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Die aufschiebende Wirkung der durch die Antragstellerin in der Hauptsache 8 D 249/24.AK erhobenen Klage gegen den Aussetzungsbescheid des Antragsgegners vom 6. November 2024 (Az.:43.0109/24/1.6.2) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 18.470,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der zulässige Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihrer in der Hauptsache 8 D 249/24.AK erhobenen Klage gegen den Aussetzungsbescheid des Antragsgegners vom 6. November 2024 (Az.: 43.0109/24/1.6.2) wiederherzustellen,
4ist begründet.
5Die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO vorzunehmende und in erster Linie an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszurichtende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Aussetzungsbescheides und dem privaten Interesse der Antragstellerin, bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens von der Vollziehung verschont zu bleiben, fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich der angegriffene Aussetzungsbescheid aller Voraussicht nach als rechtswidrig. Eine mit Blick auf die verbleibenden Unsicherheiten in der Beurteilung der Sach- und Rechtslage nur ergänzend vorzunehmende Folgenabwägung geht ebenfalls zu Gunsten der Antragstellerin aus.
61. Der in der Hauptsache angegriffene Aussetzungsbescheid ist aller Voraussicht nach rechtswidrig, weil die für seinen Erlass erforderlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 LPlG NRW nicht gegeben sind und auch eine durch den Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren befürwortete Umdeutung der Aussetzungsentscheidung in eine solche nach § 36 Abs. 2 LPLG NRW i.V.m. § 12 Abs. 2 ROG unter den vorliegenden Umständen ausscheidet.
7a) Nach § 36 Abs. 3 Satz 1 LPlG NRW können die Bezirksregierungen die Genehmigungsbehörde im Einzelfall anweisen, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben der Windenergie im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auszusetzen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet oder geändert wird, um den Flächenbeitragswert im Sinne des § 3 Abs. 1 WindBG oder eines daraus abgeleiteten Teilflächenziels zu erreichen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Gemäß Satz 5 kann die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben für ein Jahr, bei Vorliegen besonderer Umstände höchstens um ein weiteres Jahr, längstens bis zum 31. Dezember 2025 ausgesetzt werden.
8aa) Die hiernach geltenden Voraussetzungen sind in ihren Einzelheiten umstritten und auch in der Rechtsprechung des Senats bislang nicht abschließend geklärt. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2024 hat der Senat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Prüfung einer auf § 36 Abs. 3 LPlG NRW gestützten Entscheidung die nachfolgend wiedergegebenen Maßstäbe zugrunde gelegt, an denen er auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Beteiligten in diesem Verfahren festhält. Danach gilt:
9„Mit der durch Art. 1 Nr. 12 Buchst. c) des Vierten Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2024 (GV. NRW. S. 315) eingeführten Vorschrift des § 36 Abs. 3 LPlG NRW hat der Landesgesetzgeber ein Instrument der Plansicherung geschaffen. Es knüpft an die durch den Bundesgesetzgeber mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz vorgenommene Neuregelung des Windkraftausbaus in Deutschland an und soll die im Land Nordrhein-Westfalen im Wege der Raumordnung erfolgende Planung von Windenergieflächen zur Erreichung des sich aus dem Windenergieflächenbedarfsgesetz ergebenden Flächenziele für den Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Regionalplanung und Feststellung des Erreichens der Flächenziele sichern.
10Vgl. die Begründung zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zum Vierten Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2024, LT-Drs. 18/8882, S. 4.
11Gemäß § 3 Abs. 1 WindBG in Verbindung mit der zu dieser Vorschrift erlassenen Anlage ist das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2027 mindestens 1,1 % seiner Landesfläche und spätestens bis zum 31. Dezember 2032 mindestens 1,8 % seiner Landesfläche für die Windenergie an Land auszuweisen. Entsprechende Verpflichtungen gelten für alle Länder. Der damit vorgegebene Ausbaupfad für die Windenergie an Land dient seinerseits der Erreichung der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz des Bundes aus dem Jahr 2023 festgelegten Ausbauziele für erneuerbare Energien, nach denen im Interesse des Klimaschutzes im Jahr 2030 80 % des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen sollen, um im Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Nach den Erwägungen des Bundesgesetzgebers müssen zur Erreichung der Ausbauziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes insgesamt 2 % der Bundesfläche für Windenergie an Land ausgewiesen werden. Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz wird dieses Flächenziel nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel zwischen den Ländern verteilt.
12Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land vom 21. Juni 2022, in: BT-Drs. 20/2355, S. 1 f.
13Nach § 3 Abs. 2 WindBG können die Länder die zur Erreichung der für sie maßgeblichen Flächenbeitragswerte notwendigen Windenergieflächen entweder selbst in landesweiten oder regionalen Raumordnungsplänen ausweisen (Satz 1 Nr. 1) oder durch regionale oder kommunale Planungsträger sicherstellen (Satz 1 Nr. 2). Im ersten Fall steht es dem Land frei, durch ein Landesgesetz oder als Ziele der Raumordnung regionale Teilflächenziele für eigene regionale Raumordnungspläne festzulegen, die in Summe die Flächenbeitragswerte erreichen. Im zweiten Fall muss das Land regionale oder kommunale Teilflächenziele festlegen, die in Summe den Flächenbeitragswert erreichen, und diese durch ein Landesgesetz oder als Ziele der Raumordnung verbindlich machen.
14Vgl. BT-Drs. 20/2355, S. 25.
15Die zugleich geschaffene Sonderregelung für Windenergieanlagen an Land in § 249 BauGB integriert die gesetzlichen Mengenvorgaben für die Flächenausweisung in das Bauplanungsrecht. Dabei gilt, dass Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, im planungsrechtlichen Außenbereich zunächst weiterhin gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert zulässig sind. Allerdings verknüpft § 249 Abs. 2 BauGB die Privilegierung nunmehr mit der Erreichung der neuen Zielvorgaben in Form der Flächenbeitragswerte und Teilflächenwerte nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz. Werden die Flächenbeitragswerte bzw. die aus diesen abgeleiteten Teilflächenziele erreicht und dies gemäß § 5 Abs. 1 oder 2 WindBG festgestellt, entfällt außerhalb der nach Maßgabe des Windenergieflächenbedarfsgesetzes anrechenbaren Windenergiegebiete die Privilegierung mit der Folge, dass entsprechende Vorhaben dort nur unter den strengeren Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB zulässig sind. Die neue Regelungssystematik löst gemäß § 249 Abs. 1 BauGB das bislang für die Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen im planungsrechtlichen Außenbereich zur Verfügung stehende Instrument der sog. Konzentrationszonenplanung mit Ausschlusswirkung ab; die Ausschlusswirkung bestehender Konzentrationszonen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bleibt nach näherer Maßgabe von § 245e Abs. 1 BauGB nur noch vorübergehend erhalten. Nach den Erwägungen des Bundesgesetzgebers soll sich die Rechtfertigung des Plans damit nur noch auf die positiv für die Windenergie ausgewiesenen Flächen beschränken, in denen nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 WindBG für die Vorhabenträger erhebliche Verfahrenserleichterungen gelten, und den Planungsprozess von den hohen Anforderungen eines gesamträumlichen Planungskonzepts in seiner bisherigen Form entlasten.
16Vgl. BT-Drs. 20/2355, S. 33.
17Für den Fall einer – anders als in Nordrhein-Westfalen beabsichtigt – durch die Gemeinden erfolgenden Ausweisung der Windenergieflächen im Sinne des Windenergieflächenbedarfsgesetzes in einem Flächennutzungsplan hat der Bundesgesetzgeber mit § 245e Abs. 2 BauGB zugleich ein Instrument zur Sicherung des Planungsverfahrens geschaffen. Die Vorschrift erklärt die Bestimmung des § 15 Abs. 3 BauGB mit der Folge für entsprechend anwendbar, dass Genehmigungsbehörden auf Antrag einer planenden Gemeinde eine Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB vorübergehend auszusetzen haben, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Für eine Ausweisung in Raumordnungsplänen gibt es hingegen nach derzeit geltender Rechtslage keine entsprechende Bestimmung. Mit der auf Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG gestützten Vorschrift des § 36 Abs. 3 LPlG NRW will der Landesgesetzgeber diese Lücke schließen und das für die gemeindliche Bauleitplanung geltende Sicherungsinstrument wertungsmäßig auf die Ebene der Regionalplanung übertragen, weil die Ausweisung von Windenergieflächen im Sinne des Windenergieflächenbedarfsgesetzes in Nordrhein-Westfalen den Zielen der Landesplanung entsprechend auf der Ebene der Regionalplanung durch Ausweisung von Vorrangflächen im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG erfolgt.
18Vgl. LT-Drs. 18/8882, S. 3.
19Materiell-rechtlich setzt § 36 Abs. 3 Satz 1 LPlG NRW voraus, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet oder geändert wird, um den Flächenbeitragswert im Sinne des § 3 Abs. 1 WindBG oder eines daraus abgeleiteten Teilflächenziels zu erreichen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Bei den Tatbestandsmerkmalen „zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde“ handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Anwendung uneingeschränkt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Bei ihrer Auslegung sind zur Bestimmung des im Gesetz zum Ausdruck kommenden objektiven Willens des Gesetzgebers neben dem Wortlaut der Vorschrift selbst auch der Regelungszusammenhang und die sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergebenden Erwägungen zu berücksichtigen.
20Hiernach lässt ein Vorhaben in erster Linie dann befürchten, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde, wenn seine Realisierung die durch die Raumordnungsplanung verfolgten Planungsziele beeinträchtigt. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift selbst ist das Sicherungsinstrument auf den Schutz der „Durchführung der Planung“ ausgerichtet. Für seine Schutzrichtung gilt damit im Ausgangspunkt nichts Anderes als für das den Gemeinden mit § 245e Abs. 2 i. V. m. § 15 Abs. 3 BauGB zur Verfügung gestellte Sicherungsinstrument, an das sich der Landesgesetzgeber mit der Vorschrift des § 36 Abs. 3 LPlG NRW wertungsmäßig hat anlehnen wollen. Dieses soll den Gemeinden ermöglichen, in die nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz geforderte Planung einzutreten und diese zu Ende zu führen, ohne dass das Planungsziel durch die Genehmigung von Anlagen an dafür nicht vorgesehenen Standorten vereitelt werden kann.
21Vgl. hierzu BT-Drs. 20/2355, S. 31; Meurers/Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 155. EL August 2024, § 245e BauGB Rn. 16.
22Auch die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 36 Abs. 3 LPlG NRW greift diese Überlegung auf. Nach dieser strebt der Landesgesetzgeber insbesondere an, die mit der Raumordnung verfolgten Ziele und den Schutz und wechselseitigen Ausgleich der von ihnen adressierten Rechtsgüter bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Regionalplanung und Feststellung des Erreichens der Flächenziele zu sichern. Eine Beeinträchtigung der Raumplanung und der mit ihr verfolgten Ziele durch einen ungesteuerten Zubau von Windenergieanlagen außerhalb der im Regionalplan für das Erreichen der Flächenziele vorgesehenen Windenergieflächen kann dabei nach den Vorstellungen des Landesgesetzgebers konkret darin liegen, dass sich durch den Zubau die Beurteilungsgrundlagen für die Identifikation und Abwägung der Windenergiegebiete während des Planungsverfahrens ändern und eine den weiteren Planungsprozess verzögernde Umplanung erforderlich machen.
23Vgl. LT-Drs. 18/8882, S. 3.
24Diese Besorgnis erscheint nicht etwa deshalb als von vornherein unbegründet, weil die Ausweisung von Windenergieflächen nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen durch den Bundesgesetzgeber als eine reine Positivplanung angelegt und ein gesamträumliches Planungskonzept in seiner bisherigen Form damit nicht mehr erforderlich ist. Die Entlastung des Planungsprozesses um die Rechtfertigung einer Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, wie sie nach früherer Rechtslage erforderlich war, macht für den Planungsprozess eine gesamträumliche Betrachtungsweise nicht vollständig entbehrlich. Vielmehr bleiben Fallkonstellationen denkbar, in denen ein nach dem Planungskonzept in Aussicht genommener Vorrangbereich im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG bei Verwirklichung eines Vorhabens außerhalb des Vorrangbereichs nicht mehr im Einklang mit den Planungsleitlinien stünde und deshalb beispielsweise verkleinert oder verschoben werden müsste. Beispielhaft mag ein durch Planungsleitlinien vorgegebenes Planungsziel, eine Umfassung von Ortslagen zu vermeiden und der Bevölkerung von Windenergieanlagen freie Sichtachsen zu erhalten, angeführt werden, was während des Planungsprozesses notwendig auch eine Betrachtung der Bestandsbebauung als Grundlage der Planung erfordert. Auch könnte eine während des Planungsprozesses an eine geplante Windenergiefläche heranrückende Bebauung mit Windenergieanlagen aus immissionsschutzrechtlichen Gründen die spätere Nutzbarkeit der geplanten Windenergiefläche beeinträchtigen.
25Über diese Fälle hinaus schließt der Senat derzeit auch nicht aus, dass von einer Beeinträchtigung der mit der Raumplanung verfolgten Ziele im Sinne des § 36 Abs. 3 LPlG NRW durch einen Zubau von Windenergieanlagen außerhalb der für das Erreichen der Flächenziele vorgesehenen Windenergieflächen im Ausgangspunkt auch dann noch ausgegangen werden kann, wenn ein Vorhaben dort nach Feststellung des Erreichens der Flächenziele und des hieran anknüpfenden Wegfalls der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im planungsrechtlichen Außenbereich nicht mehr in zulässiger Weise errichtet werden könnte.
26Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs strebt der Landesgesetzgeber mit § 36 Abs. 3 LPlG NRW nämlich auch an, den Ausbau privilegierter Windenergievorhaben bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Regionalplanung und Feststellung des Erreichens der Flächenziele auf Flächen, für die in den Entwürfen der neuen Regionalplanung eine Ausweisung als Windenergiegebiete vorgesehen ist, zu steuern. Die Ziele der Regionalplanungen sieht er in diesem Zusammenhang regelmäßig schon dann durch die Genehmigung von Windenergieanlagen im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB an dafür nicht vorgesehenen Orten vereitelt oder erschwert, wenn sie sich außerhalb von den in den Entwürfen der Regionalplanungen vorgesehenen Windenergiegebieten befinden.
27Vgl. LT-Drs. 18/8882, S. 3 und 4.
28Regelungssystematisch ist dem zwar entgegen zu halten, dass der Ausweisung von Windenergieflächen in Form eines Vorranggebiets nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG gerade keine § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vergleichbare Ausschlusswirkung mehr zukommt und der Ausschluss von Windenergieanlagen außerhalb eines Vorranggebiets nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG anders als im Rahmen der früheren Konzentrationszonenplanung gerade nicht mehr im engeren Sinne Inhalt der Planung selbst ist. Das Erreichen der Flächenbeitragswerte bzw. der aus diesen abgeleiteten Teilflächenziele geht lediglich kraft Gesetzes (§ 249 Abs. 2 BauGB) mit der Rechtsfolge einher, dass für Windenergieanlagen im planungsrechtlichen Außenbereich außerhalb der ausgewiesenen Vorranggebiete die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB entfällt und Windenergieanlagen dort nur noch unter den strengeren Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB, aber eben auch ohne Berücksichtigung regionalplanerischer Abwägungs- oder Ausschlusskriterien im Hinblick auf die Ausweisung von Windenergiegebieten zulässig sind.
29Vgl. hierzu bereits OVG NRW, Beschluss vom 22. September 2024 - 22 B 727/24.AK -, juris Rn. 50 ff.
30Selbst wenn es dem Landesgesetzgeber aber möglich sein sollte, mit § 36 Abs. 3 LPlG NRW an die unmittelbar und kraft Gesetzes von § 249 Abs. 2 BauGB ausgehende objektiv-rechtliche Steuerungswirkung seiner Regionalplanung für Vorhaben der Windenergie außerhalb der Windenergiegebiete,
31vgl. zu dieser die Begründung BT-Drs. 20/2355, S. 2,
32anzuknüpfen und sich dies noch als „Durchführung der Planung“ im Sinne von § 36 Abs. 3 LPlG NRW verstehen ließe, könnte die Sicherungswirkung des § 36 Abs. 3 LPlG NRW jedenfalls nicht weiter reichen als die künftig aus § 35 Abs. 2 BauGB folgenden Versagungsgründe selbst. Nach dem künftig anzuwenden Maßstab des § 35 Abs. 2 BauGB sind Windenergievorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich gerade nicht per se und auch nicht regelhaft unzulässig. Als sonstige Vorhaben können sie dort im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Dabei bedarf es im vorliegenden Zusammenhang keiner abschließenden Beurteilung, ob und ggf. mit welchem Gewicht die durch § 2 EEG adressierten Belange in die Prüfung der Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB einzustellen wären. Da die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nach der vorstehend wiedergegebenen Konzeption des Windenergieflächenbedarfsgesetzes gerade durch die Ausweisung der Windenergieflächen erreicht werden sollen, dürften sie jedenfalls nicht zu Angleichung der Zulässigkeitsanforderungen innerhalb und außerhalb der Vorranggebiete führen.
33Zudem gilt, dass nicht jedes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, das außerhalb der sich aus den Entwürfen der Regionalplanung ergebenden Windenergieflächen realisiert werden soll, per se die Befürchtung begründen kann, die Durchführung der Planung unmöglich zu machen oder wesentlich zu erschweren. Denn der Landesgesetzgeber hat sich mit § 36 Abs. 3 LPlG NRW für eine Regelung entschieden, die das Recht der Bezirksregierungen, die Genehmigungsbehörde zur Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben der Windenergie im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB anzuweisen, auf den „Einzelfall“ begrenzt und überdies nur eine „wesentliche“ Erschwerung der Durchführung der Planung für eine Aussetzung genügen lässt. Hiernach müssen gerade die spezifischen Umstände des konkret zur Genehmigung oder Vorbescheidung gestellten Vorhabens die Befürchtung begründen, dass hierdurch entweder eine Umplanung der im Entwurf der Regionalplanung vorgesehenen Windenergiefläche erforderlich werden könnte, weil das Vorhaben die Grundlagen der Planung verändert, oder der planungsrechtliche Außenbereich in einer mit den künftig zu beachtenden Vorgaben des § 35 Abs. 2 BauGB unvereinbaren Weise in Anspruch genommen zu werden droht.
34Das Tatbestandsmerkmal „befürchten“ drückt schließlich eine Erwartung aus, dass die Verwirklichung des Vorhabens die Durchführung der Planung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Der Sache nach entspricht dieser Begriff der Wendung, dass „Grund zu der Annahme besteht“, dass die unerwünschten Wirkungen eintreten werden. Vermutungen genügen nicht zur Begründung einer Zurückstellung. Andererseits muss das Vorliegen eines Hinderungsgrundes für die Verwirklichung des Vorhabens nicht mit endgültiger Sicherheit nachgewiesen werden. Um eine Sicherung der Planung schon in einem möglichst frühen Planungsstadium zu ermöglichen, sind an den Nachweis des Sicherungserfordernisses keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Zu verlangen sind aber konkrete objektive Anhaltspunkte, welche die Befürchtung belegen, dass die Verwirklichung des Vorhabens die Wirkungen haben kann, die durch eine Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens verhindert werden sollen.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2020 - 8 B 1344/20 -, juris Rn. 6 zu § 15 Abs. 3 BauGB; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 155. EL August 2024, § 15 BauGB Rn. 31.
36Es obliegt grundsätzlich dem Land als dem die Aussetzung anweisenden Planungsträger darzulegen, dass derartige konkrete objektive Anhaltspunkte gegeben sind. Das in § 36 Abs. 3 LPlG NRW verankerte Anweisungsrecht ist Ausfluss seiner Planungshoheit und seiner Zielsetzung nach darauf gerichtet, seine Planung zu sichern. Im Einzelnen sind hierbei die Planungskonzeption und der Planungsstand einerseits mit dem beantragten Vorhaben andererseits in Beziehung zu setzen. Das Ausmaß der erforderlichen Darlegungen lässt sich in diesem Zusammenhang naturgemäß nicht verallgemeinernd bestimmen, sondern ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Grundsätzlich gilt, dass umso konkretere Darlegungen zu erwarten sind und umso weniger pauschalisierende und allgemeine Erwägungen zu tragen vermögen, je weiter die zu schützende Planung bereits vorangeschritten ist und je detaillierter sich die Gestalt des zur Genehmigung oder Vorbescheidung gestellten Vorhabens aus den bereits vorliegenden Antragsunterlagen abzeichnet.“
37Vgl. insgesamt zum Vorstehenden OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2024 - 8 B 906/24.AK -, juris Rn. 25 - 53.
38bb) Nach diesen Maßgaben hat der Beigeladene den Antragsgegner zu Unrecht angewiesen, das auf Antrag der Antragstellerin eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 9 Abs. 1a BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage in T., Gemarkung L., G01, G02 für höchstens ein Jahr ab Zugang der Anweisung auszusetzen. Weder die zur Begründung der Anweisung vom 31. Oktober 2024 angeführten noch die durch den Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren ergänzend nachgetragenen Umstände rechtfertigen die Annahme, dass das Vorhaben der Antragstellerin die Durchführung der Planung unmöglich macht oder wesentlich erschwert, so dass offenbleiben kann, ob der Beigeladene seine die Anweisung tragenden Erwägungen überhaupt mit Wirkung für den im Außenverhältnis angefochtenen Aussetzungsbescheid hat nachträglich ergänzen können.
39aaa) Ohne Erfolg bleibt der Hinweis des Beigeladenen darauf, dass sich der Standort des Vorhabens der Antragstellerin außerhalb der Flächenkulisse des Aufstellungsbeschlusses zur 1. Änderung des Regionalplans für den Planungsraum Ostwestfalen-Lippe (Regionalplan OWL) vom 24. Juni 2024 und außerhalb der Flächenkulisse des Entwurfsbeschlusses vom 16. September 2024 befinde, so dass es schon aus diesem Grunde einer Aussetzung der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag bedürfe, um die Durchführung der Planung zu sichern. Aus den vorstehenden Erwägungen des Senats folgt vielmehr, dass ein solcher dem Gesetzentwurf zu § 36 Abs. 3 LPlG NRW zu entnehmender Gedanke in der auf eine mindestens wesentliche Erschwerung der Planung im konkreten Einzelfall abstellenden Regelung des § 36 Abs. 3 LPlG NRW gerade keinen Niederschlag gefunden hat. Ein solcher Rechtssatz folgt auch nicht mittelbar aus einer Anwendung von § 36 Abs. 3 LPlG NRW auf die Planung der Windenergiebereiche, die – wie ausgeführt – nach den bundesrechtlich vorgegebenen Parametern in Abkehr vom früheren Konzept der Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung als Positivplanung angelegt ist und damit nicht mehr zwangsläufig in einer planerisch relevanten Beziehung zu Windenergieanlagen an Standorten außerhalb der vorgesehenen Flächenkulisse steht.
40bbb) Eine mindestens wesentliche Erschwerung der Durchführung der Planung ergibt sich auch nicht daraus, dass das Vorhaben der Antragstellerin der für die 1. Änderung des Regionalplans OWL maßgeblichen Leitlinie 1 widerspreche, wonach bei der Festlegung von Windenergiebereichen möglichst große zusammenhängende Flächen identifiziert und festgelegt werden sollen, um eine räumliche Bündelung von Windenergieanlagen zu erreichen. Der angeführten Leitlinie 1 kommt unmittelbare Aussagekraft nur für die Planung der Windenergieflächen selbst, nicht aber für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen außerhalb der vorgesehenen Flächenkulisse des Aufstellungsbeschlusses zur 1. Änderung des Regionalplans OWL zu. Eine mindestens wesentliche Erschwerung der Durchführung der Planung ergäbe sich aus diesem Grund allenfalls dann, wenn das Vorhaben der Antragstellerin die Befürchtung begründete, dass die nach Maßgabe der Leitlinie 1 in Aussicht genommenen Windenergieflächen angesichts des vorgesehenen Standorts des Vorhabens anders geplant, etwa unter Einschluss des Vorhabens neu zugeschnitten werden müssten. Hierfür hat der Beigeladene indes keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt. Solche liegen angesichts des vereinzelt und in einem Abstand von jeweils mehr als 2 km zu den im Aufstellungsbeschluss in Aussicht genommenen Windenergieflächen gelegenen Standorts auch eher fern.
41ccc) Entsprechendes gilt, soweit sich der Beigeladene darauf beruft, dass der Vorhabenstandort innerhalb der Freihaltekorridore zur Verminderung bzw. Vermeidung der Umfassung der Ortschaften T.-F. und T.-X. liege. Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass nach der für die 1. Änderung des Regionalplans OWL maßgeblichen Leitlinie 5 eine Umfassung von Ortschaften durch Festlegung von Windenergiebereichen vermieden bzw. minimiert werden soll. Nach der in den zugehörigen Erläuterungen näher beschriebenen Planungsmethodik erfordert dies bei der Planung der Windenergiebereiche innerhalb eines 180 Grad umfassenden Gesichtsfelds einen Korridor von 60 Grad zur Sicherung eines 2,5 km weiten freien Blicks in die Landschaft freizuhalten. Wie bereits vorstehend zur Leitlinie 1 ausgeführt kommt allerdings auch der Leitlinie 5 eine unmittelbare Aussagekraft nur für die Planung der Windenergieflächen selbst, nicht aber für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen außerhalb der Windenergieflächen zu. Für eine mindestens wesentliche Erschwerung der Durchführung der Planung bedürfte es mithin der Darlegung, dass die mit dem Aufstellungsbeschluss zur 1. Änderung des Regionalplans OWL in Aussicht genommenen Windenergiebereiche unter Berücksichtigung des Vorhabens der Antragstellerin ganz oder teilweise nicht mehr im Einklang mit der Leitlinie 5 stünden und deshalb eine Neuplanung erforderlich wäre. Hieran fehlt es.
42ddd) Zu keiner anderen Beurteilung führt der im gerichtlichen Verfahren ergänzend angeführte Einwand des Beigeladenen, das Vorhaben der Antragstellerin laufe den Zielen der Planung zuwider, weil es als Außenbereichsvorhaben nach Abschluss der Planung und Erreichen der Flächenziele nach Maßgabe von §§ 249 Abs. 2, 35 Abs. 2 BauGB nicht mehr realisiert werden dürfte, da es den Darstellungen des Flächennutzplans der Stadt T. widerspreche, der für den Standort des Vorhabens eine „Fläche für die Landwirtschaft“ darstelle. Der Senat schließt zwar – wie ausgeführt – weiterhin eine Auslegung des § 36 Abs. 3 LPlG NRW nicht aus, nach der es möglich ist, an die unmittelbar und kraft Gesetzes von § 249 Abs. 2 BauGB ausgehende objektiv-rechtliche Steuerungswirkung der Regionalplanung für Vorhaben der Windenergie außerhalb der Windenergiegebiete anzuknüpfen und sich dies noch als Sicherung der „Durchführung der Planung“ im Sinne von § 36 Abs. 3 LPlG NRW verstehen ließe. Allein die Darstellung einer „Fläche für die Landwirtschaft“ im Flächennutzungsplan der Stadt T. schließt jedoch eine planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Antragstellerin nach dem Maßstab des § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht aus. Anders als der Beigeladene wohl meint, ist auch im Hinblick auf nichtprivilegierte Vorhaben stets die konkrete Aussagekraft des Flächennutzungsplans zu ermitteln.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2015 - 4 B 36.15 -, RdL 2016, 199 = juris Rn. 7 u.a. mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1982 - 4 C 31.78 - ZfBR 1983, 31 = juris Rn. 7, und Beschluss vom 8. Februar 1991 - 4 B 10.91 - NVwZ-RR 1991, 456 = juris Rn. 3.
44Der Darstellung einer „Fläche für die Landwirtschaft“ kommt dabei nicht ohne Weiteres eine Bedeutung für die Beurteilung von sonstigen Vorhaben zu, weil diese Darstellung in bestimmten Fallgestaltungen lediglich zum Ausdruck bringen soll, dass die Gemeinde eine bauliche oder sonstige städtebauliche Entwicklung nicht beabsichtigt, ohne eine konkrete, andere Nutzungen ausschließende Standortzuweisung für die Landwirtschaft zu enthalten.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2023 - 7 D 423/21.AK -, juris Rn. 65; OVG SH, Urteil vom 3. November 2016 - 1 LB 14/13 -, juris Rn. 49; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 155. EL August 2024, § 35 BauGB Rn. 80.
46Zudem ist zu berücksichtigen, dass umso höhere Anforderungen an die Wertung, ein beabsichtigtes Vorhaben widerspreche der Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“, zu stellen sind, je weniger das Vorhaben die landwirtschaftliche Nutzung tatsächlich einschränkt.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 - 4 C 19.81 -, BVerwGE 67, 33 = juris Rn. 27; OVG SA, Urteil vom 27. Juni 2023 - 2 K 59/20 -, juris, Rn. 45; OVG SH, Urteil vom 3. November 2016 - 1 LB 14/13 -, juris Rn. 49.
48Nach diesen Maßgaben hat der Beigeladene nichts dafür angeführt, dass die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ im Flächennutzungsplan der Stadt T. der Errichtung und dem Betrieb einer einzelnen Windenergieanlage entgegensteht; sein Hinweis auf die am Vorhabenstandort tatsächlich vorhandene landwirtschaftliche Nutzung belegt lediglich, dass die planerische Darstellung insoweit nicht durch die zwischenzeitliche bauliche Entwicklung überholt ist. Für eine konkrete Standortzuweisung für die Landwirtschaft drängt sich im Übrigen auch angesichts der Weitflächigkeit der Darstellung im Flächennutzungsplan, die annähernd sämtliche Flächen außerhalb bebauter Ortsteile und Wälder umfasst, nichts auf.
49eee) Soweit der Beigeladene eine planungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens nach dem Maßstab des § 35 Abs. 2 BauGB schließlich durch eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts sowie der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu begründen sucht, rechtfertigt dies die Aussetzung des Verwaltungsverfahrens schon deshalb nicht, weil die Antragstellerin hier lediglich die Erteilung eines Vorbescheids über die Vereinbarkeit ihres Vorhabens mit den Belangen der Landes-, Regional- und kommunalen Bauleitplanung, nicht aber mit Belangen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beantragt hat. Eine Vereitelung der Ziele der Planung wäre daher insoweit durch die Erteilung des Vorbescheids nicht zu besorgen.
50fff) Weitere eine Aussetzung rechtfertigende Umstände hat der Beigeladene nicht geltend gemacht. Auf das vom Antragsgegner selbst im gerichtlichen Verfahren vorgetragene Argument, das Vorhaben der Antragstellerin beeinträchtige die Planung der Windenergieflächen deshalb, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne, dass es als immissionsschutzrechtlich relevante Vorbelastung bei der Genehmigung von Windenergieanlagen innerhalb der in Aussicht genommenen Windenergieflächen zu berücksichtigen sei, hat der Beigeladene seine Anweisung nicht gestützt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des in der Hauptsache angefochtenen Aussetzungsbescheides gemäß § 36 Abs. 3 LPlG NRW eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Bezirksregierung über die Anweisung gehört. Überdies erwiese sich die Annahme des Antragsgegners auch in der Sache in Anbetracht der räumlichen Distanz zwischen dem Vorhabenstandort und den nächstgelegenen Windenergieflächen von jeweils mehr als 2 km jedenfalls als nicht hinreichend substantiiert.
51Zum Einwirkungsbereich nach der TA Lärm vgl. jüngst BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2025 - 7 C 4.24 - (zur Veröffentlichung vorgesehen, Pressemitteilung des Gerichts Nr. 4/2025).
52cc) Darauf, ob der in der Hauptsache angegriffene Aussetzungsbescheid auch deshalb voraussichtlich rechtswidrig ist, weil der Antragsgegner das ihm auch nach der Weisung der Bezirksregierung verbleibende Ermessen bei der Bemessung der Aussetzungsfrist nicht ausgeübt oder jedenfalls in dem Bescheid nicht hinreichend begründet hat, kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob der Antragsgegner diesbezügliche Defizite durch den mit Schriftsatz vom 3. Februar 2025 nachgeschobenen Hinweis auf die Erwägungen in dem in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Vermerk vom 5. November 2024 behoben hat. Unabhängig davon weist der Senat allerdings vorsorglich darauf hin, dass der Antragsgegner die Aussetzungsfrist mit dem Schriftsatz vom 3. Februar 2025 nicht bereits wirksam auf den 30. April 2025 verkürzt hat. Denn die Erklärung, dass die Frist „vorsorglich (für den Fall, dass der Senat zu der Auffassung gelangen sollte, dass die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Aussetzungsfrist zu lang bemessen sei)“, aufgehoben werde, soweit damit das Genehmigungsverfahren über den 30. April 2025 hinaus ausgesetzt wurde, steht unter einer unzulässigen – nicht von einem Ereignis, sondern von einer rechtlichen Bewertung durch das Gericht abhängigen – Bedingung.
53b) Eine durch den Antragsgegner befürwortete Umdeutung der voraussichtlich rechtsfehlerhaften Aussetzungsentscheidung nach § 36 Abs. 3 LPlG NRW in eine rechtmäßige Aussetzungsentscheidung nach § 36 Abs. 2 LPlG NRW i.V.m. § 12 Abs. 2 ROG kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil es aus den vorstehenden Gründen auch an einer mindestens wesentlichen Erschwerung der Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung im Sinne von § 12 Abs. 2 ROG fehlt.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2024 - 8 B 906/24.AK -, juris Rn. 65 ff.
552. Eine im Hinblick auf die nur summarisch mögliche Prüfung der Sach- und Rechtslage lediglich ergänzend vorzunehmende Folgenabwägung geht ebenfalls zu Gunsten der Antragstellerin aus. Nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand ist ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache derart wahrscheinlich, dass keine hinreichend gewichtigen Gründe dafür ersichtlich sind, gleichwohl von einer Außervollzugsetzung der angefochtenen Entscheidung abzusehen. Auch drängt sich nicht auf, dass die der angefochtenen Entscheidung anhaftenden Defizite in absehbarer Zeit behoben werden könnten.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.
57Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
58Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).