Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
2. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 7.500,-- € festgesetzt.
G r ü n d e:
2Der gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 6 K 3051/13 geführten Klage gegen die der Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilte Genehmigung vom 15. November 2013 (Az.: 370.0005/13/0106.2-Wi) zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen vom Typ REpower MM 92, jeweils mit einer Nabenhöhe von 100 m und einem Rotordurchmesser von 92,5 m, auf den Grundstücken in I. , Gemarkung S. , Flur , Flurstücke , wiederherzustellen,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids vom 15. November 2013 ist zunächst in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.
6Namentlich entspricht sie den Anforderungen der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist.
7Die schriftliche Begründung muss in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Die Behörde ist verpflichtet, abgestellt auf den konkreten Fall das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sowie die Ermessenserwägungen, die sie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben, schlüssig und substanziiert darzulegen. Formelhafte und pauschale Begründungen oder Wendungen, mit denen lediglich der Gesetzestext wiederholt wird, reichen nicht aus.
8Vgl. etwa Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 8. Mai 2007 - 8 B 2477/06 -, juris Rn. 43 und 45; Verwaltungsgericht (VG) Aachen, Beschluss vom 11. Januar 2010 - 6 L 319/09 -, juris Rn. 8 und 10; Puttler, in: Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 2. Auflage 2006, § 80 Rn. 97 mit weiteren Nachweisen.
9In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Die Abwägung, ob das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin die gegenläufigen Vollziehungsinteressen der Beigeladenen überwiegt, ist vielmehr Teil der eigenständigen gerichtlichen Interessenabwägung.
10Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 11. Januar 2010 - 6 L 319/09 -, juris Rn. 12.
11Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt.
12Er hat mit Blick auf den vorliegenden Einzelfall zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs ausgeführt, das überwiegende private Interesse der Beigeladenen folge aus den erheblichen finanziellen Nachteilen, die ihr aufgrund einer Verzögerung durch die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage entstünden. Dazu zählten vor allem Verluste aus der Degression der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), wie sie nach dem vorliegenden Eckpunkte-Papier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI) nach der beabsichtigten Reform des EEG für Vorhaben, die nicht mehr im Jahr 2014 in Betrieb genommen werden könnten, zu erwarten seien.
13Damit hat der Antragsgegner schlüssig und nachvollziehbar zu erkennen gegeben, aufgrund welcher konkreter Überlegungen er gerade im vorliegenden Fall ein überwiegendes privates Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht. Dies genügt, wie dargelegt, den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
14Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Ungunsten der Antragstellerin aus.
15Maßgebliches Kriterium innerhalb der vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Stellt der angefochtene Verwaltungsakt sich dagegen als offensichtlich rechtmäßig dar, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse. Lässt sich hingegen bei summarischer Überprüfung eine Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung zwischen den für eine sofortige Vollziehung sprechenden Interessen einerseits und dem Interesse des Betroffenen an einer Aussetzung der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren andererseits an. Die Erfolgsaussichten sind dabei auch unabhängig von einer fehlenden Offensichtlichkeit einzubeziehen. Je höher diese sind, umso größer ist das Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten demgegenüber gering, fällt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts stärker ins Gewicht.
16Bei Anwendung dieses Maßstabs erweist sich die Genehmigung vom 15. November 2013 bei summarischer Betrachtung nicht aufgrund einer Verletzung dem Schutze der Antragstellerin dienender Vorschriften als offensichtlich rechtswidrig. Nach derzeitigem Sachstand ist vielmehr davon auszugehen, dass sie Rechte der Antragstellerin offensichtlich nicht verletzt.
17Da die Antragstellerin sich gegen den Genehmigungsbescheid nicht als Adressatin, sondern als Dritte wendet, ist Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung allein die Frage, ob die erteilte Genehmigung im Hinblick auf Vorschriften, die dem Schutz der Antragstellerin dienen, rechtmäßig ist. Einen Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung haben Dritte nämlich nicht schon dann, wenn die Genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Vielmehr setzt die Gewährung von Rechtsschutz voraus, dass die Dritten durch den Verwaltungsakt zugleich in ihren Rechten verletzt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Dritten dient, also drittschützende Wirkung hat.
18Die Verletzung einer drittschützenden Norm ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar. Die angefochtene Genehmigung ist bei der hier allein möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Überprüfung im Ergebnis nicht zu beanstanden.
19Rechtsgrundlage für die angefochtene Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlagen ist § 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn
201. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
In Betracht kommt vorliegend unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Drittrechten allerdings nicht ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
25Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
26Diese Bestimmung ist zwar grundsätzlich drittschützend. Die Abschattung hochfrequenter Wellen, wie hier der hochfrequenten nichtionisierenden Strahlung zur Übertragung von Telefonaten, Bildern, Musik, Internetdaten und anderen Informationen (Mobilfunk), gehört jedoch zu den sog. "negativen Immissionen", die vom Schutzzweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht erfasst werden.
27Vgl Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Loseblatt, Stand: April 2013, § 3 Rn. 20o und § 22 Rn. 13 f.; Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, 10. Auflage 2013, § 3 Rn. 7a und § 5 Rn. 26; vgl. auch - ebenfalls zum Rundfunk -: OVG NRW, Urteil vom 18. August 2009 - 8 A 613/08 -, juris Rn. 153; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24. Juni 2004 - 8 A 10809/04 -, juris Rn. 3 mit weiteren Nachweisen.
28Es liegt auch kein Verstoß gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Nr. 2 BImSchG vor. Die Antragstellerin kann sich insbesondere nicht auf eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens sowie auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme berufen.
29Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens folgt aus § 30 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB). Danach ist ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig, wenn es im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, seinen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
30Dies ist hier der Fall. Die für den Standort der beiden geplanten Windenergieanlagen von der Beigeladenen vorgesehenen Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „9-089-1, S. , Windkraftanlagen“ der Stadt I. . In § 2 dieses Bebauungsplanes wird die maximale Bauhöhe (Höhe über alles) für Windkraftanlagen auf 150 m begrenzt. Dieser Festsetzung entsprechen die streitgegenständlichen Vorhaben. Daran, dass die Erschließung gesichert ist, bestehen keine Zweifel.
31Von der Wirksamkeit eines einem Vorhaben zugrundegelegten Bebauungsplans ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung (ebenso wie gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die die erforderliche Baugenehmigung wegen ihrer Konzentrationswirkung enthält) grundsätzlich auszugehen, wenn dieser nicht offensichtlich unwirksam ist.
32Vgl. OVG NRW, u.a. Beschluss vom 19. Januar 2009 - 10 B 1687/08 -, juris Rn. 12 mit weiteren Nachweisen.
33Mit Blick auf die von der Antragstellerin vorgetragenen Abwägungsdefizite sowie die behaupteten sonstigen Fehler (Fehlen eines Umweltberichts, fehlende Anpassung an die Ziele der Raumordnung, nicht ordnungsgemäße Bekanntmachung der relevanten Umweltinformationen) ist bei der vorliegend vorzunehmenden allein summarischen Prüfung eine offensichtliche und zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führende Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplans jedoch nicht festzustellen, so dass derzeit von der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens auszugehen ist.
34Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen das für Nutzungen in beplanten Gebieten in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Die Vorschrift dient dem Schutz der Nachbarschaft vor Störungen durch Bauvorhaben, die zwar grundsätzlich nach den §§ 2 bis 14 BauNVO zulässig wären, aber wegen der besonderen Verhältnisse des konkreten Bauvorhabens der Eigenart dieses Baugebiets widersprechen oder die Umgebung unzumutbar stören.
35Vorauszuschicken ist zunächst, dass auf das von § 15 Abs. 1 BauNVO umfasste Gebot der Rücksichtnahme nicht abzustellen ist, soweit der durch das Vorhaben betroffene Belang in der die Bebauungsplanfestsetzungen tragenden Abwägung aufgegangen ist. Nur wenn die Festsetzungen eines Bebauungsplans als Ausdruck planerischer Zurückhaltung weniger konkret sind, bleibt für die im Bebauungsplangebiet zulässigen Vorhaben ein durch den Bebauungsplan nicht abgewogener Gestaltungsspielraum und damit auch Raum für die Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 4 C 8.12 -, juris Rn. 20; OVG NRW, Beschluss vom 19. Januar 2009 - 10 B 1687/08 -, juris Rn. 27.
37Vorliegend stehen die Nutzung des Luftraums über den Standortgrundstücken durch die von der Antragstellerin betriebene Richtfunkstrecke und die Nutzung der Grundstücke selbst für die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen durch die Beigeladene in Konflikt. Diese Konfliktlage ist im Bebauungsplanverfahren nicht betrachtet und damit auch nicht auf Planungsebene bereits bewältigt worden. Der Bebauungsplan ist für die Konfliktbewältigung im Genehmigungsverfahren auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots daher grundsätzlich noch offen.
38Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich zwischen benachbarten Grundstückseigentümern gewähren. Die dabei vorzunehmende Abwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten ist, desto mehr Rücksichtnahme kann verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Berechtigte Belange muss er nicht zurückstellen, um gleichwertige fremde Belange zu schonen.
39Vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22/75 -, juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.AK -, juris Rn. 426.
40Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Belange der Antragstellerin ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bei der hier vorzunehmenden summarischen Überprüfung aber nicht festzustellen.
41Zunächst weist die Kammer darauf hin, dass hinsichtlich der Windenergieanlage WEA 1 nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten eine Störung der Richtfunkstrecke nicht zu befürchten ist. Die Errichtung und der Betrieb dieser Windenergieanlage beeinträchtigen Rechte oder Interessen der Antragstellerin daher offenkundig nicht, weshalb der vorliegend zur Entscheidung gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bereits aus diesem Grunde insoweit keinen Erfolg haben kann. Daran, dass die angefochtene Genehmigung mit Blick auf jede einzelne der genehmigten Windenergieanlagen jedenfalls teilbar ist, hat die Kammer keinen Zweifel.
42Hinsichtlich der Windenergieanlage WEA 2 geht die Kammer bei summarischer Betrachtung zwar davon aus, dass es zu Störungen des Betriebs der Richtfunkstrecke durch den Betrieb der Windenergieanlage WEA 2 kommen kann. Denn auch wenn die von der Antragstellerin vorgelegte Zeichnung zu der Bestandssituation fehlerhaft ist, worauf die Beigeladene und der Antragsgegner zutreffend hingewiesen haben dürften, so ist auch nach der von der Beigeladenen vorgelegten Skizze zur künftigen Situation davon auszugehen, dass die sog. Fresnelzone der Richtfunkstrecke nicht nur vollständig innerhalb des Bereichs liegt, der von den Rotorblättern der Windenergieanlage tangiert wird, sondern auch in dem Bereich verläuft, in dem sich der obere Teil des Mastes sowie die Gondel der Windenergieanlage befinden. Dass jedenfalls diese statischen Hindernisse die Funkverbindung stören, ist aus Sicht der Kammer nachvollziehbar und plausibel. Ob hingegen diese Störung zu einem Totalausfall der Richtfunkstrecke führen wird, wie von der Antragstellerin befürchtet, lässt sich mit den Mitteln dieses Eilverfahrens nicht feststellen. Dies hat die Antragstellerin bislang jedenfalls nicht substanziiert dargelegt und glaubhaft gemacht.
43Ausgehend von der Annahme einer Störung des Betriebs der Richtfunkstrecke durch die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlage vermag die Kammer gleichwohl einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot bei vorläufiger Betrachtung nicht festzustellen.
44In die wertende Betrachtung ist einzustellen, dass die Antragstellerin mit dem Betrieb der Richtfunkstrecke nicht nur private Interessen, sondern gleichsam ein anerkanntes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung und dem Ausbau eines funktionsfähigen und flächendeckenden Mobilfunknetzes verfolgt.
45Vgl. hierzu im Einzelnen: VG Minden, Beschluss vom 26. März 2009 - 11 L 120/09 -, veröffentlicht in der NRWE-Rechtsprechungs-datenbank (http://www.nrwe.de) Rn. 18 ff., 22.
46Dass angesichts dessen das Interesse der Antragstellerin aber per se höher zu bewerten wäre als das Interesse der Beigeladenen, die mit ihrem Beitrag zum Ausbau des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, hier der Windkraft, ebenso ein anerkanntes öffentliches Interesse (vgl. nur die Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) verfolgt, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Sie geht insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Minden davon aus, dass weder aus Art. 87 f des Grundgesetzes (GG) Rechte einzelner Mobilfunkbetreiber folgen noch aus der Zuteilung von Frequenzen durch die Bundesnetzagentur ein Abwehranspruch eines Mobilfunkbetreibers gegen störende Nutzungen folgen kann.
47Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen, der die Kammer folgt, davon auszugehen, dass bei Störungen des Mobilfunks allenfalls „Interessen“ des Netzbetreibers tangiert sind, nicht jedoch eigene Rechtspositionen. Es besteht weder ein geschütztes Vertrauen, dass Funkverbindungen dauerhaft uneingeschränkt nutzbar bleiben, noch besteht ein grundrechtlich gewährleisteter Schutz davor, dass sich die Umgebung ändert und ggf. finanzielle Aufwendungen zur technischen Anpassung an neue Gegebenheiten getätigt werden müssen, um Funkverbindungen aufrechterhalten zu können. Es ist vielmehr regelmäßig Sache des Netzbetreibers, durch entsprechende technische Maßnahmen die Funktionsfähigkeit des Netzes sicherzustellen.
48Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. September 1998 - 7 B 1591/98 - (zu Störungen durch Windenergieanlagen), NRWE, Rn. 17 ff., und vom 24. April 1998 - 10a B 550/98.NE -, juris Rn. 10 ff.; zustimmend VG Minden, Beschluss vom 26. März 2009 - 11 L 120/09 -, NRWE Rn. 30.
49Diese Rechtsprechung, die zur Störung des Radio-, Fernseh- und Mobilfunkempfangs Privater ergangen ist, dürfte nach vorläufiger Einschätzung der Kammer auf Störungen der Richtfunkstrecken eines Mobilfunknetzes übertragbar sein.
50Vgl. auch VG Minden, Beschluss vom 26. März 2009 - 11 L 120/09 -, a.a.O., Rn. 30.
51Im Rahmen der Beurteilung dessen, was der einzelnen Konfliktpartei zuzumuten ist, ist nach Auffassung der Kammer vorliegend maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin die mit Zuteilungsbescheid vom 28. Januar 2010 genehmigte Richtfunkstrecke durch einen Bereich führt, der bereits zuvor im Flächennutzungsplan der Stadt I. als Sonderbaufläche für Windenergieanlagen dargestellt war und seit dem Jahr 2007 durch die Bestandsanlagen, die durch die genehmigten Anlagen im Wege des Repowerings ersetzt werden sollen, genutzt wird. Wie die von der Beigeladenen vorgelegte Zeichnung zur Bestandssituation zeigt, hat die Antragstellerin für diese Richtfunkstrecke den reklamierten Mindestabstand von 30 m selbst nicht eingehalten, sondern diese in einem Bereich genehmigen lassen, der zum damaligen Zeitpunkt bereits nahezu vollständig von den Rotorblättern der Bestandsanlagen tangiert wurde. Dass die politische Zielsetzung seit einigen Jahren auf eine Nutzung der bisherigen Standorte im Wege des Repowerings durch höhere und damit leistungsfähigere Anlagen gerichtet ist, war allgemein bekannt aber spätestens seit Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) am 1. Januar 2009 (vgl. insbesondere § 30 EEG zur erhöhten Anfangsvergütung beim Repowering). Die Antragstellerin musste daher trotz der im Jahr 2010 noch gültigen Höhenbegrenzung des Bebauungsplans „9-089-0, S. , Windkraftanlagen“ der Stadt I. damit rechnen, dass künftig eine Bebauungsplanänderung zur Ermöglichung eines Repowerings erfolgen konnte und die Windvorrangzone durch höhere Windenergieanlagen bebaut werden würde.
52Überdies ist es der Antragstellerin bei summarischer Betrachtung nach derzeitiger Einschätzung möglich, durch zumutbare technische Vorkehrungen die Aufrechterhaltung ihres Mobilfunknetzes sicherzustellen. Zum einen kommen Maßnahmen wie die Erhöhung (ggf. auch eine Verschiebung) des Sendemastes in Betracht. Vor allem aber spricht derzeit Einiges dafür, dass der Mast der Windenergieanlage WEA 2 für die Anbringung eines sog. Repeaters geeignet ist, der die vollständige Aufrechterhaltung der fraglichen Richtfunkstrecke gewährleisten könnte. Davon geht selbst die Antragstellerin aus, wie der von der Beigeladenen hierzu vorgelegte Mailverkehr zeigt, nach dem diese nicht nur ebenfalls von einer grundsätzlichen Eignung ausgeht, sondern offenbar bereits in die Planungsphase eingestiegen ist.
53Bei dieser Sachlage können die Interessen der Antragstellerin gegenüber den Interessen der Beigeladenen, die die baurechtlichen Möglichkeiten des Standorts lediglich ausnutzen will, nicht überwiegen. Bestehen zumutbare Möglichkeiten, den Konflikt zu bewältigen, so sind diese auch zu ergreifen, um ein Nebeneinander der konfligierenden Nutzungen zu ermöglichen. Das Verbot einer der Nutzungen wäre vor diesem Hintergrund unbillig.
54Ungeachtet dessen weist die Kammer mit Blick auf den weiteren Vortrag der Antragstellerin auf Folgendes hin:
55Selbst wenn die vorgetragenen Mängel des Bebauungsplans „9-089-1, S. , Windkraftanlagen“ der Stadt I. vorliegen und zu einer Unwirksamkeit dieses Bebauungsplanes führen sollten, stellte sich die Rechtslage im Ergebnis nicht anders dar.
56Die planungsrechtliche Zulässigkeit beurteilte sich dann nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 35 BauGB.
57Auf eine Überschreitung der im dann maßgeblichen Bebauungsplan „9-089-0, S. , Windkraftanlagen“ der Stadt I. festgesetzten zulässigen Bauhöhe von 100 m könnte sich die Antragstellerin nicht berufen.
58Denn nachbarschützend sind allein die Festsetzungen in einem Bebauungsplan, die ein bestimmtes Austauschverhältnis der Grundstücksnutzung gewährleisten. Der nachbarschützende Charakter der Festsetzungen eines Bebauungsplans kann sich unmittelbar aus der Festsetzung selbst ergeben; er kann aber gegebenenfalls auch erst aus der Planbegründung ersichtlich sein. Festsetzungen eines Bebauungsplans sind daher nicht generell drittschützend, sondern nur insoweit, als sie den nachbarlichen Interessenausgleich gewährleisten sollen.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris Rn. 5 und 7; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.AK -, juris Rn. 468.
60Eine nachbarschützende Funktion kommt einer Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung nur dann zu, wenn dies dem Willen der Gemeinde entspricht und sich dieser Wille aus dem Plan bzw. der Planbegründung entnehmen lässt.
61Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 1995 - 4 B 215/95 - , juris Rn. 3; BayVGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 2 ZB 12.1787 -, juris Rn. 5.
62Regelmäßig erfolgen gestalterische Festsetzungen wie die vorliegend relevante Höhenbegrenzung allein aus städtebaulichen Gründen und nicht zum Schutz der Nachbarschaft. Sie sind - wie aufgezeigt - nur dann ausnahmsweise nachbarschützend, wenn sich ein entsprechender Wille hinreichend deutlich aus der Planbegründung oder aus anderen Unterlagen und Vorgängen im Zusammenhang mit dem Erlass des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der konkreten Situation vor Ort ergibt.
63Vgl. OVG NRW, u.a. Beschlüsse vom 29. Juli 2013 - 8 B 1198/12 - und - 8 B 1199/12 -, jeweils S. 6 des amtlichen Umdrucks.
64Vorliegend ergibt sich aus der Planbegründung unter Ziffer III. (Seite 4 der Begründung) und VI. (Seite 6 der Begründung) eindeutig, dass allein die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch „zu große Anlagen“ die Bauhöhenbeschränkung aus Sicht des Ortsgesetzgebers erforderlich gemacht haben. Diese entfaltet mithin keinen Drittschutz, weshalb sich die Antragstellerin auf einen etwaigen Verstoß gegen diese Festsetzung durch die genehmigte Anlage nicht berufen kann.
65Vgl. OVG NRW, u.a. Beschlüsse vom 29. Juli 2013 - 8 B 1198/12 - und - 8 B 1199/12 -, jeweils S. 6 des amtlichen Umdrucks; VG Aachen, Beschlüsse vom 25. September 2012 - 3 L 246/12 -, S. 8 des amtlichen Umdrucks, und vom 26. September 2012 - 3 L 49/12 -, S. 9 des amtlichen Umdrucks.
66Auch der von der Antragstellerin geltend gemachte Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Nr. 8 BauGB führte - bei Annahme einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans „9-089-1, S. , Windkraftanlagen“ der Stadt I. (oder sogar auch des Ursprungsbebauungsplans) - nicht zu einer Verletzung von Rechten der Antragstellerin.
67Dem Nachbarn steht im Außenbereich kein allgemeiner Abwehranspruch gegenüber objektiv nicht genehmigungsfähigen Vorhaben zu.
68Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band II, Loseblatt, Stand: August 2013, § 35 Rn. 185 f.
69Auch könnte sich die Antragstellerin nicht von vornherein auf ein Entgegenstehen des öffentlichen Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB berufen. Selbst wenn man nämlich davon ausgehen würde, dass die von der Antragstellerin betriebene Richtfunkstrecke dem Schutzzweck des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB unterfällt,
70vgl. hierzu: Bay. VGH, Urteil vom 23. November 2011 - 14 BV 10.1811 -, juris Rn. 52 ff.,
71würde dies nicht zwangsläufig zu einer fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlage der Beigeladenen führen. Dieses privilegierte Vorhaben hat nämlich grundsätzlich einen Anspruch auf Genehmigung im Außenbereich. Kann aber - wie hier wohl - die Richtfunkstrecke durch zumutbare technische Vorkehrungen (insbesondere durch die Anbringung eines sog. Repeaters am Mast der Windkraftanlage) weiter betrieben werden, kann bei wertender Betrachtung nicht von einer Störung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB ausgegangen werden.
72Somit wäre auch im Falle einer Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans allein eine Berufung auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots möglich. Dass dieses durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht beeinträchtigt wird, ergibt sich aber aus den Ausführungen der Kammer zu § 15 BauNVO.
73Insgesamt verletzt der Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 15. November 2013 daher jedenfalls keine Rechte der Antragstellerin.
74Vor diesem Hintergrund fällt die Interessenabwägung zum Nachteil der Antragstellerin aus. Leitend dafür ist der Befund, dass die Genehmigung - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht gegen subjektiv-öffentliche Rechte der Antragstellerin verstößt. Des Weiteren gibt den Ausschlag, dass auch im Übrigen die privaten wirtschaftlichen Interessen an der Ausnutzung der Genehmigung das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegen. Insoweit stellt sich die Interessenlage im Ergebnis so dar, wie sie vom Antragsgegner in der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung zutreffend ausgeführt worden ist. Hierauf wird Bezug genommen. Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass die mit dem genehmigten Vorhaben beabsichtigte Erhöhung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien am gesamten Strombedarf erklärtes politisches Ziel in der Bundesrepublik Deutschland ist und vor diesem Hintergrund der zügige Ausbau der aus der Windkraft zu gewinnenden Energie auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse begründet.
75Der Antrag ist mithin vollumfänglich abzulehnen.
76Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
77Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
78Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei orientiert sich das Gericht bei der Bewertung des Interesses der Antragstellerin an dem vorliegenden Verfahren in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OVG NRW (vgl. u.a. Beschluss vom 5. November 2009 - 8 B 1342/09.AK -, juris Rn. 8 ff., 15) an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der (Neu-)Fassung vom 18. Juli 2013 und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des lediglich vorläufigen Charakters der begehrten Entscheidung der Streitwert regelmäßig auf die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts (hier 15.000,-- €) zu beziffern ist.