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Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wird als zuständiges Gericht bestimmt.
Nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO wird das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn der Gerichtsstand sich nach § 52 VwGO richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen.
21. Das Verfahren betrifft eine Streitigkeit aus dem Bereich des Beamtenrechts, konkret einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung nicht genommenen Erholungsurlaubs eines Ruhestandsbeamten. Die örtliche Zuständigkeit für eine Klage mit beamtenrechtlichem Streitgegenstand richtet sich dabei grundsätzlich nach § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO nach dem Wohnsitz des Klägers. § 52 Nr. 4 VwGO ist anwendbar. Der Kläger fällt als Ruhestandsbeamter auch subjektiv wie hinsichtlich seines im Beamtenstatusrecht wurzelnden Begehrens objektiv unter den Anwendungsbereich von § 52 Nr. 4 VwGO. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat.
32. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Fall des § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO allein nach dem Wohnsitz des Klägers. Maßgeblich ist hier der private Wohnsitz, da mit Eintritt in den Ruhestand der bisherige – vorrangig in den Blick zu nehmende – dienstliche Wohnsitz im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 1 BBesG entfällt, welcher auch im Rahmen des § 52 Nr. 4 VwGO maßgeblich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juli 2024 – 2 AV 1.24 –, NVwZ-RR 2024, 846, juris, Rn. 9, und vom 17. März 2009 – 1 WB 77.08 –, NVwZ-RR 2009, 541, juris, Rn. 25; Reich, in: Reich/Preißler, Bundesbesoldungsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 15 Rn. 1 f.; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 52 Rn. 32.
5Der Kläger trat zum 31. Dezember 2023 in den Ruhestand ein, die streitgegenständliche Urlaubsabgeltung beantragte er im Februar 2024 und damit zu einem Zeitpunkt, in dem er sich bereits im Ruhestand befand. Klage erhoben hat der Kläger am 15. Januar 2025. Da maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit grundsätzlich die Umstände zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage sind, kommt es hier auf den (früheren) dienstlichen Wohnsitz nicht an, sondern allein auf den gegenwärtigen allgemeinen Wohnsitz des Klägers.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 2001 – 2 C 37.00 –, NJW 2002, 768, juris, Rn. 12, und Beschluss vom 24. Juli 2024, a. a. O., Rn. 8; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 39.
7Dieser allgemeine Wohnsitz richtet sich nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. § 7 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Wohnsitz einer Person an einem Ort begründet wird, an dem sie sich ständig niederlässt, wobei nach § 7 Abs. 2 BGB der Wohnsitz auch an mehreren Orten gleichzeitig bestehen kann. Letzteres setzt voraus, dass an diesen Orten jeweils eine dauernde Unterkunft besteht und diese in der Weise wechselnd genutzt werden, dass der jeweilige Ort zum Mittelpunkt der Lebensverhältnisse wird. Ob es sich um einen Haupt- oder Nebenwohnsitz im melderechtlichen Sinn handelt, ist hierbei nicht entscheidend.
8Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. September 2020 – 2 AV 4.20 –, juris, Rn. 5, vom 20. Februar 2020 – 6 AV 1.20 –, NVwZ-RR 2020, 553, juris, Rn. 6, und vom 18. April 2019 – 2 AV 1.19 –, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 42, juris, Rn. 14 f.; OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2021 – 5 F 18/21 –, juris, Rn. 17 ff. m. w. N.; Bay. VGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 3 S 15.1102 –, juris, Rn. 8; Ziekow, a. a. O., Rn. 35.
9Danach kommt hier die örtliche Zuständigkeit von zwei Verwaltungsgerichten in Betracht, denn nach den Feststellungen des vorlegenden Verwaltungsgerichts, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, war der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung und ist auch aktuell melderechtlich mit seiner Hauptwohnung in F. und mit einer Nebenwohnung in K. erfasst. Nach § 17 Nr. 3 JustG NRW bzw. § 21 Abs. 1 Satz 2 JustG NRW i. V. m. Nr. 126 der Anlage 1 zu § 21 JustG NRW ist für den Wohnsitz in F. das Verwaltungsgericht Düsseldorf örtlich zuständig, für den Wohnsitz in K. gemäß § 17 Nr. 4 JustG NRW das Verwaltungsgericht K..
103. § 53 Abs. 1 VwGO enthält keine Regelung, nach welchen materiellen Kriterien das zuständige Gericht zu bestimmen ist. Die Entscheidung ist daher nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit zu treffen und hat sich an den Wertungen der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung sowie dem Gebot einer effektiven und sachgerechten Verfahrensdurchführung zu orientieren. Wertungsgesichtspunkte sind für den Gerichtsstand etwa die räumliche Entfernung der in Betracht kommenden Gerichte zu dem betreffenden Ort, die örtliche Nähe eines Gerichts für Kläger und/oder Beklagten oder Aspekte wie etwa der Schwerpunkt einer angegriffenen Planung.
11OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2024 – 5 F 38/24 –, juris, Rn. 9 m. w. N.
12Mit Blick auf das Gebot effektiver und sachgerechter Verfahrensdurchführung ist es angezeigt, das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen als zuständiges Gericht zu bestimmen. Dabei berücksichtigt der Senat die Angaben des Klägers, wonach er wegen einer Erkrankung in seiner Wohnung in K. gepflegt werde und sich dort ständig aufhalte; auch seien seine behandelnden Ärzte in K. in unmittelbarer Nähe zu seiner Wohnung ansässig. Die Prozessführung vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf wäre für den Kläger vor diesem Hintergrund weder leichter noch sonst zweckmäßiger als vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).