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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist eine aus zwei Mitgliedern bestehende Fraktion im Rat der Beklagten und wendet sich dagegen, dass ihr Fraktionsraum im Keller des Rathauses liegt.
3Nachdem die Fraktion der "Linken" im November 2010 ihren Fraktionsstatus verloren hatte und den ihr zugewiesenen Fraktionsraum im Erdgeschoss des Rathauses räumen musste, beantragte die Klägerin die Zuweisung dieses Raumes an sich. Dem Begehren wurde in der Ratssitzung vom 9. Dezember 2010 unter Hinweis darauf, dass der Raum für die Stadtverwaltung genutzt werden sollte, nicht stattgegeben. Die Klägerin beantragte im Anschluss hieran, alle Fraktionsräume in den Keller zu verlegen. Dieser Antrag wurde in der Ratssitzung vom 3. Februar 2011 abgelehnt.
4Die Klägerin wandte sich am 4. Mai 2011 an den Bürgermeister der Beklagten und verwies auf eine rechtswidrige Diskriminierung, weil alle anderen Fraktionen einen Raum im Erdgeschoss oder im 1. Stock nutzen dürften; nur sie sei im Kellergeschoss untergebracht. Die Unterbringung im Keller sei mit realen und symbolischen Nachteilen verbunden. Im Rathaus sei ihr Raum für interessierte Bürger nicht zu finden. Zudem sei die Unterbringung im Keller ein Ausdruck von Missachtung.
5Die Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 6. Mai 2011 ab. Der Kellerraum sei von gleicher Fläche und Einrichtung wie die Räume der anderen Fraktionen, es handele sich um einen normalen Büroraum. Auch andere Fraktionen hätten früher Räume im Kellergeschoss gehabt. Zudem sei das Schulverwaltungsamt im Keller untergebracht, ohne dass die Bediensteten dies als diskriminierend empfinden würden. Von einer schlechten Erreichbarkeit könne keine Rede sein. Auf den Wegweisern in den Rathausaufzügen sei der Fraktionsraum ausgewiesen. Auch die Etagenwegweiser wiesen den Raum aus. Schließlich sei erstaunlich, dass die Klägerin sich nunmehr beschwere, ihre Räume aber bereits seit 1999 nutze.
6Die Klägerin hat am 30. September 2011 Klage erhoben und ausgeführt, sie sei eine von sieben Fraktionen im Rat der Beklagten und mit zwei Mitgliedern genauso groß wie die Fraktionen der FDP und der Freien Wähler. Aufgrund der ungewöhnlich hohen Fraktionszahl seit der Kommunalwahl 2009 seien neben den Fraktionsräumen in der 1. Etage zusätzliche Räume für die Fraktionen der Linken und der Bürger Union im Erdgeschoss eingerichtet worden. Nur sie sei im Keller untergebracht. Anstatt nach der Auflösung der Fraktion der Linken ihr den Raum zuzuweisen, habe die Beklagte die Abteilung "Zentrale Dienste" dort untergebracht. In der öffentlichen Wahrnehmung werde sie der Lächerlichkeit preisgegeben; dies sei Presseberichten zu entnehmen.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Fraktionsraum im Erdgeschoss des Rathauses zu überlassen.
9Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Klägerin kein Rechtsanspruch auf einen Raum im Erdgeschoss zustehe. Die Fraktionsräume seien im Rathaus auf drei Etagen verteilt; die Räume seien alle normale Verwaltungsbüros gleicher Art und Ausstattung. Das neben dem klägerischen Fraktionszimmer gelegene Büro sei von 1999 bis 2004 von der Fraktion der Freien Wähler genutzt worden, nunmehr sei dort das Schulverwaltungsamt untergebracht. Die Verteilung der Räume erfolge unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes; diesbezüglich verweise man auf eine zu den Akten gereichte Aufstellung über die Raumverteilung seit 1999.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des vorgelegten Verwaltungsvorganges Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuweisung eines Raumes im Erdgeschoss.
14Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 56 Abs. 3 S. 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Nach dieser Vorschrift gewährt die Gemeinde den Ratsfraktionen und -gruppen Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen, wozu auch die Überlassung von Räumen im Rathaus als Geschäftsräume an die Fraktionen gehören kann.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Januar 2010 - 15 B 1810/09 -, NWVBl. 2010, 315, und Urteil vom 26. April 1990 - 15 A 460/88 -, NWVBl. 1990, 344. Die Gewährung von Zuwendungen nach § 56 Abs. 3 S. 1 GO NRW ist vor allem am verfassungsrechtlichen Willkürverbot und dem allgemeinen Gleichheitssatz in Ausprägung des Grundsatzes der Chancengleichheit zu messen. Die Lösung von Zuteilungskonflikten der vorliegenden Art hat sich dabei am unabweisbaren Bedürfnis der Gemeinde an der Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit von Verwaltung und Rat zu orientieren. Aus diesem Grunde sind auch die zwischen den Beteiligten streitigen Rechte diesen nicht um ihrer selbst willen, sondern der Gemeinde im öffentlichen Interesse zugewiesen worden.
16Die Klägerin, die über einen ihr zugewiesenen Fraktionsraum verfügt, geht fehl in der Annahme, ihr stünde ein Anspruch auf Überlassung eines bestimmten Raumes bzw. eines Raumes auf einer bestimmten Etage im Rathaus zu. Dies würde nur gelten, wenn durch die Nutzung des Kellerraumes die Arbeit der Klägerin unzumutbar erschwert würde und damit eine funktionsgerechte Ratsarbeit insgesamt in Frage gestellt wäre. Anhaltspunkte hierfür liegen nicht vor.
17Es ist auch nicht ersichtlich, dass mit der Unterbringung der Klägerin im Keller willkürlich vorgegangen worden ist. Einer Stadtverwaltung steht hinsichtlich der Beantwortung der Frage, welcher Raumbedarf für die Erledigung der anfallenden Verwaltungsgeschäfte besteht, eine Einschätzungsprärogative zu.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2011 - 15 A 307/11 -, NWVBl. 2011, 344.
19Dass diese Einschätzungsprärogative fehlerhaft ausgeübt wurde, weil der frei gewordene Raum der Fraktion der Linken den Zentralen Diensten zur Verfügung gestellt wurde, ist nicht dargelegt. Die Klägerin kann daher nicht verlangen, dass sie mit den Zentralen Diensten der Verwaltung einfach die Räume tauscht.
20Auch ist eine schlechtere Erreichbarkeit der Klägerin angesichts der Hinweisschilder im Rathaus offenkundig nicht gegeben. Der bloße Umstand, dass Fraktionsmitglieder und etwaige Besucher Treppen oder einen Aufzug nutzen müssen, begründet für sich keinen rechtlich relevanten Nachteil; auch Räume in der 1. Etage sind nur so zu erreichen. Zudem dürfte der Publikumsverkehr bei Fraktionsbüros auch nicht solche Ausmaße annehmen, dass aus zweckmäßigen Erwägungen eine Unterbringung im Erdgeschoss angezeigt wäre.
21Für eine von der Unterbringung im Kellergeschoss ausgehende diskriminierende Wirkung bestehen keine objektiven Anhaltspunkte. Die Räume sind normale Büros wie die anderen Fraktionsräume auch. Neben der Klägerin war ausweislich der Liste der Beklagten auch die Fraktion der Freien Wähler bis zum Verlust ihrer Fraktionseigenschaft im Oktober 2003 im Keller untergebracht. Schließlich hat die Klägerin selbst darauf verwiesen, dass nach der Kommunalwahl 2009 ein erhöhter Raumbedarf angesichts der Zahl von sieben Fraktionen entstanden sei.
22Dass die Klägerin subjektiv eine Diskriminierung empfindet, reicht für die Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Chancengleichheit nicht aus. Die von der Klägerin zitierten Presseberichte stellen Reaktionen auf die klägerischen Bemühungen um einen Umzug dar. Bevor die Klägerin ihren Umzugswunsch thematisiert hatte, fand ihre seit 1999 andauernde Unterbringung im Keller offenbar keine Beachtung.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.