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Die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 10. September 2024 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Vollstreckungsgläubigerin.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft zu Recht abgelehnt.
3Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn das Zwangsgeld uneinbringlich ist und der Pflichtige bei der Androhung des Zwangsgeldes oder nachträglich auf die Möglichkeit der Anordnung der Ersatzzwangshaft hingewiesen worden ist.
4Das Verwaltungsgericht ist zunächst davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Ersatzzwangshaft vorliegen. Es hat jedoch ebenso rechtsfehlerfrei sein Ermessen dahingehend ausgeübt, die Anordnung der Ersatzzwangshaft abzulehnen, weil diese unverhältnismäßig sei. Der mit der Ersatzzwangshaft verbundene schwerwiegende Eingriff in die persönliche Bewegungsfreiheit des Vollstreckungsschuldners (Art. 2 Abs. 2 i. V. m. Art. 104 Abs. 1 GG) darf nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Die Ersatzzwangshaft ist das letzte Mittel des Staates, um seine Anordnungen gegenüber uneinsichtigen Bürgern durchzusetzen.
5Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1956 – 1 C 10.56 –, BVerwGE 4, 196, juris, Rn. 5 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Dezember 1996 – 5 E 1035/95 –, DÖV 1997, 511, juris, Rn. 11 ff. und vom 18. Juli 1996 – 4 E 461/95 –, DÖV 1996, 1009, juris, Rn. 3 f. m. w. N.
6Die erforderliche Abwägung hat alle Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Bedeutung des mit der Ordnungsverfügung erstrebten Erfolgs ist dem besonderen Gewicht gegenüberzustellen, das der beantragten Freiheitsentziehung zukommt. Zu berücksichtigen sind Umfang und Stärke der polizeilichen Ordnungsstörung, das Gewicht der mit der Ordnungsverfügung zu schützenden Rechtsgüter, Notwendigkeit und Schwere des Drucks auf den Willen des Vollstreckungsschuldners sowie gegebenenfalls auch besondere persönliche Umstände des Betroffenen.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 1996, a. a. O., Rn. 2 f., 13 f.
8Gemessen hieran hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft zu Recht abgelehnt. Auch unter Berücksichtigung der hartnäckigen Verstöße der Vollstreckungsschuldnerin gegen das Taubenfütterungsverbot ist die Anordnung im konkreten Einzelfall ungeeignet und damit unverhältnismäßig. Dies ergibt sich – wie auch schon das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – daraus, dass die Haft aufgrund einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung voraussichtlich keine Verhaltensänderung der Vollstreckungsschuldnerin bewirken wird, wie der psychiatrische Gutachter des Kreises R. mit aussagekräftigem Gutachten vom 6. August 2024 festgestellt hat. Dass die Vollstreckungsgläubigerin vor diesem Hintergrund eine Prognose vermisst, wie sich eine zweite oder dritte beziehungsweise verlängerte Haft auf die Vollstreckungsschuldnerin auswirken könnte, ist nicht nachvollziehbar.
9Nicht nachvollziehbar ist auch der Vorwurf der Vollstreckungsgläubigerin, das Verwaltungsgericht habe die tatsächlichen Umstände nach der ersten Haft außer Betracht gelassen, das Fütterungsverhalten der Vollstreckungsschuldnerin habe sich „verändert und positiv eingeschränkt“. Hiermit setzt sich die Vollstreckungsgläubigerin – wie auch das Verwaltungsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss annimmt – in offenen Widerspruch zu ihrem übrigen Vortrag. So hat sie mit Schriftsätzen vom 10. Mai 2024 kurz nach Entlassung der Vollstreckungsschuldnerin aus der Haft sowie vom 26. Juni 2024 vorgetragen, dass diese die „verfahrensgegenständlichen Fütterung wiederaufgenommen, evtl. auch intensiviert“ habe. Die Inhaftierung habe „keinerlei Wirkung“ gezeigt bzw. „nachweislich nicht zu einer Verhaltensänderung geführt“.
10Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Vollstreckungsgläubigerin im Schriftsatz vom 3. Dezember 2024. Die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Widersprüche löst sie nicht auf, wenn sie ausführt, es sei bei der Vollstreckungsschuldnerin durch die erste Haft nicht zu einer „Abänderung […] des Gesamtverhaltens“, durchaus aber zu einer „Verhaltensveränderung im Fütterungsverhalten“ gekommen, weil sie zunächst nur noch „Notfütterungen“ an anderen als den üblichen Fütterungsorten vorgenommen habe. Die Vollstreckungsgläubigerin selbst konzediert, dass es „keine Nachweise hinsichtlich Quantität sowie Art und Weise der Fütterungen“ gebe. Schon vor diesem Hintergrund und angesichts des Krankheitsbildes der Vollstreckungsschuldnerin ist auch unter Berücksichtigung der übersandten E-Mails der Vollstreckungsschuldnerin – deren „Einlassungen und Versprechungen“ „zu einer Verhaltensänderung“ die Vollstreckungsgläubigerin im Schriftsatz vom 26. Juni 2024 als „wahrheitswidrig“ bezeichnet hat – eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage für die Annahme, dass die Freiheitsentziehung in Ansehung aller Umstände des Einzelfalls geeignet sein könnte, nicht gegeben.
11Die Vollstreckungsgläubigerin benennt keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine zweite Haft eine Verhaltensänderung der Vollstreckungsschuldnerin bewirken würde. Nicht belegt ist im Übrigen die Behauptung, die Vollstreckungsschuldnerin habe „seit Kenntnis über die Ablehnung des Haftantrages“ „ihre Fütterungen intensiviert“.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
13Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da eine streitwertunabhängige Festgebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).