damit unmittelbar gegebenen Möglichkeit, das streitbefangene Gebäude als Wohn- bzw. Büroraum zu vermieten.
45Schließlich kann die Klägerin nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO darauf verwiesen werden, dass sie ihre behaupteten Rechte aus dem Bestandsschutz mit einer rechtsschutzintensiveren Gestaltungs- oder Leistungsklage geltend machen könne. Eine vorrangige Klageart besteht insoweit nicht. Insbesondere kommt die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht in Betracht. Diese würde einen entsprechenden Anspruch voraussetzen. Der baurechtliche Bestandsschutz, der die historische Baurechtskonformität einer baulichen Anlage betrifft, vermittelt aber nach gefestigter Rechtsprechung keine bauaufsichtlichen Zulassungsansprüche.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 – 4 C 5/98 –, juris, Rn. 20: „Bestands-schutzgesichtspunkte haben daneben [neben §§ 30, 34, 35 BauGB] als Zulassungsmaßstab keinen Raum“.
47Die Feststellungsklage ist aber unbegründet.
48Die beabsichtigte Wohn- und Büronutzung ist nicht vom Bestandsschutz des streitbefangenen Eingangsgebäudes umfasst.
49Bestandsschutz setzt voraus, dass die jeweils betroffene bauliche Anlage und ihre Nutzung entweder formell legalisiert, also von einer Baugenehmigung gedeckt sind (formeller Bestandsschutz) oder aber im Zeitpunkt ihrer Errichtung oder im späteren Verlauf während eines nennenswerten Zeitraumes materiell mit dem geltenden Baurecht übereingestimmt haben (materieller Bestandsschutz).
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. November 2013 – 7 E 1036/13 –, juris, Rn. 8.
51Die Klägerin kann sich nicht auf einen formellen Bestandsschutz berufen.
52Zwar kann ein privater Bauherr an sich (formellen) Bestandsschutz aus solchen Zulassungsentscheidungen herleiten, welche in der Vergangenheit von einem Bauherrn der öffentlichen Hand beantragt und von der (Oberen) Bauaufsichtsbehörde erlassen wurden. Die Erteilung der bauaufsichtlichen Zustimmung des Regierungspräsidenten Aachen vom 4. Mai 1966 für die Errichtung des streitbefangenen Gebäudes ist nämlich der Erteilung einer Baugenehmigung gleichzustellen. Das ergibt sich aus der damaligen Regelung über die baulichen Anlagen des Bundes und der Länder in § 97 BauO NW 1962.
53Vgl. der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NW) vom 25. Juni 1962 (GV. NW. S. 373).
54Ausweislich des § 97 Abs. 5 BauO NW 1962 galten für die Prüfung der nach § 97 Abs. 4 BauO NW 1962 einzureichenden Bauvorlagen die §§ 85 bis 88 BauO NW 1962, die das baurechtliche Genehmigungsverfahren regelten.
55Vgl. auch zur Genehmigungsqualität der Zustimmung nach § 97 BauO NW 1962: OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2019 – 2 A 2995/17 – juris, Rn. 52 und 57.
56Bestandsschutz kann aber dann nicht geltend gemacht werden, wenn mit der Fortführung einer Nutzung – auch wenn sie im Einzelfall nach außen gleichbleibend in Erscheinung tritt – ein Wechsel ihres Zwecks von der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu privatwirtschaftlicher Tätigkeit verbunden ist.
57Vgl. zur Fortführung einer Kfz-Werkstatt der früheren Deutschen Bundespost durch einen privaten Dritten: OVG Lüneburg, Beschluss vom 11 Juli 1996 – 1 M 3191/96 -, juris.
58Ein solcher Wechsel im Nutzungszweck liegt hier vor. Die Klägerin plant eine privatwirtschaftliche Gebäudenutzung. Demgegenüber diente die in der Vergangenheit legalisierte Nutzung der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, und zwar des Zivilschutzes in Form des Fernmeldenotdienstes.
59Letzteres wird aus dem Zustimmungsbescheid vom 4. Mai 1966 betreffend die „Kurzwellenanlage L“ deutlich. Darin wurde die Errichtung von drei Kraftwagenhallen samt Nebengebäude zugelassen. Aus den zugehörigen Bauvorlagen hinsichtlich des hier streitbefangenen Eingangsgebäudes ergibt sich dessen Zugehörigkeit zu der fahrbaren Kurzwellenanlage L und ihrem Zweck für den Zivilschutz. Insoweit waren im Eingangsgebäude vorwiegend Räume für die Belegschaft der damaligen Kurzwellenanlage vorgesehen. Neben sanitären Anlagen u.a. auch eine Küche, ein Aufenthaltsraum und eine Umkleide im Erdgeschoss, waren im Obergeschoss ebenfalls Diensträume sowie Wohnräume vorgesehen. Den Wohnbereich nutzte nach Aktenlage der damalige Hausmeister der Kurzwellenanlage mit seiner Familie, so dass auch diese Nutzung nicht als gewöhnliche Wohnnutzung verstanden werden kann. Die Wohnfläche stand nicht jedermann zur Nutzung offen, sondern nur dem Personal der Deutschen Bundespost. Aus den übrigen Zulassungsentscheidungen folgt nichts Abweichendes. Sie beziehen sich auf Nebenanlagen (Tankanlage, Entwässerung, Ortsvermittlungsstellen, Kanalanschluss, Antennenträger). Die Zweckbestimmung der legalisierten Gesamtanlage ist davon unberührt geblieben.
60Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, weist die Kammer darauf hin, dass die Zulassungsentscheidungen für die „Kurzwellenanlage L“ nunmehr auch dadurch ihre Wirksamkeit verloren haben, dass sie über einen erheblichen Zeitraum nicht mehr entsprechend ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung ausgenutzt worden sind, vgl. § 43 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW.
61Die Klägerin kann sich nicht auf einen materiellen Bestandsschutz berufen.
62Zwar hat eine private Nutzung des streitbefangenen Gebäudes im Zuge der Nachnutzung der von der Deutschen Bundespost aufgegebenen „Kurzwellenanlage L“ nicht nur kurzfristig stattgefunden. Diese Nutzung kann aber schon deswegen keinen Bestandsschutz vermitteln, weil sie seinerzeit nicht baurechtskonform war. Das Grundstück der Klägerin gehört zum Außenbereich, und zwar auch mit dem straßennahen Eingangsgebäude. Damit widersprach die frühere private (Miet-) Nutzung dem § 35 BauGB, und zwar aus denselben Gründen, aus denen die von der Klägerin beabsichtigte Wohn- und Büronutzung dieser Vorschrift entgegensteht, wie unten auszuführen ist.
63Der Hilfsantrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids hat keinen Erfolg.
64Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2019 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Sie hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
65Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Bauordnung (BauO) NRW 2018 ist der Bauherrin oder dem Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Dazu gehört auch die – hier gestellte – Frage nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens. Diese Frage ist von der Bauaufsichtsbehörde durch Erteilung eines Bauvorbescheids (Bebauungsgenehmigung) zu bejahen, wenn dem Vorhaben keine Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegenstehen, vgl. § 77 Abs. 1 Satz 4 i.Vm. § 74 Abs. 1 der Bauordnung (BauO) NRW 2018.
66Der von der Klägerin beabsichtigten Nutzung des streitbefangenen Gebäudes zu Wohn- und Bürozwecken steht § 35 des Baugesetzbuches (BauGB) entgegen.
67§ 35 BauGB ist als bauplanungsrechtlicher Zulässigkeitsmaßstab anwendbar. Die §§ 30 bis 37 BauGB gelten gemäß § 29 Abs. 1 BauGB für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben. Maßgeblicher Bezugspunkt für die Beurteilung ist der Bestandsschutz. Wird eine Nutzung endgültig aufgegeben, entfällt der Bestandsschutz sowohl für die Nutzung als auch für die Gebäudesubstanz.
68Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 21. November 2000 – 4 B 36/00 –, juris, Rn. 8
69Es bedarf dann grundsätzlich einer bauplanungsrechtlichen Prüfung wie bei einer Neuerrichtung.
70Vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch
7114. Auflage 2019, § 35 Rn. 18.
72So liegt der Fall hier. Die Nutzung der strittigen Gesamtanlage zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Fernmeldenotdienstes („Kurzwellenanlage L“) ist endgültig aufgegeben worden. Die privatwirtschaftliche Nachnutzung als Wohn- und Büroräume, welche planungsrechtliche Relevanz besitzt, ist erneut an §§ 30 ff. BauGB zu messen.
73§ 30 BauGB über die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes ist nicht anzuwenden. Ein Bebauungsplan (§§ 8 ff. BauGB) mit rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung besteht nicht. Der vorliegende Flächennutzungsplan (§§ 5 ff. BauGB) mit der Darstellung „Fläche für den Gemeinbedarf / Post“, auf welche die Klägerin abstellt, besitzt diese Verbindlichkeit als sog. Vorbereitender Bebauungsplan nicht. Er kann schon vom Ansatz her kein „Baurecht“ schaffen.
74§ 34 BauGB ist, anders als die Klägerin meint, nicht der einschlägige Zulässigkeitsmaßstab für ihr Vorhaben. Die Vorschrift betrifft die Zulässigkeit von Vorhaben „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“. Zu einem derartigen Innenbereich, können die Grundstücke entlang der westlichen Seite der C-Straße , die, bis auf das Vorhabengrundstück, unbebaut geblieben sind, nicht gezählt werden. Im Einzelnen:
75Ein Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht aufweist und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Die vorhandene Bebauung muss optisch wahrnehmbar sein und ein gewisses Gewicht haben, damit sie das konkrete Gebiet als einen Ortsteil prägen kann. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung ohne Rücksicht auf ihre historische Entstehung und ihre ehemaligen Zwecke. Die tatsächlichen Gegebenheiten sind unter Beachtung der Verkehrsauffassung und der Einzelfallumstände umfassend zu bewerten. Privilegierte Außenbereichsanlagen können einen Ortsteil durchaus mitbegründen.
76Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 – 4 B 7/07 –, juris, Rn. 4.
77Die Annahme eines Bebauungszusammenhangs ist an die Feststellung geknüpft, inwieweit die tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche noch diesem Zusammenhang angehört. Dabei verbietet sich jede geographisch-mathematische Betrachtungsweise. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Würdigung der konkreten örtlichen Verhältnisse.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 1968 – IV C 2.66 – juris, Rn.17.
79Hierbei sind vor allem die vorhandenen baulichen Anlagen und andere örtliche Verhältnisse wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte in den Blick zu nehmen. So kann auch eine Straße oder ein Weg je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig an der Grenze der letzten Baukörper des betroffenen Ortsteils. Im Einzelfall kann allerdings auch eine sich daran anschließende Fläche noch dem Bebauungszusammenhang zuzuordnen sein, wenn besondere topographische, geographische oder sonstige Umstände eine unbebaute Fläche noch als Teil des Bebauungszusammenhangs erscheinen lassen.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 C 00/87 – juris, Rn. 22.
81Gemessen an diesen Kriterien handelt es sich bei der Ortslage C-Straße in L zwar um einen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, doch nimmt das Vorhabengrundstück nicht an diesem Bebauungszusammenhang teil.
82Der Bebauungszusammenhang findet nach der Kartenlage, den gefertigten Lichtbildern und den Eindrücken des Berichterstatters im Ortstermin, die er der Kammer vermittelt hat, an der C-Straße seinen Abschluss und bezieht damit das sich westlich anschließende Vorhabengrundstück nicht mehr mit ein. Der Eindruck einer tatsächlich aufeinanderfolgenden und geschlossenen Bebauung wird aufgrund der im Wesentlichen einseitig erfolgten Bebauung der östlichen Seite der C-Straße unterbrochen. An dem gesamten knapp 500 Meter langen vertikalen Verlauf der C-Straße findet sich auf ihrer östlichen Seite auf einer Nord-Süd-Länge von etwa 380 Metern eine Wohn- und Gewerbenutzung. Aufgrund des entscheidenden Gewichts dieses Bereichs liegen die letzten relevanten Baukörper des Ortsteils vor der C-Straße und vor dem Vorhabengrundstück. Die westliche Straßenseite ist nämlich allein mit dem Eingangsgebäude bebaut. Die Hallengebäude sind deutlich abseits der Straße gelegen. Damit sind für das Vorhabengrundstück nicht die Wohn- und Gewerbenutzung auf der gegenüberliegenden Straßenseite, sondern vielmehr die Waldbereiche und Freiflächen charakteristisch, in die es integriert ist. Die zur nördlichen, westlichen und südlichen Seite befindlichen Grenzflächen weisen allesamt klassische Nutzungen des Außenbereichs auf und stellen sich als prägende topographische Besonderheiten dieses Sachverhalts dar. So finden sich im Norden und auch im Westen Waldflächen, an die sich jeweils landwirtschaftlich genutzte Ackerflächen anschließen. Vor allem im Westen folgt auf den Waldbestand eine landwirtschaftliche Nutzfläche von mehr als 1,1 km². Im Norden beträgt die Ackerfläche bis zur Verbindungsstraße zwischen U-Straße und T 0,14 km². Im Süden befinden sich die Flurstücke 002 bis 004, die derzeit brach liegen. Weiter südlich ist wiederum eine Ackerfläche von etwa 29.700 m². In diesen Außenbereichsraum fügt sich das Vorhabengrundstück beinahe enklavenartig ein und teilt dessen baurechtlichen Charakter. Es ist Bestandteil der dargelegten großräumigen, vorwiegend landwirtschaftlich genutzten, Freifläche zwischen den Stadtteilen L, V und T. Allein an seiner östlichen Grenze weist das Vorhabengrundstück eine Nähe zur Bebauung auf. Die damit beschriebene Lage des Vorhabengrundstücks hat zur Folge, dass die vorhandenen Gebäude nach der Verkehrsauffassung als bloß eingestreute Siedlungssplitter erscheinen, an die die Wohn- und Gewerbenutzung auf der anderen Straßenseite im Laufe der Jahre herangerückt ist.
83Nach alledem ist § 35 BauGB über die Zulässigkeit von Vorhaben Bauen im Außenbereich hier anwendbar. Ein Vorhaben liegt planungsrechtlich nämlich schon dann im Außenbereich, wenn sein Standort weder dem Planbereich (§ 30 BauGB) noch dem Innenbereich (§ 34 BauGB) zuzurechnen ist.
84Eine Zulässigkeit als privilegiertes Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB) besteht nicht.
85Insbesondere kann sich die Klägerin mit ihrer privaten Nachnutzung nicht darauf berufen, dass die Deutsche Bundespost das streitige Gebäude für eine Anlage genutzt hat, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB deshalb als privilegiert anzusehen war, weil sie im Krisenfall der öffentlichen Versorgung mit „Telekommunikationsdienstleistungen“ gedient hätte. Diese frühere Privilegierung ist entfallen. Ein „ortsgebundener Betrieb“ im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB lässt sich nur dann bejahen, wenn das Vorhaben auf die Lage im Außenbereich angewiesen ist (Bergwerk, Steinbruch etc.). Der Umstand, dass ein (ungenutztes) Gebäude im Außenbereich steht, gibt dafür nichts her. Ein allgemeine Büro- und Wohnnutzung ist ein typisches Plan- bzw. Innenbereichsvorhaben, im Außenbereich ist es gerade nicht „gesollt“, vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB.
86Als sonstiges Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) ist die geplante Wohn und Büronutzung ebenso wenig zulässig. Sie beeinträchtigt öffentliche Belange, indem ihre Ausführung die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt, vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
87Der Charakter einer Ansiedlung als Splittersiedlung ergibt sich vor allem in Abgrenzung zu den Merkmalen eines Ortsteils. Während unter einem Ortsteil jeder Bebauungszusammenhang zu verstehen ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist, ist eine Splittersiedlung eine bloße Anhäufung von Gebäuden.
88Vgl. dazu schon BVerwG, Urteil vom 6. November 1968 – IV C 31/66 –, juris, Rn. 23 f.
89Das Vorhabengrundstück nimmt, wie oben ausgeführt, nicht am Bebauungszusammenhang teil und stellt mit seinen drei Hallen und dem Eingangsgebäude eine Anhäufung von Gebäuden dar.
90Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist gegeben, wenn der bisher in Anspruch genommene räumliche Bereich der Splittersiedlung weiter aufgefüllt, die betroffene Außenbereichsfläche also verdichtet wird. Zu befürchten ist diese Verfestigung, wenn das Vorhaben im Außenbereich unerwünscht ist.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1977 – IV C 37/75 – juris, Rn. 24.
92Das ist dann der Fall, wenn das Vorhaben eine weitreichende oder nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich weiter zersiedelt werden würde. Dafür ist aber nicht erforderlich, dass aus der Zulassung einer baulichen Nutzung unmittelbar ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung weiterer Vorhaben folgt. Vielmehr reicht es aus, wenn die öffentlichen Belange dadurch an Überzeugungskraft einbüßen und mit der Zulassung ein sogenannter Berufungsfall geschaffen würde.
93Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Juni 1977 – IV C 37/75 –,juris, Rn. 27, vom 19. April 2012 – 4 C 10/11 – ,juris, Rn. 22 m.w.N. und Beschluss vom 2. September 1999 – 4 B 27/99 – ,juris, Rn. 6.
94Gemessen daran geht mit der beabsichtigten Wohn- und Büronutzung die städtebaulich missbilligte Verfestigung einer Splittersiedlung einher, da es die unerwünschte weitergehende Zersiedlung des Außenbereichs einleitet. Das Vorhaben hat eine Vorbildwirkung für die weitere Inanspruchnahme des Außenbereichs. Bei einer Genehmigung der Wohn- und Büronutzung für das Eingangsgebäudes ließe sich die Zulassung einer gewerblichen Nutzung für die vorhandenen drei Hallen kaum aufhalten. Dieser Umstand fällt ins Gewicht, da sich die befestigte Fläche über einen Bereich von etwa 19.000 m² erstreckt und damit ein erhebliches Potential für weitere Vorhaben bietet. So können die vorhandenen früheren Lagerhallen räumlich erweitert oder aber neue bauliche Anlagen in den vorhandenen Freiräumen errichtet werden. Schließlich sind die auf den Karten und Lichtbildern besonders zum Ausdruck kommenden Freiflächen neben bzw. zwischen den baulichen Anlagen geeignete Standorte für gewerbliche Betriebe oder andere Vorhabentypen. Aufgrund der Versiegelung und der Hallenanlagen liegt die notwendige Infrastruktur für eine Folgenutzung schon vor.
95Nach alledem war die Klage mit ihrem Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
96Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.
98§§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.