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Der Anspruch auf Gewährung kinderbezogenen Familienzuschlags ist an den Anspruch auf Kindergeld gekoppelt.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d:
2Die Beteiligten streiten über die Rückforderung zu Unrecht gezahlten kinderbezogenen Familienzuschlags für die Zeit von April 2012 bis einschließlich Juni 2013.
3Der 1969 geborene Kläger stand bis zum Eintritt in den Ruhestand als Polizeibeamter der Besoldungsgruppe A 8 im Dienst des beklagten Landes.
4Unter dem 15. September 2011 teilte die Familienkasse Aachen dem Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) mit, für das 1993 geborene Kind E. werde Kindergeld voraussichtlich bis einschließlich Juni 2014 gezahlt.
5Mit Schreiben vom 12. April 2012 bat das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) die Familienkasse Aachen um Auskunft, ob und wie lange für E. Kindergeld an die geschiedene Ehefrau des Klägers gezahlt werde. Unter dem 9. Mai 2012 teilte die Familienkasse Aachen dem LBV mit, für E. werde laufend bis Juni 2013 Kindergeld gezahlt. Daraufhin zahlte das LBV bis zum 30. Juni 2013 einschließlich an den Kläger den kinderbezogenen Familienzuschlag für seinen Sohn E. aus.
6Ab 1. Juli 2013 stellte das LBV die Zahlung des kinderbezogenen Familienzuschlags für E. ein, weil es auf seine neuerliche Auskunftsanfrage vom 10. Juni 2013, ob für E. weiterhin Kindergeld gezahlt werde, zunächst keine Antwort seitens der Familienkasse Aachen erhalten hatte.
7Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 informierte die Familienkasse Aachen das LBV darüber, dass die Kindergeldfestsetzung für das Kind E. mit Bescheid vom selben Tag rückwirkend ab April 2012 aufgehoben worden sei und gab als Grund "Abbruch Lehre" an.
8Daraufhin forderte das LBV mit Bescheid vom 4. November 2013 für die Zeit vom 1. April 2012 bis 30. Juni 2013 den zu viel gezahlten Familienzuschlag für das Kind E. sowie den kinderbezogenen Bestandteil des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2012 zurück, weil beides an den Anspruch auf Kindergeld gebunden sei. Die Rückforderungssumme belief sich insgesamt auf 5.288,12 € (9 x 333,94 € + 225,92 € anteiliges Weihnachtsgeld 2012 + 6 x 342,79 €).
9Der Kläger erhob Widerspruch, mit dem er geltend machte, ein Aufhebungsbescheid der Familienkasse sei ihm nicht bekannt. Zudem habe sein Sohn E. die rückwirkende Übertragung des Kindergeldes auf seine Person beantragt. Da der Bescheid der Familienkasse an die geschiedene Ehefrau des Klägers gerichtet gewesen sei, habe der Kläger die Überzahlung nicht erkennen können. Zu seinem Sohn habe er keinen Kontakt mehr, weshalb er auch nicht habe wissen können, dass sich die Umstände im Bewilligungszeitraum derart geändert hatten. Er berufe sich auf den Wegfall der Bereicherung, denn er habe das Geld für die laufende Lebensführung verbraucht und habe darauf auch vertrauen dürfen. Zudem bitte er darum, im Wege einer Billigkeitsentscheidung von der Rückforderung abzusehen. Ihm stehe kein adäquates monatliches Einkommen für eine Rückzahlung zur Verfügung. Außerdem habe er keinen Verursachungsbeitrag geleistet, der zur Überzahlung geführt hätte.
10Mit Schreiben vom 24. November 2014 bestätigte die Familienkasse Aachen nochmals, dass das Kindergeld für E. für den Zeitraum April 2012 bis Juni 2013 ausgezahlt und zurückgefordert worden sei.
11Den Widerspruch des Klägers wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2015 als unbegründet zurück. Es führte aus, dass es nicht möglich sei, von der Rückforderung abzusehen. Der besoldungs- bzw. versorgungsrechtliche Anspruch auf Gewährung des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlags setze zwingend die förmliche Feststellung eines Anspruchs auf Kindergeld voraus. Die Koppelung tage dem Umstand Rechnung, dass beide Leistungen dem gleichen sozialpolitischen Zweck zu dienen bestimmt seien. Divergierende Auffassungen von Familienkasse und Besoldungsstelle über die Kindergeldberechtigung sollten vermieden werden. Der Entscheidung der Familienkasse komme Bindungswirkung für die Gewährung des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlags zu. Demnach wirke sich die Entscheidung der Familienkasse unmittelbar auf die Zuschlagsgewährung aus. Den kinderbezogenen Familienzuschlag für das Kind E. habe der Kläger im Zeitraum April 2012 bis Juni 2013 ohne Rechtsgrund erlangt. Auf den Wegfall der Bereicherung könne er sich nicht berufen, weil er verschärft hafte gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 LBeamtVG NRW i.V.m. §§ 818 Abs.4, 820 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Regelung sei bei allen unter Vorbehalt erfolgten Leistungen anwendbar. Der Kläger sei beispielsweise im Schreiben vom 26. Januar 2011 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass für die Gewährung des kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag die Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld erforderlich sei. Der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags werde unter Rückforderungsvorbehalt gezahlt. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung sei zu berücksichtigen, ob die Überzahlung durch eine fehlerhafte Bearbeitung eines Bediensteten des LBV (mit)verursacht worden sei. Hiernach komme ein Verzicht nicht in Betracht.
12Der Kläger hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben.
13Er verweist nochmals darauf, dass zum fraglichen Zeitpunkt kein persönlicher Kontakt zur Mutter des Kindes oder zu E. selbst bestand. Der Hinweis im Schreiben vom 26. Januar 2011, dass die Festsetzung bzw. Aufhebung der Festsetzung des Kindergelds auch Auswirkung auf die Leistung (Familienzuschlag) haben kann, sei nicht geeignet, den Kläger mit dem Einwand der Entreicherung auszuschließen. Zudem führe der Vorbehalt dazu, dass die Leistung quasi auf Eis gelegt werden müsse und ihren Zweck, den Familienunterhalt zu verbessern, verfehle.
14Der Kläger beantragt,
15den Bescheid vom 4. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 aufzuheben.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung beruft er sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheides. Von der Rückforderung könne nicht abgesehen werden, es komme höchstens eine befristete Niederschlagung in Betracht. Dazu müssten jedoch entsprechende Nachweise zu den wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt werden, was nicht erfolgt sei.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
21Die Berichterstatterin entscheidet ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben, vgl. §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO.
22Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Rückforderungsbescheid vom 4. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23Rechtsgrundlage für den Rückforderungsbescheid ist § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG/ § 12 Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW i.V.m. § 15 LBesG NRW.
24Danach regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit ‑ wie hier ‑ gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Ein Besoldungsempfänger ist hiernach grundsätzlich verpflichtet, die ohne rechtlichen Grund erhaltenen Bezüge zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung entfällt, soweit er nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Auf den Wegfall der Bereicherung kann er sich nicht berufen, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes bei Erhalt der Bezüge kannte (§ 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB). Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass ihn der Empfänger hätte erkennen müssen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG/ÜBesG NRW). Zu Bezügen in diesem Sinne zählen auch gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags, bzw. gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 ÜBesG NRW jährliche Sonderzahlungen.
25In formeller Hinsicht begegnet der Rückforderungsbescheid vom 4. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 keinen Bedenken. Möglicherweise ist der Kläger vor Erlass des Rückforderungsbescheides nicht angehört worden. Jedoch ist ein etwaiger Anhörungsmangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt worden, indem das LBV sein Vorbringen bei der Entscheidung über den Widerspruch gewürdigt hat.
26Vgl. zur Heilung im Widerspruchsverfahren OVG NRW, Beschluss vom 26. Mai 2011 - 13 B 476/11 -, juris, Rn. 7 m.w.N.
27Auch materiell ist der Rückforderungsbescheid rechtmäßig.
28Hinsichtlich der Höhe der überzahlten Dienstbezüge, die der Kläger nicht in Zweifel gezogen hat, wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids verwiesen.
29Dem Kläger sind in der Zeit von April 2012 bis Juni 2013 tatsächlich kinderbezogene Familienzuschläge in Höhe von 5.063,20 € und der kinderbezogene Anteil im Weihnachtsgeld 2012 in Höhe von 225,92 € gezahlt worden, obwohl er nicht zum Kreis der Berechtigten gehörte.
30Gem. § 40 Abs. 3 BBesG erhalten geschiedene Beamte, denen Kindergeld zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64 oder 65 EStG bzw. §§ 3 oder 4 BKGG zustehen würde, zusätzlich zum Grundgehalt den Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 1 und der Stufe des Familienzuschlages, der der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entspricht.
31Solange die Familienkasse Aachen der geschiedenen Ehefrau des Klägers Kindergeld für den gemeinsamen Sohn E. bewilligt hatte, bestand ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des kinderbezogenen Familienzuschlags. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG führt dazu, dass von mehreren potentiell Kindergeld-Berechtigten (hier Vater und Mutter des Kindes) allein derjenige den Kindergeldanspruch hat, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ohne Berücksichtigung dieser Regelung hätte der Kläger selbst nach §§ 62, 63 EStG einen Kindergeldanspruch für E. gehabt.
32Mit Bescheid vom 23. Oktober 2013 hat die Familienkasse Aachen jedoch die Kindergeldbewilligung für E. an die geschiedene Ehefrau des Klägers rückwirkend ab 1. April 2012 aufgehoben. Gleichzeitig entfiel damit auch der Anspruch des Klägers auf Gewährung des kinderbezogenen Familienzuschlags rückwirkend ab dem 1. April 2012. Denn der Anspruch auf Familienzuschlag ist an den Anspruch auf Kindergeld gekoppelt und das LBV an die Entscheidung der Familienkasse Aachen gebunden. Beide Leistungen dienen dem einheitlichen sozialpolitischen Zweck des Familienlastenausgleichs.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2007 - 2 B 65/06 -, juris, Rn. 6, m.w.N.
34Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Entscheidung über die Kindergeldberechtigung rechtskräftig geworden ist, es reicht vielmehr aus, wenn eine positive oder negative Entscheidung ergangen ist. Auch muss nicht zwingend eine gerichtliche Überprüfung erfolgt sein.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 1993 - 2 C 16.92 -, juris, Rn. 14; VG München, Urteil vom 10. April 2014 - M 12 K 13.4161 -, juris, Rn. 47; VG Saarland, Urteil vom 19. August 2008 - 3 K 105/08 -, juris, Rn. 42.
36Dieselben Erwägungen gelten für den kinderbezogenen Teil des Weihnachtsgeldes (Sonderzahlung) 2012. Nach § 8 Sonderzahlungsgesetz NRW in der Fassung vom 20. November 2003 wird dem Berechtigten für jedes Kind, für das ihm im Monat Dezember Kindergelt zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64 oder 65 EStG bzw. §§ 3 oder 4 BKGG zustehen würde, ein Sonderbetrag von 25,56 € gewährt. Unter Berücksichtigung der bestandskräftigen Entscheidung der Familienkasse Aachen stand dem Kläger für seinen Sohn im Dezember 2012 kein Kindergeld mehr zu. Folglich war ihm der Sonderbetrag für Kinder nicht zu gewähren. Zudem hätte der kinderbezogene Familienzuschlag für seinen Sohn E. nicht in die Berechnung des Grundbetrags nach § 7 Abs. 1 Sonderzahlungsgesetz NRW einfließen dürfen.
37Gegenüber diesem dem Grunde nach bestehenden Rückforderungsanspruch kann sich der Kläger gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG/ÜBesG NRW nicht nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Zu Gunsten des Klägers kann zwar angenommen werden, dass er gemäß § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist. Eine Entreicherung liegt vor, wenn der Empfänger im Hinblick auf den vermeintlichen Vermögenszuwachs Aufwendungen gemacht hat, die nicht zu einer Vermehrung seines Vermögens oder zu einer Verminderung seiner Verbindlichkeiten geführt haben. Diese Art des Wegfalls der Bereicherung kommt auch dann in Betracht, wenn die zu viel gezahlten Bezüge zu einer verhältnismäßig geringfügigen Verbesserung der allgemeinen Lebenshaltung aufgewendet worden sind. Denn allgemein ist davon auszugehen, dass Bezügeempfänger ihre Bezüge regelmäßig zur Bestreitung des standesgemäßen Unterhalts für sich und ihre Familie verwenden und daher bei einer Überzahlung nicht mehr bereichert sind. Bei geringfügigen Überzahlungen, die nicht mehr als 10 % der an sich zustehenden Bezüge betragen, wird ein offenbarer Wegfall der Bereicherung unterstellt.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 15/10 -, NVwZ-RR 2012, 930; BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1961 - VI C 25/60 -, BVerwGE 13, 107; OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 2016 - 1 A 2580/14 -, juris, Rn. 27, m.w.N.
39Der Kläger haftet jedoch verschärft nach § 819 Abs. 1 i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB. Danach ist der Empfänger zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes bei Empfang kennt. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes steht es nach § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG gleich, wenn der Mangel so offensichtlich ist, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Für die Frage, ob der Beamte den Mangel erkennen muss, kommt es auf seine individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten an. Von jedem Beamten ist zu erwarten, dass er über Grundkenntnisse zu den ihm zustehenden Besoldungstatbeständen verfügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt Offensichtlichkeit i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG dann vor, wenn der Empfänger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1990 - 6 C 41/88 -, juris, Rn. 16.
41Zwar sind keine Anhaltspunkte für eine positive Kenntnis der Überzahlung ersichtlich. Dem Kläger war jedoch aufgrund der Mitteilung des LBV vom 16. Januar 2011 bekannt, dass der Anspruch auf den Kinderanteil im Familienzuschlag grundsätzlich abhängig vom Anspruch auf Kindergeld ist. Auch wenn die bei jeder Gewährung von Besoldungsbezügen bestehende Möglichkeit eines späteren Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen alleine sowie der allgemein geltende Hinweis, Zuvielzahlungen seien zurückzuzahlen noch keinen Vorbehalt begründen und aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens gewillkürte Vorbehalte nach Art und Umfang auf das Notwendigste zu beschränken sind,
42vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 1 A 2375/12 -, juris, Rn. 58, m.w.N,
43hat der Kläger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen. Der Umstand, dass Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bewilligt wird und anschließend von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen abhängt, hätte dem Kläger schon als allgemeiner steuerlicher Grundsatz bekannt sein können und müssen. Anders als bei einem minderjährigen Kind, bei dem ohne besondere Anhaltspunkte allgemein von einer Kindergeldberechtigung ausgegangen werden darf, hätte der Kläger von Zeit zu Zeit Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau oder zu seinem Sohn herzustellen müssen, um in Erfahrung zu bringen, ob der Sohn die Lehre fortsetzt und damit die Voraussetzungen für Kindergeldberechtigung nach Eintritt der Volljährigkeit fortbestanden. Weitere zu ziehende rechtliche Schlüsse hätte diese Nachforschung, anders als im vom Kläger zitierten Fall, bei dem es um die Auswirkungen der Vorschrift § 40 Abs. 6 Satz 3 BBesG ging, nicht nach sich gezogen. Sofern der Kläger moniert, er habe die Leistung "über Jahre auf Seite legen (müssen), um sie gfls. zurückzuzahlen", hätte er diesen Umstand mit seiner Nachfrage ebenfalls ausräumen können. Dies war dem Kläger auch durchaus zumutbar. Gleichwohl hat er von dieser Möglichkeit über ein Jahr lang keinen Gebrauch gemacht und so die im Verkehr übliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen.
44Der Rückforderungsbescheid vom 4. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2015 ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil das LBV im Rahmen der gem. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu treffenden Billigkeitsentscheidung nicht ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen hat.
45Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezweckt die von der Behörde zu treffende Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten als Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern und Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin vom gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken und ist deshalb vor allem in Fällen der verschärften Haftung - wie vorliegend - von Bedeutung. Dabei ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Grundsätzlich ist auch ein Mitverschulden der Beklagten an der Überzahlung in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Besondere Bedeutung hat, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür maßgeblich war. Für den Fall, dass der Grund der Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt, hat das Bundesverwaltungsgericht ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 % des überzahlten Betrages als in der Regel angemessen angesehen.
46Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 15/10 -, juris, Rn. 26 und vom 27. Januar 1994 - 2 C 19/92 -, juris, Rn. 2 und Beschluss vom 11. August 2005 - 2 B 2/05 -, juris, Rn. 10.
47Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden. Ein Mitverschulden des Landes an der Überzahlung ist nicht ansatzweise erkennbar, weshalb eine Reduzierung des Rückforderungsbetrages nicht angezeigt war. Zudem hat der Kläger keinerlei Unterlagen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen eingereicht, die das LBV in die Lage versetzt hätten, ihm eine - ebenfalls im Rahmen der Billigkeitsentscheidung mögliche - Ratenzahlung einzuräumen.
48Sofern die Zahlung des Weihnachtsgeldes (Sonderzahlung 2012) nicht als Bestandteil der Dienstbezüge gem. § 1 BBesG angesehen wird, findet dessen Rückforderung seine Rechtsgrundlage in den §§ 812 ff. BGB. Die obigen Ausführungen geltend dort entsprechend.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.